DAS MAGAZIN FÜR CHINESISCHE SPRACHE UND KULTUR CN10-1188/C deutsch-chinesische Ausgabe | zweimonatlich
字 谜
Schriftzeichenrätsel
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Unser Tipp: Denken Sie um die Ecke, nehmen Sie ruhig alles wörtlich und vor allem: Immer mit Geduld!
Die Lösung finden Sie auf Seite 81.
百 减 一
yì bǎi jiǎn yī
Wörtlich: Ein hundert minus eins
Vielfalt gewünscht
In diesem Magazin wird die Inklusion aller Geschlechter angestrebt und zugleich soll die deutschsprachige Realität unterschiedlicher Formen des Genderns abgebildet werden. Den Autorinnen und Autoren bleibt es überlassen, ob und wie sie gendern.
Das Magazin Konfuzius Institut gibt’s auch auf WeChat zu lesen. QR-Code scannen und los geht’s:
nter einem »Dorf« versteht man in China und Deutschland unterschiedliche Dinge. Eine »Stadt« hat in China einfach andere Dimensionen. Stammt man etwa aus einer deutschen Kreisstadt mit 20 000 Einwohner:innen, würde man in China erzählen, man sei in einem Dorf aufgewachsen. Dafür verwendet man dann das Wort nóngcūn 农村 und bezeichnet sich selbst als Dörfler:in, nóngcūn rén 农村人 . Das Titelthema dieses Heftes behandelt mit xiāngtu ˇ Zhōngguó 乡土中国 einen weiter gefassten Begriff, den wir mit »Ländliches China« übertragen. Xiangtu bedeutet lokal, heimatlich, auch Heimaterde – so etwa wie im Ausdruck xiāngtuˇ yīnyuè 乡土音乐 , Heimatmusik. Es handelt sich um eine abstraktere Vorstellung von ländlicher Herkunft der chinesischen Gesellschaft. Das gilt auch oder gerade trotz der enormen Urbanisierung, die besonders in den letzten vierzig Jahren in China stattfand. Xiangtu meint ein Gefühl von Heimatverbundenheit, das mit lokalen Bräuchen und Traditionen einhergeht. Mit dieser Ausgabe versuchen wir, diesem Gefühl nachzuspüren.
Im Straßeninterview fragen wir Städter:innen nach ihren Vorstellungen vom Leben auf dem Land. Liang Meng vermittelt Einblicke in die dortige Digitalisierung, die nicht nur in Quantität, sondern auch in Qualität ein gehöriges Ausmaß angenommen hat.
Über Erde als Sedimente spricht Shi Yonghui und erklärt die grundlegende Beschafenheit von Böden in China und ihre Ressourcennutzung seit Beginn des Ackerbaus vor 7000–8000 Jahren bis heute.
In Nordchina begegnen wir einem Volk, bei dem sich alles um Fischhäute dreht und in Zhejiang erkunden wir architektonisch spannende Gästehäuser. Zwei Reisende berichten von ihrer Begegnung mit der regionalen Basketballliga »Village BA« in Guizhou. Sie wurde ins Leben gerufen, um die Dorfrabauken zu beschäftigen, und ist mittlerweile ein großes Live-Spektakel auf Douyin (TikTok), dem Millionen Begeisterte zuschauen.
Gesellschaft: Einblicke in die digitale Transformation im ländlichen China 社会: 乡土中国数字转型之掠影
Liang Meng 梁萌
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Wissenschaft: Bodenressourcen in China –Merkmale und Herausforderungen 科学:中国土壤资源的特点与挑战
Shi Yonghui 师永辉
Huang Yiwei 黄义伟 22
Bericht: Die »Zehn Klänge und Acht Melodien« von Puxian: Tradition trifft auf Moderne 报道:莆仙十音八乐:传承与创新的民间艺术之路
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Unterwegs: »Village BA« in vollem Gange: Mal hören, was die Einheimischen dazu sagen!
路上: 热火朝天的“村BA”——听听当地人怎么说
Qian Qi & Liu Qinyun 钱淇 刘沁昀
Kultur: Das geheimnisvolle »Fischhautvolk« – Die Hezhe 文化:神秘的“鱼皮部落”——赫哲族
Song Yuchan 宋雨潺
Reportage: Gemeinsamer Wohlstand durch Förderung des ländlichen Raums 报道:助农兴村,携手致富
Chen Chen 晨晨
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Trend: Beliebte Gästehäuser in Zhejiang 趋势:火爆“出圈”的浙江民宿
Bai Chake 百茶客
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Kultur: Die Neujahrsbräuche der Hakka: In tiefer Verbundenheit zur Heimat 文化:客家年俗:对故土的眷恋
Zhang Qiong 张琼
Tradition: Die historischen Dörfer Guizhous: Ein Schatz der kulturellen Vielfalt 传统:寨子文化——贵州的民俗风情
Mo Shangchen 陌上尘
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Teil1 之一
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Kalligrafie: Ein Streifzug durch die chinesische Kalligrafie (Teil 1) – Die Kunst der Striche, Linien und Pinselführung 书法:中国书法漫谈(之一)——笔画、线条与笔法 的艺术
Huang Jianqin 黄健秦
Hao Chi!: Geschmorter Schweinebauch 好吃!:红烧肉
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Chinesisch 汉语学习
• Chinesisch einfach erklärt 简说汉语
• Chinesischer Netzjargon 汉语中的网络热词
• Klassenzimmer 汉语课堂
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Teil 1 之一
Chinesisch als Fremdsprache: Anregungen für die Vermittlung von Grammatik im ChaF-Unterricht, Teil 1 国际中文教育:如何教语法?——浅谈国际中文课堂 中的语法教学 (之一)
Zhao Ying 赵莹
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Ohrwurm: Ein »Duft von Äpfeln« liegt in der Luft 耳虫:《苹果香》香飘四方
HSK-Termine 汉语水平考试时间表
Kalender 日历 80
Impressum 版权说明 81
Cool bleiben, es wird heiß! 冷静一下,这里很热!
Tief in den Bergen Sichuans, irgendwo im Nirgendwo bei Liangshan fließt in einem engen Tal 40 Grad heißes Wasser die Felsen hinab. Der »Luoji 99 Meilen Hot Spring« ist ein Paradies für alle, die gern in heißen Quellen baden. Die Berge ringsum sind dicht bewaldet, prächtige Moose und Farne gedeihen hier – Dschungelfeeling kommt auf. Es sind dutzende Quellwasserfälle, die auf mehreren hundert Metern Breite angenehm temperiert ins Tal rauschen. Manche der Pools sind gut frequentiert, angelegt und groß. In den kleineren, naturbelassen Felsbadewannen ist man eher unter sich. Sie sind über Treppen und Stiegen zu erreichen, durch schmale Felsspalten, einige sogar nur tauchend. Manche sind unter dem Wasserfall versteckt. Das Baden in den Quellen soll gesund sein, denn die hohe Sauerstoffkonzentration im ganzen Tal wirkt stimulierend auf das Immunsystem, reinigend auf die Atemschleimhäute und allgemein vitalisierend.
In der Rastlosigkeit des urbanen Lebens sehnen sich immer mehr Menschen nach Natur und Ruhe auf dem Land. Für diese Ausgabe der Straßeninterviews haben wir verschiedene Stadtbewohner:innen dazu befragt, welche Sehnsüchte und Vorstellungen sie zum »Landleben« hegen. Woher stammen Sie? Wie würden Sie sich das Leben auf dem Land vorstellen, wenn Sie selbst dort leben würden?
Li Muyi, Schülerin in Peking, 15 Jahre 李沐怡,北京人,15岁,学生
Als Schülerin, die in der Stadt groß geworden ist, stelle ich mir das perfekte Leben auf dem Land friedlich, erfüllend und voller Freude vor. Weit entfernt vom Lärm der Stadt kann man dort die Gaben der Natur genießen. Ich würde mir dort mein »kleines Reich« bauen, eine Hütte inmitten einer Wiese, wo ich vom Fenster aus in die Landschaft schaue, und überall Blumen blühen, die ich mag. Morgens weckt mich Vogelgezwitscher und abends schlafe ich unter dem Sternenhimmel ein. Ich könnte dort eine innere Ruhe f nden, die in der Stadt schon lange verschwunden ist.
Gu Lunxi, Stadtteilarbeiter in Peking, 40 Jahre 顾伦西,北京人,40岁,社区工作者
Ich bin in Peking aufgewachsen und kenne das Landleben kaum. Allerdings bin ich gerne draußen und genieße den langsamen Rhythmus der Natur, der so ganz anders ist als in der Stadt. Ich f nde, dass das Leben auf dem Land im Einklang mit der Natur eine gute Ergänzung zum Leben in der Großstadt ist. Wenn Stadtbewohner:innen an den Wochenenden aufs Land fahren und dort verschiedenen Aktivitäten nachgehen, um den »Bürogeruch« loszuwerden, dann tun sie gleichzeitig etwas für die ländliche Wirtschaft und steigern die Einkommen der Landbewohner:innen – Win-win. Wenn ich von meinen Bedürfnissen ausgehe, dann brauchen die ländlichen Regionen gute Verkehrsanbindungen an die Städte, die ökologische Umwelt in den Dörfern muss verbessert werden und es sollte mehr Gasthöfe unterschiedlicher Kategorien geben und gleichzeitig sollten eine andere Atmosphäre und ein anderer Lebensstil als in der Stadt erhalten bleiben.
Ich komme aus Haila’er in der Inneren Mongolei. Nach meinem Master- Abschluss im Jahr 2004 bin ich von Hangzhou nach Peking gezogen und lebe und arbeite seitdem hier. Wenn Leute hören, dass ich aus der Inneren Mongolei stamme, denken sie oft, ich hätte meine Kindheit auf dem Pferderücken in den Steppen von Hulunbei’er verbracht, aber das ist ein Fehlschluss, denn ich bin in einer urbanen Umgebung aufgewachsen. Aber auch wenn ich in der Großstadt Peking lebe, sehne ich mich manchmal nach gewissen Szenerien des Landlebens. Mich reizt am meisten eine Art von Ruhe und Einfachheit, die in meiner Vorstellung existieren, was aber vielleicht gar nicht stimmt. Wenn wir die materielle Versorgung, die das Stadtleben bietet, nicht mehr hätten, bin ich nicht sicher, ob ich lange auf dem Land leben könnte.
Sun Yuqi, Universitätsdozentin aus Haila’er in der Inneren Mongolei, 46 Jahre 孙玉琦,内蒙古海拉尔人,46岁,大学教师
Ich bin in der Stadt aufgewachsen und habe nie auf dem Land gelebt. Deshalb mag ich das Leben in der Stadt lieber oder bin einfach daran gewöhnt. An den Wochenenden gehe ich zum Beispiel gerne tanzen und spiele Fußball mit meinen Kollegen. Deshalb mache ich selten Ausflüge in die Außenbezirke von Peking, das Landleben ist für mich einfach zu ruhig. Andererseits ist der Lebensrhythmus in den Städten heutzutage wirklich etwas zu schnell, und das Gefühl, unter zu viel Druck zu stehen, kann überhandnehmen. Ich denke, ab und zu ein paar Tage auf dem Land zu verbringen, könnte helfen, den Stress abzubauen.
Als ich in Rente ging, bin ich von Wenzhou nach Peking gezogen, um mich um meine Enkelin zu kümmern. Als ältere Person habe ich tatsächlich Sehnsucht nach einem Leben auf dem Land, und das sieht idealerweise so aus: Erstens sollte das Wohnumfeld angenehm sein, ein Häuschen mit einem Hof, wo man Blumen und Gemüse anbauen, ein paar Hühner halten und in der Sonne sitzen und mit anderen plaudern kann. Zweitens sollte es freundliche Nachbarn geben, die sich im Notfall gegenseitig helfen. Und drittens müssen Einrichtungen für ältere Menschen vorhanden sein, wie eine umfangreiche medizinische Versorgung, Pflegeheime und Geschäfte für den täglichen Bedarf.
Einblicke in die digitale Transformation im ländlichen
eit mehreren Jahren schon durchläuft China eine Phase der Transformation und industriellen Neuausrichtung: Neue Technologien, Digital Economy und eine politische Strategie zur Wiederbelebung des ländlichen Raums wirken dabei zusammen, um neue Chancen für zahlreiche Regionen zu schafen. Auf der einen Seite durchbricht die Hyperkonnektivität digitaler Technologien zeitliche und räumliche Barrieren, mit denen diese Regionen – insbesondere abgelegene und wenig entwickelte Gebiete – früher konfrontiert waren, und fördert so Frequenz und Komfort des Austauschs von Informationen, Personal und Produkten. Auf der anderen Seite hat der Fortschritt in den Großstädten einen Punkt erreicht, an dem eine steigende Zahl junger Menschen bestimmte Aspekte des urbanen Lebensstils infrage stellt. Diese kehren stattdessen in ihre Heimatorte zurück und tragen dort als wichtige Humanressource zur ländlichen Entwicklung bei. Innerhalb dieses Rahmens entstehen im ländlichen China aus traditionellen landwirtschaftlichen Modellen digitale Entwicklungsmodelle, die zudem mit der Zeit ganz neue Dimensionen und Eigenheiten annehmen.
Da China ein dermaßen großes Land mit einer Vielzahl unterschiedlicher Regionen und einer Vielfalt an Brauchtum und Lebensweisen ist, vollzieht sich die digitale Transformation der ländlichen Gebiete auf jeweils ganz spezif sche Weise. Neben dem bereits gut eingeführten Modell von E-Commerce für Agrarprodukte und der Digitalisierung landwirtschaftlicher Produktion existiert eine große Anzahl neuer Entwicklungsmodelle, die auf digitalen Technologien und Plattformen basieren. Beispielhaft seien hier drei solcher Modelle
vorgestellt, mit denen sich einige Trends der digitalen
Transformation des ländlichen China aufzeigen lassen –denn das große Ganze spiegelt sich in den Details.
NESTED MARKETS:
VIRTUAL COMMUNITIES VERBINDEN KLEINBÄUERLICHE HAUSHALTE MIT VERBRAUCHER*INNEN IN DER STADT
Seit jeher wird die zentralchinesische Ebene als das Herz landwirtschaftlicher Kultur in China gesehen, die Landwirtschaft ist hier der wichtigste Wirtschaftssektor. In der Vergangenheit durchlief die Kommodifzierung landwirtschaftlicher Produktion einen langwierigen Prozess, innerhalb dessen eine Vielzahl an Zwischenhändler*innen und zusätzlicher Glieder in der Vermarktungskette die Stellung von Landwirt*innen auf dem modernen Markt schwächte – von Kleinbauern und -bäuerinnen ließ sich also ein angemessener Erlös für ihre Arbeit nur recht schwer erzielen. Mit besonderem Augenmerk auf dieser Problematik forschte ein Team der China Agricultural University um Professor Ye Jingzhong mehrere Jahre lang im Landkreis Yixian der Provinz Hebei an dem Modell der Nested Markets: Dieses Modell, das sich mit einem Netzwerk mit Wabenstruktur vergleichen lässt, verbindet Kleinbauern- und bäuerinnen direkt mit urbanen Verbraucher*innen. Der Fokus des Konzepts liegt auf der direkten Verbindung, die zwischen Erzeuger*in und Verbraucher*in hergestellt werden kann. Konkret bedeutet dies, dass Agrarerzeugnisse, tierische Erzeugnisse und ande -
re Produkte kleinbäuerlicher Hofwirtschaft, die sich zuvor nur schwer vermarkten und verwerten ließen, inspiziert, klassifiziert und sortiert werden, um einen Preiskatalog zu erstellen. Diese Preisliste wird anschließend für virtuelle Zusammenschlüsse von Verbraucher*innen in WeChat-Gruppen veröffentlicht, die ebendort auch bestellen. In dieser Form des App- und Chat-Commerce werden auch die Kleinbäuerinnen und -bauern selbst in die Virtual Community der Chatgruppe aufgenommen, sodass in jeder Phase – Produktion, Kontrolle, Transport und Konsum – reibungslose, direkte Kommunikation zwischen Erzeuger*in und Ver -
braucher*in ermöglicht wird. In den Chatgruppen werden nicht nur Preis- und Produktinformationen geteilt, sondern auch die Geschichten der Hersteller*innen, die hinter den Waren stehen, um Verständnis und Vertrauen der Konsument*innen in die landwirtschaftlichen Produzent*innen und ihre Produkte zu steigern. Für die Landwirt*innen selbst bedeutet dies gleichzeitig eine potenzielle Einkommenssteigerung und Expansion von Einkommensquellen.
Hinter den virtuellen Communities in den Chatgruppen stehen engagierte Bäuerinnen und Bauern.
