Verlagspostamt 1150 WIEN – P.B.B. – GZ02Z031986M
01/2011
klimabündnis zeitschrift von klimabündnis österreich
Foto: Johannes Wahlmüller, Global 2000
Klima-Meilensteine • auf dem richtigen Weg Wieselburg ist plastiktaschenfrei
... S. 3
Gemeinden: Krumbach lernte aus dem Flop!
... S. 7
Kindergarten: Klimaschutz für Zwerge
... S. 10
Die Klimakonferenz & „Mother Earth“
... S. 13
Megastaudammprojekt Belo Monte
... S. 4
• auf dem falschen Weg
klimaintro
Der groSSe Unfall und die kleinen Lösungen
Foto: Gudrun Stöger
Es hätte nicht der Katastrophe von Fukushima bedurft, um endlich zu erkennen, dass die Erzeugung von Strom durch Atomkraftwerke nicht beherrschbar und mit fatalen Auswirkungen für Umwelt und Menschheit ist. Atomkraftwerke, die in den letzten Jahren oft als Antwort auf den immer weiter steigenden Energiehunger und den Klimawandel angepriesen wurden, sind aber nicht nur aufgrund der permanenten Gefahr eines Super-GAUs abzulehnen. In der aktuellen Diskussion fehlt der Hinweis, dass selbst mehr als 60 Jahre nach dem Beginn der sogenannten „friedlichen Nutzung der Kernenergie“ der radioaktive Müll immer noch, meist am Standort des Atomkraftwerkes selbst, „zwischengelagert“ wird. Eine Gefährdung von 10.000 Generationen nach der unseren mit strahlendem Müll, nur damit wir jetzt gerade unseren Kühlschrank betreiben können, wird von unserer Gesellschaft fast kommentarlos hingenommen. Der Atomunfall in Japan rückt die erneuerbaren Energieträger (endlich) in den Mittelpunkt der Diskussion. An der Steigerung der Energieeffizienz und dem forcierten Ausbau der Erneuerbaren führt kein Weg vorbei. Aber auch hier gilt, dass Landschaftsschutz und Landrechte nicht aufgelöst werden dürfen. Man sieht das am Megastaudammprojekt Belo Monte im Amazonas-Regenwald in Brasilien (siehe Seite 4 & 5). Was das mit uns zu tun hat? Ein Großteil der produzierten Energie soll für die Aluminiumproduktion verwendet werden. Überlegen Sie, wann Sie Ihre letzte Aludose gekauft haben. Es gibt nicht eine große Antwort auf die Energiefrage. Was es aber gibt, sind viele kleine Beispiele, die zeigen, wie ein sorgsamer Umgang mit Energie und die regionale Nutzung erneuerbarer Energieträger soziale und wirtschaftliche Vorteile bringen. Die Klimabündnis-Gemeinde Krumbach in Vorarlberg lebt das seit mehr als eineinhalb Jahrzehnten vor. Einer der Erfolgsfaktoren ist die BürgerInnenbeteiligung: Klimaschutzprojekte werden gemeinsam geplant und umgesetzt (siehe Seite 7 – 9). Genau deshalb sind die vielen lokalen Konzepte und Aktivitäten – wie auch die derzeit 66 vom Klimabündnis betreuten Klima- und Energiemodellregionen des Klimafonds in ganz Österreich – so wichtig. Denn je mehr und je besser die Bevölkerung eingebunden ist, desto mehr trägt sie Lösungen mit. Und desto schneller kann die Unabhängigkeit von importierter fossiler und atomarer Energie erreicht werden. Es gibt wenige Länder auf der Welt, die ein ähnlich großes Potenzial für eine vollständige Emergieautarkie haben wie Österreich!
Ihr
Neu im Klimabündnis: Seit Oktober ist Martina Sonja Offenzeller (links) als Projektmitarbeiterin für Förderberatung bei Klimabündnis Niederösterreich. Seit Beginn des Jahres kümmert sie sich zusätzlich um die Öffentlichkeitsarbeit beim Projekt „KilometerRADLn“, an dem Nina Oezelt (rechts) seit März des Jahres mitarbeitet.
Willkommen im Klimabündnis! Neu beigetretene Gemeinden:
• Kärnten: Finkenstein am Faaker See. • Niederösterreich: Ennsdorf, Lichtenau i. Waldviertel und Stetten. • Oberösterreich: Gunskirchen, Klaus a.d. Pyhrnbahn,
St. Marienkirchen a. Hausruck, St. Pankraz, Sarleinsbach, Schiedlberg, Taufkirchen a.d. Pram, Ternberg, Wallern a.d. Trattnach. Steiermark: Halltal. Tirol: Kematen in Tirol.
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Neu beigetretene Betriebe:
• Niederösterreich: Shopping Center Süd (Vösendorf). • Oberösterreich: Fleischerei Johannes Traunmüller e.U.
(Altenberg bei Linz), Spa Hotel Bründl Betriebs GmbH (Bad Leonfelden), Stroissmüller Betriebe GmbH Parkhotel Bad Schallerbach (Bad Schallerbach), Techno-Z Braunau Technologiezentrum GmbH (Braunau), Schachinger Immobilien u. Dienstleistungs GmbH & Co KG (Hörsching), Multikraft Produktions & HandelsgmbH (Pichl bei Wels), Technologie- und Dienstleistungszentrum Ennstal GmbH, Nationalpark Kalkalpen GmbH, Nationalpark Besucherzentrum Ennstal (Reichraming), Pankrazhof (Vorchdorf), Hotel Hauser GesmbH & Co KG (Wels), GIG HOLDING GmbH (Attnang-Puchheim), Bezirksseniorenheim Engerwitzdorf, Sozialhilfeverband Urfahr-Umgebung (Engerwitzdorf), Rosenbauer International (Standort Leonding), Grininger Let’s do it e. U. (Hellmonsödt). Salzburg: Honda Motorradzentrum Salzburg, Carbo Tech, Hannes Auer GmbH, Alpenmilch Salzburg GmbH, Salzburger Lokalbahn, Honda Zentrum Salzburg (alle Salzburg), St. Martin Chalets, Skidata (Grödig), Autohaus Graggaber (Mauterndorf), Almstubn (St. Margarethen im Lungau), Hotel Tirolerhof, Burgstallhütte (beide Flachau), Rauter IT (Neumarkt am Wallersee), Tischlerei Fritz Schwab (Schleedorf), Gärtnerei Tautermann (Schwarzach), Alm-Hotel Restaurant Forsthofalm (Leogang), Reinhard Wieland GmbH (Tamsweg), Voglauer (Abtenau). Steiermark: GKE-tec (Oberhag), Josef Jurecek, Waltraud Jurecek (beide Floing), Rappold & Partner Haustechnik GmbH (Söding), Solardoc, Viessmann (beide Graz), Steinwender (Deutschlandsberg) und TB Winkelbauer (Köflach). Tirol: Pension Aufatmen (Leutasch). Wien: Übersetzungsbüro Veronika Neuhold.
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Neu beigetretene Kindergärten und Schulen:
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Niederösterreich: Privat-VS Gleiß, VS Bisamberg, VS Haag, VS Ladendorf, VS Langenlois-Schiltern, Wirtschaftsfaschschule Gleiss und Fachschule für Sozialberufe. Steiermark: VS Wies, HS Wies. Wien: BG Kleine Sperlgasse 2c.
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Peter Molnar
Geschäftsführer Klimabündnis Österreich Medieninhaber, Herausgeber, Verleger: Klimabündnis Österreich, Hütteldorfer Straße 63-65 / Top 9-10, A-1150 Wien, T: 015815881, E: office@klimabuendnis.at • Redaktion: Brigitte Drabeck, Hannes Höller, Johann Kandler, Petra Muerth, Christian Salmhofer, Anna Schwerzler, Robert Stögner, Andreas Strasser • AutorInnen: Thomas Brose, Maria Hawle, Friedrich Hofer, Martina Nagl, Elisabeth Unger, Herbert Wasserbauer • Graphik & Layout: Andreas Strasser • Anzeigen: Elfriede Hecher • Druck: aPrint, Klagenfurt, mit Druckfarben auf Basis nachwachsender Rohstoffe • Papier: Recyclingpapier aus 100% Altpapier • Erscheinungsweise: 4 mal jährlich • Offenlegung laut §25 Mediengesetz: Die Zeitschrift klimabündnis dient der Information aller PartnerInnen, MitarbeiterInnen der beigetretenen Gebietskörperschaften, der tragenden Organisationen, der miteingebundenen Initiativen und Gruppen sowie allgemein an den Themen Klimaschutz, Umwelt- und Entwicklungspolitik Interessierter. © Wien 2011 für alle Beiträge bei Klimabündnis Österreich.
