Im Fokus
„Deutscher Fotografie“ Ein Referat von Hannah Pieneck 4. Semester, Geschichte
An Hand einzelner Fotografen, die in unterschiedlichen Bereichen einen großen Beitrag zur Entwicklung der deutschen Fotografie geleistet haben, möchte ich den Kern und die Hauptmerkmale der deutschen Fotografie aufzeigen. Dabei zitiere ich Bereiche der Modefotografie, neu-sachlichen Fotografie und des Bildjournalismus.
Inhalt Hauptthema:
Gibt es eine „Deutsche Fotografie“?
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Die Welt des schönen Scheins Mode und Verführung F. C. Gundlach Helmut Newton Horst P. Horst
Das Neue Sehen und die Neue 7-8 Fotografie Albert Renger-Patzsch
Zeitzeugen-das Engagement der Fotojournalisten Alfred Eisenstaedt
Quellenverzeichnis
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Gibt es eine „Deutsche Fotografie“? Findige Köpfe aus Frankreich und England waren es, denen die Entdeckung der Fotografie gelang, und deutsche Tüftler trugen nur einiges dazu bei, die Technik der optischen Aufnahme zu verfeinern. Im Jahr 1839 schlug die Geburtsstunde der Fotografie, die sich als neue, scheinbar automatische und deshalb revolutionäre Bildtechnik der Experimentierfreunde französischer Geister verdankt. Deutsche Stimmen blieben skeptisch und es hagelte Kritik, die den Vormarsch der Fotografie jedoch nicht aufhalten konnte. Im Wesentlichen schreiben somit französische, britische und nordamerikanische Fotografen die Geschichte der Fotografie im 19. Jahrhundert, ebenso wie die Geschichte der industriellen Entfaltung. Deutschland wird als eine „verspätete Nation“ deklariert. Die Frage, ob es so etwas wie eine „Deutsche Fotografie“ gibt, ist also nicht aus der Luft gegriffen. Aus dem Deutschland der Weimarer Republik stammen schließlich anfängliche und wesentliche Impulse zu einer eigenen Ästhetik der Fotografie, dennoch bringt der Begriff „deutsch“ durch die Auswirkungen und Perversionen des Nationalsozialismus einen bitteren Beigeschmack mit sich. Im 20. Jahrhundert war
die Fotografie den vielfältigen Einflüssen, denen das Land vor und nach den verlorenen Weltkriegen ausgesetzt war, unterworfen. Die schwere Hinterlassenschaft der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft, der besonders Fotografen jüdischer Herkunft unterworfen waren, färbt zwangsläufig auf diese Fotografie ab. Eine „Deutsche Fotografie“ ist daher mit dem Selbstverständnis der Deutschen verbunden und wirft die Frage nach einer deutschen Identität auf. Wie der schwierige Prozess der Vereinigung zeigt, keine Nation, die ihre Identität aus einer mehr oder minder verbindlichen geschichtlichen Erfahrung gewinnt, zumal die Konsequenzen nationalsozialistischen Denkens und Handelns das Problem verschärft haben. Klare Grenzen können nicht definiert werden, gerade auch auf die Fotografie bezogen: Kann man sagen, dass die Herkunft auch das fotografische Umfeld bestimmt? Eine „Neue Sachlichkeit“, das „Neue Sehen“ bestimmte zu Beginn der 20er Jahre das Bild Deutschlands. Die Fotografie schlug eine Brücke zwischen Malerei und Architektur, geprägt von formaler Strenge und präzisem Naturalismus. Sie brachte eine Besonderheit der Fotografie in Deutschland hervor, die bis in die Gegenwart erhalten blieb: Das Formale genießt Priorität, während sich das Bild des Menschen als Individuum unterordnet. Kühne Blickwinkel, neue Perspektiven, diagonale Bildaufrisse und Präzision entsprachen seiner innovativen Bildsprache. Stärker dürfte der deutsche Film, die expressionistische Variante, die fotografische Avantgarde angeregt und fasziniert haben, unter anderem die besondere dramatische Licht-Schatten-Regie. Film und Fotografie bedingten und beeinflussten sich in jeder Hinsicht, so dass sich die Fotografie, durch technische Perfektionierung, als erstes wirkli-