Mit kleinen Festen, Märkten und Informationsveranstaltungen tritt das Dorf Xinzhuang bei Peking mit den Großstädtern in Interaktion. Diese kaufen zunehmend regionale Produkte und unternehmen Ausflüge aufs Land. 在北京近郊的新庄村,小型节庆、集市和信息交 流活动成为城乡互动的纽带。越来越多的城市 居民喜欢购买这里的农产品,感受田园风光与乡 土人情
WANGHONG-DÖRFER: INFLUENCER-MARKEN KURBELN
LANDWIRTSCHAFTLICHE PRODUKTION UND ZUSÄTZLICHE
DIENSTLEISTUNGEN AN
In der digitalen Wirtschaft ist Traffic die wichtigste Wettbewerbsressource für die Entwicklung und Rentabilität einer Wirtschaftseinheit. Die ländlichen Regionen Chinas mögen ausgesprochen reich an solchen Ressourcen sein, die sich als wirtschaftliche Grundlage für den Tourismus eignen. Doch der Zugang zu Informationen ist oftmals eingeschränkt, der Wettbewerb ist hart und die Anzahl der Reiseziele, die sich letzten Endes tatsächlich großer Beliebtheit erfreuen, ist beschränkt. Besonderheiten des digitalen Zeitalters wie Influencer-Marken bzw. -Content und der Wettstreit um Trafc und Reichweite schafen hier vor allem für vielseitige und unkonventionelle ländliche Gemeinschaften neue Möglichkeiten, ihre touristischen Merkmale auszuloten, zum Vorzug zu bringen und zu vermarkten. Das Dorf Xinzhuang im Randgebiet von Peking, ein gewöhnliches Dorf in der weit abgelegenen Vorstadt, organisiert beispielsweise eine Vielzahl von Veranstaltungen wie Wochenendmärkte und Aktivitäten mit Fokus auf Themen wie Bio-Lebensmittel und Mülltrennung, die unter urbanen Konsument*innen große Beachtung f nden. Die Arbeit der Gründerinnen dieser Initiative sowie die Reichweite digitaler Technologien junger Rückkehrer*innen ermöglichten es dem Dorf zudem, Exklusivmerkmale zu schafen und zu vermarkten und sich als wichtiges Ziel für Wochenendaus-
flüge für Konsument*innen aus der Hauptstadt zu etablieren. Sobald diese Aktivitäten einen gewissen Umfang und Einfluss erreicht hatten, machte sich das Dorf außerdem daran, seine Ressourcen erneut zu bündeln: Kulturelle Elemente des Dorflebens wurden neu gestaltet – dazu gehörte die Einrichtung eines Museums der Dorfgeschichte und einer Einkaufsstraße für den Wochenendmarkt, die durch die Unterstützung des längerfristigen Verbleibs bestimmter Händler*innen entstand – und das Ausmaß der Monetarisierung von bestehendem Trafc ausgeweitet. Dies geschah nicht nur durch den Verkauf landwirtschaftlicher Produkte, sondern auch durch die Entwicklung neuer Kombi nationen von Landwirtschaft und Tourismus wie beispielsweise Ernte-Tourismus und Selbsternte, Vor- OrtBesichtigungen und andere Geschäftstätigkeiten der bäuerlichen Haushalte für ihre jeweils spezifischen Zielgruppen. Mit Hilfe von Online-Plattformen hat Xinzhuang als Teil der Digital Economy so eine eindrucksvolle Wandlung vollzogen und sich zu einem Influencer- Dorf entwickelt, zu einer Marke an der Schnittstelle zwischen Landwirtschaft und Tourismus mit einem deutlichen Alleinstellungsmerkmal.
Ein weiteres Modell ländlicher Entwicklung in China ist die Urbanisierung auf Kreisebene, von Bai Meifei auch als »Zuhause zwischen Stadt und Land« beschrieben. Konkret wird hier auf Lebens- und Erwerbsmodelle ländlicher Familien Bezug genommen, die sowohl auf dem Land als auch in der Stadt leben und arbeiten. Junge Menschen auf der Suche nach einem modernen Lebensstil zieht es in die Provinzstädte, diese kehren jedoch regelmäßig aufs Land zurück, um dort ihre Eltern zu besuchen und zu pflegen. Die Elterngenera tion selbst verbleibt in den ländlichen Regionen und geht dort wie eh und je der landwirtschaftlichen Arbeit
nach, zieht aber wiederum temporär in die Städte zu den Kindern, wenn diese Unterstützung bei der Betreuung der Enkelkinder benötigen. Die Kreisregionen werden so zu wichtigen Orten der Niederlassung für die ländliche Entwicklung, Beschäftigung und Lebensgestaltung junger Menschen. Dieses Erwerbsmodell ist unter anderem insofern hilfreich, da es eine Möglichkeit aufzeigt, wie das Modell der räumlichen Trennung von Arbeit und Familie, das seit der Industrialisierung durch Arbeitsmigration entstanden ist, zu überwinden ist. Damit ließen sich strukturelle Herausforderungen wie die Problematik der »zurückgelassenen« Kinder und älteren Menschen lösen. Die Erwartungen, die junge Rückkehrer*in nen in Bezug auf ihr Leben in den ländlichen Gebieten hegen, lassen sich jedoch nicht immer erfüllen – denn in manchen Kreisregionen reicht die wirt schaftliche Entwicklungsdynamik dazu einfach nicht aus.
Das »AI dòu jìhuà«-Programm zielt darauf ab, familienfreundlichere Lebensmodelle zu schaffen.
Die Anerkennung von Herausforderungen dieser Art und der sehr reale Expansionsdrang der Digital industrie waren in diesem Zusammenhang Auslöser für ein gemeinnütziges Projekt von Ant Financial in Kooperation mit der China Women’s Development Foundation: Mit dem Ziel, strukturschwache Landkreise in Zentral- und Westchina bei der Überwindung immer noch bestehender Barrieren zu unterstützen sowie um die digitale Ökonomie zu stärken und die Ausbildung von Fachkräften mit Grundlagen kompetenz in digitalen Technologien zu fördern, wurde das Programm »AI dòu jìhuà « (AI 豆计划 ),
wörtlich: KI-Bohnen-Programm, lanciert. Dieses Projekt schaf t gut bis sehr gut entlohnte Arbeitsplätze für Rückkehrer*innen, die sich durch die Vermittlung digitaler Kompetenzen und eine arbeitnehmerfreundliche Unternehmenskultur auszeichnen. Besonderes Augenmerk wird dabei auf ein familienfreundliches Umfeld und die trefsichere Unterstützung der Bedürfnisse von Frauen gelegt, die sich in den ländlichen Regionen mit größeren Herausforderungen konfrontiert sehen – all dies mit dem Ziel, jungen Menschen, die das wichtigste Humankapital für die Entwicklung und Wiederbelebung des ländlichen Raums darstellen, die Rückkehr in ihre Heimatregionen auf nachhaltige Weise zu ermöglichen. In weiterer Folge zielt das Projekt darauf ab, ein nachhaltiges Entwicklungsmodell zu schafen, indem die geförderten Unternehmen nach und nach in die Lage versetzt werden, selbstständig zu agieren und dabei auch einen angemessenen Gewinn zu erzielen.
Die oben beschriebenen Modelle bef nden sich noch im Entwicklungsstadium, zahlreiche damit in Zusammenhang stehende Probleme warten noch darauf, gelöst zu werden. Dazu gehören unter anderem die Fragen, wie sich die kollektiv generierte Reichweite von InfluencerDörfern so verteilen lässt, dass einzelne Landwirt*innen davon proftieren und die Reichweite auch in Einnahmen verwandeln können, aber auch das Spannungsverhältnis zwischen Standortvorteil und struktureller Schwäche, in dem sich die Digitalbranche in ländlichen Regionen als unteres Glied der globalen Wert-
schöpfungskette wiederf ndet. Es bleibt zu hofen, dass die einst so stille Dorflandschaft mit dem Tempo des digitalen Zeitalters Schritt hält, dass sie sich weiterentwickelt und angesichts neuer Herausforderungen daran festhält, nicht passiv die Kosten industrieller Entwicklung zu schultern, sondern stattdessen als aktive Spielerin die digitale Dividende strategisch für sich in Anspruch zu nehmen.
Liang Meng ist Dozentin am College of Humanities and Development Studies der China Agricultural University und von September 2024 bis September 2025 Gastwissenschaftlerin am MaxPlanck-Institut für ethnologische Forschung in Deutschland.
Bodenressourcen in China 中 国 土 壤 资 源 的 特
点 与 挑 战
Merkmale und Herausforderungen
Text / 文 : Shi Yonghui 师永辉 Aus dem Chinesischen / 德文翻译 : Marie Schierhorn
Foto: Shi Yonghui
师永辉
hina, ein Land mit einer langen landwirtschaftlichen Geschichte, entwickelte die Anfänge des Ackerbaus bereits vor 7000 bis 8000 Jahren im Einzugsgebiet des Gelben Flusses und des Yangzi. Im Laufe dieses Prozesses entstand eine tiefe Verbindung der Bauern und Bäuerinnen zum Boden, die von Generation zu Generation weitergegeben wurde. Diese Wertschätzung, aber auch die Abhängigkeit vom Boden, ist tief in der chinesischen Kultur verankert. Ein Beispiel dafür ist der sogenannte Sheji-Altar im Pekinger Zhongshan-Park. Während der Ming- und Qing-Dynastie diente dieser Ort den Kaisern als Stätte, um dem Gott des Ackers und der Feldfrüchte Opfer darzubringen. Die oberste Plattform des Altars ist mit Erden aus fünf verschiedenen Regionen Chinas bedeckt, die jeweils unterschiedliche Farben aufweisen: Blaue Erde aus dem Osten, rote Erde aus dem Süden, weiße Erde aus dem Westen, schwarze Erde aus dem Norden und gelbe aus der Landesmitte. Diese Vielfalt repräsentiert nicht nur Chinas vielseitigen Bodenreichtum, sondern symbolisiert auch die Einheit des Landes. Die Zusammenführung der fünf Erden verdeutlicht Chinas tief verwurzeltes natürliches und kulturelles Erbe.
Der Sheji-Altar im Pekinger Zhongshan-Park huldigt dem Gott des Ackers und der Feldfrüchte.
China erstreckt sich über ein großes Territorium, geprägt von komplexen und vielfältigen Ökosystemen und einer langen landwirtschaftlichen Geschichte. All dies hat zu einer großen Vielfalt an Bodenarten beigetragen, die sich in ihren Eigenschaften und ihrer Eignung für Landwirtschaft, Forstwirtschaft und Viehzucht unterscheiden. So zeichnen sich die fruchtbaren Böden der nord- und nordostchinesischen Ebenen durch eine ziemlich tief gehende Bodenschicht mit einer hohen natürlichen Fruchtbarkeit aus, was ideal für den Ackerbau ist. In dieser Region dominieren der Anbau von Weizen, Sojabohnen und Mais, was sie zu einem zentralen Produktionsgebiet für Lebensmittel und Speiseöle macht. Die kühlen, lessivierten, also tonverlagerten Böden der Berg regionen im Nordosten Chinas sowie die
feuchten, eisenhaltigen Böden in hügeligen Flachlandgebieten Südchinas bieten optimale Bedingungen für den Wald- und Obst baum anbau, hier spielt vor allem die Forstwirtschaft eine große Rolle. Die halbtrockenen Böden des westlichen Hinggan-Gebirges, die trockenen Böden in den ariden Regionen des Nordwestens und die kalten, gefrorenen Böden des tibetischen Hochlands fördern die Entwicklung weitläuf ger Graslandschaften. Diese Regionen sind bedeutende Zentren der Viehzucht in China.
HERAUSFORDERUNGEN FÜR CHINAS BODENRESSOURCEN
Seit Jahrtausenden wurde die Bodenfruchtbarkeit in China in ihrem guten Zustand bewahrt. Doch in den letzten Jahren haben Umweltveränderungen und die Auswirkungen menschlicher Wirtschaftstätigkeit den Konflikt zwischen der Nutzung und der Schädigung von Bodenressourcen zunehmend verschärft. Dabei rücken vor allem zwei zentrale Probleme in den Fokus: Erstens führten die lange und intensive Bodennutzung und die schnelle Urbanisierung zur Beanspruchung großer Mengen Ackerland. Obwohl China mit einer gesamten Ackerfläche von 130 Millionen Hektar weltweit den dritten Platz einnimmt, beträgt die Ackerfläche pro Kopf weniger als 0,1 Hektar und liegt damit weit unter dem weltweiten Durchschnitt. Um die Nahrungsmittelsicherheit zu gewährleisten, hat China relativ umfassende Maßnahmen zur Erschließung seiner Landressourcen ergrifen. Den Daten der zweiten natio -
nalen Landvermessung zufolge beträgt die landwirtschaftliche Nutzfläche etwa 90 Prozent der Landesfläche, wovon lediglich 20 Prozent auf Ackerland entfallen.
Zweitens zeigt sich die regionale Verschlechterung der Bodenqualität vor allem in Form von Bodendegradation, die in China sechs Haupttypen umfasst: Bodenerosion, Verwüstung, Versalzung, Nährstof verarmung, Bodenverschmutzung und Versauerung. Die Bodenerosion geht hauptsächlich auf Wasser- und Winderosion zurück. Bodenerosion durch Wasser tritt besonders auf dem Lössplateau, in den Hügellandschaften des Mittelund Oberlaufs des Yangzi sowie in der nordostchinesischen Ebene auf. Diese Regionen sind durch hügeliges Gelände und konzentrierte, intensive Niederschläge geprägt, was schwere Bodenerosion begünstigt. Winderosion hingegen ist vor allem in den trockenen und halbtrockenen Gebieten im Norden verbreitet.
Die Hauptursachen für die Wüstenbildung sind der Klimawandel und andere menschengemachte Einflüsse. Im Jahr 2019 betrug die gesamte Wüstenfläche des Landes 2,57 Millionen Quadratkilometer und verteilte sich hauptsächlich auf Xinjiang, die Innere Mongolei, Tibet, Gansu und Qinghai. Wüstenbildung führt jährlich zu direkten wirtschaftlichen Schäden von über 64 Milliarden Yuan (etwa 8,4 Milliarden Euro) und beeinträchtigt das Leben von nahezu 400 Millionen Menschen.
Anspruchsvoll ist die Landwirtschaft auf dem relativ kargen tibetischen Hochplateau. 在地势高寒、土地贫瘠的青藏高原上,从事农业 是一项极具挑战的事业
Die Versalzung von Böden entsteht meist durch unsachgemäße landwirtschaftliche Bewässerung. Dabei lagert sich Salz an der Erdoberfläche ab, was die Bodenstruktur erheblich schädigt und das Wachstum von Nutz pflanzen beeinträchtigt. In China erstrecken sich salzhaltige und alkalische Gebiete vor allem über die nordchinesische Ebene, die westliche Songnen-Ebene, den Bohai-Wirtschaftsrand und die Regionen am Gelben Meer. Insgesamt ist eine Fläche von etwa 99 Millionen Hektar betrofen.
Unter Nährstoffverarmung versteht man die Abnahme verfügbarer Nährstoffe im Boden, die hauptsächlich durch Überkultivierung, unsachgemäße Düngung, Bodenerosion und chemische Verschmutzung verursacht wird. Langfristiger Monokulturanbau und der übermäßige Einsatz von Stickstofdüngern führen
zu einem Nährstof ungleichgewicht, während Bodenerosion die Fruchtbarkeit des Bodens weiter verringert. Dies wirkt sich negativ auf das Pflanzenwachstum und die landwirtschaftlichen Erträge aus und stellt eine Bedrohung für die Nahrungsmittelsicherheit dar.
Bodenverschmutzung bezeichnet die Anreicherung von Schadstoffen im Boden, die hauptsächlich durch Industrieabfälle, landwirtschaftliche Aktivitäten, Haushaltsmüll und Schwermetalle verursacht wird. Industrielle Emissionen und der übermäßige Einsatz von Pestiziden hinterlassen Schadstof rückstände, die sowohl die Bodenökologie als auch die Wassersicherheit beeinträchtigen und eine Gefahr für die menschliche Gesundheit darstellen. Hier sind wirksame Regierungsmaßnahmen von entscheidender Bedeutung.
Bodenversauerung ist der Prozess, bei dem der pHWert des Bodens sinkt. Dieses Phänomen tritt vor allem im Gebiet südlich des Yangzi auf. Die Gesamtfläche saurer Böden in China, deren pH-Wert unter 5,5 liegt, umfasst etwa 450 000 Quadratkilometer. Zu den natürlichen Ursachen gehören die intensiven jährlichen Niederschläge im Süden, die eine starke Auswaschung und den Verlust alkalischer Basen im Boden bewirken. Menschengemachte Faktoren wie saurer Niederschlag und unsachgemäße Düngung, insbesondere der übermäßige Einsatz von Stickstofdüngern, tragen ebenfalls erheblich dazu bei. Bodenversauerung führt zu verstärkter Bodenverkrustung, beeinträchtigt die Wurzelentwicklung von Nutzpflanzen und verringert die Efzienz der Düngemittelnutzung. Dadurch wird das Pflanzenwachstum gefährdet und die landwirtschaftlichen Erträge sinken.
Um der Herausforderung der Bodendegradation zu begegnen, ist ein integrierter Ansatz erforderlich. Eine stärkere Vegetationsbedeckung und gezielte Maßnahmen zum Boden- und Wasserschutz können dazu beitragen, die Bodenerosion zu reduzieren und die Umwelt zu schützen. Zur Bekämpfung der Bodenversalzung sind ein besseres Bewässerungsmanagement mithilfe wassersparender Technologien sowie der verstärkte Einsatz organischer Düngemittel notwendig. Gleichzeitig sollten wissenschaftlich fundierte Düngemethoden und Fruchtfolgesysteme gefördert werden, um die Bodenfruchtbarkeit zu erhöhen und die Ef zienz der Nährstof nutzung zu verbessern. Um das Risiko von Bodenverschmutzung zu minimieren, ist es wichtig, Aufsichten zu verbessern, den Ausstoß von Industrieabwässern und -abfällen zu reduzieren und die ökologische Landwirtschaft zu fördern. Zuletzt kann die Zugabe von Kalk und anderen Bodenverbesserungsmitteln den pH-Wert des Bodens erhöhen, auch die kontrollierte Anwendung von Stickstofdüngern und Unterstützung der Aktivität von Bodenmikroorganismen trägt hierzu bei. Diese Maßnahmen können einen wesentlichen Beitrag zur nachhaltigen Nutzung der Bodenressourcen und zum Schutz der Umwelt leisten.
