Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M
01/2012
zeitschrift von klimabündnis österreich
Unsere Betriebe Foto: Johann Kandler
• Klimabündnis-Betriebe
Betriebe im Klima-Check Betrieb am Rio Negro Betriebe: Da, wo das gute Brot herkommt
... S. 3 ... S. 5 ... S. 7
green economy: Worthülse oder Chance?
... S. 13
• anders Wirtschaften
klimaintro
Neu im Klimabündnis:
Foto: Gudrun Stöger
Green Economy statt Greening Economy! Green Economy – das ist eines der zwei Hauptthemen beim dritten World Summit vom 20.-22. Juni dieses Jahres in Rio de Janeiro, Brasilien. Die erste „WeltKonferenz“ in Rio vor 20 Jahren gilt als wichtiger Wegbereiter der internationalen Umweltpolitik, da nicht nur erstmals weltweiter Umwelt- und Naturschutz propagiert, sondern auch eine nachhaltige Entwicklung als Ziel formuliert wurde. Die Konferenz brachte außerdem zwei bedeutsame globale Abkommen auf den Weg, die Klimarahmenkonvention und die Konvention über die biologische Vielfalt. Das Klimabündnis organisiert, unterstützt von der ADA (Austrian Development Agency), die Initiative der österreichischen Umwelt- und Entwicklungsorganisationen mit dem Titel „Rio+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“. Dabei sollen in mehr als 40 Konferenzen, Workshops und Diskussionspanels die großen Themen auf konkrete österreichische Beispiele heruntergebrochen und „Mut zum Wandel“ gemacht werden (siehe www.rioplus20.at). Erfreulicherweise bekennen sich in Österreich immer mehr Betriebe zum Klimaschutz und nutzen das Know-how des Klimabündnis. Bereits 1997 haben wir unser Engagement zum umfassenden Klimaschutz von Gemeinden auf lokale Unternehmen ausgeweitet. Heute gibt es österreichweit bereits 675 Klimabündnis-Betriebe, die auf Klimaschutz und Nachhaltigkeit setzen. Das Klimabündnis hat in allen Bereichen ExpertInnen, die mit den KlimabündnisBetrieben Klimaschutzmaßnahmen ausarbeiten. Nach 2-3 Jahren wird die Umsetzung der Maßnahmen evaluiert. In dieser Ausgabe finden Sie dazu einige Beispiele. Wir achten dabei sehr darauf, dass das Schlagwort Green Economy von großen Unternehmen und Konzernen nicht zu einem „Greening Economy“ wird. Dabei wird nur auf einzelne (sinnvolle) Initiativen des Konzerns hingewiesen, während in großen Bereichen des Umweltschutzes, der sozialen Grundrechte, einer fairen und gerechten Ressourcenverteilung weiterhin große Defizite herrschen. Wie man alte Techniken und Handwerk auch in modernen Zeiten nutzen kann, zeigt ein Blick zu unseren indigenen PartnerInnen am Rio Negro. Wariró heißt das Kunsthandwerk, das zeitlos und gewinnbringend zugleich ist (siehe S. 5). Aus erster Hand berichten davon Maximiliano Menezes und Camila Barra. Die beiden VertreterInnen unserer indigenen Partner vom Rio Negro werden uns von 16. April bis 5. Mai besuchen – wir laden Sie herzlich ein bei unseren Veranstaltungen dabei zu sein. Viel Spaß beim Lesen! Ihr Peter Molnar
Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Emil Benesch, Brigitte Drabeck, Friedrich Hofer, Hannes Höller, Johann Kandler, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser, Sonja Wöhrenschimmel • AutorInnen: Maria Hawle, Katharina Munk • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Elfriede Hecher • Druck: aPrint, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungsweise: viermal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2012 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.
Neu bei Klimabündnis Oberösterreich und im Redaktionsteam der Zeitschrift klimabündnis ist Sonja Wöhrenschimmel (l.). Die Modedesignerin, die schon bei der WearFair mitarbeitete, übernimmt in Oberösterreich die Öffentlichkeitsarbeit. Georg Priesner (m.) Fotos: Mona Lorenz / Privat Archiv Klimabündnis
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mit langjähriger Erfahrung aus einer Interessenvertretung auf nationaler und EU-Ebene ist beim Klimabündnis für EU-Projekte zu Energieeffizienz und Entwicklung erneuerbarer Energiekonzepte für ländliche Regionen zuständig. Martina Nagl (r.), langjährige Klimabündnis-Mitarbeiterin, vormals Regionalstellenleiterin in Niederösterreich und seit 2011 im Vorstand des Europäischen Bodenbündnis übernahm mit Beginn 2012 die Leitung der Regionalstelle im Burgenland.
Willkommen im Klimabündnis! Gemeinden:
• Niederösterreich: Enzenreith. • Oberösterreich: Kirchschlag bei Linz und Stadl-Paura. Betriebe:
• Niederösterreich: Druckhaus Schiner GmbH (Krems). • Oberösterreich: DHM Maschinenschlosserei Mitterhu-
ber, Moser GmbH/Lüftungstechnik, Raiffeisenbank Wels Süd reg. Gen.m.b.H. Filiale Eberstalzell, Salon Kohler, Strasser Holzbau GesmbH (alle Eberstalzell), 4YOUgend, Bellaflora Gartencenter GmbH, k.uk. Hofbäckerei/Fritz Rath, Moviemento Gaststätten- und Betriebs GesmbH (Gelbes Krokodil, Solaris), MÜBSL Gastro GmbH/Wirt am Graben, Xiling Natur und Seide (alle Linz), Bellaflora Gartencenter GmbH (Filialen Mauthausen und Steyr), Vendler & Partner GmbH, Druckstore Bernard GesmbH (Ried i. Innkreis), Moser GmbH (Ried i. Traunkreis), Team Gruber GmbH (Steinerkirchen a. d. Traun), EHS Einfinger, Franz Einzinger GmbH, Landwirt Hohensinn, Thebert Metallbau GmbH (alle Tumeltsham), Tourismusverband Inneres Salzkammergut (Zentrale und Geschäftsstellen Bad Goisern, Gosau, Hallstatt, Obertraun). Steiermark: Schloss Thannegg (Gröbming-Moosheim). Wien: Südwind Agentur / Verein für Entwicklungspolitik.
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Kindergärten und Schulen:
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Niederösterreich: Kindergärten: Rabenstein/Augasse, St. Pölten Kupferbrunn, Tradigist, Kindergruppe Waldkinder Maria Anzbach. Hauptschulen: Allentsteig, Modellschule Kirchberg a. Wechsel. Volksschulen: Allentsteig, Echsenbach, Gerersdorf bei St. Pölten, Göpfritz a.d. Wild, Großmugl, Höflein a.d. Hohen Wand, Kilb, Purkersdorf, St. Georgen a. Ybbsfelde und Schwarzenau. Oberösterreich: Kindergärten: Krenglbach, Neuhofen i. Innkreis. Volksschulen: Neuhofen i. Innkreis, Kremsdorf, Pollham, St. Agatha/Bad Goisern und Wartburg o.d. Aist.
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In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 920 Städte und Gemeinden, über 670 Betriebe und rund 290 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.
Titelfoto: Frau Gilda Barreto, leitet das Kunsthandwerksprojekt am Rio Negro – sie hat es mit viel Engagement geschafft, Produktion und Verkauf gewinnbringend zu organisieren (s. Seite 5)
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Das Projekt Betriebe im Klimabündnis Foto:s Hannes Höller
Ziel des Projekts • Betriebe im Klimabündnis
Betriebeberater des Klimabündnis: v.l.: Robert Pröll (Salzburg), Klaus Grininger (Oberösterreich), Benedikt Scheiber (Tirol) und Anja Stenglein (Steiermark).
Der Klima-Check in Betrieben
Wie Klimabündnis-Betriebe überprüft, beraten und begleitet werden.
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as Klimaschutz-Potential in Betrieben ist riesig. Egal in welcher Branche“, weiß einer, der bereits über 115 Klimabündnis-Betriebe analysiert und evaluiert hat. Georg Spiekermann ist seit dreieinhalb Jahren Betriebeberater in Oberösterreich.
Am Schreibtisch
Am Anfang steht immer die Recherche. „Wir holen uns von den Betrieben die Energierechnungen und wenn möglich vom Energieversorger den Stromlastgang und werten beides aus. Damit bekommen wir schon einmal einen interessanten Überblick“, so Spiekermann. „Je genauer die Angaben, desto mehr Einsparungungen finden wir.“ Erhoben wird auch das Mobilitätsverhalten der MitarbeiterInnen.
