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SONDERTEIL DIE ENERGIESEITEN Themen rund um Strom und Gas
Nachhaltige Versorgung
Lars Rückert, Geschäftsführer der Rückert GmbH, ist vom Fach und vertritt als Innungsvorstand die Interessen seiner Berufsgenossen
Sagen Sie mal …
… Lars Rückert, Vorstand der Innung Sanitär Heizung Klempner Hamburg „Ein völlig falsches Signal“
An welchen Schrauben muss aufgrund neuer Gesetze gedreht werden und was bedeutet das für die Verbraucher? Wie kann man Geld beim Heizen sparen und worauf ist zu achten? Lars Rückert beantwortet diese Fragen.
Herr Rückert, was muss man beim Heizen in diesem Winter beachten?
Im Hinblick auf die zu erwartenden, hohen Nachzahlungen für Öl und Gas sollte man sich in diesem Winter besonders bemühen, Heizkosten einzusparen. Ich gehe davon aus, dass niemand frieren wird, aber …
Was genau ändert sich beim Heizen abgesehen von den Kosten?
Zum 15.8. wurde die Bundesförderung für energetische Optimierungen überraschend reduziert. Zur Unzeit, wie wir Installateure meinen. Zwar werden noch weiter Fördergelder gezahlt, die bei einer Heizungsumstellung durchaus helfen. Aber genau wie bei den Elektrohybridfahrzeugen geht die Politik anscheinend davon aus, dass Elektrowärmepumpen und Co. binnen knapp eines Jahres inzwischen „‚Standard“ sind und man deshalb diese Technik nicht mehr so stark fördern müsse.
Aus meiner Sicht das völlig falsche Signal an die ohnehin verunsicherten Hausbesitzer. Einfach gesagt: Der Heizungskeller wird „elektrifiziert“. Fossile Öl- oder Gaskessel werden rausgeschmissen und durch elektrisch betriebene Heizgeräte ersetzt, die in der Anschaffung mehr als das Doppelte kosten. Elektrische Wärmepumpen beheizen künftig das Haus mit Strom. Aber Achtung: Die Heizungsfirma muss viele Punkte bei deren Planung beachten, damit die Stromrechnung später nicht zu hoch ausfällt.
Frieren muss mit einer Wärmepumpe niemand, aber sie muss unbedingt zu dem Haus und seinen baulichen Gegebenheiten passen, sonst kann es teuer werden.
Welche Möglichkeiten haben Mieter, wenn Sie Kosten durch alte Anlagen fürchten?
Als Mieter hat man kaum einen direkten Einfluss, man könnte sich aber schon mal bei seinem Vermieter erkundigen, ob die Heizungsanlage im Haus auf Stand ist oder ob sie vielleicht erneuert werden müsste, um die Heizkosten zu drücken.
Was ist in der aktuellen Situation die beste Möglichkeit zu heizen?
Jetzt, wo die Preise für Heizöl und Erdgas durch die Decke gehen, hat Strom tatsäch Kkurzem gehörte Strom noch zu den teuersten Arten, ein Haus zu heizen. Man sieht, wie schnell sich Dinge verändern, wenn die Welt aus den Fugen gerät.
Rein wirtschaftlich macht eine Wärmepumpe derzeit Sinn und ist zudem politisch gewollt und wird gefördert. Nur leider muss man zurzeit circa sieben bis zehn Monate auf ein solches Gerät warten. Ein herkömmlicher Gas- oder Ölkessel dagegen ist meist schon binnen drei bis vier Wochen verfügbar und darf – soweit die Voraussetzungen des Hamburger Klimaschutzgesetzes erfüllt sind – weiter eingebaut werden.
Spätestens ab dem Jahr 2024 ist dann das Ende des fossilen Heizkessels endgültig da, denn dann werden die Vorschriften noch einmal erheblich verschärft.
Was kann man selbst tun, um Energie zu sparen, außer Kuscheldecken kaufen?
Wir empfehlen unseren Kunden: Heizkörperthermostaten in Nebenräumen auf Stufe II herunterdrehen. Fenster nur noch zum Stoßlüften täglich für fünf bis zehn Minuten öffnen, statt sie tagsüber auf Kipp stehen zu haben. Warmwassertemperaturen an der Regelung auf circa 50° C reduzieren. Duschzeiten verkürzen und seltener BadewannenSessions machen. Heizkurve am Kessel flacher einstellen lassen vom Heizungsbetrieb und Anlage hydraulisch abgleichen. Die Nachtabsenkung auf maximal 2 Grad einstellen.
