Warum sich eine Forscherin für Angehörige einsetzt
30 JAHRE
Wie KrebsInfo für alle da ist
NEU ORIENTIERT
Weshalb Marcel Krebsbetroffene ermutigt
Beratung und Unterstützung
Ihrer Region
Die Krebsliga will die Zahl der Krebserkrankungen verringern und die Lebensqualität der Betroffenen verbessern. 18 kantonale und regionale Krebsligen beraten und unterstützen an über 70 Standorten in der Schweiz.
1 Krebsliga Aargau
Telefon 062 834 75 75 krebsliga-aargau.ch
2 Krebsliga beider Basel
Telefon 061 319 99 88 klbb.ch
3 Krebsliga Bern
Telefon 031 313 24 24 krebsligabern.ch
4 Krebsliga Freiburg
Telefon 026 426 02 90 freiburg.krebsliga.ch
5 Ligue genevoise contre le cancer
Téléphone 022 322 13 33 lgc.ch
6 Krebsliga Graubünden
Telefon 081 300 50 90 krebsliga-gr.ch
7 Ligue jurassienne contre le cancer
Téléphone 032 422 20 30 liguecancer-ju.ch
8 Ligue neuchâteloise contre le cancer
Téléphone 032 886 85 90 liguecancer-ne.ch
9 Krebsliga Ostschweiz
SG, AR, AI, GL Telefon 071 242 70 00 krebsliga-ostschweiz.ch
10 Krebsliga Schaffhausen
Telefon 052 741 45 45 krebsliga-sh.ch
11 Krebsliga Solothurn Telefon 032 628 68 10 krebsliga-so.ch
12 Krebsliga Thurgau
Telefon 071 626 70 00 krebsliga-thurgau.ch
13 Lega cancro Ticino Telefono 091 820 64 20 legacancro-ti.ch
14 Ligue vaudoise contre le cancer
Téléphone 021 623 11 11 lvc.ch
15 Krebsliga Wallis Telefon 027 604 35 41 krebsliga-wallis.ch
17 Krebsliga Zürich Telefon 044 388 55 00 krebsligazuerich.ch
18 Krebshilfe Liechtenstein Telefon 00423 233 18 45 krebshilfe.li
Impressum Herausgeberin: Krebsliga Schweiz, Postfach, 3001 Bern, Telefon 031 389 94 84, aspect@krebsliga.ch, krebsliga.ch/aspect, IBAN: CH 95 0900 0000 3000 4843 9 –Redaktionsleitung: Pia Schüpbach (spa) – Autorinnen und Autoren: Joëlle Beeler (jbe), Stefanie de Borba (stb), Danica Gröhlich (dag), Timon Stalder (tis) – Gestaltung: Oliver Blank –Koordination: Olivia Schmidiger – Druck: Schellenberg Druck AG, Pfäffikon ZH – Ausgabe: 1/25, Januar 2025, erscheint 4-mal jährlich. Magazin für die Spenderinnen und Spender der Krebsliga Schweiz.
Wenn der Weg schwer wird: KrebsInfo begleitet
seit 30 Jahren
Liebe Leserin, lieber Leser
«KrebsInfo, mein Name ist Carine Neyens, guten Tag» … und schon ist meine Kollegin mittendrin in einer Geschichte von Krebs. Der Name KrebsInfo ist neu – die einfühlsame und professionelle Beratung gibt es bereits seit 30 Jahren. Das Krebstelefon geht mit der Zeit, neue Beratungskanäle sind dazugekommen, längst handelt es sich nicht mehr ausschliesslich um eine Telefonberatung. KrebsInfo ist eine unverzichtbare Anlaufstelle für Menschen, die plötzlich vor einem Abgrund stehen – nicht nur für Betroffene, sondern auch für ihre Angehörigen. Denn wenn ein Mensch an Krebs erkrankt, leiden auch die Liebsten.
Davon kann Anja mehr als ein Lied singen. Seit 15 Jahren steht sie Kevin zur Seite. Wegen Krebs verbrachte er seine Jugendjahre grösstenteils im Spital. Mit 14 Jahren hatte er eine Stammzellentransplantation und leidet bis heute unter heftigen Abstossungsreaktionen in seinem Körper AbSeite10erfahrenSie,wieAnjaundKevinihreGeschichte in berührende Songs verwandeln und zusammen durch dick und dünn gehen.
Nahestehende wie Anja erleben eine emotionale Achterbahn. Sie müssen stark sein, während sie selbst oft niemanden haben, der sie auffängt. Eine Forscherin setzt sich dafür ein, dass die Angehörigen nicht vergessen gehen (Seiten 8/9).
Auch beim Beratungsteam KrebsInfo finden Angehörige Halt und Antworten. Dieses aspect nimmt Sie einen Morgen lang mit zum Team KrebsInfo (Seiten 6/7). Dorthin, wo sich Betroffene, Angehörige, Interessierte und Fachpersonen verstanden fühlen. Diese empathische und professionelle Beratung, dieses offene Ohr – das bleibt auch nach 30 Jahren das Herzstück unserer Arbeit. Happy Birthday, KrebsInfo!
Dank Ihnen, liebe Spenderinnen und Spender, können wir uns täglich für Betroffene und Angehörige einsetzen und ganz konkrete Hilfe leisten.
Ein herzliches Merci für Ihre Unterstützung!
Mirjam Weber CEO Krebsliga Schweiz
Inhalt
Smart Screen: Spielerisch das eigene Krebsrisiko ermitteln.
Aktuell
Zu Besuch beim Team KrebsInfo: Was an einem Morgen alles läuft.
Forschung
In der Trauer: Wie eine Psychotherapeutin Angehörige besser unterstützen will.
Leben mit Krebs
6
8
10 Stärker zu zweit: Mit Anja an der Seite kämpft sich Kevin immer wieder zurück.
Fokus
Mutmacher: Perlen helfen krebskranken Kindern durch schwere Zeiten.
In Kürze
Quoten statt fixer Beiträge: So verteilen Sie Ihr Vermögen im Testament.
Rätsel
Machen Sie mit und gewinnen Sie eines von 15 Produktesets von La Roche-Posay!
Persönlich
Meine Erfahrung mit Krebs: Marcel stärkt heute andere Menschen.
14
Anregungen? Fragen? Feedback?
16
Schreiben Sie uns: aspect@krebsliga.ch
Besuchen Sie uns auf Social Media:
18
19
Prävention
Smart Screen – Senke dein Krebsrisiko
Der Smart Screen ist ein interaktiver, lebensgrosser Bildschirm, mit dem Interessierte spielerisch ihr eigenes Krebsrisiko besser erkennen können.
