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TIMS THESEN/AMTSGERICHT

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KLEINANZEIGEN

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Das Amtsgericht

Aus dem Amtsgericht Stärke zeigen

Exakt 23:07 Uhr, Smiley*: Foto von Marihuana – 23:18 Uhr, Beißer: „Kannst du 20 g machen?“ –23:21 Uhr, Smiley: „Kann er machen. Er will aber 160 €.“ 23:22 Uhr, Beißer: „Ja. Alles gut.“

Dieser Chatverlauf legt nahe, dass hier mit Drogen gehandelt wird. Und genau damit wird Oliver M.* denn auch angeklagt. Seine Verteidigerin gibt sein Teilgeständnis zu Protokoll: „Mein Mandant räumt ein, das Handy, auf dem der Chatverlauf von Beamten des Landeskriminalamts entdeckt wurde, genutzt zu haben. Das Foto habe er ‚als Sprachrohr‘ weitergeleitet, aber dafür keine Provision erhalten, wie es ihm in der Anklageschrift vorgeworfen wird. Er ist hier blöderweise tätig geworden.“

Der für die Auswertung des verschlüsselten Handychats zuständige Kriminalkommissar wird als Zeuge befragt: „Smiley hat das Handy nur wenige Tage genutzt. Andere deliktische Dinge konnten nicht festgestellt werden. Für mich sieht es so aus, als wäre hier nur eine vermittelnde Funktion eingenommen worden.“

Der 41-jährige Angeklagte wird zu seinem Leben befragt. Man ahnt es bereits: Der Konsum von Cannabis begann als Jugendlicher, die Ausbildung wurde abgebrochen; es folgten Jobs und Hartz IV. Sein Zentralregisterauszug liest sich wie ein Potpourri möglicher Straftaten: Diebstahl, Drogenhandel, Beleidigung, Fahren ohne Führerschein, Versicherungsbetrug, Sachbeschädigung, aber auch Raub und schwere Körperverletzung. Geld- und Haftstrafen auf Bewährung waren die Folgen. Die meisten Eintragungen hatte er sich bereits als Jugendlicher eingehandelt, aber eine Geldund eine Bewährungsstrafe laufen noch. Oliver M. berichtet aber auch, dass er aktuell dabei ist, seinem Leben eine neue Richtung zu geben. Er raucht kein Marihuana mehr und hat eine Therapie begonnen, um die Sucht endgültig zu bekämpfen. Der größte Schritt sei gewesen „mir selbst einzugestehen, dass ich ein Problem habe. Es wird als Schwäche angesehen, wenn man zum Therapeuten geht.“ Er hat eine Arbeitsstelle gefunden und eine Freundin. „Wenn sie mit ihrer Lehre durch ist, wollen wir eine Familie gründen.“

Die Staatsanwältin sieht keinen erwerbsmäßigen Drogenhandel, aber Eigennutz und fordert wegen der laufenden Bewährung eine Freiheitsstrafe von vier Monaten – zur Bewährung wegen der Bemühungen um ein geordnetes Leben. Die Verteidigerin betont, dass sein Geständnis sehr hoch einzuschätzen sei, da seine Beteiligung kaum zu beweisen gewesen wäre. Eine Geldstrafe sei deshalb ausreichend. Die Richterin sieht das ähnlich und verurteilt ihn zu einer Geldstrafe von 140 Tagessätzen.

©STAUKE-FOTOLIA.COM FOTO:

THEMA: Beleidigung und Propaganda

Tim Holzhäuser schreibt hier seine monatliche Glosse

Wollen Sie einen meiner hinterhältigen Pläne kennenlernen? Wenn mich mal jemand unflätig beleidigt, werde ich versuchen, ihn* anzuzeigen. Mir ist nämlich aufgefallen, dass die deutsche Rechtsprechung persönliche Herabsetzungen drakonisch bestraft. Grobe Kraftwörter können eine Strafe von mehreren Tausend Euro nach sich ziehen und selbst Schwächlinge wie „Hampelmann“ oder „Oberförster“ (zum Zöllner) bringen ein paar Hunderter.

Mir geht es da aber nicht nur ums Geld, sondern auch um das entsetzte Gesicht des Beleidigers, wenn er realisiert, dass sich Höflichkeit eben doch auszahlt oder zumindest das Leben einfacher macht. Für mich wäre das Geld eine Art Schadensersatz für ruinierte Lebenszeit.

Ein prominenter Beleidigungsfall passierte im Sommer im Hamburger Rathaus. Bekanntlich hat Udo Lindenberg dort den Mittelfinger in Richtung AfD-Fraktion aufblitzen lassen. Die Folge war eine Anzeige. Im Falle einer Verurteilung drohen Lindenberg angeblich bis zu 20.000 Euro. Staatsanwaltssprecherin Liddy Oechtering führte aus: „Der Strafrahmen für eine Beleidigung reicht von einer Geldstrafe bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe, unter besonderen Umständen aber auch

bis zu zwei oder gar drei Jahren Freiheitsstrafe.“ Ich habe mir daraufhin die letzten Facebook-Posts der AfD angesehen: Ein Wust an Falschbehauptungen, Unterstellungen, Erfindungen, Diffamierungen. Das garniert mit russischer Propaganda, Leugnen der menschengemachten Klimakrise etc. Wenn Lindenbergs Mittelfinger 20.000 bringt, dann müsste man mit den Strafzahlungen der AfD die Energiewende finanzieren können. Zweimal. Müsste, hätte, können. Wir wissen: Solche Strafzahlungen gibt es nicht in großem Umfang. Zwar wird hin und wieder ein AfD-Neonazi wegen Volksverhetzung verknackt, aber das Rumerzählen gefährlichen Blödsinns bleibt meist straffrei. Das ist ärgerlich, weil die deutschen Gesetze Klagen wegen Falschbehauptungen durchaus zulassen. Nach meiner Beobachtung wird das von Betroffenen aber wenig genutzt. Gefährlicher Blödsinn ist straffrei … Zur These: Es würde der Gesellschaft gut und Populisten schlecht bekommen, würde mehr gegen Fake News geklagt. Denkbar ist eine Schadensersatzklage. Stellen Sie sich eine Volksgruppe vor, die wird von einer Partei derart verunglimpft, dass es zu gewaltsamen Übergriffen kommt. Jemand wird verletzt, ist berufsunfähig, kann seine Familie nicht mehr ernähren. Wer ist der eigentliche Verursacher? Wer trägt den Schaden? Das könnte ein Gericht entscheiden. Das bewusste Streuen von Fake News würde damit zu einer äußerst riskanten politischen Handlung. ———- *Übrigens, bei den Leserbriefen ist mal wieder von Gender-Diktatur die Rede. Ich habe diesen Text daher grob vorsätzlich in der männlichen Version geschrieben. Als Test. Wenn ich nächste Woche noch da bin, macht diese Diktatur offenbar gerade ein Mittagsschläfchen oder ist generell etwas schwach auf den Beinen.

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