AUSBLICK
Der Boden ist eine wertvolle natürliche Ressource, deren Gesundheit und Qualität für das Leben und die Entwicklung der Menschheit von entscheidender Bedeutung ist. Ein gesundes Leben braucht gesunde Bö -
den – die Bewältigung der zahlreichen Herausforderungen der Bodendegradation erfordert gesamtgesellschaftliche Anstrengungen. Um eine nachhaltige Nutzung der Bodenressourcen sicherzustellen, gilt es, die Schädigung und Verschmutzung des Bodens in ihren Ursachen zu bekämpfen und umfassende Maßnahmen zu fördern, die zugleich gezielt an lokale Gegebenheiten angepasst sind. Es liegt in unserer Verantwortung, den Boden zu achten und den natürlichen Reichtum unseres Planeten zu bewahren.
Gerade auf landwirtschaftlich stark beanspruchten Flächen wird die Bodenqualität regelmäßig überprüft. 在农业高强度耕作的土地上,土壤质 量的定期检测至关重要
Shi Yonghui stammt aus Zhoukou in der Provinz Henan. Er forscht zur Bodenbildung, Bodenentwicklung und Geochemie. Derzeit arbeitet er an der Abteilung für Physische Geographie der Georg-August-Universität Göttingen.
Fujian wird oft als das »Museum« der traditionellen chi nesischen Oper bezeichnet, da hier viele Bühnenspielarten aus vergangenen Epochen erhalten geblieben sind. Zu den bekanntesten Opernarten der Region gehören die Puxian Oper, Liyuan Oper, Min Oper, Gaojia Oper und die Gezai Oper. Unter diesen wird die Puxian Oper als das »lebende Fossil der Oper aus dem Süden in der Song- und Yuan-Zeit« (10.–14. Jh.) bezeichnet. Über 5000 Exemplare ihres Repertoires sind uns heute noch erhalten, es handelt sich um einen lokalen Opernstil, der in Putian und Um ge -
bung populär ist. Diese Region hat durch ihre besondere geograf sche Lage und ihr soziokulturelles Umfeld eine einzigartige »Puxian- Kultur« hervorgebracht –dazu gehören etwa der Glaube an die Meeresgöttin Mazu sowie »Shiyin Bayue 十音八乐«, die Zehn Klänge und Acht Melodien.
Die »Zehn Klänge und Acht Melodien« haben vermutlich ihren Ursprung in der Song-Dynastie (960–1279) und stehen heute in der Liste des immateriellen Kulturerbes Chinas. Die »Zehn Klänge« beziehen sich auf das Zusammenspiel von zehn unterschiedlichen Musikinstrumenten, während die »Acht Melodien« eine ältere Form der Volksmusik darstellen, die neben Schlag instrumenten von einer achtköpf gen Orchesterkapelle begleitet wird. Man könnte sie als eine Art alte chinesische Symphonie betrachten. Diese Darstellungsform ist nicht nur eine Auf ührung, sondern ein fester Bestandteil des Lebens der Menschen vor Ort, die bei Festen, Feiern und religiösen Zeremonien gespielt wird und ihnen Farbe und Atmosphäre verleiht. Die Musikgruppen der »Zehn Klänge und Acht Melodien« bestehen oft aus Amateur- oder Halbprof-Musiker:innen. Ihre Mitglieder sind meist Bauern, Ladenbesitzerinnen und Arbeitende, die sich in ihrer Freizeit trefen, Tee trinken, plaudern und gemeinsam musizieren. Diese Tradition wird von Generation zu Generation weitergegeben und bleibt dadurch immer voller Energie.
Auf der Insel Meizhou in Putian lebt ein vierjähriges »Wunderkind der Volksmusik« namens
Cai Yucheng, bekannt als »Kleiner Chengbao«. Er ist mit der Musik der »Zehn Klänge und Acht Melodien« aufgewachsen und mit seinem erstaunlichen musikalischen Talent und seiner Liebe zur traditionellen Kunst zum strahlenden kleinen Star auf der Insel geworden. Die Insel Meizhou, Heimat der Meeresgöttin Mazu, zieht jedes Jahr zahlreiche Besucher:innen aus aller Welt an. Am 9. April 2024, während des »Festes der Heimkehr von Mazu«, stand der kleine Chengbao mitten unter erwachsenen Musikern und Musikerinnen und spielte ohne jede Scheu. Mit beeindruckender Genauigkeit trommelte er im Takt der Musik und stand da wie ein erfahrener Prof – die Zuschauer waren begeistert.
Cai Yuchengs Großvater, Cai Yashu, erinnert sich, dass er den kleinen Chengbao bereits im Alter von sieben oder acht Monaten immer mitnahm, um zwischen den örtlichen Puxian-Musikgruppen zu spielen und die Atmosphäre zu genießen. 2021 trat der Großvater selbst einer Musikgruppe bei und lernte trommeln. Während der Großvater die Trommel spielte, stand der kleine Chengbao daneben und schlug mit zwei Trommelstöcken auf eine Bank. »Wenn der Lehrer mir das Trommeln zeigte, hat Chengbao neben mir zugehört. Wenn ich die Trommel spielte, schlug er mit zwei Trommelstöcken auf die Bank. So hat er das Trommeln gelernt«, erinnert sich der Großvater.
Mit eineinhalb Jahren zeigte der kleine Chengbao bereits sein erstaunliches musikalisches Talent. Bei ei-
ner zufälligen Gelegenheit probte die Musikgruppe im Haus der Familie Cai. Während der Großvater kurz aus dem Haus ging, hörte man plötzlich Trommeltöne in einem äußerst präzisen Rhythmus. Alle schauten überrascht in die Richtung des Geräuschs – und sahen, dass es der kleine Chengbao war, der für seinen Großvater trommelte! Von da an brachte der Großvater ihm das Trommeln und Zimbeln bei. Heute hat das vierjährige Wunderkind bereits mehr als zwanzig Stücke gelernt und ist zur Trommler-»Seele« des örtlichen Orchesters geworden.
Dass ein vierjähriger Junge, der weder lesen noch schreiben kann, ein angeborenes Gefühl für Rhythmus zeigt, beeindruckte alle. Viele Leute nahmen Videos von ihm auf und stellten sie ins Internet. Die Videos seiner Auftritte verbreiten sich rasend schnell und erreichen bald hundert Millionen Klicks. Dadurch ist der kleine Chengbao mittlerweile zu einem kleinen Star geworden und die »Zehn Klänge und Acht Melodien« der Insel Meizhou sind ins Blickfeld der Öfentlichkeit gerückt. Das Interesse und die Begeisterung für dieses nationale immaterielle Kulturerbe wir bei immer mehr Menschen geweckt.
In Putian gibt es viele Musikgruppen wie die des kleinen Chengbao. Sie halten ihre alte Kunst am Leben, indem sie bei zahlreichen Veranstaltungen auftreten und so die »Zehn Klänge und Acht Melodien« weitertragen. Dadurch erlangt die traditionelle Musik zunehmend breitere Aufmerksamkeit und die Musikgruppen werden eingeladen, an bekannteren kulturellen Events teilzunehmen, um die traditionelle Volksmusik aus Fujian auf einer noch größeren Bühne zu präsentieren.
was die Einheimischen dazu sagen!
»Village BA« in vollem Gange: Mal hören,
Text / 文 : Qian Qi & Liu Qinyun 钱淇 刘沁昀 Aus dem Chinesischen / 德文翻译 : Thomas Zimmer 司马涛 听 听 当 地 人 怎 么 说
Im April 2023 fuhren die Verfasserinnen dieses Artikels auf eine Geschäftsreise nach Guizhou und hörten zufällig, wie von »Village BA« die Rede war. Sie fragten daraufhin den Fahrer, was es damit auf sich habe.
Es gibt keinen of ziellen Veranstaltungsort, keine of zielle Organisation, sondern nur einen rot-grünen Basketballplatz unter freiem Himmel; kein kommerzielles Sponsoring, keine Live-Übertragung, nur verschwitzte Spieler und begeisterte, schreiende Zuschauer. Dieses einzigartige Baskettballturnier erregte durch die Live-Übertragung auf Plattformen wie Douyin (TikTok) im Nu viel Aufmerksamkeit. Einige Leute nahmen sich die NBA zum Vorbild und schufen dafür den westlichen Namen – »Village BA«, Village Basketball Association. Der vollständige Name der »Village BA« lautet »Beautiful Village-Basketballliga der Provinz Gui zhou«. Die Veranstaltung geht auf die Tradition der lokalen ethnischen Minderheiten in Guizhou zurück, anlässlich des Erntefestes am 6. Juni Sportveranstaltungen abzuhalten. Es handelt sich um eine Tradition, die in der Region eine fast hundertjährige Geschichte hat.
Basketball ist eine niedrigschwellige Sportart mit hoher Beteiligungsquote. Unter all den zahlreichen Sportarten, hat sich vor allem das Basketballspiel
durch gesetzt, wobei die DNA des »Graswurzel«-Basketballs erhalten blieb. Die Spieler und Schiedsrichter sind allesamt junge und kräftige Dorfbewohner, von denen einige als Landwirte arbeiten oder kleine Unternehmen in der Gegend führen, während andere auswärts studieren oder arbeiten und zum Training und zur Teilnahme an den Turnieren ins Dorf zurückkehren.
Die Wettbewerbe der »Village BA« 2023 wurden wie geplant organisiert. Während der sechsmonatigen Basketball-Veranstaltung trugen fast 2500 Mannschaften voller Begeisterung mehr als 4000 Spiele aus. Am 25. März gewann das Team von Qiandongnan die erste »Village-BA«-Meisterschaft und schlug im Finale die Mannschaft von Tongren. Während des Finales hatten wir das Glück, einen freundlichen Taxifahrer in Guizhou zu trefen, um von ihm zu erfahren, was die Einheimischen über »Village BA« denken.
Ich habe gehört, dass »Village BA« sehr beliebt ist. Es heißt, dass dieser Wettbewerb nicht zum ersten Mal stattfindet und jedes Jahr mehrere Monate andauert. Können Sie »Village BA« kurz vorstellen?
Diese Art von Basketballspiel gab es, seit ich geboren bin, bei uns spielt man das seit Jahrzehnten. Früher sprach man allerdings nicht von »Village BA«, sondern von einem Basketballspiel zwischen Dörfern. An dem Wettbewerb nahmen mehrere Dörfer teil.
Wie es überhaupt zur Abhaltung eines solchen Wettbewerbs kam? Dahinter steckte wohl kein besonders großartiger Plan. Es konnte zum Beispiel sein, dass zwei Dörfer nicht gut aufeinander zu sprechen waren. Probleme mit Gewalt zu lösen, kam nicht in Frage. Daher dachten sie sich etwas aus, womit sie sich messen konnten. Heutzutage spielen viele Leute Basketball, junge Leute mögen diesen Sport ebenfalls, er besitzt schließlich einen gewissen Unterhaltungswert. Der Name »Village BA« entstand, weil einige Leute die Spiele auf Plattformen wie Douyin live übertragen haben, und als diese Live-Übertragungen immer populärer wurden, entstand der Name »Village BA«.
Normalerweise beginnt das Turnier zwischen den Dörfern rund um Kaili im Oktober. Die jeweilige Siegermannschaft kommt in die nächste Runde, wo sie gegen die Meister aus den anderen Regionen antritt. Gewöhnlich kommen auch ohne eine Plattform wie Douyin eine Menge Leute zu den Spielen. Ich selbst kann mir keine Rebounds schnappen, weil ich so klein bin, also spiele ich lieber Fußball statt Basketball.
Da Sie Fußball spielen: Gibt es hier auch Fußball- oder andere Sportturniere? Warum ist ausgerechnet Basketball heute so angesagt, wo es doch so viele Sportarten zur Auswahl gibt? Es gibt organisierte Wettkämpfe für andere Sportarten, aber keine in der Größenordnung der Basketballspiele. Dieser Sport ist der schnellste und praktischste. Nach der Arbeit können die Bauern zu zweit oder zu dritt mit einem Basketball fast jederzeit und überall spielen. Basketball hat eine niedrige Einstiegshürde, vorausgesetzt, man kann den Ball werfen. Fußball hingegen erfordert eine große Anzahl von Personen und ein großes Feld, so dass die Anforderungen hoch sind.
Basketball ist im Grunde ein Teil unseres Lebens. Wir haben Basketballplätze in jedem Dorf, in jeder Gemeinde. Die Qualität ist unterschiedlich. Doch selbst die Dörfer der Miao haben Plät-
ze zum Basketballspielen. Wenn wir in ein Dorf gehen, um uns ein Bild zu machen, kann dort alles noch so gut sein – solange es keinen Basketballplatz gibt, werden wir der Ansicht sein, dass in dem Dorf nicht viel los ist.
Wir haben hier auch Basketballspiele für Frauen veranstaltet! Zuerst gab es keine Spiele für Frauen, aber dann fragten einige im Dorf: »Warum ist das nur für euch Männer und nicht für uns Frauen?« Am 8. März, dem Frauentag, wurde dann ein Basketballturnier für Frauen organisiert. Beim Spiel der Frauen gibt es im Grunde genommen keine Regeln außer dem Verbot zu raufen. Schrittfehler, hand checking – das ist alles egal. Auch wenn jemand mit dem Ball in der Hand nur so herumläuft, stört sich niemand. Hauptsache, der Ball landet im Korb. Einige Frauen hocken auf dem Boden und haben den Ball die ganze Zeit im Schoß, als ob sie Rugby spielen würden. Am Ende werfen sie den Ball nicht in den Korb. Ich habe mich fast krankgelacht, als ich das sah. Ihr könnt euch das bei Douyin anschauen.
Obwohl das dorfübergreifende Basketballturniere schon seit Jahrzehnten stattfindet, ist die Aufmerksamkeit in diesem Jahr offenbar besonders groß. Es scheint, als sei das Turnier auf provinzweiter Basis organisiert worden. Welche Rolle spielt eigentlich die Regierung bei der Organisation von »Village BA«?
Obwohl der Wettbewerb diesmal von der Provinz organisiert wurde, hat sich die Regierung nicht allzu sehr eingemischt. Die Dörfer haben das unter sich organisiert und jeder Haushalt steuerte ein wenig Geld bei. Alle waren sehr spendabel. Der genaue Betrag, den jeder Haushalt beitrug, war nicht festgelegt, wer gut bei Kasse war, gab etwas mehr – mal einen Hunderter, mal einen Zehner, alles war okay, alles völlig freiwillig. Das gesammelte Geld wurde hauptsächlich für den Kauf von Preisen verwendet, zum Beispiel eine Kuh für den ersten Preis, ein Schaf für den zweiten Preis, ein paar Fische für den dritten Preis und Enten oder ähnliches für den vierten Preis.
Die Basketball-Matches der »Village BA« sind große Ereignisse für die Dorfbewohner, die sich niemand entgehen lässt.
Was wird von Spielenden und Zuschauenden beim Turnier wie der »Graswurzel«-»Village BA« erwartet? Was ist Ihrer Meinung nach das Wichtigste?
Man braucht keine Eintrittskarte, um sich das Spiel anzuschauen. Die Leute, die zu den Spielen kommen, sind Bewohner aus allen Dörfern. Männer, Frauen und Kinder kommen, ich unterstütze mein Team, du unterstützt dein Team. Am Straßenrand gibt es alle möglichen Snacks, so dass man essen und sich vergnügen kann, während man das Spiel sieht. Nach dem Spiel gibt es neben
dem Spielfeld Feuertöpfe an den Ständen, wo man essen und Alkohol trinken kann, um dann fröhlich sum mend nach Hause zu gehen.
Es gibt nur zwei Bedingungen für die Teilnahme: Erstens darf man kein Prof sportler sein. Zweitens muss man aus ländlichen Gebieten kommen und dort gemeldet sein. Fünfund neunzig Prozent von uns hier haben eine ländliche Haushalts regis trie rung, und diejenigen, die bereits »fortgezogen« sind oder ihre Haushaltsregistrierung verlegt haben, dürfen nicht am »Village BA«-Turnier teilnehmen. Selbst wenn sie in der NBA spielen – aus Gründen der Fairness und Unparteilichkeit geht es nicht, dass sie zurückkommen, um in der »Village BA« zu spielen. Für uns ist das Niveau des Wettbewerbs und die Frage, ob es spannend ist oder nicht, nicht das Wichtigste. Wichtig ist vielmehr, dass es sich um eigene Aktivitäten unserer Dorfbewohner handelt.
Über die Jahre, seit es den Wettbewerb gibt, haben regelmäßig einige Leute ihre Heimatdörfer verlassen, einige sind erwachsen oder alt geworden, das Ausmaß des »Village BA« ist immer größer geworden, und auch durch die Mundpropaganda der Dorfbewohner hat das »Basketballspiel zwischen den Dörfern« bis zum heutigen Tag eine große Aufmerksamkeit und einen klangvollen Namen. Letztendlich ist »Village BA« die bequemste Art der Entspannung und Unterhaltung nach der harten Arbeit der Dorfbewohner. Der Applaus der Dorfbewohner ist die größte Motivation für die Spieler, und die Lieder und Tänze mit starken ethnischen und regionalen Merkmalen zwischen den einzelnen Spielen verleihen dem Basketballspiel ein starkes Lebensgefühl.