Foto: Land OÖ/Kauder
Im Betrieb
Nach dem Grobcheck folgt die Begehung im Betrieb. „Der Blick hinter die Kulissen ist immer am interessantesten. Das können ganz einfache Sachen sein. Beim letzten Mal waren fast ein Drittel der Fenster gekippt – und das mitten im Winter.“ Der Start liegt dabei meist ganz oben, am Dach. Dort finden sich Anlagen, wie die Rückkühler von Klimaanlagen oder auch Dachrinnenheizungen. Ist der Feuchte- oder Temperatursensor falsch eingestellt, können schon einmal Ko-
sten von 1.000 Euro anfallen. Besonders aufmerksam wird der Betriebeberater bei Getränkeautomaten: „Ein Kaltgetränkeautomat verbraucht fast so viel Strom wie ein Einfamilienhaus. Allein die Werbebeleuchtung eines ColaAutomaten benötigt bis zu 1.300 kWh im Jahr.“ Dann geht’s in die Details. Die Stromlastgänge werden besprochen und Einsparpotentiale gesichtet: „Ein Watt kostet einen Euro – das ist auch den wenigsten bekannt“. Der erste Blick im Außenbereich fällt auf den Fahrradständer. „Der gehört direkt zum Eingang. Dort sollte der Chef sein Rad abstellen – noch besser, gleich neben dem Betriebsfahrrad.“ Evaluiert werden im Rahmen des KlimaChecks nicht nur die Emissionen aus Energie und Mobilität, sondern auch Aktivitäten in den Bereichen Beschaffung, Produktdesign, Umweltmanagement, Motivation der MitarbeiterInnen sowie die Klimabündnis-Partnerschaft mit indigenen Völkern im Amazonasgebiet.
Am Ziel
Basierend auf diesem Klima-Check wird gemeinsam mit dem Betrieb ein Maßnahmenkatalog erarbeitet. Spiekermann: „Das individuelle Klimaschutzziel jedes Klimabündnis-Betriebes wird auf seine Rahmenbedingungen und Möglichkeiten, wie beispielsweise Branche und Größe abgestimmt und vereinbart.“ Hannes Höller
info! www.klimabuendnis.at
ist ein maßgeschneidertes Programm für Betriebe, die Energie sparen, Kosten senken und damit einen Beitrag zum Klimaschutz leisten wollen. Jeder Betrieb, unabhängig von Branche und Größe, kann mitmachen. Klimabündnis-Betriebe werden genauso wie Klimabündnis-Schulen und Klimabündnis-Kindergärten in die KlimaschutzZiele der Gemeinde miteinbezogen. Start des Projekts • Im Juni 1997 startet das Projekt „Betriebe im Klimabündnis“ in Wien. Später folgen Salzburg, Oberösterreich, Steiermark und schließlich Kärnten. 2004 gibt es bereits 250 Betriebe im Klimabündnis. Der älteste Klimabündnis-Betrieb ist die Bäckerei Deiser – früher in Wien, heute in Baden (Niederösterreich).
Betriebeberater Bernhard Holzbauer (Wien/NÖ) und Georg Spiekermann (Oberösterreich).
Zahl der Betriebe • Immer mehr Betriebe bekennen sich zum Klimaschutz. Mittlerweile gibt es in ganz Österreich über 670 KlimabündnisBetriebe. Die meisten davon in Oberösterreich mit über 350, gefolgt von Salzburg mit über 150. Aufnahme • Die Aufnahme ins Klimabündnis erfolgt, wenn sich Betriebe dazu verpflichten, innerhalb von zwei Jahren 30 % und innerhalb von fünf Jahren 50 % der im Maßnahmenkatalog festgelegten Punkte zu erreichen. Evaluierung & Auszeichnung • Nach zwei bzw. fünf Jahren wird von unabhängiger Seite die Erreichung des Klimaschutzzieles überprüft. Diese Vorgangsweise stellt sicher, dass nicht nur einzelne technische Maßnahmen durchgeführt werden, sondern die Idee des vorsorgenden Umweltschutzes in den Betrieb integriert wird.
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Genizes im Gespräch mit Johann Kandler: „Wir kämpfen am unteren Rio Negro noch um die Anerkennung des Regenwaldgebietes.“ Seit kurzem verkehrt übrigens ein neues, aus Mitteln der Klimabündnis-Partnerschaft finanziertes, Boot am Rio Negro
900 km mit dem Boot am Rio Negro Kürzlich aus dem Amazonas zurückgekehrt schildert Johann Kandler seine Eindrücke vom Besuch bei den indigenen Partnern der österreichischen Klimabündnismitglieder am Rio Negro.
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rstes Ziel der Reise ist die Stadt Barcelos am unteren Rio Negro, etwa 400 km flussaufwärts von Manaus, die wir nach 13 Stunden beeindruckender Fahrt mit dem Schnellboot durch den nächtlichen Regenwald am frühen Morgen erreichen. Abrahão, der Präsident der FOIRN, berät sich hier mit zehn Frauen und Männern aus verschiedenen Dörfern über eine Strategie zum Erhalt der Fischbestände. „Die großen Fischerboote aus Manaus verwenden Schleppnetze und sortieren dann die besten Fische aus, billige Ware werfen sie weg“, berichtet Aprigio aus Cauboris, „Laut Gesetz dürfte ein Boot maximal 600 kg Fisch fangen, tatsächlich werden bis zu 4 Tonnen in die Tiefkühlkammern gestopft.“ Sandoval aus Canafé pflichtet ihm bei „... und weil es keine Kontrollen gibt, wird Fisch mancherorts knapp!“ Die zunehmende „Sportfischerei“ ist – laut Marivelton aus Santa Isabel – ein weiteres Problem: „Viele Fische sterben, weil sie durch die Angelhaken verletzt werden oder zum Fotografieren zu lange außerhalb des Wassers sind. Nächtliche Grillpartys mit Alkohol, Drogen und Prostitution stören die Ruhe der Einheimischen. Wir haben den Schaden und die Tourismusunternehmen kas-
sieren ab.“ Genizés vom Rio Demeni berichtet zufrieden: „Vergangenen November haben wir aus den Mitteln der Klimabündnispartnerschaft ein schnelleres Boot erhalten, mit dem wir die Fischkutter und Touristen erreichen und sie zum Verlassen unseres Gebietes auffordern. Seither ist es besser geworden.“
Ein harter Kampf
Camila Barra von der Beratungsorganisation ISA (Institut für Soziales und Umwelt) präsentiert eine Landkarte der Region, in der Vorschläge für Schutzgebiete eingetragen sind. „Wir haben das mit der lokalen Bevölkerung ausgearbeitet“, erklärt Dilsa, die energische Indigenenvertreterin von Barcelos, „und werden nun mit den zuständigen Behörden verhandeln. Einige von ihnen sehen das Anliegen positiv, aber angesichts der politischen und wirtschaftlichen Interessen werden wir hart kämpfen müssen!“ (s. News) Zwei Tage dauern die Gespräche, dann geht es mit dem kleinen Boot der FOIRN weiter flussaufwärts. Eine Woche lang besuchen wir verschiedene Dörfer, nehmen an Versammlungen teil und unterhalten uns mit den Einheimischen. Zufrieden berichten sie über Verbesserungen. Diese gründen zum einen auf verbesserten Sozialleistungen (Renten, Kindergeld) der Regierung, durch die sichtbar mehr Geld in die Region fließt.
Indigene Erfolgsbilanz
Vor allem aber sind die Verbesserungen dem Kampf der FOIRN zu verdanken. Indigene Organisationen und ihre Forderungen erfahren mehr Respekt, die
Bevölkerung erhält Dokumente und kann Rechte in Anspruch nehmen, die gesundheitliche Betreuung wurde besser und die indigenen Schulmodelle mit angepasstem Unterricht werden von den Behörden übernommen. Gleichzeitig mit dem Kampf um Anerkennung weiterer indigener Gebiete und Naturschutzzonen arbeiten die Dörfer an der Verbesserung der Direktvermarktung ihrer Produkte aus der Landwirtschaft (Maniok) und der Sammeltätigkeit im Wald (Piacabafasern, Paranüsse u.a.) um ihre wirtschaftliche Autonomie zu verbessern. Dabei spüren sie auch schon die Auswirkungen des Klimawandels. „Im Februar ist normalerweise Trockenzeit und wir bereiten unsere Felder vor, aber heuer regnet es täglich und das bedeutet eine schlechte Ernte“, höre ich überall. Beim Abschied in São Gabriel dankt Abrahão im Namen der FOIRN nochmals für die Unterstützung aus Österreich und drückt die Hoffnung aus, dass in der Klimapolitik wesentliche Schritte nach vorne gelingen. Johann Kandler
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www.klimabuendnis.at
Ein Betrieb im Regenwald Wariró – Musterbetrieb unserer Partner und zugleich ein Modell für kulturelle und ökologische Ressourcennutzung.
