Kurt Bänteli Katharina Bürgin
Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster
Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900
I/II
Schaffhauser Archäologie 11
Band I/II
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Schaffhauser Archäologie 11 Monographien der Kantonsarchäologie Schaffhausen 2 Bände Schaffhausen 2017
Die Publikation haben durch Beiträge ermöglicht: Druck: Stadt Schaffhausen Visualisierungen sh_ift: Stiftung Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte, Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung, Basel
Konzept und Text: Kurt Bänteli Gestaltung, Pläne und Fundfotos: Katharina Bürgin Lektorate: Andreas Heege, Archäologe, Zug; Hans Ulrich Wipf, Historiker, Schaffhausen Redaktion: Elke Jezler, Schaffhausen Druck: Unionsdruckerei AG, 8200 Schaffhausen Einband: BUBU AG (Buchbinderei Burkhardt), 8617 Mönchaltdorf
© 2017 Baudepartement des Kantons Schaffhausen, Kantonsarchäologie ISBN 978-3-9523689-3-0
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-RLEPXWZIV^IMGLRMW &ERH Geleitwort des Regierungspräsidenten und des Stadtpräsidenten Geleitwort des Kantonsbaumeisters Vorwort und Dank des Verfassers Aufbau und Benutzung des Buchs
%RLERK 6 6 7 11
- )VJSVWGLYRK HIV 7XEHX EPW +IRIVEXMSRIRTVSNIOX Die Stadtentwicklungstheorien von Rüeger, Harder, Bächtold und Schib
15
Der lange Weg zur Stadtarchäologie
18
Eine neue Stadtgeschichte nach 32 Jahren Forschung am Objekt
Plan- und Bildquellen und weitere, nicht in jedem Fall eigens angemerkte Grundlagen
203
Abkürzungen in Text und Tabellen
204
Abkürzungen von Quellen, Institutionen und Literatur 204 Literatur
205
Verzeichnis der Fundstellen
214
Register der behandelten Häuser und wichtigsten Örtlichkeiten
217
Abbildungsnachweis
224
23 Beilagen 1–3
Ausblick und Perspektive für die künftige Stadtkernforschung
26
Der archäologische Stadtrundgang
28
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Stadtstruktur, Barfüssermönche und Blütezeit GHV %HQHGLNWLQHULQQHQNORVWHUV í
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Älteste Siedlungsspuren und nellenburgische Anfänge 7. Jahrhundert bis 1045
Ruhige Jahrzehnte bis zum Stadtausbau in ]lKULQJLVFKHU =HLW í
im Umschlag hinten
Letzte Stadterweiterung, Rathaus und %DXYRUVFKULIWHQ í
Stadtbrand, Aufstieg von Bürgertum und Zünften í
Kriegerische Zeiten und Ausbau der Grabenwerke í
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Reformation und Neuorganisation GHU 6WDGW í
A. Quartier St. Johann und Fischmarkt
226
% 4XDUWLHU )UHLHU 3ODW] XQG 5KHLQEU FNH í Unterstadt und Bachbrücken
264
C. Quartier Fischerhäusern und Munot
380
D. Quartier Kloster Allerheiligen
398
E. Quartier Markt, Oberstadt und Spital
432
F. Quartier Kloster St. Agnes
512
G. Quartier Rindermarkt (innere Vorstadt)
530
H. Quartier Repfergasse und Webergasse
558
I. Quartier Barfüsserkloster
586
J. Quartier Vorstadt (äussere Vorstadt)
606
K. Quartier Herrenacker und obere Neustadt
648
L. Quartier Grueb und untere Neustadt
676
M. Quartier Mühlen
698
N. Quartier Steig, Ölberg und Griesbach
700
O. Quartier Emmersberg und Buchthalen
706
P. Mogern, Geissberg, Berslingen
712 5
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Schaffhausen besitzt eine der grossen Altstädte der Schweiz und damit ein Kulturdenkmal von unermesslichem Wert. Mehr als 30 Generationen haben nach ihrer Gründung in dieser Altstadt über einen Zeitraum von bald 1000 Jahren gelebt, geplant, gebaut, erweitert, verdichtet, aufgestockt, optimiert und umgenutzt. Teile davon wurden abgebrochen und wieder aufgebaut oder durch Katastrophen wie Feuer oder Bomben zerstört. All diese Aspekte werden in diesem Buch erstmals in dieser Dichte beleuchtet. Es ist eine eigentliche Gesamtschau der Untersuchungen von Archäologie und Bauforschung in der Altstadt von Schaffhausen über einen Zeitraum von 35 Jahren. Die Ergebnisse zeigen etwa, dass Schaffhausen in der Schweiz die älteste Stadtbefestigung (950 Jahre), die ältesten mittelalterlichen Dachziegel (900 Jahre) und aus dem gleichen Material eine ebenso alte Wasserleitung besitzt. Zum Kloster Allerheiligen gehört der architektonisch einzigartige Kreuzhof der Zeit um 1070, den die Wissenschaft mit der Heiliggrabkirche in Jerusalem vergleicht. Die Dendrochronologie, die jahrgenaue Datierung der beim Bau verwendeten Hölzer, führte zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn im Verständnis der mittelalterlichen Stadtentwicklung und zur spannenden Neuinterpretation historischer Quellen. Viele geschichtliche Ereignisse und politische Handlungen schlugen sich direkt in der Bautätigkeit nieder und werden so am Baudenkmal Schaffhauser Altstadt ablesbar und nachvollziehbar. Die Publikation ermöglicht einen grossartigen, neuen und umfassenden Blick auf die Stadtentstehung und die Stadtentwicklung und wird damit auch der weiteren archäologischen, bauhistorischen und historischen Forschung dienen. «Schaffhausen im Mittelalter» soll als Grundlagenwerk darüber hinaus auch eine möglichst breite Leserschaft für die Baugeschichte der Stadt interessieren und so einen Beitrag leisten zur Sensibilisierung für das bauliche Erbe der Altstadt. Wir danken daher auch allen Sponsoren, welche die Herausgabe im Druck ermöglicht haben. Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir viel Freude beim neuen Entdecken der Geschichte der Stadt Schaffhausen. Schaffhausen, im Dezember 2016 Dr. Reto Dubach, Regierungspräsident Peter Neukomm, Stadtpräsident
6
«Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft». Das meinte der deutsche Kulturwissenschaftler Wilhelm von Humboldt (1767–1835), und völlig zurecht. Mit Blick auf das vorliegende Werk von Kurt Bänteli, welches die Erkenntnisse der Mittelalterarchäologie auf dem Gebiet der Stadt Schaffhausen zusammenfasst, wird uns wieder einmal bewusst, dass bereits vor uns viele Generationen von Schaffhausern an unserer «kleinen Stadt» gebaut haben, und dass auch wir in der uns zugemessenen Lebensspanne dieselbe QLFKW IHUWLJEDXHQ ZHUGHQ 'LHVH (UNHQQWQLV YHUSÀLFKWHW XQV bauliche Eingriffe sorgfältig und nachhaltig zu tätigen, damit unsere Nachfahren mit ähnlichem Stolz auf die lebens- und liebenswürdige Stadt blicken können, wie wir es heute tun. Während frühere Generationen vor allem aus ökonomischen und technischen Zwängen heraus sorgsam mit dem baulichen Erbe umgingen, tragen heute die zum Teil ungeliebten gesetzlichen Vorgaben dazu bei, dass bauliche Vorhaben in der Altstadt unter Schonung der originalen Bausubstanz umgesetzt ZHUGHQ $UFKlRORJLH XQG 'HQNPDOSÀHJH WUDJHQ GDEHL GXUFK die begleitenden Untersuchungen jeweils zum Kenntniszuwachs über die Vergangenheit bei. Die damit verbundenen Restriktionen für die Bauherrschaften benötigen in der meist hektischen Planungs- und Bauzeit viel Verständnis und Geduld. Längerfristig gesehen ist der sorgfältige Umgang mit dem baulichen Kulturerbe aber ganz sicher ein Gewinn für das jeweilige Objekt und die ganze Stadt als Ensemble. Ich wünsche den Lesern nun viel Freude beim persönlichen Kennenlernen der Vergangenheit unserer Stadt und möchte Kurt Bänteli zu diesem grossartigen Kataster gratulieren. Zudem danke ich der Stadt Schaffhausen, der Stiftung Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte, der Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung Basel und der Oberen Gesellschaft «zun Herren» I U LKUH ¿QDQ]LHOOHQ %HLWUlJH GLH GLH (QWVWHKXQJ GLHVHV :HUNV massgeblich unterstützt haben. Schaffhausen, im Dezember 2016 Mario Läubli, Kantonsbaumeister
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Ein Werk wie das vorliegende realisieren zu können war eine einmalige und für die Geschichte einer Stadt selten genutzte Chance. Anlass für seine Entstehung war, dass der Verfasser Ende des Jahres 2016 in den Ruhestand treten würde. Trotz regelmässiger Publikationstätigkeit drohten umfangreiches Wissen und enorme Detailkenntnis verloren zu gehen, erworben in mehr als 40-jähriger Tätigkeit in der Kantonsarchäologie Schaffhausen, zu der auch die Stadtarchäologie gehört. Viele Fundstellen waren unbearbeitet, die Akten noch nicht archivfähig abgelegt. Schon länger plante deshalb die Kantonsarchäologie, die seit 1982 neu gewonnenen Erkenntnisse der Schaffhauser Mittelalterarchäologie für die Stadt Schaffhausen in einem «Archäologischen Stadtkataster» vorzulegen. Vorbild war dabei die seit dem Jahr 2000 erscheinende Reihe der archäologischen Stadtkataster in Baden-Württemberg.1 Ziel war eine Zusammenstellung der archäologischen Befunde und Funde für alle an der Stadtgeschichte interessierten Laien und Fachleute, Planer und Amtsstellen, allen voran $UFKlRORJLH 'HQNPDOSÀHJH $UFKLYH XQG 6WDGWSODQXQJ Die letzten Publikationen zum Baudenkmal «Altstadt Schaffhausen» erschienen vor mehr als 60 Jahren. Unter dem noch nahen Eindruck der Bombardierung Schaffhausens am 1. April 1944 stand der Band der Reihe «Das Bürgerhaus in der Schweiz» von 1946: «Wir freuen uns, zwei Jahre nachdem die Stadt Schaffhausen auf so tragische Weise von einer Bombardierung getroffen wurde, den neuen Band über die bürgerlichen Baudenkmäler des Kantons Schaffhausen herausgeben zu können».2 Der erste Band der Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen kam dann, wohl eher zufällig, «kurz nach der eindrücklichen 450-Jahrfeier des Eintritts Schaffhausens in den Bund der Eidgenossen» heraus.3 Beides sind architektonische und kunsthistorische Bearbeitungen, ergänzt mit historischen Quellen, die auch heute noch in vielen Belangen ihre Gültigkeit besitzen. 1972 erschien dann die Geschichte von Stadt und Kanton Schaffhausen, eine Gesamtschau des damaligen Forschungsstandes, die die Geschichte der Stadt in jene des Kantons einbettet.4
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Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2000. Bürgerhaus 1946, S. 5. Frauenfelder 1951, S. VII. Schib 1972. Roth Heege/Thierrin-Michael 2016; Boschetti-Maradi 2012. Jenisch 1999. Untermann 2005, S. 9–13.
Das baugeschichtliche Erbe im Boden und die Grundstrukturen der Gebäude hinter den Verputzen und Verschalungen mussten hingegen weitgehend unberücksichtigt bleiben. Die Stadtarchäologie als wissenschaftliche Disziplin war damals noch kaum entwickelt, ebenso wenig die Bauforschung und die Dendrochronologie, die eine jahrgenaue Datierung der Bauwerke ermöglicht. Diese neuen Methoden führten zu einem Quantensprung im Verständnis der mittelalterlichen Stadtentwicklung und zur Neuinterpretation vieler historischer Quellen. Die Zusammenführung aller von 1982 bis 2013 durchgeführten mittelalterlichen und neuzeitlichen Ausgrabungen mit den baugeschichtlichen Recherchen an vielen Bauwerken ermöglichte eine einmalige, dreidimensionale Auswertung und Erforschung der Stadt, wobei der Schwerpunkt der Publikation ergebnisorientiert auf den Befunden liegt. Im Gegensatz zu dem anfänglich geplanten Stadtkataster, der vor allem eine Zusammenstellung des bereits vorhandenen Wissens geboten hätte, ist ein eigenständiges Grundlagenwerk über die Schaffhauser Altstadt entstanden. Vergleichbar umfassende Studien, die die Archivalien, die Bausubstanz und die Archäologie berücksichtigen, sind bisher in der Schweiz eine grosse Seltenheit, sieht man von der Stadt Zug ab.5 Für den süddeutschen Raum ist etwa Villingen zu nennen, wobei sich jene Arbeit eher auf die archäologischen und stadttopographischen Kontexte beschränkt.6 Die hiermit vorgelegte Arbeit erfüllt den Zweck eines Stadtkatasters,7 könnte aber auch zu einem Markstein für die Geschichte Schaffhausens werden, indem sie diese ergänzt oder ihr neue, bislang unbekannte Abschnitte hinzufügt. Im Hinblick auf die Gesamtauswertung legten Valentin Homberger und Kurt Zubler 2010 eine Grundlagenarbeit zur Datierung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik der Region Schaffhausen vor. Die Keramikseriation basiert auf geschlossenen Fundinventaren, die mittlerweile einzelne Zeitabschnitte gut datieren. Grundsätzlich ist die Anzahl der Fundinventare jedoch für verlässliche Aussagen nur in der Zeit zwischen etwa 1100 und 1500 ausreichend. Jüngere Inventare sind nicht nur in Schaffhausen, sondern in der ganzen Deutschschweiz stark unterrepräsentiert. Diese Vorarbeit ermöglichte dem Verfasser, sich auf eine Sichtung der noch nicht ausgewerteten Fundkomplexe zu beschränken und diese summarisch auszuwerten. Im Sinn einer ergebnisorientierten Publikation werden die stratigraphischen Abfolgen der einzelnen Fundstellen tabellarisch getrennt nach Ausgrabungsbereichen dargestellt und das Fundmaterial entsprechend der Publikation von Homberger/Zubler bezeichnet und datiert. Ergänzende Komplexe oder Sonderformen werden gezeichnet vorgelegt. Zudem sind alle bemerkenswerten Fundkomplexe in Gesamtaufnahmen vorgestellt, damit der Leser einen repräsentativen Querschnitt des archäologischen Fundmaterials in unserer Stadt erhält. 7
Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchungen als grundlegende Datenbasis für die Stadtgeschichte werden mit allen relevanten Angaben jeweils in Tabellenform bei den einzelnen Fundstellen aufgeführt. Alle Untersuchungen für die Stadtarchäologie wurden vom Labor für Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich (UWAD) durchgeführt. Die Proben wurden in den ersten Jahren von Matthias Seifert und Richard Meier, danach meistens von Felix Walder gemeinsam mit dem Verfasser auf den Baustellen gebohrt. In Einzelfällen, etwa wenn Balken ausgebaut wurden, schickte der Verfasser Baumscheiben ans Labor. Vereinzelt wurden auch Funde in Feuchtbodenerhaltung wie etwa Daubengefässe und andere Hölzer datiert (1.048; 1.211). Die Kantonale DenkPDOSÀHJH YHUJDE LKUH 8QWHUVXFKXQJHQ EOLFKHUZHLVH DQ GDV Laboratoire Romand de Dendrochronologie, Moudon (LRD), in einzelnen Fällen an die Firma dendron in Basel. Schliesslich wäre die Publikation in dieser Form nicht möglich gewesen, hätte der Verfasser nicht in den letzten Jahren als privates Projekt die «Häuserdatenbank» aufgebaut. Sie wurde für das Stadtbild «Schafhusen anno MCCCCXI», welches zum Jubiläum «600 Jahre Zunftverfassung.SH 1411– 2011» entstand, entwickelt und bei jener Gelegenheit erstmals öffentlich vorgestellt.8 Weitere Ergebnisse aus dieser Häuserdatenbank liessen sich 2014 im Rahmen der Turnierausstellung im Museum zu Allerheiligen vorlegen.9 Gegenwärtig umfasst die Datenbank im Wesentlichen den Zeitraum von 1250 bis 1600. Ihr Rückgrat bilden die «Steuer- und Behebbücher» der Stadt Schaffhausen, die seit 1392 (mit Lücken) vorhanden sind.10 Auf einem so genannten Gassenkehr haben Stadtschrei-
ber und -rechner den jährlichen Steuereinzug festgelegt und die Stadtbewohner mit ihren Steuerposten notiert. Der Rundgang wurde jahrzehntelang in gleicher Abfolge durchgeführt und konnte durch Karl Schmuki für den Zeitraum 1459–1641 in groben Zügen rekonstruiert werden.11 Der ältere Rundgang von 1392–1458 lässt sich nun durch die Häuserdatenbank ebenfalls rekonstruieren, genauso bislang unklare Teilbereiche des jüngeren Gassenkehrs. Weitere mittelalterliche Quellen, die die Stadt Schaffhausen und ihre Hausbesitzer und Bewohner betreffen, ermöglichen schliesslich eine hausgenaue Verortung. Hauptsächlich sind dies die von Olga Waldvogel nach ihrer Pension viele Jahre lang transkribierten Stadtrechnungen.12 Das Stadtarchiv hat diese seit 1396 (mit Lücken) erhaltenen Rechnungen digital zugänglich gemacht.13 Hinzu kommen Urkunden und die seit 1467 vorhandenen Ratsprotokolle und Häuserfertigungen im Staatsarchiv Schaffhausen sowie Quellen in anderen Archiven und historische Publikationen. In der Häuserdatenbank werden Personen, Handlungen und gUWOLFKNHLWHQ ]XVDPPHQJHI KUW XQG PLW GHU 6WDGWWRSRJUD¿H verbunden. Bislang verborgen gebliebene Einblicke in die Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner werden möglich: Hunderte von Personen sind neu fassbar mit ihren Namen, Wohnorten, Berufen und Fragmenten ihrer Lebensgeschichte. Die Bau- und Besitzergeschichte vieler Häuser lässt sich bis tief ins Mittelalter zurück neu schreiben oder ergänzen. Aus der ) OOH GLHVHU (UJHEQLVVH ÀRVVHQ DXFK HLQLJH LQ GLH YRUOLHJHQGH Publikation ein. Die Häuserdatenbank zu Schaffhausen ist noch nicht öffentlich zugänglich.14
8 Bänteli 2011. 9 Bänteli 2014b. 10 StadtASH, Steuerbücher A II.06.01, http://www.stadtarchiv-schaffhausen.ch. 11 Schmuki 1988, S. 472–475. 12 Olga Waldvogel versah jahrzehntelang das Sekretariat des Staatsarchivs Schaffhausen und fertigte in dieser Funktion Transkriptionen für viele Historiker. 13 StadtASH, Stadtrechnungen A II.05.01, http://www.stadtarchiv-schaffhausen.ch. 14 Kontakt: Kurt Bänteli, Rosenbergstr. 10a, 8200 Schaffhausen, kurt.baenteli@bluewin.ch.
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Um die Realisierung eines solchen Grossprojekts zu ermöglichen, was parallel zu neu anfallenden Bauprojekten und Untersuchungen auf den Baustellen nicht möglich gewesen wäre, wurde der Verfasser Ende 2013 organisatorisch aus der Kantonsarchäologie ausgegliedert. Dass die Arbeit erfolgreich abgeschlossen werden konnte, ist vor allem Kantonsbaumeister Mario Läubli zu verdanken, der von Anfang an die Bedeutung dieses Projekts für das Kulturdenkmal «Altstadt Schaffhausen» erkannte. Er integrierte alle relevanten Kreise und sorgte für die notwendige Finanzierung. Das Projekt stand unter der Schirmherrschaft von Regierungsrat Reto Dubach, zu dessen Baudepartement die Archäologie zählt. Tragende Stütze des Projekts war vor allem Katharina Bürgin, die in geduldiger Arbeit die unzähligen, komplexen Pläne herVWHOOWH GLH )XQGH IRWRJUD¿HUWH XQG GDV %XFK KHUDXVUDJHQG JHstaltete. Gemeinsam mit Christian und Julian Wäckerlin vom Büro für gestalterische Angelegenheiten sh_ift war sie auch an den Rekonstruktionsbildern beteiligt, die fünf bislang unbekannte oder kaum beachtete Marksteine unserer Stadtgeschichte visualisieren. Die neu für dieses Werk angefertigWHQ )XQG]HLFKQXQJHQ VWDPPHQ YRQ 6LOYLD 3¿VWHU DXV % ODFK +DQVXHOL .UDSI DXV '|UÀLQJHQ IHUWLJWH PLW VHLQHU 'URKQH die grossartigen Luftaufnahmen. Aus dem Team der Kantonsarchäologie ist vor allem Daniel Gerbothé zu danken, der als Fundverwalter und Archivverantwortlicher viel Arbeit im Hintergrund leistete.
Für die umsichtige Redaktion bin ich Elke Jezler, SchaffKDXVHQ ]X 'DQN YHUSÀLFKWHW HEHQVR GHP HKHPDOLJHQ Kantonsarchäologen Markus Höneisen, dessen Verdienst es ist, diese Schriftenreihe begründet zu haben. Den Druck besorgte in bewährter Weise die Unionsdruckerei Schaffhausen. Dank für die jahrzehntelange Unterstützung schulde ich auch vielen anderen Amtsstellen, allen voran Stadt- und StaatsarFKLY 6WDGWELEOLRWKHN 'HQNPDOSÀHJH XQG 9HUPHVVXQJVDPW sowie die Hoch- und Tiefbauämter von Stadt und Kanton Schaffhausen. Schliesslich ist den vielen Grabungshelferinnen und -helfern zu danken, die über die Jahrzehnte in einem nicht immer einfachen Einsatz auf den pulsierenden Baustellen bei Wind und Wetter, Lärm und Dreck zu diesem Gesamtergebnis beigetragen haben. Nicht vergessen sei aber auch der Dank an all die vielen Bauherren, Architekten, Bauunternehmer und ihre Mitarbeiter auf den Baustellen. Mit ihnen ein gutes Einvernehmen zu haben und sich als manchmal «störendes Element» dennoch konstruktiv in den Bauablauf einzugliedern, war mir immer ein grosses Anliegen. Dies hat sich, wie das vorliegende Ergebnis zeigt, ausgezahlt. Kurt Bänteli Schaffhausen, im September 2016
Weiterer Dank geht an die kritischen Leser des Buchmanuskripts, allen voran als Archäologe und Hauptlektor Andreas Heege aus Zug, der mir immer ein grossartiger Diskussionspartner war. Seine Anregungen und Hinweise haben viel zur Präzisierung der archäologischen Fragestellungen und Inhalte beigetragen. Spezielles Augenmerk auf die historischen Quellen und Fragen legten die Schaffhauser Historiker Hans Ulrich Wipf, Staatsarchivar Roland E. Hofer und Stadtarchivar Peter Scheck. Zu einer Diskussionsrunde über offene Fragen im Manuskript trafen sich die Genannten dankenswerterweise im Sommer 2016 in Schaffhausen mit dem Autor. Für Einzelfragen hatte auch der Historiker Peter Niederhäuser aus Winterthur immer ein offenes Ohr. Für alle historischen, archäologischen oder bauhistorischen Unstimmigkeiten, die trotz dieser wohlwollenden Unterstützung im Buch verblieben sein sollten, trägt der Autor die Verantwortung, in der Hoffnung, sie seien Anregung für künftige archäologische und historische Forschung.