Bewältigungsstrategien
Webinar für Angehörige
Krebs trifft alle, auch die Nächsten. Sie stehen oft vor grossen Herausforderungen – emotional und organisatorisch. Im kostenlosen Webinar von KrebsInfo lernen Angehörige von Krebsbetroffenen, wie sie besser damit umgehen können. Nach dem Input zu Bewältigungsstrategien durch Bruno Pfammatter, psychoonkologischer Psychotherapeut, berichten Angehörige von ihren Erfahrungen. Anschliessend beantworten Bruno Pfammatter sowie die zwei Peers Ihre Fragen anonym im Live-Chat. (spa)
Er vermittelt Wissen zu den wichtigsten Massnahmen für einen gesunden Lebensstil. Nutzende erhalten Informationen und Tipps zu folgen-
den Themen: Bewegung, Sonnenschutz, Nichtrauchen, Ernährung und Krebs-Früherkennung. Der Smart Screen steht das ganze Jahr an verschiedenen Messen in vier Sprachen zur Verfügung. Zusätzlich zum Smart Screen hat die Krebsliga den Self Check entwickelt. Damit können Sie Ihr persönliches Krebsrisiko einschätzen. Mit diesen zwei Angeboten bietet die Krebsliga einen niederschwelligen Zugang zu gesundheitsfördernden Massnahmen. (dag)
Probieren Sie den Smart Screen Ende April 2025 an der Messe LUGA in Luzern aus: krebsliga.ch/smartscreen
Machen Sie den Self Check: krebsliga.ch/selfcheck
Beratungsangebot stopsmoking
Guter Vorsatz fürs neue Jahr: Rauchfrei!
Melden Sie sich an: Webinar «Bewältigungsstrategien für Angehörige» am 6. Februar 2025 von 17 bis 18 Uhr. krebsliga.ch/webinare
Wir sind überzeugt, dass jeder Mensch das Zeug hat, das Rauchen aufzugeben und zu einem gesünderen Lebensstil zu finden. Damit das Ziel erreicht werden kann, unterstützt das Team vom Beratungsangebot stopsmoking mit einer persönlichen und professionellen Begleitung. Die Krebsliga betreibt dieses Beratungsangebot im Auftrag des Tabakpräventionsfonds. Ziel ist es, das Angebot den Bedürfnissen der
Rauchstoppwilligen anzupassen und noch attraktiver zu gestalten. Deshalb gibt es neben der Telefonberatung mit der bekannten Nummer 0848 000 181 neu auch die Möglichkeit, eine Online-Beratung in Anspruch zu nehmen. Anfang Jahr weist eine nationale Kampagne in öffentlichen Verkehrsmitteln auf dieses Beratungsangebot hin. (jbe) Mehr Infos: stopsmoking.ch
Buchtipp
Wimmelbuch vom Abschiednehmen
Neu bei uns im Shop: das erste Wimmelbuch, welches sich mit dem Tod und der Trauer auseinandersetzt. Das Wimmelbuch vom Abschiednehmen thematisiert die Gleichzeitigkeit von Freud und Leid. Es begleitet über ein Jahr hinweg unterschiedliche Menschen, die einen Abschied verkraften müssen. (jbe) krebsliga.ch/wimmelbuch
Kleine Veränderungen bringen viel
Neues Jahr – neue Vorsätze? Einer dieser Vorsätze könnte lauten: Im neuen Jahr gesünder leben. Denn mit kleinen Veränderungen im Alltag können Sie Ihr persönliches Krebsrisiko senken. Schon diese drei Tipps bringen viel:
1. Tragen Sie bereits morgens Sonnenschutz auf das Gesicht auf oder packen Sie eine kleine Tube Sonnencreme in die Alltagstasche. So sind Sie auch für unerwartete Schönwetterperioden gewappnet.
2. Bauen Sie Bewegung in Ihren Alltag ein: Gehen Sie die letzten Meter auf dem Arbeitsweg zu Fuss, halten Sie Besprechungen im Stehen ab, drehen Sie in der Pause eine Runde mit ihren Arbeitsgspänli, spazieren Sie nach dem Essen durchs Quartier oder
vor dem Schlafen zum Lieblingsbaum. Stehen oder gehen Sie, wenn Sie telefonieren oder einen Podcast hören.
3. Ändern Sie Gewohnheiten nur ein bisschen und nicht alle aufs Mal. Ein Anfang könnte sein, ab und zu einen alkoholfreien Drink zu bestellen, gesunde Snacks wie Nüsse in der Schublade zu haben oder eine schöne Trinkflasche griffbereit zu haben, um ausreichend zu trinken.
Gehen Sie die Veränderungen Schritt für Schritt an und wählen Sie die Punkte aus, die für Sie am einfachsten umzusetzen sind. (ses)
Der europäische Kodex zur Krebsbekämpfung zeigt zwölf Möglichkeiten zur Senkung des persönlichen Krebsrisikos auf: krebsliga.ch/praevention
Radontagung 2025
Radon – die unsichtbare Gefahr
Radon ist die zweithäufigste Ursache für Lungenkrebs und führt in der Schweiz jährlich zu 200 bis 300 Todesfällen. An der nationalen Fachtagung vom 20. Mai 2025 geht es unter anderem um die Themen Radonschutz, gesunde Raumluft, Gesundheit und Energie sowie medizinische Aspekte
zu Lungenkrebs. Das Bundesamt für Gesundheit (BAG) führt die kostenlose Tagung zusammen mit der Krebsliga Schweiz und weiteren Partnern durch. Sie findet im Theater National in Bern statt. (spa) Melden Sie sich hier an: krebsliga.ch/radon
Darmkrebs-Früherkennung
Alle sollen Zugang haben
Früh erkannt, ist Dickdarmkrebs in den meisten Fällen heilbar. Doch in vielen Kantonen fehlt der Zugang zu organisierten Screening-Programmen. Im Darmkrebsmonat März informiert die Krebsliga zum Thema und engagiert sich dafür, dass alle Menschen aus der Zielgruppe Zugang zu dieser wichtigen Vorsorge haben. (jbe)
krebsliga.ch/darmkrebs
Das Zitat
«Es gab sehr schwierige Momente für
unsere Familie, doch mein Papa hat einen unglaublichen Optimismus und Kampfgeist an den Tag gelegt. Das half uns, diese harte Zeit zu überstehen.»
Als 2021 bei ihrem Vater ein aggressiver Hirntumor diagnostiziert wurde, beendete die mehrfache Schweizer Juniorenmeisterin Alessia Bösch ihre Skikarriere. Heute geht es ihrem Vater den Umständen entsprechend gut, aber die Krankheit ist immer noch sein täglicher Begleiter. Nach drei Jahren Pause versucht die 21-Jährige in dieser Saison ihr Comeback im Rennsport.
Krebsvorsorge
KrebsInfo hautnah
«KrebsInfo, mein Name ist …, guten Tag.»
Auf diese Begrüssung folgen Fragen nach Informationen, nach Unterstützung – und manchmal Geschichten, die ans Herz gehen. Ein Morgen beim Team KrebsInfo.
Text: Pia Schüpbach
Check-in, 10 vor 10. Carine Neyens startet die Teams-Konferenz im Büro des Beratungsdienstes KrebsInfo in Bern. Fabiola In-Albon, heute Tagesverantwortliche, arbeitet aus dem Homeoffice. Katja Streiff und Carla Stäubli blicken in Carines Bildschirm. Montag ist der geschäftigste Tag. 18 E-Mails warten im Posteingang auf eine Antwort. «Hat jemand heute etwas Besonderes?», fragt Fabiola. Carla erwähnt ihre proaktive Beratung: Sie begleitet eine junge Frau mit seltenem Tumor und meldet sich regelmässig bei ihr. «Die Frau hat eine Hiobsbotschaft nach der anderen erhalten und ist voller Angst.»