Doch Achtung: Die Heizkörper sollten auf keinen Fall ganz ausgestellt werden, da ansonsten Schimmelbildung droht.
Was ist bis zum Winter überhaupt noch umsetzbar?
Bei Wärmepumpen sieht es wegen der Lieferengpässe momentan nicht gut aus. Bestellt der Kunde sie heute bei seinem Heizungsbauer, bekommt er sie vermutlich erst im Frühjahr 2023 in sein Haus eingebaut. Immerhin besteht die Hoffnung, dass durch die steigenden Stückzahlen irgendwann auch einmal die Herstellerpreise fallen werden.
Die Situation bei Gas- und Ölheizungskesseln ist besser, aber man muss immer im Blick haben, dass bei einer Erneuerung des Kessels sichergestellt werden muss, dass 15 Prozent der Energie aus regenerativen Energien gewonnen wird.
Herr Rückert, wir danken Ihnen für das Gespräch.
Ambivalentes Stimmungsbild zur Energiewende
Wie ist das Stimmungsbild der Bevölkerung im Hinblick auf die Machbarkeit der Energiewende? Und inwiefern beeinflusst der Ukraine-Krieg und die drohende Versorgungskrise diese Einschätzung? Diesen und weiteren Fragen hat das Großprojekt Norddeutsches Reallabor eine Gesellschaftsstudie zur Energiewende gewidmet. Die Ergebnisse zeigen eine Verschiebung in der Bewertung von Gemeinwohlzielen und persönlichen Auswirkungen der Energiewende – und eine große Skepsis gegenüber der Machbarkeit. Zugleich ist die Dringlichkeit einer Umstellung der Energieversorgung angekommen. Die Studie trägt den Titel „Transformation & Gesellschaft: Ein Stimmungsbild – Studie zur Energiewende und der Akzeptanz von Wasserstoff“ und wurde vom Competence Center für Erneuerbare Energien und EnergieEffizienz (CC4E) der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg im Rahmen des Projekts Norddeutsches Reallabor (NRL) durchgeführt. Rentnerinnen und Rentner sowie Hartz IV-Empfangende gehen bei der Energiepauschale leer aus. Schon zu Jahresbeginn wurde jedoch von der Regierung ein Heizkostenzuschuss angestoßen, der nun aufgestockt werden soll. Beantragen können ihn alle Wohngeldempfänger. Hier kommen Geringverdienende, BAföG-Empfangende und Verrentete in Betracht. Ob Sie Wohngeld beantragen können, erfahren Sie mithilfe des Wohngeldrechners. Formulare für die Beantragung finden Sie online.
www.wohngeldrechner.nrw.de
HANDEL Optimismus trübt sich ein
Die derzeitigen Energiepreise sorgen zusammen mit der Versorgungsunsicherheit für sinkende Konjunkturerwartungen auch im Groß- und Außenhandel. Verbandspräsident Dr. Hans Fabian Kruse (AGA) bestätigte sinkenden Optimimus und forderte ein schnelles Eingreifen der Politik. Insbesondere das Europäisch-Kanadische Freihandelsabkommen CETA müsse nun endlich umgesetzt werden, fordert der AGA.
Auch im Winter sollen Bilder wie dieses der Normalfall sein
HAMBURG Die Energieversorgung ist sicher
Umweltsenator Jens Kerstan hat den Hamburgern zugesichert, dass es im Winter keinen Blackout geben werde. Strom und Gas seien ausreichend vorhanden und niemand müsse frieren. Kerstan bekräftigte gegenüber dem „Hamburger Tagesjournal“, die Kunden der Energiewerke Hamburg von den Kosten der Gasumlage entlasten zu wollen. Das wäre eine noble Geste des städtischen Versorgers, da die Bundesregierung zum gleichen Zweck die Mehrwertsteuer auf Gas auf sieben Prozent reduzieren will. Zudem will die Stadt einen Härtefallfonds für Heizkosten einkommensschwacher Haushalte einrichten Die Forderung der CDU, das Kohlekraftwerk Moorburg wieder zu aktivieren, lehnte der Senator ab. Das sei zu teuer und dauere zu lange. Die Opposition in der Bürgerschaft kritisierte derweil die vermeintlich unausgegorenen Energiesparmaßnahmen des Senats, wie etwa die Abschaltung von acht Paternostern in der Stadt.