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Zur Benutzung des zweibändigen Buchs sei empfohlen, die drei dem ersten Band beiliegenden Stadtpläne zur Hand zu nehmen. Beilage 1 zeigt die Lage sämtlicher Fundstellen der Stadt mit den archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen bis Ende 2013. Dazu gehört ein Gesamtregister der Fundstellen und ein Register aller im Buch erwähnten Hausnamen und wichtigsten Örtlichkeiten, auch wenn sie keine eigene Fundstelle bilden. Auf der Beilage 2 sind alle Einzelpläne mit den Ergebnissen der archäologischen Untersuchungen in einem Plan zusammengestellt. Beilage 3 zeigt den Bausubstanzverlust durch Neubauten in der Altstadt von 1870 bis 1990 und jenen durch die Bombardierung von 1944. Teil I der vorliegenden Arbeit beleuchtet die bisherige Forschung und beschreibt die Entstehung einer systematisch arbeitenden Stadtarchäologie mit den wichtigsten Forschungserträgen im Zeitraum von 1982 bis 2013. Ein Ausblick mit offenen Fragestellungen möchte Perspektiven für die zukünftige stadtarchäologische Arbeit aufzeigen. Die Untersuchungen fügten sich im Lauf der Zeit zu einem eigentlichen Stadtrundgang, auf dem die baulichen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren durch den interessierten Leser erkundet werden können. Der Schwerpunkt der archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen lag im Zeitraum von den Anfängen der Stadt im Jahr 1045 bis in die frühe Neuzeit um 1550. Damit kann in Teil II nun erstmals die Baugeschichte der ganzen Stadt Schaffhausen im Mittelalter nachgezeichnet ZHUGHQ *HZLVVH )UDJHVWHOOXQJHQ ZXUGHQ HUVW GXUFK GLHVH HLQ]LJDUWLJH ÀlFKHQGHFNHQGH %HDUbeitung überhaupt möglich. Wie in einem grossen Puzzle zeigten sie sich als Fehlstellen, die analysiert und oft auch gefüllt werden konnten. Manche unserer Denkmäler erscheinen nun in neuem Licht. Die bald 1000-jährige Geschichte wird an der Schaffhauser Altstadt lesbar, weil historische Ereignisse und politische Handlungen sich direkt in der Bautätigkeit niederschlugen. Der umfangreichste Teil III bildet den zweiten Band und umfasst 220 mittelalterliche und neuzeitliche Fundstellen, die bis Ende 2013 in Schaffhausen bekannt wurden. Ihre quartierweise Behandlung erlaubt, lokale Zusammenhänge herzustellen. So lässt sich die Struktur der Stadt als Ganzes im Lauf der Zeit besser begreifen als bei einer Gliederung etwa nach Sakralbauten, Befestigungen, Bürgerhäusern etc. Die gewählten Quartiergrenzen berücksichtigen in groben = JHQ GDV KLVWRULVFKH :DFKVWXP GHU 6WDGW GLH .ORVWHUDUHDOH DEHU DXFK WRSRJUD¿VFKH XQG XQtersuchungstechnische Gegebenheiten. Zwei Ansichten stehen jedem Quartier voran: Die eine zeigt das Quartier in der präzisen Darstellung von Johann Jacob Mentzinger aus dem Jahr 1644, die andere den gleichen Ausschnitt als Luftaufnahme aus dem Jahr 2016. Mit knappen Worten wird einleitend die Bedeutung des Quartiers im Mittelalter charakterisiert. Abgesehen von den etwas über 20 Fundstellen, die das weitere Umfeld der Stadt betreffen, liegt der überwiegende Teil innerhalb der Stadtmauern oder in deren unmittelbarem Vorgelände. Die meisten Strassen und Plätze, sämtliche öffentlichen Gebäude, die Klöster, die Stadtmauern mit ihren Türmen und an die 90 Häuser samt punktuellen Informationen zu deren etwa 80 Nachbarhäusern liefern Ergebnisse in ganz unterschiedlicher Breite und Dichte. Entsprechend der unterschiedlichen Untersuchungstiefe der einzelnen Objekte werden hier in Text, Bildern und Plänen alle Ergebnisse der Auswertungen vorgelegt, die im Einzelfall bis ins frühe 20. Jahrhundert reichen können.
Abb. 1 Johann Ludwig Peyer, Plan der Stadt Schaffhausen, 1820, Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen.
11
,Q GHQ 3OlQHQ ZHUGHQ GLH PHLVWHQ UHOHYDQWHQ *UXQGULVVH XQG 6FKQLWWH YRUJHOHJW GLH 3UR¿OH GHU $XVJUDEXQJHQ werden aber nur ausschnittweise publiziert, da sie der notwendigen Verkleinerung wegen ihre Aussagekraft YHUOLHUHQ Z UGHQ 6LH EH¿QGHQ VLFK DEHU DOV 3UR¿O]XVDPPHQVHW]XQJHQ LQ GHQ HQWVSUHFKHQGHQ )XQGDNWHQ GHU Kantonsarchäologie und können dort eingesehen werden. Die Situationspläne basieren auf dem Stadtplan von Johann Ludwig Peyer von 1820 im Museum zu Allerheiligen (Abb. 1). Er wurde von Peter Albertin, Winterthur, 1993/94 auf den heutigen Stadtplan übertragen und LP %HUHLFK GHU +LQWHUK|IH QDFK GHQ 'HWDLOSOlQHQ YRQ ± GLH VLFK LP 6WDGWDUFKLY EH¿QGHQ HUJlQ]W Felix Berger vom Amt für Geoinformation des Kantons Schaffhausen hat den Plan digitalisiert und ins GIS des Kantons Schaffhausen übernommen. Die alten Parzellengrenzen dieser Pläne sind im neuen Plan jeweils blau gepunktet dargestellt. Die einzelnen Fundstellen werden in lockeren Quartierrundgängen vorgestellt: - Die Bezeichnung der Fundstellen (z.B. 1.206) richtet sich nach dem Fundstellenregister der Kantonsarchäologie Schaffhausen. In der Beilage 1 wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit die vorgestellte Ziffer 1. bzw. 1.0 weggelassen (206 = Fundstelle 1.206; 37 = Fundstelle 1.037). - Im Titel jeder Fundstelle sind in Klammern jene Nachbarhäuser hinzugesetzt, zu denen sich ebenfalls Hinweise zur Baugeschichte ergeben. Üblicherweise stammen diese aus den gemeinsamen Brandmauern. - Schlagworte benennen die wichtigsten Befunde der Fundstelle. Wo die Untersuchungen bereits publiziert sind, sind sie als Hinweise auf weiterführende Arbeiten zu verstehen. - Literatur zur Fundstelle: In der Regel sind nur nach 1951 erschienene Titel aufgeführt, d.h. nach dem bis zu jenem Zeitpunkt massgebenden Kunstdenkmälerband von Frauenfelder. In Einzelfällen wird aber auch ältere Literatur erwähnt. - Hausinventare: Sie wurden üblicherweise im Rahmen von Baubewilligungsverfahren erstellt, entweder im $XIWUDJ GHV +RFKEDXDPWV GHU 6WDGW 6FKDIIKDXVHQ RGHU GXUFK GLH NDQWRQDOH 'HQNPDOSÀHJH LQ GHUHQ $UFKLY VLH VLFK KHXWH EH¿QGHQ - Bildquellen: Zeichnungen, Stiche und Drucke sind weitgehend publiziert, so dass darauf jeweils bei den Fundstellen verwiesen werden kann. Abgebildet werden in der Regel nur unpublizierte Bildquellen. Die historischen Fotos entstammen den digital zugänglichen Beständen des Stadtarchivs; eine umfassende Bildrecherche war nicht Ziel dieser Publikation. - Schliesslich wird einleitend zur Fundstelle erklärt, welche Umstände zu ihrer Untersuchung führten. - Mit Verweisen werden die Fundstellen untereinander vernetzt und über Fussnoten mit dem auswertenden Kapitel II verbunden.
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Die erste archäologische Fundmeldung aus Schaffhausen verdanken wir dem Jerusalempilger Hans Stokar. Er notierte 1527 entzückt all die Schätze, die beim Leeren der Sickergrube in seinem eigenen Haus, dem «Stokarhof» an der Vorstadt 10, zu Tage traten (1.037): Uff dye Zitt hain jch min Briffett [Privet] lassen ruman… und fundend ain hübschen Durm und ain hübschin Gewelb und ain guttan Kysboden wunderbarlichen gemachatt, und ist dieser Durm düff 7 guttin Klafftar, und 3 Klafftar ob dem Gwelb gemuratt; und als ich rumen lies, funden sy vil wunderbarlich Dings drin von hübschem Glas und Ros- und Kügen-Kebff [Ross- und Kuhköpfe] und vil gutz Grund, den lies ich uff dye Wys füren und uff Reben und in Krutt-Garden, soll gar gutt sin, segend dye Altten.1
(MI 7XEHXIRX[MGOPYRKWXLISVMIR ZSR 6 IKIV ,EVHIV &mGLXSPH YRH 7GLMF Seit mehr als 400 Jahren beschäftigen sich die Lokalhistoriker mit der Genese der Stadt Schaffhausen. Einig waren sie sich immer über die Gründe, die zur Entstehung der Siedlung führten: Die Unterbrechung der Rheinschifffahrt durch Stromschnellen, Lächen genannt, hervorgerufen durch eine Felsbank, die den Rhein quert und seit dem .UDIWZHUNEDX GHU HU -DKUH EHUÀXWHW LVW (Abb. 19). Deshalb mussten an dieser Stelle Handelswaren umgeladen und etwa 3,5 km auf dem Landweg bis unterhalb des Rheinfalls transportiert werden, um sie wieder auf Schiffe zu verladen. Zur Sicherung des dortigen Umschlagplatzes wurde Mitte des 11. Jahrhunderts die rund 70 m über dem Fluss gelegene Burg im Fischerhölzli angelegt, die heute noch als unscheinbare Ruine erhalten ist. 1348 wurde sie auf eine Felsinsel direkt ins Rheinfallbecken verlegt, wo sie als palasartig anmutendes Schlösschen Wörth heute noch besteht.2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Schib 1949, S. 12–21. HLS 13, S. 588, Wörth; Akten KASH; Schib 1937. Rüedi 1938, S. 7–10; Bänteli 1999a, S. 19, S. 29; Gamper 1999, S. 131. Gamper 1999, S. 130. Landolt 2004, S. 34, bes. Anm. 94; Ammann 1948, S. 22f., S. 222. Landolt 2004, S. 38; Gamper 1999, S. 130f., S. 142, S. 294; Hildbrand 1996, S. 163ff.; Peyer 1987, S. 85–89. Baumann 1888, S. 68. Schib 1972, S. 24; Ammann 1948, S. 31; Schib 1942, S. 9; Bächtold 1901b, S. 29f. Grütter 2005; Elsener/Weigele 2005. Biografie bei Mezger 1859 und Schib, Karl: Johann Jakob Rüger, in: SHBG 58, 1981, S. 246–251.
Uneinigkeit herrschte aber bei den Historikern EHU GLH 'H¿QLWLRQ GHU lOWHVWHQ 6WDGWDQODJH 'DV Umladen bei der Furt am Rhein3 setzte einen Stapelplatz voraus, von dem man annahm, dass er am schmalen Uferstreifen liege und aus diesen topographischen Gründen nicht mit dem 1080 erstmals erwähnten Markt4 identisch sein könne. Die Urkunden liefern nur wenige Hinweise zur Anlage der frühen Stadt. Wichtigste Quelle ist die um 1120 entstandene Güterbeschreibung des Klosters Allerheiligen. Darin werden Abgaben von 112 Hofstätten erwähnt, woraus auf eine Einwohnerzahl von über 600, bzw. 1000 unter Einschluss von Mönchen und Dienstleuten, geschlossen wurde.5 Neun Bierschenken und die Brotbäcker zahlen je 18 Talente, zwei Weinschenken 14 Talente, hinzu kommen Abgaben von den Marktbänken, vom Schiffs- und Fahrverkehr. Genannt werden schliesslich die Münze und die beiden Klostermühlen, die rheinabwärts unmittelbar vor der Stadt im Gebiet des Mühlenquartiers lagen.6 1145 erscheint das naulum, die Abgabe von den anlegenden Schiffen.7 Aus der Schilderung des Überfalls des jungen Konrad von Zähringen auf Schaffhausen im Jahr 1120 leitete man eine damals vorhandene Stadtmauer ab.8 So setzte sich die Darstellung der frühen Stadtanlage zusammen aus zeitgenössischen Quellenfragmenten, Rückschlüssen aus jüngeren Urkunden und Interpretationen erster Bildquellen zur Stadtanlage, die nicht weiter als bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreichen.9 Johann Jakob Rüeger, Pfarrer am Münster (Abb. 2),10 ging in seiner 1606 fertiggestellten und 1884–1910 von Carl August Bächtold edierten «Chronik der Stadt und Landschaft Schaffhausen» davon aus, dass «Schaffhusen» um 1100 noch kein stat, sonder nur ein dorf gewesen. Es hätte aus zwei umfangreichen Teilen bestanden: Einem Unterdorf im Gebiet Salzhof/Fischerhäu15
Abb. 2 V Der Schaffhauser Chronist Johann Jakob Rüeger (1548–1606) im Alter von 51 Jahren. Abb. 3 V Z Hans Wilhelm Harder (1810–1872), Historiker und Pionier der Bauforschung in Schaffhausen.
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sern beim Stapelplatz und hinuss biss zu dem bruGHUK|ÀL. Das Oberdorf hätte oberhalb der Kirche St. Johann um die Märkte gelegen und hätte sich von der oberen Vordergasse bis zur Oberstadt und in die Vorstadt hinaus erstreckt, über den nüwen turn hinuss biss an den Hornberg. Zwischen beiden Dorfteilen lag schliesslich unverrückbar das Kloster Allerheiligen mit seinen lustigen boumgarten und matten.11 Weiter ging Rüeger davon aus, dass Sant Johans kilchen im dorf gelegen sei, und nit lang nach der stiftung des closters… sige gebuwen worden.12 Seine Meinung teilten auch alle späteren Forscher. Erst die Ausgrabungen der späteren 1980er-Jahre machten deutlich, dass die Leutkirche St. Johann älter sein muss als das 1049 gegründete Kloster Allerheiligen.13 Mit dem nach der Mitte des 19. Jahrhunderts neu erwachten Interesse für die Lokalgeschichte nahm sich Hans Wilhelm Harder (1810–1872), Stadtweibel und späterer Gefängnisdirektor, in seinen «Wanderungen durch das alte Schaffhausen» erneut dieses Themas an (Abb. 3). Er vertrat die neue Auffassung, dass der älteste Stadtkern ein langgestrecktes Rechteck beidseits von Vordergasse und Oberstadt gewesen sei, sich also vom Gerberbach bis zum Obertor erstreckt hätte.14 Carl August Bächtold (1838–1921), Pfarrer an der Steigkirche und Herausgeber der Rüeger-Chronik, kam 1901 zur Überzeugung, dass dieses Rechteck nochmals zu verkleinern sei und sich im Wesentlichen auf die Häuser beidseits der Vordergasse mit dem Marktplatz vor der Kirche St.
Johann beschränke.15 Bächtolds Auffassung haben sich 1942 Karl Schib und 1951 auch Reinhard Frauenfelder angeschlossen. Ihre Vorstellung der frühen Stadtentwicklung war in der Folge bis ins späte 20. Jahrhundert gültig (Abb. 4).16 Schib untermauerte diese These erstmals mit baugeschichtlichen Argumenten in Form von romanischem Mauerwerk im Fischgratverband, dem so genannten opus spicatum.17 Er ging zudem wie andere davon aus, dass die zum Teil noch erhaltenen und in den Quellen auch immer wieder genannten Wohntürme einmal «an der Peripherie der Stadt lagen und ins städtische Verteidigungssystem eingereiht» gewesen seien.18 Den heute im Stadtzentrum am Fronwagplatz gelegenen «Turm am Ort» bezeichnete er als den «bestbezeugten Markstein des ältesten Stadtkerns»,19 weil er nach den verschiedenen Stadtentwicklungstheorien zur Stadtanlage des späteren 11. Jahrhunderts entweder deren Südende bildete (Rüeger), oder ein Teil der Nordmauer (Harder), die nordwestliche Ecke (Bächtold und Schib) oder schliesslich ein Teil der Ostmauer (Werner) war. Grundlage all dieser Deutungen des «Turms am Ort» ist Rüegers Aussage: In diesem turn hat ein statlich und rittermessig geschlecht gwonet, ... die am Ort sind gnamset worden, zu latin in Foro oder in Fine und das in uralten briefen.20 Alle späteren Autoren übernahmen hier unkritisch die Gleichsetzung der beiden unabhängig voneinander genannten Geschlechter in Foro, am Markt und in Fine, was Ecke oder Ende meint.21
Im jüngeren Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1299 werden erstmals sechs Wohntürme als turris genannt; sie alle sind nicht im Besitz derer in Foro oder in Fine, sondern in den Händen anderer Familien. Der «Turm am Ort» wird 1352 erstmals erwähnt und lässt sich nun baugeschichtlich in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren (1.189).22 In allen Theorien zur Ausdehnung der frühen Stadt bildet unverrückbar der Gerberbach die östliche Stadtgrenze. Dies auf Grund der Nennung der Unterstadt im Zinsrodel von 1253 als infra civitatem und des Osttors inri halp dume tori. Letzteres setzte wiederum Rüeger mit einem 1594 abgebrochenen Torbogen beim Haus «Zur Platte», Vordergasse 2, gleich, den er als Rest des einstigen Stadttors betrachtete. Es handelt sich aber um einen einfachen, innerstädtischen Torbogen, der gegenüber, am Ende der Brunnengasse, ein Pendant besessen hat, das zur gleichen Zeit entfernt wurde (1.110; 1.209).23 Deshalb war die Unterstadt zum 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Rüeger 1884, S. 336f. Rüeger 1884, S. 303f. Bänteli 1999a, S. 49; Bänteli 1990, S. 21. Harder 1869; Biographie bei Schib, Karl: Hans Wilhelm Harder, in: SHBG 33, 1956, S. 317–325; Grütter 2005, S. 13–17. Bächtold 1901b, S. 31; Biographie bei Schib, Karl: Carl August Bächtold, in: SHBG 34, 1957, S. 157– 162. Schib 1942, S. 10–11. Auch Frauenfelder 1951, S. 19–23, bes. S. 20 mit Anm. 1; Schib 1972, S. 24–25, S. 73. Schib 1942, S. 13; siehe auch unten S. 82. Schib 1942, S. 12; Schib 1945, S. 48; Schib 1972, S. 69. Schib 1972, S. 25. Rüeger 1884, S. 57. STASH UR 1/120, 1253: Heinrich, Rudolfi und Wezilonis In Foro besitzen je ein Haus, Burchardi in Fine Domus und due aree; Eberhardi in Fine ein weiteres Haus; STASH UR 1/149 von 1261: Ebirhard und Hainrich in Foro, in Fine Hermann, Burchart miles, petrus filius suus, letztere dann 1277 militis, dicti an dem Orth, Rüeger 1884, S. 57, Anm. 1. Schon Bächtold 1901b, S. 31 vermutete, dass der Turm «erst später entstanden sein kann». Rüeger 1884, S. 338 mit Anm. 7; Schib 1942, S. 10. STASH UR 1/120; UR 1/276. Rüeger 1884, S. 339–353; zum Gassenkehr auch Schmuki 1988, S. 472–475; siehe auch oben, S. 8) und Häuserdatenbank. Rüeger 1884, S. 338–339. Harder 1869, S. 4. Bäschlin 1878, S. 155–161. Rahn 1889, S. 173–176. Bächtold 1901b. Ammann 1948. Schib 1942, S. 11–20; Schib 1945, S. 49–55; Schib 1972, S. 68–79 mit Plan S. 73. Frauenfelder 1951, S. 22–23 mit Plan Abb. 14. Zusammengestellt bei Frauenfelder 1951, S. 11–19. Zu den beiden ältesten Stadtansichten von 1548 und 1550 Frauenfelder 1942, S. 128–137. Neu auch Elsener/Weigele 2005 und Grütter 2005.
grössten Teil auch keine Vorstadt, sondern sie reichte von Anfang an bis auf die Höhe des Läufergässchens, wo das erste Osttor gelegen haben muss (1.240). Zur Entstehung der jüngeren Stadterweiterungen gleichen sich die Meinungen der Forscher an, weil sie sich mit zunehmend besserer Quellenlage ein deutlicheres Bild machen konnten. Ihre Überlegungen basieren wiederum auf den beiden Zinsrodeln von 1253 und 1299.24 Darin wird der jährliche Grundzins von Häusern und Hofstätten aufgelistet, der von den Hausbesitzern ans Kloster Allerheiligen zu bezahlen war. Die Aufzählung folgt einem bestimmten Rundgang, dem bereits erwähnten Gassenkehr durch die Stadt, der ausgehend vom Kloster innerhalb und ausserhalb der Ringmauern verlief.25 So kommen die Vorstadt und die Unterstadt hinzu, 1253 vico textorum und infra civitatem und die Neustadt, 1299 in nova civitate, während die äussere Vorstadt erstmals 1365 erwähnt wird.26 Auch Harder kam zum Schluss, dass die Stadt in der Mitte des 14. Jahrhunderts die volle Grösse erreicht hatte.27 Auf diesen Grundlagen basieren die Zusammenfassungen des Forschungsstandes von Johann Heinrich Bäschlin (1878),28 Rudolf Rahn (1889) 29 und Carl August Bächtold (1901).30 Später haben Hektor Ammann (1948),31 Karl Schib (1942, 1945 und 1972)32 und Reinhard Frauenfelder (1951)33 diese Darstellungen in den wesentlichen Zügen übernommen. Bildliche Darstellungen schliesslich stehen erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts zur Verfügung.34
Abb. 4 Die Stadtentwicklung Schaffhausens, dargestellt nach Bächtold/Schib/ Frauenfelder durch Karl Schib, Stand 1972, noch ohne Stadtarchäologie und Bauforschung.
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(IV PERKI ;IK ^YV 7XEHXEVGLmSPSKMI
Abb. 6 V «Grosser Engel», Fronwagplatz 22. Blick durch die Baulücke des 1956 abgebrochenen Hauses gegen das Stadthaus. Abb. 7 VV EPA 1, Etappe 1977 (1.095). «Orgelpfeife», «Palmbaum» und «Löwengrube» sind als damaliger Fortschritt der Altstadterhaltung noch als Fassade erhalten geblieben. Heute lässt sich sagen, dass die ältesten Fenstergewände bis ins 14. Jh. zurückreichen. Abb. 5 V Z Aufnahmeskizze der sogenannten Krypta (1.134) vor der Zuschüttung 1857 von Hans Wilhelm Harder. Vgl. die daraus resultierende Rekonstruktion Abb. 691.