Fotos: Johann Kandler, Francisco Borges (FOIRN)
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eit langer Zeit fertigen die indigenen Völker des Rio Negro ihre Gebrauchsgegenstände aus Materialien, die sie der umgebenden Natur entnehmen. Dabei kombinieren sie Funktionalität mit künstlerischer Kreativität und schaffen Objekte von einer schlichten und zeitlosen Schönheit. In den letzten Jahrzehnten wurde vieles durch Plastik ersetzt und das handwerkliche Wissen geriet vielerorts in Vergessenheit. Im Zuge der kulturellen Wiederbelebung fanden auch Kurse zum traditionellen Kunsthandwerk statt und die FOIRN eröffnete ein eigenes Geschäft
namens Wariró für den Verkauf, um die Zwischenhändler auszuschalten.
Produkte der Natur mit Kultur
Die Projektleitung übernahm Frau Gilda Barreto, der es mit viel Engagement und Hartnäckigkeit gelungen ist, Produktion und Verkauf trotz vieler Schwierigkeiten gewinnbringend zu organisieren. Derzeit werden vor allem Korbwaren, Töpfe und Schmuck angeboten. Nachdem Rohstoffe und Produzenten nicht jederzeit zur Verfügung stehen und sowohl der Transport wie auch die Kommunikation in diesem abgelegenen Gebiet schwierig und zeitaufwändig sind, ist es schwierig, größere Bestellungen abzuwickeln bzw. das Angebot zu erweitern. Trotzdem besteht die Absicht, durch das Kunsthandwerk wirtschaftlich unabhängiger zu werden. Johann Kandler
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http://www.artebaniwa.org.br
Regenwald-News Eine rote Karte • erhielt die Regierung Dilma in Brasilien von elf Umweltorganisationen. Vor der Rio+20 Konferenz im Juni hat sie die schlechteste Ökobilanz seit Ende der Militärdiktatur 1988. Einige Gesetzesvorhaben weichen das Waldschutzgesetz (Código florestal) auf. Sie erschweren die Anerkennung von indigenen Territorien und Naturschutzgebieten, erleichtern die Verkleinerung bestehender Schutzzonen (um Umweltauflagen für Großprojekte zu umgehen) und den Abbau von Bodenschätzen in indigenen Gebieten. Das Umweltministerium ist kaum aktiv, Genehmigungen für Großprojekte wurden erleichtert, der Klimaschutzliegt auf Eis. Für die Fußball-WM 2014 zugesagte Projekte in den Bereichen Verkehr sowie Wasserver- und Abwasserentsorgung werden nicht umgesetzt. Rote Karten gehen auch an europäische Regierungen: Seit langem beklagen Umweltorganisationen die Beteiligung an Großprojekten, die Regenwald- und Lebensraumzerstörung bedeuten. Schwer wiegt da auch die geplante Übernahme von Bürgschaften für den Bau eines AKW im Regenwald seitens der deutschen Bundesregierung. Kippt Amazonas-CO2-Bilanz? • Brandrodung, Abholzung und die Ausweitung des großflächigen industriellen Futter- und Energiepflanzenanbaus verschlechterten die Bilanz des Amazonasregenwaldes. Der Klimawandel trägt seinen Teil dazu bei. Intakte Regenwaldregionen überstehen saisonale und mäßige Dürrephasen, Fortsetzung Seite 6
Fotos: Carla Dias/ISA • FOIRN • Alfredo Brazão
Projekt Wariró: Indigenes Kunsthandwerk schafft Einkommen und sichert die Bewahrung von traditionellem Wissen.
Foto: Johann Kandler
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Zuckerrohr wächst hier für Biosprit. Fortsetzung von Seite 5
Auftakt zur Rio+20 Konferenz bei uns in Österreich-
Illegaler Holzeinschlag • Der illegale Holz-
einschlag bleibt laut Weltbankbericht „Justice for forests“ ein Riesengeschäft. Weltweit werden 10 bis 15 Milliarden damit verdient. Satte Gewinne ermöglichen Lobbying und Behördenbestechung im großen Stil. Extrem hoch ist der Einschlag nach Zahlen von Greenpeace in PapuaNeuguinea (90%) und Indonesien (50%). In Brasilien gelingt es, trotz Satelliten-Überwachung, gerade mal das Einschlag-Tempo zu vermindern. 8 www.issuu.com/world.bank.publications
Rio+20 Konferenz D
ie UN-Konferenz 1992 in Rio war ein Meilenstein für die Integration von Umwelt- und Entwicklungsbestrebungen weltweit. Bei der Nachfolgekonferenz RIO+20 diesen Juni wird Bilanz gezogen. Denn so wie bisher kann es nicht weitergehen. Die vor 20 Jahren angesprochenen Probleme haben sich in vielen Bereichen massiv verschärft. Das erkennen immer mehr Personen, die sich weltweit für eine „andere Welt“ engagieren. In Österreich bündeln jetzt über 30 Umwelt- und Entwicklungsorganisati-
Verheerende Biosprit-Bilanzen • Biodiesel aus Raps, Palmöl, Jathropa und Soja belastet das Klima stärker als fossile Treibstoffe. Das bestätigen neue Studien. Biodiesel setzt zwar bei der Verbrennung um 40 bis 70% weniger CO2 frei, über den gesamten Lebenszyklus betrachtet, sieht es aber anders aus. Wenn etwa für Palmöl in Indonesien Tiefmoorwälder abholzt und abfackelt werden müssen, werden enorme Mengen CO2 frei. Dabei wurden andere Aspekte wie soziale Folgen – Großflächige Pflanzungen für Agrotreibstoffe vertreiben in vielen Regionen kleine Landbesitzer – noch gar nicht berücksichtigt. Ebensowenig der Verlust an Anbauflächen für Nahrungsmittel. Die Fläche, die momentan für die Herstellung von Agrotreibstoffen in Afrika vom Westen genutzt wird, entspricht der Größe der Schweiz. 8 http://cifor.org • www.ecologyandsociety.org
onen ihre Aktivitäten. Das Klimabündnis koordiniert die von der Austrian Development Agency (ADA) geförderte Initiative „RIO+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“. In Österreich finden über 40 Veranstaltungen statt. „Wir zeigen auf, wie ein sozialer, ökologischer und ökonomischer Wandel gelingen kann“, so Peter Molnar vom Klimabündnis. Die Aktivitäten reichen von Diskussionen über Ausstellungen, Filmtage bis zu Konferenzen. Hannes Höller
info!
www.rioplus20.at
Rio Negro-Delegation 2012 Klimabündnis-Partner vom Rio Negro in Österreich
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Kandler | Salmhofer | Strasser
Fotos: FOIRN
Das Dilemma mit der Klimagerechtigkeit Ein Klimabündnis-Beitrag zur Diskussion der Gerechtigkeit in den unterschiedlichsten Fragen des Klimawandels erscheint im Mai 2012.
Foto: Katharina Schiffl
in Regionen mit starker Abholzung jedoch verstärken sich die Auswirkungen und zugleich verlängern sich hier die Zeiträume der Trockenheit. 8 www.nature.com • www.whrc.org
on 16. April bis 5. Mai kommen Maximiliano Menezes, ein hochrangiger Vertreter der indigenen Völker vom Rio Negro und der FOIRN, und Camila Barra vom ISA Brasilien zu uns. Die Reise unter dem Motto „Rio+20 – Gerechtigkeit in einer endlichen Welt“ dient dem Austausch über die Umsetzung gemeinsamer Ziele im Klima- und Regenwaldschutz. Bei der Klimabündnis-Jahreskonferenz in Hall/Tirol im April und zahlreichen Veranstaltungen in den Bundesländern können Sie die Gäste persönlich kennen lernen und mehr über die Situation und die Folgen des Klimawandels in Amazonien sowie die Arbeit am Rio Negro erfahren.
Maximiliano Menezes, Tukano, seit 20 Jahren in der FOIRN aktiv, Vizepräsident und für indigenes Bildungswesen und Gesundheitsfragen zuständig. Camila Barra ist Sozialanthropologin und arbeitet am Institut für Soziales und Umwelt (ISA) als Beraterin indigener Völker am Rio Negro.
infos & Programm!
www.klimabuendnis.at
klimakommunal
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Linz, Rathausgasse 1. Es duftet nach Holz und frischem Brot. Es duftet nach dem, was immer mehr Menschen suchen. „Die Suche nach dem verlorenen Brot“, nennt es Helmut Gragger. Es scheint, sie sind fündig geworden.