Die »Village BA« begann mit der Liebe der Dorfbewohner zum Sport. Die Dörfer haben durch diese Veranstaltung mehr Möglichkeiten erhalten, miteinander zu kommunizieren, was dem Turnier wiederum eine anhaltende Vitalität verleiht. Eines steht fest. Der neue Brauch der »Village BA« ist ein fester Bestandteil des Lebens der Dorfbewohner in Guizhou geworden. Er hat ihnen schon heute ein besseres Leben beschert und wird ihnen auch weiterhin Glück und Freude bringen.
»Der Ussuri-Fluss zieht sich endlos dahin, die blauen Wellen tanzen sanft.
Die Hezhe werfen ihre Netze weit, füllen Boote und Kammern zur gleichen Zeit.«
ieses bezaubernde Lied, das Ussuri-Bootslied, entführt uns an den f schreichen Ussuri Fluss und lässt uns die tapferen und fleißigen Hezhe kennenlernen. Es vermittelt zugleich die Leidenschaft, mit der dieses Volk sein Leben gestaltet. Einst lebten die Hezhe vom Fischfang –doch wie hat sich dieses geheimnisvolle Volk über die Jahrhunderte verändert?
Die Hezhe gehören zu den kleinsten ethnischen Minderheiten Chinas. Sie leben seit Generationen in der SanjiangEbene, die vom Zusammentrefen der Flüsse Heilongjiang, Ussuri und Songhua geprägt ist. Als einziges Volk im Norden Chinas, das traditionell vom Fischfang und der Jagd lebt, werden sie auch als »Fischhautvolk« bezeichnet. “乌苏里江来长又长, 蓝蓝的江水起波浪,
Früher waren die Hezhe mit knappen Ressourcen konfrontiert, insbesondere bei der Kleidung. Doch sie fanden eine geniale Lösung: Die Haut der Fische. Nach sorgfältigem Trocknen und Weichklopfen wird sie geschmeidig und eignet sich hervorragend als Material für Kleidung. Fischhautkleidung ist robust, bequem und passt sich den Jahreszeiten an – warm im Winter, kühl im Sommer. Es überrascht nicht, dass sie einst eine essenzielle Rolle im Alltag der Hezhe spielte.
Fisch als Nahrung –Überleben und Kreativität
Die Hezhe waren seit jeher meisterhafte Fischer. Ihre Werkzeuge – Haken, Speere, Netze und Boote – sind perfekt an die Bedingungen der Flüsse angepasst. Besonders erf nderisch ist ihre Methode des »Eisangelf schens« im Winter: Sie bohren Löcher in die zugefrorene Flussoberfläche, führen die Angelrute hinein und genießen den einzigartigen Reiz, selbst in der frostigen Jahreszeit Fische zu fangen.
Die Zubereitungsmethoden der Hezhe sind vielfältig und raf niert. Fische werden oft über einem Gestell gegrillt oder im Ganzen gedämpft – einfache, aber schmackhafte Gerichte, die den natürlichen Geschmack bewahren.
Fischhaut wurde früher vor allem für praktische Alltagskleidung verwendet, aber sie war auch Teil festlicher Schmuckobjekte.
鱼皮,曾是先民智慧的结晶,不仅被用于制作 耐用的日常服饰,还作为节庆装饰的一部分
Heute sind die Lebensbedingungen der Hezhe deutlich besser und moderne Materialien haben die Fischhautkleidung weitgehend verdrängt. Um dieses traditionelle Handwerk zu bewahren, das inzwischen zum nationalen immateriellen Kulturerbe zählt, hat You Wenfeng die Herstellung von der Fischhautkleidung wiederbelebt. Sie lernte die Technik von ihrer Mutter, fertigt maßgeschneiderte Stücke an und hat sogar ein kleines Museum für die Fischhautkultur in ihrem Dorf eingerichtet.
Um die Tradition fortzuführen, bricht You Wenfeng mit dem Brauch, das Wissen nur innerhalb der eigenen Volksgruppe weiterzugeben. Sie lehrt nun auch HanChinesen die Kunst der Fischhautverarbeitung, modernisiert die Techniken und integriert neue Elemente, um dem Handwerk neues Leben einzuhauchen. In ihrer
Die Kopfbedeckungen der Miao-Frauen sind mehr als nur modische Accessoires: Sie symbolisieren ihren wirtschaftlichen und sozialen Status.
Freizeit besucht sie Universitäten und gibt Workshops, in denen sie ihre Fertigkeiten kostenfrei weitergibt. Ganz zeitgemäß haben junge Leute sich von den besonderen Schnitten und Mustern der Fischhautgewänder inspirieren lassen und sie auf die Herstellung von Qipao-Kleidern und Tang-Anzügen übertragen.
Fischhautkunst –Zwischen Alltag und Kunst
Im Hezhe Museum der Stadt Tongjiang in der Provinz Heilongjiang zieht ein riesiges Fischhautgemälde die Aufmerksamkeit auf sich. Dieses Kunstwerk erzählt die alte Mythologie der Hezhe: Die Schöpfung der Menschen durch einen Himmelsgott. Einer Legende zufolge formte der Gott kleine Menschen aus Ton und Meerwasser. Als ein Regen drohte, diese Figuren zu zerstören, legte er sie in den Mund eines riesigen Fisches. Nach dem Regen erweckte der Gott die Figuren zum Leben – die Vorfahren der Hezhe waren geboren. Vielleicht stammt aus dieser Zeit die tiefe Verbindung der Hezhe zu den Fischen.
In früheren Zeiten, als die Hezhe noch in Armut lebten, bestaunten sie die kunstvollen Fensterbilder, die Han-Chinesen zu Neujahr anfertigten. Da sie keine Papierkunstwerke herstellen konnten, trockneten sie Fischhäute und
schnitzten dekorative Muster hinein – so entstanden die ersten Fischhautbilder. Heute gibt es zwei Techniken: Das einfachere Zusammenfügen, bei dem bunte Fischhautstücke auf ein Grundgerüst geklebt werden, und die aufwendigere Gravur, bei der Motive auf der Rückseite der Fischhaut geschnitzt werden. Xie Yongliang, ein weiterer nationaler Erbe, hat moderne Elemente in diese alte Kunst integriert und ihr neue Vitalität verliehen.
Die Hezhe sind ein beeindruckendes Volk: Sie sind fleißig und mutig und unerschütterlich in ihrem Respekt vor der Natur. Ihre Fischhautkleidung und -kunst sind nicht nur Zeugnisse ihres Einfallsreichtums, sondern auch ein Ausdruck ihrer tief empfundenen Dankbarkeit gegenüber der Natur. Diese Traditionen stehen für eine kulturelle Lebendigkeit, die auch in der modernen Welt Bestand hat.
Gemeinsamer Wohlstand durch Förderung des ländlichen Raums
Die »Kastanienprinzessin« kam wie vom Himmel gefallen
m von der ethnischen Gruppe der Mandschu bewohnten autonomen Kreis Qinglong der Stadt Qinhuangdao in der Provinz Hebei leben die Menschen seit Generationen von der Kastanienernte. Aufgrund der abgelegenen Lage in den Bergen konnten die Kastanien früher nur zu sehr niedrigen Preisen an Zwischenhändler:innen verkauft werden. Doch das änderte sich 2019 mit der Ankunft der »Kastanienprinzessin«. Dank ihres Einsatzes schaf te es die »Qinglong-Kastanie« in die Supermärkte der bekannten Lebensmittelkette Hema (Freshippo) von Alibaba und damit in viele Haushalte, die mit Mund-zu-Mund-Propaganda den Bekanntheitsgrad der Kastanie erhöhten und so dafür sorgten, dass eine komplette Produktionskette entstand. Die »Kastanienprinzessin« – ihr richtiger Name ist Liu Lin –, ist seit 14 Jahren leitende Angestellte bei dem Unternehmen Alibaba, das sie als Sonderbeauftragte für die Revitalisierung des ländlichen Raums 2019 nach Qinglong schickte. Im August 2019 stand die Kastanienernte bevor und man überlegte, wie man den Kastanienbauern und -bäuerinnen helfen könnte, ihre Früchte zu vertreiben. Liu Lin erreichte nach mehreren Gesprächen mit Alibaba, dass die Kastanien fortan in den Hema-Märkten angeboten wurden. Für Liu stand fest: »Bei Aufnahme in das Sortiment der Hema-Märkte, wird sich die Qinglong-Kastanie landesweit als Markenprodukt etablieren.« Und tatsächlich, in den daraufolgenden vier Monaten wurden fünfhundert Tonnen in den
Bergen geerntete Qinglong-Kastanien über die HemaSupermärkte verkauft.
Von da an war Liu Lin die »Kastanienprinzessin«.Mit dieser Bezeichnung brachten die Menschen im Kreis Qinglong, die zu 74 Prozent der Ethnie der Mandschu angehören, ihren Respekt und ihre Dankbarkeit für Lius Unterstützung zum Ausdruck. Sie boten ihr zudem an, in der traditionellen Kleidung der Mandschu für die Qinglong-Kastanien zu werben.
»Wertvoller als Gold ist Vertrauen«
Liu Lin hatte während ihrer langjährigen Berufstätigkeit erkannt, dass der moderne Mensch zunehmend auf seine Gesundheit achtet und Wert auf natürliche Lebensmittel legt. Ihre Idee war, ein echtes, naturbelassenes Kastanieneis zu produzieren. So ließ sich nicht nur das süße und weiche Fruchtfleisch der Qinglong-Kastanien nutzen, sondern es konnten auch die nicht so ansehnlichen Kastanien weiterverarbeitet und somit Verluste vermieden werden. Es dauerte nicht lange und das »Kastanieneis am Stiel« wurde zur Online-Sensation..
Dann tat Liu Lin zwei bemerkenswerte Dinge: Erstens bat sie den Bürgermeister von Qinglong und lokale Unternehmer:innen, gemeinsam in einem Livestream auf Taobao in einem Werbespot aufzutreten. Nach nur einer Minute online waren 10 000 und nach einer weiteren Minute 15 000 Bestellungen eingegangen. Zweitens rief sie zur Teilnahme an der »Alibaba Sonderaktion zur Unterstützung der Bauern und Bäuerinnen« auf. 1500 Bauern und Bäuerinnen konnten bei dieser Aktion ihre Einnahmen dank 30 000 eingegangener Bestellungen um etwa 1000 Yuan erhöhen. Und weil viele Kund:innen wiederholt Bestellungen aufgaben, erhöhte sich der Bekanntheitsgrad der Qinglong-Kastanie rasant.
Der lebendigste Ort ist in Qinglong abends weder der Imbissstand noch der öfentliche Tanzplatz, sondern ein Senderaum. Die 1985 geborene Han Wenliang ist der Stolz des Dorfes Wuzhishan in Qinglong. Ihre Stelle in einer öfentlichen Einrichtung verließ sie auf Zureden von Liu Lin, um in ihrer Heimat ein eigenes Unternehmen zu gründen. Das Erste, was sie nach ihrer Rückkehr machte, war der Umbau eines Lagerraums in
einen professionellen, in Lokalkolorit ausgestatteten Senderaum. Hier drängeln sich am Abend die Dorfbewohner:innen, um sich von ihr darüber beraten zu lassen, wie man einen Onlineshop eröf net und LiveÜbertragungen ausrichtet.
Die 58jährige Li Cuifen eröf nete nach einer solchen Schulung ebenfalls einen Onlineshop, für den sie mit Live-Übertragungen warb. Obwohl sie in drei Wochen nur neun Bestellungen erhielt, gab sie nicht auf, sondern arbeitete an der Optimierung ihrer Übertragungen. Heute nimmt sie an einem Abend 3000 Bestellungen entgegen und freut sich über viele Stammkunden.
Während dieser Zeit reiste Liu Lin täglich aufs Land, versuchte die Ressourcen von Alibaba und die spezifschen Bedürfnisse der Dorfbewohner:innen auszubalancieren und brachte ihnen bei, wie man einen Onlineshop plant und führt. Heute sind Kastanien ganzjährig erhältlich. Der Verkauf über E-Commerce-Plattformen hat den Bauern und Bäuerinnen in Qinglong beträchtliche wirtschaftliche Vorteile verschaf t.
Anfang 2022 hatte Liu Lin einen der stolzesten Momente ihres Lebens: Sie war Fackelträgerin bei den Olympischen Winterspielen in Peking. Und wie sie betonte, repräsentierte sie nicht nur 200 000 Kollegen bei Alibaba, sondern auch die 560 000 Menschen in Qinglong.
Die Qinglong-Kastanie ist nur ein Beispiel aus Alibabas »Hot Land Programm«. Seit 2019 hat Alibaba 29 erfahrene Mitarbeiter:innen in mehr als zwanzig unterentwickelte Landkreise in China entsandt, um die Landwirtschaft zu unterstützen und den Wohlstand in den Dörfern zu fördern.
enn wir an die Heimat denken, formen die Erinnerungen an alte Bäume, Felder und Feldwege ein Landschaftsgemälde, das als eindringliches und sehnsuchtsvolles Gefühl in unserem Herzen lebt. Viele, die lange Zeit in der Stadt gewohnt haben, hegen den Wunsch, für ein paar Tage in ihre Heimat zurückzukehren. Im Wandel der Zeit und mit Aufkommen neuer Lebensvorstellungen hofen viele, dass ihre Heimatorte ihr ursprüngliches Erscheinungsbild der eigenen Kindheitserinnerungen bewahren mögen und gleichzeitig zu einem komfortablen Wohnort werden.
Die Wohnhäuser der Provinz Zhejiang verkörpern genau diese Verbindung. Während ihre Architektur und Umgebung die unverwechselbare lokale Ästhetik bewahrten, wurden die Wohnhäuser durch den Einsatz moderner Technik und geschickte Umgestaltung zu -
sätzlich aufgewertet. Einige dieser renovierten Wohnhäuser haben sogar Online-Berühmtheit erlangt und große Aufmerksamkeit auf Kurzvideo-Plattformen erregt. Dies stellte für die traditionellen Dörfer auch einen Schritt in Richtung moderner Entwicklung dar und verlieh ihnen neue Vitalität. Die landesweite Begeisterung über diese Gästehäuser beruht jedoch nicht auf einzelnen außergewöhnlichen Objekten, sondern ist vielmehr auf die Gesamtästhetik der Dörfer der Jiang nan Region zurückzuführen. Im Einklang mit der Zeit und sich zwischen Tradition und Moderne bewegend, vermitteln sie den Menschen ein Gefühl der Ruhe und Geborgenheit.
Das herausragendste Beispiel ist das Dorf Dongziguan im Hangzhouer Stadtbezirk Fuyang. Einst ein lebhaftes und florierendes Handelszentrum, wurde das Dorf in der Literatur verewigt: Der berühmte Schriftsteller Yu Dafu beschreibt es in seinem Roman Dongziguan als einen »ruhigen, entspannten, friedlichen und autarken Ort am Flussufer«. Mit über hundert Gebäuden aus der späten Qing-Dynastie und der frühen Republikzeit war es einst ein geschäftiger Ort voller Händler und Geschäftsleute. Doch mit dem Niedergang des Wassertransports verlor das Dorf an Bedeutung. 2013 wurde die Restaurierung der historischen Gebäude aus der Mingund Qing-Zeit parallel zur Umsiedelung der Bewohner:innen durchgeführt. Ins Konzept des exquisiten Architektenteams wurden auch die Vorschläge der Dorfbewohner:innen einbezogen, und der ursprüngliche Stil der traditionellen Architektur von Zhejiang bewahrt. Aus der Ferne betrachtet, wirken die schwarz-weißen Fassaden und die klaren Linien wie eine Tuschezeichnung, die sich harmonisch in die umliegenden Felder und Berge einfügt – ein wahres Meisterwerk der Landschaftsmalerei in der Jiangnan Region.
Ein typisches Beispiel für die »Hügel- und Bergdörfer« Zhejiangs ist das Dorf Xujiang in der Gemeinde Qiantan der Stadt Jiande. Das Planungs- und Gestaltungsteam orientierte sich an der traditionellen Architektur der Region und integrierte die natürliche Umgebung in das Gesamtkonzept. Das Dorf wurde an die hügelige Topografie angepasst und bietet ein harmonisches Wechselspiel aus Dichte und Offenheit. Durch den Einsatz regionaltypischer Farben und Stilelemente strahlt es die Sanftheit und Lebendigkeit eines Dorfes der Jiang nan-Region aus. Der Außenbereich wurde in drei Zonen unterteilt: Ein Bereich für Spaziergänge durch die Wohngebiete, ein Wandergebiet in den Bergen und ein Bereich zur Besichtigung von Teegärten. Dabei bieten eine Reihe von öffentlichen Bauten bequeme Dienstleistungen für die Menschen. Darüber hinaus wurden Pavillons, Ruhezonen, Steingärten und weitere landschaftlich attraktive Orte angelegt, wodurch sich die moderne Architektur nahtlos in die malerische Umgebung einfügt.
Das Internet-Phänomen »Panjia Town« ist bekannt für seine Villen und Bauernhäuser. Schon beim Betreten des Dorfes beeindruckt eine breite, gerade Allee, gesäumt von eleganten Villen. Vor dem Dorf liegt eine prächtige Korridorbrücke im traditionellen Stil, verziert mit kunstvollen Drachen- und Phönix-Schnitzereien, unter der ein klarer, von bunten Zierfischen bewohnter Bach fließt. Panjia bietet vielfältige Freizeitaktivitäten wie Grillen, Angeln, Floßfahrten und die Erkundung der ländlichen Landschaft. Dieses Konzept hat sich nicht nur als äußerst attraktiv für Besucher:innen erwiesen, sondern generiert auch beträchtliche Einnahmen.