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ches Massenmedium entfaltete. Sie entwickelte eine eigenständige Ästhetik, durchlässig für gesellschaftliche Einflüsse und Träger populärer Züge. Demzufolge auch anfälliger gegenüber politischem Missbrauch in schillernd irritierender Vieldeutigkeit. Dies trifft auch auf die kulturelle Biegsamkeit der Fotografie zu, deren Horizont allgemeine gesellschaftliche Erwartungen bestimmen. Ein kommerzieller Erfolg bestimmt durchweg das Niveau und den zu vermittelnden Horizont. Somit verfügt die Fotografie in moralischer Hinsicht über eine „flexible Ästhetik“. „Während es einerseits durchaus zutrifft, dass kommerzielle Kunst immer Gefahr läuft, als Prostituierte zu enden, so trifft es auch andererseits zu, dass nicht-kommerzielle Kunst immer Gefahr läuft, als alte Jungfer zu enden.“ Erwin Panofsky, Kunsthistoriker Nichts desto trotz muss die fotografische Ästhetik als eine Mischung verschiedener Wahrnehmungsmuster gesehen werden und eröffnet damit das Vorhandensein einer „Deutschen Fotografie“, bei der die jeweilige deutsche Gegenwart eine beherrschende Rolle spielt: das Kaiserreich, der Weltkrieg, das Chaos nach der Niederlage, die unglückliche Weimarer Republik, der Nationalsozialismus, der Zusammenbruch nach der bedingungslosen Kapitulation des Reiches, die Teilung Deutschlands und der Wiederaufbau. Wenn Ähnlichkeiten und Korrespondenzen, soziale Entsprechungen und kulturelle Kontinuitäten sich ergeben und in fotografischen Aufnahmen manifestiert werden, erhalten in Deutschland aufgenommene Aufnahmen automatisch einen deutschen Glanz. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass ein ausländischer Fotograf trotz subjektiver Fremde seine Motive aus deutscher Sichtweise aufzeichnen kann. Der Fremde
verfügt darüber hinaus häufig über einen geschärften Blick, da er sich der fremden Umwelt ganz anders nähert. Wie fremd mag wohl die Wirklichkeit eines plötzlich republikanischen Deutschland nach der Katastrophe des ersten Weltkrieges auf Viele gewirkt haben? Eine Mischung von Gefühlen wie Enttäuschung, Wut und Verzweiflung erdrückte den zögernden Willen zu einem Neuanfang. Nichts war mehr wie es vorher war. Die vertraute Welt bürgerlicher Geborgenheit und kultureller Vielfalt war zerbrochen. Geistige Köpfe der Republik reflektierten und propagierten Verhaltensweisen der Kälte, die zum seelischen Schutz gegen die empfundene Schmach der Niederlage dienen sollte und das Individuum gegen jede Gefahr seelischer Verletzungen schützen sollte. Im Deutschland der Weimarer Republik schlingerte die Fotografie ständig zwischen ästhetischer Verführung und analytischer Sprödigkeit. Somit zeigt die Fotografie während der 20er und beginnenden 30er Jahre, als sie in Deutschland ästhetische Maßstäbe setzte, ein zweiteiliges Gesicht. Es kennzeichnete ein bisweilen angespanntes Verhältnis zwischen Form und Inhalt, einerseits durch die dramatische Beleuchtungstechnik einer expressivromantischen Fotografie und andererseits durch das konstruktivistisch-funktionalistische ästhetische Konzept des „Neuen Sehens“. Die markantesten Fotografien exponieren den Konfliktstoff, der sie prägt: der permanente Wechsel von individueller Physiognomie und kollektiven Typen. Die Faszination der Macht machte auch vor der Fotografie keinen Halt, an der sich eine unterschwellige und autoritäre Gesinnung herauspräpariert, die Rückschlüsse auf die deutsche Mentalität gestattet.