Da, wo das gute Brot herkommt Ein Holzofen, viel Zeit und Liebe für die Umwelt: In Helmut Graggers Brot kommen nur Produkte aus der Region ... 1997 startete Helmut Gragger seine Holzofenbäckerei im oberösterreichischen Ansfelden. Die Zeit davor verbrachte er bei einem der größten Nahrungsmittelkonzerne der Welt. Dort wurde ihm deutlich vor Augen geführt, was er nicht will. Als leidenschaftlicher Bäcker werde man in einem Konzern wie diesem nicht alt, meinte er unlängst in einem Interview – denn er lernte die Schattenseiten einer Nah-
Zum Betrieb
Name: Bäckerei Gragger
Inhaber: Helmut Gragger
Bundesland: Oberösterreich Standorte: Ansfelden, Linz, Wien und
auf Wochenmärkten. Fotos: Gragger
Gründung: 1997
Klimabündnis-Betrieb: seit 2002 Mitglied bei Slowfood: seit 2008
Gründung Gragger & Cie in Wien: 2010
www.gragger-cie.at
rungsmittelindustrie kennen, die keine Lebensmittel mehr herstellt, sondern industrielle Produkte.
Sauerteig und Zeit
Desillusioniert besann er sich auf seinen Jugendtraum und seine Bäckerausbildung – er wollte Brot backen, das diesen Namen verdient, das so beschaffen ist, wie es dies immer war. Mit einigen wenigen Zutaten, mit Sauerteig und der dafür benötigten Zeit. Was ein einfach gutes Brot ausmacht, ist eigentlich kein Geheimnis und wer das Glück hat, noch eine backende Großmutter oder Nachbarin zu haben, der man über die Schulter schauen kann, weiß das. Bei Gragger verwendet man Biogetreide aus der Region, Wasser, Himalaya-Salz, Sauerteig und viel Zeit: Aus Roggenmehl und Wasser entstehen Tausende von Mikroorganismen wie Hefepilze und Milchsäurebakterien. Nach mindestens 48 Stunden ist der Sauerteig bereit zu seinem Einsatz und erzeugt aus einem Klumpen Teig ein luftiges von Poren durchsetztes Gebilde namens Brot, das gut verdaulich ist und hervorragend schmeckt. Auch das Getreide braucht Zeit, um zu reifen. Etwa drei Wochen sollte es nach der Ernte rasten, bevor es vermahlen wird. Fortsetzung Seite 8
Die Klimabündnis-Bäckereien
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rot und Gebäck, das schmeckt. Neben der Bäckerei Gragger setzen noch acht weitere Bäckereien in Österreich auf die Kombination „guter Geschmack und Klimaschutz“. Dazu zählt der 1. Klimabündnis-Betrieb Österreichs: die Bäckerei Deiser in Baden (Niederösterreich). In Salzburg haben sich die Stiftsbäckerei St. Peter (Salzburg-Stadt) und die BäckereiKonditorei Erich Necker in Strobl dem Klimabündnis angeschlossen. Seit vergangenem Jahr gibt es auch in Tirol eine Klimabündnis-Bäckerei: die Bäckerei Bichlbäck in Niederndorf. Eine größere Auswahl haben klimabewusste KundInnen in Oberösterreich: Die k.u.k. Hofbäckerei Rath und Inges Biocafe in Linz, die Bäckerei-Cafe-Konditorei Helmut Kern in Perg und die Konditorei Cafe Vogl in Eferding. In Kärnten bereitet sich die Bäckerei Nadrag in Krumpendorf am Wörthersee auf den Einstieg ins Bündnis vor. Hannes Höller
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„Klimaretter“ Evelyn Sixtl, LR Anschober, Norbert Rainer und Andreas Drack.
Mit Verzicht auf Plastik zum Stofftaschen-Sammel- Weltrekord.
klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden feierte das Land Oberösterreich mit dem Klimabündnis das zehnjährige Bestehen des Landesprogramms Klimarettung. Organisatorisch wächst dieses in Zukunft noch enger mit dem Klimabündnis zusammen: Ein neues Förderprogramm bietet Gemeinden, Betrieben, Schulen und Haushalten Information und Anreize, Aktivitäten zum Klimaschutz zu setzen. Ziel der Klimarettung sind strategische Partnerschaften mit Betrieben und Organisationen und deren Vernetzung mit dem Klimabündnis.
8 www.klimarettung.at www.klimabuendnis.at/oberoesterreich
Ökostrom-Umstieg in Enns • Seit Be-
ginn des Jahres bezieht die oberösterreichische Klimabündnis-Gemeinde Enns als erste Stadt in Österreich für kommunale Einrichtungen Ökostrom. Den zertifizierte Strom liefert Naturkraft, ein mit dem österreichischen Umweltzeichen aus-gezeichnetes Tochterunternehmen der EnergieAllianz Austria mit Standorten in Österreich (Wien, Linz) und Deutschland. Das Beispiel zeigt, dass nicht nur Betriebe und Haushalte, sondern auch Gemeinden ein Zeichen für nachhaltige Energieversorgung setzen können.
Fortsetzung von Seite 7
Auftakt zur größten Stofftaschenaktion • Mitte November fand in Gratwein
Konventionelle Backfirmen nehmen sich diese Zeit nicht mehr. Sie verwenden künstliche Backtriebmittel um den Teig in kürzester Zeit backen zu können, verwenden fertig gekaufte Backmischungen und schaffen es auf ihren ausgedehnten „Backstraßen“ Tausende Kilo Teig maschinell zu verarbeiten. „Handwerk ohne Hände“ wird diese Art zu produzieren genannt.
bei Graz die Weltrekordsfeier zur Stofftaschenaktion „Change bag“ statt. Über 400 BesucherInnen konnten sich in der mit Stofftaschen dekorierten Mehrzweckhalle von der Kreativität der teilnehmenden Kinder und Jugendlichen überzeugen. Bis zwei Tage vor der Veranstaltung kamen 6.124 Stofftaschen zusammen. Fast 2.000 Stück sind gebrauchte Taschen, die bis jetzt in Haushalten brachlagen. Alle „Change bag“Taschen, stehen den BürgerInnen der Region kostenlos zur Verfügung. Nun gilt es „Change bag“ im Alltag umzusetzen und gemäß dem Motto „Verwenden statt verschwenden“ sowohl alte als auch neue „Change bag“ Taschen IMMER WIEDER zu verwenden!
Brot, wie es sein soll
Dem Bäcker aus Ansfelden, Helmut Gragger, liegt der achtsame Umgang mit der Natur, mit seinen über dreißig MitarbeiterInnen und dem Brot sehr am Herzen. Daneben hat der engagierte Bäcker eine Initiative namens „Back ma‘s“ gegründet, in der in Zusammenarbeit mit der Caritas zehn Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen das Bäckerhandwerk gelehrt wird. Dass einer wie er auch die Prinzipien des „Slow Food“, des langsamen, bewussten Genießens, für wichtig hält, zeigt sich nicht nur in seiner Mitgliedschaft ebendort, sondern auch in nächtlichen Besuchen in einer Pariser Backstube oder wenn er zur Slowfood-Messe „Salone del Gusto“ in Turin mit einem fahrbaren Backofen anreist. Um dort aufzubacken.
8 www.klimabuendnis.at/steiermark sandra.krautwaschl@aon.at
8 www.enns.at
Climate Star • Be-
reits zum fünften Mal zeichnet das Klimabündnis Klimaschutz-Projekte aus Gemeinden in ganz Europa aus. 20 Gemeinden und kommunale Netzwerke aus 9 Ländern erhalten am 26. April im Schloss Hof (NÖ) einen Climate Star. Die Gala startet um 18.30 Uhr, das Tagesprogramm mit Schiffsfahrt in den Donauauen und Schlossbesichtigung beginnt bereits ab 12.30 Uhr. Anmeldung unter 8 www.klimabuendnis.at/climatestar
Senior mobil • Trotz gutem öffentlichen
Nahverkehrsangebot werden Bus und Bahn von SeniorInnen noch immer zu wenig genutzt. Gründe dafür sind u.a. emotionale Barrieren und Informationsdefizite. Mit „Senior mobil“ und dem „Patenticket“ sollen Hemmschwellen beseitigt werden. Beide Angebote werden im Rahmen eines Interreg IV-A-Projekts Italien Österreich „Mobilität ohne Barrieren“ in enger Zusammenarbeit mit den Verkehrsunternehmen ÖBB und ÖBB-Postbus in Tirol durchgeführt.