In Österreich haben sich alle Bundesländer, über 900 Städte und Gemeinden, über 570 Betriebe und rund 250 Schulen und Bildungseinrichtungen dem Klimabündnis angeschlossen.
www.klimabuendnis.at Titelfoto: Christian Finger übergibt für das Klimabündnis der neuen Leiterin des UNKlimasekretariats, Christiana Figueres, bei der Klimakonferez in Cancún die europaweit von Kindern und Jugendlichen gesammelten Klimameilen (siehe auch S. 10 und S. 13/14).
Fotos: Gerald Lechner, Privat
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klimabündnis
10 Jahre Klimabündnis-Gemeinde und Start „Plastiktaschenfreies Wieselburg“: Bgm. Günther Leichtfried mit StR Irene Weiß, Ehepaar Krautwaschl, das versucht plastikarm zu leben, und Plastic Planet-Regisseur Werner Boote.
Plastiktaschenfrei
Foto: Gemeinde Wieselburg
Die Klimabündnis-Gemeinde Wieselburg an der Erlauf zeigt auf kommunaler Ebene vor, was auch österreichweit möglich sein müsste.
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ine aufsehenerregende Initiative, die alle Erwartungen übertrifft, startete die niederösterreichische Gemeinde Wieselburg. Die Ziele: Den Plastikwahn anhand des Beispiels Plastiktaschen aufzeigen, Bewusstsein bei der Bevölkerung schaffen auf Müllvermeidung achten, weitere Gemeinden motivieren, erforderliche Rahmenbedingungen auf Landes-, Bundes- und EU-Ebene initiieren und erste plastiktaschenfreie Gemeinde Österreichs werden. Laufend werden Aktionen gesetzt: Im Oktober 2010 die Ausstellung der 4.315 gesammelten Stofftaschen mit dem Eintrag ins Guiness Buch der Rekorde und die Vorführung des Films Plastic Planet mit Regisseur Werner Boote. Im Dezember 2010 beschloß der Gemein-
derat einstimmig die Resolution für ein plastiktaschenfreies Wieselburg. Bisher waren plastiktaschenfrei: Wieselburger Advent, Maskenball und Bauernmarkt. Demnächst folgt der Ostermarkt. Mehr und mehr Geschäfte verteilen keine Plastiksackerln und geben stattdessen Infoblätter über die Nachteile von Plastik an ihre KundInnen weiter. Gemeinden aus ganz Österreich, Handelsketten, Tageszeitungen, TV- und Radiosender zeigen enormes Interesse an der Aktion, sodass bei der Initiatorin, Stadträtin Irene Weiß, wöchentlich mehrere Anfragen eintreffen. Der Wieselburger Bürgermeister und Abgeordnete zum NÖ-Landtag Günther Leichtfried fordert ein plastiktaschenfreies Niederösterreich und brachte einen Antrag im Landtag ein. Weitere Initiativen auf Landesebene gibt es zunächst in Oberösterreich und im Koalitionsabkommen der Stadt Wien. Martina Nagl
info! www.mybagisnotplastic.at
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Rund ums Plastiksackerl
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Eine Plastiktasche wird 30 Minuten verwendet, benötigt 400 Jahre bis zum Zerfall zur Größe eines Sandkorns und ist biologisch nicht abbaubar. ● Weltweit werden pro Jahr über 500 Billionen Plastiktaschen verbraucht. ● Die Weltmeere enthalten mehr Plastikbestandteile als Plankton. ● Plastiktaschen sind verboten in: Bangladesch, Ruanda, Sinai, China, Italien, San Francisco, Los Angeles … ● Den Ausstieg bereiten vor: Kenia, Tansania, Südafrika, Taiwan, Kanada, Singapur … ● Irland reduzierte durch eine Besteuerung den Verbrauch von Plastiktaschen um 90%. ● China spart durch das Plastiktaschenverbot jährlich 3 Millionen Tonnen Rohöl.
Rechenbeispiel für Gemeinden ●
Ein Einwohner in Österreich verbraucht pro Jahr 300 Plastiksackerl. ● In Wieselburg (4.000 EW) sind dies 1,2 Millionen Plastiksackerl pro Jahr. ● Eine Generation WieselburgerInnen (Annahme: Lebenserwartung 75 Jahre) verbraucht in ihrem Leben 90 Millionen Plastiksackerl. Plastik wird vorrangig in den Industriestaaten verwendet, die Plastikabfälle verteilen sich jedoch über den gesamten Globus. Die Alternative liegt in der Müllvermeidung und Verwendung von Mehrweggebinden, nicht nur bei Tragetaschen, auch bei Plastikflaschen und zahllosen weiteren Einwegverpackungen.
Foto: bmlfuw Kern
3 Jahre Klimaschutz-Lehrgang Unter dem Titel „Klimaschutz geht jeden an“ startete das Klimabündnis vor drei Jahren gemeinsam mit dem Lebensministerium, „die umweltberatung“, dem Umweltbundesamt und der Wirtschaftskammer einen europaweit einzigartigen Lehrgang. Mittlerweile wurden unter der Leitung von Klimaforscherin Helga Kromp-Kolb bereits 113 Kommunale Klimaschutzbeauftragte ausgebildet. Neben Grundlagen der Klimapolitik sind Maßnahmen auf Länderund Gemeindeebene, Öffentlichkeitsarbeit, Grundlagen in den Bereichen Energie, Mobilität und Bodenschutz sowie klimarelevante Förderungen die Inhalte des Lehrgangs. Der nächste findet im Herbst in St. Pölten und Linz statt.
Info! www.klimabuendnis.at
Eine von 19 frisch gebackenen Kommunalen Klimaschutzbeauftragten: GR Doris Neumayer aus Rußbach in NÖ mit Peter Molnar, Minister Berlakovich, Mark Nadjafi („die umweltberatung“) und Petra Schön (Klimabündnis NÖ).
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klimabündnis
Der Hunger nach Energie bedroht den Lebensraum vieler indigener Völker und unser Weltklima ...
Megastaudammprojekt Belo Monte F
ür die ausführenden Unternehmen – unter ihnen die österreichische Andritz AG – ist Belo Monte ein lukratives Geschäft. Die brasilianische Regierung bezeichnet den Megastaudamm schlicht als „Notwendigkeit“. Klar ist, dass Belo Monte nur der symbolträchtige Gipfel der Staudammpläne für Amazonien ist. Brasilien wird nach China und den USA als das Land mit dem drittgrößten Potential für Energieerzeugung aus Wasserkraft gesehen.
Gnadenlos – Energie um jeden Preis
Foto: equipe Cimi Norte II/arquivo Cimi
Belo Monte ist ein zentraler Teil des ambitionierten „Programm zur Wachstumsbeschleunigung – PAC“ der brasilianischen Regierung, das den Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Häfen, Wasserwege, Energie usw.) vorsieht. Offiziell soll damit das legitime Ziel der Verbesserung der Lebensbedingungen durch wirtschaftliche
Nur rund ein Drittel wird davon bisher genutzt. 66 bis 69% des Wasserkraftpotentials des Landes liegen im Amazonasbecken. Die Pläne der Regierung in Brasília sehen bis 2030 einen Ausbau der Wasserkraft um 90.000 Megawatt vor – 494 neue Großwasserkraftwerke sollen bis 2030 entstehen. 54 davon bereits in den nächsten vier Jahren. Belo Monte soll mit einer Nennleistung von 11.000 Megawatt das größte davon werden.
Entwicklung erreicht werden. In der Praxis geht es knallhart um die Erschließung der Ressourcen Amazoniens für den Weltmarkt. Der Abbau der Bodenschätze wird vorangetrieben, neue agroindustrielle Komplexe für die Energie- und Fleischproduktion, holzverarbeitende Industrien usw. aufgebaut. Die neue Straßenverbindung zum Pazifik erleichtert den Export nach Südostasien. Wie überall fehlt es nicht an „Nachhaltigkeitsrethorik“. Was tatsächlich davon zu halten ist, zeigt das Beispiel Belo Monte – gesetzliche Vorgaben werden übergangen, die Betroffenen kaum gehört, ökologische Auflagen missachtet und wissenschaftliche Gutachten, die die Wirtschaftlichkeit in Frage stellen und vor den klimawirksamen Methangasemissionen warnen, ignoriert. Hunderte Organisationen von Indigenen und BäuerInnen bis hin zu Bischöfen und AkademikerInnen kämpfen seit Jahren gegen den Staudammbau und präsentieren Vorschläge zur Effizienzverbesserung und Nutzung anderer erneuerbarer Energiequellen, die
Energie wofür und für wen?
