FORM UND KOnSTRUKTION
Vier Meisterwerke des Hamburger Architekten Bernhard Hermkes Ausstellung 10. Januar bis 23. Februar 2014 Geöffnet bis 23. Februar 2014, dienstags bis sonntags, 11.00 bis 18.00 Uhr Eintritt zur Eröffnung frei danach 5,– / erm. 3,– Euro Freie Akademie der Künste Klosterwall 23, 20095 Hamburg Informationen: +49 40 324632
F orm und K onstruktion
Vier Meisterwerke des Hamburger Architekten Bernhard Hermkes
Eröffnung Ullrich Schwarz, Freie Akademie der Künste Peter Bahnsen, Präsident der Hamburgischen Ingenieurkammer-Bau Giacomo Calandra di Roccolino, Kurator der Ausstellung Donnerstag den 9. Januar 2014 18.00 Uhr Begleitprogramm zur Ausstellung Vorträge Beton virtuos. Die Zusammenarbeit des Architekten Bernhard Hermkes mit dem Ingenieur Ulrich Finsterwalder. Annette Bögle (Hafencity Universität Hamburg) Bernhard Hermkes: Architektur der Tragwerke. Viktor Sigrist (TU Hamburg Harburg) Donnerstag, 30. Januar 2014 18.30 Uhr Eintritt: 6,- / erm. 4,- Euro
Veranstalter Hamburgische Architektenkammer Freie Akademie der Künste; TUHH; HCU
F orm und K onstruktion
Vier Meisterwerke des Hamburger Architekten Bernhard Hermkes Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ermöglichte der Abriss ganzer Stadtteile in den größeren deutschen Städten die komplette Neugestaltung urbaner Gebiete. Das Streben nach Veränderung spiegelt sich auch in der Verwendung der Materialien und der Entwicklung der modernsten Konstruktionstechniken wider, die nicht mehr nur für die Industrie- und Militär architektur eingesetzt wurden, sondern auch für zivil genutzte Bauten. Unter den Protagonisten dieser ästhetischen Erneuerung sticht in Hamburg der Architekt Bernhard Hermkes hervor, unter anderem aufgrund seiner engen Zusammenarbeit mit den bedeutendsten Ingenieuren seiner Zeit: Franz Dischinger und Ulrich Finsterwalder. Hermkes nahm einige Themen, die im Mittelpunkt der Debatte der „modernen Strömung“ standen, wieder auf und war bestrebt, eine neue architektonische Sprache zu finden, als deren Angelpunkte die „Form“ und die „Konstruktion“ fungieren. Betrachtet man die Projekte von Bernhard Hermkes, so lassen sich in theoretischer wie auch thematischer Hinsicht einige Grundpfeiler erkennen. Die großen „Infrastrukturen“, die Hermkes im Raum Hamburg realisiert hat, wie beispielsweise die Kennedybrücke, das Auditorium Maximum der Universität, die Großmarkthalle oder außerhalb des Stadtgebiets das Kraftwerk Wedel, bilden den Ausgangspunkt für eine Reflexion über die Auswirkungen, die diese außergewöhnlichen Projekte in gesellschaftlicher Hinsicht gehabt haben und auch in Zukunft noch haben werden. Ein weiterer interessanter Punkt ist der Werdegang von Hermkes, der in vielerlei Hinsicht dem zahlreicher
Architekten seiner Generation gleicht, der durch einen Reichtum an sehr unterschiedlichen Erfahrungen charakterisiert werden kann. Hermkes (1903-1995) studierte zunächst in München, wo er die Lehrveranstaltungen von Theodor Fischer besuchen konnte, danach in Berlin, wo er Schüler Hans Poelzigs war, und schließlich in Stuttgart, wo er sein Studium 1926 bei Paul Bonatz abschließen konnte. Seine erste Entwurfserfahrung führte ihn noch während seiner Studentenzeit nach Hamburg, seiner späteren