8 www.klimabuendnis.at/tirol
Fotos: Land Tirol/ÖBB, Gratwein
Fotos: Land OÖ/Kauder
10 Jahre Klimarettung • Mitte Jänner
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Fotos: Gragger
Warteschlangen im 1. Bezirk
Seit 2002 ist die Bäckerei ein Klimabündnisbetrieb. Was verbindet den Biobäcker mit dem Klimabündnis und seinen Werten? „ Um hochwertige Rohstoffe zu erhalten, ist es ja auch notwendig, die Umwelt, in der diese Pflanzen heranwachsen, zu schonen. Ich setze auf biologische Rohstoffe, Heizen mit Holz, Ökostrom, Biodiesel beim Ausliefern, Recyclingpapier in der Verpackung – damit sich der Kreislauf schließt!“ Ökosoziales Bewusstsein und unternehmerischer Erfolg schließen sich nicht aus. So ist der Bäcker mit seinem Brot und dem Zwölf-Tonnen-Holzofen seit Sommer 2010 nicht nur in Ansfelden und Linz, sondern auch im 1.
Wiener Gemeindebezirk zu finden. Dort kann man ihn neben seinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern beim täglichen Brotbacken erleben. Dass er eine derart renommierte Adresse gefunden hat, liegt an einem Zufall. Der Besitzer des Hauses, Strumpffabrikant Christian Palmers, hatte sich schon länger eine Bäckerei im französischen Stil in seinem Haus gewünscht. Eine „Boulangerie“, die gleichzeitig Backstube und Verkaufsraum ist. Er suchte und fand den unkonventionellen Bäcker aus Ansfelden. Miteinander wurde „Gragger&Cie“ gegründet.
Nun bilden sich in der Spiegelgasse 23 zwischen noblen Adressen gerne Schlangen von KundInnen, die geduldig auf ihren Laib Brot warten, der aus dem mit Mühlviertler Fichtenholz befeuerten Ofen geholt wird. Dieser Ofen mit knapp zwölf Tonnen Eigengewicht ist eines von drei Exemplaren, die speziell für Helmut Graggers Unternehmen angefertigt wurden. Er steht prominent im Geschäft und kann von zwei Seiten geöffnet und bestückt werden. So werden die Brotlaibe auf der Seite der Backstube in den Ofen hineingeschoben und können vorne direkt vor den Augen der Kundschaft herausgeholt werden. Unverfälschter kann man Brotbacken nicht erleben. Und selten schmeckt es so gut wie hier. Sonja Wöhrenschimmel
Info! www.gragger.at
Klima-Porträt
Bernhard Holzbauer, Klimabündnis Österreich
Fotos: privat, digiDruck GesmbH
Der gelernter Fernmeldemonteur war nach der Ausbildung zum Energie- und Umweltberater u. a. beim Verein für Konsumenteninformation, der oekostrom AG und der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energie tätig. Holzbauer war auch Bezirksrat und hatte in der Fachgruppe allgemeiner Handel der WKO ein Mandat als Ökostromhändler. Seit 2010 ist er für die Betriebe im Klimabündnis zuständig – ein Projekt, für das er schon von 2000 bis 2002 Erfahrungen sammelte.
Was ist für dich bei deiner Arbeit besonders wichtig? Die CO2-Reduktion. Unsere Analysen und Bilanzen zeigen, wo anzusetzen ist. Viele Betriebe steigen durch unsere Beratung auf CO2-freien Strom um. Heizungsumstellungen werden oft erst angedacht, wenn die Anlage getauscht werden muss. Besser voran kommen wir durch Wärmedämmmaßnahmen oder Abwärmenutzung aus dem Betrieb. Positives zeichnet sich auch beim bisherigen Sorgenkind, dem Verkehr ab. Die meisten Betriebe erklären sich bereit, sobald die Alternativen wie z.B. das Elektroauto für ihre Zwecke einsetzbar sind, auch auf diese umzusteigen. Und dann gibt‘s da noch die sogenannten sonstigen Treibhausgase mit ihrem tausendfachen CO2-Potential. Diese finden sich in Klima- und Kälteanlagen. Das ist für die Betriebe dann immer sehr überraschend, wenn ich ihnen vor Augen führe, dass durch Undichtheiten dieser Anlagen mehr an Treibhausgasen freigesetzt wird als im gesamten sonstigen Betrieb durch fossile Energieträger.
Bernhard Holzbauer mit der Wiener Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou und Michael Gitzi, Inhaber von digidruck.at, anlässlich der Auszeichnung zum Klimabündnis-Betrieb. Setzt der „Betriebe-Prüfer“ auch privat strenge Maßstäbe? Seit zwölf Jahren wohne ich in einer autofreien Mustersiedlung in Wien-Floridsdorf – habe also kein Auto. Geheizt wird mit Fernwärme. Dass da auch Gas dabei ist, darauf habe ich leider keinen Einfluss. Immerhin erreicht unsere Siedlung Niedrigenergiehausstandard. Mein Strom ist selbstverständlich oekostrom. Eingekauft wird bio, regional und fair. Was macht dir bei deiner Arbeit besondere Freude? Dass immer mehr Unternehmen zu beachtlichen CO2-Reduktion kommen. Wenn die Arbeit Früchte trägt, erzeugt das ein gutes Gefühl und die Gewissheit, einer sinnvollen Arbeit nachzugehen. Dazu kommt die selbstbestimmte Arbeit, ein Chef mit dem ich gut kann und KollegInnen, die ähnlich ticken wie ich selbst. Lauter „Ökos“ eben. A.S.
kontakt! bernhard.holzbauer@klimabuendnis.at
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klimabündnis
Upcycling: Beim heurigen Kreativtag bastelten die Kinder Schmuck aus Kaffee-Kapseln und Windräder aus alten Plastikflaschen.
Klimaschutz mit allen Sinnen Fotos: PVS Leithaprodersdorf
Vom Denken zum Handeln – in der VS Leithaprodersdorf findet Bildung auf unterschiedlichsten Ebenen statt.
A
n der Volksschule Leithaprodersdorf sollen Achtung, Wertschätzung und Toleranz gegenüber den Mitmenschen selbstverständlich sowie ein rücksichtsvoller Umgang mit der Umwelt und unseren Ressourcen erreicht werden. In diesem Sinne sind Regenwald, gesundes einheimisches Obst und Gemüse, Reinigungsmittel und ihre Umwelteinflüsse und Energie Themen an der Schule. Die 4. Stufe schreibt jeden Monat einen Klimatipp in das Klimaheft und heftet diesen an die Pinnwand. Außerdem werden Berichte, Zeitungsausschnitte und Bilder für das Klimaheft gesam-
melt und eingeklebt. Einen Monat lang arbeiteten die SchülerInnen mit dem Arbeitsheft: „Dem Klimaschutz auf der Spur“. Aus Anlass des Atomunfalls in Japan wurde auch über Atomkraftwerke und Japan gesprochen.
Begreifen und Anschauen ...
… konnten die Kinder Natur und Umwelt bei Projekttagen im Südburgenland, bei einer Trekking-Tour durch‘s Moor in Rohr, beim Besuch einer Gärtnerei oder der Naturwerkstatt in Marz. 2011 wurde ein Schul-Lerngarten angelegt. Aus der selbstgezogenen Zitronenmelisse stellten die Kinder einen eige-
nen Sirup her. Eltern und SchülerInnen setzten heimische Sträucher und versahen sie mit Namensschildern aus Holz. Zu Weihnachten wurde ein Christbaum für die Vögel aufgestellt. Nistkästen, Kräuterspirale und Insektenhotels werden heuer folgen. Die Kinder studierten das Umweltmusical „Pablo, der kleine Wassertropfen“ ein und präsentierten dies beim Schulfest. Batterien und Druckerpatronen werden an der Schule gesammelt und Akkus bevorzugt. Beim heurigen Kreativtag bastelten die Kinder Schmuck aus KaffeeKapseln und Windräder aus alten Plastikflaschen. „Wir planen für den Autofreien Tag 2012 eine Aktion mit der Gemeinde, wo wir am Vormittag die Straße absperren und einen Teil davon bemalen“, so Direktorin Eveline Kinberger. Maria Hawle
info!
www.klimabuendnis.at/schulen
VS Leithaprodersdorf
Schulgasse 4, 2443 Leithaprodersdorf • Mitglied seit: 2009 Klimabündnis-Koordinatorin: Verena Plattensteiner www.vs-leithaprodersdorf.at
Kindermeilenkampagne 2012
Schulen mobil ...