18
Aus den 1850er- und 1860er-Jahren, aus der Zeit auch der grossen Entfestigung der Stadt sind Hans Wilhelm Harders Skizzenbücher erhalten, die er als Grundlage für seine Zeichnungen verwendete.35 Mit seinen zum Teil detaillierten und mit Massen versehenen Skizzen von Türen, Fenstern, Säulen, Gebäudeteilen, ganzen Bauten und anderem kann er als eigentlicher Pionier der Bauforschung bezeichnet werden (Abb. 5). Vieles, das heute nicht mehr vorhanden ist, lässt sich so noch einordnen und datieren (1.133; 1.134; 1.196; 1.219; 1.228).36 Leider fand Harders Dokumentationstätigkeit, abgesehen von den Arbeiten Karl Sulzbergers im Kloster Allerheiligen, keine Nachfolger. 1918 erschien der Band des Kantons Schaffhausen in der Reihe «Das Bürgerhaus der Schweiz». Die grossen Schäden an den am 1. April 1944 bombardierten Altstadthäusern (1.059; 1.152; 1.188; 1.199; 1.200; Abb. 204 mit 1.219 und Beilage 3,) führten dazu, dass 1946 eine HUZHLWHUWH 1HXDXÀDJH GHV ©% UJHUKDXVHVª JHdruckt wurde.37 1951 erschien in der Reihe «Die Kunstdenkmäler der Schweiz» der Band über die Stadt Schaffhausen des Kunsthistorikers und
Staatsarchivars Reinhard Frauenfelder. Ungeachtet dieser Veröffentlichungen folgten bis weit in die 1970er-Jahre massive Abbrüche von Altstadthäusern, die zum Standard der Altstadtsanierung durch Neubauten wurden (Abb. 6 und 7). Dies verursachte weitaus grössere Schäden an der Bausubstanz der Altstadt als die Bombardierung von 1944 (1.067; 1.095; 1.116; 1.124; 1.130; 1.138; 1.212; 1.221 und Beilage 3).38 Weder die Hausabbrüche noch die dazugehörenden Aushubarbeiten in der Altstadt wurden baugeschichtlich oder archäologisch begleitet. Niemand fühlte sich dafür zuständig, obwohl die Historiker schon sehr früh erkannten, dass Bodenoder Maueruntersuchungen hätten gemacht werden sollen. So beispielsweise anlässlich der Erstellung der Gasbeleuchtung ab 1860, der Wasserversorgung ab 1883 sowie der Kanalisation ab 1900.39 Einzig im Kloster Allerheiligen setzte bereits ab 1921 die archäologische Erforschung des Bodens und der Gebäude durch den ersten Museumsdirektor Karl Sulzberger ein, der in Personalunion Vorsteher des Amtes für Vorgeschichte war (Abb. 8). In den 1950er-Jahren kam die Ausgrabung des Münsters durch den Zürcher Archäologen Walter Drack hinzu und Anfang der 1970er-Jahre mit dem Münsterturm die erste rich-
tige Bauuntersuchung durch den Mittelalterarchäologen Hans Rudolf Sennhauser aus Zurzach.40 Im restlichen Stadtgebiet wurden zufällige Beobachtungen rudimentär notiert oder aufgelesene Fundgegenstände ins Museum zu Allerheiligen gebracht. Walter Ulrich Guyan, Direktor des Museums, führte in den 1960er-Jahren im Bereich der Mittelalterarchäologie die Ausgrabungen im Kreuzgang des Klosters Allerheiligen und die Wüstungsgrabungen nördlich der Stadt in Berslingen und Mogern durch (Abb. 9; 1.050; 1.070). Nach Guyans Rücktritt 1972 verwaiste das im Museum angesiedelte Amt für Vorgeschichte und damit die archäologische Betreuung des Kantons Schaffhausen. Von 1974 bis 1985 wurde die Leitung des Amtes dem thurgauischen Kantonsarchäologen Jost Bürgi übertragen.41 In diese Zeit fällt auch die eigentliche Geburtsstunde einer systematisch arbeitenden Stadtarchäologie, die als explizit eigene Aufgabe in Schaffhausen inexistent ist. Ihre Tätigkeit ist Teil des Grundauftrags des Amts für Vorgeschichte, der Kantonsarchäologie.42
Abb. 8 Y Kloster Allerheiligen (1.042), Ausgrabung im Höfli durch Karl Sulzberger 1921–23.
Abb. 9 V Mogern im Herblingertal (1.070), Ausgrabung des Kellers des 1528 abgebrannten Adelshofs durch Walter Ulrich Guyan 1971. Abb. 10 VV «Kronsberg»/«Bogen» (1.100), erste Ausgrabung in der Schaffhauser Altstadt von 1982, im Hintergrund zähringerzeitliche Stadtmauer.
Eine zufällige Fundmeldung löste 1982 die erste Ausgrabung in der Altstadt aus. Auf der Baustelle hinter den Häusern «Kronsberg» und «Bogen» in der Vorstadt wurde ein vermeintlicher Sodbrunnen gefunden, der sich als neuzeitlicher Sickerschacht entpuppte (1.100, S. 3). Bei der Begehung durch den Verfasser und den zufällig anwesenden Mittelalterarchäologen Jakob Obrecht wurden aber mittelalterliche Latrinen und Keramik aus dieser Zeit entdeckt, die in der Folge ausgegraben wurden (Abb. 10). Die Methode der Bauforschung steckte damals noch in den Kinderschuhen. 1983/84 arbeitete der Mittelalterarchäologe Daniel Gutscher kurzzeitig in Schaffhausen. Seine Tätigkeit übernahm in der Folge der Verfasser als Projektleiter Mittelalter der Kantonsarchäologie. Erste Objekte der Bauforschung im Kanton waren der «Winkel» in Neunkirch und Schloss Beringen, gefolgt von der Stadtkirche St. Johann in Schaffhausen (Abb. 11).43 Von 1986 bis 1990 lag
35 36 37 38 39 40 41 42
43
Grütter 2005, S. 13–17 und S. 156–163. STASH, Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein; Grütter 2005, S. 13–17. Siehe oben S. 7. Bürgi 1982. Schib 1942, S. 12; Frauenfelder 1951, S. 19 Anm. 1; Frauenfelder 1945b. Bänteli 1999a, S. 13–16. Bürgi/Bänteli/Höneisen 1984, S. 265–268. Schaffhauser Rechtsbuch 1997: 451.100 Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Schaffhausen vom 12. Februar 1968 bes. Art. 8 und 452.001 Verordnung betreffend den Schutz der Kulturdenkmäler vom 20. September 1939. Bürgi/Bänteli/Höneisen 1984, S. 321f.; Bänteli 1988; Bänteli/Cueni/Etter/Ruckstuhl 1990.
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die Leitung des kantonalen Amtes für Vorgeschichte in den Händen von Beatrice Ruckstuhl, ihr folgte 1991 Markus Höneisen, der das Amt in die heutige Kantonsarchäologie umwandelte. Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Interventionen ab 1982 im Vergleich mit der Situation zuvor. Abb. 11 Schlüsselstelle der Bauforschung in der Stadtkirche St. Johann Anfang Dezember 1986: Südwestecke der romanischen Kirche Bau IIa, um 1100 (1); Wandpfeiler der Arkadenwand Bau III, 1. H. 12. Jh. (2); Fundamentmauerwerk der nach dem Stadtbrand von 1372 um 2,7 m höher gelegten gotischen Kirche Bau IV, Ende 14. Jh. (3); Anbau der äusseren Seitenschiffe Bau VI, 1515/1517 (4).
Seit dieser zufälligen Geburtsstunde der Stadtarchäologie ab 1982 wurden die meisten Aushubund Werkleitungssanierungen im Altstadtbereich systematisch begleitet und dokumentiert; Untersuchungen in den Aussenquartieren wurden nur punktuell durchgeführt. Das gleiche gilt für die parallel dazu entstandene Bauforschung, d.h. Bauuntersuchungen im Rahmen von Hausumbauten und -restaurierungen. Dies allerdings mit der wichtigen Einschränkung, dass aus ökonomischen und personellen Gründen Häuser, die offenkundig ab dem späten 16. Jahrhundert neu erbaut worden sind, während des Bauprozesses nur sporadisch begangen, aber nicht weiter untersucht wurden. An diesen Objekten war jeweils DXVVFKOLHVVOLFK GLH .DQWRQDOH 'HQNPDOSÀHJH EHteiligt. Die stadtarchäologische Tätigkeit lag zum grössten Teil in den Händen des Verfassers in einem 80 %-Pensum, oft allein, bei grösseren Projekten mit ad hoc zusammengestellten Grabungstrupps (Abb. 12). Für die temporären Mitarbeiter stellvertretend genannt seien die langjährigen Begleiter Ruth Harder, Marlise Wunderli, Martin Mühlethaler, Richard Meier, Gishan Schaeren und Andreas Vogelsanger. Aus dem Team der Kantonsarchäologie langjährig beteiligt waren vor allem Katharina Bürgin als Zeichnerin und Gestalterin und Daniel Gerbothé als Stellvertreter, temporärer Grabungsleiter und Fundverwalter.
Archäologische Interventionen in der mittelalterlichen Altstadt Schaffhausen und dem übrigen Stadtgebiet Institution und Zeitspanne
Amt für Vorgeschichte = Museum zu Allerheiligen 1921–1975 Amt für Vorgeschichte = Kanton 1976–1981
Bodenarchäologie Gebäudearchäologie (ungefähre Anzahl, Mehrfachnennungen (ungefähre Anzahl, Mehrfachnennungen pro Fundstelle möglich) pro Fundstelle möglich) umfangreiche Bauuntersuchung
Baubegleitung mit Untersuchung von Teilbereichen
umfangreiche Flächengrabung
Baubegleitung mit schriftliche Untersuchung von Aufzeichnungen und Einzelfunde Teilbereichen
(Münsterturm: extern durch Hans Rudolf Sennhauser) –
–
5 (Münster: extern durch Walter Drack)
17
28
–
–
5
1
5
2
17
–
17 8 14 10 1 (20 Fassaden optisch) nicht mehr Bestandteil dieser Publikation
5 2 2 4 –
21 17 26 26 2
– – – – –
2 systematische Stadtarchäologie durch Kanton 1982–1987 1988–1993 1994–1999 2000–2005 2006–2011 2012–2013 (2014/15) ab 2014
20
5 3 5 2 3
Die Aufgabe erforderte eine dauernde Präsenz auf den Baustellen in den Aushubphasen im Tiefbau und während der Abbruch- und Ausräumphasen im Hochbau (Abb. 13 und 14). Es war mir immer ein Anliegen, die Ausgrabungen und Bauuntersuchungen baubegleitend, in Diskussion mit Bauherrschaft und Unternehmern durchzuführen, 7HUPLQH HLQ]XKDOWHQ XQG HLQH %DODQFH ]X ¿QGHQ zwischen Nutzen und Aufwand. Dementsprechend wurde die Untersuchungstiefe, die Grabungs- und Dokumentationsmethodik ständig dem Baufortschritt und dem jeweiligen Objekt angepasst und je nach Möglichkeit alle Werkzeuge eingesetzt, vom Pinsel bis zur Zungenkelle, über Schaufel und Pickel, Maurer- oder Bohrhammer bis hin zu Baggern aller Grössen. Selten ZXUGHQ EHL 9HUSÀLFKWXQJHQ DXI DQGHUHQ %DXVWHOlen im Kanton Untersuchungen aus personellen Gründen verunmöglicht. Insgesamt wurde sicher nicht das Maximum erreicht, aber ein sehr gutes Optimum gefunden.
Abb. 12 U Grabungsteam der Kirche St. Johann im eiskalten Dezember 1986; von links nach rechts: Martin Mühlethaler, Beat Künzler, Daniele Bünzli, Werner Knöpfel, Fritz Suligoi, Lukas Baumann, Richard Meier, Marlise Wunderli und Walter Fasnacht.
Schliesslich wurde der Verwaltungsaufwand minimal gehalten; drei, vier Sätze in den Baubewilligungen haben immer genügt. Nicht zu unterschätzender Vorteil war der Wohn- und Arbeitsort des Verfassers in der Stadt Schaffhausen. Nur die ständige Präsenz vor Ort machte viele zufällige Beobachtungen erst möglich bei Arbeiten, die gar QLH LQ GHQ 9HUZDOWXQJVDSSDUDW HLQJHÀRVVHQ VLQG der im Laufe dieser Jahrzehnte immer grösser, XPVWlQGOLFKHU XQG XQÀH[LEOHU JHZRUGHQ LVW
Abb. 13 U Unterstadt-Ost (1.240). Trotz der grossflächigen Spriessung des über 3 m tiefen Kanalisationsgrabens in der Unterstadt führte die intensive archäologische Überwachung der Grabarbeiten zu vielen neuen Erkenntnissen in einem der ältesten Quartiere der Stadt.
Abb. 14 Y Blick aus dem ehemaligen Kino «Buchsbaum» (1.152) auf die pultdachbedeckten Gebäude des Spitals zum Heiligen Geist aus dem 14. Jh., die mit dem Neubau des zuhinterst stehenden Eckhauses «Harmonie» (1) von 1870/71 stark umgebaut wurden; vgl. Abb. 111.
21
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Abb. 15 Übersicht der Stadtentwicklung Schaffhausens vom 11. bis 15. Jahrhundert mit Eintragung der Befestigungsringe und der im Text genannten Orte.
22
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)MRI RIYI 7XEHXKIWGLMGLXI REGL .ELVIR *SVWGLYRK EQ 3FNIOX Alternierend zur Arbeit auf den Baustellen konnten je nach Arbeitskapazität Teilauswertungen und Publikationen gemacht werden, welche das Gesamtverständnis für die Stadtentstehung und -entwicklung nach und nach geschärft haben.44 Dies ermöglichte die Überprüfung der neu gewonnenen Erkenntnisse bei nachfolgenden Untersuchungen. Schritt für Schritt, wie in einem grossen Puzzle, liess sich die Stadtentwicklung durch die Entdeckungen der folgenden Jahrzehnte verstehen, nachzeichnen und verfeinern. Obwohl die Bautätigkeit die Einblicke in den Boden und in die aufgehende Bausubstanz nach dem Zufallsprinzip diktierte, hat die sukzessive Verdichtung der Untersuchungen in der gesamten Fläche der Altstadt bis heute zu einem ausgezeichneten Gesamtüberblick geführt (Abb. 15). So sind bis Ende 2013 220 Fundstellen zusammengekommen, die in Kapitel III quartierweise nach Fundstellen vorgelegt werden (Beilage 1 XQG 5XQG HLQ 'ULWWHO GHU $OWVWDGWÀlFKH YRQ ha nehmen die Stadtkirche und die drei Klöster ein. Sie sind in weiten Teilen untersucht. Gleiches gilt für die wichtigsten öffentlichen Gebäude,
44 45 46 47 48
Bänteli/Cueni /Etter/Ruckstuhl 1990; Bänteli 1995a; Bänteli 1996; Bänteli/Gamper/Lehmann 1999; Bänteli 2002; Bänteli 2013a. Siehe oben, S. 8. Siehe oben, S. 8. Homberger/Zubler 2010. Siehe oben, S. 7.
Rathaus und Salzhof, die in Teilen noch gut erhaltene Stadtbefestigung mit ihren Mauern und Türmen, sowie gegen 90 Häuser mit zusätzlichen, bruchstückhaften Informationen zu deren etwa 80 Nachbarhäusern. Schliesslich ermöglichte die Erneuerung der Werkleitungen Einblicke in die meisten Strassen und Plätze. Hinzu kommen drei weitere Grundpfeiler für die neue Stadtgeschichte: Die neuen Datierungsmöglichkeiten durch Dendrochronologie und Keramikfunde sowie die Erschliessung neuer historischer Quellen durch die Häuserdatenbank des Verfassers. Die dendrochronologische Untersuchung von etwa 600 Hölzern im Stadtgebiet ermöglichte die oft jahrgenaue Datierung von Gebäuden und auch von Strukturen im Boden, deren Entstehungszeit früher oft mehr als unklar war (Abb. 16 und 17).45 Zum Teil können diese dendrochronologischen Daten mit historisch belegten Datierungen verbunden werden und ermöglichen so ein neues Verständnis der Stadt und ihrer Bewohner. Letztere werden durch die «Häuserdatenbank 1253–1600» mehr und mehr fassbar. Diese ermöglicht die modellhafte Untersuchung der spätmittelalterlichen Stadt in zahlreichen zusätzlichen Facetten.46 Auch die mittelalterliche und frühneuzeitliche Keramik lässt sich aufgrund der Schaffhauser Keramikseriation, die auf geschlossenen Fundinventaren basiert, mittlerweile in einzelnen Zeitabschnitten gut datieren. Allerdings liegt die Datierungsgenauigkeit oft nur im Bereich eines halben oder ganzen Jahrhunderts.47 Die Keramikchronologie füllt dort die Datierungslücken, wo datierbare Hölzer fehlen, bzw. erlaubt eine methodisch unabhängige Kontrolle der Ergebnisse von Dendrochronologie und Stratigraphie.48
Abb. 16 VY Dendrochronologische Datierung der Holzbalkendecke von 1273 im «Turm am Ort» (1.189) durch Felix Walder vom Labor für Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich (UWAD). Abb. 17 V Die Datierungsmöglichkeiten von alten Hölzern im Boden oder Holzbalken in Bauwerken, hier von 1529/30 im «Schweizerhof», bilden einen wichtigen Grundpfeiler für die neue Stadtgeschichte. Die Dendrochronologie (Holzaltersbestimmung) ist die einzige naturwissenschaftliche Methode, die eine jahrgenaue Altersbestimmung der Fälljahre von historischen Hölzern ermöglicht. Unter der Voraussetzung, dass alle Jahrringe bis zur Rinde erhalten sind, kann der Fällzeitraum noch präziser in Frühjahrsfällung (etwa März bis Juni/Juli) und Winterfällung unterschieden werden.
23
Abb. 18 Meilensteine der Stadtkernforschung 1982–2013 im Spiegel der Presse.
Nachfolgend sind jene Ausgrabungen, Bauuntersuchungen und Publikationen aufgelistet, die sich als wichtigste Meilensteine der Stadtkernforschung entpuppt haben (Abb. 18). • 1982: erste Ausgrabung in der Schaffhauser Altstadt ausserhalb des Klosters Allerheiligen, im Hinterhof der Häuser «Kronsberg» und «Bogen» (1.100).49 • 1986: erste dendrochronologische Datierungen von Bauwerken beim «Adler», Agnesenschütte, Munot und St. Johann (1.111; 1.088; 1.112 und 1.092).
24
• 1986/87: Entdeckung der romanischen Kirchenruine unter der Stadtkirche St. Johann, die sich entgegen der bisherigen Annahmen als älter entpuppte als das Kloster Allerheiligen (1.092).50 • 1988: vorstädtische Grubenhäuser aus dem 11./12. Jahrhundert beim Schwarztor (1.124).51 • 1988: erste baugeschichtliche Gesamtuntersuchung eines Wohnhauses an der Pfarrhofgasse, mit der Entdeckung des weitgehend erhaltenen Wohnturms eines Gerbers (1.116).52 • 1989: Im Rahmen der 400-Jahr-Feierlichkeiten des Munot Publikation einer ersten Bauge-
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schichte der Schaffhauser Stadtbefestigung, erstmals mit dendrochronologischen Datierungen und neuen Überlegungen zur Stadtentwicklung (1.101; 1.111; 1.112 und 1.124).53 1990: Publikation der Ausgrabungen und Bauuntersuchungen von 1983–1989 in der Stadtkirche St. Johann (1.092).54 1991: Entdeckung des innerstädtischen Steinbruchs am Südhang des Herrenackers (1.139 und später 1.042;55 1.086; 1.091; 1.162; 1.185 und 1.200). 1993: Nachweis des Befestigungswalls der Nellenburger aus der Mitte des 11. Jahrhunderts im «Buchsbaum»/«Rüden»-Areal, die älteste Stadtbefestigung der Schweiz.56 (1.152 und später 1.132; 1.149; 1.154 und 1.168). 1993: Bauuntersuchung des Hauses «Zum Pelikan», Unterstadt 27 (1.153), Entdeckung des ältesten erhaltenen Wohnhauses der Stadt von 1208. 1995: Realisierung von zwei Rekonstruktionsbildern der Stadt um 1100 und um 1300 im Rahmen des 950-Jahr-Jubiläums der Verleihung des Münzrechts 1045.57 1996: Entdeckung der steinernen rheinseitigen Stadt- und Klostermauer der Nellenburger aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, älteste Stadtbefestigung der Schweiz (1.040 und später 1.048 und 1.211). 1997: Entdeckung der in Teilen noch stehenden romanischen Kirche des Klosters St. Agnes aus dem Ende des 11. Jahrhunderts im Alterszentrum Kirchhofplatz (1.079). 1999: Publikation der neuen Baugeschichte des Allerheiligenklosters im Rahmen der 950-JahrFeier seiner Gründung 1049.58 2001: Vorlage der ältesten Flachziegel der Schweiz, die im Münster Allerheiligen seit mehr als 900 Jahren das Dach decken.59 2001/02: Ausgrabung und Bauuntersuchungen beim «Turm am Ort» am Fronwagplatz mit der erstmalig korrekten Datierung des Turms in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts sowie neu entdeckten Vorgängerbauten aus dem 12./13. Jahrhundert (1.189).
49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61 62 63
Gutscher 1984. Bänteli 1990, S. 21f. Bänteli 1989, S. 124–134. Bänteli/Ruckstuhl 1992. Bänteli 1989. Bänteli/Cueni/Etter/Ruckstuhl 1990. Bänteli 1999, S. 29. Bänteli 1994. Bänteli 1995. Bänteli/Gamper/Lehmann 1999. Bänteli/Zubler 2001. Ex Terra Lux 2002. Homberger/Zubler 2010. Siehe oben, S. 8. Siehe unten, S. 195.