Diese neuen Gästehäuser Zhejiangs, in denen Natur und Kultur zusammentrefen und Ruhe und Lebendigkeit nebeneinander bestehen, bieten den Menschen mit ihrer einzigartigen Architektur und in ihrer stimmigen Planung einen besonderen ästhetischen Genuss. Die alten Häuser, die über Jahrhunderte die Lebensgeschichten der Dorfbewohner:innen bewahrten, wecken auch heute bei Stadtbewohner:innen eine tiefe Sehnsucht nach dem einfachen Leben auf dem Land. In einem solchen Dorf zu leben, wo sich grüne Hügel und klare Wasserläufe zu einem lebendigen Gemälde vereinen, ist zweifellos ein wahrer Segen.
Die Hakka kommen von den Ufern des Gelben Flusses. Wo leben die Hakka?
Dort wo Berge sind, da leben sie.«
Dieses Volkslied schildert anschaulich die Migra tionsroute der Hakka. In der südchinesischen Provinz Guangdong leben drei große Bevölkerungsgruppen: die Guangfu, die Hakka und die Chaoshan. Es wird angenommen, dass die Hakka ursprünglich aus der Zentralebene Chinas stammen. Auf ihrer langen Reise nach Süden ließen sie sich schließlich in den hügeligen Regionen des nordöstlichen und nördlichen Guangdong nieder, einschließlich entlang der Flüsse Meijiang, Dongjiang und Beijiang. Im Gegensatz zur wagemutigen Mentalität der Kantonesen (»es wagen, die weltweite Nummer eins zu sein«) und der unternehmerischen
Kampfeslust der Menschen aus Chaoshan (»nur wer kämpft, kann gewinnen«), zeichnen sich die Hakka durch eine tiefe Verwurzelung in der traditionellen Kultur der Zentralebene aus. Sie leben nach den konfuzianischen Idealen eines edlen Charakters. Nach ihrer langen Wanderschaft trafen die Hakka in ihrer neuen Umgebung auf zahlreiche Herausforderungen für das eigene Überleben. Sie etablierten eine Tradition des Ackerbaus sowie der Selbstkultivierung durch Studium und der Fortführung der Familie. Ihre hohe Wertschätzung der Rituale spiegelt sich in ihren Bräuchen wider – insbesondere zum Frühlingsfest, dem wichtigsten traditionellen Fest in China.
Der 25. Tag des zwölften Mondes wird von den Hakka als »Beginn der Feierlichkeiten« bezeichnet. Ab diesem Tag fangen die Vorbereitungen für das Frühlingsfest an und die Hakka legen ihre alltägliche Arbeit nieder, um sich voll und ganz auf die Feierlichkeiten zu kon -
zentrieren. Das Frühlingsfest der Hakka besteht aus drei wesentlichen Elementen: dem Vorbereiten der Festtagswaren, dem Abhalten von Ritualen und dem Bitten um Segen.
Das Vorbereiten der Festtagswaren
Zu den traditionellen Festtagsgerichten der Hakka gehören Neujahrskuchen, gelber Reiswein und gefüllter Tofu. Der Neujahrskuchen der Hakka, auch ba ˇ n 粄 oder jiānduī 煎堆 genannt, ist ein unverzichtbares Mitbringsel beim Besuch von Familie und Freund:innen. Eine weitere Tradition ist das Brauen von Reiswein. Mithilfe von Klebereis und einer Starterkultur entsteht ein vergorener, gelblicher Wein mit mildem Alkoholgehalt und süß-säuerlicher Note – ein obligatorisches Getränk für die familiäre Festtafel und die Bewirtung von Gästen. Gefüllter Tofu ist ebenfalls eine kulinarische Delikatesse der Hakka. Für sie hat dieses Gericht einen ähnlichen Stellenwert wie Jiaozi (Teigtaschen) für Nordchines:innen oder Zongzi (in Blätter gewickelter Klebereis) für die Zhuang – es ist ein Symbol für den Geschmack des neuen Jahres.
Rituale
Wie ein roter Faden ziehen sich Rituale durch das gesamte Neujahrsfest der Hakka. Vom 27. bis zum 29. Tag des letzten Mondes werden kleinere lokale Schutzgötter wie der Erdgott bógōng 伯公, die Erdgöttin bópó 伯婆
und der Dorfgott cūnshén 村神 verehrt. Die Zeremonien werden meist von älteren Frauen oder jungen Ehefrauen in Begleitung von Kindern durchgeführt. Am letzten Tag des vergehenden Jahres versammeln sich die Hakka in der Ahnenhalle, um mit Opfergaben wie sānshēng 三牲, den »drei Tieren«, und zhāipán 斋盘, der »Opferplatte«, ihre Vorfahren zu ehren. Bei den »drei Tieren« handelt es sich hauptsächlich um Schweinefleisch, Huhn und Fisch. Die »Opferplatte« umfasst Neujahrskuchen als Symbol für fortwährenden Wohlstand, Äpfel für Frieden zu allen Jahreszeiten, Mandarinen für Glück, Pomelo für materiellen Wohlstand sowie rituelles Papiergeld für monetären Reichtum. Das gemeinsame Gedenken an die Ahnen in der Familienhalle, wo sich alle Familienmitglieder versammeln, um Räucherwerk zu entzünden und die Verdienste der Ahnen zu würdigen, ist ein feierlicher Neujahrsbrauch und ein festes Ritual der Hakka.
Beim Eindecken des Tisches für das Neujahrsessen werden symbolisch zusätzliche Schalen und Essstäbchen bereitgestellt, um die Ahnen einzuladen, mit der Familie gemeinsam zu feiern. Bevor man mit dem Entzünden der Feuerwerkskörper das Neujahrsessen eröfnet, werden die Ahnen gewürdigt, indem der Wein auf den Boden geschüttet wird. Am frühen Morgen des Neujahrstages wählen die Hakka einen günstigen Zeitpunkt, um erneut Feuerwerkskörper anzuzünden, dem Gott des Reichtums cáishén 财神 die Tür zu öfnen, ihm Weihrauch zu opfern und auf diese Weise »das Tor zum großen Reichtum« zu öf nen. Am fünften Tag des neuen Mondes kehrt der Küchengott zàoshén 灶神 in die Häuser ein. Aus diesem Anlass bewahren die Hakka
Porträts ihrer Vorfahren in der Ahnenhalle auf und bringen abends zu Ehren des Küchengottes Geschenke und Obst als Opfergaben dar. Während des Frühlingsfestes besuchen Drachen- und Löwentanztruppen der Hakka die Tempel und Ahnenhallen in den Dörfern, um den Gottheiten und Vorfahren zu huldigen.
Bitten um Segen
Segensrituale wie das Begehen des Neujahrsabends, das Anbringen von segensspendenden Spruchbändern und das Aufsteigenlassen von Himmelslaternen stehen ebenfalls im Zentrum der Feierlichkeiten. Nach dem Neujahrsessen feiern die Hakka weit über Mitternacht hinaus. Die Familien bleiben die ganze Nacht unter hell leuchtenden Laternen und brennendem Licht auf, was als »Anzünden des Neujahrfeuers« bezeichnet wird. Dabei wird stetig Holzkohle im Feuerkorb nachgelegt – ein Brauch, der auf »ein warmherziges Beisammensein der ganzen Familie« deuten soll.
In der Silvesternacht bringen die Hakka die roten Neujahrsspruchpaare chūnlián 春联 an. Diese segensbringenden Spruchbänder werden nicht nur am Haupteingang des Wohnhauses angebracht. Auch den Empfangsbereich zieren große rote Schriftzeichen für »Glück«, in den Stallungen der Schweine und Kühe hängen rote Banner mit Segensbitten für die Nutztiere und selbst auf Geschirr und Besteck werden rote Papierstreifen angebracht, um das vergangene Jahr symbolisch zu besiegeln. Dieses Ritual wird als »das Jahr schließen« oder »Rot anbringen« bezeichnet.
Die Hakka haben eine ganz besondere Art, die Neujahrsspruchpaare anzufertigen. Normalerweise bef nden sich auf beiden Seiten des Hauseingangs die Spruchbänder des Familiennamens (ergänzend beinhalten diese eine Beschreibung des Familiennamens in Form eines Zeilenpaars, auch bekannt als »Ahnenpaar«, welches hauptsächlich in der Ahnenhalle der Familie verwendet wird). Der horizontale Spruch über dem Haupteingang verweist auf den Namen der von den Vorfahren errichteten Halle und gibt den Herkunftsort der Familie an. Beispielsweise errichtete die Yu-Familie die »Henan-Halle«, was bedeutet, dass ihre Vorfahren aus Henan stammten; die Rao-Familie, deren Vorfahren aus Pingyang in der Provinz Shanxi stammten, errichtete die »Pingyang-Halle«; und die Li-Familie errichtete wiederum die »Longxi-Halle«, um auf die Familienherkunft aus Longxi in der Provinz Gansu hinzuweisen. Die Spruchbänder am Haupteingang umfassen in der Regel acht Schriftzeichen. Zum Beispiel erinnern die Spruchbänder der Familie Wen an die herausragenden Leistungen zweier Vorfahren: Jene des aus Jiexiu in der Provinz Shanxi stammenden Wen Yanbo, der zur Zeit der Nördlichen Song-Dynastie (960–1127) fünfzig Jahre lang vier Dynastien als Kanzler diente und jene des aus Jishui in der Provinz Jiangxi stammenden Wen Tian-
xiang, welcher sich am Ende der Südlichen SongDynastie (1127–1279) erhob, um dem Kaiser zu dienen, seinem Land treu ergeben war und letztlich heldenhaft starb. Die heranwachsenden Generationen sollen so die ruhmreichen Verdienste ihrer Ahnen nicht vergessen.
Darüber hinaus begehen die Hakka das Neujahrsfest mit Löwentänzen und Laternen, insbesondere mit Drachenlaternen. Allerorts erstrahlt Lichterglanz, in den Straßen tummeln sich Menschen und es herrscht eine lebendige und feierliche Stimmung. Am 15. Tag des ersten Mondes – dem letzten Tag des Neujahrsfestes –wird das Laternenfest gefeiert. Zu diesem Anlass lassen die Hakka Himmelslaternen aufsteigen, um Glück für das neue Jahr zu erbitten.
Die aufwendigen Bräuche des Neujahrsfestes ofenbaren die tiefe Heimatverbundenheit der Hakka. Obwohl sie gezwungen waren, als letzten Ausweg ihre Heimat zu verlassen, haben sie ihre Ursprünge nicht vergessen. Die Erinnerung an die Heimat wird durch die Bewahrung der eigenen Familiengeschichte und Traditionen lebendig gehalten. Über Jahrhunderte hat sich daraus allmählich eine Kultur der Ahnenverehrung, der Erinnerung an die eigene Geschichte, des Hochhaltens familiärer Erziehung und der Wahrung von Ehre und Würde entwickelt. Auch wenn einige Rituale im Laufe der Zeit vereinfacht wurden und es regionale Unterschiede gibt, bleibt die tiefe Sehnsucht der Hakka nach ihrer Heimat unverändert – und ist ein fester Bestandteil ihres kulturellen Erbes.
ie Provinz Guizhou im Südwesten Chinas ist eine malerische Region mit unberührter Natur. Eingebettet in die zahlreichen Berge, liegen eine Reihe alter Dörfer ethnischer Minderheiten. Diese Dörfer sind nicht nur Lebensraum für die dort lebenden Volksgruppen, sondern auch Träger ihrer einzigartigen Kultur und Kunst. Über Jahrhunderte haben sich diese Dörfer als eine Art irdisches Paradies des Friedens und der Ruhe erhalten, trotz der großen Veränderungen in der Außenwelt.
Wer hier zum ersten Mal ein historisches Dorf besucht, bekommt eine geheimnisvolle Atmosphäre zu spüren. Jeder Ziegel und jede Kachel der außergewöhnlichen Architektur scheinen Geschichten zu erzählen, während die symbolhaften Schriftzeichen von alten Legenden zeugen. In diesen farbenfrohen Dörfern mit landschaftlicher Idylle kann man den Alltag und die Sorgen hinter sich lassen und die Harmonie zwischen Mensch und Natur wiederf nden, ganz wie in den Versen des großen chinesischen Dichters Tao Yuan ming (365–427): »In diesen Dingen mag die wahre Bedeutung liegen, aber die Worte dafür kann man kaum noch f nden«.
Die Dörfer, in denen man die Vielfalt der lokalen Bräuche erleben kann, verkörpern auch selbst die Kultur von Guizhou. Manche sagen, dass die Hälfte des Charmes der Provinz in den historischen Dörfern verborgen liegt, die – geprägt von den Kulturen der jeweiligen ethnischen Gruppen – ein breites Spektrum architektonischer Stile und somit ein multikulturelles Bild bieten.
Die Dörfer der Dong
Die Dörfer der Dong-Nationalität bef nden sich überwiegend im Südosten der Provinz. Die meisten von ihnen liegen in den Bergen und sind von Wasser umgeben. In einem Dong Dorf f ndet man in der Regel Bauten mit lokalen Besonderheiten wie die sogenannten Wind-und-Regen-Brücken (eine Art hölzerne Kragträgerbrücke auf Steinpfeilern), Trommeltürme, Pavillons, den typischen Torturm, Stelzenhäuser, Brunnenhallen, Harpfen (Bauwerke zum Trocknen von Heu oder Getreide) und den Tempel der Göttin Sama.
Die meisten von den Dong bewohnten Gebiete bef nden sich in Guizhou, darunter die Siedlung in der Gemeinde Zhaoxing, die auch als »erstes Dorf der Dong« bekannt ist. Dieses hervorragende Beispiel für eine Dong Siedlung stellt ein wichtiges Zentrum für die Sitten und Gebräuche der ethnischen Minderheit dar. Das Dorf wurde während der Südlichen Song-Dynastie
(1127–1279) gegründet und blickt auf eine Geschichte von über achthundert Jahren zurück. Schon aus der Ferne erkennt man den imposanten Grundriss des Dorfs mit seinen Hunderten Holzbauten im traditionellen Pfahlbaustil, die mit dunklen Ziegeln gedeckt sind und aus den ausgedehnten Bergwäldern herausragen. Das Dong Dorf in Zhaoxing ist bekannt für seine identischen Trommeltürme, die größte Ansammlung dieser Art in China. Die gesamte Siedlung ist in fünf Gruppen unterteilt, die nach den konfuzianischen Tugenden »Menschlichkeit, Gerechtigkeit, Höflichkeit, Weisheit und Treue« benannt sind. Für das Dorf stellen diese Gruppen nicht nur die Grundlage der sozialen Struktur dar, sondern spielen auch eine zentrale Rolle bei der Weitergabe der Kultur, bei Festen und im täglichen Leben. Wer einige Zeit im Dorf verbringt, wird von der reichhaltigen kulturellen Atmosphäre angezogen. Im Dorf gibt es Gesangsgruppen und Opernensembles nach Art der Dong. Zu traditionellen Festen versammeln sich die Menschen in den Trommeltürmen für ihren Wechselgesang. Zum chinesischen Neujahrsfest wird das Trefen für gemeinsames Spielen auf den traditionellen Lusheng Flöten organisiert. Auch an einem ganz normalen Tag ist es möglich, dass man gelegentlich unterwegs von Einwohner:innen mit Gesängen begrüßt wird. In diesem Dorf herrscht überall eine einfache, aber gleichzeitig lebendige ländliche Poesie.
In Guizhou ist die ursprüngliche Kultur der Miao in den historischen Dörfern relativ gut erhalten. Die Miao Siedlung in der Gemeinde Xijiang, auch bekannt als »Dorf der tausend Haushalte«, ist das größte von den Miao bewohnte Gebiet der Welt. Die Siedlung besteht aus mehr als zehn miteinander verbundenen Weilern. Die Bewohner:innen bauen ihre Terrassenfelder an den Berghängen an, unter denen der Baishui Fluss das gesamte Gebiet in zwei Teile untergliedert. In Xijiang fallen vor allem die Pfahlbauten auf, die typische Merkmale der Architektur der Miao aufweisen. Diese Häuser sind meist entlang der Bergkette gebaut. Ein solches Pfahlhaus hat in der Regel drei Stockwerke: Das untere dient als Lagerraum für die landwirtschaftlichen Geräte und als Stall für das Geflügel, das mittlere ist der Wohnbereich mit Wohnzimmer, Schlafzimmer, Gästezimmer und Küche. Außerhalb des Wohnzimmers bef ndet sich ein meiren kao, wörtlich übersetzt: Schönheitssitz. Diese eigentümliche Konstruktion im Baustil
der Miao ist ein Sitzplatz, an dem man sich abkühlen, sticken oder entspannen kann. Im Obergeschoss wird meist Getreide oder Futter gelagert.
Ein Besuch in Xijiang wird durch die besondere Gastfreundschaft der Miao unvergesslich. So werden zum Beispiel die ankommenden Gäste mit ihrem süßen »Türblockierungsschnaps« als Geste der Ehrerbietung und des Willkommens begrüßt. Ihr höchstes Ritual für Gäste ist das so genannte »Langtischbankett«. Bei wichtigen Feierlichkeiten können Tausende von Menschen gemeinsam speisen, was eine einzigartige kulturelle Erfahrung bietet.