Laut brasilianischer Regierung wird Belo Monte bei vollem Betrieb Strom für etwa 35 Millionen Menschen liefern. Bischof Kräutler kritisiert regelmäßig, „dass Belo Monte mit elektrischem Strom für die Hütten der Armen nichts zu tun habe“. Die Planungsdokumente der Regierungsbehörden geben ihm recht: Bis 2019 wird mit einem Anwachsen der Produktion von Aluminium um 130%, von Zellulose um 235% und von Zement um 190% gerechnet. Um diese höchst energieintensiven, exportorientierten Industriezweige beliefern zu können, muss der Energiesektor jährlich um 6,5% wachsen. 68% des wachsenden
Fotos: Johann Kandler, Rudi Remler (Dreikönigsaktion)
Am Amazonas-Zufluss Rio Xingu soll das drittgrößte Wasserkraftwerk der Welt entstehen. Der aus Vorarlberg stammende Bischof Erwin Kräutler als prominentester Gegner bezeichnet Belo Monte (dt. schöner Berg) als „Dolchstoß ins Herz Amazoniens“.
ohne negative Auswirkungen für Mensch und Natur wären. Für die bis zu vierzigtausend Menschen, die dem Staudamm weichen müssen, gibt es noch keine konkreten Entschädigungsangebote. Ein Teil der etwa dreihunderttausend EinwohnerInnen der Region hofft auf Verbesserungen, viele dagegen befürchten soziale Probleme wie Alkoholismus, Kriminalität, Prostitution, Landkonflikte etc. aufgrund der unkontrollierten Zuwanderung von schätzungsweise einhunderttausend Menschen – hauptsächlich junge Männer auf Arbeitssuche. Der Staudamm wird 640 km2 überfluten, aber seine Wassermenge garantiert den Vollbetrieb der vorgesehenen Turbinen nur für drei bis vier Monate. Daher ist es ziemlich sicher, dass flussaufwärts zumindest ein weiterer Stausee gebaut wird, der über 6000 km2 Fläche hat und in dem der Wasserstand jahreszeitlich zwischen 10 und 23 Metern Tiefe variiert – eine wahre Methanschleuder. Insgesamt wäre dadurch dann auch das Überleben 24 indigener
Energiebedarfs sollen aus Wasserkraft gedeckt werden. Industriebetrieben werden schon jetzt extrem niedrige Stromtarife gewährt. HaushaltskundInnen hingegen – und damit auch die ärmsten Bevölkerungsschichten – zahlen mitunter das Zehnfache für eine Kilowattstunde. Davon profitieren auch wir im reichen Norden: Billige Rohstoffe und Energie locken die globalisierte Wirtschaft in Länder wie Brasilien, deren Regierungen bereit sind, diese zum Schaden ihrer eigenen Bevölkerung und natürlichen Ressourcen zu verkaufen.
Die Klimabilanz von Großstaudämmen ist aber höchst umstritten. So müssten etwa die höchst klimawirksamen Mengen an Methangas, die durch Zersetzungsprozesse in den überfluteten Regionen entstehen, in die Berechnungen einbezogen werden. Der Klimaforscher Philip Fearnside aus Manaus legt etwa dar, dass zwei XinguStaudämme in den ersten zehn Jahren nach ihrer Flutung mehr klimawirksames Gas erzeugen würden als São Paulo mit 20 Mio. EinwohnerInnen.
Mythos „saubere Wasserkraft“
info!
Wie zuletzt auf dem Welt-Klimagipfel von Cancún positioniert sich Brasilien zunehmend als Umwelt- und KlimaMusterland. 75% des Strombedarfs des Landes werden mit Wasserkraft gedeckt.
Völker in 30 anerkannten indigenen Gebieten entlang des Xinguflusses massiv bedroht. Wichtiger als Klima und Regenwald sind vielen noch das billige Schnitzel und das Bier in der Aludose. Und die Geschäfte. Johann Kandler
Mit Freude und Begeisterung begrüßte Clarindo, Lehrer und Sprecher des Dorfes Curicuriari, Gäste und Einheimische zur feierlichen Eröffnung der Solaranlage, die seit vergangenen September die Schule und das neu errichtete Dorfzentrum mit Strom versorgt. „Dank der Foirn und den Klimabündnis-Mitgliedern in Österreich*) haben wir jetzt Licht für Schule und Kurse, Gottesdienste und traditionelle Feste am Abend. Es ist unsere eigene Energie, ohne Lärm und Abgase, die die Natur schädigen.“ „Ein historischer Tag“, jubelten auch die Menschen im Nachbarort Merces, als zum ersten Mal die Lichter angingen. Hier war die zweite, mit österreichischen Beiträgen finanzierte Anlage installiert worden. Schon diese bescheidene Energieversorgung bedeutet eine Verbesserung der Lebensbedingungen in den abgelegenen Dörfern des Rio Negro. Vor allem der Bildungsbereich und die Kommunikation werden davon profitieren, meint Alberto, Präsident des Regionalvereins Ahkó Iwí. JK
Herbert Wasserbauer *)
www.dka.at/belomonte www.rightlivelihood.org www.bischof-kraeutler.at www.dams-info.org
*) Der Autor ist Koordinator für den Bereich Anwaltschaft bei der Dreikönigsaktion – Hilfswerk der Katholischen Jungschar.
*) Land OÖ • die umweltberatung NÖ • Gemeinden: Marchtrenk • St. Johann i.P. • Weiz • Virgen • MEA SOLAR GmbH • HBLA Ried • Stiftsgymnasium Seitenstetten • VS Scharten • Energiewerkstatt Purgstall • Fahrgast-Pro Bahn Allgäu/Tirol • Privatpersonen.
„Die Bevölkerung von Altamira im Kampf für den Schutz des Lebens und des Xinguflusses.“
Belo Monte
Grafik: www.dams-info.org/en
Alto Rio Negro
Neue Solaranlagen am Rio Negro
Wasserkraftwerke in Amazonien: 27 in Betrieb, 9 in Bau und 110 geplant.
Fotos: FOIRN (Federação das Organizações Indígenas doRio Negro)
Fotos: equipe Cimi Norte II/arquivo Cimi • Eden Magalhães/arquivo Cimi
„Wir wollen Belo Monte nicht!“. Demonstration in der Hauptstadt Brasilia gegen dieses und weitere geplante Staudammprojekte. Links: Ein Beispiel – Der Sobradinho-Staudamm.
Zur Inbetriebnahme der neuen PV-Anlage fand ein „Dabucuri“ (eine Zeremonie des Dankes) statt, an dem auch die Kinder teilnahmen.
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klimakommunal
Ich steh’ auf Boden ...
Für Gemeinden und Schulen in Oberösterreich bietet das Bodenbündnis eine breite Palette attraktiver Angebote
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oden ist genau so wie Luft oder Wasser eine unersetzbare Lebensgrundlage für uns Menschen und trägt wesentlich zum Klima- und Hochwasserschutz bei. Allerdings nur wenn die Funktionsfähigkeit der Böden erhalten bleibt. Daher wurde das Bodenbündnis als ein Netzwerk von europäischen Städten und Gemeinden, die sich freiwillig zu einem nachhaltigen Umgang mit den Böden verpflichtet haben, gegründet. Das Bodenbündnis, ein internationaler Verein (European Land and Soil Alliance, ELSA), hat den Sitz in Osnabrück.
Foto: Gemeinde Haslach
Gemeinden können aktiv zum Bodenschutz beitragen
Bei der Bodenexkursion erfährt die Bevölkerung in anschaulicher Weise alles Wissenswerte über die Böden der Gemeinde, hier im Rahmen des Bodentages in der Marktgemeinde Haslach. bodenschutz_roll up.qxd
In Oberösterreich ist das Klimabündnis im Auftrag des Landes BodenbündnisKoordinierungsstelle. Derzeit sind das Land und 26 Städte und Gemeinden Mitglieder im Bodenbündnis. Gemeinden können in ihrem Einflussbereich aktiv zum Bodenschutz beitragen, beispielsweise durch eine flächensparende Raumordnung, Unterstützung des Biolandbaus oder durch Schärfung des Boden-Bewusstseins in der Öffentlichkeit.
03.10.2005
15:26 Uhr
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Bodenbündnis unterstützt Gemeinden in Oberösterreich
Mit dem Bodenbewusstseinsprogramm „Ich steh‘ auf Boden“ steht den Gemeinden in Oberösterreich ein attraktives Angebot von Vorträgen, Exkursionen und Ausstellungen zur Verfügung. Schulen können den beliebten Bodenworkshop „Wir begreifen Boden“, der für Schulen in Bodenbündnis-Gemeinden gratis ist, oder einen spannenden „Boden Erlebnis Tag“ buchen. Alle Aktivitäten werden für Bodenbündnis Gemeinden bis zu 80% vom Land Oberösterreich gefördert, viele Angebote wie Filme, ein Kontingent von Vorträgen oder die sehenswerten Ausstellungen sind kostenfrei. Gemeinden oder Schulen in Oberösterreich, die eine Bodenveranstaltung oder einen Bodentag durchführen wollen, können den kompletten Angebotskatalog zum Bodenbündnis samt Förderungsmöglichkeiten bei Klimabündnis Oberösterreich anfordern oder auf www. bodenbuendnis.or.at downloaden. Robert Stögner
Info! www.bodenbuendnis.or.at
Ich steh´auf Boden! Boden ist unersetzbar für die Erzeugung unserer Lebensund Futtermittel! Der Boden liefert uns was wir für unsere Ernährung brauchen wie Getreide, Obst, Gemüse, Öle, Kräuter, Gewürze Futtermittel für unsere Nutztiere erneuerbare Energieträger wie Holz und Rapsöl Rohstoffe für Kleidung und Wohnen wie Holz, Hanf, Ton, Kies Boden und Pflanzen bilden eine Einheit! Der Boden liefert den Pflanzen Nährstoffe, Luft und Wasser. Vitaler Boden hält durch seine Entgiftungsfunktion Pflanzenbestände gesund. Krankheitserr eger und Schadstoffe werden abgebaut oder gebunden.
