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BLACK BOX

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LIFT OFF

LIFT OFF

© Florian Wiegand

Sportturniere - hier Streetball - waren belebende Anlässe des „Sommer am Main“; die Spielfelder waren ins Design integriert. An der Bemalung der Fahrbahn waren auch Schüler:innen beteiligt.

Mit dem „Sommer am Main“ hat die Stadt Frankfurt ein als bürgernahes Stadtraum-Festival konzipiertes Experiment durchgeführt, bei dem der Mainkai über acht Wochen hinweg für den Autoverkehr gesperrt und programmatisch bespielt wurde. Neben Sport-Events und Tanzanlässen wurden auch partizipative Transformationsfragen der künftigen Stadtentwicklung Frankfurts in Workshops thematisiert. Das politische Ziel der dauerhaften Sperrung und Umwidmung der innerstädtischen Uferstraße sollte damit den Bürger:innen nahegebracht werden.

Zu Beginn bemalten Schüler:innen den Straßenraum zum Urban Sports Park, nach dem Design von Desres Design Studios und gemeinsam mit den Initiator:innen von TAB e.V. und STABIL e.V. sowie Guilty76 Street Guerilla und Massif Central. Diese hatten an die Stadt im Vorfeld die Idee und das Angebot herangetragen, eine solche Aktion zu tragen und zu finanzieren. In das Design des dabei entstandenen 300 m langen Street-Art-Kunstwerkes wurden Schachbretter, Fuß- und Streetball-Courts integriert und das Logo der Eintracht Frankfurt, als Hommage an den EuropaLeague-Sieg und die frenetische Stimmung in der Stadt im Mai 2022. Der farbige Stadtraum war von nun an ein aktivierender Ort für Sport-, Spiel und Kulturerlebnisse, und natürlich: Instagram-Motiv. Selbst der SGE-Trainer Oliver Glasner nutzte dies für ein Selfie – so erreichen derlei Aktionen weitere Multiplikation für Reichweite und Akzeptanz.

Die Umsetzung dieses Street-Art-Projektes, das in Dimension und Gestaltung globale Benchmarks wie Santiago oder New York herausfordert, wurde operativ von PROPROJEKT unterstützt.

„Unser Antrieb ist, das Stadtbild aktiv geiler zu machen: Aus der leeren Straße ist etwas Lebendiges geworden, mit einer Aufmerksamkeit, einer Streitbarkeit, und so funktioniert Intervention“, so Florian Joeckel.

Nun, da die Autos wieder rollen und die verbleichenden Farben abtragen, kehrt die Rationalität zurück in das Resümee und die Evaluation; so heben sich Stimmen aus dem linksmainischen Sachsenhausen – über dessen Straßen ein Gutteil des Autoverkehrs umgeleitet wurde – die über die Mehrbelastung der Straßen klagen. Empirisch fundierte Erkenntnisse stehen allerdings noch aus. Wenn auch die spürbare Belebung des für Pkw gesperrten Raumes jeweils mit den Aktionen zusammenhing, ist die Wirkung des Designs als bildgebende Komponente nicht allein an den Zeitraum und Ort der Aktion gebunden, sondern erzeugt in den sozialen Medien, in Stadtmagazinen, Zeitungen und eben auch Fachmagazinen einen nachhaltigen Effekt für die Lust auf aktive Stadtgestaltung. Bei der Umgestaltung vormals monofunktionalen Verkehrsraumes, für die aktivierende Inszenierung des Raumes, für die akzeptanzstiftende Wirkung von Motiven und die identitätsstiftenden Impulse durch persönliche Mitgestaltung kommt Farbe und Design eine wirkungsvolle Kommunikationsrolle bei Tactical-Urbanism-Interventionen zu.

© Cornelius Pfannkuch (2)

NEUES AUF ALTEN GLEISEN

EINE VISION IM EINKLANG MIT DER UMGEBUNG

Das Schicksal der schlechten Anbindung mit öffentlichen Verkehrsmitteln teilen viele kleinere Orte im ländlichen Raum. Eine Gruppe Studierender aus Kiel erstellte dazu das Konzept für ein innovatives Gefährt, das Dörfer auf kurzen Strecken mit geringem Energieaufwand verbinden kann – auf stillgelegten Bahngleisen und mitten durch die Natur.

© Lea Haats/Konstantin Wolf/Erik Mantz-Hansen (5)

Sitzen, festhalten oder anlehnen: Die Handläufe sind flexibel nutzbar.

Mit einer simplen Handgeste wird das Gefährt angehalten.

Der ABACUS – die Vision eines modernen Gefährts, das einer Handvoll Passagiere Platz bietet, sich auf einer idyllischen Strecke zwischen Bad Segeberg und Groß Rönnau gemütlich hin und her bewegt und dabei zum spontanen Aufsteigen einlädt, ähnlich wie ein Paternoster, aber in der Horizontalen. Die Idee dazu kam drei Design-Studierenden der Universität Kiel im Rahmen eines Studienprojekts zum Thema „Öffentliche Mobilität im ruralen Raum in Schleswig-Holstein“. Gefördert wurde das Projekt von der EKSH (Gesellschaft für Energie und Klimaschutz Schleswig-Holstein). Bei der Strecke handelt es sich um eine ehemalige Bahnlinie mit stillgelegten Gleisen, die noch bis vor etwa 50 Jahren Bad Segeberg mit Kiel verbunden hat und damals sowohl für den Güter- als auch den Personenverkehr genutzt wurde. Für ihr Projekt haben sich die Studierenden auf den Abschnitt bis nach Groß Rönnau fokussiert.

„Uns war es wichtig zu sehen, wie die Strecke in das jeweilige Dorfgefüge eingebunden war, wie sie mit der dortigen Infrastruktur zusammenhing. Außerdem wollten wir herausfinden, welche Emotionen mit der Bahn verbunden sind. Wie anders war das Leben, als es noch diese Bahn gab, wie sah der Alltag aus?“ – Viele Fragen, die sich die Gruppe um den Design-Studenten Erik Mantz-Hansen stellte. Auf der Suche nach den Antworten wurde viel Wert darauf gelegt, mit Zeitzeug:innen zu sprechen, die die Existenz und die aktive Nutzung dieser Bahnstrecke noch mitbekommen haben. Es stellte sich heraus: Die Unterschiede zwischen damals und heute sind groß. Früher spielte sich das Leben der Bewohner:innen hauptsächlich im Dorf ab: Üblicherweise arbeitete man dort, kaufte in den Geschäften ein paar Straßen weiter ein und traf in Wirtshäusern oder beim Bäcker die Nachbar:innen. Die steigende Nutzung des Autos änderte den Alltag der Dorfbewohner:innen drastisch. Es gab fortan neue Möglichkeiten, etwa einen Job anzunehmen, der weiter entfernt war oder die Einkäufe im größeren und günstigeren Supermarkt im nächstgrößeren Ort zu erledigen. Die Gewohnheiten passten sich an die neuen Gege-

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