Wahlheimat. Zwischen 1924 und 1925 arbeitete er für mehr als ein Jahr im Atelier von Carl Gustav Bensel, wo er sich in der Planung von Wohngebäuden versuchte und die Gelegenheit erhielt, diese Zeit der großen „kreativen Gärung“ hautnah mitzuerleben, die in Hamburg von Fritz Schumacher vorangetrieben wurde und während der viele neue Siedlungen entstanden. Die wichtigste Erfahrung, die sein gesamtes Werk beeinflusste, sollten jedoch seine Frankfurter Jahre (1926-1935) werden. Während dieser Zeit erhielt er die Gelegenheit, in einem progressistischen Umfeld zu arbeiten, das von den neuen Prinzipien der Modernen Architektur geprägt war. Unmittelbar nach seinem Abschluss wurde er vom Hochbau- und Siedlungsamt unter der Leitung von Ernst May angestellt. Seine Frankfurter Jahre ermöglichen ihm zudem seine ersten Erfolge als Architekt mit zwei zwischen 1927 und 1931 realisierten modernen Gebäuden: das Haus der berufstätigen Frauen und das Ledigenheim. Ab den 1920er Jahren kristallisierten sich einige Themen heraus, denen sich Hermkes auch in der Nachkriegszeit widmete. Dies ist zum einen das Wohnen und die damit verbundene gesellschaftliche Verantwortung der Architektur, und zum anderen sind es die neuen Konstruktionstechniken, ein Interesse, das dazu führte, dass Hermkes eine Professur für Baukon-
struktion an der Technischen Universität Berlin antreten konnte. Der Beginn der Nazizeit und der Wandel der architektonischen Ästhetik bedingten, dass Hermkes zu einem kompletten Neuanfang gezwungen war. Zudem musste er sein kleines Büro schließen und sich Arbeit als Angestellter bei verschiedenen Firmen suchen. Er fand Arbeit bei den Heinkel Flugzeugwerken, die zu jener Zeit gerade eine neue Fabrik für ihren Betrieb in Oranienburg nördlich von Berlin bauten. Zusammen mit anderen Architekten arbeitete er unter der Leitung von Herbert Rimpl in der „Nische“ des Industriebaus, die ihm Freiheit von dem Diktat der nationalsozialistischen Ästhetik bot. Hier hatte er Gelegenheit, seine Kenntnisse bezüglich der Realisierung von Stahlskeletten zu verfeinern. Schon bald musste er jedoch die Firma verlassen, fand aber Zuflucht in Regensburg, wo er unter dem Schutz von Wilhelm Wichtendahl arbeitete, der zwar Bauleiter für die Realisierung des neuen Produktionswerkes der Firma Messerschmitt war, ihm jedoch große Freiheiten ließ. 1939 konnte Hermkes endlich nach Hamburg zurückkehren, wo er sich endgültig niederließ: Er erhielt den Auftrag, in einem Abschnitt des Hamburger Hafens, dem Rosshafen, die neue Fabrik der M.A.N. für den Bau von Motoren für die U-Boote der Wehrmacht zu realisieren. Die fünf großen Werkhallen sind nach einem modularen System konstruiert, das eine kurze Bauzeit ermöglicht. Tatsächlich ist Hermkes von 1939 bis zum Kriegsende hauptsächlich mit dem Bau und Wiederaufbau der großen M.A.N.-Hallen und anderen Neu- und Wiederaufbauarbeiten, die von Bedeutung für die Kriegsführung waren, beschäftigt. Das Kriegsende markiert auch im Werk Hermkes eine Wende. Er wurde zum Leiter der Architektengruppe ernannt, die mit dem Bau des Wohnviertels Grindelberg beauftragt war. Dieser Kom-