Wussten Sie... ...dass eine 4 Monate alte
Winterroggenpflanze ein
600 km Länge besitzen kann? ...dass die Wurzeln von Wüstensträuche
Wurzelwerk von
rn bis in 50 m Tiefe reichen?
Abteilung Umwelt- und Anlagentechnik
Der aktuelle Bodenbündnis-Angebotskatalog, Ausstellungen, Materialien ...
Boden-Termine:
26. und 27.05., Osnabrück: „Boden schreibt Geschichte“ 10. Internationale Jahrestagung Bodenbündnis 8 www.bodenbuendnis.or.at 02.06., Ansfelden: Bodenfest im Rahmen der Landesgartenschau 8 www.ansfelden2011.at
klimakommunal
Es begann mit einem Flop!
Wie Krumbach in Vorarlberg aus dem Reinfall beim Projekt „Weniger Strom“ lernte – und zur Vorzeigegemeinde wurde.
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it dem Amtsantritt von Bürgemeister Arnold Hirschbühl im Jahr 1995 erwachte auch das Thema Klimaschutz in Krumbach. „Das hat aber nichts mit meinem Vorgänger zu tun. Vorher hat man sich über Klimaschutz einfach noch nicht so viele Gedanken gemacht. Die Zeit hat einfach gepasst“, so Hirschbühl. Mit dem Projekt „Weniger Strom“ sollte sich das ändern. Allerdings nicht so, wie es sich das Gemeindeoberhaupt zunächst vorgestellt hatte.
„Wir haben Energiesparlampen gekauft und wollten diese günstig an die Haushalte abgeben. Außerdem gab es noch einen Probebalken dazu, der anzeigte, um wie viel weniger Energie solche Lampen verbrauchen. Um es abzukürzen, das Projekt ging komplett in die Hose“, erinnert sich Hirschbühl zurück. Im Nachhinein ist der Bürgermeister sogar ein wenig froh darüber: „Dadurch haben wir erkannt, was notwendig ist, damit ein Projekt erfolgreich umgesetzt werden kann. Es bedarf professioneller Begleitung.“ Und genau diesem Prinzip ist Krumbach treu geblieben.
Fotos: Gemeinde Krumbach, Christine Kees, Klaus Schaedler
Externe Begleitung
Zur Gemeinde Name: Krumbach
Bundesland: Vorarlberg Bezirk: Bregenz
Lage : Krumbach befindet sich im Vorderen Bregenzerwald und ist eine bäuerliche Streusiedlung. EinwohnerInnen: 1.022 Klimabündnis-Gemeinde: seit 2003 Bürgermeister: Arnold Hirschbühl. www.krumbach.at
Die knapp über 1.000 EinwohnerInnen zählende Gemeinde hat sich Unterstützung von Außen geholt, ist e5- und Klimabündnis-Gemeinde geworden und arbeitet auch in anderen Bereichen regelmäßig mit externen BeraterInnen zusammen. Viele Ideen und Impulse kommen aber trotzdem weiterhin direkt aus der Gemeinde. Und auch das ist kein Zufall. In Krumbach wird BürgerInnenbeteiligung groß geschrieben. „Das erhöht die Akzeptanz enorm und sorgt für Ruhe im Dorf. Von oben herunter etwas verordnen, bringt nichts“, bindet der Bürgermeister seine Bürge-
Fortsetzung Seite 8
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Die Klimabündnis-Gemeinde Krumbach in Vorarlberg wurde von Umweltminister Niki Berlakovich, Umweltlandesrat Erich Schwärzler (r.) und e5-Österreich Geschäftsstellenleiter Heimo Bürbaumer (l.) mit dem European Energy Award in Silber ausgezeichnet. Bürgermeister Arnold Hirschbühl (m.) und der Leiter des Umweltbeirates, Klaus Riedl (2.v.r.), nahmen den Preis entgegen.
Kurz-Interview mit Klaus Riedl, Leiter des Umweltbeirates Krumbach ist seit mehr als 15 Jahren im Klimaschutz aktiv. Wie hält man die Engagierten bei Laune? Natürlich gibt es im Laufe der Zeit gewisse Abnützungserscheinungen. Aber das ist ein ganz normaler Zyklus. Wichtig ist, dass man das Rad am Laufen hält. Dazu zählt vor allem, Junge zu motivieren. Damit sind 25- bis 40jährige gemeint, denn diese wollen ihren Lebensraum nicht nur nutzen, sondern auch mitgestalten. Das ist uns bisher sehr gut gelungen. Für das Projekt „Moore Krumbach“ gab es im November den Binding Preis. Dieses Jahr steht die e5-Zertifizierung wieder an. Ist der e5-Teamleiter zuversichtlich? Beim letzten Reporting 2007 haben wir vier e erhalten, das entspricht einem Umsetzungsgrad von 70%. Schön wäre ein fünftes natürlich schon. Das ist aber nicht unser primäres Ziel. Wir machen die Projekte nicht, um Punkte zu hamstern, gut dazustehen oder eine Förderung zu bekommen. Wir setzen Maßnahmen, die mit Hausverstand begründbar sind und bei denen auch die nachfolgenden Schritte, wie zum Beispiel Pflege und Erhalt, mitgedacht werden.
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klima kommunal
Landesrätin Beate Palfrader, Bürgermeister Erich Ruetz und Helmi begleiten die Völser VolksschülerInnen sicher zur Schule.
klimatelegramm: News aus Ländern und Gemeinden e5-Gemeinden • Der Kärntner Klima-
bündnis-Gemeinde Kötschach-Mauthen gelang ein toller Einstieg in das Programm der energieeffizientesten Gemeinden – sie schaffte drei von fünf „e“ auf Anhieb und im Herbst 2010 kam das vierte „e“ dazu. Die „energie:autarke“ Gemeinde ist damit Vorreiter der 22 Kärntner e5-Gemeinden von denen 17 Klimabündnis-Gemeinden sind.
8 www.klimabuendnis.at/kaernten
Fortsetzung von Seite 7 rInnen bewusst in den Entscheidungsprozess ein. Bei der Projektfindung und Entwicklung sind nicht nur politische Mandatare involviert. Ganz im Gegenteil, die Beiräte stehen allen Interessierten offen. Über 30 Personen arbeiten in den fünf Beiräten – zählt man die Vereine dazu, sind über 100 Personen so direkt eingebunden.
8 www.klimabuendnis.at/tirol
Neue Landesförderung in NÖ • Bewusstseinsbildende Maßnahmen von Klimabündnis-Gemeinden wie z.B. Vorträge, Workshops, Beratungstage oder Exkursionen werden vom Land Niederösterreich gefördert. Fördervoraussetzung ist ein durch den Gemeinderat beschlossener Öffentlichkeitsarbeitsplan, der einen Zeitraum von mindestens 18 Monaten umfasst. Als Grundlage dafür können Planungsinstrumente wie ein Energie- und Klimaleitbild oder ein Gemeinde-Energiekonzept dienen. Der Förderhöchstsatz beträgt 10.000 Euro und gilt bis 31. Dezember 2012. 8 www.noel.gv.at/klima
Events for climate 2011 • In Oberös-
terreich werden die klimafreundlichsten Jugendveranstaltungen prämiert. Das Klimabündnis OÖ zertifiziert in Zusammenarbeit mit dem Jugendreferat des Landes OÖ Veranstaltungen, die ökologisch nachhaltig sind, als „events for climate“. Für die drei klimafreundlichsten Veranstaltungen gibt es ein Preisgeld von insgesamt 1.500 Euro zu gewinnen. Eingereicht werden können Veranstaltungen, die im Jahr 2011 abgehalten werden.
Fotos: Stadtgemeinde Gemeinde Krumbach
Fotos: Land Tirol, Klimabündnis Niederösterreich, Klimabündnis Oberösterreich
Prämierter Pedibus • Für Pedibus Tirol, einer Initiative des Landes Tirol in Zusammenarbeit mit Klimabündnis Tirol, gab’s beim Walk-space Award 2010 in der Kategorie Schulwegekonzepte den 3. Platz. Die Förderung einer nachhaltigen Verkehrssicherheit am Schulweg, der Beitrag zum Klimaschutz und der mit der regelmäßigen Bewegung verbundene Gesundheitsaspekt sprechen für die Auszeichnung von Pedibus. Der Preis wird alljährlich vom Österreichischen Verein für FußgängerInnen zur Förderung eines gesunden und klimafreundlichen Fußverkehrs ausgeschrieben. Die eingereichten Projekte werden in einer „Good practice-Broschüre“ gesammelt.