ENERGIE UND ZUKUNFT
Heizen trotz Gasmangel
Auch wenn Erdgas und Steinkohle aus Russland wegfallen – die Heizungen müssen nicht kalt bleiben.
Kirsten Fust, Technische Geschäftsführerin der Hamburger Energiewerke Genug Wärme für den Winter
Sowohl Verbraucher als auch die Politik stellen hohe Anforderungen an die Energieversorger. Kirsten Fust erklärt, wie es momentan im Markt aussieht und was Sie erwartet.
vollständig mit Wärme beliefern zu können. Die aktuelle Lage stellt also auch uns vor eine große Herausforderung.
Hinzu kommt das Embargo auf russische Steinkohle. Auch bei uns kam bis zum Frühjahr 50 Prozent der eingesetzten Kohle aus Russland. Es ist uns gelungen, neue und zuverlässige Lieferländer zu finden, die uns den Brennstoff in der nötigen Qualität und unter Einhaltung von Umwelt- undMenschenrechtsaspekten liefern. Außerdem bereiten wir die Heizwerke, die technisch dazu in der Lage sind, auf den alternativen Betrieb mit Heizöl vor. So können wir selbst bei einem vollständigen Ausfall der Erdgasversorgung viele Wärmeerzeuger weiter nutzen. Auch die Bundesebene ist mit einem Notfallplan vorbereitet. Dieser sieht vor, dass bei einer Gasmangellage Haushalte als besonders schützenswerte Kunden vorrangig mit Erdgas beliefert werden. Das gilt auch für unsere erdgasbetriebenen Anlagen in der Fernwärme, die Haushaltskunden beliefern. Darüber hinaus arbeitet man auf Bundesebene mit Hochdruck daran, temporäre LNG-Terminals für die Versorgung Deutschlands mit verflüssigtem Gas zu errichten und mit potenziellen Lieferländern über die Versorgung Deutschlands zu sprechen.
All das sind Maßnahmen für den kommenden Winter und die darauffolgenden Jahre. Sie sollten aber nicht den Blick darauf verstellen, dass der Weg, den wir insbesondere in Hamburg für die künftige Energie- und Wärmeversorgung eingeschlagen haben, grundsätzlich richtig ist. Wir wollen die großen fossilen Kraftwerke ersetzen und bisher ungenutzte Wärmequellen nutzbar machen. Dazu zählen die Abwärme aus den Produktionsprozessen von Kupfer-, Stahl- und Aluminiumerzeugung, die Nutzung der Wärme aus Elbe und Bille oder aus den Klärwerksprozessen in unserer Stadt.
Dies bedeutet neben der Reduzierung von CO2-Emissionen auch, dass wir künftig von Brennstoffimporten wie Kohle und Erdgas unabhängiger werden und damit auch von den Preissprüngen an den Märkten. Heizöl hat sich im Jahresvergleich um circa 100 Prozent verteuert, Kohle um etwa 250 Prozent und Erdgas um über 1.000 Prozent. Diese Preissteigerungen werden zeitverzögert und in unterschiedlicher Höhe leider auch bei den Strom-, Gas- und Wärmekunden ankommen und auch viele an die Grenzen der wirtschaftlichen Belastbarkeit bringen.
Umso wichtiger ist es, von derartigen Entwicklungen in Zukunft unabhängig zu sein. Hamburg ist auf einem guten Weg. Bis spätestens 2030 wollen wir die Kohlekraftwerke Wedel und Tiefstack durch überwiegend klimaneutrale Wärmequellen ersetzen. Für das Heizkraftwerk in Tiefstack haben wir einen Vorschlag gemacht, der bei Bedarf vollständig auf Erdgas verzichtet und 100 Prozent Klimaneutralität bietet. In den vergangenen Jahren wurden viele Lösungen für die Energieversorgung Hamburgs diskutiert.
Häufig war dabei die beste Lösung für den Klimaschutz nicht die beste Lösung für die Versorgungssicherheit und bezahlbare Energiepreise. In der aktuellen Situation löst sich dieser Widerspruch auf.
Ich bin in jedem Fall zuversichtlich, dass wir gut durch den kommenden Winter kommen und auch für die künftige Energieund Wärmeversorgung unserer Stadt gut aufgestellt sind.