INFO! www.klimabuendnis.at/kindermeilen
„Schulen mobil“ ist eine Vernetzungsplattform für PädagogInnen zur Förderung klimafreundlicher Mobilität in Schulen. Mit Fortbildungsmaßnahmen, Informationsangeboten, Unterrichtsmaterialien und einem Medienkoffer werden wichtige Themen wie Fuß- und Radverkehr, öffentlicher Verkehr und Verkehrssicherheit spielerisch und kindgerecht aufbereitet und vermittelt. Grenzüberschreitende Vernetzung Eine Projekt-Homepage (www.schulenmobil.at) informiert kontinuierlich über alles Wissenswerte zu Angebot und Aktivitäten und bietet Downloadmöglichkeiten für PädagogInnen. Für SchülerInnen finden grenzübergreifende Schulprojekte sowie ein internetbasierter Austausch statt. Der Folder „Schulen mobil“ bietet einen Überblick über in Tirol und Südtirol verfügbare Schulangebote zur Förderung umweltfreundlicher Mobilität.
Die Eine-Million-Marke allein für Österreich konnten wir 2011 noch nicht überspringen. Vielleicht schaffen wir dies mit Ihrer Hilfe in einem zweiten Anlauf. Jeder zu Fuß, mit dem Rad oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurück gelegte Schul- bzw. Kindergartenweg zählt – und ist dazu noch gesund und schützt das Klima. Machen Sie mit und helfen Sie den Rekord zu erreichen. Die Kindermeilen-Kampagne startet im März und läuft bis 12. November. Wir unterstützen mit den bewährten Gratis-Materialien (Sammelalben, Klimameilen-Sticker), einem Aktionsheft, Elternbrief und Workshops.
Interreg-Projekt zur Förderung klimafreundlicher Mobilität in Tirol und Südtirol
klimakommunal
Zum Bezirk
Name: 7. Bezirk, Neubau
Bundesland: Wien Lage: Neubau gehört zu den inneren
Bezirken Wiens und ist mit einer Fläche von 1,6 km2 der drittkleinste Wiener Bezirk.
Mikroklima mitten im Siebenten: Bis 23. Mai können Klimaschutzprojekte zu diesem Thema eingereicht werden. Die besten werden mit dem KLIP 7 prämiert.
Das Mikroklima im Siebenten
EinwohnerInnen: 30.392
Klimabündnis-Bezirk: seit 2008
Mitglied bei Slowfood: seit 2008
Klimaschutz ist keine Frage der Größe. Bestes Beispiel ist der Klimabündnis-Bezirk Wien-Neubau.
Foto: Lisa Sperber
N
eubau ist der drittkleinste Bezirk in Wien, beim Klimaschutz zählt er aber zu den größten: In keinem anderen Bezirk kommen mehr ArbeitnehmerInnen umweltfreundlich zu ihrem Arbeitsplatz. „Wir fördern konsequent das Radfahren sowie Zu-Fuß-Gehen und gestalten auch die Öffi-Nutzung attraktiver“, so Bezirksvorsteher Thomas Blimlinger. Konsequenz machte sich auch im Energiebereich bezahlt. Diesen März wurde ein langgehegter Plan realisiert: Das Amtshaus in der Hermannsgasse wur-
de mehr als sieben Jahre nach Antragstellung auf Ökostrom umgestellt.
BürgerInnen machen mit
In die Klimaschutzaktivitäten werden auch die BürgerInnen im Siebenten eingebunden – und für diese kann sich ein Engagement finanziell bezahlt machen. Seit 2008 wird alle zwei Jahre der Neubauer Klimaschutzpreis KLIP 7 vergeben. Dieser ist ein gemeinsames Projekt aller politischen Fraktionen der Bezirksvorstehung in Kooperation mit dem Klimabündnis. Blimlinger:
Foto: Klimabündnis Tirol
Ein Schulangebot im Rahmen des Interreg-Projekts „Schulen mobil“ ist der Malwettbewerb „Crazy Bike“. Das Projekt „Schulen mobil“ wurde im Sommer 2010 von Klimabündnis Tirol, dem Ökoinstitut Südtirol/Alto Adige, dem Kuratorium für Verkehrssicherheit/ Landesstelle Tirol, der Gemeinde Valvasone/Lokale Agenda 21, dem Land Tirol und der Autonomen Provinz Bozen/Südtirol gestartet und wird aus Mitteln des Europäischen Fonds für regionale Entwicklung – INTERREG IV-A-Projekte Italien Österreich gefördert.
INFO! www.schulenmobil.at • www.klimabuendnis.at/tirol
Bezirksvorsteher: Thomas Blimlinger
„ Wir wollen Klimaschutzprojekte im Bezirk sichtbar machen und damit zeigen, dass Klimaschutz uns alle angeht.“
Klimaschutzpreis KLIP 7
Beim Klimaschutzpreis KLIP 7 werden Projekte und Ideen mit insgesamt 7.000 Euro prämiert. Das diesjährige Motto passt zum Bezirk: Mikroklima. „ Jeder Beitrag zur Verbesserung des lokalen Klimas soll belohnt werden und hat die Chance, ausgezeichnet zu werden: Vom Kräuterkisterl am Fensterbrett über den bepflanzten Innenhof bis zur großflächigen Fassadenbegrünung oder der Urban Farm am Dach“, beschreibt Blimlinger den Rahmen für den dritten KLIP 7. Mitmachen können Personen, Unternehmen, Organisationen, Bildungseinrichtungen sowie Arbeitsgruppen, die in Neubau bereits KlimaschutzProjekte durchgeführt oder umgesetzt haben, gerade durchführen oder noch durchführen werden. Einsendeschluss ist der 23. Mai.
Klimabündnis-Bezirke
Wieden trat 2007 als erster Wiener Bezirk dem Klimabündnis bei. Ein Jahr später folgten Neubau und Hietzing. 2010 trat die Josefstadt bei. Die Stadt Wien ist bereits seit 21 Jahren Mitglied im Klimabündnis. Hannes Höller
info! www.klip7.at
www.wien.gv.at/bezirke/neubau
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Was der Eisschwund im Norden mit uns zu tun hat ...
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Satellitenbilder zeigen den Eisschwund in der Arktis, den wir jetzt schon spüren – Kärnten und Steiermark trocknen aus. europäischen Seite der Arktis blieben 2011 bis lang in den Herbst eisfrei, zwischen Grönland und Kanada froren sie hingegen rasch zu. Dort entstand sich ein riesiger Kaltluftsee, an dessen Rändern sich bei Neufundland Tiefdruckgebiete bildeten. Diese gelangten über den
Temperaturabweichungen in ° Celsius
Abbildung: http://earthobservatory.nasa.gov/IOTD/view.php?id=77465
Sommer im Winter • Seit Beginn der
Temperaturaufzeichnungen 1872 gab es im Zentralraum und im Osten der USA im März keine so hohen Temperaturwerte. In einigen Regionen kletterte das Thermometer auf Tageshöchstwerte bis zu 30° Celsius und sank auch in den Nachtstunden nur auf 17° ab. Die Temperaturen lagen dabei um bis zu 15° über Normalwerten. Zwischen 13. und 20. März verzeichnete man an über 1.000 Messstellen neue Temperaturrekorde. Als Rekord gilt auch, dass Spitzenwerte noch nie über einen so langen Zeitraum gemessen wurden. 8 www.climatecentral.org
0 Langjähriges Mittel in mm Niederschlag in mm 2011/2012
Nordatlantik nach Europa und sorgten im Zuge von Nordwestwetterlagen ab Dezember in den Nordalpen für anhaltende Schneefälle. Im Süden Österreichs fehlen dagegen seit November niederschlagsreiche Wetterlagen aus Südwestbis Südost. Christian Salmhofer
info! www.uni-graz.at/geowww
klima & wetter • News aus den Archiven
Historische Temperaturrekorde in den USA.