10 Uhr. «Mein Telefon klingelt», sagt Fabiola. Die Besprechung endet, die Arbeit beginnt. Die drei im Büro gehen die E-Mails durch.
Immer auf Draht
11:07. Bei Carine läutet es. «KrebsInfo, mein Name ist Carine Neyens, guten Tag.» Carine geht nicht darauf ein, dass die Frau am anderen Ende sie mit «Frau Meier» begrüsst. Denn diese hat Sorgen. Ihr Partner hat unerwartet eine Krebsdiagnose erhalten und steht vor einer anstrengenden Therapie. Sie sucht Rat zur Ernährung. Carine verweist sie an die kantonale Krebsliga, die eine onkologische Ernährungsberatung anbietet. 11:20. Kaum ist dieses Telefonat vorbei, klingelt es bei Katja. Ein Mann aus der Ukraine spricht über den Verdacht auf einen Tumor bei seiner Mutter, die weder Deutsch noch Englisch spricht. «Biopsie oder Operation, was ist das Beste?» Er möchte eine ärztliche Zweitmeinung einholen. Katja hört zu, fasst zusammen, fragt nach. KrebsInfo stellt aber keine Diagnosen. Katja rät ihm, noch die Versicherung für eine Kostengutsprache einzubeziehen, um keine bösen Überraschungen zu erleben. «Und Sie können sich bei Fragen jederzeit wieder an uns wenden», versichert sie ihm.
Dass sich Leute mehrmals melden, ist nicht ungewöhnlich. Carine erinnert sich an einen Mann, den sie ein Jahr lang eng begleitete. Nach einer erfolgreichen, aber
Schon seit 30 Jahren für Sie da!
schmerzhaften Therapie meldete er sich lange nicht, bis ein Rückfall kam. Seine Angst vor neuen Schmerzen war so gross, dass er Suizidgedanken entwickelte. Immer wieder sprachen die beiden miteinander. Schliesslich liess sich der Mann doch behandeln – ohne Erfolg. Nach Wochen der Funkstille schrieb der Mann in einer E-Mail an Carine, dass er einen Termin mit einer Sterbehilfeorganisation vereinbart habe. «Diese Geschichte geht mir bis heute nahe.»
Viel Selbstfürsorge
Schicksale können belasten. Damit das Beratungsteam besser damit zurechtkommt, gibt es drei Mal pro Jahr eine Supervision. Das hilft ebenso wie die täglichen Gespräche mit den Kolleginnen und Kollegen im Büro. «Das Team trägt», sagt Carla. «Mit der Zeit lernt man, besser damit umzugehen», sagt Katja. Will sich Carine ablenken, taucht sie am liebsten ein in Spielfilme mit Happy End. 11:55. Carla kontaktiert die junge Frau, wie vereinbart. «Wie geht es Ihnen aktuell?» Die Frau steckt mitten in
30-Jahre-Jubiläum
Vom Krebstelefon zu KrebsInfo
Vor 30 Jahren startete die Initiative des kostenlosen Beratungs- und Informationsdienstes Krebstelefon mit vier Mitarbeiterinnen. Das Angebot sollte krebsbetroffenen Menschen und ihren Angehörigen schnell und anonym Unterstützung geben. Werktags von 16 bis 19 Uhr bedienten die Beraterinnen das Telefon und beantworteten Briefe. Heute sind die sieben Beratenden von 10 bis 18 Uhr per Telefon, E-Mail, Chat und neu auch über WhatsApp für Ratsuchende da.
In den 30 Jahren hat das Team etwa 120 000 Menschen informiert und beraten. Das Telefon wird heute noch rege genutzt, aber die anderen Kanäle werden immer wichtiger. Deshalb ändert das Krebstelefon seinen Namen. Neu heisst der Dienst KrebsInfo. Was gleich bleibt: Die Beratenden sind mit viel Herzblut und Fachwissen für Betroffene, Angehörige, Interessierte und Fachleute da. krebsliga.ch/krebsinfo
einer Behandlung und hat keine Zeit. «Ich versuche es später wieder», sagt Carla und nimmt ihr Headset ab.
Jeden Kontakt, jede Anfrage erfasst das Team in anonymisierter Form für die Statistik. Schriftliche Antworten legen die Beratenden ab. So kann das Team jederzeit darauf zurückgreifen.
Unterdessen hat sich Carine fachlich mit Fabiola ausgetauscht. «Eine Frau wollte wissen, wohin die Flüssigkeit bei einer Lymphdrainage abfliesst.» Mehrmals am Tag stimmen sich die Beratenden ab. Sie alle greifen auf eine langjährige onkologische Berufserfahrung zurück und verfügen über Zusatzausbildungen im Bereich Beratung.
«Mit der Zeit lernt man, besser mit belastenden Geschichten umzugehen.»
Katja Streiff, Fachberaterin
12:05. Carines Telefon klingelt erneut. Eine Frau möchte sich zur Mammografie anmelden. Eine Frage, die Carine oft hört. Dementsprechend routiniert gibt sie die Telefonnummer des zuständigen kantonalen Früherkennungsprogrammes heraus. Kaum aufgehängt, verbindet sie eine Beiständin, die Fragen zur Sozialversicherung hat, mit der kantonalen Krebsliga. Die meisten Fragen beantwortet KrebsInfo selbst. Manchmal verweisen die Beratenden an die kantonalen Krebsligen. Mit diesen arbeiten sie eng zusammen und zeigen deren Angebote auf.
Anfragen fast im Minutentakt
Pling. Zwischendurch tröpfeln E-Mails herein. Zum Abarbeiten kommen die vier heute Vormittag kaum. Eine Angehörige fragt nach Studien und neuen Therapieformen für die Behandlung ihrer Mutter, die Lungenkrebs hat. Ein Student aus der Romandie befasst sich in seiner Vertiefungsarbeit mit dem Thema Hirntumor. Wenn keine Telefongespräche oder Chats laufen, wird sich das Montagsteam um diese Fragen kümmern. Keine Antwort per E-Mail geht ohne Gegenlesen raus. «Wir haben das Vieraugenprinzip zur Qualitätssicherung», erklärt Carine. 12:15. Carlas Telefon klingelt. «Sie möchten die neue Broschüre ‹Periphere Neuropathie› bestellen?» Sie verspricht, dem Mann die Broschüre der Krebsliga zuzusenden.
Sorgen machen keine Pause
Die drei im Büro sind sich einig: Die Fragen und Themen sind so vielfältig, dass kein Tag dem anderen gleicht. 13:00. Gestaffelter Mittag. Die Pausen sind so geplant, dass die Beratungskanäle bis 18 Uhr durchgehend offen sind. Niemand soll lange warten müssen. Denn das Team KrebsInfo weiss: Sorgen machen keine Pause. •
Im Homeoffice: Fabiola In-Albon
Katja Streiff
Carine Neyens
Carla Stäubli
«Der Verlust einer nahestehenden Person verändert das Leben für immer»
Der Tod der Lebenspartnerin oder des Lebenspartners gilt als eines der belastendsten und einschneidendsten Lebensereignisse überhaupt. Die Trauer zeigt sich bei den Hinterbliebenen auch körperlich. Eine Forscherin möchte Angehörige deshalb besser unterstützen.