• 2002: Ausstellung «Ex Terra Lux – Schaffhauser Archäologie des Mittelalters im Museum zu Allerheiligen».60 • 2003: Entdeckung der in Teilen noch stehenden, 1098 erwähnten Stadtburg im «Oberhaus» im Haus «Goldfasan», Oberstadt 21 (1.196). • 2007: Entdeckung der ältesten mittelalterlichen Wasserleitung der Schweiz mit einer Ziegelrinne aus dem frühen 12. Jahrhundert in der Vordergasse (1.215). • 2007: Entdeckung einer Töpferei mit Fundmaterial aus dem späten 14. und 15. Jahrhundert in der Vorstadt 58/60 (1.218). • 2008: vor der «Roten Taube» in der Oberstadt Untersuchung der Reichsstrasse des 11. bis 14. Jahrhunderts mit der nellenburgischen StrasVHQSÀDVWHUXQJ XQG QHXQ GDUDXI OLHJHQGHQ .LHV koffern (1.225). • 2009: Entdeckung des Ostabschlusses der steinernen, rheinseitigen Stadt- und Klostermauer der Nellenburger aus der Mitte des 11. Jahrhunderts. Sie macht deutlich, dass eine steinerne Mauer das Kloster umfasste und ein Erdwall die Siedlung (1.229). (QWGHFNXQJ GHU K|O]HUQHQ 6FKLIÀlQGH der Fischer am rheinseitigen Ausgang des Fischergässchens aus der Zeit um 1200 (1.230). • 2010: Entdeckung der Kiesgrube an der Beckenstube, die Eberhard von Nellenburg 1050 zum Bau des Klosters Allerheiligen in Betrieb nahm und die zum Streit mit dem Kloster Bamberg führte (1.234). • 2010: Vorlage und Datierung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik der Region Schaffhausen als eine der Grundlagen zur vorliegenden Arbeit.61 • 2011: Im Rahmen des Jubiläums «600 Jahre Zunftverfassung.sh 1411–2011» wurde die überraschende Erkenntnis erarbeitet, dass das Rathaus nicht 1411, sondern bereits 1394/95 als städtisches Kaufhaus gebaut wurde (1.199). Publikation eines Rekonstruktionsbildes der Stadt Schaffhausen im Jahr 1411. Es war Auslöser für den Aufbau der eingangs erwähnten Häuserdatenbank.62 • 2011/12: Ausgrabungen und Bauuntersuchungen im «Schweizerhof» mit Aufdeckung der eindrücklichen Fundamente des ersten Salzhofs aus der Mitte des 13. Jahrhunderts und seiner Nachfolger (1.235). • 2014/15: Die optische Untersuchung von knapp 20 Fassaden in der Altstadt führt im Rahmen dieser Arbeit zur genaueren Einordnung und Datierung der Fenster vom 14.–16. Jahrhundert (1.244–1.255, 1.257, 1.262–1.265) und zur Entdeckung eines neuen Fenstererkers aus der Zeit von 1549/1579 (1.267).63
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ter lief (1.207). Ihre gradlinige Fluchtverlängerung führt am Finsterwaldturm vorbei und mündet schliesslich in die Hochstrasse, die alte Ausfallachse der Stadt (1.024).
Wie dargelegt erscheint die Stadtentwicklung heute in einem ganz neuen Licht. Es wäre jedoch falsch, aus den vorgelegten Ergebnissen zu folgern, dass alle Fragen beantwortet seien und auf eine Stadt-, Mittelalter- und Neuzeitarchäologie in Schaffhausen zukünftig verzichtet werden könnte. Bei aller Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten sollen hier deshalb offene Fragen skizziert und wichtige Orte für künftige Forschungen bezeichnet werden.
Im Barfüsserareal kennen wir die Abmessungen der spätgotischen Kirche. Wie sie hingegen in den Anfängen der Klostergründung in der Mitte des 13. Jahrhunderts aussah, wissen wir nicht. Die vertiefte Bauuntersuchung der noch stehenden Klostergebäude des nordseitigen Gebäudekomplexes wird im Rahmen der geplanten Sanierungsarbeiten erfolgen. Zudem sind auf dem Gelände Siedlungsreste aus der Zeit vor der Klostergründung zu erwarten (1.062).
Die Frage der ältesten Schaffhauser Münzen, die zu prägen Eberhard von Nellenburg 1045 das Recht erhalten hat, ist nach wie vor höchstens ansatzweise gelöst. Ab 1080 trat das Kloster Allerheiligen an seine Stelle. Mit diesem Münzrecht tritt Schaffhausen erstmals in die Geschichte ein. Dieses Geld hat im späteren 11. und frühen 12. -DKUKXQGHUW GHU 0LW¿QDQ]LHUXQJ GHU JHZDOWLJHQ Bauinvestitionen der Nellenburger und des Klosters Allerheiligen gedient. Vielleicht existieren diese Geldstücke bereits in den umfangreichen Schatzfunden jener Zeit, etwa in jenem von Steckborn, wurden aber noch nicht als Schaffhauser Münzen erkannt.64 Neue Funde aus der Stadt Schaffhausen könnten helfen, dieses Rätsel zu lösen.
Ein wichtiges Desiderat ist die Untersuchung des Fronwagplatzes, als Marktplatz das wirtschaftliche Zentrum der mittelalterlichen Stadt, wo Teile der Werkleitungen letztmals 1976 erneuert wurden (1.061).65 In der südlichen Hälfte des Kirchhofplatzes liegt die frühstädtische Siedlung des 11./12. Jahrhunderts, die allerdings sehr stark durch die Gräber des nachfolgenden Friedhofs von St. Johann beeinträchtigt ist. Hängen die Anfänge dieser Siedlung mit der Errichtung der Kirche St. Johann zusammen und gehören sie in die 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts? Und verbergen sich in den Gebäuderesten unter dem Kirchhofplatzschulhaus auch die Anfänge des Benediktinerinnenklosters St. Agnes aus der Zeit um 1080 (1.130)?
Der Verlauf der nellenburgischen Stadt- und Klostermauer und des Stadtwalls aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, der ältesten Stadtbefestigung der Schweiz, kann nun weitgehend nachvollzogen werden. Es fehlen dazu jedoch noch einige Überprüfungen und Ergänzungen. Vielleicht steckt die Klostermauer noch unter den Südfassaden der Häuser am Untergries oder unter den Nordfassaden der Häuser an der Vordergasse (1.229). Unklar ist der genaue Verlauf der rheinseitigen Stadtmauer zwischen Fischer- und Läufergässchen und ihr Anschluss an den Hangfuss des Munot. Der wohl nur abschnittweise angelegte Stadtwall kann zum Teil noch in den hochliegenden Hinterhöfen der oberen Neustadt erhalten sein (1.073 und 1.152), und auch sein Anschluss an den Hangfuss des Munot ist unklar.
In der Zufahrt zur Polizei und zum Gefängnis in der heutigen Beckenstube 1 liegt der Wirtschaftshof des Klosters zu Allerheiligen, den möglicherweise die österreichischen Herzöge ausbauten und dessen Ausgrabung äussert spannende Ergebnisse bringen könnte (1.042.5; 1.049 und 1.234).67
Noch fehlen die Tore in der Befestigung des 11. Jahrhunderts. Die Lage von West- und Osttor ist an den jeweiligen Fundstellen skizziert (1.108 und 1.240). Das älteste Nordtor könnte im nördOLFKHQ *HElXGHÀ JHO GHV %DUI VVHUNORVWHUV ]XP Vorschein kommen, ausgehend von der These, dass die Sporrengasse ursprünglich durch das erst später entstandene Klosterareal nach Norden wei-
Historisch bedeutend und interessant ist sicher auch die Fläche für den geplanten Neubau im Geviert Quaistrasse/Moserstrasse/Rheinuferstrasse. +LHU VLQG ZHLWHUH 6FKLIÀlQGHQ DXV GHP -DKUhundert, die dritte Stadtmauer aus der Zeit um 1445 und die Reste der später hinzugekommenen Häuserzeilen an Fischer- und Läufergässchen zu erwarten. Vor allem besteht hier im ehemaligen
Auch das am Ende des 11. Jahrhunderts gebaute Kloster St. Agnes ist erst in Teilen erforscht. Hier sind vor allem weitere Informationen zu den Klausurgebäuden erwünscht (1.079). Und auch der Verlauf des Stadtwalls im Bereich des Klosters ist unklar. Wichtig ist vor allem die Frage, ob dieser mit dem Neubau Ende des 11. Jahrhunderts um das Kloster herum erweitert wurde (1.149 und 1.154).66
Rhein die Chance auf Feuchtbodenerhaltung von Bauhölzern und anderen organischen Funden (1.230). Unter dem Freien Platz schlummert eine noch sehr gut erhaltene Ruinenlandschaft der Lagerhäuser des Salzhofs, die ins 13. Jahrhundert zurückgeht (1.164). Das etwa gleichaltrige Fischerhäuserquartier ist noch wenig erforscht. Hier interessieren der weitere Verlauf der frühen Ufermauer, die Standorte von Türen und Toren, von weiteren, lokalen 6FKLIÀlQGHQ VRZLH GLH GXUFK %DXXQWHUVXFKXQJHQ zu klärende Geschichte der wenigen noch alten Gebäude. Zudem besteht auch hier im Bereich des ehemaligen Rheins Feuchtbodenerhaltung von Hölzern und anderem (1.201 und 1.221). Selbstverständlich müssen auch in Zukunft sämtliche Aushubarbeiten im Altstadtbereich überwacht werden. Während die hinteren Haushälften, die steinernen Kernbauten, mittlerweile recht gut erforscht sind, wissen wir zur Nutzung der vorderen Parzellenhälften vom 11. bis zum 13. Jahrhundert noch sehr wenig. An der Strasse vor den Kernbauten lagen ein- oder mehrgeschossige Holzbauten, Läden oder eingeschossige Ökonomiebauten.68 An den immer seltener werdenden Stellen, wo nicht unterkellerte Bereiche vorhanden sind, sollten diese bei Bauarbeiten archäoloJLVFK ÀlFKLJ XQWHUVXFKW ZHUGHQ
64 65 66 67 68
Schliesslich lässt sich in Schaffhausen weiteres wissenschaftlich relevantes und bedeutendes Fundmaterial (Leder, Holz, Glas, Keramik, Metall) vor allem – aber nicht nur – aus Latrinen und Sickergruben gewinnen, aber nur dann, wenn ihre letzte Leerung unterblieben ist. Dies ist bei etwa einem Drittel bis einem Viertel der Gruben der Fall, die übrigen sind weitgehend leer (z.B. 1.100; 1.152; 1.156; 1.157 und 1.218). Ungewöhnliche Materialgruppen kann man am ehesten unter Feuchtbodenbedingungen im Grundwasserbereich am Südrand der Stadt erwarten. Alle Perioden zwischen 1500 und 1900 sind in der Stadt Schaffhausen bisher stark untervertreten, weil die gemauerten Sickergruben langlebiger sind und dementsprechend immer geleert wurden, im Gegensatz zu jenen, die mit Holz ausgeschachtet sind. Dieser Zeitabschnitt bedürfte einer intensiveren Erforschung, sowohl was die archäologische Bergung als auch was die Veröffentlichung betrifft. Nicht ausgewertet sind etwa die Komplexe aus dem westlichen Stadtgraben (1.173 und 1.193). Auch eine abschliessende Bearbeitung der wichtigen Töpfereifunde des 14.–16. Jahrhunderts (1.093 und 1.218) steht aus und wäre ein dringendes Desiderat.
Abb. 19. Ansicht der Stadt Schaffhausen von Süden mit den Stromschnellen im Rhein, den so genannten Lächen, links im Bild (vgl. Abb. 27). Die kolorierte Federzeichnung stellt in fünf Bildern den Ablauf des folgenschwersten und tragischsten Schiffsunglücks von 1739 auf dem Rhein bei Schaffhausen dar, bei dem 18 Personen ertranken (Württembergische Landesbibliothek Stuttgart, Cod.hist.2o 894, Bl.16r).
Zubler 2000, S. 147; Gamper 1999, S. 129; Wyprächtiger 1996; Schwarz 1993. Siehe unten, S. 143. Siehe unten, S. 50. Siehe unten, S. 124. Siehe unten, S. 73.
27
Bebauung des Geländes ermöglicht. Wann immer möglich wurde im Zuge der archäologischen Tätigkeit in der Altstadt deshalb versucht, relevante und aussagekräftige Bauteile zu erhalten und diese der Öffentlichkeit zugänglich und erlebbar zu machen. In den meisten Fällen zeigten sich die jeweiligen Bauherren sehr offen und übernahmen dankenswerterweise fast immer auch die damit verbundenen Kosten. Der auf diese Weise entstandene Stadtrundgang ist nachfolgend aufgelistet. Seine Ursprünge liegen wiederum im Kloster Allerheiligen, wo bereits 1923 im Zuge des Museumsaufbaus begonnen wurde, archäologische Überreste für die Nachwelt zu erhalten und sichtbar zu machen.
(IV EVGLmSPSKMWGLI 7XEHXVYRHKERK Im Rahmen der vorgehend aufgeführten Untersuchungen ist im Laufe der Jahrzehnte aus vielen Einzelelementen ein eigentlicher archäologischer Stadtrundgang entstanden, auf dem die baulichen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren durch den interessierten Leser erkundet werden können, soweit sie allgemein zugänglich sind. Üblicherweise ist die archäologische Untersuchung eine wissenschaftlich dokumentierte Zerstörung, welche nachfolgend die störungsfreie W eins te ig
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Abb. 20 Archäologischer Stadtrundgang durch die Schaffhauser Altstadt. Vgl. Tabelle S. 29.
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28
Teile davon sind beschrieben in Cotti 2012 und Führer Schweiz 2007, S. 69. Bänteli 2010a, S. 146–151.
Archäologischer Stadtrundgang in der Schaffhauser Altstadt (Nummern in Abb. 20).69 Fundstelle Nr. Standort 1.092
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Bahnhofstrasse 2–4
1.114
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Bahnhofstrasse 56, Kassenbereich MM Untergeschoss Adlerstrasse (Abb. 117, 161 und 212)
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17 18
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20
1.215
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Objekt
Kirche St. Johann, Krypta Ruinen der romanischen und Umgebung des Chors Kirchenschiffe, Markierung (Abb. 26 und 216) von Turm und Choranlagen LQ GHU 3ÀlVWHUXQJ Kirche St. Johann, Ruinen der romanischen Untergeschoss (Abb. 54) Kirchenschiffe Kloster Allerheiligen, Ruine Klostertor mit SeitenKlosterstrasse kapelle Allerheiligen I Kloster Allerheiligen, .ODXVXU 6 GÀ JHO Kreuzgang Südfügel, Kloster Allerheiligen I–IV Rückwand Kloster Allerheiligen, Krypta, .UHX]JDQJ 2VWÀ JHO Grablege Eberhards Kriechkeller von Nellenburg Kloster Allerheiligen, Chorfundamente des fünfMünsterchor, VFKLI¿JHQ QLFKW UHDOLVLHUWHQ Kriechkeller turmseitig Münsters Allerheiligen III Kloster Allerheiligen, Rekonstruktion der Münster Nellenburger Grabplatten (Abb. 22) durch AG Jürg Stäheli u. Meier + Lehmann Baumgartenstrasse 15, nellenburgische und zährinF.-A.-Jones-Weg gerzeitliche Stadt- und (Abb. 21) Klostermauern am Rhein Repfergasse 3, Alterszen- Kirche des Benediktinetrum Kirchhofplatz rinnenklosters St. Agnes Bachstrasse 27 Wohnturm eines Gerbers (Abb. 121)
Datierung 11./12. Jh.
Bauherr, Eröffnungs- Zugänglichkeit Finanzierung jahr Stadt Schaffhausen 1999 teilweise
11./12. Jh.
Stadt Schaffhausen 1999
teilweise
1049–1064
Stadt Schaffhausen 1923
ja
1049–Anfang Stadt Schaffhausen 1987 11. Jh.
ja
um 1080
Stadt Schaffhausen 1965
teilweise
um 1090
Stadt Schaffhausen 1954
teilweise
um 1120
Gönner Idee und Konzept: Kurt Bänteli
2006
ja
Mitte 11. Jh., IWC Schaffhausen 2004 um 1207
ja
Ende 11. Jh.
Stadt Schaffhausen 1998
1299
Modehaus Ehrbar, 1989 Stadt u. Kanton Schaffhausen, Eidgenossenschaft Stadt Schaffhausen 2001
ja (Cafeteria) ja (im Laden)
um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer, Anschluss an Nordseite Obertorturm, markiert LQ GHU 3ÀlVWHUXQJ zähringerzeitliche um 1200 Stadtmauer
Stadtmauer, um 1250, Finsterwaldturm, Wehrgang 1283, um 1300 Unterführung Kontermauer äusserer Stadt- Mitte 14. und Löwengässchen graben, Brücke vor dem 2. H. 17. Jh. Vorwerk Engelbrechtstor Rathausbogen 10 Stabwand der neuen grossen 1411/12 (Abb. 169) Ratsstube Stadthaus, Barfüsserkloster, westliches 15. Jh. Stadthausgasse/ Kirchenschiff, markiert in Krummgasse (Abb. 719) 3ÀlVWHUXQJ Stadthausgasse 21 Sodbrunnen 15. Jh. Fronwagplatz 4, Tanne Rinnensteine des Fronwag- 17. Jh. WXUPV HLQJHEDXW LQ 3ÀlVWH rung Herrenacker, «Kornhaus» Glockengussgrube, um 1300 (Abb. 911) Hausgeschichte –1679 Rheinuferstrasse/ Kammgarnareal (Abb. 597) altes Pumpwerk der städt. Werke an der Rheinhalde70 (Abb. 23)
Basen, Kapitelle und 1574/75 Säulentrommeln des ehemaligen Bogenschützenhauses Wasserleitung um 1100
Migros Genossenschaft
1988
ja
ja (im Laden)
Stadt Schaffhausen 1989
teilweise
SBB, DB, 2002 Stadt u. Kanton Schaffhausen Kanton 2012 Schaffhausen Stadt Schaffhausen 2001
ja (im Laden) ja (Schaufenster auf Treppe) ja
Familie Stemmler 1991 Stadt Schaffhausen 2007
ja (im Laden) ja
Kornhaus 2003 Liegenschaften AG
ja (Schaffhauserland Tourismus) ja
IWC Schaffhausen, 2007 Stadt Schaffhausen Städtische Werke Schaffhausen
2009
ja (Voranmeldung)
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Abb. 21 Z Archäologische Station Nr. 8: Aufmauerung der um 1207 entstandenen zähringerzeitlichen Stadtmauer zur besseren Sichtbarmachung.
Abb. 22 V Archäologische Station Nr. 7 mit der 2006 als sandsteinerne Rekonstruktion ins Münster zurückgekehrten Stifterfamilie der Nellenburger, vgl. Abb. 61.
Abb. 23 U Archäologische Station Nr. 21: Ein Teil der ältesten mittelalterlichen Wasserleitung der Schweiz (um 1100) hat im alten Pumpwerk der städtischen Werke an der Rheinhalde eine neue Bleibe gefunden.
30
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-- 7GLEJJLEYWIR MQ 1MXXIPEPXIV ď &EYKIWGLMGLXI ď Erstmals kann im Folgenden die Baugeschichte der ganzen Stadt Schaffhausen im Mittelalter nachgezeichnet werden, seit ihren Anfängen bis in die frühe Neuzeit. Eine ganze Anzahl unserer Denkmäler erscheint in einem neuen Licht, ergänzt so die Geschichte Schaffhausens und fügt ihr neue, bislang unbekannte Abschnitte hinzu.
cPXIWXI 7MIHPYRKWWTYVIR YRH RIPPIRFYVKMWGLI %RJmRKI .ELVLYRHIVX FMW Trotz der intensiven stadtarchäologischen Untersuchungen sind die frühen Siedlungsanfänge aus der Zeit vor der Stadtwerdung, als Schaffhausen ein kleiner Flecken war, schwierig zu fassen. Bereits 1869 wurden die Gräber eines alamannischen Gehöfts aus dem 7. Jahrhundert im Bereich der Schwertstrasse entdeckt.1 Seit 1994/95 kennen wir aus dem Bereich des späteren Pfalzhofs des Klosters Allerheiligen eine Eisenschlackenhalde aus dem 6.–8. Jahrhundert mit einem Verhüttungsofen, einem so genannten Rennofen. Ausserdem ist dort der östliche Rand des Kalksteinbruchs mit zwei Kalkbrennöfen aus dem 8./9. bzw. 10. Jahrhundert belegt.2 Zu diesem Ensem-
ble kommt neu ein dritter Kalkbrennofen hinzu (1.042.1, S. 422). Durch seine Lage am Rand des Weissjuras besass Schaffhausen Kalksteine in bester Qualität (Abb. 24). Sonst fehlen im Bereich der Altstadt weitere Funde oder Befunde, die vor das 11. Jahrhundert zurückreichen, vollständig. War «Schaffhausen» etwa gar keine kleine Ansiedlung? Wurde dieses Gelände vom 6. bis ins frühe 11. Jahrhundert nur landwirtschaftlich geQXW]W XQG GLHQWH VSRUDGLVFK DOV 5RKVWRIÀLHIHUDQW und Steinbruch? In diese Richtung deutet eine neue Hypothese, die im Rahmen der kürzlich veröffentlichten Neubearbeitung der Geschichte der Bergkirche Büsingen entstand.3 4UBEUFOUXJDLMVOH 4DIB IBVTFOT VN
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Abb. 24 Stadtentwicklung Schaffhausens um 1000.
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Die Siedlungen um den Büsinger Kirchberg als Vorgänger der Stadt Schaffhausen – eine Hypothese Das fünf Kilometer östlich der Stadt gelegene Gotteshaus, das noch heute durch die Vereinigung für die Büsinger Bergkirche eng mit Schaffhausen verbunden ist, dürfte älter sein als die Schaffhauser Leutkirche St. Johann. Es steht heute einsam im freien Feld, wurde aber nach seiner Entstehung spätestens im 7. Jahrhundert zum Zentrum eines Kranzes von kleinen Dörfern und Höfen, von denen die Namen Ober- und Untereckingen und Aspen überliefert sind.4 Trifft diese Hypothese zu, könnten das Gehöft in der Schwertstrasse, die Eisenverhüttung und der Steinbruch mit den Kalkbrennöfen unter dem späteren Allerheiligenkloster ebenfalls mit der Büsinger Bergkirche und den sie umgebenden Siedlungen im Zusammenhang stehen. So wäre die Kirche auf dem Kirchberg quasi das letzte Überbleibsel einer Vorgängersiedlung der Stadt Schaffhausen. Gut 4 Kilometer nördlich der Schaffhauser Altstadt im Durachtal lag das abgegangene Dorf Berslingen, das archäologisch ausgezeichnet untersucht ist (1.050, S. 715). Seine Geschichte beginnt im Rahmen des fränkisch-alamannischen Landesausbaus im späten 6. und 7. Jahrhundert mit einem Pioniergehöft. Im Verlauf des 8. Jahrhunderts kamen entlang der Strasse vier weitere Höfe und, als einziger Steinbau, eine einfache Rechteckkirche hinzu. Um die Jahrtausendwende erreichte Berslingen mit maximal sieben bis acht Höfen seine Blütezeit. Zwischen der Stadt Schaffhausen und Merishausen gelegen – letzteres besitzt eine weitere frühe, noch nicht ausgegrabene Kirche5 – verlor Berslingen für seine Grundherren, die Klöster St. Gallen, Öhningen und Rheinau, offenbar die Daseinsberechtigung. In der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts wurden weite Teile der Siedlung und die Kirche aufgegeben.6 Möglicherweise haben sich ähnliche Vorgänge auch in Büsingen abgespielt. Zum Ende von Eckingen und zu den Anfängen des 1090 erstmals genannten Büsingen lässt sich Folgendes feststellen: Sicher ist, dass die Siedlungen von Unterund Obereckingen im Spätmittelalter abgingen; 1349 wird letztmals der Zehnt des minderen Hofs zu Eckingen genannt, der damals dem Kloster Paradies gehörte. Vom 16. Jahrhundert an sind nur noch Äcker und Felder von Eckingen überliefert.7 Ein letzter Hof von Eckingen bestand also jahrhundertelang gleichzeitig mit Büsingen. Wurde dieser südöstlich der Kirche gelegene Ort im 11. Jahrhundert kleinräumig zur alten Landstrasse hin verschoben und erhielt er den neuen Namen Büsingen?8 Ein solcher Vorgang stünde ursäch34
lich in einem Zusammenhang mit den Nellenburgern als den Hauptgrundbesitzern, deren Wildjagdbann gegen Osten bis an die heutige Grenze YRQ '|UÀLQJHQ UHLFKWH 9 mit dem Kloster Allerheiligen als ihrem Rechtsnachfolger und mit dem rasanten Aufstieg der Stadt Schaffhausen nach 1045. Weiterführende Informationen können erst archäologische Untersuchungen von Kirche, Siedlung, Höfen und Friedhof in Büsingen erbringen. Weshalb man die Kirche und die beiden ab 1406 in den Quellen erscheinenden «Höfe bei Kirchberg»10 nach dem Kirchberg und nicht nach den Dörfern Eckingen oder Büsingen nannte, wird mangels schriftlicher Quellen wohl ungeklärt bleiben. Hypothetisch könnte man die beschriebenen Siedlungen mit der Kirche folglich als eigentliche Vorgänger von Schaffhausen ansprechen,11 eine Möglichkeit, die bisher in der Forschung völlig unbeachtet geblieben ist. Es wäre auch zu überlegen, ob unterhalb des Kirchbergs vor dem Rheinknie an der Mündung des Kirchbergerbachs in den Rhein, wo heute noch eine (vielleicht zum Teil künstlich ausgebaute) Bucht liegt, ein erster Stapel- und Warenumschlagplatz für die Schifffahrt bestanden haben könnte.12 Er läge zwar im bemerkenswerten Abstand von 5 Kilometern zu den Lächen, den Stromschnellen im Rhein bei Schaffhausen (Abb. 27). Es ist aber nicht auszuschliessen, dass es zu jener Zeit weitere Hindernisse im Rhein gab, die inzwischen künstlich oder natürlich durch Hochwasser beseitigt worden sind.