Zeltweg
100
Fürstenfeld
150
Bad Radkersburg
190
Graz
2011 schmolz so viel Meereis der Arktis wie noch nie seit es Messungen gibt. Und weitere Rekorde stehen bevor, da die ältesten Eisschichten schneller schmelzen als jüngere. Während die mit einjährigem Eis bedeckte Fläche pro Jahrzehnt nur 13,5 Prozent einbüßte, verminderte sich jene mit mehrjährigem Eis um 17,2 Prozent. So wird die arktische Eiskappe noch verwundbarer – denn das mehrjährige Eis ist zugleich auch das dickste. Dadurch änderte sich auch die Verteilung der Kaltluft. Auf den eisfreien Flächen ist es wärmer als auf den eisbedeckten. Dort bilden sich Kaltluftseen, was auch das Wetter in Europa beeinflusst. Die Meeresflächen auf der
Niederschlagsmengen im langjährigen Vergleich
Abbildungen: http://earthobservatory.nasa.gov - montage: a.s. Grafik: a.strasser - Quelle: www.uni-graz.at/geowww
klimanews
Leibnitz
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Jahres-Bilanz 2011 • national Es war ein Winter extremer
Wald & Klimawandel • Wald spielt im Klimaschutz eine bedeutende Rolle und ist zugleich vom Klimawandel in besonderem Maß betroffen. Im Dossier „Waldwirtschaft im Klimawandel“ formuliert die CIPRA, das europäische Netzwerk für den Alpenschutz, Forderungen und zeigt vorbildliche Beispiele einer nachhaltigen Waldbewirtschaftung. Naturnahe Wälder müssen die Antwort auf den Klimawandel sein. Download unter: 8 www.cipra.org
Unterschiede: Der Dezember war ungewöhnlich warm und schneearm, der Jänner ebenso warm aber schneereich – der Februar dagegen ungewöhnlich kalt. In Summe: ein fast normaler Winter. Der Blick aufs Detail zeigt anderes: Im Süden Österreichs schneite es weniger als die Hälfte eines durchschnittlichen Winters. An der Nordseite der Alpen gab es stellenweise doppelt so viel Schnee wie im langjährigen Mittel. 8 www.zamg.ac.at
Extremwetter • Der Klimawandel ändert vieles: Jahreszeiten verschieben sich, die Tornadoperiode beginnt früher, extreme Wetterereignisse häufen sich und fallen stärker aus. Die Zahl der Naturkatastrophen, das zeigen Daten des weltweit größten Rückversicheres, der Munich Re, dem es v.a. um die finanziellen Folgen geht, hat sich allein in Deutschland in den letzten 4 Jahrzehnten mehr als verdreifacht. 2011, so die Rückversicherer, war das bisher teuerste Katastrophen Jahr, was auch von den Vereinten Nationen bestätigt wurde. 8 www.extremwetterkongress.de 8 www.munichre.com
• global
2011 war das elftwärmste Jahr seit Beginn regelmäßiger Messungen 1850. Seine mittlere Temperatur lag bei 14,4 Grad Celsius – 0,4 Grad über dem Durchschnitt der Jahre 1961 bis 1990. Dass 2011 relativ kühl ausfiel, lag an einem Wetterphänomen im Pazifik, der so genannten La Niña. Sie bedingt kühleres Meerwasser, hatte unter anderem eine Dürre in Ostafrika und Überflutungen in Australien zur Folge und wirkte in der globalen Temperaturbilanz stark kühlend. 8www.wmo.int/pages/mediacentre/news Christian Salmhofer | Andreas Strasser
klimapolitik
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„ Wie wir wohnen, wie wir uns bewegen – das sind Schlüsselbereiche.“
green economy: Worthülse oder Chance? klimabündnis Ökonom Stefan Schleicher im klimabündni-Gespräch mit Andreas Strasser*)
Das heißt Wachstum um jeden Preis? Auf einem Planeten mit in vielerlei Hinsicht über die gerade noch erträglichen Grenzen hinaus ausgebeuteten Ressourcen geht das natürlich nicht. Wir müssen in den Bereichen Energie
Foto: privat
Zur Person
Stefan Schleicher Ökonom am Wegener Zentrum für Klima und Globalen Wandel an der Universität Graz, Konsulent am Institut für Wirtschaftsforschung (WIFO), Mitbegründer des Österr. Klimabeirates (Austrian Council on Climate Change).
Info! stefan.schleicher.wifo.at
www.uni-graz.at
und Ernährung dringend wesentliche Schritte nach vorne machen. Das Thema Wasser bekommt eine ganz fundamentale Bedeutung, wie auch Fragen zum Thema Ernährung. Die FAO schlägt Allarm: In der aktuellen Situation sind größere Missernten nicht ohne weiteres zu verkraften. Gerade im Bereich Energie geben die Trends den Kritikern recht: Nach Fukushima sind Gasdampfkraftwerke en vogue, andererseits sollen AKWs fossile Energieträger zurückdrängen und beim Beispiel der Agro-Treibstoffe ist das nicht anders. Es gibt in der Tat sehr viel Bewegung in falsche Richtungen. Grundsätzlich geht es darum, den Energieverbrauch zu reduzieren – was machbar ist: allein im Bereich Gebäudesanierung, Bauwesen, Wohnbauförderung. Lösungen sind auch im Bereich Mobilität gefragt: dabei geht es nicht nur um Treibstoffverbrauch und -qualität. Da sind große Sprünge nötig. Die beginnen bei der Attraktivierung aller Bewegung, die mit Muskelkraft und mit Öffis möglich ist, aber auch bei Konzepten, die schon bei der Raumplanung ansetzen. Wie wir wohnen, wie wir uns bewegen – das sind zwei Schlüsselbereiche. Vielen Änderungswünschen stand zumindest bisher immer die Drohung „das kostet Arbeitsplätze!“ gegenüber Es ist die Frage, ob es z.B. sinnvoll und leistbar ist, weiterhin durch Subvention des Braunkohleabbaus Arbeitsplätze zu sichern oder „green jobs“ zu einer nachhaltigen Existenz zu verhelfen.
Und dann stellt sich die Frage, ist das angesichts der Krise überhaupt leistbar? Hier braucht es innovative Finanzierungsmechanismen, die Zeit zum Aufbau und Wirksamwerden benötigen. Vergleichbar ist so etwas mit Wiederaufbauprogrammen nach dem Zweiten Weltkrieg. Für die sogenannten Entwicklungs- und Schwellenländer heißt es, könnte sich so der Druck enorm vergrößern. Das ist richtig. Zugleich muss man aber auch die Chancen sehen. Denn die Möglichkeit, Umwege, die wir uns geleistet haben, überspringen zu können, kann wesentliche Vorteile und Effekte bringen. Eine Photovoltaikanlage eröffnet in einem Entwicklungsland quasi eine neue Welt. Ihre Empfehlung für die NGOs, für das Klimabündnis in Richtung Rio+20? Das Klimabündnis kann mit seinen Partnern einiges in Sachen Zukunftsfähigkeit vorweisen. Wichtig ist, sich bei allen Vorhaben der Frage zu stellen, inwieweit etwas in größere Zusammenhänge übertragbar ist, welche Wirkungen es woanders und für andere hat oder auslöst. Wir haben nur einen Planeten ... *) Mitarbeit: Emil Benesch, Hannes Höller
Wichtige links: www.unep.org/greeneconomy www.green-economy.de www.rioplus20.at
Collage: a.strasser • Quellen: http://earthobservatory.nasa.gov – UNEP-Sujet green economy
Zur Neuauflage der Konferenz von Rio 1992 Mitte Juni des Jahres wird von der UNEP (dem Umweltprogramm der Vereinten Nationen) „green economy“ als die Lösung forciert. Kritiker sprechen von einer Leerformel und befürchten business as usual unter „grünem Mäntelchen“. Was erwarten Sie von Rio+20? Bei Etikettierungen ist Vorsicht geboten. Das führt in der ohnehin schwierigen Diskussion zu Missverständnissen. Ganz persönlich denke ich, es geht darum, einen globalisierungsfähigen Wirtschaftsstil zu finden. Freilich, viel Neues ist nicht zu sehen – auch junge Industriestaaten, Südkorea etwa, orientieren sich an alten Modellen.
Foto:Helene Waldner
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Donau droht Regulierung 50.000 Hektar einzigartige Flusslandschaft stehen am „Amazonas Europas“ auf dem Spiel.
Foto: Mario Romulic
B
eim Zusammenfluss von Donau und Drau, im Naturpark Kopački Rit nahe der kroatischen Stadt Osijek liegt die wertvollste Auenlandschaft der gesamten Donau. Hier hat der Seeadler sein größtes Vorkommen in ganz Europa (70 Brutpaare) und wurde eine verschollen geglaubte Störart namens „Glattdick“ erst kürzlich wieder gefangen. Kroatien selbst hat das Kopački Rit als Kernzone des internationalen UNESCO-Biosphärenparks „Mur-Drau-Donau“ vorgeschlagen, der 2013 eröffnet werden soll.