plex zeichnet sich durch eine Wiederaufnahme der Prinzipien des Neuen Bauens und des modernen Städtebaus nach den vor dem Krieg im Rahmen des CIAM (Congrès Internationaux d'Architecture Moderne) entwickelten Theorien aus. In den unmittelbar auf den Krieg folgenden Jahren setzte sich Hermkes mehr denn je mit Themen des Städtebaus auseinander. Er veröffentlichte nicht nur einen Aufsatz über die beim Bau von Wohnvierteln anzuwendenden Strategien, worin er sich eine deutliche Minderung der Dichte bewohnter Zonen wünscht, sondern er erstellte auch mehrere Projektvorschläge, wie zum Beispiel für das fast vollständig zerstörte Viertel Hammerbrook, für das er eine komplette Neubebauung vorschlug. Mit seiner Befürwortung des Prinzips der „mechanischen Auflockerung“ und der Notwendigkeit der Schaffung einer neuen Stadtlandschaft zeigte Hermkes, dass er die von Hans Scharoun bezüglich der Vorschläge zum Wiederaufbau von Berlin vorangetriebene Diskussion aufmerksam verfolgt hatte. Auch was die Beziehung von Straße, Platz und Architektur betrifft, griff Hermkes auf die Erfahrungen der 1920er Jahre zurück. Beim Entwurf des ErnstReuter-Platzes in Berlin (1955) wird der Einfluss von Ludwig Mies van der Rohe Entwurf für den Alexanderplatz deutlich: Straße und Platz sind in Abhängigkeit von der Architektur gedacht, nicht umgekehrt. Aufgrund der großen Bandbreite der Bauten von Hermkes in den 1950er und 1960er Jahren ergibt sich die Notwendigkeit einer thematischen und typologischen Untergliederung seines Werks. Hermkes führte seine Reflexionen zum Thema des Wohnens fort, während er gleichzeitig große Viertel und kleine Siedlungen realisierte. Eine andere große Kategorie realisierter Projekte bilden die Gebäude für Ausstellungszwecke. Unter ihnen kommt den
Projekten für die Internationale Gartenbauausstellung (IGA) von 1953, für die er ein ehrgeiziges Programm an temporären Gebäuden realisierte, und den Bauten für die IGA 1963, unter denen insbesondere die in Planten un Blomen realisierten Treibhäuser eine herausragende Stellung einnehmen, eine besondere Bedeutung zu. Wie bei vielen Wohnbauprojekten spielte bei den Ausstellungsbauten die Beziehung von Architektur und Landschaftsplanung eine wesentliche Rolle. Auch die großen öffentlichen Gebäude boten Hermkes Gelegenheit, mit den neuen komplexen Formen zu experimentieren, deren Entstehung erst durch die fortschreitende Verfeinerung der Konstruktionstechniken ermöglicht wurde und die ihn bereits seit seiner Frankfurter Zeit faszinierten. Sein Kontakt zu den großen deutschen Ingenieuren sowie sein spezifisches Interesse für die Konstruktionsmöglichkeiten mit Stahlbeton führten dazu, dass er in Zusammenarbeit mit den bekanntesten Bauunternehmen (DYWIDAG, Wayss & Freytag) einige seiner berühmtesten Gebäude realisieren konnte. Zu dieser Kategorie von Bauten gehören die Großmarkthalle Hammerbrook, das Kraftwerk Wedel, das Auditorium Maximum der Universität Hamburg und einige Fußgänger- und Straßenbrücken aus Spannbeton wie die Kennedybrücke. Die Ausstellung zeigt genau diese vier großen Projekte von Bernhard Hermkes im Raum Hamburg. Die vier Bauten der Nachkriegszeit wurden gewählt, weil sie für die Arbeit von Hermkes emblematisch sind und insbesondere sein Verständnis von Architektur als Synthese von Form und Konstruktion verdeutlichen.
1.