Stadtkirche St. Johann als Kern der späteren Stadt
Abb. 25 Stadtkirche St. Johann (1.092), Leutkirche I, um 1000. Visualisierung Ruth Baur 1990.
Ältestes bauliches Zeugnis in Schaffhausen ist die um die Jahrtausendwende entstandene Stadtkirche St. Johann (Abb. 24, 25 und 157). Sie war eine Saalkirche mit eingezogenem Rechteckchor, ziegelschrotgerötetem Mörtelgussboden und Steinbänken entlang der Wände.13 Bemerkenswert ist der noch sichtbare Behälter für die Gebeine eines unbekannten Heiligen, der nachträglich vor einer ebenfalls sekundären Schranke in den Boden eingelassen und mit einer Sandsteinplatte mit ausgespartem Fensterchen (fenestella) abgedeckt wurde (Abb. 26). Darüber stand der Kreuzaltar. Möglicherweise wurde später der Bauplatz des Klosters Allerheiligen von diesem Heiligengrab aus eingemessen.14 Älterer Grundherrschaftsverhältnisse wegen war die Stadtkirche St. Johann nicht nellenburgisch, sondern gehörte einem der drei weiteren Grundbesitzer, die bis 1080 in Schaffhausen bekannt sind. Es waren dies das Stift Bamberg, das Land beim Kloster Allerheiligen besass (1.234, S. 428), das Kloster Reichenau sowie Graf Adalbert von Haigerloch.15 Weitere Bauten oder Siedlungsreste, die eindeutig in die 1. Hälfte des 11. Jahrhunderts datierbar wären, sind bislang nicht gefunden worden. Sie können sich aber in den Siedlungsresten unter dem Kirchhofplatz verbergen, die durch den späteren Friedhof stark beschädigt sind (1.130, S. 254).
Abb. 26 Stadtkirche St. Johann (1.092), Bau I. Behälter mit Fensterchen (1) für die Gebeine eines unbekannten Heiligen im Mörtelgussboden der ersten Kirche (Blick nach Osten), 1. H. 11. Jh.
1 2 3
4 5 6 7 8 9 10 11 12
13 14 15
Burzler 2000, S. 31, S. 35 und S. 370. Bänteli 2002, S. 39; Beck/Senn 2000, S. 250–253; Bänteli 1999a, S. 28f. Bänteli 2016, S. 29–31; der folgende Abschnitt wurde wegen seiner Bedeutung für die frühe Stadtgeschichte weitgehend aus dieser Publikation übernommen. Bänteli 2016, S. 25–29. Frauenfelder 1960, S. 117–122. Bänteli/Höneisen/Zubler 2000. STASH, UR 1/734. – Tesdorpf 1969, S. 94. Bänteli 2016, S. 31. Bänteli 2016, S. 32. Bänteli 2016, S. 50. Bänteli 2016, S. 34–35. Diese Stelle war immer wieder von strategischem Interesse. Direkt gegenüber der Bucht wurden am anderen Ufer ein römischer Wachturm, im Zweiten Koalitionskrieg von 1799 eine Schanze sowie im Zweiten Weltkrieg (1938–1940) ein Bunker angelegt; www.rheinkastell.ch. – Kessinger 2000. Bänteli 1990, S. 21–26. Bänteli 1999a, S. 29f.; Bänteli 2004, S. 120f. Gamper 1999, S. 131.
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Die Familie der Nellenburger als Stadtgründer
Abb. 27 Die Stromschnellen im Rhein, die so genannten Lächen, auf der Höhe des heutigen Kraftwerks. Sie sind der Grund für die Unterbrechung der Rheinschifffahrt und die Entstehung Schaffhausens an dieser Stelle. Im Hintergrund der 1864–66 erbaute Moserdamm, um 1900, vgl. Abb. 19.
Der rasante Aufstieg zur bedeutenden Stadt ist eng verknüpft mit den Nellenburgern, einem im Herzogtum Schwaben mächtigen Grafengeschlecht mit Verwandtschaftsbeziehungen zum salischen Kaiserhaus, den Herzögen von Zähringen und den Kyburgern. Lag anfänglich der Schwerpunkt ihrer Aktivitäten im Thur- und Zürichgau, verlagerten sie ihn später an den Hochrhein. Um 1030 erbauten sie die Nellenburg auf dem Nenzinger Berg bei Stockach, heute aus touristischer Sicht «Tor zum Bodensee» genannt. Zwischen 1024 und 1030 besassen die Nellenburger die Vogtei auf der Insel Reichenau. Dort, auf dem Mönchsfriedhof des Reichsklosters, errichtete Graf Eberhard von Nellenburg um 1035 die Laurentiuskirche als Familiengrablege.16
1045 erhielt Graf Eberhard das Münzrecht für die villa Scâfhusun vom deutschen König Heinrich III. Damit verlagerte der Nellenburger seinen Herrschaftsschwerpunkt in den Klettgau. Offenbar erkannte er das Potenzial dieses kleinen Ortes, seine grosse Bedeutung als Umschlag- und Umladeplatz von Handelswaren mit der Möglichkeit, Einnahmen aus Zöllen und Abgaben zu generieren. Stromschnellen verhinderten schon 3 km oberhalb des Rheinfalls, auf der Höhe des nachmaligen Klosters Allerheiligen, die Weiterfahrt der vom Bodensee kommenden Schiffe. Waren mussten auf Karren und Wagen umgeladen und auf dem Landweg bis unterhalb des Rheinfalls – und umgekehrt – transportiert werden.
16 17 18 19 20
36
Zettler 1999; Gamper 1999; Hils 1967. SPM VII 2014, S. 31–35, S. 149–151. Schaffhauser Mundartwörterbuch 15, 2003, S. 517; vgl. unten, S. 44. Bänteli 1999a; Gamper 1999. Siehe oben, S. 34; Bänteli/Höneisen/Zubler 2000, S. 202.
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Zur Zeit der Stadtgründung gab es auf dem Gebiet der heutigen Schweiz neun Städte, mit Konstanz zehn (Abb. 30). Neben St. Gallen fehlen auch in Schaffhausen römische Wurzeln, weshalb der Ort mit den Handelsemporien des Frühmittelalters an den Küsten der Nord- und Ostsee vergleichbar erscheint, deren bekanntester Ort Haithabu im heutigen Schleswig-Holstein ist.17 Mit Handelsemporium werden Siedlungen bezeichQHW GLH YRQ .DXÀHXWHQ I U GHQ )HUQKDQGHO JHgründet wurden und über einen Hafen bzw. eine Anlegestelle verfügten. Damit deckt sich die neueste sprachwissenschaftliche Interpretation des Stadtnamens Schaffhausen als «Kaufmannshäuser».18 Die nellenburgischen Stadtgründer verhalfen Schaffhausen in der Folge zu einem 60 Jahre andauernden Bauboom. Diese neuere Erkenntnis wurde möglich durch den Abgleich der für diese Zeit in der deutschen Schweiz einzigar-
tig überlieferten Schriftquellen mit den archäologischen Untersuchungsergebnissen.19 In der 2. Hälfte des 11. und frühen 12. Jahrhunderts wurden die ähnlich wie ein Doppelkloster verbundenen, aber räumlich getrennten Klöster Allerheiligen und St. Agnes auf- und ausgebaut (Abb. 28). Alleine Allerheiligen weist vier Bauphasen auf, zwei davon vollständige Klosterneubauten. Hinzu kamen eine grosszügige Stadtumwallung, die Stadtburg, ein Neu- und Ausbau der StadtkirFKH JHSÀlVWHUWH XQG JHNLHVWH 6WUDVVHQ PLW 0DUNWplatz, eine Wasserleitung aus Hohlziegeln sowie die steinernen, ziegelgedeckten Häuser der zahlreich zuströmenden Stadtbewohner. Dies hatte dazugeführt, dass sich das 3,5 km nördlich der Stadt liegende Bauerndorf Berslingen im 11. und 12. Jahrhundert kontinuierlich verkleinerte und schliesslich nur noch in Form zweier Höfe weiter bestand.20
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Abb. 28 Stadtentwicklung Schaffhausens í
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Strassen und Stadtwall
Abb. 29 Oberstadt, vor der «Roten Taube» (1.225). Unter neun jüngeren Kieskoffern liegt direkt auf dem gewachsenen Boden in 2,1 m Tiefe die Katzenkopfpflästerung aus nellenburgischer Zeit. Als erste Befestigung der späteren Reichsstrasse ist sie um 1045 entstanden.
Der Rhein war die wichtigste Verbindung zwischen den bedeutenden Märkten der Bischofsstädte Basel und Konstanz. Wie einleitend erklärt, endete die Schifffahrt vor den Stromschnellen und erforderte eine Umgehungsstrasse, die von GHU 6FKLIÀlQGH EHU GLH KHXWLJH 9RUGHUVWHLJ GLH Stokarberg- und Rosenbergstrasse bis unter den Rheinfall führte. Diese entspricht dem noch heute aktuellen Strassenverlauf und besteht in der Altstadt aus dem Abschnitt Unterstadt, Vordergasse und Oberstadt mit der Stadtkirche St. Johann im Zentrum und dem Markt am Fronwagplatz. Die YRQ GHQ 1HOOHQEXUJHUQ PLW %ROOHQVWHLQHQ JHSÀDV terte Strasse liegt heute in einer Tiefe von bis zu 2,5 m (Abb. 29). Sie wurde nach Abtrag der Humusdecke ins ausgeebnete Gelände eingebaut (1.108; 1.118; 1.119; 1.215; 1.224; 1.225 und 1.240). Ab wann sie als Reichsstrasse bezeichnet wurde, wissen wir nicht; im Spätmittelalter und in der früheren Neuzeit war dieser Name in 6FKDIIKDXVHQ JHOlX¿J 21 Dazu gehören rechtwinklige Abzweigungen: die Sporrengasse, die als mögliche erste Nordachse der Stadt vermutlich bis in die Hochstrasse weiterlief und wohl ursprünglich breiter war (Abb. 28 und 31; 1.207)
Abb. 30 Im 11. Jahrhundert gab es auf dem Gebiet der heutigen Schweiz nur neun Städte (zählt man Konstanz dazu, waren es zehn), und Schaffhausen war eine davon. Städte vor 1150 Stadtgründungen 1150–1200 Stadtgründungen 1200–1300 Stadtgründungen nach 1300
Schaffhausen Steckborn Diessenhofen Stein Rheinau Pfyn Eglisau
Neunkirch
Klingnau
Basel
Laufen
Porrentruy St-Ursanne
Mellingen
Aarau
Rheineck Kyburg Greifensee
Lenzburg
Olten
Delémont
Bremgarten
Fridau Wiedlisbach
Solothurn
Maschwanden
Altstätten
Rapperswil
Sempach Eschenbach
Werdenberg
Willisau Wolhusen
Weesen
Zug
Yverdon
Sargans
Luzern
Maienfeld
Chur Ilanz
Arconciel Romont
Romainmôtier La Sarraz
Bavois Moudon Dommartin Rue
Mont-le-Vieux
Fürstenau
Thun
Pont-en-Ogoz
Vuippens Vaulruz
Echallens Cossonay
Corbières
Unterseen
Wimmis Spiez
Bulle
La Tour-de-Trême Gruyères Palézieux Lausanne Châtel-St-Denis Morges Aubonne Lutry
St-Cergue Rolle Nyon
St-Prex
Cully Vevey
La Tour-de-Peilz Villeneuve
Coppet Hermance
Versoix Jussy
Genève
Aigle Monthey St-Maurice
Conthey Vissoie
Sion
Saillon
Locarno
Martigny Sembrancher
Lugano
Bourg-St-Pierre
38
Walenstadt
Rothenburg
Fribourg Orbe
Uznach
Sursee
Büren Huttwil Kirchberg Nidau Nugerol La Neuveville Bonneville Le Aarberg Burgdorf Landeron Erlach Valangin Oltigen Neuchâtel Cudrefin Bern Murten Boudry Laupen Grandcour Avenches Estavayer Payerne Grandson
St. Gallen
Lichtensteig
Meienberg St. Andreas
Biel
Les Clées
Schwarzenbach
Grüningen
Zofingen
Wangen
Altreu
Tannegg
Zürich
Aarburg
Arbon
Bischofzell Wil
Glanzenberg Waldenburg
Bürglen
Winterthur
Regensberg Bülach Baden
Brugg
Liestal
Frauenfeld
Kaiserstuhl
Laufenburg
Rheinfelden
Konstanz
Bellinzona
und in entgegengesetzter Richtung die Münstergasse, die zum Kloster Allerheiligen und in den Steinbruch führte (1.140). Hinzu kommt das damals nur halb so breite Läufergässchen in der UnWHUVWDGW PLW GHQ JHJHQ GLH 6FKLIÀlQGH DP 5KHLQ XIHU DEIDOOHQGHQ 6WUDVVHQNRIIHUQ 'LH 6FKLIÀlQGH war wohl auch Standort der Fähre ans andere Rheinufer (1.240). Die Strassen sind in der Folge immer wieder aufgekiest und ausgebessert worden. Exemplarisch liess sich dies vor der «Roten Taube» (Oberstadt 2) beobachten (Abb. 29), wo 5 bis 8 Kofferungen nachgewiesen sind (1.215), oder etwa in den Leitungsgräben der Unterstadt Ost, wo 8 bis 10 Kofferungen bzw. StrassenoberÀlFKHQ EHVWHKHQ Wie immer wieder zu bemerken, haben die ältesten Kofferungen anfänglich nicht an die Fassaden angeschlossen. Erst im Verlauf des 12. Jahrhunderts erreichten die Gassen und Strassen ihre heutige Breite von 6 bis 10 m (1.140; 1,141; 1.164; 1.206; 1.215 und 1.224). Sind dies Hinweise, dass wir in der Frühzeit der Stadt vor den Häusern mit überdeckten, hölzernen Laubengängen entlang einzelner Gassen zu rechnen haben, ganz im Sinne der römischen Portiken?22 Tatsächlich fanden sich in der Unterstadt und im Fischergässchen in dieser Zone einzelne Steine, die durchaus als Unterlage solcher Laubengänge verständlich wären (1.127 und 1.224). Vielleicht gab es später auch Vorgärten, wie die Neustadt zeigt (1.159). Die Strassen waren zunächst nicht gewölbt, sondern bildeten gegen die Mitte eine leichte Mulde (1.224). Im Torbereich verengten sich die Strassen jeweils auf 4 m. Meistens sind die Strassenkoffer sauber gehalten, was Ausdruck einer kontinuierlichen Strassenreinigung ist. Nur auf den ältesten Strassenkofferungen kommt der typische Strassenschlamm vor mit einem dauerfeuchten Milieu, in dem sich ausnahmsweise organisches Material wie Schuhleder, Schindelreste, BrennholzfragPHQWH XQG 3ÀDQ]HQUHVWH HUKDOWHQ NRQQWHQ QHEHQ den üblichen, in trockenen Sedimenten vorkommenden Keramik-, Metall- und Tierknochenfunden (1.163). Durch bis zu zehn Aufkofferungen ist das Strassenniveau bis kurz nach 1400 um bis zu 2 m angehoben worden (Abb. 32). Seit jener =HLW VLQG DOOH 6WUDVVHQ JHSÀlVWHUW ZLH GLH DUFKlR ORJLVFK JHIDVVWHQ 6DQGXQWHUODJHQ GHU 3ÀlVWHrungen und die Schriftquellen bezeugen.23 21
22 23
StadtASH, A II.05.01.026/011 1421: Ingenomen von des richs strauß, von den bencken; Schib 1967, S. 222: stettgeld richs strass zölle (1441); als Reichsstrasse bezeichnet in Häuserfertigungen an der Vordergasse und in Fischerhäusern STASH, RP 41,33 (1582); RP 45,45, 47* (1586). Homberger 2013, S. 80, S. 82. Siehe unten, S. 130; Bänteli 2010a, S. 156f.; Bänteli 2009, S. 167.
Abb. 31 Sporrengasse (1.207), Profil P10, Höhe Hauseingang «Oberhof». Mindestens 8 mittelalterliche Kieskoffer der Gasse besitzen eine Stärke von 1,2 m und stammen aus dem 11.–14. Jh. Sie reichen bis in eine Tiefe von 2,20 m unter die heutige Oberfläche (1). Ein früher Allerheiligenziegel (2) aus dem Anfang des 12. Jhs. liegt in einem der untersten Strassenkoffer.
Abb. 32 Fischergässchen (1.227). Der maschinell eingebrachte Wandkies im Gässchen nach der Fertigstellung der Werkleitungen 2009 gibt einen Eindruck der mittelalterlichen Strassenoberfläche im 12.–14. Jh., bevor die Gassen gepflästert wurden.
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Der erwähnte Strassenabschnitt Unterstadt, Vordergasse und Oberstadt durchschnitt leicht exzentrisch einen in ovaler Form angelegten Stadtwall, der Mitte des 11. Jahrhunderts eine Fläche von etwa 19 ha umfasste, was zwei Dritteln der heutigen Altstadt entspricht (Abb. 28 und 70.1). Bislang ist dies die älteste nachgewiesene Stadtbefestigung der Schweiz. Nord- und westseitig war ein 6–7 m breiter und 2,5 m tiefer Graben vorhanden (1.132; 1.149; 1.154 und 1.168), mit dessen Aushub man einen Kernwall formte, der im «Buchsbaum»/«Rüden»-Areal erhalten blieb (Abb. 33; 1.152). Durch weitere Aufschüttungen erreichte der Wall schliesslich im 12. Jahrhundert eine Höhe von 2,5 m. Palisaden oder andere Einbauten und Tore konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Mit Sicherheit lag aber das Obertor, das wichtigste Stadttor seit dem 11. Jahrhundert, immer an der gleichen Stelle (1.108). Abb. 33 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152), nellenburgischer Wall, teilweise freigelegt. Kernwall (1), jüngere Wallschüttungen (2), unvollendete Stadtmauer M1 und Baufuge auf der Parzellengrenze «Buchsbaum»/«Rüden» (3). Im Bild die Ausgräber Daniel Gerbothé und Andreas Müller (rechts); vgl. Abb. 667 und 668.
Auch der Reichenauer Abt Ekkehard,24 einer der sechs Söhne Itas und Eberhards von Nellenburg, erwähnt in seinem Privileg vom Jahr 1075 für die reichenauische Marktgründung Allensbach gegenüber der Klosterinsel ein vallum cenolentum, einen aus Schlamm gebildeten Wall im Westen des Marktortes.25 Ein sehr schönes, noch um 1900 weitgehend erhaltenes Beispiel eines Ringwalls kennen wir von Rottweil-Mittelstadt aus dem 11./12. Jahrhundert, weil dort die Siedlung um 1200 um 1 km verlagert worden war.26
Zweigeteilte Stadt durch Stadt- und Klostermauer Den rheinseitigen Abschnitt des Stadtwalls hingegen, gefährdet durch immer wieder auftretendes Hochwasser, sicherte seit den Anfängen des 1049 gegründeten Klosters Allerheiligen eine Mauer, die mittlerweile auf etwa 250 m Länge nachgewiesen ist (1.040; 1.048 und 1.211). Sie wurde etwa 20 m weit in den Rhein hinein gebaut, der damals etwa doppelt so breit war wie heute (Abb. 28). Anschliessend füllte man das neu gewonnene Gelände etwa 1 m hoch auf (1.048 und 1.235). Das 1,7 m breite Fundament der Mauer ist direkt auf die ehemalige Flusssohle gebaut, trocken gemauert aus Kalksteinen und Erde, während das noch 1 m starke Aufgehende Reste von Mörtel zeigt (Abb. 34).27 Die neuen Mauerfunde von 2009 im Untergries (1.229) und 2011 im Läufergässchen (1.235 und 1.240) zeigen allerdings ein komplexeres Bild.28 Zum einen biegt die nellenburgische Stadtmauer vom Rhein her um 80° gegen Nordwesten ins Untergries ab, zum anderen ist der südöstliche Abschnitt der Unterstadt durch einen zusätzlichen Mauerast befestigt, der bislang nur durch das isolierte Mauerstück M24 im Läufergässchen belegt ist (Abb. 35). Deshalb wird der gegen das Untergries abbiegende Mauerast zur innerstädtischen Mauer des Klosters Allerheiligen; die Stadtmauer
.
40
wird hier zur reinen Klostermauer, die ihrerseits später zur Rückwand der Häuser am Untergries geworden ist (1.109, Abb. 572). Deren im Stadtgrundriss merkwürdig schräg verlaufende BauÀXFKW ¿QGHW JHJHQ :HVWHQ LKUH )RUWVHW]XQJ LQ GHU Flucht der unteren Vordergasse (Nr. 11–29), die gegen Südosten abgewinkelt ist und deckungsgleich zusammenfällt mit der Verlängerung der Mauer vom Untergries (Abb. 28). Es wird Aufgabe der künftigen Forschung sein, ihren weiteren Verlauf zu klären. Im Stadtentwicklungsplan ist der vermutete Verlauf eingezeichnet (Abb. 15).