8 www.ooe-jugend.at/klima
Umweltlandesrat Stephan Pernkopf (2.v.l.) zeichnete die erste Klimabündnis-Schule in NÖ, die Fachschule Gaming, aus.
im Umweltschutz aktiven Schulen in NÖ ausgezeichnet. 18 Klimabündnis- und Ökolog-Schulen wurden für ihre 10-jährige Partnerschaft in den beiden Schulnetzwerken von Umweltlandesrat Dr. Stephan Pernkopf geehrt. Vom Klimabündnis-Betrieb Karli Printi gab es für alle Schulen eigene Jubiläumshefte.
8 www.klimabuendnis.at/niederoesterreich
Foto: Archiv Klimabündnis
Klimabündnis-Schulen feierten • In St. Pölten wurden die Vorreiter der
Ausgangspunkt für Moorwanderungen: der Moorraum samt Moorbank.
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auch die Bushaltestelle. Diese wurde mit einer überdachten Fahrradabstellanlage und Elektrotankstelle kombiniert. Der Strom kommt aus der – ebenso bewusst in Sichtweise positionierten – Photovoltaikanlage.
Die Gemeinde als Vorbild Bereits 2007 gratulierten Landesrat Erich Schwärzler (l.) und Vorarlbergs e5-Leiter Karl-Heinz Kasper (r.), der Klimabündnis-Gemeinde Krumbach zu vier e’s.
Bruch mit Traditionen
Ein Beispiel für eine von Beiräten begleitete Maßnahme ist das Projekt „Neues Wohnen“. Ziel ist eine Verdichtung des Ortskernes. „Wir wollten nicht Grund und Boden in der Ortsmitte billig verplempern und dann mit den Problemen der Zersiedelung kämpfen. Also haben wir zwei Wohnanlagen mit 17 Einheiten im letzten Jahr geschaffen. Das war schon ein Bruch mit der Tradition, denn vorher hat jedes Kind ein Haus gebaut. Nächster Schritt ist der Bau einer Wohnanlage, die Alt und Jung zusammenbringt. Auch
dazu wird es vorab eine Bedarfserhebung geben und die BürgerInnen eingebunden“, so Hirschbühl. Ein weiterer Bruch mit Traditionen bahnt sich beim neuen Mehrzweckhaus neben der Kirche an. Bisher war die Architektur geprägt vom Material Holz. „Vielleicht muss sich das ändern und die Südfassade von Glas und der Photovoltaikanlage geprägt sein. Wichtigstes Kriterium ist für uns die Energieeffizienz, es muss ein Plusenergie-Gebäude werden“, gibt der Bürgermeister die Richtung vor. Ein sichtbares Zeichen für das Engagement der Gemeinde im Klimaschutz ist
Nicht nur die Gemeinde, auch die GemeindevertreterInnen gehen mit gutem Beispiel voran. Allen voran der Bürgermeister selbst: „Wasser predigen und Wein trinken, das geht einfach nicht. Ich fahre selbst zum Beispiel einen VW-Polo – ein größeres Fahrzeug kommt nicht in Frage.“ Und sogar das wird in Zukunft noch weniger benutzt. Die Gemeinde bastelt derzeit an einer Reduzierung der Dienstfahrten mit dem PKW. Dieser darf erst dann verwendet werden, wenn nachweislich weder der (im Stundentakt, im Kernzeiten sogar Halbstundentakt fahrende) Bus, noch das vor wenigen Tagen gelieferte Elektroauto benutzt werden kann. Hannes Höller
Info! www.krumbach.at
Klima-Porträt
Georg Spiekermann, Klimabündnis OÖ Der 1964 in Deutschland geborene Georg Spiekermann studierte Elektro- und Umweltschutz-Technik und sammelte 10 Jahre Erfahrung im Energie-Einspar-Contracting. Seit 2008 betreut der dreifache Familienvater im Klimabündnis Oberösterreich Betriebe.
Fotos: privat
Du bist Techniker: Was ist dein tägliches Werkzeug für die Klimaschutzarbeit? Mit Lupe und Stromsparbrille stöbere ich in Firmen unnötige Energieflüsse auf; hole die Menschen dort ab, wo sie stehen; erzähle von meinen Erfahrungen und zeige die vielen Möglichkeiten auf. Ich biete den Unternehmen das Klimabündnis-Sprachrohr an, über das sie ihr Engagement zeigen und gleichzeitig mithelfen können, andere zu motivieren. Wie schaffst du es, deine drei Kinder zu klimafreundlichem Handeln zu motivieren? Kinder haben ein feines Empfinden für Stimmigkeit zwischen Sagen und Tun. Wir haben gemeinsam mit ihnen alte Bretter besorgt, damit sie sich ihr Baumhaus bauen können. Wir haben sie auf Demos mitgenommen und in unsere Aktivitäten integriert. Solche Erfahrungen machen sie selbständig und zu frohen, naturverbundenen, kritischen Menschen machen.
Auch der Transport sperriger Güter lässt sich mit dem Rad machen. Soweit ich weiß, radelst du täglich zur Arbeit. Dein skurrilstes Erlebnis als Radfahrer? Ich transportiere auch sperrige Dinge mit dem Rad in unserem alten Kinderanhänger – skurril weniger für mich als für die Öffentlichkeit. Hoch beladen bin ich z. B. von einer Veranstaltung in Enns am Donau-Radweg nach Linz zurückgeradelt oder habe unsere 2,5 m lange Solardusche per Rad nach Hause transportiert. Petra Muerth
kontakt! georg.spiekermann@klimabuendnis.at
klima kommunal
Spielerisch Klimaschutz vermitteln: Der kluge Vogel KliMax und der sicher viel zu lässige Klimaschrecker garantieren spannende Entdeckungsreisen für kleine „Klimachecker“.
Klimaschutz für Zwerge Pilotprojekt macht die Kleinsten zu großen Klimacheckern.
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nter dem Motto „Gemeinsam mit KliMax und dem Klimaschrecker werden wir zum Klimachecker!“ wurde im Herbst 2010 ein Pilotprojekt im Auftrag des Landes Steiermark gestartet. Das in Österreich bislang einzigartige Projekt, an dem die Kindergärten Mitterdorf/Raab und Walfersam in Kapfenberg teilnehmen, soll Kinder im Alter von 3 bis 6 Jahren für die Themen rund um den Klimaschutz sensibilisieren. Gemeinsam mit dem frechen Vogel KliMax, der Forscher und Entdecker ist, und dem Klimaschrecker, dem die Umwelt ziemlich egal ist, wird nach Ursachen des Klimawandels und nach Handlungsmög-
lichkeiten gesucht. Experimente, Spiele und kreatives Gestalten machen das Gehörte anschaulich und begreif-bar. In einer eigenen KliMax-Ecke können sich die Kinder auch zwischen den Einheiten mit dem Thema beschäftigen. Neben Büchern und Experimenten gibt es auch ein Plakat mit Klimatipps, welches das ganze Jahr über mitwächst. Nicht nur Kinder, auch KindergartenpädagogInnen, Eltern, GemeindevertreterInnen und Kindergartenerhalter sind in das Projekt eingebunden, das auf weitere Kindergärten ausgeweitet werden soll. „In diesem Alter sind die Kleinen sehr offen für naturwissenschaftliche Themen, die ihre eigene Umwelt betreffen. Spielerisch können wir Grundkompetenzen zu Energie- und Klimafragen vermitteln.
Knacken wir 2011 die Million?
37.150 KlimaschützerInnen waren 2010 mit 2.660.251 Klimameilen bei der Kindermeilen-Kampagne unterwegs. 2010 beteiligten sich 322 Bildungseinrichtungen an der Kindermeilen-Kampagne. Darunter waren vermehrt Kindergärten. Neben den vielen PädagogInnen engagierten sich auch Eltern und Elternvereine. 50 Prozent der teilnehmenden Bildungseinrichtungen arbeiteten in unterschiedlicher Weise mit der jeweiligen Gemeinde zusammen. In der Klimabündnis-Gemeinde Langenzersdorf konnten die Kinder, wenn sie umweltfreundlich mit Fahrrad, Roller oder Fuß unterwegs waren, bei über 40 Veranstaltungen des Ferienspiels Klimameilen sammeln. Die Stadt Linz startete sogar einen eigenen Kindermeilen-Wettbewerb für alle Linzer Schulen.