Interview: Danica Gröhlich
Annina Seiler, was motiviert Sie, sich täglich für Menschen mit Krebs und deren Angehörige einzusetzen?
Die Unterstützung und Begleitung von Menschen mit einer schweren Erkrankung und deren Angehörigen stand stets im Fokus meiner Arbeit als Psychologin im Spital. Leider wird dabei der psychischen Belastung und dem seelischen Leid nach wie vor zu wenig Beachtung geschenkt. Wir können uns nicht vor Schicksalsschlägen schützen. Auch ich musste dies während meiner Ausbildung erfahren. Eine schwere Erkrankung, die Pflege und der Verlust einer nahestehenden Person verändern das Leben für immer. Sie wirken sich auch auf die Gesundheit und Arbeitsfähigkeit aus. Diese Erfahrung war neu für mich und hat meinen Blick auf das Leben stark verändert. Die Unterstützung von Angehörigen ist mir deshalb ein besonderes Anliegen.
Wie kann sich Trauer nach einem Verlust zeigen? Trauer ist eine schmerzhafte Erfahrung. Sie kann intensive Gefühle wie Sehnsucht, Wut, Verbitterung, Schuldgefühle, Hoffnungslosigkeit oder Leere auslösen und Monate bis Jahre andauern. Die Trauer verändert jedoch nicht nur die psychische Verfassung. Sie wirkt sich auch auf die körperliche Gesundheit aus. Sie schwächt das Immunsystem und kann das Risiko für die Entstehung von Erkrankungen, insbesondere Herzerkrankungen, erhöhen. Vor allem in der akuten Phase der Trauer berichten Betroffene von Schmerzen oder Engegefühl in der Brust, Atembeschwerden, Übelkeit, Schlaflosigkeit oder Appetitlosigkeit. Zudem leiden sie häufig unter Vergesslichkeit oder Konzentrationsschwierigkeiten. Es können auch verstörende Träume auftreten. Aus evolutionsbiologischer Sicht sind soziale Bindungen essenziell für das Überleben. Jede Bedrohung dieser sozialen Sicherheit löst eine komplexe Stress- und Immunreaktion aus. Diese erhöht das
«Herzlichen Dank an alle Spenderinnen und Spender der Krebsliga Schweiz! Sie ermöglichen mit Ihrer Unterstützung auch unsere Forschung.»
PD Dr. phil. Annina Seiler ist Forscherin sowie klinische Psychologin und Psychotherapeutin. Sie arbeitet als wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Klinik für Radio-Onkologie im Kompetenzzentrum Palliative Care des Universitätsspitals Zürich (USZ) und im Konsiliar- und Liaisonpsychiatrischen Dienst (LUPS) am Kantonsspital Luzern.
Risiko für Entzündungen, Schmerzen sowie für psychische oder körperliche Erkrankungen. Der Verlust eines geliebten Menschen beendet diese schützende Bindung. Trauer ist die neurobiologische Reaktion auf den Verlust einer sozialen Bindung. Die Beteiligung des Bindungssystems bei der Trauerverarbeitung lässt sich nachweisen: So weisen Trauernde erhöhte Oxytocin-Werte auf, also mehr Bindungshormone. Zudem sind bei Trauer ähnliche Gehirnareale aktiv wie bei körperlichem Schmerz.
Kann die Trauer um einen geliebten Menschen auch zu einem vorzeitigen Tod der Hinterbliebenen führen? Es gibt tatsächlich grosse Studien, die den Zusammenhang zwischen dem Verlust einer nahestehenden Person und einem früheren Tod eindrücklich aufzeigen. Demnach besteht besonders innerhalb der ersten sechs Monate nach dem Verlust ein 20- bis 40-fach erhöhtes Sterberisiko, wobei Männer stärker betroffen sind. Dieses Phänomen wird auch als «Widowhood-Effect» oder Sterben durch das «Broken Heart»-Syndrom bezeichnet und lässt sich auch bei Säugetieren beobachten.
Wir können uns nicht vor Schicksalsschlägen schützen: Trauer wirkt sich erwiesenermassen auch auf die körperliche Gesundheit aus.
Weshalb werden die Angehörigen, auch nach einer Krebsdiagnose, zu wenig miteinbezogen?
In der medizinischen Versorgung wird der Fokus oft ausschliesslich auf die Patientinnen und Patienten sowie deren Behandlung gelegt. Dabei können die meisten Betroffenen die belastenden Therapien nicht ohne die Hilfe und Unterstützung ihrer Angehörigen bewältigen. Die Belastung von pflegenden Angehörigen wird meist übersehen. In Spitälern fehlt es an Ressourcen, um auch die Anliegen und Bedürfnisse der Angehörigen zu berücksichtigen. Viele Menschen wünschen sich, so lange wie möglich im vertrauten Umfeld zu leben. Damit dies auch für Menschen mit einer schweren, unheilbaren Erkrankung gelingt, braucht es Unterstützung zu Hause. Diese wird zum Grossteil von Angehörigen geleistet – meist unbezahlt und im Verborgenen.
Sie möchten pflegende Angehörige mit Unterstützung der Krebsliga Schweiz sichtbar machen. Genau. Mit unserem Forschungsprojekt wollen wir die Belastung von pflegenden Angehörigen systematisch
erfassen. Dazu untersuchen wir während der palliativen Behandlung sowie nach dem Verlust die subjektive Belastung mithilfe von Fragebogen und objektiv mit Stressmarkern, etwa anhand des Stresshormons Kortisol oder der Herzratenvariabilität, welche die Stressbelastung anzeigen.
Was erhoffen Sie sich für die Zukunft?
Wir möchten die Belastung von pflegenden Angehörigen aufzeigen, um das Unterstützungsangebot für Angehörige im Spital zu verbessern. Gespräche sind ein einfaches, aber äusserst wirksames Mittel, um die psychische Gesundheit zu stärken und die Auswirkungen auf die Gesundheit frühzeitig zu verringern. Ausserdem wollen wir das Bewusstsein in der Öffentlichkeit für pflegerische Herausforderungen stärken. Viele Arbeitgeber wissen nicht, wie sie pflegende Angehörige unterstützen können, zum Beispiel bei der Vereinbarkeit von Arbeit und Betreuungsaufgaben. Auch der Umgang mit Trauer am Arbeitsplatz darf kein Tabu sein. Dafür setze ich mich gerne jeden Tag ein. •
Weitere unterstützte Forschungsprojekte: krebsliga.ch/forschung
Kevin & Anja
Mit 14 Jahren kämpfte Kevin als Snowboarder um Medaillen, bis Leukämie alles radikal veränderte. Doch er hat gelernt, das Leben wieder zu feiern – trotz Schmerz, Schmerzen und Verlust. Denn Kevin hat Anja. Gemeinsam haben sie die Musik.