24
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Ekkehard war 1071–1088 Abt auf der Klosterinsel. Zu den Nellenburgern auf der Reichenau: Zettler 1999; Zettler 1988, S. 118–128; Hils 1967, S. 58, S. 106ff. Maurer 1995, S. 27. Scheschkewitz 2013, S. 304–306. Bänteli 1994; Bänteli 1996; Bänteli 1999a, S. 50f.; Bänteli 1999b. Bänteli 2013a, S. 363f. Porsche 2000, S. 218 und S. 228f. zum Forschungsstand von 1996 für Schaffhausen. Bänteli 1999a, S. 26, S. 50.
Schaffhausen gehört damit zu den typischen zweigeteilten Städten, wie sie von Monika Porsche eindrücklich herausgearbeitet wurden: «Um VLQG« QXU GLH +HUUVFKDIWVVLW]H VHOEVW í YRU allem auch die Domburgen, aber auch Pfalzen und .O|VWHU í DOV ½6WlGWH¾ LQV]HQLHUW ZRUGHQ XQG YRQ repräsentativen Mauern umgeben. Diese Beobachtung ist deswegen überraschend, weil an GHQ PHLVWHQ 2UWHQ SRWHQWH .DXÀHXWHVLHGOXQJHQ und Ansätze zu einer bürgerlichen Gemeindebildung zu fassen sind. Diese Siedlungen bleiben DEHU ½DXVVHUKDOE GHU 0DXHUQ¾ DXFK ZHQQ VLH UHgelmässig mit Wall und Graben zum Umland hin befestigt zu sein scheinen. Die neu entstehenden Städte… sind von Anfang an polyzentrisch; der Stadtherr hat sich, anders als in vielen Städten aus römischer Wurzel, nicht um die Integration der .DXÀHXWHVLHGOXQJHQ EHP KW VRQGHUQ VLFK GLHVHQ gegenüber mit Mauer und Graben abgegrenzt.»29 Porsches Ergebnisse decken sich ausgezeichnet mit den archäologischen Befunden in Schaffhausen, und dadurch verdichtet sich auch die Vermutung, dass die Stadtherren Eberhard und Ita von Nellenburg im Obergeschoss über der Toranlage von Allerheiligen eine Pfalz eingerichtet hatten.30 Mit archäologischen Mitteln ist die zeitliche Abfolge von Mauer und Stadtwall nur grob fassbar. Die historische Abfolge von Münzrecht für Schaffhausen 1045 und späterer Klostergründung 1049 legt nahe, dass der Wall um die Siedlung etwas älter sein könnte als die Stadt- und Klostermauer, auf die unten nochmals eingegangen wird.
Abb. 34 V Y Moserstrasse 27 (1.040), Baugrube der ehemaligen Strickmaschinenfabrik. Die vom Dezemberhochwasser 1206 zerstörte, stark gegen aussen geneigte nellenburgische Stadt- und Klostermauer in der Bildmitte wurde rheinseitig durch die zähringerzeitliche Stadtmauer abgelöst, vgl. Abb. 570. Abb. 35 V Läufergässchen (1.240), nellenburgische Ufermauer M24 (1), trocken gemauert mit plattigen Kalksteinen und einigen Bollensteinen aus der 2. H. 11. Jh. Links anschliessend die mittelalterlichen Strassenkoffer des Läufergässchens (2), vgl. Abb. 396.
41
Abb. 38 ZZ Kloster Allerheiligen (1.042). Übersichtsplan mit allen Bauphasen, Stand 2013.
Abb. 36, 37 Kloster Allerheiligen (1.042), Rekonstruktion der Bauentwicklung. 1. Allerheiligen I, das Eigenkloster nach der Weihe von 1064. – 2. Allerheiligen II nach dem Ausbau zur Grablege der Nellenburger um 1070. Visualisierung Valentin Homberger 2004.
Allerheiligen als nellenburgisches Eigenkloster Mit der Gründung des Benediktinerklosters Allerheiligen festigten Eberhard und seine Gemahlin Ita ihre Herrschaft in Schaffhausen.31 Papst Leo IX., gebürtiger Elsässer, weihte auf der Durchreise zwischen Basel und der Reichenau am 22. November 1049 den Bauplatz zwischen der Leutkirche mit der jungen Siedlung und dem Rheinufer. Das dem Salvator, dem Hl. Kreuz, der Gottesmutter Maria und allen Heiligen geweihte Eigenkloster war 1064 vollendet und bestand aus HLQHU GUHLVFKLI¿JHQ %DVLOLND PLW 'UHLDSVLGHQchor, Querschiff und Doppelturmfassade sowie HLQHU ]ZHLÀ JOLJHQ ]ZHLJHVFKRVVLJHQ .ODXVXU mit Kreuzgang (Allerheiligen I, Abb. 36 und 38). Den Türmen im Westen war ein Atrium mit einem 7RU YRUJHODJHUW GDV YRQ ]ZHL .DSHOOHQ ÀDQNLHUW wurde. Nach dem Weihebericht wurden zirka 42(!) Reliquien unter dem Hochaltar aufbewahrt.32 Vermutlicher Architekt war Eberhards Hofkaplan Liutpald, der in der Baukunst sehr erfahren war und dessen Plan auf einem viermal verwendeten Grundmass von 60 x 100 Fuss basierte.33
1067 stärkte Graf Eberhard seine Herrschaft in Schaffhausen. Er erhielt einerseits von Papst Alexander II. umfassende Schutz- und Herrschaftsrechte für das Kloster, andererseits von König Heinrich IV. Jagd- und Fischereirechte. In einer Ausbauphase wurde das kleine Kloster zum repräsentativen Dynastenkloster (Abb. 37, 38 und 39). Mit seiner neu gestalteten Chorpartie wurde die Kirche von Allerheiligen II zur Vorlage für das ab 1083 gebaute Gotteshaus des Priorats Wagenhausen schräg gegenüber von Stein am Rhein, wo das erste Schaffhauser Münster quasi noch heute weiterlebt.34 Neben einem dritten, zentralen Turm im Westen gehörten zu Allerheiligen II GHU .ODXVXU 2VWÀ JHO PLW .DSLWHOVDDO XQG JHmeinsamem Schlafraum im Obergeschoss und der Mönchslatrine am Flügelende. Weiter kommen dazu ein Brunnenhaus im westlichen KreuzJDUWHQ ÀDQNLHUW YRQ 5lXPHQ GHUHQ gIHQ YRQ ausserhalb der Gebäude beheizt wurden,35 sowie ein grosses, zweigeschossiges Haus bei der Toranlage, das den Gästen und Laienbrüdern als Unterkunft diente (1.042.1).36 Schliesslich kam im Osten der einzigartige Kreuzhof hinzu, mit einer Aussenkrypta am Chorscheitel als neuer Grablege der Stifterfamilie, zwei Zentralbauten mit vier Apsiden und der Dreiapsidenkapelle als Grabkirche für Personen aus dem Umkreis der Nellenburger. Eine rhombenförmige Umfassungsmauer verband diese Einzelbauten. Kirche und Kapellen dieser Memorialanlage bilden die Eckpunkte eines Kreuzes und sind in den Schriftquellen erwähnt als «Kapellen, kreuzförmig nach seinem [des Architekten Liutpald] Plan rundherum angelegt». So wurde Allerheiligen als Abbild der Gedenkstätten am Heiligen Grab in Jerusalem inszeniert.37 Dieses grossartige Architekturkonzept wird seit 2009 neu durch den oben erwähnten Mauerfund der Stadt- und Klostermauer im Untergries ergänzt, welche überraschenderweise die Spitze des Kreuzhofs nachzeichnet.38 Die zeitliche Abfolge dieser beiden Mauern ist unklar: Gehören beide zum gleichen Plan, oder ist die eine Mauerspitze von der anderen inspiriert worden (Abb. 28)? Die 31 32 33 34
35 36 37 38
42
Bänteli 1999a, S. 19–32. Bänteli 1999, S. 48. Bänteli 2004; Bänteli 1999a, S. 32. Bänteli 1999a, S. 20, S. 32, S. 42f., S. 48. Allg. zum Kloster Wagenhausen Alfons Raimann, Peter Erni: Die Kunstdenkmäler des Kantons Thurgau, Thurgau VI. Der Bezirk Steckborn. (= Kunstdenkmäler der Schweiz, Band 98). Bern 2001, S. 438– 466. Bänteli 1999a, S. 35f., S. 41f., S. 44, S. 75, S. 77. Bänteli/Mathis 2004, S. 7–11; Bänteli 1999a, S. 33–49; Gamper 1999, S. 130–133. Sennhauser 2012; Schimpf 2012. Siehe oben, S. 40.
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43
Abb. 39 Kloster Allerheiligen (1.042) I–III um 1090. Museum zu Allerheiligen. Modell Hans Bendel 2013.
44
vorderhand nicht mögliche Beantwortung der Frage hängt direkt mit der Datierung der Stadtund Klostermauer zusammen, die frühestens 1049 mit der Klostergründung, spätestens in den Jahren um 1070 mit Allerheiligen II entstanden sein kann. Jedenfalls bot sich das Kloster während des 11. und 12. Jahrhunderts dem auf dem Rhein vom See her ankommenden Besucher als grosser, im Fluss liegender Schiffsbug dar. Eine einzigartige Architektur, die an die erste Interpretation des Stadtnamens erinnert, der in den frühen Urkunden von scef (Schiff) abgeleitet wird, später dann von scaf (Schaf), dem Wappentier Schaffhausens, das auch die ältesten Münzen und das etwas später hinzugekommene Stadtsiegel ziert.39 Seit neuestem kommt die Interpretation des Namens Schaffhausen als «Kaufmannshäuser» hinzu, weil «scaf» im Althochdeutschen auch Schöpfgefäss, Scheffel, Hohlmass heissen kann und so mit den Waren in Verbindung geEUDFKW ZHUGHQ NDQQ ZHOFKH GLH .DXÀHXWH QLFKW nur umgeladen und eingelagert, sondern auch mit Schöpfgefässen ausgemessen und verkauft haben.40
Der Abt als Stadtherr und der Neubau von Allerheiligen als Reformkloster Nach dem Tod Eberhards verzichtete 1080 sein papsttreuer Sohn Graf Burkhard von Nellenburg auf alle seine Rechte am Kloster Allerheiligen. Es ZDU GLH =HLW GHV ,QYHVWLWXUVWUHLWHV GHV .RQÀLNWV zwischen Kaiser- und Papsttum. Das Kloster wurde direkt dem Papst unterstellt und erhielt den beträchtlichen Grundbesitz der Familie, die freie Abtwahl und das Markt- und Münzrecht der Stadt Schaffhausen. Der Abt wurde damit zum neuen Stadtherrn. Burkhard blieb Klostervogt und bewegte den Hirsauer Abt Wilhelm dazu, mit einigen Mönchen nach Schaffhausen zu kommen, um Allerheiligen nach Hirsauer Vorbild zu reformieren. Unter Abt Siegfried, einer der Stützen der Reformbewegung im Bodenseeraum, gewann Allerheiligen an Ansehen und erlebte einen ungeheuren Aufschwung.41
Bereits um 1090 wurde die nellenburgische Memorialanlage wieder abgerissen, um Platz für eine neue Kirche zu schaffen. Ihre Lage direkt neben dem Altbau ermöglichte dessen Weiternutzung bis zur Fertigstellung des Neubaus (Abb. 39). Letzterer sollte aber, entgegen den Hirsauer Grundsätzen, eine in der damaligen Zeit im deutVFKHQ 5DXP HLQ]LJDUWLJH I QIVFKLI¿JH *HZ|OEHbasilika werden, deren Bau allerdings in den Fundamenten stecken blieb (Allerheiligen III, Abb. 38 und 40.1/2).42 Dies war das Ergebnis verschieGHQHU .RQÀLNWH GLH VRZHLW HVNDOLHUWHQ GDVV $EW Siegfried 1093 ein Kloster in Südwestfrankreich erwarb und erwog, den Konvent dorthin umzusiedeln.43 Auf den Fundamenten entstand die heuWLJH YHUNOHLQHUWH GUHLVFKLI¿JH 0 QVWHUNLUFKH DOV %DVLOLND PLW ÀDFKHU +RO]GHFNH $OOHUKHLOLJHQ ,9 Abb. 38 und 40.3). Sie zeigt jene Schlichtheit, welche die Bauten der Hirsauer Reformbewegung kennzeichnet, und ist der erste Folgebau der 1091 geweihten Peter-und-Paulskirche in Hirsau. Damit ist das Schaffhauser Münster «vor dem Zürcher Grossmünster und dem Basler Münster die bedeutendste romanische Kirche der deutschen Schweiz».44 Die Bauarbeiten begannen im Chor und wurden 1095 fertig gestellt. In einer zweiten Etappe folgte das Schiff, das in den ersten Jahren nach 1100 YROOHQGHW ZXUGH $Q &KRU XQG :HVWPDXHU ¿QGHQ wir einen Schrägsockel und grosse Eckquader, am Schiff hingegen Stufensockel und kleine Eckquader. Das lässt auf einen längeren Bauunterbruch und die Auswechslung der Handwerker schliessen.45 Dendrochronologische Untersuchungen unterstützen diese Feststellung.46 Ins Mauerwerk eingelassene Dachschindeln datieren die ältere Chorapsis ins Jahr 1095.47 $XÀDJHK|O]HU I U GDV Kreuzgangdach in der Südwand des Münsters stammen aus den ersten Jahren des 12. Jahrhunderts. Als jüngster Teil wurde diese Mauer erst nach dem Abbruch der alten Kirche hochgezogen. Erst mit dem ausgehenden 11. Jahrhundert tritt
39 40 41 42 43 44 45 46
47
Bänteli 2013a, S. 363f.; Gamper 1999, S. 129; Frauenfelder 1951, S. 8; Bruckner-Herbstreit 1951, S. 22–24. Schaffhauser Mundartwörterbuch 2003, S. 517; vgl. oben, S. 37. Gamper 1999, S. 133–139. Untermann 2014, S. 14f.; Untermann 1999. Bänteli 1999a, S. 64. Reinle 1968, S. 341. Bänteli 1999, S. 53–55. Überprüfung aller Daten im Kloster Allerheiligen ohne wesentliche Neuerkenntnisse: UWAD Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.02.2015; zu den bisherigen Dendrodatierungen im Kloster Allerheiligen Bänteli 1999a, S. 24, S. 55f., S. 75, S. 92, S. 97, S. 100, S. 103, S. 106, S. 108. Bänteli/Zubler 2001, S. 6f.
Abb. 40 Kloster Allerheiligen (1.042), Rekonstruktion der Bauentwicklung. 1. Grundriss Allerheiligen I/II (schwarz), vor und um 1070. Die neuen Baukörper III (weiß) und IV (grau) wurden so angeordnet, dass der Klosterbetrieb lückenlos weiterlief und die jeweiligen Vorgänger erst nach dem Bezug der Neubauten abgebrochen werden mussten. 2. Allerheiligen III um 1090 mit den Fundamenten des geplanten fünfschiffigen Münsters und Eintragung des nicht ausgeführten Baukörpers (transparent). 3. Allerheiligen IV: Neubau des hirsauischen Reformklosters im frühen 12. Jahrhundert. Visualisierung Valentin Homberger 2004.
45
auch Mauerwerk in Ährenverband auf, ferner Würfelkapitelle mit Ecknasen, wie sie für Hirsauer Bauten typisch sind (Abb. 41 und 58.4).
Abb. 42 Luftansicht Kloster Allerheiligen (1.042). Weite Teile der Klosteranlage Allerheiligen IV aus dem Anfang des 12. Jhs. sind erhalten geblieben.
Die archäologischen Beobachtungen eines BauVWLOOVWDQGHV ¿QGHQ LKUH (QWVSUHFKXQJ LQ GHQ schriftlichen Quellen. Abt Siegfried starb 1096, sein Nachfolger Abt Gerhard resignierte nach gut einem Jahr und schloss sich dem ersten Kreuzzug an. Graf Burkhard übergab die Klostervogtei seinem Neffen, dem Grafen Adalbert von Morisberg, der Abtstuhl blieb verwaist.48
Unter dem 1099 zum Abt gewählten Adalbert von Messingen, einem süddeutschen Adeligen, setzte ein neuer Aufschwung ein. Um 1105 wurden nicht nur das Münster mit einer grossen Vorhalle fertig gestellt, sondern auch die neuen Konventgebäude. Hierzu gehörte ein im Vergleich mit dem ersten Kloster viermal grösserer Kreuzgang (Allerheiligen IV, Abb. 40.3 und 42). An den Kapitelsaal schloss sich im Osten die Marienkapelle an, die als Friedhofskapelle für den vor dem Chor des Münsters gelegenen Mönchsfriedhof diente. Im Westen schliesslich wurde die Alte Abtei als Wohnsitz des Abtes errichtet.49 Der Bauplan des neuen Klosters zeigt, wie schon jener von Allerheiligen I/II, deutliche Parallelen zu den Massangaben im Liber Tramitis und stellt damit über Hirsau Verbindungen zu Cluny her.50
Abb. 41 V Kloster Allerheiligen (1.042), Münster IV, kurz nach 1100 geweiht, mit monolithischen Sandsteinsäulen und Würfelkapitellen mit Ecknasen, wie sie für Hirsauer Bauten typisch sind, vgl. Abb. 58.4.
46
Älteste Dachziegel und Wasserleitung der Schweiz Im Zuge der Neubauten im Kloster Allerheiligen kam um 1100 neben der bisherigen Schindel- und möglicherweise Strohbedachung eine neue Dachdeckung auf: Flachziegel, die oft auch Engoben (fein geschlämmter Tonschlick) und selten Glasuren aufweisen (Flachziegel des frühen Allerheiligentypus, im Folgenden immer FZah). Sieben 7\SHQ ]XU (LQGHFNXQJ GHU 'DFKÀlFKHQ ]HXJHQ von einem ausgeklügelten Ziegelsystem (Abb. 43). Noch heute ist die Hälfte des nördlichen Münsterseitenschiffes mit diesen Ziegeln bedeckt (Abb. 44). Grosse Flachziegel mit Spitz- und Rechteckschnitt sind nicht nur in Schwaben belegt, sondern auch in anderen Gebieten, ohne dass bislang eine zeitliche Abfolge ersichtlich war oder ein Ursprungsort lokalisiert werden konnte.51 Bemerkenswert sind in Schaffhausen zudem die über die ganze Altstadt streuenden Fundorte von solchen Ziegelfragmenten. Sie sind ein Leitfossil in den Schichten der Zeit ab 1100 bis ins 14. JahrKXQGHUW XQG ¿QGHQ VLFK LP %RGHQ LQ GHU JDQ]HQ Unterstadt (1.224; 1.227; 1.230 und 1.235), in der Ampeln- und Pfarrhofgasse (1.106 und 1.206), im Kloster Allerheiligen bis an den Rhein (1.048 und 1.211), in den Friedhof- und Siedlungsarealen unter der Leutkirche St. Johann (1.092), im Strassengeviert um das Barfüsserkloster (1.163, Abb. 337; 1.168, Abb. 816 und 1.207), an Rathausbogen (1.205), Beckenstube (1.195) und in der Buntmetallgiesserei im «Kornhaus» (1.186), in der Auffüllung des Steinbruchs Herrenacker Süd (1.200), in den Strassenkoffern der Reichsstrasse am Fronwagplatz (1.225), in den Hinterhöfen «Buchsbaum»/«Rüden» in der Oberstadt (1.152) und beim «Turm am Ort» (1.189) sowie in den Latrinenkomplexen an der Ecke Vorstadt/ Webergasse (1.100 und 1.157).52
48 49 50 51 52
Bänteli 1999, S. 64. Bänteli 1999a, S. 52–74; Gamper 1999, S. 133– 143; Bänteli/Mathis 2004, S. 10–13. Bänteli 2004, S. 121f. Bänteli/Zubler 2001; Ex Terra Lux 2002, S. 198– 203; Knapp 2008; SPM VII, 2014, S. 150. Homberger/Zubler 2010, S. 52, S. 62–64, S. 82, S. 84f., S. 102, S. 107f. S. 111, S. 113f., S. 116f., S. 118, S. 120.
Abb. 43 UU Flachziegel des frühen Allerheiligentypus (FZah) aus der Zeit um 1100. Sieben Ziegeltypen zur Eindeckung der Dachflächen zeugen von einem ausgeklügelten Ziegelsystem. Die Ziegel sind oft roh belassen, zum Teil mit Engoben (fein geschlämmter Tonschlick) versehen, selten glasiert, vgl. Abb. 80.4.
Abb. 44 U Noch heute ist die Hälfte des nördlichen Münsterseitenschiffes mit Ziegeln aus der Zeit um 1100 bedeckt, den Flachziegeln des frühen Allerheiligentypus (FZah). Am rechten Bildrand erkennbar Biberschwanzziegel, die erst im letzten Viertel des 15. Jhs. aufkommen, vgl. Abb. 267.
47
Abb. 45 Obere Vordergasse Höhe Tanne (1.215). Die Wasserleitung aus dem frühen 12. Jh. im Gewirr der modernen Werkleitungen, dabei Ausgrabungstechniker Daniel Gerbothé.
Abb. 46 Blick in die Wasserleitung mit Ziegelrinne, vgl. Abb. 45.
48
Aus der gleichen Produktionsstätte wie diese Ziegel stammt die bislang einzigartige gemauerte Rinne einer Wasserleitung, die vor einigen Jahren in der ehemaligen Reichsstrasse zum Vorschein kam (Abb. 28, 44, 45; 1.240). Die Rinne besteht aus Hohlziegeln aus dem selben Material wie die frühen Ziegel. Sie liess sich über 100 m verfolgen, von der Oberstadt am Markt vorbei bis weit die Vordergasse hinunter. Anfang, Ende und Funktion der Leitung sind noch unklar. Es besteht aber die Vermutung, dass sie mit der Bierproduktion zusammenhängt, mit den neun Bierschenken, die um 1120 erwähnt sind.53 Als weitere Massnahme für die Wasserversorgung wurden vor allem im tiefer liegenden Teil der Stadt Sodbrunnen bis ins Grundwasser angelegt. In einem Brunnen im Klosterbaumgarten sind Daubengefässe und Teile eines Wasserkübels zum Vorschein gekommen, die aus den Anfängen des Klosters, also frühestens aus der Mitte des 11. Jahrhunderts stammen (Abb. 47, 48; 1.211).54
53 54
Siehe oben, S. 15; Bänteli 2009, S. 162–166; Bänteli 2010a, S. 146–152; Bänteli 2017. Bänteli 2009, S. 161f.; Bänteli 2010a, S. 143–146.
Abb. 48 Baumgartenstrasse, IWCWest (1.211). Aus dem Sodbrunnen Abb. 47 stammen zwei Böden (1, 2) und verschiedene Wandungsfragmente (3, 4) von eichenen Daubeneimern, die frühestens in die Jahre um 1050 datieren. Hinzu kommen der Metallhenkel eines Wasserkübels (5) und ein Beitel (6), wie ihn etwa die Küfer zur Herstellung der Daubengefässe verwendeten. M 1:4, vgl. Abb. 595.