In Xijiang gibt es auch ein Miao Museum, das im für den Stil der Miao typischen Pfahlhauskomplex untergebracht ist. In den sechs zweistöckigen Gebäuden befinden sich elf Ausstellungsräume, die jeweils einem Thema gewidmet sind. Das Museum beherbergt mehr als 1200 Exponate, die die Kultur der Miao umfassend darstellen: Geschichte, Leben, Trachten, Medizin, Architektur, religiöse Überzeugungen und viele andere Aspekte des Volkes. Wer die Bräuche der Miao kennenlernen möchte, kommt an einem Besuch des Museums nicht vorbei.
Das Steindorf der Bouyei
Das Steindorf der Bouyei ist ein weiteres bemerkenswertes Beispiel für Dörfer nationaler Minderheiten. Fast alle Konstruktionen in diesem Dorf, sowohl die Häuser als
auch die Straßen, sind aus Steinen gebaut. Nach Angaben der Bewohner:innen besteht das Steindorf seit sechs bis sieben Jahrhunderten. Stein ist in dieser Gegend nicht nur ein überall verfügbares und billiges Baumaterial, sondern passt auch zum lokalen Klima. In Steinhäusern ist es im Winter warm und im Sommer kühl. Die meisten Männer des Dorfes sind erfahrene Steinmetze, die auch ohne Mörtel die Wände ordentlich und stabil errichten können. Die Frauen hingegen widmen sich oft der Kunst des Blaudrucks. In diesem Dorf, das auch als Wiege dieses Kunsthandwerks bekannt ist, sieht man am Flussufer oder auf den Brücken oft Frauen, die mit dem Auftragen des Wachses oder dem Entwickeln der Farben beschäftigt sind. Besucher:innen können miterleben, wie diese traditionelle Kunst entsteht.
Guizhou hat noch viele weitere einzigartige Dörfer zu bieten. In den Dörfern der Gelao kann man traditionelle Ölteezeremonien erleben, im Dorf Lapian der Yao prächtige Bankette, im Dorf Bamao der Shui den beeindruckenden Kriegstanz mit Trommelschlag, im Dorf Yun she die »Zehn- Gänge-Küche der Tujia«, in der Siedlung Matang der Gejia leidenschaft liche Tänze und Ge -
sänge und vieles mehr. Diese abgelegenen Dörfer haben trotz der Entwicklung der modernen Gesellschaft ein breites Spektrum an ursprünglicher Kultur bewahrt und laden dazu ein, in die Vergangenheit einzutauchen und den traditionsreichen Bräuchen Respekt zu zollen. Die Kultur der historischen Dörfer von Guizhou –mit ihrer langen Geschichte, ihren vielfältigen Bräuchen und ihrem idyllischen Leben – ist wie ein wunderschönes Gemälde. Sie öf net den gestressten Menschen der modernen Welt ein Fenster zu einer einfachen, authentischen Oase, in der man innere Ruhe f nden kann.
Beeindruckende Tänze und festliche Dor fbankette erzählen von der großen kulturellen Vielfalt in den Dörfern Guizhous. 在贵州的乡村,震撼人心的民族舞蹈与热闹非凡的村宴,展现 着这片土地的多元风情与独特魅力
Die chinesische Kalligrafe und Siegelkunst sind künstlerische Disziplinen, die sich dem Schreiben, Gestalten und Gravieren chinesischer Schriftzeichen widmen. Mit anderen klassischen Kunstformen wie Literatur, Malerei, Bildhauerei, Architektur, Musik, Tanz, Theater, Film oder volkstümlichem Sprechgesang stimmen sie konzeptuell überein: Sie entspringen dem Leben, stehen jedoch über ihm und vermitteln einen starken Sinn für chinesische Ästhetik.
Am engsten ist die Kalligrafe mit der Literatur verbunden. Die Kalligrafe ist eine der anspruchsvollsten Kunstformen, da sie ein fundiertes Verständnis der chinesischen Sprache voraussetzt. Zunächst müssen Lernende die chinesische Sprache beherrschen, eine bestimmte Anzahl an Schriftzeichen kennen und einige Gedichte und Verse verstehen – schließlich ist Kalligrafie vor allem ein schriftlicher Ausdruck der chinesischen Sprache. Ausländische Interessierte, die sich an chinesischer Kalligrafe versuchen möchten, benötigen daher zumindest grundlegende Sprachkenntnisse.
Als Jiang Yi (1903–1977, Schriftsteller, Maler und Kalligraf) im Jahr 1938 die chinesische Kalligrafe erst-
mals im Westen bekannt machte, konnte er zunächst keinen passenden Begrif ausmachen, weshalb er auf das griechische kalligraphía (»schöne Schrift«) zurückgrif. Dieser Ausdruck wurde jedoch leicht als »Schönschrift« oder »schriftmalerische Kunst« missverstanden. Sobald die Bedeutung des Begrifs klarer def niert war, wurde »Kalligrafe« laut Jiang Yi »fast ausschließlich zur Beschreibung der chinesischen Kalligrafe verwendet«. Im engeren Sinne bezieht sich Kalligrafe daher auf die Technik und Kunst des Schreibens chinesischer Schriftzeichen mit dem Pinsel – eine Kunstform, die man gemeinhin als »Schreiben mit dem Pinsel« (xiě máobı ˇ zì 写毛笔字) bezeichnet. Die Schönheit wohnt sowohl den geschriebenen Schriftzeichen als auch dem verwendeten Text inne. Auf diese Weise bereitet die Kalligrafe Schreibenden und Betrachtenden ästhetisches Vergnügen.
In der Welt des Schreibens gibt es nur wenige Länder, in denen Kalligrafe so tief in der Seele verwurzelt ist wie in China. Sie besitzt eine breite und tiefe gesellschaftliche Basis. Von landschaftlichen und kulturellen Sehenswürdigkeiten, über Museen hin zur Inneneinrichtung von Wohnräumen – Kalligrafe ist eine wichtige Kunstform, die Gefühle ausdrückt, Segenswünsche übermittelt und das geistige Leben bereichert. 书法是 一种艺术
Die Strichführung als Grundlage der chinesischen Kalligrafie
Wer sich als ausländische:r Lernende:r der chinesischen Kalligrafe widmen möchte, beginnt am besten mit dem Erlernen von grundlegenden Strichen und fährt dann mit den Radikalen und der Zusammensetzung der Zeichen fort, um so eine solide Grundlage für die Zeichenformen zu legen.
In unserem heutigen »Zeitalter des digitalen Schreibens«, in dem durch praktische Eingabemethoden immer seltener Chinesisch von Hand geschrieben wird, gewinnt das Erlernen der Kalligrafe eine besondere Bedeutung. Besonders für Ausländer:innen empfehlt es sich, das Erlernen der chinesischen Schrift und der Kalligrafe miteinander zu verbinden, da sich beide Bereiche gegenseitig unterstützen: Zeichen, die man beherrscht, schreibt man flüssiger, und Zeichen, die mit dem Pinsel geschrieben wurden, behält man besser im Gedächtnis.
Das grundlegende Element eines chinesischen Schriftzeichens sind die Striche. Die »Acht Prinzipien des Schriftzeichens Yong« (Yo ˇ ngzì bāfa ˇ 永字八法) beschreiben die acht Basisstriche der Regelschrift:
6 der lange, nach links abfallende Strich (chángpiě 长撇)
7 der kurze, nach links abfallende Strich (duaˇnpiě 短撇 )
8 der nach rechts abfallende Strich (nà 捺 )
Doch diese acht Striche allein reichen bei weitem nicht aus. Zudem haben die »Acht Prinzipien des Schriftzeichens Yong« einige Einschränkungen: Die abfallenden Striche sind zwar ausreichend berücksichtigt, es fehlt jedoch eine lange waagerechte Linie (es wird lediglich ein kurzer waagerechter Strich gezeigt), und der senkrechte Strich ist nicht wirklich eigenständig, da es sich eigentlich um einen senkrechten Strich mit Haken handelt.
Um diese Lücken zu schließen, haben wir eine Ergänzung vorgenommen, wodurch neun Grundstriche entstehen, die in zwei Kategorien unterteilt werden können:
Unidirektionale Striche (ohne Richtungswechsel)
Horizontal, vertikal, Punkt, abfallende Striche nach links und rechts sowie der Hebestrich. Diese Striche können eigenständig verwendet werden, wie anhand des Schriftzeichens mù 沐 veranschaulicht wird.
Ästhetische Merkmale kalligrafischer Linien
Die chinesische Kalligrafe ist eine Kunst der Linie. Betrachter:innen können Schriftzeichen und Text außer Acht lassen und sich direkt dem räumlichen Bild der Linien widmen. Diese Linien – ob gerade oder gebogen – entstehen durch den freien Schwung der Hand. Mit einer leichten Bewegung des Handgelenks kann ein:e Kalligraf:in die Linien stark und dick erscheinen lassen. Bei der Kalligrafe muss die Linie in einem einzigen Zug gelingen, ohne Nachzeichnen, Überarbeitung, oder gar wiederholtes Verschmieren. So entstehen reine, kraftvolle Linien mit einer Lebendigkeit und Ausstrahlungskraft, die sich von Schönschrift oder anderen grafschen Schriftdarstellungen unterscheidet.
Umkehrende Striche (mit Richtungswechsel)
Wendestrich, Bogen und Haken (wobei hier der Bogen ergänzt wird). Diese Striche können nur in Kombination verwendet werden, etwa bei dem horizontalen Wendestrich (héng zhé 横折), dem senkrechten Bogen mit Haken (shù wān gōu 竖弯钩) oder dem schrägen Haken (xié gōu 斜钩).
Kalligrafe ist die Kunst der Linie, darin stimmen chinesische und ausländische Darstellungen von Schriftzeichen überein. Ein Unterschied besteht jedoch darin, dass sich die Linien alphabetischer Schriftzeichen (lateinisch, slawisch, arabisch, indisch) einem flachen Band ähnlich nur ein- beziehungsweise zweidimensional verändern, wodurch sie starr und gleichmäßig wirken. Die Linien chinesischer Kalligrafen hingegen sind so vielfältig, dass sie durch Kontraste in Geschwindigkeit, Druck oder Dicke eine drei- oder sogar vierdimensionale Wirkung entfalten können.
Cai Yong (133–192, Literat und Kalligraf der Östlichen Han-Dynastie) bemerkte in seinem Werk Jiushi 九势, dass in der chinesischen Kalligraf e »durch die Weichheit des Pinsels außergewöhnliche Formen ent-
stehen«. Die Einzigartigkeit des Pinsels in Kombination mit Xuan-Papier erlaubt es, ohne den Pinsel zu wechseln, alleine durch Variationen in Druck und Bewegung Linien mit Tiefe, Kraft und Rhythmus zu erschafen. So entsteht eine dreidimensionale Wirkung, die durch Hinzunahme des Faktors Zeit vierdimensional wird. Diese »freihändige Linie« kann ungezwungen zwischen fgürlicher und abstrakter Darstellung wechseln. Es gibt in der chinesischen Kalligrafe fünf wichtige Schriften: Siegelschrift, Kanzleischrift, Konzeptschrift, Regelschrift und Kursivschrift (siehe Abbildung). Der Sinn für die Linie ist am stärksten in der Siegel- und der Konzeptschrift ausgeprägt. Da es sich bei der Siegelschrift um eine alte Schrift und bei der Konzeptschrift um die abstrakteste Schrift handelt – diese Schriften stellen die beiden Extreme der fünf Schriften dar und sind auch am schwersten zu entzifern – sind die Striche nicht so ausgeprägt wie die Linien. Die standardisierten Schriften Kanzleischrift, Regelschrift und Kursivschrift hingegen sind gut lesbar und einprägsam. Anfänger:innen der Kalligrafe sollten sich nicht nur auf die Struktur der Regelschrift (das Schreiben der Zeichen) konzentrieren, sondern auch durch Übung in der Pinselführung die Wahrnehmung der Linie stärken, um efektiv und ef zient zu lernen. Wenn das Bewusstsein für die spitze Pinselfeder fehlt, wirkt die Linie »gemalt«, mit blasser, kraftloser Tinte und dünner, eindimensionaler Linie. Nach einer gewissen Zeit der wis-
senschaftlichen Ausbildung werden die Linien rund, »klebrig«, dick und gerade. Wenn die Linien abgerundet, »klebrig«, dick und fest werden, erlangen sie die Eigenschaften dreidimensionaler Linien. Wenn wir der Tinte Rhythmus, Metrik und Farbwechsel hinzufügen, um Linienefekte wie das »fliegende Weiß« der Feibai-Technik mit ihren mit halbtrockenem Pinsel gemalten, durchbrochenen Schriftzügen, jene der Jinshi-Technik (wörtlich: Metall und Stein), die die Linien wie Inschriften auf alten Bronzegefäßen und Epitaphen erscheinen lässt, oder andere Efekte zu kreieren, dann kommen auch die vierdimensionalen Eigenschaften der Kalligrafe zum Vorschein.
Die philosophische Bedeutung der kalligrafischen Pinseltechnik
Wie werden die Striche der chinesischen Schriftzeichen geschrieben? Durch das Verständnis der Linienführung können Ausländer:innen nicht nur den Charme der kalligraf schen Linien, sondern auch – ähnlich wie beim Lesen literarischer Werke oder dem Betrachten bildlicher Darstellungen – die ihnen zugrunde liegende chinesische Kultur besser begreifen.
古文字 alte Schrift
今文字 moderne Schrift
篆书 Siegelschrift
隶书 Kanzleischrift
草书 Konzeptschrift
行书 Kursivschrift
楷书 Regelschrift
Die Form des Pinsels ermöglicht es, jede seiner acht
Seiten zu nutzen (bāmiàn chū fēng 八面出锋), wobei »feng« für die Pinselspitze steht. Hierbei gibt es verschiedene Techniken zur Führung der Pinselspitze, denen Prinzipien der chinesischen Philosophie zugrunde liegen: Bei der »verborgenen Spitze« wird der Pinsel so geführt, dass die Spitze in einem runden Kopf geschickt versteckt wird und somit unsichtbar bleibt. Dies soll die subtile Zurückhaltung in der chinesischen Kultur symbolisieren. Bei der »mittleren Spitze« bleibt die Pinselspitze stets in der Mitte der Linie, während sie bei der »seitlichen Spitze« bewusst auf eine Seite geneigt ist. Durch fünf Arten, das Handgelenk zu bewegen – Gleiten, Schwingen, Drehen, Drücken und Knicken – können diese Techniken gemeistert werden und sich die »Freiheit der Pinselkunst« allmählich entfalten. Im Kalligrafeunterricht sollten zunächst diese fünf Arten der Pinselführung gelehrt werden, um das Handgelenk des Lernenden frei zu bekommen. Die Kalligrafe zu schätzen heißt, in der Stille nach Bewegung zu suchen, den Verlauf der Bewegung hinter den Linien und Strichen zu verstehen und die Art und Weise, wie der Pinsel benutzt wird, zu analysieren – dies sind die ersten Schritte zum Erlernen der Kalligrafe!
Der Schlüssel zum Erlernen der Kalligrafe ist die Pinselführung, das heißt die Art und Weise, wie man den Pinsel benutzt – die Pinselhaltung, die Handgelenksbewegung und die Anpassung der Pinselspitze. Die statischen und dynamischen Pinselstriche sind die Trennlinie zwischen Schriftzeichen und Kalligrafe. Die oben genannten fünf Hauptstriche werden alle aus dem Handgelenk ausgeführt, daher ist die Technik der Hand-
gelenksbewegung von grundlegender Bedeutung. Kurzum: Das Drehen des Handgelenks, ähnlich dem Zeichnen eines Kreises, ist die wichtigste Fähigkeit. Im Drehbuch zum Film Tiger and Dragon des Regisseurs Ang Lee steht geschrieben: »Ich sehe, wie du das Handgelenk drehst. Ob Kalligrafie oder Schwertkampf – es scheint sich um dieselbe Formel zu handeln.« Nach Jahren des Unterrichtens und Beobachtens haben wir festgestellt, dass Ausländer:innen, die mit dem Alphabet aufgewachsen sind, sehr flexible Handgelenke haben und sich hervorragend auf das Zeichnen von Kreisen verstehen – dies kann ein Vorteil sein, um die Ästhetik der chinesischen Kalligrafe so schnell wie möglich zu begreifen.
Diese Theorie der Pinselstriche ist seit jeher brillant und kunstvoll. In der Tat ist sie jedoch gänzlich der Ergonomie entsprechend, argumentierbar und lehrbar. Die Pinselstriche enthalten den wesentlichen Schlüssel zum Verständnis der chinesischen Kalligrafekultur.
Huang Jianqin ist außerordentlicher Professor für internationale chinesische Sprachausbildung der Shanghai International Studies University (SISU), Mitglied der Chinese Linguistic Society, der International Society for Chinese Language Teaching sowie der Shanghai Calligraphers Association.
Der Gastkoch unserer RezepteSerie – Thomas Wrobel aus Leipzig – erlernte seine ersten Sichuan-Gerichte bei den Straßenköchinnen und -köchen von Chengdu, indem er ihnen einfach beim Kochen zuschaute. Später führte er zehn Jahre lang das legendäre »Chinabrenner«Gasthaus in Leipzig. Neuerdings agiert er als »Drunken Master« in seinem »Speiseatelier«, einer Versuchsstätte für chinesische Kulinarik und Gastlichkeit. Für diese Rezept-Serie erinnert sich Thomas Wrobel an die prägendsten Begegnungen mit seinen Lieblingsgerichten. Weil er die Rezepte möglichst kontraststark präsentieren wollte, haben wir uns für ein Koch- Shooting in den italienischen Alpen entschieden. Stein, Holz und die Keramik des Südtiroler Labels Portamor passen in ihrer Schlichtheit perfekt zu den intensiven Gerichten der Sichuan-Küche.