Text: Pia Schüpbach, Foto: Sophie Frei
* Songtexte von Kevins und Anjas Band «Motrade»
* sonnenkind, sadness bin irgendwo zwischen den brettern die die welt bedeuten und den betten mit den 1000 schläuchen alarmglocken, die immer läuten
Die Stammzelltransplantation, die werde er wegstecken wie andere einen Kreuzbandriss, sagten die Ärzte zum 14-jährigen Kevin. Er, Kindermodel, Schüler an der Sportschule in Ftan, Fussballtalent, Snowboard-Kaderfahrer und Skateboard-Virtuose. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte Kevin noch gar nicht richtig realisiert, was seine Diagnose Myelodysplastisches Syndrom (MDS) bedeutete. Klar, oft fühlte er sich ausgelaugt, im Spital erhielt er Bluttransfusionen und durfte nicht in die Schule wegen der Infektionsgefahr. Doch in diesen Monaten bis zur Transplantation konnte er zwischendurch nach wie vor snowboarden bis zum Umfallen. Spital und Sport statt Schule. «Das Leben war irgendwie schön in der Zeit zwischen den Bluttransfusionen und Knochenmarkpunktionen», erzählt er. Trotz Krebs.
Bei Kevins Leukämie sind Bildung und Ausreifung der roten oder weissen Blutkörperchen und der Thrombozyten im Knochenmark beeinträchtigt. Nur eine Stammzelltransplantation konnte dem 14-Jährigen langfristig helfen. Die Suche nach einem passenden Spender für Kevin dauerte monatelang.
* wollte immer nur ein normales leben doch meines war geprägt von extremen ja, ich bin ein sonnenkind, das lernte im schatten zu leben
Dann wurde es schwarz: Mitte 2004 verlor Kevin seine Mutter. Am Ende desselben Jahres seine Gesundheit.
Vor der Stammzelltransplantation erhielt er eine hochdosierte Chemotherapie. Nach der Transplantation erkannten die Spenderzellen Kevins Zellen als «fremd» und griffen sie an. Diese Graft-versus-Host-Reaktion schädigte fast all seine Organe. Mit 14 Jahren wog er 54, mit 16 Jahren noch 24 Kilogramm. Bis heute leidet Kevin unter den heftigen Abstossungsreaktionen und muss deshalb täglich einen Medikamentencocktail schlucken.
* werde nie mehr so sein wie ihr es gab zeiten, da sah ich öfter den tod als ihr etwas von mir
«Mein grösster Erfolg? Dass ich noch lebe.» Der heute 34-Jährige fasst seine Krankenakte in Zahlen zusammen: In den ersten fünf Jahren nach der Transplantation verbrachte er über 1000 Tage im Spital, über 80 Operationen liegen hinter ihm, 14 Hornhauttransplantationen, 2 Herzinfarkte, 2 Lungenembolien, 17 Pneumothoraxe. Seine heutige Lungenkapazität: 28 Prozent. Schmerzen immer und überall.
* irgendwo zwischen krankenhaus und träume jagen kaputte lunge – hard work, ständig ausser atem
Aus den Medien kriegte er mit, wie ein paar seiner früheren Kollegen bei Olympischen Spielen Gold holten. «Als ich es einmal kaum noch aushielt, habe ich fast alle meine Erinnerungen ans Snowboarden weggeschmissen – Pokale, Medaillen, Fotos.»
* konnte mir keine cheat days erlauben hatte keine pausen – einfach immer weitermachen ohne applaus im hinterzimmer weiter schaffen hart fürs überleben ackern wusste, ich werde es packen – irgendwann und dann hab auch ich wieder zu lachen
Kevin erzählt ruhig, manchmal sucht er nach dem passenden Wort und blickt zu seiner Frau, die neben ihm sitzt. Anja (32) ergänzt.
«Die Bewegung hat mir krass gefehlt», sagt Kevin. Er spürte: Um nicht an seiner Krankheit zu zerbrechen, musste er etwas Neues suchen. So begann er zwischen Spitalaufenthalten als DJ aufzulegen und machte einen Bachelor in Audioproduktion. In Amsterdam. Mit dem
Mit 14 donnerte Kevin mit dem Skateboard die Treppen hinunter. Heute kann der 34-Jährige nur noch kurze Runden drehen. Hauptsache mit Anja.
Biss des Spitzensportlers. «Von meinen Schmerzen wollte ich mich nicht bremsen lassen.»
* irgendwann hab ich meine liebe für die musik entdeckt dann hat die musik den sport ersetzt – habe mir neue ziele gesteckt immer noch mit demselben winner-mindset
Die Musik – sie brachte auch Kevin und Anja zusammen. Für sein Abschlussprojekt suchte er eine Sängerin und fand Anja. Auf Facebook chatteten die beiden nach der Anfrage bis zum nächsten Morgen weiter. Seit 2010 teilen sie alles: das Leben; Ängste, Sorgen und Momente des Glücks. Als sie noch nicht zusammenwohnten, fuhr Anja einmal vier Stunden Zug, um Kevin 20 Minuten im Spital zu sehen. «Natürlich, ich fahre gerne Zug», sagt sie, «aber vor allem würde ich für Kevin alles tun.»
Dieser sagt: «Ohne Anja wäre ich wohl nicht mehr da. Ein paar Jahre ging es nur noch bergab. Dann kam Anja und die Kurve ging in die andere Richtung.» Als Kevin in Amsterdam wieder einmal auf der Intensivstation lag und Anja ihn eigentlich nicht hätte besuchen dürfen, weil sie keine Angehörige war, beschlossen sie, zu heiraten.
Als Kindermodel verdiente er schon früh ein grosses Taschengeld.
Bis heute verbringen die beiden fast die gesamte Freizeit zusammen. Sie besuchen Konzerte, Fussballspiele des FC-Winterthur-Nachwuchses, für den Kevin auch Social-Media-Content produziert, oder sie gehen zusammen skateboarden.
Früher wäre Kevin noch Treppenstufen mit dem Skateboard runtergedonnert, heute braucht der 34-Jährige am Morgen eine halbe Stunde, bis er wegen seiner arthrosegeplagten Hüften in die Gänge kommt. Immer schmerzt etwas, immer ist irgendein Organ entzündet. Doch Kevin kämpft und freut sich über kleine Dinge: «Wenn wir mal zehn Minuten gemeinsam skaten oder ein paar Stunden snowboarden können, macht mich das glücklich.»
* für immer – partners in crime du kamst in mein leben aus dem nichts heute wäre alles ohne dich einfach nichts denn seit ich dich kenn, glaube ich an wunder habe sie mit eigenen augen gesehen ja, du bist der beweis, dass wunder noch geschehen
Die beiden erlebten nicht nur Hochs, sondern auch tiefste Tiefs. Nachdem Kevin seinen Abschluss geschafft und keine Ziele mehr hatte, schlitterte er in eine Depression. Just, als es ihm wieder besser ging, erlitt Anja ein Burnout. Eine Psychotherapie und die Liebe zu Kevin halfen ihr auf dem Weg zurück. Anja weiss selbst nicht so genau, wie sie «die Sorgen um Kevin aushält und trotzdem ein glückliches Leben führt». Sicher helfen Anja ihr positives Mindset und die geregelte Arbeit als Marketing Managerin. «Und vielleicht auch, dass wir beide uns der Endlichkeit sehr bewusst sind und alles aufsaugen, was im Moment gut ist?»