Abb. 47 V Baumgartenstrasse, IWCWest (1.211). Aus Kalksteinen gemauerter Sodbrunnen im Klostergarten, der bis ins Grundwasser reicht und aus der Mitte des 11. Jhs. stammt.
49
Das Benediktinerinnenkloster St. Agnes Zum Benediktinerkloster Allerheiligen gehörte auch ein Nonnenkonvent, der der Hl. Agnes gewidmet war. Seine Anfänge fallen in die letzten Jahre des nellenburgischen Eigenklosters vor 1080 und hängen eng mit Graf Eberhards Frau Ita zusammen. Der Gründungsbau dürfte noch innerhalb des nellenburgischen Stadtwalls liegen und könnte in jenen Fundamenten zu suchen sein, die nordöstlich der Stadtkirche unter dem mittelalterlichen Friedhof liegen (1.130). Die ältesten Mauerzüge mit ziegelschrotgeröteten Mörtelgussböden, Steinbank und Stützenfundament erinnern an den ersten Bau von St. Johann. Es ist zu vermuten, dass die Hirsauer Reform wie in Allerheiligen auch in St. Agnes zu einem Klosterneubau durch Burkhard von Nellenburg und Abt Siegfried führte. Darauf deutet die Erweiterung des Klostergrundstücks nach Norden hin. Die 1094 erwähnte Kirche, ecclesia, liegt bereits 25 m ausserhalb des Stadtwalls (Abb. 28).55 Die zu zwei Dritteln erhaltene Kirchennordwand ist Teil des heutigen Hauptgebäudes des Alterszentrums Kirchhofplatz, ihr Mauerwerk erinnert an jenes des heutigen Münsters (Abb. 49). Die Aussenmasse der Nonnenkirche entsprechen etwa der Leutkirche St. Johann II und der Kirche Wagenhausen.
Abb. 49 Z Kloster St. Agnes (1.079), Nordwand der ersten Kirche in der Cafeteria des Alterszentrums, Ende 11. Jh., identisch mit dem Mauerwerk der gleichzeitig gebauten Münsterkirche Allerheiligen IV. Abb. 50 Kloster St. Agnes (1.079), Grundriss der Kirche im Hauptgebäude des Alterszentrums Kirchhofplatz, Ende 11. Jh. bis um 1300 (M 1:400).
Der Kirchen-Innenraum ist durch eine Schranke, eine halbhohe, optische Trennung zum Chor, im Verhältnis von zwei Dritteln zu einem Drittel im Osten unterteilt (Abb. 50; 1.079). Vor der Schranke im Schiff gibt es Hinweise auf Altarfundamente, Mörtelgussböden und Architekturmalerei. In der Südwestecke des Schiffes liegt der Zugang der Nonnen vom Kreuzgang, von den Klausurräumen her. Der Altarraum im Osten war für den Priestermönch von Allerheiligen zugänglich, der in St. Agnes die Messe las.56 Auch im teilweise unterVXFKWHQ .UHX]JDQJ ¿QGHQ VLFK 0|UWHOJXVVE|GHQ von den Klausurgebäuden wissen wir noch nichts. Im 12. Jahrhundert wurde die Kirche nach Westen erweitert und erhielt einen neuen, mit Ziegelschrot rot eingefärbten Mörtelgussboden. Möglicherweise waren damit auch Funktionsänderungen verbunden für die verschiedenen Benutzer der Kirche, zum Beispiel durch den Einbau von Emporen.57
2. Hälfte 11. Jh. 12. Jh.
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um 1300 14. Jh.
Mörtelgussboden
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neues Pfrundhaus 1604
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Kirche 1SPãM #
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altes Pfrundhaus 1542
50
Kreuzgang
Die Leutkirche St. Johann als Spiegel des Baubooms im Kloster Allerheiligen Vom späteren 11. Jahrhundert an spiegeln sich in der Stadtkirche die architektonischen Vorgaben von Allerheiligen (Abb. 51 und 157).58 Dies deutet auf eine Konkurrenzsituation zwischen beiden Institutionen; die besitzrechtlichen Verhältnisse und die Träger der Finanzierung sind aber in dieser Zeit gänzlich unbekannt.59 Die erste Leutkirche wurde abgebrochen, das Heiligengrab aufgehoben und die Reliquien an einen unbekannten
Ort gebracht. St. Johann II ist ein vollständiger Neubau, dessen Ruine noch 2,5 m hoch unter der heutigen, um 1400 auf einem deutlich höheren Niveau neu gebauten Kirche St. Johann IV erhalten blieb. Das Chorjoch mit Apsis (Abb. 52) entspricht dem Münster II, und die Gesamtlängen der Kirchen sind mit 32,8 m beziehungsweise 33,5 m (Münster II) fast gleich. Bei beiden Kirchen gibt es Plattenfundamente und einen gleichartigen Mauercharakter. Nach einer Westerweiterung (Abb. 54) sowie dem Bau einer Kapelle für Totenmessen mit Beinhaus im Osten (St. Johann
Abb. 51 Stadtkirche St. Johann (1.092), Bauentwicklung in romanischer Zeit. 1. Leutkirche II, Neubau 2. H. 11. Jh. – 2. Westerweiterung und Beinhausanbau (IIa/b), um 1100. – 3. Erweiterung mit Seitenschiff und Turm (III), 1. H. 12. Jh. mit Rekonstruktion des Innenraums. Visualisierung Ruth Baur 1990.
55 56 57 58 59
Gamper 1999, S. 135; Bänteli 1999a, S. 51f. Roitner 2007, S. 102–104. Siehe unten, S. 98. Bänteli 1990, S. 27f., S. 38. Grundsätzlich dazu mit den spätmittelalterlichen Verhältnissen Landolt 2004, S. 554–558.
51
Abb. 52 Stadtkirche St. Johann (1.092), Überblick über die Grabungen von 1989 südlich des Chores. Chor Leutkirche I (1), Chor Leutkirche II (2) mit Türschwelle (3), Beinhaus IIb (4), Chor III (5), Sandsteinplattenboden Leutkirche III (6), Mörtelgussboden der Sakristei IIIa (7).
IIa/b) erhielten in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts sowohl St. Johann III als auch das Münster IV einen Rechteckchor (Abb. 52). An diesen wurde jeweils nordseitig ein Turm mit gleichen Dimensionen angebaut. Das nur südseitig angefügte Seitenschiff machte St. Johann III zwar nicht zur Basilika; trotzdem war die Arkadenwand eine verkleinerte Kopie derjenigen des jetzigen Münsters Allerheiligen IV, was zu einer gedrungenen Lösung führte (Säulenabstand zwei Drittel und Säulenhöhe die Hälfte des Münsters IV).60 Allerdings zeigen die Würfelkapitelle von St. Johann III keine hirsauische Verwandtschaft (Abb. 53 und 58.3), sondern weisen in den Raum Nieder- und Oberrhein/Elsass, wo sich Parallelen auch zu den unten erwähnten nellenburgischen 6WLIWHUGHQNPlOHUQ ¿QGHQ 61
Abb. 53 Stadtkirche St. Johann (1.092), Sandsteinkapitell der Leutkirche III in originaler Fundlage 1986, noch auf dem monolithischen Säulenschaft und nur 15 cm unter dem Kirchenboden, 1. Hälfte 12. Jh.; vgl. Abb. 58.3.
Der kilchhov, der städtische Friedhof, lag seit den Anfängen im 11. Jahrhundert um die Leutkirche, eingefriedet durch eine Mauer (Abb. 157).62 Er wurde später, entsprechend dem Wachstum von Kirchenbauten und Stadtbevölkerung, auf Kosten eines Wohnquartiers nach Norden und Osten erweitert.63 Wir wissen nicht, ob dies schrittweise geschehen ist oder etwa in einem Zug und ob dafür zum Teil auch Seuchen verantwortlich sind, etwa das Aufkommen der Pest Mitte des 14. Jahrhunderts.64 Östlich an den Friedhof anschliessend befand sich im «Pfarrhof» das Haus des Leutpriesters von St. Johann. Darin sind noch romanische Mauerteile bis in eine Höhe von 10 m erhalten. Zugehörige Latrinen und andere Befunde aus dem Mittelalter schlummern noch im Boden, wie erste Sondagen zeigten (1.084).
Abb. 54 Stadtkirche St. Johann (1.092), Kirchenschiff im Dezember 1986 während der archäologischen Untersuchungen. Nordwand Leutkirche II (1), Westwand Leutkirche IIa (2), Westportal Leutkirche III (3), Nordwand der Vorhalle (4).
52
Die Stadtburg und Überlegungen zu weiteren Wohnsitzen der Vögte Das nach dem Tod Abt Siegfrieds entstehende Machtvakuum nutzte Adalbert von Morisberg geschickt, indem er seinen Onkel Burkhard von Nellenburg aus der Vogtei verdrängte. Wie der Chronist Bernold von Konstanz zum Jahr 1098 schildert, entzog der neue Vogt Adalbert zudem dem Kloster Allerheiligen Güter. Die Mönche zogen darauf in einer Prozession zu seiner Feste und versuchten ihn umzustimmen. Der Vogt liess sich aber nicht erweichen, seine Krieger griffen die Mönche an, verprügelten sie und schlugen sie in die Flucht. Ob die genannte Burg bereits von Burkhard von Nellenburg als erstem Klostervogt oder von seinem Nachfolger und Neffen Adalbert errichtet wurde, ist unklar, weil der Chronist 1098 von der Erneuerung oder Erweiterung der Feste 60 61
62 63 64 65 66 67
Bänteli 1990, S. 27–50. Die Kapitelle in der Stadtkirche St. Johann sind nicht hirsauisch, weil sie keine «Nasen» haben, sondern verwandt mit solchen aus Siegburg, Bonn und dem Elsass. Freundlicher Hinweis von Richard Strobel, Stuttgart, August 2005. Vgl. auch Strobel 1971. Bänteli/Cueni/Etter/Ruckstuhl 1990, S. 115–234. Siehe unten, S. 76 und 120. Siehe unten, S. 117. Gamper 1999, S. 139f.; Bänteli 1999a, S. 50; MGH SS 5, S. 466. Gamper 1999, S.140; Schudel 1986, S. 1493–1495; STASH, UR 1/63. Baeriswyl 2007, S. 81 und S. 84; zum Thema auch Rösch 2012.
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Abb. 55 U Der in die Strasse springende Querflügel des «Oberhauses» (1.196), der ehemaligen, 1098 erwähnten Stadtburg, wurde 1864 abgebrochen. Abb. 56 Y «Oberhaus» (1.196), doppeltes Rundbogenfenster in der Ostfassade der 1098 erwähnten Stadtburg, darüber die Balkenlöcher des Wehrerkers (X), vgl. Abb. 651.
spricht: PXQLWLRQHP TXDQGDP LEL SURSH ¿UPDvit.65 Die Verhältnisse änderten sich erst durch einen Schiedsspruch von 1122. Darin wurde dem Vogt Adalbert von Morisberg ausdrücklich verboten, auf dem Eigentum des Klosters Burgen zu bauen, und seine Anwesenheit in der Stadt wurde massiv eingeschränkt auf 14 Tage pro Jahr.66 Die erwähnte und lange gesuchte Stadtburg wurde erst 2003 beim Obertor entdeckt (Abb. 28). $UPDQG %DHULVZ\O GH¿QLHUW LQ VHLQHU 6WXGLH ]X Stadt und Burg allgemein die Stadtburg als «architektonisch ausgezeichneter und mehr oder weniger stark separat befestigter Gebäudekomplex, der als Sitz des Stadtherren oder seines Stellvertreters dient», und er kommt zum Schluss, «dass eine mittelalterliche Stadt immer eine Stadtburg besass».67 Unsere Stadtburg liegt bei einem der beiden wichtigsten Stadttore, an der höchsten Stelle der Stadt (Abb. 55). In der einst freistehen53
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Abb. 57 Die zähringerzeitliche Stadtbefestigung beim Obertor um 1200. Kaum zähringische Landstadt geworden, wurde Schaffhausen komplett neu befestigt. Hinter der 1098 erwähnten Stadtburg am Obertor ist die Mauer fertiggestellt. An der Nordseite des Tors der Obertorturm, Wohnturm eines städtischen Adelshofs, um 1150. Dort geht der Mauerbau mit Stangengerüsten, Lastkränen und Tretrad voran. Weiter rechts der alte, nellenburgische Stadtwall mit der unvollendet gebliebenen Befestigung der Stadtbürger. Visualisierung sh_ift.
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Abb. 58 Romanische Säulen in der Stadt Schaffhausen, 1. H. 12. Jh. 1. Stadtburg «Oberhaus» (Abb. 56; 1.196). 2. Keller Spitalkirche (1.134) 3. St. Johann III (Abb. 53; 1.092) 4. Münster IV (Abb. 41) 5. Allerheiligen V, Loggia, vgl. Abb. 516.
Bauherrn als für den mit dem Kloster Allerheiligen verbundenen Burkhard von Nellenburg.70 Burkhards Wohnsitz bei Anwesenheit in der Stadt befand sich in der vermuteten Pfalz über dem Tor des Klosters Allerheiligen.71 Quasi sein Hauptwohnsitz war vor allem die von Vater Eberhard erbaute Nellenburg auf dem Nenzinger Berg bei Stockach, etwa 35 km nordöstlich von Schaffhausen.72
den Ostfassade des heutigen «Oberhauses», in der heutigen Brandmauer zum «Goldfasan» ist der Palas der einstigen Burg noch auf 14,5 m Höhe erhalten (Abb. 55 und 141; 1.196). Seine Ecken zeigen den für Adelsbauten typischen Buckelquaderverband aus Randengrobkalk, jenem auffälligen Baustein, der an diesem Gebäude erstmals in der Stadt auftritt.68 Die Eckquader setzen erst ab einer Höhe von 6 m über Boden an; gegen Süden lief die ebenso hohe Mauer als Teil einer ehemaligen Hof- oder Ringmauer mindestens 7 m weiter. Gegen die Oberstadt fehlt sie, weshalb sie in die Gasse hinein als vorgelagerter Zwinger rekonstruiert werden kann (Abb. 57 und 649), entsprechend dem um 1230 datierten Zwinger der Burg Hohenklingen ob Stein am Rhein.69 Auf 9 m Höhe über dem Boden belichteten zwei Doppelfenster mit Halbsäulen und Würfelkapitellen aus Randengrobkalk (Abb. 56 und 58.1) einen fast 7 m breiten Saal, der in Teilen im «Oberhaus» erhalten ist. Eine kleine Scharte, die ein Stück unter dem einen Fenster liegt, belichtete vielleicht die Treppe zu diesem Saal. Mittig über den beiden Fensteröffnungen kragte ein Wehrerker vor. All dies gehört zu einem vielleicht mehrphasigen, L-förmigen Gebäude mit gut 16 m Flügellänge, weiteren Rundbogenfenstern und Buckelquaderverband aus Randengrobkalk. Der Bau sprang in die Reichsstrasse zum Obertorturm (1.228) hin vor und verengte die Strasse auf den Tordurchlass von vier Metern. Dass die Stadtburg aus Bollensteinen errichtet wurde (und nicht mit den Kalksteinen aus dem klösterlichen Steinbruch), spricht vielleicht eher für Adalbert als
Im weiteren Umfeld der Stadt sind erst in den letzten Jahren zwei weitere bemerkenswerte Bauten aus dieser Zeit bekannt geworden. Auf etwa zwei Dritteln des Weges von Schaffhausen zur Nellenburg liegt der alte Turm bei Aach oberhalb derAachquelle, der grössten Quelle Deutschlands. Er ist noch knapp 7 m hoch erhalten, entspricht mit seinem kleinteiligen, lagenhaften Kalkbruchsteinmauerwerk den frühen Schaffhauser Sakralbauten und wurde im frühen 11. Jahrhundert erbaut. Vielleicht ist auch diese Burg nellenburgischen Ursprungs, und so erstaunt nicht, dass ein Ulrich von Aach in einer Urkunde von 1100 als Zeuge für Burkhard von Nellenburg erscheint.73 Auch die Kirche in Lohn, 10 km nordöstlich von Schaffhausen, besitzt Mauerwerk, das ebenfalls den frühen Schaffhauser Sakralbauten entspricht. Ihre markante Hügellage zusammen mit der auffallenden Grösse und der halbkreisförmigen Strassenführung führen zur Frage, ob hier um die Kirche im 11. Jahrhundert ein befestigter Herrensitz der Herren von Stetten oder der Grafen von Nellenburg lag?74
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Schultheissenturm am Markt und Synagoge? Unter dem 1747/48 neu aufgebauten Fronwagturm liegt das Fundament des ehemaligen Schultheissenturms. Es besteht zum grössten Teil aus Bollensteinen, nur die Ecken und die oberste Fundamentlage sind mit Kalksteinen gemauert (Abb. 59 und 60; 1.059). Diese sorgfältige Maurerhandschrift kennen wir bereits von St. Johann II und vom heutigen Münster.75 Der ursprüngliche Turm stammt deshalb aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Er wird erstmals im Zinsrodel von 1253 als domus eiusdem sculteti, que est lapidea, als steinernes Haus, bezeichnet. Im folgenden Rodel von 1299 heisst er Turris Sculteti.76 Damit sind alle wesentlichen Elemente der frühen Stadt zum Vorschein gekommen oder haben sich lokalisieren lassen. Einzig die mittelalterliche Synagoge fehlt, die aufgrund der Anwesenheit jüdischer Stadtbewohner zu erwarten wäre.77 Noch heute liegt in der Schwertstrasse, am ehemaligen Standort der Spitalkirche, die ins 13. Jahrhundert zurückgehen dürfte, ein kryptenartiger Raum, 13 m zurückversetzt vom Markt, dem Fronwagplatz (1.134). Er war etwa 3,5 m hoch, leicht rechteckig mit 6 x 7 m und besass ostseitig quadratische Pfeiler, an die sich ein weiterer Raum mit unbekannten Ausmassen anschliesst. Südseitig liegt ein 1,6 m breiter Gang, der von drei Arkaden abgetrennt wird. Ihre Säulen tragen die gleichen Würfelkapitelle, wie wir sie vom kurz nach 1100 geweihten Münster IV kennen (Abb. 58.2). Zweifellos stand an dieser Stelle ein besonders ausgezeichnetes Bauwerk. Es stellt sich deshalb die Frage, ob es «nur» ein weiterer Adelshof war oder nicht viel mehr Teil der ersten Synagoge Schaffhausens? Ganz in der Nähe liegen drei Häuser eines Juden. Sie sind im Grundzinsrodel von 1299 beim Turm des Schultheissen am Markt erwähnt, der an der Stelle des heutigen Fronwagturms stand (1.059). Erst im 14. Jahrhundert kam in der Neustadt ein zweites Judenquar68 69 70 71 72 73 74 75 76 77 78
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tier mit einer Judenschule (Synagoge) hinzu, die durch Schriftquellen belegt ist. Trotzdem blieben bis zum Pogrom von 1401 Juden weiterhin auch am Markt wohnhaft.78 Eine dritte Synagoge schliesslich wurde im Jahr 1475 erwähnt, als der letzte Jude Raphael Schaffhausen verliess und das Gebäude an den Nachbarn Heinrich von Fulach verkaufte. Dieser musste versprechen, uss der Schuol kainen Stal [zu] machen.79 Die Synagoge lag auf dem Grundstück des «Weissen Ochsen» (Vorstadt 21), an dessen Stelle leider seit 1953 ein Neubau steht.80
Abb. 59 VY Fronwagturm (1.059). Der 1747/48 neu errichtete Turm steht auf den Fundamenten seines Vorgängers. Die beiden glatten Blöcke aus Randengrobkalk (1) stammen vom mittelalterlichen Turmsockel. Das Fundament aus Kalksteinen an den Ecken und als Abdeckung (2) des Bollensteinfundaments (3) weist ins ausgehende 11. Jh.
Abb. 60 V Die um 1600 entstandene Darstellung von Hans Caspar Lang zeigt den wohl zunächst fünfgeschossigen Schultheissenturm (Fronwagturm) mit romanischen Zweierfenstern (Biforen). Später wurde der Turm vermutlich um zwei Geschosse aufgestockt mit Treppengiebeln und Satteldach. – Rüeger-Chronik STASH, Chroniken A1.
Bänteli 2010b, S. 130–132; siehe unten, S. 85. Bänteli 2010c, S. 34f. Siehe oben, S. 53. Siehe oben, S. 41. Bänteli 1999a, S. 50. Martin/Schrage 2010. Bänteli 2010b, bes. S. 115–126. Bänteli 1999a, S. 49 und Anm. 374. Bänteli 2013a, S. 376f. Allgemein dazu Untermann 2009, S. 160–163. STASH, UR 1/1099, UR 1/1245, UR 1/1281 sowie Harder Auszüge Bd. XIV, S. 87ff., Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1393; Häuserdatenbank; Rüeger 1884, S. 341; Harder 1863, S. 34f.; Schib 1972, S. 148–152. STASH, RP 2,4*. Häuserdatenbank.
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Ende der Nellenburger und zähringisches Machtstreben 1101/1102 starb mit Burkhard der letzte von sechs Söhnen der Klostergründer Eberhard und Ita von Nellenburg. Ita starb wahrscheinlich wenig später. Zu den einzigartigen Zeugnissen der nellenburgischen Gründerfamilie gehören nicht nur die Memorialanlage mit dem Kreuzhof im Kloster Allerheiligen, sondern auch bemerkenswerte Steindenkmäler aus dem frühen 12. Jahrhundert: Eine Memorialplatte, dem Andenken der Stifterfamilie gewidmet, und das Grabmal, das die Klostergründer Eberhard und Ita mit ihrem Sohn Burkhard als Reformer und Übergeber des nellenburgischen Besitzes ans Kloster darstellt (Abb. 61), quasi als bildliche Urkunde in einer gemeinsamen Handlung.81 'LH 'HQNPlOHU ¿QGHQ 3DUDOlelen im Raum Nieder- und Oberrhein/Elsass, aber auch an anderen Orten.82 Die Stifterfamilie ist seit 2006 als sandsteinerne Replik ihres Grabmals wieder ins Münster zurückgekehrt (Abb. 22).83
81 82 83
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Haupterben waren Burkhards Neffen, Vogt Adalbert von Morisberg und Dietrich von Bürglen, der sich später von Nellenburg nannte. Die folgende Ära war nicht von Niedergang geprägt, aber sicher von abgeschwächtem oder in ruhigere Bahnen gelenktem Wachstum. Verschiedene alte .RQÀLNWH ÀDPPWHQ ZLHGHU DXI XQG EHU¿HO der junge Konrad von Zähringen Schaffhausen. Die Bewohner (oppidani) der befestigten Siedlung kämpften heftig mit seinen Kriegern vom Mittag bis in die tiefe Nacht. Konrad konnte nicht in die Stadt eindringen, vernichtete aber das Kloster, vielleicht den ganzen Ort, locus, durch Feuer. Als Konrad am nächsten Tag mit seinen Kriegern zurückkehrte, um die Stadt zu vernichten, ergab sich der Abt mitsamt dem Kloster und den Bewohnern bedingungslos.84 Der Urenkel Eberhards von Nellenburg, Bischof Bruno von Trier, VRUJWH I U GLH 6FKOLFKWXQJ GHV .RQÀLNWV PLW den Zähringern. Er beschenkte Allerheiligen mit den Reliquien der Trierer Heiligen Alexander, Constantius und Leguntius, die kurze Zeit zuvor in Trier aufgefunden worden waren. Zur Aufstellung dieser Reliquien wurde dem Münster an Stelle der zu kleinen Apsis der heute noch bestehende Rechteckchor angefügt.85 Abt Adalbert starb nach 1131; weitere schriftliche Aufzeichnungen der Rechts- und Eigentumsverhältnisse des Klosters im 12. Jahrhundert fehlen fast vollständig.86
Abb. 61 YY Grabmal der Stadt- und Klostergründer im Museum zu Allerheiligen, um 1120. Der Klostergründer Graf Eberhard von Nellenburg mit Kirchenmodell in der Mitte, rechts die Reste der Figur seiner Gemahlin Ita und links Sohn Burkhard mit festuca (Erdscholle mit Ähre oder Palmzweig) als Symbol für die Übertragung des Grundbesitzes an das Kloster Allerheiligen anlässlich der Klosterreform 1080, vgl. Abb. 22.