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Die Welt des schönen Scheins Mode und Verführung Zu Beginn des 20. Jahrhunderts begann man damit, Kleidung in Szene zu setzen, um sie ihrem handwerklichen Kontext zu entziehen und sie so besser verkaufen zu können. Man überführte sie in eine Idealwelt, deren Legitimität die Fotografie bestätigte. Die Modefotografie brachte eine kollektive Vorstellung hervor, die auf dem Bild beruhte, das sich die Gesellschaft von der Rolle der Frau machte. Entsprechend den jeweiligen ästhetischen Neuerungen und fotografischen Vorlieben, griff die Traumwelt der Verführung und der Schönheit nach und nach die Kunstgriffe der Optik, der Aktualität, des Realismus und der Imagination auf. In der Gesamtheit folgt die Modefotografie einer von bestimmten Strategien vorgegebenen Nachfrage nach Bildern und nicht dem freien Willen eines Individuums, denn das Bild soll vielmehr ein Kleidungsstück erfolgreich in den Handel bringen und es von seiner besten Seite zeigen. Die Frage nach einer bestimmten Sprache der Mode und die damit verbundene Präsentation eines Kleidungsstücks kennzeichnete die gesamte Geschichte der Modefotografie, ebenso wie das unbeständige, virtuelle und imaginäre Bild des weiblichen Körpers. Neue Sozialisationsformen und das Phänomen der großen Modeschöpfer verliehen der Mode ein neues Antlitz, das dem Status einer Kunstform gleichgestellt wurde. Die Höhen und Tiefen des sozialen und kulturellen Lebens prägten die Entwicklung der Modefotografie, die an einem Prozess kollektiver Verführung nach dem Vorbild des Sports und des Kinos beteiligt war, die als Freizeitbeschäftigungen oft ihre sozia-
le Referenz bildeten und ihre Geschichte umgaben. Als Auswirkung der menschlichen Individualisierung hat die Modefotografie in einer zugleich körperlichen und symbolischen Dimension ein spezifisches Bild der Weiblichkeit gezeichnet, dass durch die Verbreitung der Bilder in bedruckten Magazinen ein großes Publikum ansprechen konnte. Den Umgang mit dem Imaginären vertiefte die Modefotografie, indem sie die wirtschaftliche und technologische Realität der Kleidung hinter fiktionalen Projektionen zurücktreten ließ.
F. C. Gundlach „Als Modefotograf, der sich des aufzeichnenden Mediums für seine Inszenierungen bedient, muss der Fotograf ganz in seiner Zeit leben, denken und fühlen. Modefotografien sind immer Interpretationen und Inszenierungen. Sie reflektieren und visualisieren den Zeitgeist der Gegenwart und antizipieren denjenigen von morgen. Sie bieten Projektionsflächen zur Identifikation an, aber auch für Träume, Wünsche und Sehnsüchte. Und doch sagen Modefotografien mehr über eine Zeit aus, als Dokumentarfotografien, die vorgeben, Realität abgebildet zu haben.“ F.C.Gundlach1 Seine Faszination für die Fotografie, die er bereits als zehnjähriger entwickelte, verbreitete sich in der fotografischen Auffassung der Modefotografie des 20. Jahrhunderts in Deutschland. Sein journalistischer Stil findet sich unter anderem in den Arbeiten für Zeitschriften wie die „Brigitte“ wieder, für die er viele trendsetzende Modeteile fotografierte. Immer wieder setzen sich seine Fotografien mit gesellschaftlichen Phänomenen und aktuellen Strömungen auseinander,
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um das Verhältnis von Kreativität, Innovation und Akzeptanz im Gleichgewicht zu halten. Ein Frauenbild, das, in Pose, Gestik und Mimik in der Fotografie umgesetzt, gesellschaftlichen Entwicklungen gehorcht, ist ein wandelbarer Faktor, dem sich F. C. Gundlach annahm. Seine inszenierten Fotografien verstärken die Aussage seines abgebildeten Motivs durch eine raffinierte Licht-Schatten-Regie, deren Ursprung sich im Film wiederfindet. Ihm gelingt durch seine Formensprache, spezifischen Gestaltungselemente und mythischen Umgebungskomponenten eine außergewöhnliche ästhetische Qualität.
Helmut Newton Der beispielhafte Anblick von herausfordernd posierenden Frauen, die lediglich mit hochhackigen Schuhen oder anderen Fetischen wie Pelzen, Peitschen und Ketten bekleidet sind, wird meistens als irritierend empfunden. Die Bilder strahlen eine suggestive Gewalt aus, so augenscheinlich unaufhaltsam wie selbstbewusst und selbstverständlich. Doch der Beitrag Helmut Newtons zur Geschichte der Fotografie des 20. Jahrhunderts besteht nicht nur in der Provokation. Im Rückblick entpuppt sich der einst heftig umstrittene Fotograf als Prophet, denn seine Aufnahmen waren niemals Abbilder des Sichtbaren, dafür Zeugnisse einer obsessiven Wahrnehmung, die sich aus subjektiven Erfahrungen und Beobachtungen, verschütteten Erinnerungen und erotischen Wünschen, aus Verdrängungen und tabuisierten Gelüsten, verschwiegenen Ängsten und Zwängen speist. In den ausgefeilten Posen seiner Modelle, in der sorgfältigen Auswahl der Schauplätze und Gegenstände, in
der kontrastreichen Beleuchtung aus dem Film, in der absoluten Kontrolle der Inszenierung manifestiert sich eine eigene Welt. Schwankende Gefühle, die Webmuster sozialer wie psychischer Empfindungen, Sehnsüchte und Bedürfnisse schaffen eine eigenständige ästhetische Wirklichkeit. Unter dem Glamour seiner fotografischen Welt findet sich jedoch oft auch die Melancholie. In seinen Fotografien wird deutlich, dass er die Lust zu sehen und gesehen zu werden zum Gegenstand der Fotografie erhob.