K enned y br Ăź c ke
Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg Architekt: Prof. Bernhard Hermkes Stadtplanung: Prof. Gustav Oelsner Statik: Prof. Dr.-Ing. Franz Dischinger, Prof. Dr.-Ing. Werner Koepke Bauleitung: Freie und Hansestadt Hamburg, Tiefbauamt Rohbauarbeiten: Dyckerhoff & Widmann KG, Wayss & Freytag AG Gesamtbaukosten: 1.850.000 DM Wettbewerb: März 1952 Baubeginn: Juni 1952 Einweihung: 30. April 1953
2.
KRAFTWERK WEDEL
Bauherr: Hamburgische Elektrizitätswerke AG, Hamburg Architekten: Prof. Dipl.-Ing. Bernhard Hermkes Architekt BDA, Dipl.Ing. Gerhart Becker Architekt BDA Statik: Dr.-Ing. Karl Peters, Dr.-Ing. Rolf Windels Rohbauarbeiten: ARGE Beton- und Monierbau AG, Paul Hammers AG, Heilmann & Littmann BauAG, Philipp Holzmann AG, STRABAG Bau-AG, Wayss & Freytag KG Baubeginn der Tiefbauarbeiten: Mitte 1958 Planung Hochbau: Herbst 1958 Baubeginn Hochbau: Mitte 1959 Fertigstellung: Mitte 1966
3.
A uditorium M a x imum
Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg, Universität Hamburg Architekt: Prof. Bernhard Hermkes Akustik: Prof. Lothar Cremer Rohbauarbeiten: ARGE Wayss & Freytag AG, Dyckerhoff & Widmann KG Gesamtbaukosten: 5.073.000 DM Beginn der Planung: April 1956 Grundsteinlegung: Mai 1957 Richtfest: Juli 1958 Einweihung: 11. November 1959
4.
G ro S S markthalle
Bauherr: Freie und Hansestadt Hamburg Architekten: Prof. Dipl.Ing. Bernhard Hermkes Architekt BDA, Dipl.-Ing. Gerhart Becker Architekt BDA, Dipl.-Ing. Gottfried Schramm Architekt BDA, Dipl.-Ing. Juergen Elingius Architekt BDA Statik: Dipl.-Ing. Ulrich Finsterwalder Bauleitung: Freie und Hansestadt Hamburg, Tiefbauamt Rohbauarbeiten: Dyckerhoff & Widmann KG, Hermann Moeller, Siemens Bauunion GmbH, Lenz-Bau AG Gesamtbaukosten: 90.000.000 DM Wettbewerb: Herbst 1954 Bauzeit: Mai 1958 - September 1961 (Rohbau) Einweihung: 4. Juni 1962
Bildnachweise: Ursula Becker-Mosbach: Titel: Kraftwerk; Titel: Großmarkt; Seite 20: Auditorium Maximum Zuschauerraum; Seite 22/23: Großmarkthalle; Seite 24: Großmarkthalle/Westfassade; Seite 25: Großmarkthalle Innenraum im Bau (unten rechts), Seite 14/15: Kraftwerk Wedel, Seite 16: Kraftwerk Wedel Detail Fassade Maschinenhalle; Seite 17: Foto der Turbine in der Maschinenhalle (unten rechts) Ernst Scheel: Titel (Kennedybrücke); Titel (Audimax Rohbau); Seite 18/19: Audimax, Innenraum,Rohbau); Seite 21: Audimax (unten); Seite 19/11: Kennedybrücke; Seite 12: Kennedybrücke Foto unter die Brücke; Seite 13: Gesamtfoto von Außenalster (unten rechts); Seite 17: Großmarkthalle Modellfoto (oben rechts) Bauarchiv Akademie der Künste, Berlin: Alle Zeichnungen (5 Abbildungen) Fritz Kempe: Seite 4: Portrait Bernhard Hermkes Staatsarchiv Hamburg: Seite 13: Kennedybrücke (Luftfoto) Hamburgisches Architekturarchiv: Seite 21: Audimax (Luftfoto); Seite 17: Großmarkthalle (Luftfoto)
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