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aufbrechen“ übersetzen
Der Ukraine-Krieg und der Elisabethkorb...
Mein Name ist Oleksandra.
„Unsere ganze Familie ist aus Kiew geflohen, als es da noch bedrohlicher war, als im Augenblick. Deutsch spreche ich so gut, weil ich es beruflich brauchte, ich war Juristin bei einer Bank.
Unsere Tochter, 16, bekam kurzfristig in Halle einen Platz zur Vorbereitung auf ein Studium, ich freue mich, sie bald wiederzusehen, wegen der vollen Züge durch das 9 Euro-Tickets hat sie sich nicht getraut, einen großen Koffer mitzunehmen und holt nun ihre warmen Sachen. Unser Sohn hat es sicher am leichtesten: er ist 11, besucht das Gymnasium und geht in einen Sportverein, er fühlt sich sehr wohl! Wir haben zuerst in der Siegstraße gewohnt und dort sehr nette, hilfsbereite Menschen kennengelernt. Wir haben neulich mit ihnen dort das Straßenfest gefeiert! Es war richtig schön! Das kennen wir so nicht in der Ukraine, dass man die Bänke auf die Straße stellt und feiert.“
Das bedeutet ihr viel, denn die Kinder haben viel Schreckliches miterlebt. Oft hockten sie im Keller, hörten die Panzer durch die Straßen rollen und die Schusssalven niedergehen. „Das ist nicht gut für Kinder. Der Krieg wird noch dauern. Wir sind froh, dass unsere Kinder hier die Chance haben, ganz normal zur Schule zu gehen, etwas zu lernen.“ Sie selbst versucht, ihr Juraexamen hier anerkennen zu lassen: „Das ist ein Weg, der mehrere Monate braucht.“
Sorgen macht sie sich um ihre Eltern, insbesondere die Gesundheitsversorgung könnte im Zweifelsfall problematisch sein, denn die Zivilbevölkerung wird nachrangig versorgt. Im Sommer konnten sie für ein paar Tage nach Köln kommen, sich endlich wieder einmal in die Arme nehmen. „Aber sie wollen zuhause bleiben, ich verstehe das! Auch wir hoffen auf eine Rückkehr.“
Andrea Bochenek ist seit einigen Jahren beim Elisabethkorb engagiert. Freitags um 14 Uhr am Jugendhaus in Weiß nimmt das Team die Lieferungen der Tafel entgegen, sichtet die Spenden, die über die Sammelkörbe in unseren Kirchen dazukommen. In großen Plastikkörben werden die Lebensmittelsortimente für die angemeldeten Familien und Alleinstehenden vorbereitet. Sachen, die abgelaufen, angebrochen oder verdorben
sind, werden aussortiert. Bei 4 Teams ist man einmal pro Monat dran, so wird es nicht zu viel. Bis in den Abend hinein ist einiges zu tun. Dennoch: „Es macht viel Freude. Zum einen werden Lebensmittel sinnvoll weiterverwertet, die sonst auf den Müll kämen, zum anderen erleichtert es vielen Menschen, sich gesund zu versorgen.“ Und sie ergänzt: „Die Begegnungen finden auf Augenhöhe statt.“ Respektvoller, freundlicher Umgang miteinander prägt das Geschehen. Über 60 Familien sind in der Liste geführt; durch die vielen ukrainischen Menschen hängen sie seit März 2022 eine Extraschicht an, mit der sie weitere 35 Familien unterstützen. „Und wir freuen uns mit, wenn jemand sich abmeldet, weil die materielle Situation sich verbessert hat. Manche kommen extra vorbei, um sich zu bedanken!“ Allerdings erleben sie in der aktuellen Situation, dass Familien sich erneut anmelden, weil das endlich erreichte eigene Einkommen nun hinten und vorne nicht mehr reicht. „Wir sind deshalb dringend weiterhin auf Spenden angewiesen.“ „Keiner soll in unserem Stadtteil hungern müssen! Das ist einfach unnötig!“
Wiltrud Merkens-Goertz interviewte Andrea Bochenek