Dieser Donauabschnitt soll nun reguliert und von der Au abgetrennt werden. Das würde den dynamischen Austausch des Wassers zwischen dem Fluss und seinen Auen verhindern. Arno Mohl, WWF-Flussexperte: „Die Auen trocknen aus, wenn die Donau reguliert und in einen toten Schifffahrtskanal verwandelt wird.“ Mittlerweile haben sich über 20.000 Menschen aus ganz Europa mittels Petition an die kroatische Umweltministerin gewandt. Sie hat im Rahmen der laufenden Umweltverträglichkeitsprüfung das letzte Wort. Emil Benesch
INFO!
www.amazon-of-europe.com/petition-de www.wwf.at/mur-drau-donau-petition
Gemeinde gegen Schiefergas
D
ie Klimabündnis-Gemeinde Wolkersdorf (NÖ) hat einstimmig einen Beschluss gegen den geplanten Schiefergasabbau auf Gemeindegebiet gefasst – „da Beeinträchtigungen für die Gesundheit der Menschen und der Umwelt nicht ausgeschlossen werden können“. Gleichzeitig wurde eine Resolution an die Finanzministerin, den Wirtschaftsund Umweltminister sowie alle Nationalratklubs verfasst, den Schiefergasabbau im Weinviertel zu verbieten. „ Der Weg aus der Klimakrise führt über Energieeffizienz und den Ausbau der Erneuerbaren, und nicht über die immer gefährlichere Ausbeutung fossiler Rohstoffe“, so Peter Molnar vom Klimabündnis. Hannes Höller
INFO!
www.weinviertelstattgasviertel.at
Bezahlte Einschaltung
Ein Fluss und seine Feuchtgebiete - als Wasserspeicher, Hochwasserschutz und Rettungsinsel der Artenvielfalt in Zeiten des Klimawandels unverzichtbar.
EUROPÄISCHE BÜRGERINITIATIVE Die Bürgerinnen und Bürger haben das Recht, gehört zu werden. Ab 1. April 2012 steht in Europa ein neues Instrument für direkte Demokratie zur Verfügung. EU-Bürgerinnen und -Bürger können von der EU-Kommission eine konkrete Gesetzesvorlage
Werden Sie aktiv! Wir unterstützen Sie dabei: ebi.zukunfteuropa.at
verlangen. Dafür braucht es in Zukunft: • mindestens eine Million Unterschriften innerhalb eines Jahres • aus mindestens sieben EU-Mitgliedstaaten und • je nach Einwohnerzahl eines Landes eine Mindestzahl an Unterschriften (für Österreich z. B.: 14.250).
Eine Information der Europapartnerschaft, finanziert aus Mitteln der Europäischen Union.
Neu ab April
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klimatipps
NETCOM – Networking the Covenant of Mayors
D
as Klimabündnis ist Partner im EU-Projekt NETCOM. Ziel des Projekts ist es, Städten und Gemeinden, die dem Bürgermeisterkonvent (Covenant of Mayors) beitreten, eine Plattform zu Vernetzung und Erfahrungsaustausch zu bieten. Der Bürgermeisterkonvent ist seit 2008 zu einer großen europäischen Initiative mit über 3.700 BürgermeisterInnen herangewachsen. In Österreich sind bisher 12 Gemeinden beigetreten.
klimatermine
Die Auftaktveranstaltung zur Covenant of Mayors Netzwerkplattform findet am 18. April im Rahmen der Kli-
mabündnis Jahres-Konferenz in Hall in Tirol statt. NETCOM bringt Netzwerke aus 12 Regionen Europas zusammen, die mit der Umsetzung des Konvents in ihren Ländern befasst sind. Das Projekt wird bis November 2013 aus Mitteln der Europäischen Kommission gefördert. Friedrich Hofer
INFO!
www.klimabuendnis.at/netcom
www.networkingcovenantofmayors.eu
klimathek
17. - 18.04., Hall (Tirol)
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Klimabündnis-Jahreskonferenz
2012
Klimabündnis Österreich-Jahreskonferenz. Die Zukunft der Gemeinde. Energieeffizienz – Mobilität – Bürgerbeteiligung.
www.ioew.de | www.voew.de ISSN 1430-8800 | B 14336
SCHWERPUNKT
Klimaschutz durch energetische Gebäudesanierung
18.04. Auftakt zur Covenant of Mayors Netzwerkplattform
Ansätze und Instrumente für klimafreundliche Gebäude
8 www.klimabuendnis.at
04. - 05.05., Bundesweit
Gier nach Äckern
8 www.tagdersonne.at
07. - 08.05., Kirchberg a.d. Pielach (NÖ) 13. - 14.06., Seeham (Salzburg)
Klimabündnis-Jahreskonferenz
Klimabündnis Europa-Jahreskonferenz. Weg vom Wachstum Wege zur 2000-Watt-Gesellschaft 8 www.klimabuendnis.org
31.05., St.Pölten und 01.06., Záhorská Ves (Slowakei)
Bodenbündnis-Jahrestagung
12. Jahrestagung des Europäischen Bodenbündnis (ELSA) und SONDAR-Tagung Fachtagung zum Thema Bodenerosion und Bodenqualität 8 www.unserboden.at
Nina Oberbucher | Christian Salmhofer | Andreas Strasser
Lehrgang KommunaleR BodenschutzbeauftragteR
23. - 26.05., St. Gallen (Schweiz)
AKTUELL
NEUE KONZEPTE
Wer bezahlt die Energiewende bei Wohngebäuden?
Wissenschaftsjahr 2012: Wissen als Basis für Innovationen
Re-Produktionsketten für eine zukunftsfähige Regionalwirtschaft
I NST IT U T F Ü R ÖK OL OG IS CHE W I R T SCHA F TS FO RS CHU NG
Tag der Sonne
8 www.klimabuendnis.at www.bodenbuendnis.or.at
STANDPUNKT
Neue Wege
Seit der Finanzkrise gilt die Investition in Ackerflächen als krisensicher. Energie-, Rohstoff- und Finanzkonzerne kaufen und pachten Land in Afrika, Asien, Osteuropa, Südamerika, wo Boden für Nahrungsmittel knapp wird. Wer Futtermittel, volle Supermarktregale aus industrieller Landwirtschaft und sogenannten „Bio“-Sprit braucht, unterstützt die Jagd.
Um die Abhängigkeit von der „Droge Wachstum“ zu überwinden, gelten grünes Wachstum und nachhaltiger Konsum als Königsweg. Umweltökonom Paech hält das für Augenauswischerei. Er fordert in seinem Gegenentwurf die Einschränkung industrieller Wertschöpfungsprozesse und die Stärkung regionaler Selbstversorgungsmuster – die wären stabiler und ökologisch verträglicher.
Wilfried Bommert
Niko Paech
Die globale Jagd nach den Äckern der Welt
Auf dem Weg in die Postwachstumsökonomie
Bodenrausch
Eichborn Verlag, Köln 2012 368 Seiten • € 19,99 • ISBN 978-3847900054
Befreiung vom Überfluss
oekom Verlag, München 2012 • www.oekom.de 144 Seiten • € 14,95 • ISBN 978-3865811813
Bewusster Konsum
Besser Wirtschaften ...
Heidbrink/Schmidt/Ahaus (Hrsgb.)
Ökologisches Wirtschaften 1-2012
Über das Verhältnis von Markt, Moral und Konsum
oekom Verlag, München 2012 • www.oekom.de 64 Seiten • € 17,40 • ISBN 978-3865811813 • erscheint 4 mal jährlich
Immer mehr Verbraucher legen Wert auf nachhaltige Produkte, die Einhaltung von Sozialstandards und faire handelsbeziehungen. Welche Bedeutung hat diese Verantwortung für die Entwicklung der Martwirtschaft und der Konsumgesellschaft? Die Autoren loten Grenzen des Business as usual und Chancen für eine nachhaltige Zukunft aus.
Die Verantwortung des Konsumenten
Campus Verlag 2011 • 329 Seiten • € 34,90 • isbn 978-3593395371
Wer mit Schlagworten nicht zufrieden ist und wissen will, wie Wirtschaft nachhaltig gestaltet werden kann, Neues aus ökologischer Wirtschaftsforschung sucht und aktuelle Entwicklungen verfolgen möchte, wird in der Zeitschrift Ökologisches Wirtschaften fündig. Schwerpunkt der aktuellen Ausgabe ist der Klimaschutz durch Gebäudesanierung. Klimaschutz durch energetische Gebäudesanierung
RETOUREN AN POSTFACH 555, 1080 WIEN
Fotos: Archiv Klimabündnis Österreich, Andi Bruckner
Betriebe im Bündnis