Es war Ende der 1990er Jahre. Ich hatte mich an der Sichuan Universität in Chengdu eingeschrieben. Of ziell studierte ich Chinesisch, mehr jedoch genoss ich mein Leben in dieser Stadt und auch ihre kulinarischen Verführungen. Ich fühlte mich in diesem Teil von China wie Gott in Frankreich.
Schweinebauch gibt es in China und ebenso in Sichuan quasi an jeder Ecke – gedämpft, geschmort oder gebraten. Jede Region oder sogar jedes Dorf hat vom Hóngshāo ròu , wörtlich rotgeschmortes Schweinefleisch, sein eigenes Rezept.
An einem fast sonnigen Spätsommertag unternahm ich mit Freunden eine Reise zu einem Dorf im Umland von Chengdu. Es war weitgehend in seinen traditionellen Strukturen erhalten und die Großstädter liebten es als Ausflugsziel. In den paar engen Straßen und auf den zwei alten Brücken tummelten sich unzählige chinesische Familien und Grüppchen.
Wie ich mich gerne erinnere, war eine der lokalen kulinarischen Spezialitäten schon optisch ein Highlight. Es war ein Schweinefleisch, dessen rote Farbe so dunkel war, dass man sie als Schwarz wahrnahm. Wenn man jedoch ein einzelnes Stück Fleisch gegen das Licht hielt, zeigte sich ein strahlendes, unnachahmlich tiefes Rot.
Auch wenn ich mich leider nicht mehr an den Namen des Dorfes erinnere: Den Geschmack und das Aussehen dieses Gerichtes habe ich nie wieder vergessen. Die Erinnerung daran war meine Orientierung als ich mein eigenes Schweinebauch-Rezept entwickelt habe.
Rezept & Text /食谱与文: Thomas Wrobel
Fotos / 图: Thomas Rötting 岳拓
GESCHMORTER SCHWEINEBAUCH
• etwa 1 Kilo Schweinebauch mit Schwarte (lieber zu viel als zu wenig)
• 1 zwei oder drei Finger großes Stück Ingwer (angequetscht und grob geschnitten)
• 3 Lauchzwiebeln (angequetscht und in je 3–4 Stücke geschnitten)
• 2 Zimtstangen
• 4–5 Stücke Sternanis
• geröstete Sesamsaat zum Garnieren Z U T A T E N
• je eine kleine Schüssel Zucker, dunkle Sojasauce und Reiswein
• Pflanzenöl zum Braten
Hóngshāo ròu
Den Schweinebauch in 2,5 × 2,5 cm große Stücke schneiden, jedes Stück sollte auch Schwarte haben.
Etwas Öl in den Wok oder Topf geben und die Gewürze darin anbraten. Die Schweinebauchwürfel dazugeben und unter Rühren kräftig und mindestens 10 Minuten lang anbraten.
Zucker dazugeben, kurz mitbraten und dann relativ zügig mit Reiswein und dunkler Sojasauce ablöschen. Aufkochen lassen, dann das Feuer klein stellen und zugedeckt eineinhalb Stunden simmern lassen.
Gelegentlich umrühren und im Notfall mit etwas Wasser den Flüssigkeitsstand etwas auffüllen, damit das Ganze nicht anbrennt. Für den Geschmack ist es allerdings besser, kein Wasser zugeben zu müssen.
Zum Servieren mit etwas gerösteter Sesamsaat bestreuen. Guten Appetit!
CHINESISCH 汉
CHINESISCHERKLÄRTEINFACH
汉
Wörter mit 汉
汉学 hànxué Sinologie
汉白玉 hànbáiyù weißer Marmor, Alabaster
老汉 lǎohàn alter Mann
门外汉 ménwàihàn Laie, Außenseiter
霄汉 xiāohàn Wolken und Milchstraße, Himmel
负心汉 fùxīnhàn
Mann ohne Zuneigung und Moral
英雄好汉 yīngxióng hǎohàn Helden
Grundbedeutungen
1.
Hanshui, auch Hanjiang genannt, ein Fluss, der bei Wuhan in den Changjiang mündet
汉水,又称汉江,在武汉附近汇入长江
2.
Erwachsener Mann 成年男子
3.
Name der chinesischen Han-Dynastie (202 v. u. Z. bis 220 u. Z.)
中国朝代名
铮铮铁汉 zhēngzhēng tiěhàn
Redewendungen mit 汉
楚河汉界 Chǔhé hànjiè
wörtlich: Fluss Chu und Grenze Han sinngemäß: Land- oder Flussgrenze zwischen zwei sich bekriegenden Parteien, Front
wörtlich: klirrender eiserner Mann sinngemäß: eine gerechte, starke und unnachgiebige Person
气冲霄汉 qìchōng xiāohàn
wörtlich: Die Aura der Macht steigt hoch in den Himmel. sinngemäß: Mann mit Mut und Wagnis
hàn
例句
Beispiele
拼 手 速
pīnshǒusù
CHINESISCHER
Zum Netzjargon gehören Wörter und Formulierungen, die im Internet entstanden sind, aber nicht nur im virtuellen Raum benutzt werden. Sie spiegeln häufig die soziale, politische und wirtschaftliche Entwicklung eines Landes oder einer bestimmten Region wider und sind unter jungen Menschen, also den Digital Natives, besonders beliebt.
网络热词是指随互联网技术诞生、但不仅局限于 虚拟空间被频繁使用的词语,它们在一定程度上反
映了国家或地区社会、政治、经济的发展,深受数 字一代年轻人的青睐。
Die Redewendung 拼手速 pīnsho ˇ usù ist mit dem Aufkommen von E-Commerce entstanden. Unter dem mehrdeutigen Schriftzeichen 拼 pīn ist in diesem kontextualen Zusammenhang 比较 bı ˇ jiào , also vergleichen, zu verstehen, während 手速 sho ˇ usù Fingergeschwindigkeit bedeutet. Wortwörtlich heißt diese Wendung: Kampf um Fingergeschwindigkeit, und im übertragenen Sinn geht es darum, wer sich im Internet am schnellsten die von Händler:innen billig, aber in begrenzten Mengen angebotenen oder die besonders begehrten Waren ergattern kann.
Shuāngshíyī kuài dào le, yòu dào le pīnshǒusù de shíhou!
Die Doppel-Elf (gemeint ist der 11. November = Singles’ Day = Shopping Day) kommt, es ist wieder Zeit für den Kampf um die Fingergeschwindigkeit!
有什么拼手速的诀窍可以教教我?
Yǒu shénme pīnshǒusù de juéqiào kěyǐ jiāo jiāo wǒ?
Hast du Tricks für mich, wie ich meine Fingergeschwindigkeit erhöhen (und so im Internet auch begehrte Waren ergattern) kann?
GRUNDSTRUKTUR EINES CHINESISCHEN SCHRIFTZEICHENS
Ein chinesisches Schriftzeichen setzt sich in der Regel aus einem bedeutungstragenden und einem lauttragenden Bestandteil zusammen. Der meist linke oder obere Teil des Zeichens gibt die Bedeutung an, während der andere Teil die Aussprache bestimmt. In dieser Ausgabe stellen wir das Signifikum 冫vor.
Signifikum für Eis
Schriftzeichen mit diesem Signif kum weisen semantisch oft auf eine Beziehung zum Eis, zur Kälte hin.
bīng Eis
dòng einfrieren
yě verhütten
Orakelknochenschrift
Bronzeschrift
Regelschrift
Anregungen für die Vermittlung von Grammatik im
ChaF-Unterricht
Für Chinesischlernende stellen nicht nur die chinesischen Schriftzeichen und ihre Tonalität eine Herausforderung dar, sondern auch die Grammatik, die sie für eine korrekte Anwendung der Sprache sicher beherrschen sollten. Damit kommt also die Frage auf, wie wir Lehrkräfte im Unterricht für Chinesisch als Fremdsprache (ChaF) Grammatik einfach und ef zient vermitteln.
Zunächst einmal müssen die Lehrenden selbst über hervorragende Grammatikkenntnisse verfügen. Zu speziellen grammatischen Phänomenen sollten sie sich anhand von Lehrbüchern oder Grammatiken gründlich vorbereiten. Sprachlicher Ausdruck und Didaktik der Lehrkraft sollten sich zudem an Alter und Sprachniveau der Lernenden orientieren. Es ist ratsam, sich vor dem Unterricht über die Lerngruppe zu informieren, um sich dementsprechend didaktisch und sprachlich auf den Unterricht vorzubereiten. Letztendlich gibt es nicht »die einzig wahre Unterrichtsmethode«. Lehrpersonen sollten äußerst kompetent und sehr ofen sein und im Unterricht dem Grundsatz »gut erklären, viel üben, verständlich und schrittweise vorgehen« folgen. Ich bin der Meinung, dass ein guter Grammatikunterricht die folgenden vier Phasen durchläuft: Einführung, Erklärung, Übung und Zusammenfassung.
1. Eine anschauliche und klare Einführung grammatischer Erscheinungen hilft den Lernern, diese schnell zu verstehen.
2. Für ein umfassendes Verständnis ist es notwendig, Form, Bedeutung und Funktion der grammatischen Erscheinung zu erklären.
3. Übungen sind notwendig, um das Gelernte zu festigen und in der Praxis anwenden zu können.
4. Eine systematische und strukturierte Zusammenfassung des Gelernten hilft den Lernenden, sich fundiertes Wissen anzueignen.
如 何 教 语 法
浅谈国际中
文课堂中的 语法教学
1
Text / 文 : Zhao Ying 赵莹 Aus dem Chinesischen / 德文翻译 : Andrea Schwedler 安雅莉
Es hilft, grammatische Erscheinungen anhand von Gegenständen, Skizzen, Bildern, Bewegungsdemonstrationen, Diktaten, Quizfragen oder szenischen Situationen einzuführen, um den Grammatikunterricht anschaulich und konkret zu gestalten. Zum Beispiel kann die Lehrperson bei Themen wie Einkaufen oder Geldwechsel den Grammatikunterricht mit Obst oder Münzen auflockern. Selbstverständlich können im Unterricht auch ganz alltägliche Dinge wie Bücher und Hefte zur Veranschaulichung verwendet werden.
Für die Vermittlung von Zeit- und Datumsangaben können selbstgemachte Kalender oder Uhren eingesetzt werden.
Von Vorteil ist es, wenn Lehrende Texte mit eigenen Zeichnungen kombinieren können, da sie damit den Lernenden das Verständnis und das Erinnern an den Unterrichtsstof erleichtern.
Bei der Vermittlung der grammatischen E rschei nung »action in progress« bietet es sich an, mit Bildern und/oder Spielszenen in die Thematik einzuführen und mit Fragen wie »Was macht er/sie gerade?« die Lernenden zur Mitarbeit anzuregen. Bei Komplementen der Richtung bieten sich ebenfalls kleine szenische Darstellungen an, etwa um zu zeigen, dass eine Person »herüberkommt« oder »hinausläuft«.
Diktate sind eine weitere Möglichkeit, bereits gelernte Grammatik zu wiederholen und neue einzuführen. Die Lernenden werden in die Lage versetzt, Grammatikstrukturen zu vergleichen und Unterschiede und Ähnlichkeiten herauszuarbeiten. Diktiert werden zuerst Sätze mit einfachen Komplementen der Richtung, wie zum Beispiel »Er kommt herein« (他进来) oder »Du gehst hinüber« (你过去), um anschließend mit Sätzen mit komplexeren Komplementen der Richtung fortzufahren, Subjekt + Verb + …(主语+动词+上 / 下/进 /出/回/过/起+来/去)
Frage- und Antwort-Übungen eignen sich ebenfalls dazu, neue Grammatik einzuführen. Zum Beispiel kann die Lehrperson bei der Einführung der »shi … de «-Konstruktion auf ein auf dem Tisch liegendes Buch zeigen und einen Teilnehmenden (TN) fragen:
TN: Ja. (Es kann sein, dass die TN zu diesem Zeitpunkt die Bedeutung des Satzmusters noch nicht vollumfänglich verstehen und nur kurze Antworten geben können.)
教师:(引导学生说出完整的句子)这本书是你买的,对吗? Lehrkraft (leitet die TN an, den vollständigen Satz zu sagen): Du hast dieses Buch gekauft, nicht wahr?
学生:对,这本书是我买的。
TN: Ja, ich habe dieses Buch gekauft.
教师:这本书是你借的吗?
Lehrkraft: Hast du dieses Buch ausgeliehen?
学生:不是。
TN: Nein.
教师:这本书不是你借的,是你买的。(引导学生复述完整
的句子)
Lehrkraft: Du hast dieses Buch nicht geliehen, sondern es gekauft, richtig? (Hinleitung für eine Antwort mit vollständigem Satz.)
Daran anschließend kann die Lehrperson der Klasse Fragen stellen und die TN bitten, sie im Chor zu beantworten. Auch wenn die Lernenden die spezifsche Grammatikeinheit noch nicht vollständig verstanden haben, haben sie bereits intuitiv ein erstes Verständnis entwickelt und damit eine gute Grundlage für weitere Lernfortschritte erhalten.
Grammatik kann auch am Beispiel authentischer Situationen erklärt werden. Soll zum Beispiel der Unterschied zwischen »就 ……了« und »才« erklärt werden, kann der folgende Dialog geführt werden:
Lehrkraft: Marie, um wie viel Uhr bist du heute in die Schule gekommen?
玛丽:七点半。
Marie: Um halb acht.
教师:你七点半就来了,真早!
Lehrkraft: Um halb acht schon, das war früh!
教师:马克,你呢?你几点来的?
Lehrkraft: Und du, Mark? Wann bist du gekommen?
马克:八点。
Mark: Um acht Uhr.
教师:嗯,你八点才到,不过,没有迟到。
Lehrkraft: Hm, erst um acht Uhr, gerade noch rechtzeitig.
Fazit: Reale und/oder gespielte Situationen eignen sich sehr gut, um grammatische Strukturen zu erklären.
总之,展示语法点时应运用各种真实或模拟的情景来 呈现语法点。
ERKLÄRUNG
讲解语法点
Die Erklärung grammatischer Strukturen ist wichtiger Bestandteil des Grammatikunterrichts, weshalb wir »dezidiert erklären und viel üben« müssen, damit Form, Bedeutung und Funktion der Grammatik gut verstanden werden. Grammatik kann induktiv, deduktiv, kontrastiv, kategorisierend oder graf sch erarbeitet werden. Jede Methode hat ihre eigenen Merkmale und Anwendungsbereiche. Lehrende sollten sich entsprechend den Bedürfnissen der Lerngruppe für eine Methode entscheiden.
Grammatikunterricht mit dem induktiven Ansatz bedeutet latenter Grammatikunterricht, der die Lernenden vom Konkreten zum Abstrakten, von einem Befund zu einer Formel führt. Es handelt sich um eine Methode, die sich für den Einstiegsunterricht und die Einführung neuer Inhalte eignet. Ausgehend von konkreten Situationen leitet sie die Schüler und Schülerinnen dazu an, Grammatikregeln abzuleiten, und fördert die Fähigkeit, aus Erfahrungen verallgemeinernde Schlussfolgerungen zu ziehen. Wird zum Beispiel im Unterricht das Thema des Aussagesatzes behandelt, dann schreibt man die folgenden Sätze derart an die Tafel, dass die Satzglieder klar voneinander getrennt sind:
Die Lehrkraft fordert die Lernenden auf: Was bedeuten die Wörter »前边、楼下、 我家院子里、树上« am Satzanfang? Antwort: Sie alle geben einen Ort an. Frage: Ist ihnen » 在« vorangestellt? Antwort: Nein. Es gibt kein » 在«.
Lehrkraft: Welcher Wortart sind »开、上、种、开« in den Verbindungen »开过来、 上来、种着、开着« zugeordnet? Antwort: Genau, es sind Verben. Und nach diesen Verben? Richtig, es gibt noch andere Wörter. Das Verb kann hier nicht allein für sich stehen, es benötigt Ergänzungen.
Lehrkraft: »一辆空车、一个人、一棵树、很多花« Beschreiben Sie diese Wortverbindungen. Korrekt, es sind Zähleinheitswörter und Substantive. Stehen diese Wörter also für Personen oder Dinge, die näher bestimmt sind? Nein, sie sind nicht näher bestimmt und damit »vage« Angaben.
Auf diese Weise werden die Schüler fragend angeleitet, die Struktur eines Aussagesatzes zu analysieren in »Ort + Verb + Komplement + Substantiv«. Die Satzstruktur wird an der Tafel unter das entsprechende Satzglied geschrieben, so dass den Lernenden verdeutlicht wird, dass der Gegenstand des Satzes eine unbestimmte Information ist.