Horst P. Horst In seiner Modefotografie fassen Formelemente wie Gegenlichtkontraste oder die Dreivierteleinstellung Fuß und verleihen damit seinem Werk den spielerischen Charakter einer visuellen Unterhaltung. Im Spiel mit der Illusion verlieh er den Zeichen der Verführung den Anschein einer fremden Übernatürlichkeit und verwandelte seine Motive in eine Welt der Verzauberung. Kaum wunderlich das ihn der Einfluss des Surrealismus dazu anspornte. Das Mainbocher Corset ragt unter all seinen Bildern heraus, zumal es einen Wendepunkt in seinem Leben markierte. Es ist die letzte Aufnahme, die er vor Ausbruch des Krieges erstellen konnte. „Die Fotografie hatte etwas Eigenes - für mich ist es die Quintessenz jenes Augenblicks.“ Horst P. Horst2
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Das Neue Sehen und die Neue Fotografie Erst nach dem Ende des Ersten Weltkrieges, der die „Kunst“ erschütterte, konnte sich die Fotografie als künstliches Ausdrucksmittel etablieren. Dies galt vor allem für Deutschland im Kontext des Konstruktivismus. Das Neue Sehen wollte die moderne Welt jenseits der alten Darstellungskonzepte begreifen. Die Neue Sachlichkeit führte ein mustergültiges Bild der Technik ein, das einheitlich entpersonalisiert war. Diese Ideen, die jeweils an die Anforderungen der Medien und an die nationalen Besonderheiten angepasst wurden, begann die Neue Fotografie in Form von sich wiederholenden Stilfiguren zu verbreiten: Aufsicht, Untersicht, Schrägsicht, Nahaufnahmen und Objektfragmentierung. Die Tatsachen der neuen modernen technischen Welt galten von nun an als bedeutende Faktoren des sozialen Lebens. Die Wahrnehmung der sozioökonomischen Umwälzung erforderte somit eine neue Konzeption der Fotografie, wobei es vielmehr um die Realisation des Lebens und der Gesellschaft selbst ging.
Albert Renger-Patzsch Mit seinem präzisen und auf unverfälschte Wiedergabe von Form, Material und Textur abzielenden Aufnahmestil wurde Albert Renger-Patzsch gerade zum Synonym für die Fotografie der Neuen Sachlichkeit in Deutschland. Er verstand seine Bilder in erster Linie als eine Art Kampfansage gegen den
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künstlerischen Übereifer und fühlte sich berufen, die Fotografie von allen Hervorbringungen zu befreien, die seinen technischen Voraussetzungen entgegenliefen. Nach seiner Ansicht soll die Fotografie das Wesen der Dinge einfangen und sich auf die technisch präzise Sachlichkeit der Wirklichkeit konzentrieren. Mit dieser Auffassung wurde Albert Renger-Patzsch zum unkonventionellen Vorbild, der vehement gegen alle artifiziellen Einflüsse stritt und seinen Blick mit kühler Präzision und Tiefenschärfe auf den Materialismus der modernen Welt richtete. „ Überlassen wir daher die Kunst den Künstlern, und versuchen wir, mit den Mitteln der Fotografie Fotografien zu schaffen, die durch ihre fotografische Qualität bestehen können.“ Albert Renger-Patzsch In einer umfangreichen fotografischen Dokumentation des Ruhrgebiets widmete er sich mit veristischer Klarheit den Werkbänken und Fließbändern, den Zentren der Massenfabrikation und den Endmoränen des Ruhrgebiets mit den weidenden Kühen und rauchenden Fabrikschloten. Seine Landschaftsaufnahmen, in denen er sich gesondert Bäumen und Steinen widmet, brechen mit der Tradition der Auseinandersetzung mit der Natur. Erhabenheit durchzieht die Aufnahmen deutscher Wälder, die den Blick des Architekturfotografen ins Licht setzt und von einer inneren Ordnung zeugt, der Beziehung zueinander. Seine Fotografien bilden die Grundlage der modernen Fotografie.
