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TECH
Modernste Technologie sorgt für einen Informationsaustausch in Echtzeit.
Ebenfalls in die Kategorie der Komfortdienste fällt die effiziente Routensteuerung durch V2X-Kommunikation, durch die sowohl Autofahrer:innen als auch das Verkehrssystem entlastet werden können. Dienste wie etwa Green Light Optimal Speed Advisory sorgen für einen Informationsaustausch zwischen Ampel und Fahrzeug und empfehlen der Person am Steuer die optimale Geschwindigkeit, um während einer Grünphase an der nächsten Ampel einzutreffen. Auf diese Weise werden abrupte Bremsungen verhindert, die teils lange Rückstaus nach sich ziehen – sowie die Nutzungseffizienz des urbanen Raums erhöht. Auch kann die dynamische Routenführung durch die Echtzeitkommunikation optimiert werden, da Informationen über vielbefahrene Straßen nicht erst durch das Mobilfunknetz ans Navigationssystem gesendet werden, sondern in Sekundenschnelle von Fahrzeug zu Fahrzeug.
Das Problem mit den Daten In der modernen, smarten Stadt kann die Vernetzung der urbanen Mobilität durch die V2X-Technologie zu einem Zugewinn an Sicherheit und Komfort für Bürger:innen und zu einer Entlastung des Verkehrsraums führen. Wo die Liste an Chancen lang ist, ist es allerdings meist auch die der Herausforderungen; und diese stehen in erster Linie in Verbindung mit der Datenverarbeitung, -verfügbarkeit und -kompatibilität. So muss sich letztlich ein Standard durchsetzen, den ausnahmslos alle Verkehrsteilnehmer:innen sowie die Betreiber:innen der Infrastruktur nutzen, damit eine flächendeckende Kommunikation überhaupt möglich ist. Hierzu muss auch erforscht werden, welche Technologien welche Vor- und Nachteile aufweisen. Die Verfügbarkeit der Daten ist in der Hinsicht eine zentrale Herausforderung, dass diese erst dann vollumfänglich nutzbar sind, wenn sie hinreichend miteinander verknüpft sind. So muss die Verkehrsleitzentrale die Information über die Verkehrsflüsse ebenso bereitstellen wie der ÖPNV seine Fahrpläne, Anpassungen und Auslastungen. Auch den Stadtverkehr betreffende Sonderereignisse wie große Konzerte oder Demonstrationen müssen ihren Weg in die Algorithmen finden, was die Kooperation vieler diverser Akteur:innen erfordert. Doch auch rechtliche Hürden stehen noch im Weg; hierzu bedarf es gezielter Initiativen vonseiten der Politik.
Pilotprojekte – Hamburg und das Ruhrgebiet machen’s vor Erste Pilotprojekte im Bereich der V2X-Kommunikation laufen auch in Deutschland bereits, hier ist vor allem Hamburg zu nennen, wo mit gleich zwei Vorhaben versucht wird, das vernetzte Verkehrssystem realitätsnah zu testen. Das Projekt BiDiMoVe, das im Rahmen der Förderrichtlinie „Automatisierung und Ver-
© Veniam (2)
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Fahrzeuge kommunizieren nicht nur untereinander, sondern auch mit Fußgänger:innen, Netzwerken und Infrastruktur.
netzung im Straßenverkehr“ vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) gefördert wird, stellt den ÖPNV in den Vordergrund und stattet Busse und Ampelanlagen mit speziellen Modulen aus, die eine vollautomatische, WLANgestützte Kommunikation ermöglichen. So sollen diese je nach Auslastung und Verspätungslage gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern bevorrechtigt und priorisiert werden. Außerdem erhalten Fahrer:innen Geschwindigkeitsempfehlungen und es wird ein Abbiegeassistent installiert, der vor parallel verkehrendem Rad- und Fußverkehr warnt. Bisher wurden zehn Busse und 18 Ampelanlagen mit der Technik ausgestattet, perspektivisch soll es das gesamte Hamburger ÖPNV-System sein. Einsatzfahrzeuge, Pedelecs und E-Scooter können das System potenziell auch nutzen.
Die Hansestadt ist seit 2020 auch Schauplatz einer neun Kilometer langen Teststrecke für das automatisierte und vernetzte Fahren (TAVF), deren Finanzierung ebenfalls auf das BMVI zurückgeht. Hier werden ebenfalls Ampelanlagen aufgerüstet, um mit Fahrzeugen im Straßenverkehr kommunizieren zu können. Insgesamt 37 Lichtsignalanlagen und eine Brücke werden mit sogenannten „Roadside Units“ versehen, die nach dem WLAN-basierten 802.11p-Standard Daten mit vorbeifahrenden Fahrzeugen austauschen. Autofahrer:innen erhalten dadurch Warnhinweise, wenn sich gefährdete Verkehrsteilnehmer:innen nähern. Außerdem sollen Ampelprognosen den Verkehrsfluss optimieren. Die Teststrecke liegt in einem Bereich mit S-Bahn-Überführungen, Hochhäusern und Alleen, um heterogene und erschwerte Umgebungsbedingungen zu schaffen und die Technologie damit auf ihre Realisierbarkeit zu überprüfen. In Oberhausen im westlichen Ruhrgebiet fördert das Bundesministerium für Digitales und Verkehr (BMDV) ein Pilotprojekt zur besseren Eingliederung von Einsatzfahrzeugen in das alltägliche Verkehrssystem. Ziel des Projekts ist die Einrichtung einer V2XKommunikation zwischen Einsatzfahrzeugen der Feuerwehr Oberhausen und den Lichtsignalanlagen auf der vielbefahrenen Mülheimer Straße, die direkt an der Feuerwache liegt. Die Technologie soll Einsatzfahrzeuge in die Lage versetzen, ihre Fahrstraße vollautomatisiert freizuschalten, sobald dies benötigt ist, und diese Freischaltung bei erfolgter Durchfahrt automatisch wieder aufzuheben. So sollen Rückstaus deutlich schneller abgebaut und Einsätze komplikationsärmer durchgeführt werden können. Die Stadt Oberhausen stattet insgesamt 30 Fahrzeuge mit V2X-Sendern sowie acht Kreuzungsampeln mit V2X-Empfängern aus.
Zukunftsszenario: kommunizierende Verkehrssysteme Die Pilotprojekte werden zeigen, welche Baustellen die Technologie noch birgt und an welchen Stellen auf welche Weise nachjustiert werden muss. Dennoch steht schon jetzt fest: Ein erhöhter Kommunikationsgrad im Straßenverkehr birgt erhebliche Potenziale. Die Entwicklungen in Hamburg, Oberhausen und an vielen anderen Orten lassen optimistisch stimmen: Einige Verkehrsprobleme könnten schon bald der jüngeren Geschichte angehören. Und die Ära des autonomen Fahrens rückt immer näher.