Der Sportschüler schaffte es im Snowboard ins B-Kader und galt auch als Fussballtalent.
Die heftige Abstossung nach der Knochenmarktransplantation kostete Kevin fast das Leben und schädigte fast alle seiner Organe dauerhaft. «Mein grösster Erfolg? Dass ich noch lebe.»
* zwischen verzweifelt voller schmerz und high life chasing the dream und an schlechten tagen daheim sein zwischen sadness and it‘s time to shine zwischen oxys und rotwein zwischen kämpfen und erschöpft sein irgendwo zwischen nie aufgeben und doch mal wein‘n
Heute wohnt das Paar in einer Zweizimmerwohnung in Zürich. Es ist eng, das Mischpult steht gleich neben der Küche. Dort produziert Kevin die Musik. Er rappt, Anja singt – als Duo «Motrade» verarbeiten sie ihre Geschichte. Kevin tippt die Texte in sein Handy, wenn er nachts mal wieder nicht schlafen kann. «Und das kommt oft vor.»
Im Februar 2025 soll das erste Album erscheinen, Konzerte sind geplant. Die beiden möchten mit der Musik anderen weitergeben, dass es bei Krebs nicht immer Wundergeschichten gibt. «Aber auch mit Einschränkungen kann man ein gutes Leben haben», sagt Kevin. «Ich
bin im Reinen mit mir und meinem Leben.» Und vor allem hat Kevin Anja. Und Anja hat Kevin.
* kämpfen zusammen gegen den tod denn wir wollen leben denn wir wollen leben •
Krebsliga: für alle da
Krebs schüttelt eine Familie durch. Angehörige und Freunde leiden mit. Gleichzeitig sind sie es, welche die Krebsbetroffenen aufmuntern und begleiten. Die Krebsliga ist auch für Nahestehende da: Denn nur wer gut zu sich selbst schaut, kann sich auch um andere kümmern. krebsliga.ch/angehoerige
Weltkrebstag «Gemeinsam einzigartig»
Hinter jeder Diagnose verbirgt sich ein Mensch mit seiner einzigartigen Geschichte. Am 4. Februar vereinen sich Krebsorganisationen weltweit, um Krebs und die Erlebnisse dahinter in allen Facetten sichtbar zu machen.
Text: Stefanie de Borba
Krebs ist mehr als eine medizinische Diagnose –Krebs ist eine zutiefst persönliche Angelegenheit. Deshalb soll in der Krebsversorgung vermehrt der Mensch behandelt werden und nicht nur die Krankheit. Dieser Ansatz berücksichtigt die Tatsache, dass jeder Mensch einzigartig ist, würdigt seine Lebenserfahrung und befähigt ihn, sich aktiv am Entscheidungsprozess zu beteiligen. Dabei wird nicht nur der oder die Einzelne einbezogen, sondern auch die Familie und das erweiterte Umfeld.
Die personenzentrierte Versorgung verbessert die Gesundheitskompetenz und die Krebsprävention. Sie fördert die Zugangsgerechtigkeit, erhöht die Versorgungsqualität, steigert die Zufriedenheit und ermöglicht eine vertrauensvollere Beziehung zwischen den Menschen und dem medizinischen Fachpersonal. Ein Ansatz, der in den Beratungsleistungen der Krebsliga bereits gelebt wird: Die Fachpersonen informieren und beraten bei psychoonkologischen, sozialen, rechtlichen und finanziellen Fragen rund um Krebs. Sie nehmen sich die Zeit, den Menschen als Ganzes zu erfassen und Betroffene sowie Angehörige zu unterstützen, wenn die Diagnose Krebs das Leben auf den Kopf stellt. Und mit Angeboten wie der Peer-Plattform oder den Begegnungszentren der regionalen und kantonalen Krebsligen vor Ort bringt die Krebsliga Menschen zusammen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben und dennoch ihren individuellen Weg gegangen sind. •
Das Motto «Gemeinsam einzigartig» am 4. Februar 2025: krebsliga.ch/weltkrebstag
Weltkrebstag
«Upside down challenge»
Eine Krebsdiagnose stellt die Welt auf den Kopf. Sie verändert die Perspektive auf das Leben, auf Beziehungen, auf die Zukunft. Und sie ist für jeden Menschen unterschiedlich.
Zum Weltkrebstag am 4. Februar rufen die Krebsorganisationen weltweit Betroffene und ihre Nahestehenden dazu auf, ihre Geschichte zu teilen. Persönliche Erfahrungen können andere Betroffene inspirieren – viele Geschichten können gemeinsam eine Veränderung bewirken und Einfluss darauf haben, wie Krebs in unserer Gesellschaft wahrgenommen und behandelt wird.
Wie hat Krebs Ihr Leben auf den Kopf gestellt? Erzählen Sie es uns!
1. Machen Sie ein Bild oder ein Video von sich selbst und drehen Sie es um 180 Grad.
2. Beginnen Sie mit dem Satz «Krebs hat meine Welt auf den Kopf gestellt ...».
3. Posten Sie es auf Ihren bevorzugten SocialMedia-Kanälen unter Verwendung von #WorldCancerDay und #UnitedByUnique.
4. Markieren Sie @worldcancerday und @krebsliga, damit wir Ihre Geschichte sehen.
Perlen, die ihre Geschichten erzählen
Seit gut 10 Jahren schenkt die Krebsliga Waadt Kindern während ihrer Krebstherapie Perlen, die sie durch die schwere Zeit tragen. Jede farbige Perle steht für eine erhaltene Behandlung. Die Idee der KanjiPerlen stammt ursprünglich aus Holland.
Text: Joëlle Beeler
Adrianna (im Bild) war acht Jahre alt, als sie die Diagnose Leukämie bekam. Die Krebsliga Waadt hat sie und ihre Familie über Jahre begleitet. Auf der pädiatrisch-onkologischen Abteilung des Waadtländer Universitätsspitals (CHUV) war Adrianna eines der ersten Kinder, das während seiner Behandlung Perlen für ein Collier sammeln konnte. «Jede Perle hat ihre eigene Bedeutung», erzählt Adrianna. «Für eine Chemotherapie hat die Perle aussen einen orangen und innen einen grünen Kreis. Wenn ich notfallmässig ins Spital musste, bekam ich eine Perle in den Farben eines Regenbogens.»
Herzensprojekt für
Kinder
Die Kanji-Perlen zeichnen den Weg, den das Kind während seiner Erkrankung zurückgelegt hat. Sie werden im Spital oder auch für zu Hause abgegeben. Laut der Geschäftsführerin der Krebsliga Waadt, Chantal Diserens, hat ein Kanji-Collier einen grossen symbolischen Stellenwert: «Eine Krebsdiagnose bei einem Kind bringt so viel Schmerz, Leid und Veränderungen mit sich. Mit den Perlen hoffen wir, ihnen ein bisschen Unterstützung zu geben.»