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Zeitzeugen - Das Engagement des Fotojournalismus Der Fotojournalismus entsteht Anfang des 20. Jahrhunderts. Seine Entwicklung war unlösbar mit der Expansion der Printmedien und dem Aufkommen bedienungsfreundlicherer Fotoapparate verbunden. Er führt die Verbrechen der Menschlichkeit vor Augen und beweist das Unglaubliche anhand des fotografischen Bildes. So prägt sich eine fotografische Sprache des Unglücks, eine mit Bildern geschilderte Geschichte der Tragödien, die bis zur spontanen Anteilnahme reicht. Die Widersprüche der Gewalt in der Gesellschaft lassen den Fotografen protestieren, er deckt die Scheinheiligkeiten auf und klagt die Willkür der Gewalten an. Spielt aber heute, im Zeitalter des Kampfs zwischen den einzelnen Medien, die einfache Klarheit einer Fotografie überhaupt noch eine Rolle?
Alfred Eisenstaedt Als einer der bekanntesten Bildjournalisten der 20. Jahrhunderts entspricht Alfred Eisenstaedt aufgrund seiner Mobilität der Idealvorstellung eines Fotoreporters, der, stets einsatzbereit, am Puls der Zeit die Geschehnisse wahrnimmt, gleich ob es sich um Prominente, politische Ereignisse oder die Natur handelte. Auf bestimmte Sujets spezialisierte er sich fotografisch nie. Seine Arbeiten präsentieren eine natürliche Ungezwungenheit im Umgang mit Mensch und Material. Um die Authentizität der Situationen zu erhalten, arbeitete Alfred Eisenstaedt bevorzugt mit vorhandenen Lichtverhältnissen, hochempfindlichem
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Filmmaterial und offener Blende. Dies ermöglichte ihm die Diskretion und Flexibilität, die seine Kamera zu seinem mechanischen Auge werden ließ. Während eines transatlantischen Fluges des Luftschiffes „Graf Zeppelin“ nach Rio de Janeiro musste ein Schaden an der Außenhülle repariert werden, von dessen Geschehen Alfred Eisenstaedt Aufnahmen machen durfte. Die Faszination dieses Wunderwerks der Technik, das immer wieder für einen Zeitungsbericht gut war und daher auf Reisen von namenhaften Fotografen wie Alfred Eisenstaedt begleitet wurde, machten sich auch die Nationalsozialisten zunutze. So war „Graf Zeppelin“ 1933 eine Attraktion des Reichsparteitages der NSDAP und, ausgestattet mit einem riesigen Hakenkreuz an den Stabilisierungsflächen, wurde sie auf ihren Reisen durch die Welt als Fortschrittssymbol des Dritten Reiches zu Propagandazwecken missbraucht. Erst die Explosion des Nachfolgers bereitete den Propagandaträumen ein Ende.
Wer sehen kann, kann auch fotografieren. Sehen lernen kann allerdings lange dauern.
-Werbespruch der Leica-AG
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Quellenverzeichnis 1
F. C. Gundlach-Rede zur Eröffnung der Ausstellung F. C. Gundlach. Das fotografische Werk im MartinGropius-Bau Berlin, 19. November 2009
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Horst P. Horst-Valentine Lawford 1984
Ang, Tom, 2006, Kompakt und visuell - Fotografie. Starnberg: Dorling Kindersley Verlag GmbH Brauchitsch, Boris von, 2002, Kleine Geschichte der Fotogarfie. Stuttgart: Phillipp Reclam jun. GmbH&Co., erschienen in Zusammenarbeit mit ARTE Deutschland TV GmbH Steinorth, Karl, 1987, Edition Photographica - Photographen der 20er Jahre, (Sonderausgabe). Gütersloh: Prisma Verlag GmbH Baatz, Willfried, 2003, 50 Klassiker Photogaphen Von Louis Daguerre bis Nobuyoshi Araki. Hildesheim: Gerstenberg Verlag Kunst- und Ausstellungshalle der Bundesrepublik Deutschland GmbH, 1997, Deutsche Fotografie Macht eines Mediums 1870-1970, (Katalogbuch). Köln: DuMont Frizot, Michel, 1998, Neue Geschichte der Fotografie. Köln: Könemann Verlag GmbH Stephan, Peter, 1999, Fotografie! - Das 20. Jahrhundert. München: Prestel
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