Im Gegensatz zur induktiven Methode gehört die deduktive Methode zum ableitenden Grammatikunterricht, in dem vom Abstrakten zum Konkreten, vom Allgemeinen auf das Besondere geschlossen wird. Sie eignet sich im fortgeschrittenen Unterricht für die Festigung vorhandenen Wissens. Nachdem die Lehrkräfte die Grammatikregel vorgestellt haben, fordern sie die Lernenden auf, diese auf konkrete Beispielsätze anzuwenden, um Verständnis und Gedächtnis der Schüler und Schülerinnen zu trainieren. Nehmen wir zum Beispiel die grammatische Erscheinung der Partikel »了«, die für Chinesischlernende eine große Herausforderung beim Erlernen der chinesischen Sprache darstellt. Ihre Anwendung muss über einen längeren Zeitraum erarbeitet werden, indem vom Allgemeinen in die Tiefe gegangen wird.
Die kontrastive Methode unterscheidet ex terne und interne Vergleiche. Beim externen Vergleich wird die Grammatik der Zielsprache mit der Grammatik der Muttersprache verglichen; während beim internen Vergleich grammatische Erscheinungen innerhalb der Zielsprache verglichen werden. Dies hilft den Lernenden, die Grammatik leichter zu durchdringen und im Gedächtnis zu verankern. Beispiele für die Anwendung der kontrastiven Methode sind unter anderem » 把 «Sätze mit » 被«-Sätzen sowie »就« mit »才« als auch »一点儿« mit » 有点儿«.
Eine Kategorisierung, die strukturell oder funktional sein kann, systematisiert das Erlernen von Grammatik. Zum Beispiel kann die Lehrkraft bei der Behandlung von Vergleichssätzen diese entsprechend ihrer Strukturen in separate Kategorien einordnen. Nachdem die Lernenden die verschiedene Arten von Fragesätzen gelernt haben – allgemeine Fragen, Fragen mit Interrogativpronomen, Ja/Nein-Fragen, selektive Fragen, elliptische Fragen und Fragen mit den Endungen »好吗/行吗/可以吗/怎么样 « – kann eine funktionale Kategorisierung vorgenommen werden, die nach der Art der Fragestellung – 怎么问? Wie fragt man ( 疑问的方式 Art der Fragestellung) – geordnet wird.
Allgemeine Fragen. Struktur: »…?« 问:你是中国人吗? Frage: Bist du Chinese?
答:是。/不是。
Antwort: Ja. / Nein.
Spezifische Fragesätze (meist unter Verwendung von Fragepronomen). Gängige Fragewörter sind: 什么、谁、谁的、哪、哪儿(哪里)、怎么、怎么样、几、多少、 什么时候、几点……
Was, wer, wessen, welche, wo, wie, worüber, wie viele, wann, zu welcher Zeit …
正反问句。结构:主语 + 动词 + 不 + 动词 + 宾语? Ja/Nein-Fragen. Struktur: Subjekt + Verb + nicht + Verb + Objekt? 问:他是不是老师? F: Ist er ein Lehrer? 答:是。/不是。 A: Ja. / Nein.
选择问句。结构:……还是……? Auswahlfrage. Struktur: … oder …? 问:你的车是新的还是旧的? F: Ist dein Auto neu oder alt? 答:我的车是新的。 A: Mein Auto ist neu.
省略问句。结构:……呢? Elliptische Fragesätze. Struktur: Was ist mit …? 问:这是谁的包? F: Wessen Tasche ist das? 答:我的。 A: Meine.
问:那个呢?(= 那个包是谁的?) F: Und die da? (= Wessen Tasche ist das?) 答:我朋友的。 A: Die meines Freundes.
用“好吗/行吗/可以吗/怎么样”的问句。
Fragen mit »Ist es gut / okay so? / Passt es so? / Wie ist es?« 问:晚上咱们去看电影,好吗? F: Heute Abend gehen wir ins Kino, ok? 答:好。/ 好的。/ 行。 A: Ja. / A: Ja. / A: In Ordnung.
Die grafische Methode 图示法
Die graf sche Methode nutzt Tabellen, Symbole und Diagramme, um Grammatik zu erklären und komplexe Konzepte anschaulicher und leichter verständlich zu machen. Zur Erläuterung der grammatischen Erscheinung des Komplements der Richtung greifen die Lehrpersonen gerne zur unten abgebildeten Graf k.
Es ist wichtig, dass die Erklärung grammatischer Strukturen in einem dem Thema entsprechenden Kontext eingebettet ist, damit die Lernenden mit der zu behandelnden Grammatik in Berührung kommen und mithilfe verschiedener Methoden grammatische Regeln erkennen und formulieren können. Achten Sie darauf, Grammatikregeln immer kontextbezogen zu vermitteln.
Zhao Ying ist Dozentin an der International School der Tongji-Universität. Sie betreut Masterstudierende und ist Ausbilderin für ChaF-Lehrerin am Center for Language Education and Cooperation (CLEC).
赵莹,同济大学国际文化交流学院讲师,硕士研 究生导师,(语合中心)国际中文教育教师能力培 训师。
来 去
Ohrwurm
耳虫
Ein »Duft von Äpfeln« liegt in der Luft
《苹果香》 香飘四方
Text / 文: Lao Du 老杜
Illustration / 图: Lao Du 老杜
Aus dem Chinesischen / 德文翻译: Maja Linnemann 马雅
Im Jahr 2024 wurde in China plötzlich ein Song zum Hit: »Der Duft von Äpfeln« des kasachischen Musikers Nurlan Zunong aus Xinjiang, der unter seinem Künstlernamen Langge bekannt ist.
Langge, geboren 1963 in der Autonomen Mongolischen Präfektur Bortala im Nordwesten Xinjiangs, wuchs in einer großen multiethnischen Familie auf. Er studierte Malerei am Bortala Normal College und arbeitete nach seinem Abschluss als Kunstlehrer an einer Mittelschule. Schon bald faszinierte ihn die Musik mehr als die Malerei. Seine vielen Songs stehen deutlich unter dem Einfluss der lokalen Kultur. 1994 wurde sein Stück »Grüne Steppe« zum of ziellen Song der Präfektur Bortala gewählt.
2021 kam das Album »Der Duft von Äpfeln« heraus. Im gleichnamigen Song referiert der Künstler an seine Kindheit in Yining. Erfüllt von Nostalgie nach seiner Heimat, erzeugt Langge das Bild einer multiethnisch geprägten Kultur und des harmonischen Zusammenlebens. Nach der Veröfentlichung wurde der Song von einigen Influencer:innen aufgegriffen und interpretiert, woraufhin er sich 2024 mit unglaublicher Geschwindigkeit im Internet verbreitete. Es erschienen verschiedene Ausführungen, unter anderem in Dialekten gesungene und Chorversionen. Urheber Langge freute sich über die vielen Interpretationen: Er schreibe Songs mit der Absicht, dass sie von vielen Menschen gesungen würden, daher seien die Rechte vollkommen freigegeben. Gleichzeitig weist er wiederholt auf die korrekte Aussprache der kasachischen und russischen Wörter hin.
红嘴雁啊飞回芦苇随风摆 hóngzuıˇyàn a fēihuí lúwěi suí fēng baˇi
Die Graugänse kehren zurück, das Schilf wiegt sich im Wind
河对面的莎吾烈泰 hé duìmiàn de shāwúliètài
Ob am anderen Ufer des Flusses
今天在不在 jīntiān zàibúzài
Saburat heute noch da ist?
那年我饮马来到了 nànián woˇ yıˇnmaˇ láidào le Einst ließ ich mein Pferd trinken.
你的白毡房 nıˇ de báizhānfáng Bei deiner weißen Jurte
我曾看到你弹着冬布拉 woˇ céng kàndào nıˇ tánzhe dōngbùlā sah ich dich die Dombra zupfen
听过你把歌唱 tīngguò nıˇ baˇ gē chàng und lauschte deinem Gesang.
单纯的相逢 dānchún de xiāngféng Ein argloses Zusammentreffen, 平凡的晚上 píngfán de waˇnshàng ein ganz normaler Abend.
我就在那个时候啊 woˇ jiùzài nàgè shíhòu a Ich wartete voller Hoffnung
傻傻的等到了天亮 shaˇshaˇ de děngdào le tiānliàng bis zum Morgengrauen.
月亮作证 yuèliàng zuòzhèng Der Mond war Zeuge.
《苹果香》 »Duft von Äpfeln«
你毡帽上的羽毛 nıˇ zhānmào shàng de yuˇmáo Die Federn an deiner Fellmütze
亲吻着晚风飘啊飘 qīnwěnzhe waˇnfēng piāo a piāo
küssten zärtlich den Abendwind
啊飘到了我的心上 a piāodào le woˇ de xīnshàng und schwebten in mein Herz.
六星街里还传来 liùxīngjiē lıˇ hái chuánlái Ob in der Liuxing-Straße
巴扬琴声吗 bāyángqín shēng ma das Bajan-Akkordeon noch erklingt?
阿力克桑德拉的面包房 Ālìkèsāngdélā de miànbāofáng Ob in Alexanders Backstube
列巴出炉了吗
lièbā chūlú le ma noch Lieba¹ aus dem Ofen kommen?
南苑卤香是舌尖上的故事啊
nányuàn luˇxiāng shì shéjiān shàng de gùshì a Nanyuan Luxiang² ist eine Geschichte, die auf der Zunge zergeht.
你让浪迹天涯的孩子啊 nıˇ ràng làngjì tiānyá de háizi a Lass deine in alle Welt verstreuten Kinder
梦中回家吧 mèngzhōng huíjiā ba in ihren Träumen heimkehren.
儿时的万花筒里
érshí de wànhuātoˇng lıˇ Im Kaleidoskop der Kindheit
1 Lieba, ein dunkles Brot, in Anlehnung an die russische Bezeichnung für Brot chleb 2 Ein auf Fleisch-Eintöpfe spezialisiertes Restaurant.
有野鸽在飞翔 yoˇu yěgē zài fēixiáng fliegen die Wildtauben, 这让我想起二哥 zhè ràng woˇ xiaˇngqıˇ èrgē und mir fällt Bruder zwei ein,
和他心爱的弹弓叉 hé tā xīnài de dàngōng chā mit seiner heißgeliebten Zwille.
湖蓝色的院墙
húlánsè de yuànqiáng Die blauen Hofmauern
我生命里的院落 woˇ shēngmìng lıˇ de yuànluò umfassen den Innenhof meines Lebens.
我的妈妈在那里给我的爱 woˇ de māma zài nàlıˇ gěi woˇ de ài
Dort schenkte mir meine Mutter ihre Liebe,
叫我永生不忘啊
jiàowoˇ yoˇngshēng búwàng a und hieß mich, sie nie zu vergessen.
心中有个地方
xīnzhōng yoˇu gè dìfāng In meinem Herzen ist ein Ort,
刻进了你的名字 kèjìnle nıˇ de míngzì wo dein Name eingraviert ist.
草原 caˇoyuán Steppen,
河谷 héguˇ Flusstäler,
月季花香 yuèjì huāxiāng und der Duft der Rosen –
都是我的歌 dōu shì woˇ de gē sind alle meine Lieder.
儿时离开你 érshí líkāi nıˇ Ich verließ dich in meiner Jugend,
正逢花开时 zhèngféng huākāishí als alles in Blüte stand.
如今往事 rújīn waˇngshì Alles vergangen …
远了 yuaˇn le und weit entfernt …
模糊了 móhu le Unwirklich.
我却忘不了苹果香 woˇ què wàngbùliaˇo píngguoˇ xiāng
Aber den Duft von Äpfeln vergesse ich nie …
如今往事 rújīn waˇngshì
Alles vergangen …
远了 yuaˇn le und weit entfernt …
模糊了 móhu le Unwirklich.
我却忘不了苹果香 woˇ què wàngbùliaˇo píngguoˇ xiāng
Aber den Duft von Äpfeln vergesse ich nie …
Text & Musik / 作词与作曲: Langge 狼戈 Aus dem Chinesischen / 德文翻译 : Maja Linnemann
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HSK-Prüfungstermine bis Juli 2025
Die HSK-Prüfung (汉语水平考试
Hanyu Shuiping Kaoshi) ist die offizielle internationale Standardprüfung zum Nachweis der Chinesischkenntnisse von NichtMuttersprachlern. Die HSKKPrüfung (汉语水平口语考试
Hanyu Shuiping Kouyu Kaoshi) ist dagegen eine rein mündliche Prüfung.
KI Bonn
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 22.6.
KI Düsseldorf
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 8.3., 21.6.
KI Frankfurt a.M.
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 8.3.
KI Freiburg
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 8.3.
KI Hamburg
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 9.3., 19.7.
KI Hannover
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 17.5.
KI Heidelberg
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 9.3., 22.6.
KI Leipzig
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 9.3. in Leipzig
HSK 2–6, HSKK alle Stufen: 16.5. in Dresden
KI Nürnberg-Erlangen
HSK 1–6, HSKK alle Stufen: 9.3., 22.6.
DUISBURGESSEN
DÜSSELDORF
BONN
STRALSUND
BREMEN
HAMBURG
HANNOVER
PADERBORN
GÖTTINGEN
BERLIN
LEIPZIG ERFURT
KonfuziusInstitute
Weltweit gibt es mehr als 550 KonfuziusInstitute. Das erste wurde 2004 in Seoul eröffnet. Seit 2006 gibt es sie auch im deutschsprachigen Raum. Die Konfuzius- Institute widmen sich der Vermittlung der chinesischen Sprache und Kultur.
GENF
FRANKFURT TRIER
FREIBURG
HEIDELBERG MÜNCHEN
NÜRNBERGERLANGEN
INGOLSTADT
GRAZ
WIEN
4.4.–31.5.
bis 25.4.
25.4.–31.8.
8.5.
Ausstellung
Huang Xiaoliang 黄晓亮: Living in Oblivion 野掉的诗意
Huang Xiaoliangs Installationen sind Kombinationen aus Sound, Animation und Videoprojektionen. Er zeigt ein passives Leben in einer künstlich hergestellten postindustriellen Realität, deren Landschaft wir im Streben nach Erfolg und Aufschwung, Modernisierung und Entwicklung zerstört haben. Durch den Verbrauch unserer Ressourcen gehen wir Kompromisse ein, die uns immer weiter von der Natur entfernen – gleichzeitig werden wir daran erinnert, was wir verloren haben und wie sich der Verlust auf unsere Psyche auswirkt.
Ort: Migrant Bird Space 候鸟空间, Koppenplatz 5, Berlin www.migrantbirdspace.com
Bewerbungsschluss
Chinese Bridge Summercamp 2025
Vom 17. bis 31.8. findet das Sommercamp an der Tongji-Universität in Shanghai statt: Ein Intensivprogramm mit Sprachkursen, Vorträgen und Kulturworkshops sowie Besuchen in Unternehmen und Kultureinrichtungen in Shanghai und Umgebung. Gestaltet für zukünftige Nachwuchskräfte, richtet es sich an alle Studierende der Hochschulen in Niedersachsen, bevorzugt mit Chinesischkenntnissen nicht-chinesischer Staatsangehörigkeit oder Muttersprache. Flugkosten und Reisekrankenversicherung müssen selbst getragen werden, Unterkunft und Programm werden von der Tongji-Universität übernommen.
Steine, Tusche, Papier und Pixel: Chinesische Steinabreibungen in digitalen Welten
Gezeigt werden gut dreißig Steinabreibungen – also Reproduktionen durch das Abreiben mit Tusche auf Papier von Bildern und Texten und damit eine der ältesten Techniken der Vervielfältigung – aus dem Zeitraum von der Zhou-Dynastie (1046–256 v. u. Z.) bis ins 20. Jahrhundert. Sie behandeln Themen des Alltagslebens, der Mythen, Religion und kriegerischen Konflikte. Durch künstlerisch animierte Bilderzählung mit Augmented Reality sollen die Inhalte vor allem für eine junge Generation zugänglich werden.
Ort: Museum für Druckkunst, Nonnenstraße 38, Leipzig www.druckkunst-museum.de, www.konfuziusinstitut-leipzig.de
Vortrag
Helwig Schmidt Glintzer: Aufklärung und die Ambivalenz von Modernisierungsschüben
Leibniz bezeichnete China 1697 als das »Europa des Ostens« – inwiefern wir heute weiter von einer Überlegenheit Europas ausgehen können und unter welchen Bedingungen dies zu erreichen ist, oder ob nicht doch China die neue Weltmacht wird, ist zentrales Thema des Vortrags.
Im »Florierenden Suzhou« (1759): Gartenkunst 《姑苏繁华图》:园林艺术
Im Gedicht »Erinnerung an Jiangnan« aus der Qing-Dynastie heißt es: »Das schöne Suzhou besteht zur Hälfte aus Gärten und Pavillons.« Suzhou ist nicht nur wegen seines lebhaften Marktplatzes berühmt, sondern vor allem auch wegen seiner weltweit beachteten kunstvollen und eleganten Gärten. Unter diesen Gärten sticht der »Suichu Garten« als wahres Meisterwerk der damaligen Gartenkunst Suzhous hervor. Im »Florierenden Suzhou« ist der Suichu Garten gerade festlich geschmückt, mit Lampions und farbenfrohen Dekorationen, was darauf hinweisen könnte, dass der Besitzer möglicherweise einen besonderen Anlass feiert. Im Empfangsraum haben sich zahlreiche hochrangige Gäste eingefunden, während auf der Bühne ein Stück der traditionellen Kunqu-Oper aufgeführt wird. In sechs Magazin-Ausgaben stellen wir jeweils einen interessanten Ausschnitt des über zwölf Meter langen Rollbildes vor. Das Original befindet sich im Provinzmuseum Liaoning in der Stadt Shenyang.
Anfang des Hefts ist: C 白 bái, weiß Schriftzeichenrätsel 字 谜
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