Adrianna ist heute 19 Jahre alt und gesund. Wenn sie auf die Zeit ihrer dreijährigen Behandlung zurückblickt, meint sie: «Mit den Perlen ist es nicht besser gegangen, der Schmerz war immer noch da. Aber für mich waren sie damals ein echtes Geschenk am Ende jeder Untersuchung: Uff, ich habe wieder etwas bewältigt.» Noch heute sind die Perlen für sie wichtig: «Das Collier zeigt mir, was ich alles geschafft habe. Das gibt mir Mut. Dann meistere ich meine Herausforderungen von heute mit links!» •
Krebsliga Waadt
10 Jahre Kanji in der Schweiz
Die Idee der Kanji-Perlen stammt von der niederländischen Vereinigung «Eltern, Kinder und Krebs» (VOKK). Die Krebsliga Waadt hat das Projekt 2014 in die Schweiz geholt und bietet die Perlen in der Westschweiz auf den pädiatrisch-onkologischen Abteilungen und in der Pflege zu Hause an, zudem im Tessin in Zusammenarbeit mit der Krebsliga Tessin. Dies mit der finanziellen Unterstützung der Kinderkrebsorganisation Zoé4life.
vaud.liguecancer.ch/kanji
«Mein Collier zeigt mir, was ich geschafft habe», sagt Adrianna.
Rudern für den guten Zweck
Einmal quer über den Atlantik für Krebsbetroffene
Jeden Samstag treffen sich Robin Muntwyler (28), William Stampfli (29), Andreas Nef (29) und Marco Kamm (27) auf dem Bodensee. «In dieser Morgenstimmung mit einem schönen Rhythmus über das Wasser zu gleiten, schätzen wir sehr», sagt Andreas. Was nach Idylle tönt, bedeutet auch Plackerei. Denn das Team Atlantx will den Atlantik vom spanischen La Gomera nach Anti-
gua in der Karibik überqueren beim Ruderrennen «World’s Toughest Row»: 4800 Kilometer rudern, nonstop 35 Tage lang, in Zwei-Stunden-Schichten.
Vier Spinner? Womöglich. Doch die einstigen Spitzensportler wissen, was hartes Training bedeutet. «Nun wollten wir ein Projekt, das noch mehr Vorbereitung braucht.» Sie beschlossen, das Rudern zu erlernen und sich
Lebensqualität
mit der Atlantik-Überquerung für das Gemeinwohl einzusetzen. Weil alle vier Krebsbetroffene kennen, engagieren sie sich in diesem Bereich. Der Atlantx-Erlös, rund 30 Prozent des Budgets, wird in die «Direkthilfe für Krebsbetroffene» fliessen – ein Projekt der Krebsliga, um finanzielle Notlagen von Menschen mit Krebs zu entschärfen.
Dank eines Crowdfundings ist das Atlantx-Budget von 230 000 Franken gedeckt, das Hochsee-Ruderboot finanziert. Seit Mai 2024 läuft das Rudertraining, dazu kommen Stunden im Kraftraum, die mentale Vorbereitung, aber auch ein Haufen bürokratischer Aufwand. Im Juni 2026 wird das Thurgauer Quartett beim härtesten Ruderrennen der Welt starten.
Sicher ist: Andreas und seine Kollegen werden an ihre Grenzen stossen. «Es ist ein Privileg, dass wir uns dieser Herausforderung stellen dürfen. Viele Menschen – wie Krebsbetroffene – haben unfreiwillig mit Herausforderungen zu kämpfen.» (spa)
Verfolgen und unterstützen Sie das Projekt: atlantx.org
Eine grosse Herausforderung für Menschen mit Krebs
Wie kann man die Lebensqualität und das Wohlbefinden von Menschen mit Krebs verbessern? Mit dieser Problematik beschäftigen sich die Krebsliga und ihr Partner, das Dermatologielabor La Roche-Posay.
Die körperlichen, psychologischen und sozialen Folgen der Krankheit und der Behandlungen können den Alltag erschweren. Für Menschen, die mit diesen Herausforderungen konfrontiert sind, ist es von entscheidender Bedeutung, bei geschul-
ten Ansprechpartnern Gehör und Unterstützung zu finden. Die Betreuung des Menschen mit einem ganzheitlichen Ansatz, der sich auf den Patienten und sein Wohlbefinden konzentriert, ist der Schlüssel zum Erfolg. Vor diesem Hintergrund haben es sich die Krebsliga und La RochePosay zur Aufgabe gemacht, die Pharma-Assistentinnen, die eine wichtige Anlaufstelle für die Patientinnen und Patienten darstellen, zu
sensibilisieren und zu schulen. Am 2. und 7. Oktober 2024 fanden in Zürich und Lausanne zwei Schulungsabende zum Thema «Begleitung von Onkologiepatienten» statt. Auf dem Programm standen ein Workshop, der sich mit Kommunikationstechniken befasste, sowie eine Schulung über geeignete Handgriffe und Produkte, um Patientinnen und Patienten, deren Haut durch die Behandlungen geschwächt ist, Linderung zu verschaffen. (tis)
4800 Kilometer in 35 Tagen: Das Team Atlantx mit Robin Muntwyler, William Stampfli, Andreas Nef und Marco Kamm (von links) bereitet sich auf das härteste Ruderrennen der Welt vor.
Erbschaft
Einfacher zum Testament mit Quoten
Wer seinen Nachlass regelt, schafft Ordnung und Ruhe. Wer dabei nahestehende Personen oder gemeinnützige Organisationen bedenkt, empfindet ein Gefühl von Freude. Leider lassen wir uns oft durch gedankliche Hürden von diesem Akt des Schenkens und Verteilens abhalten. Es sind Gedanken wie «Ich weiss noch nicht, was am Schluss übrigbleibt» oder «Ich habe kein Vermögen». Ihr Vermögen – sei es klein oder gross – kann über die Jahre grosse Schwankungen erfahren. Erbschaften im hohen Alter oder Gesundheits- und Pflegekosten
beeinflussen stark, wie viel Vermögen beim Ableben vorhanden sein wird. Das spielt aber für die Formulierung des Testaments keine grosse Rolle. Bei der Erbeneinsetzung empfehlen wir, nur mit Prozentsätzen zu arbeiten. Wenn Sie zum Beispiel Ihre Schwester und die Krebsliga Schweiz zu je 50 Prozent als Erbinnen einsetzen, dann erhalten diese je 50 Prozent von dem, was nach Ihrem Ableben da ist. (spa)
Weitere Tipps und Beispiele für die Formulierungen finden Sie im Testamentratgeber der Krebsliga Schweiz: krebsliga.ch/erbschaften
Verdiente Anerkennung
Prix Sana für die Peers der Krebsliga
Ein Hoch auf die rund 80 Peers der Krebsliga Schweiz. Sie wissen aus eigener Erfahrung, was Krebsbetroffene durchmachen und begleiten diese sowie Angehörige. Für dieses ehrenamtliche Engagement haben sie im November 2024 den Prix Sana erhalten. Mit diesem Preis würdigt die «Fondation Sana» Menschen, die sich für ihre Mitmenschen und unser Gesundheitssystem engagieren. Erika Gardi, Verantwortliche der Peer-Plattform: «So schön, wird die wertvolle Beglei-
tung, die unsere Peers leisten, mit dieser geschätzten Auszeichnung gewürdigt.» Jemanden an der Seite zu haben, der einen durch schwierige Zeiten begleitet, ist für Krebsbetroffene wertvoll. «Ich hätte mir damals gewünscht, mich mit jemandem austauschen zu können», sagt Andrea, die sich nach ihren zwei Diagnosen als Peer engagiert. Ein Prix Sana ging auch an Cristina De Biasio Marinello. Sie setzt sich für junge Demenzkranke ein. (spa) krebsliga.ch/peerplattform
Die regionalen und kantonalen Krebsligen organisieren regelmässig Kurse, Treffen, Workshops und Veranstaltungen für Krebsbetroffene und ihre Angehörigen. Diese Angebote in Ihrer Region ermöglichen es Ihnen und Ihren Liebsten, durchzuatmen, Unterstützung zu finden und sich auszutauschen. Schauen Sie vorbei, machen Sie mit und kehren Sie danach gestärkt in Ihren Alltag zurück. Wir freuen uns auf Sie!