Forschen und Experimentieren macht allen großen Spaß, Mädchen ebenso wie Buben,“ so Romana Strahlhofer, Leiterin des Kindergartens Mitterdorf. Der Auftakt ist gelungen. Sechs von insgesamt zehn Einheiten wurden durchgeführt, KliMax und Klimaschrecker wurden von den Kindern fest ins Herz geschlossen und werden jedesmal schon sehnsüchtig erwartet. Das Projekt belebt den Kindergartenalltag und bringt neue Verbündete in Sachen Klimaschutz. Elisabeth Unger *)
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Foto: Elisabeth Unger
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*) Elisabeth Unger von Klimabündnis
Steiermark ist Leiterin des Pilotprojekts.
neu! Klimazwerge sind Freunde der Erde und beschützen sie ... Anregungen und Tipps für PädagogInnen (für Kinder von 3 bis 7 Jahren) 64 Seiten, E 4,50
Info! www.klimabuendnis.at
Die Kindermeilen-Kampagne in Europa Wolfgang Mehl, vormals Gschäftsführer von Klimabündnis Österreich, brachte die Kindermeilen nach Schweden. Hier fand die Kampagne 2010 erstmals in Jokkmok statt. In Deutschland sammelten 46.707 Kinder aus 80 Kommunen Klimameilen. In den Niederlanden engagierten sich 64.500 Kinder im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche und sammelten Groene Voetstappen. Auch in Belgien, Italien, Luxemburg, Rumänien, der Schweiz und der Slowakei beteiligten sich Kindergärten und Schulklassen. 159.528 Kinder und Jugendliche aus 922 Schulen kamen europaweit auf 2.660.251 Klimameilen. Christian Finger überbrachte dieses Ergebnis für das Klimabündnis der neuen Leiterin des UN-Klimasekretariats, Christiana Figueres, am 1. Dezember in Cancún (siehe Titelseite).
Eine Million Klimaschritte
Für 2011 haben wir uns in Österreich das Ziel gesetzt, das Vorjahresergebnis von 939.026 Klimameilen zu toppen
klimakommunal
Ein Randthema im Mittelpunkt
Vier Standorte der Diakonie in Wien und NÖ sind seit 2003 Klimabündnis-Betriebe
Die Maßnahmen reichen von der thermischen Sanierung des Gebäudes in Hirtenberg über den Umstieg auf einen CO2freien Stromanbieter an allen Standorten der Diakonie Eine Welt, dem Tausch von Dachflächenfenstern, dem Einbau von Thermostatventilen bis zur Erneuerung der Heizungssteuerung in der Steinergasse. Energiesparen ist nur ein Teil der vor einem Jahr gestarteten Steuerungsgruppe Nachhaltigkeit. Sie wurde von der Diakonie Eine Welt eingerichtet, die den Flüchtlingsdienst und die DiakonieBildung unter einem Dach vereint. „Wir versuchen festzuhalten, was Nachhaltigkeit für uns bedeutet, schauen uns alle Bereiche an und setzen dann Schritt für Schritt weitere Maßnahmen. Wichtig ist, dass wir zuerst unsere Mitarbei-
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rimmgasse, Steinergasse und Rossauer Lände in Wien sowie Hirtenberg in Niederösterreich. Diese vier Standorte des Diakonie Flüchtlingsdienstes sind seit acht Jahren im Klimabündnis. Bernhard Holzbauer, Betriebebetreuer des Klimabündnis, überprüfte die Standorte und bestätigte sie als Klimabündnis-Betrieb: „Die Bilanz kann sich sehen lassen. Die jährlichen CO2-Emissionen in den Bereichen Raumwärme und Strom wurden um 57% gesenkt, wobei die Betriebsfläche um 8% erhöht wurde. 190.491 kg CO2 werden so pro Jahr eingespart.“
terInnen für das Thema motivieren. Erst dann werden wir versuchen, auch unseren KlientInnen dieses wichtige Thema näher zu bringen“, so Karin Anna Kovacs, die bei der Diakonie für Nachhaltigkeit zuständig ist. Mit gutem Grund wurde diese Vorgehensweise gewählt: „Mülltrennung oder Energiesparen haben für Flüchtlinge natürlich nicht gerade die oberste Priorität. Diese Menschen haben verständlicherweise ganz andere Probleme. Trotzdem wollen wir uns genau ansehen, was Sinn macht und was wir gemeinsam mit unseren KlientInnen umsetzen können.“ Konkreter sind bereits andere Maßnahmen. Kovacs: „Der zentrale Einkauf wird nach ökologischen Kriterien ausgerichtet, Umbauarbeiten werden vom Verein Neustart durchgeführt und das Mobilitätsverhalten unserer MitarbeiterInnen wird mit einem Fragebogen erhoben. Gemeinsam mit der EDV-Abteilung hat das Ressourcenmanagement der Diakonie Eine Welt an einem Green-IT-Workshop teilgenommen.“ Der Workshop wurde vom Projekt fairshare initiiert, das die Diakonie Austria gemeinsam mit der Dreikönigsaktion, der katholischen Jungschar und dem Welthaus GrazSeckau entwickelt. Hannes Höller
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Foto: Regina Hügli
Das Flüchtlingshaus Grimmgasse, eines von drei Grundversorgungsquartieren des Flüchtlingsdienstes der Diakonie in Wien, ist Klimabündnis-Betrieb.
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www.diakonie.at
und über 1.000.000 Klimameilen zu sammeln. Werden wir das schaffen? JedeR ist herzlich eingeladen mitzumachen, und uns bei unserem Vorhaben zu unterstützen und so einen lokalen Beitragfür den globalen Klimaschutz zu leisten. Maria Hawle
Info!
www.klimabuendnis.at/kindermeilen
Foto: Klimabündnis Salzburg
Foto: VS Bad Eisenkappel
Eine Feier für 18 Klimabündnis-Betriebe Vor elf Jahren wurde der erste Salzburger Klimabündnis-Betrieb aufgenommen. Mittlerweile sind es 138. Fast jede erdenkliche Sparte ist bereits vertreten – vom Strandbad in Seeham über Brauerein wie Hofbräu Kaltenhausen und Stiegl bis zum Skigebiet in Rauris. Im vergangenen Jahr sind wieder 18 dazugekommen. Im Rahmen der Feier „20 Jahre Klimabündnis in Stadt und Land Salzburg“ wurden diese von Othmar
Tischlerei Schwab – einer von 18 neuen Klimabündnis-Betrieben in Salzburg.
Gläser von der Umweltabteilung des Landes, Bürgermeister-Stellvertreter Martin Panosch und Regionalstellenleiter Robert Pröll von Klimabündnis Salzburg geehrt.
INFO! www.klimabuendnis/salzburg
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klimanews
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er die Geschichte des Klimas studieren will, findet in Jahresringen von Bäumen ein Fenster in die vergangenen Jahrhunderte. Ein breiter Jahresring zeugt von einem Sommer, in denen der Baum optimale Wachstumsbedingungen vorfand. Umgekehrt weist ein schmaler Jahrring auf eine trockene oder kalte Wachstumsperiode hin. Bisher reichten solche hochaufgelösten Klimadaten meist maximal 1.000 Jahre zurück – bis ins Mittelalter. Die Eidgenössische
Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft (WSL) erforschte für Mitteleuropa Klimadaten, die fast 2.500 Jahre zurückreichen. Die Messdaten zeigen in den letzten Jahrzehnten einen Temperaturanstieg von 2 Grad in den Alpen. Die Graphik läßt eines deutlich erkennen: Ein derart rasanter Temperaturanstieg ist in den letzten 2.500 Jahren nicht aufgetreten.
info! www.sciencemag.org
klima & wetter • News aus den Archiven Diese versorgen Europa mit milder Atlantikluft und isolieren die kalte Polarluft rund um den Pol. Durch den Schwund des Sommereises werden die Sonnenstrahlen nicht reflektiert und der Ozean erwärmt sich – im Polarsommer bis zu 24 Stunden am Tag. Insbesondere im Herbst erwärmen sich dadurch auch die unteren Luftschichten. Warme Luft aus dem Süden dringt dann weit in den Norden vor. Und im Gegenzug rutscht polare Kaltluft zu uns nach Europa. 8http://earthobservatory.nasa.gov
Gletscherstudie
Grafik: http://earthobservatory.nasa.gov
Die bisher geringste Meereisausdehnung im Jänner 2011. Normalstand: rote Linie.
Warme Arktis kühlt Europa • Während in großen Teilen Europas der Winter um etwa 1° C kälter war als der Mittelwert der letzten 30 Jahre, war es in Grönland, Ostsibirien und Nordkanada mit bis zu 12° C über normal ungewöhnlich warm. Grund dafür ist das Schmelzen des Sommereises. Normalerweise kreist im Winter rund um die Arktis ein großes Tiefdruckgebiet, an dessen Rändern starke Westwinde wehen.
Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Gletscherregionen unseres Planeten und mögliche Folgen dieser Veränderungen für die bewohnten Gebiete, die Wirtschaft, die Forst- und die Landwirtschaft beschreibt diese Studie detailliert. „High mountain glaciers and climate change“. Im Internet erhältlich unter: 8 www.unep.org oder: 8 www.grida.no/publications
Christian Salmhofer
Winter-Bilanz 2010/2011 • national Die vergangenen drei Win-
termonate Dezember, Jänner und Februar brachten zwischen Salzburg und Eisenstadt Temperaturabweichungen zwischen -1° und -1,7° C, wobei es in den erhöhten Lagen wie am Semmering am kältesten war. Weiter im Süden und Westen Österreichs bewegten sich die Temperaturen im meteorologischen Winter, welcher am 28. Feber endete, im Bereich der vieljährigen Mittelwerte. Etwas zu warm war es in den vergangenen Monaten nur in Oberkärnten und Osttirol, wo positive Abweichungen von bis zu 1,4° C in Lienz registriert wurden. 8 www.zamg.ac.at
• global Parallel zu den regional begrenzten Wetterkapriolen geht der weltweite Erwärmungstrend weiter. Die gesammelten Daten aller Meeresoberflächen und Kontinentaltemperaturen waren von Dezember bis Februrar um 0,39° C höher als die Durchschnittstemperaturen im 20. Jahrhundert. Damals lag die globale Temperatur der Wintermonate bei 12,1° C. 8 www.ncdc.noaa.gov/sotc/?report=global Christian Salmhofer | Andreas Strasser
Grafik: klimabündnis kärnten/a.s. Quelle: Science / NZZ- Infografik
2.500 Jahre Klimageschichte: Forscher rekonstruieren Temperaturen und Niederschläge Mitteleuropas bis zurück in die Eisenzeit.
Foto: © Prometeo Lucero / Greenpeace
klima politik
„Sinking Icons“: Um vor den Folgen des Klimawandels zu warnen, versenkte Greenpeace in Cancún Modelle großer Bauwerke aus aller Welt.
Edvin Vásquez Campos (Präsident der COICA) und Christian Finger in Cancún.
Die Klimakonferenz und „Mother Earth“
Christian Finger im klimabündnis klimabündni-Gespräch mit Andreas Strasser über den Klimagipfel in Cancún. Angesichts der Serie vieler wenig erfolgreicher Klimagipfel – tritt man so eine Reise nicht mit gemischten Gefühlen an? Das stimmt teilweise – letztlich überwog dann aber doch die Hoffnung, dass es nach dem Desaster von Kopenhagen wieder neuen Schwung gibt.
Fotos: privat
... der dann doch ausgeblieben ist? Grundsätzlich war zu spüren, dass sich die VertreterInnen der Regierungsdelegationen bemühten, ein völliges Scheitern der Konferenz zu verhindern. Es kommt darauf an, wo man hinsieht. Einerseits sind die Interessensgegensätze klar zu Tage getreten, und es ist eigentlich erstaunlich, dass es bei einem so komplexen Thema wie dem
Zur Person
Christian Finger, gelernter Jurist und Energieberater, ist seit 2002 Mitarbeiter von Klimabündnis Kärnten – einerseits als kommunaler KlimaschutzExperte, andererseits aber auch als Kenner globaler Zusammenhänge. Zuletzt war er in China bei einem Workshop der NGO-Szene für Nachhaltige Entwicklung und im Dezember für das Klimabündnis in Cancún.
Info! christian.finger@klimabuendnis.at
Klimawandel bei all den unterschiedlichen Positionen und Einzelinteressen überhaupt zu einer völkerrechtlich verbindlichen Rahmenkonvention wie dem Kyoto-Protokoll gekommen ist. Andererseits ist die Tatsache, dass so viele ExpertInnen, VertreterInnen von Regierungsdelegationen, Lobbyisten, NGOs und VertreterInnen der Indigenen um neue Wege in der Klimapolitik bemüht sind, als positiv zu bewerten. Welche Rolle spielen dabei Nichtregierungsorganisationen wie das Klimabündnis? Die NGOs haben nicht mehr bloße „Feigenblattfunktion“. Das Klimabündnis hat wie andere Organisationen – die bedeutendsten sind das Climate Action Network (CAN) und Friends of the Earth (FOE) – Beobachterstatus. Die Expertise und das Fachwissen der NGOs sind gerade bei VertreterInnen kleiner Developing Countries sehr gefragt. Aber natürlich sind die eigentlichen Verhandlungen und Entscheidungen den Regierungsdelegationen vorbehalten. Da sind sicher auch die Indigenen Völker nur Zaungäste. Als massiv vom Klimawandel Betroffene verschaffen sie sich zunehmend mehr Gehör. Sie sind bestens organisiert und agieren hochprofessionell. Sie fordern eine stärkere Einbindung bei den Verhandlungen – speziell bei der konkreten Gestaltung der Maßnahmen gegen die Zerstörung der tropischen Regenwälder.
Für viele, etwa die VertreterInnen der COICA, gibt es eine positive Stimmung. Verbunden mit der Hoffnung, dass sich die eigenen Rechtspositionen in den jeweiligen Nationalstaaten durch ein internationales Abkommen zur Reduzierung der Entwaldung verbessern. Zu den positiven Ergebnissen von Cancún gehört u.a. das Vorhaben, in Bali angedachte Maßnahmen gegen zunehmende Entwaldung der Regenwälder zu einem praktikablen Instrumentarium weiterzuentwickeln (REDD). Allerdings sind Fragen der Finanzierung und Einbindung der Indigenen bei Verwendung und Verteilung der Mittel ungeklärt. Aufgrund bisheriger Erfahrungen wird befürchtet, dass die Mittel nicht ankommen, wo sie gebraucht werden, und womöglich anders eingesetzt werden könnten. Eine marktwirtschaftlich orientierte Waldbewirtschaftung würde den nachhaltigen Umgang mit Ressourcen beeinträchtigen und dieNutzungsrechte der Indigenen aushölen. Die Sorge gilt auch der geringen Wertschätzung traditionellen Wissens gegenüber moderner Wissenschaft und Technologie. Das Klimabündnis scheint da auf dem richtigen Weg zu sein. Die Projektpartnerschaft als Herzstück der Bündnis-Idee ist wahrscheinlich eines der besten Beispiele, dass eine Kooperation zwischen unterschiedlichen Kulturen gelingen und mit den Aufgaben wachsen kann. Dabei müssen wir uns auch als Sprachrohr für die Anliegen unserer indigenen Partner verstehen. Fortsetzung Seite 14
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klima politik Fortsetzung von Seite 13 Wie sieht‘s für die vom Klimawandel am stärksten Betroffenen, etwa die kleinen Inselstaaten im Pazifik, aus? Für sie wurde die Finanzierung von Adaptionsmaßnahmen und die Organisation von Technologie-Transfers beschlossen. Als Sofortmaßnahme sollen 2010, 2011 und 2012 jeweils 10 Milliarden US Dollar in einen Fonds der UNO fließen. Zudem wurde die Etablierung des sogenannten Cancún-Rahmenabkommens zur Anpassung an den Klimawandel vereinbart. Erwähnenswert war die Geschlossenheit der Positionen der Entwicklungs- und Schwellenländer bei den Verhandlungen. Wie fällt dein persönliches Resumee aus? Problematisch ist der Beschluss, Projekte der CO2-Abscheidung (CCS) im Rahmen des sogenannten „Clean Developement Mechanismus“ zuzulassen. Grundsätzlich sind die Positionen der beiden größten CO2-Emittenten, USA und China, und ihre gegenseitige Blockade erwähnenswert. Der Vertreter Boliviens unterzeichnete das Abschlussprotokoll nicht. Begründung: Die beschlossenen Maßnahmen, v.a. für die vom Klimawandel am stärksten betroffenen Länder, wären zu wenig weitreichend. Nur durch das juristische Argument von Patricia Espinosa, Leiterin der Konfenrenz – Konsens bedeutet nicht Einstimmigkeit – konnte der Beschluss des Cancún-Dokuments gerettet werden. Die Forderungen der Indigenen, den allen indigenen Kulturen gemeinsamen Begriff „Mother Earth“ in die offiziellen Dokumente der Verhandlungen aufzunehmen, ist besonders zu erwähnen. Es ist, vereinfacht formuliert, die Forderung einer fundamentalen Rechtsposition für Natur und Umwelt. Für mich persönlich war aber vor allem der Einblick in die Vielschichtigkeit der internationalen Klimapolitik und die Erkenntnis, dass Menschen verschiedenster Nationalitäten und Hautfarben freundlich, ja freundschaftlich gemeinsam ein Anliegen verfolgen können, wohl wissend dass sich auf solchen Konferenzen großteils Eliten treffen, eine wirklich positive Erfahrung.
Info! www.klimabuendnis.at
Klima-Bündnis Geschäftsführer Thomas Brohse (rechts) bei der UN-Klimakonferenz auf Bali 2007 mit dem Präsidenten der brasilianischen Kautschukzapfer.
Die UN-Klimakonferenz von Cancún Versuch einer Bewertung
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as Abschlussdokument der UNKlimakonferenz von Cancún wird weitgehend positiv beurteilt. Selbst sonst kritische NGOs bewerteten die Ergebnisse mit leichtem Optimismus. Eine objektive Beurteilung der Ergebnisse ist deshalb sehr schwierig, weil der Gesamtprozess mittlerweile aus vielen Einzelprozessen und Instrumenten besteht, die sich in unterschiedlichen Verhandlungsetappen befinden.