Die „Gasmangellage“ treibt uns alle momentan intensiv um. Seit Russland vor einem halben Jahr die Ukraine angegriffen hat, wird die zuverlässige Versorgung Europas mit Erdgas erstmals infrage gestellt und als politisches Druckmittel gegen uns eingesetzt.
Für uns als Hamburger Energiewerke spielt Erdgas vor allem bei niedrigen Temperaturen in der Wärmeerzeugung eine wichtige Rolle. Über das zentrale Fernwärmenetz versorgen wir knapp 250.000 Haushalte mit Fernwärme.
Aktuell stammt unsere Wärme vor allem aus den großen Kohlekraftwerken in Wedel und Tiefstack, aber auch aus den Müllverwertungsanlagen und nicht zuletzt aus erdgasgefeuerten Heizwerken sowie Heizkraftwerken. Der Erdgasanteil im Stadtnetz lag in den vergangenen Jahren zwischen 15 und 20 Prozent. Den Brennstoff benötigen wir, um bei Außentemperaturen von unter fünf Grad alle Kundinnen und Kunden
Kirsten Fust
FOTO: HAMBURGER ENERGIEWERKE Technische Geschäfts führerin der Hamburger Energiewerke Kirsten Fust
ÖFFENTLICHER NAHVERKEHR PSI und Stromnetz Hamburg starten System für Depot- und Lademanagement
Die erste Implementierung einer Schnittstelle von PSI Transcom GmbH und dem Backend der Stromnetz Hamburg GmbH „eRound“ wurde bei der Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH eingeführt. PSI und eRound kommunizieren seit Januar 2022 erfolgreich über diese Schnittstelle. Erster Kunde ist die Verkehrsbetriebe Hamburg-Holstein GmbH (VHH), die mit drei Betriebshöfen angeschlossen ist. Dabei betreibt PSI das Depotmanagementsystem, stellt die Verbindung zu weiteren Planungssystemen des Busbetreibers her und organisiert damit die Betriebshöfe der VHH. Über die Schnittstelle werden im einzelnen folgende Anwendungsfälle realisiert: eRound erkennt die E-Busse und sendet die Statusinformationen der Ladestationen und die Batteriefüllstände der E-Busse an das Depotmanagementsystem. Das DMS plant auf Basis der Zustände die Umläufe der E-Busse und sendet Anforderungen wie Abfahrzeiten und Batteriefüllständen an das eRound. Das eRound verarbeitet außerdem die Vorgaben, damit die EBusse geladen und abfahrbereit sind und es damit zur keiner Überlastung kommt. Beide Unternehmen möchten die Zusammenarbeit weiterhin intensivieren. Gedacht wird an ein integriertes Angebot mit einem der führenden Betriebshofmanagement-Systemanbieter sowie einem der führenden technischen Backend-Systeme für Ladeinfrastruktur.
Auch in Gronau kam es zu einer Fahrraddemo
AUSGESTRAHLT Protest gegen Atomkraft
Vor dem Hintergrund der erneuten Nutzungen von Atomkraft bildet sich Widerstand. So hat etwa die Anti-Atomkraft-Organisation „ausgestrahlt“ im Sommer bundesweite Fahrrad-Proteste organisiert. Die zahlreichen Etappen der Fahrrad-Demonstrationen führen auch zu Atomanlagen in europäischen Nachbarländern. Auftakt war im Juli eine Kundgebung beim Atomkraftwerk Tihange in Belgien. Die Etappen der Fahrrad-Aktion führen im Westen und Norden bzw. im Süden der Bundesrepublik u. a. zu noch laufenden und bereits abgeschalteten Atomkraftwerken, zu Atommüll-Standorten und zu Firmensitzen der Atomindustrie. Ziele waren auch die Urananreicherungsanlagen in Gronau (NRW) und Almelo (NL). Udo Buchholz vom Vorstand des Bundesverbands Bürgerinitiativen Umweltschutz (BBU) kritisiert, dass es für diese Uranfabriken bisher keinerlei Laufzeitbegrenzung gibt. Und auch die nahegelegene Brennelementefabrik in Lingen (Niedersachsen) hat bisher eine unbegrenzte Betriebsgenehmigung. Weitere Proteste sind nun in Planung.
www.ausgestrahlt.de
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