Zu den Kursen und Veranstaltungen: krebsliga.ch/agenda
Agenda-Tipp
Mitten im Leben –achtsam und gestärkt
Möchten Sie nach Ihrer Krebserkrankung lernen, wie Sie zu Ihren Stärken zurückfinden, Energie tanken und möglichst gesund leben können? Genau darum geht es in dieser Kurswoche für Frauen nach einer Krebserkrankung. Achtsamkeit, Bewegung, Entspannung und eine ausgewogene Ernährung sind die Grundlagen für ein vitales Leben, für Lebensqualität und Wohlbefinden. In der Kurswoche setzen Sie sich mit Ihren eigenen Wünschen und Ressourcen auseinander und entwickeln wirksame Strategien für einen selbstbestimmten Lebensstil. Daneben bleibt Raum, um sich mit anderen Frauen auszutauschen und voneinander zu lernen.
Datum: Montag, 17. März 2025 bis Freitag, 21. März 2025
Ort: Kurs- und Seminarhotel Kientalerhof in Kiental BE
Anmeldung: bern.krebsliga.ch
Das Lösungswort
La Roche-Posay kümmert sich um empfindliche Haut
Seit über 30 Jahren setzt sich La Roche-Posay dafür ein, das Leben empfindlicher Haut zu verändern, ganz nach dem Motto: Wirksamkeit und Verträglichkeit für die ganze Familie. Die Marke bietet Reinigungsprodukte, Feuchtigkeitspflege, Anti-Aging- und Anti-Unreinheiten-Pflege, Sonnenschutz und Make-up. Alle Produkte basieren auf dem La RochePosay Thermalwasser und sind damit auf die Bedürfnisse jedes Einzelnen zugeschnitten, insbesondere auf die Bedürfnisse von Krebspatienten.
Die Stärke von La Roche-Posay? Ihr dermatologisches Fachwissen. Als Pionier in der Forschung des Hautmikrobioms wird die Marke von 90 000 Dermatologen weltweit empfohlen und ist die meistverkaufte dermo-kosmetische Marke in Schweizer Apotheken.
La Roche-Posay bietet Ihnen die Möglichkeit, eines von 15 Produktesets im Wert von 180 Franken zu gewinnen. Die ideale Gelegenheit, die Marke gemeinsam mit der ganzen Familie zu testen.
So nehmen Sie teil Online: krebsliga.ch/loesungswort – oder mit einer Postkarte: Senden Sie das Lösungswort, Ihren Namen und Ihre Anschrift an folgende Adresse: Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach, 3001 Bern Einsendeschluss ist der 31. Januar 2025. Viel Glück!
Die Gewinnerin der Oktober-Ausgabe 2024, Lösungswort: SURVIVOR
Kathrin Brönnimann, 3127 Mühlethurnen
Zum Online-Rätsel:
Meine Erfahrung mit Krebs
Krebs traf den Betriebs wirtschafter Marcel (61) aus Schänis unerwartet. Dennoch nahm er die Diagnose als Chance, stärkte seine eigenen Ressourcen und empowert heute andere Menschen.
Aufgezeichnet von Joëlle Beeler
«Meine Frau hat einmal gesagt, dass die Krebsdiagnose etwas vom Besten war, was uns passieren konnte. Und sie hat recht. Wir konnten uns neu ausrichten. Wir entdeckten auf eine ganz bewusste Art und Weise unsere Ressourcen und lernten neue Menschen kennen. Wir realisierten, wir können gestärkt neue Horizonte erreichen.
Aber ich beginne doch mal von vorne: Mit 30 Jahren bekam ich die Diagnose Hodenkrebs. Mit zwei kleinen Kindern war das ein Riesenschock. Fast 30 Jahre später – im Jahr 2017 – kam die zweite Diagnose Hodenkrebs und 2019 waren zudem die Lymphen befallen. Ich erinnere mich sehr gut daran, dass mich der Arzt mit dem Befund ziemlich alleingelassen hat. Ich hätte gerne erfahren, welche Unterstützungsangebote oder Möglichkeiten ich neben der bevorstehenden Therapie sonst noch habe. Aber das Gespräch hatte keine Tiefe.
Zum Glück war ich im Spital Lachen im Kanton Schwyz gut aufgehoben. Dort gibt es den sogenannten Onkologie Coach. Für meine Bedürfnisse genau das Richtige. Quasi eine erste Hilfe für die Seele. Während der
ambulanten Chemotherapie konnte ich über meine Ängste und Herausforderungen sprechen. Denn durch die Therapie körperlich und mental die Kontrolle zu verlieren, war schwierig für mich. Ich hatte beispielsweise starke Rückenschmerzen. Dafür bekam ich ziemlich bald Physiotherapie. Damit konnte ich meinen zuerst kraftlosen Körper wieder aufbauen.
Die Patientenkompetenz basiert auf Empowerment und dem Aktivieren von eigenen Stärken. Ich lernte meine Ressourcen genauer kennen und setzte sie in der Bewältigung der Krankheit bewusst ein. Meine Familie, der Glaube, der Sport, struktu-
riertes Denken und meine Tatkraft stärkten und bestärkten mich.
Die kurative Chemotherapie hatte enorme Wirkung. Heute bin ich krebsfrei. Ich arbeite inzwischen ehrenamtlich im Care-Team im Kanton Schwyz und setze mich in meinem Umfeld stark für das Empowerment ein. Früher war mir meine berufliche Karriere wichtig, heute konzentriere ich mich mehr auf sinnstiftende Tätigkeiten. Wenn ich pensioniert bin, wird mir bestimmt nicht langweilig! »
Weitere Erfahrungsberichte von Menschen mit Krebs finden Sie hier: krebsliga.ch/story
Marcel mit seinem Enkel: «Durch die Krankheit konnte ich mich neu orientieren.»
Seine Erfahrung will der 61-Jährige weitergeben und andere damit unterstützen.