Als positiv werden v.a. folgende Vereinbarungen bewertet:
● Im Abschlussdokument wird die Resolution der UN- Menschenrechtskommission, die anerkennt, dass der Klimawandel direkte und indirekte Folgen für die Menschenrechte hat, ausdrücklich bekräftigt. Vor allem die indigenen Völker werden als besonders Betroffene herausgehoben. ● Das 2° Ziel wird – wie schon im Kopenhagen Accord – bestätigt. Es wird weiterhin darauf hingewiesen, dass möglichst viele Akteure einzubeziehen sind, darunter die subnationale Ebenen sowie Kommunen und indigene Völker. ● Die Einführung eines Instrumentariums zur Reduktion der CO2-Emissionen aus Waldzerstörung und -degradation (Reducing Emissions from Deforestation and Forest Degradation – REDD). Das
Abschlussdokument weist gesondert darauf hin, dass bei den Aktivitäten gegen den Klimawandel auch die sozioökonomischen Folgen beachtet werden müssen, insbesondere die UN-Deklaration über die Rechte der indigenen Völker. - Ein „Schnellstart-Finanzierungs-Fonds“ mit bis zu 30 Milliarden US $ für den Zeitraum von 2010 bis 2012 zur Finanzierung von Klimaschutz- und Anpassungsaktivitäten. ● Ein „Langzeit-Finanzierungsfonds“ von jährlich 100 Milliarden US $ bis 2020 zur Unterstützung der Entwicklungsländer im Klimaschutz.
Die indigenen Partner in Cancún
Die COICA als indigene Partnerorganisation des Klima-Bündnis bewertet die Ergebnisse vorsichtig optimistisch, denn nach jahrelanger Lobbyarbeit ist es nun gelungen, die Anliegen der indigenen Völker an verschiedenen Stellen in die Dokumente einzubringen. Trotzdem werden die Versuche der Industrieländer ihre Verantwortung für Reduktionen über den Zertifikathandel in den Süden zu verschieben kritisiert. Der Klimaprozess werde immer stärker zu einer „Kohlenstoffhandelsorganisation“. Thomas Brose*)
info!
www.klimabuendnis.org
*) Thomas Brose ist Geschäftsführer von Klima-Bündnis / Alianza del Clima e.V.
Klimabündnis Jahreskonferenz in München 04. – 07. Mai: Erfolgreich Wirtschaften mit Klimschutz
Leere Kassen, null Spielraum für Investitionen, nichts geht mehr im Klimaschutz? Stimmt nicht: Immer mehr kreative Städte und Gemeinden nutzen gerade Energieeffizienzmaßnahmen und den Einsatz erneuerbarer Energien, um die lokale Wirtschaft anzukurbeln und steigenden Ölpreisen nicht mehr
schonungslos ausgeliefert zu sein. Seien Sie herzlich willkommen auf unserer Jahreskonferenz 2011, um von lokalen Kooperationsmodellen und pfiffigen Ansätzen zur Mittelgenerierung für mehr Klimaschutz zu erfahren.
INFO! www.klimabuendnis.org
Foto: Klima-Bündnis
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klimatipps
CO2-Messgerät
Klimaforum
INFO! www.klimabuendnis.at/kaernten
Neues Angebot für Gemeinden: Kinofilme und Vorträge mit Klimaschutz-Schwerpunkt samt anschließender Diskussion
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Collage: Friedrich Hofer
b im Schlaf- oder im Klassenzimmer – durch thermische Sanierung und gut isolierte Fenster steigt der CO2- Gehalt in Innenräumen. Nur in Passivhäusern mit kontrollierter Lüftung gibt es immer Frischluft. Sie enthält den atmosphärischen CO2-Gehalt von etwa 390 ppm. In Klassenräumen werden oft Werte um 6.000 ppm erreicht. Wenn Sie wissen wollen, wie oft Sie den medizinisch kritischen Wert von 1.500 ppm überschreiten – mit einem preiswerten CO2-Messgerät lässt sich jeder Raum überwachen.
eim Klimaschutz kann man sich auch entspannt zurücklehnen: Möglich macht das das neue Angebot für Klimabündnis-Gemeinden, das Klimaforum. Wählen Sie einen von über 10 Kinofilmen und präsentieren Sie diesen in Ihrer Gemeinde. Zur Wahl stehen Filme rund um die Themenbereiche Energie, Ernährung, Mobilität und globale Gerechtigkeit, wie die 4. Revolution oder Plastic Planet.
Abschied vom Wachtumszwang
klimathek
Für eine Politik der Mäßigung
Abschied von fossilen Energieträgern
Dass der ökologischen Krise allein mit technischer Innovation und grünem Wachstum zu begegnen wäre, hält Autor Reinhard Loske für eine Illusion. In einer permanent expandierenden Wirtschaft bleibt die Umweltentlastung durch den Einsatz erneuerbarer Energien und erhöhte Ressourceneffizienz begrenzt. Eine nachhaltige Entwicklung wird es ohne einen kulturellen Wandel in Richtung Mäßigung nicht geben. In diesem Essay geht es nicht nur um ein Ende der Wachstumsillusion, es geht um einen Weg, der auf Abbau falscher Zwänge und den Aufbau neuer Bindungen zielt. Der Autor ist seit 2007 Senator für Umwelt, Bau, Verkehr und Europa der Freien Hansestadt Bremen. Zuvor war er Mitglied des Deutschen Bundestages (1998 bis 2007) und Wissenschaftler am Wuppertal Institut für Klima, Umwelt und Energie.
Reinhard Loske
Abschied vom Wachstumszwang Konturen einer Politik der Mäßigung
Basilisken-Presse Marburg, Rangsdorf 2010 64 Seiten • € 14,00 • 978-3-941365-11-7
Nina Oberbucher | Christian Salmhofer | Andreas Strasser
Foto: http://mgkg.woehler.de
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Das Unglück im Golf von Mexiko im April 2010 ist die bisher größte Ölkatastrophe der Geschichte und wirft die Frage auf, ob es wirklich so weitergehen kann: Ölgewinnung um jeden Preis, an den entlegensten Orten, in den größten Tiefen der Weltmeere. Der Punkt, an dem die Fördermengen nicht mehr gesteigert werden können, ist erreicht. Statt ständig neuer Risiken brauchen wir neue Ideen zur Gestaltung einer postfossilen Welt. Jörg Schindler
Weiters haben wir sieben Vortragende im Angebot – darunter Verkehrsexperte Hermann Knoflacher und Regenwaldexperte Johann Kandler. Das Klimabündnis unterstützt sie mit vorgefertigten Plakaten und Gemeindezeitungsartikeln bei der Bewerbung und bietet auch eine Friedrich Hofer Moderation an.
INFO! www.klimabuendnis.at/klimaforum
Die Kuh ist nicht schuld
Kühe rülpsen Methan – 25 mal klimaschädlicher als CO2. Dennoch sind sie unverzichtbar für die Welternährung und in nachhaltiger Weidehaltung helfen sie mit, Kohlenstoff als Humus zu speichern. Weitaus höhere Emissionen gehen von synthetischer Düngung großer Monokulturen wie Mais und Soja aus. Sie ist energieintensiv und setzt Lachgas frei – 295 mal klimaschädlicher als CO2. Anita Idel
Die Kuh ist kein Klima-Killer!
Öldämmerung
Wie die Agrarindustrie die Erde verwüstet und was wir dagegen tun können. Metropolis Verlag, 2010. 210 Seiten • € 18,00 • ISBN 978-3-89518-820-6
oekom Verlag, München 2011 • www.oekom.de 128 Seiten • € 12,95 • 978-3-86581-246-9
Lust auf eine andere Mobilität
Deepwater Horizon und das Ende des Ölzeitalters
Mit neuen Energien ...
Im Rückblick auf die Industrialisierung analysieren die Autoren klimatische Veränderungen und ihre Folgen, problematisieren Lösungsansätze, decken ideologisch motivierte Irrtümer und Denkfehler auf und legen so Spuren, die zeigen, wo‘s lang geht. Herbert Girardet, Miguel Mendonca
Neue Energien freisetzen
Für eine ökologische und gerechte Welt Rotpunkt Verlag, 2010 • 323 Seiten • € 26,00 • isbn 978-3858694300
Mit Sorge sehen Autohersteller bei jungen Großstädtern die Lust am Blech schwinden. Autor Michael Adler zeigt, wie moderne Stadtplanung und innovative Mobilität zu einem besseren urbanen Leben beitragen können. Angesagt ist Premium-Mobilität und nicht das Premium-Auto vor der Tür – so ersparen wir uns Stau und dicke Luft. Michael Adler
Generation Mietwagen
Die neue Lust an einer anderen Mobilität oekom Verlag, München 2011 • www.oekom.de 120 Seiten • € 12,95 • isbn 978-3-86581-238-4
Fotos: Archiv Klimabündnis Österreich.
RETOUREN AN POSTFACH 555, 1080 WIEN
Das war 2010