SPM VII 2014, S. 406–408; Seeliger 1972; Lieb 1999. Seeliger 1972. – Bislang wenig beachtet sind Parallelen mit dem Portal der Frauenstiftskirche in Andlau (Elsass, F): Forster 2010. Idee und Konzept: Kurt Bänteli; Ausführung: Arbeitsgemeinschaft der Bildhauer Jürg Stäheli und Roger Meier; Beratung: Hans Peter Mathis, Hans Lieb, Roger Fayet. Gamper 1999, S. 142. Untermann 2009, S. 49f.; Sennhauser 2008, S. 283f. Gamper 1999, S. 143f.
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Wohnbauten um 1100
Abb. 62 «Buchsbaum» (1.152), Keramikscherben aus dem 11. Jh. aus G5, der ältesten Latrinengrube der Stadt.
Während sich die in Stein gebauten Wehr- und Sakralbauten dieser Zeit deutlich aus dem Dunst der Vergangenheit schälen lassen, erweist sich dies für die 1120 in der Güterbeschreibung erwähnten 112 Hofstätten, die neun Bier- und zwei Weinschenken sowie die Brotbäcker als unmöglich.87 Diese Häuser lagen an der Reichsstrasse im Bereich der Unterstadt, der Vordergasse und der Oberstadt, wo heute die zum grossen Teil unterkellerten Häuser stehen. Sie müssen geschlossene Häuserzeilen gebildet haben, eines der wesentlichen Charakteristika einer Stadt.88 Bemerkenswerterweise bildeten sie gegen Süden eine fast vollständig geschlossene Hofstättenfront, mit Ausnahme von Läufergässchen und Münstergasse, die zur ursprünglichen Stadtanlage gehören (Abb. 28). Die übrigen heute nach Süden abzweigenden Gassen wie Fischergässchen (1.227), Goldsteinstrasse,89 Schneidergang (1.217), Rathausbogen (1.205), Tanne (1.215) und Neustadt (1.183) sind ab dem 13./14. Jahrhundert schrittweise hinzugekommen. Nordseitig hingegen ist die Häuserzeile noch heute mehr oder weniger so geschlossen wie in jener Zeit, mit den ursprünglichen Öffnungen durch den Markt am Fronwagplatz und das Sporrengässchen (1.061 und 1.207). Nur die Öffnung in der Mitte
der Unterstadt zum Munotstieg ist ebenfalls jüngeren Datums und im späteren 14. Jahrhundert mit dem Bau der Flankenmauern zum Munot angelegt worden (1.224). Punktuelle Brandhorizonte, Reste von Holzbauten oder Kulturschichten treten im Bereich der Nellenburgerstadt immer wieder auf, manchmal direkt auf dem gewachsenen Boden oder in den untersten Schichten. Eine Datierung genauer als auf hundert Jahre ist über das enthaltene Fundmaterial nicht möglich. Deshalb gelingt weder eine sinnvolle stratigraphische Gliederung all dieser zerstückelten Befunde, noch die Verbindung mit dem überlieferten Brand von 1120. Sie werden daher unten als bruchstückhafte Hausbefunde des 12. Jahrhunderts zusammengefasst und der allgemeine Forschungsstand zum Hausbau dieser Zeit diskutiert.90 Einer der wenigen, ganz deutlich ins 11. Jahrhundert zu datierenden Siedlungskomplexe ist die Latrine G5 im Hinterhof des «Buchsbaums» (Abb. 62; 1.152).91 Für die Rekonstruktion unserer Wohnhäuser sind wir deshalb auf Vergleiche mit anderen Städten angewiesen. In der Nordwestschweiz sind dies meist Grabungsbefunde von Holzbauten auf Schwellen, während in Deutschland aufrecht erhaltene Fachwerkbauten des 12. und 13. Jahrhunderts in erstaunlich grosser Zahl bekannt geworden sind.92
87 88 89 90 91 92 93
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Siehe oben, S. 15. SPM VII 2014, S. 168; Boschetti-Maradi 2012, S. 261. Rüeger 1884, S. 374. Siehe unten, S. 73. Homberger/Zubler 2010, S. 101. SPM VII 2014, S. 168f.; Untermann 2009, S. 226– 229, S. 255–257. Gamper 1999, S. 142f.
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Dieser Zeitabschnitt wird durch Schriftquellen nur äusserst bruchstückhaft erhellt. Hinzu kommt, dass die detaillierte Überlieferung der Brandzerstörungen durch Konrad von Zähringen von 1120 weder im Kloster Allerheiligen noch in der Stadt archäologisch nachzuweisen sind. War die Angst vor dem Zähringer grösser als die tatsächlich angerichteten Schäden?93 Folglich fehlen auch eindeutige Nachweise eines Wiederaufbaus, so dass angenommen werden muss, es seien verbrannte Holzbauten sowie Dächer und Inneneinrichtungen von Steinbauten ersetzt worden. Grundsätzlich machen die archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen deutlich, dass der
Ausbau der Stadt seit dem frühen 12. Jahrhundert vorerst abgeschlossen war. Sie sprechen aber nicht gegen eine gedeihliche Konsolidierung von Stadt und Kloster in diesem Jahrhundert. Ein deutlicher Wendepunkt trat um 1200 ein, als Schaffhausen zähringische Landstadt wurde. Die Stadt wurde komplett neu befestigt und um die innere Vorstadt erweitert (Abb. 63). Ob dieser Plan bereits kurz nach 1198 umgesetzt wurde, beim Übergang der Vogtei an Berthold V, oder ob die Zerstörung der rheinseitigen Stadt- und Klostermauer mit Teilen der Unterstadt durch das extreme Hochwasser von 1206 Auslöser dafür war, wissen wir nicht.
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Abb. 63 Stadtentwicklung Schaffhausens í
61
Letzter Glanz im Kloster Allerheiligen Abt Adalbert starb nach 1131. Von seinen Nachfolgern wissen wir wenig. Die Ausstattung des Klosters wurde bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts durch süddeutsche Adelige weiter gefördert, danach liess der Schenkungseifer weitgehend nach. Um 1150 erhob Abt Ulrich eine Kollekte zur Errichtung zweier Münstertürme, von denen nur einer realisiert wurde (Abb. 38 und 64).94 In die gleiche Zeit fällt der Bau der Büsinger Kirche auf dem Kirchberg, weitherum bekannt als Bergkirche St. Michael, der vielleicht von den gleichen Handwerkern ausgeführt wurde wie der Münsterturm.95
Abb. 64 V Kloster Allerheiligen (1.042), monumentales Steinwerk. Der Münsterturm wurde um 1150 gebaut, der Spitzhelm stammt von 1764. Rechts das Querschiff des kurz nach 1100 geweihten Münsters IV.
Abb. 65 U Kloster Allerheiligen (1.042), Rekonstruktion der Bauentwicklung: Allerheiligen V, das ausgebaute Kloster im frühen 13. Jahrhundert. Visualisierung Valentin Homberger 2004.
Noch bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts wurde die Klosteranlage weiter ausgebaut (Allerheiligen V, Abb. 38 und 65). Um den heutigen Kräutergarten entstanden winkelförmig die Gebäude GHU ,Q¿UPHULH 6SLWDO XQG GHV 1RYL]LDWV 0LW GHU (UKDUGV XQG GHU 0LFKDHOVNDSHOOH ÀDQNLHUWH HLQH neue Doppelkappelle südseitig die Vorhalle. Nordseitig kam ein Beginenhaus für die FrauenJHPHLQVFKDIW KLQ]X GLH NDULWDWLYH 9HUSÀLFKtungen im Kloster übernahm. Auch die Alte Abtei wurde umgebaut und eine Loggia angefügt, die sich gegen einen Hof öffnet, der zu den Gebäudetrakten von Gästen und Laienbrüdern gehört. Letztere verrichteten für die Mönche körperliche Arbeiten in Werkstatt und Stall, auf Äckern und Fluren. Die hinter der Loggia liegende Johanneskapelle wölbte man ein und baute darüber eine weitere Kapelle. Die Lünetten (Abb. 66), die sich ursprünglich womöglich an dieser Oberkapelle befanden96, und die reich ornamentierten Zwergarkaden der Loggia (Abb. 58.5), heute Teil des Museumspfalzhofs, gehören zu den seltenen Beispielen romanischer Bauplastik im Kloster. Spätestens aus dieser Zeit stammt der gewölbte Weinkeller auf der Westseite der Klosterstrasse, zusammen mit weiteren, aber nicht mehr erhaltenen Ökonomiebauten (1.042.5).97
Machtzentrum des Adels am Obertor Gegenüber der Stadtburg (1.196) an der Nordseite des Obertors steht der Obertorturm (Abb. 67; 1.228). Seine untere Hälfte mit einem Buckelquaderverband aus rotem Sandstein war ein quadratischer Wohnturm der Zeit um 1150. Die um 1200 entstandene Stadtmauer schloss auf der Nordwestseite nachträglich an den Turm an (1.108), der Teil eines adeligen Stadthofs war. Ostseitig, gegen die Stadt hin, besitzt er zwei grosse Rundbogentüren, die zum halb eingetieften Kellergeschoss und zum hoch liegenden Erdgeschoss führten. Mit je 4,5 m sind die Stockwerkhöhen 62
repräsentativ. Hinzu kommen südseitig ein nicht mehr sichtbarer Sandsteinsockel mit Rundstab, die sichtbare Bifore im ersten Obergeschoss mit einem Mittelpfosten mit Rundstäben und unvollkommenen Würfelkapitellen sowie im dritten Obergeschoss west- und ostseitig je ein Wehr- und Latrinenerker.98 Ein in all diesen Elementen identischer Wohnturm, das so genannte maison paÏenne, das Heidenhaus, steht in Rosheim im Elsass und ist ins Jahr 1154 datiert (Abb. 57 und 68).99 Seit den Nellenburgern besass Schaffhausen enge Beziehungen zum Elsass, auch durch Handel und Schifffahrt auf dem Rhein, insbesondere durch den Import des bevorzugten Elsässerweins.100 Die prominente Lage am Stadttor und direkt gegenüber der alten Burg des Vogts im «Oberhaus» könnte ein Hinweis sein, dass wir den Obertorturm ebenfalls einem Vogt verdanken. In jener Zeit im dritten Viertel des 12. Jahrhunderts ist dies Graf Manegold von Veringen, Erbe der zweiten Nellenburgerlinie. Wie seine Vorgänger ist er vor allem aufgrund von immer noch andauernden Auseinandersetzungen mit dem Kloster überliefert.101
Abb. 66 Kloster Allerheiligen (1.042), Lünetten, 12. Jh. Wahrscheinlich von der Oberkapelle über den Zwergarkaden der Loggia in der Alten Abtei stammend, gehören sie zu den wenigen Resten romanischer Bauplastik im Kloster.
Unvollendete Befestigungsmauern Wie es scheint, wurde der Stadtbefestigung nach dem Ende der Nellenburger, d.h. im frühen 12. Jahrhundert, wenig Aufmerksamkeit geschenkt. Es gib auch keine Hinweise, dass der Stadtwall um das am Ende des 11. Jahrhunderts neu gebaute Kloster St. Agnes herumgeführt wurde (1.079). Im «Buchsbaum»/«Rüden»-Areal wurden drei mächtige Latrinengruben (G2–G4) in den Wall abgetieft (1.152, S. 476). Sie waren wohl kaum Teil des Befestigungskonzeptes im Sinne stinkender Fallgruben. Wahrscheinlicher ist wohl der nachlässige Umgang der Bürger mit diesem öffentlichen Bauwerk. Die Gruben wurden gegen Ende des 12. Jahrhunderts aufgefüllt. Darüber hinweg verläuft die erste, massive Stadtmauer M1 (Abb. 69; 1.152). Sie ist in beiden Parzellen unterschiedlich ausgebildet, im Fundament um 1,5 m stark, im Aufgehenden um 1,3 m. Rechtwinklig dazu verläuft auf der Parzellengrenze «Buchsbaum»/«Harmonie» eine weitere, sehr tief fundamentierte und fast anderthalb Meter starke 94 95 96 97 98 99 100 101
Gamper 1999, S. 144. Bänteli 2016, S. 35–43. Bänteli 1999a, S. 82f. Bänteli/Mathis 2004, S. 13–15; Bänteli 1999a, S. 74–87; Gamper 1999, S. 143–144. Frauenfelder 1951, S. 30–32; Bänteli 2010c, S. 84. Poinsot 2006. Schib 1972, S. 19, S. 137, S. 161. Peyer 1987, S. 174; Schudel 1986, S. 1494, S. 1517; Rüeger 1884, S. 233.
Abb. 67 U Obertorturm (1.228). Der charakteristische Wechsel der Buckelquader auf halber Turmhöhe von rotem zu graugrünem Sandstein markiert die Baufuge zwischen dem romanischen Wohnturm der Zeit um 1150 und der Aufstockung von 1491.
Abb. 68 Y Das «Heidenhaus» von 1154 steht in Rosheim im Elsass und ist in allen Elementen weitgehend identisch mit der unteren Hälfte des Obertorturms.
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Abb. 69 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152), Nellenburger Stadtwall aus der Mitte des 11. Jhs. (1), gefolgt von der unvollendeten Stadtmauer M1 und der zähringerzeitlichen Stadtmauer M3 um 1200, im Hintergrund der 1491 aufgestockte Obertorturm.
Mauer M2. Sie wäre als Teil eines in den Graben vorspringenden Schalenturms verständlich, das Gegenstück fand sich allerdings nicht, so dass von einem unvollendeten Turm ausgegangen werden muss. Eine «Planungsleiche» aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, die allerdings verständlich wird, wenn wir davon ausgehen, dass diese Stadtmauer auf dem Wall nur ganz kurze Zeit Bestand hatte. Wieweit sie über das «Buchsbaum»/«Rüden»-Areal hinaus gediehen ist, wissen wir nicht (Abb. 63 und 70.2). Schriftstücke gibt es nur wenige in dieser Zeit. Die spärlich überlieferten Vögte missbrauchten ihre Stellung weiterhin zu ihrem Nutzen, indem sie dem Kloster Güter entzogen. Deshalb zog Kaiser Friedrich I. die Vogtei 1189 an sich und machte Allerheiligen zum Reichskloster, das direkt unter seinem Schutz stand.102 Doch bereits 1198 kam die Vogtei an die Zähringer. Berthold V. erhielt sie vom frisch gewählten König Philipp von
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Abb. 70 U Prinzipielle Entwicklungsskizze der Stadtbefestigung im Areal «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). 1. Um 1045/50 werden zwei Drittel der heutigen Altstadt befestigt durch einen 1,2 m hohen Wall, der durch spätere Aufschüttungen 2,5m Höhe erreicht, und einen 6 m breiten Graben. Rheinseitig kommt eine Stadt- und Klostermauer hinzu, welche auch landseitig das Kloster umfasst. 2. Um 1190 wird eine Stadtmauer auf den Wall gestellt und vermutlich der Graben verbreitert. Die Befestigung bleibt unvollendet. 3. Um 1200 zähringerzeitliche Stadterweiterung um die Vorstadt und Neubau der Stadtmauern rund um die ganze Stadt. Der Stadtgraben wird auf 10–11 m verbreitert, die Mauer erreicht 9 m Höhe und wird mit Zinnen versehen. Um 1280/90 kommen kleinere Rundtürme hinzu. 4. Um 1330–1360 letzte Stadterweiterung mit Annot und Flankenmauern. Die Stadtmauer wird mit quadratischen Türmen versehen und auf 11,5–13 m erhöht. Ein umlaufender Wehrgang wird für die Bogenschützen gebaut. 5. 1443–1445 wird der Stadtbefestigung ein zweiter Graben vorgelagert als Reaktion auf die Ausbreitung der Feuerwaffen. Auf dem Mittelwall kommen Bollwerke hinzu, die mit Geschützen bestückt sind. Die Zinnen in der Stadtmauer werden durch Scharten für Hakenbüchsen ersetzt.
Schwaben als Dank dafür, dass er als Kandidat zurückgetreten war und Philipp die Herrschaft überlassen hatte.103 Bedeutet der Machtwechsel des Jahres 1189, dass der Kaiser die 1090 erstmals erwähnten burgensibus de Scaphusen, die Bürger Schaffhausens, angewiesen hatte, die heruntergekommene Befestigung ihrer Stadt (oppidum vestrum) zu erneuern?104 Der Wechsel von Mauercharakter und Mörtel auf der Parzellengrenze «Buchsbaum»/«Rüden» macht deutlich, dass die HofstätWHQEHVLW]HU ]XP %DX GHU 6WDGWPDXHU YHUSÀLFKWHW wurden (1.152, S. 477). Den gleichen Befund zeigt auch die etwas jüngere Mauer im «Adler» (1.111, S. 637). Das Recht zum Mauerbau wälzte der Stadtherr meist auf die Bewohner ab, als 3ÀLFKW ]X %DX XQG 8QWHUKDOW GHU 6WDGWPDXHU «wobei ihre gemeindliche Stellung, ihr Beruf, ihr Geschlecht usw. eine Rolle spielten, wieweit sie selber oder durch Dritte die Arbeit zu leisten hatten.» 105
102 103 104 105
Mommsen 1989, S. 19–26; Schudel 1986, S. 1494f. Mommsen 1989, S. 26f.; Schmid 1986, S. 107f.; Schadek/Schmid 1986, S. 162–166; Schmid 1990, S. 256. STASH, UR 1/89. Carlen 1995, S. 16.
Dezemberhochwasser von 1206 zerstört Teile der unteren Stadt Von der nellenburgischen Stadt- und Klostermauer sind am Rheinufer im Bereich Unterstadt und Kloster Allerheiligen auf mindestens 250 Meter Länge nur die Reste des Mauerkerns mit Teilen der inneren, stark gegen den Fluss hin geneigten Mauerschale erhalten (Abb. 71; 1.040; 1.048 und 1.211). Der Rest der Mauer wurde durch ein Hochwasser zerstört, zu dem auch die JURVVÀlFKLJ IHVWJHVWHOOWHQ hEHUVFKZHPPXQJVhorizonte im «Schweizerhof» zu rechnen sind, deren Deckschichten durch Scherben in die Jahrzehnte um 1200 datiert sind (Abb. 103; 1.235, S. 284). Hinzu kommt die rheinseitige Ecke der «Jungfrau» in der Unterstadt, die sich offenbar ebenfalls durch dieses Hochwasser bis zu 3,5° respektive 6 cm pro Meter gesenkt hat, wodurch auch im Obergeschoss vertikale Mauerrisse entstanden (1.153, S. 331). Die Sanierung der Ecke erfolgte durch eine stützpfeilerartige Verlängerung der Brandmauer zwischen «Jungfrau» und «Pelikan» gegen den Rhein hin. Nach dieser Ecksanierung schliesst der «Pelikan» seinerseits 1208 die Baulücke zwischen den Kernbauten «Jungfrau» und «Vorderer wilder Mann» mit seinen noch auf zwei Geschossen erhaltenen Deckenbalken (Abb. 88; 1.153, S. 332). Ob dort wirklich eine Baulücke bestand, oder ob es an dieser Stelle einen durch Hochwasser zerstörten Holzbau gab, ist unklar. Aber zusätzlich kommt die ebenfalls in GLH -DKUH QDFK GHQGURGDWLHUWH 6FKLIÀlQGH der Fischer am Ausgang des Fischergässchens hinzu, die zum Neubau der rheinseitigen Stadt-
Abb. 71 IWC-Ost (1.048). Im Schnitt zeigt sich deutlich, dass von der nellenburgischen Stadt- und Klostermauer nach dem Dezemberhochwasser von 1206 auf eine Länge von mindestens 250 m nur die Innenschale erhalten blieb (1). Sie wurde ersetzt durch die zweite, die zähringerzeitliche Stadtmauer am Rhein (2), Blick West, vgl. Abb. 587.
65
Abb. 72 Unteres Fischergässchen um 1870 mit Notstegen während eines der bis zum Kraftwerkbau in den 1960er-Jahren häufigen Hochwasser. Rechts unter dem Vordach die heute im Haus Quaistrasse 3 noch erhaltene zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207, vgl. Abb. 77.
mauer nach dem Hochwasser gehört (1.230). Und schliesslich wurde auch der Kanal für den Gütertransport zum Kloster Allerheiligen vom Gerberbach her im frühen 13. Jahrhundert aufgefüllt und ausser Betrieb genommen, wahrscheinlich ebenfalls eine Folge des Hochwassers.106 Ein neues Törchen in der Stadtmauer östlich des GerberEDFKV GLHQWH QXQ DOV NO|VWHUOLFKH 6FKLIÀlQGH (Abb. 579). Für Schaffhausen liegen keine schriftlichen Quellen zu diesem Hochwasser vor (Abb. 72). Auf Grund der archäologischen Befunde und der Dendrodatierungen ist davon auszugehen, es habe sich bei der Überschwemmungskatastrophe (Abb. 74) um das Dezemberhochwasser von 1206 gehandelt (Abb. 73). Dieses ist als ein ausserordentliches Ereignis zu betrachten, da keines der nachfolgenden, oft auch schriftlich überlieferten Hochwasser die wieder aufgebaute oder die jüngeren Stadtmauern zerstören konnte (1.080). Sofern man sie nicht abgebrochen hat, sind ihre Reste im Boden unversehrt bis heute erhalten geblieben (1.040; 1.048 und 1.211).
66
&KULVWLDQ 3¿VWHU XQG 2OLYHU :HWWHU YRP 2HVFKger-Zentrum für Klimaforschung (OCCR) haben mit Hilfe der klimahistorischen Datenbank EuroClimhist das ausserordentliche Ereignis von 1206 aus meteorologischer Hinsicht untersucht und beschrieben: «Die obenstehende Karte (Abb. 73) verortet die aus historischen Überlieferungen bekannten Hochwassermeldungen vom Dezember 1206 und mutmasst, basierend auf deren räumlicher Verteilung, über die möglichen meteorologischen, Hochwasser auslösenden Ursachen. Es muss somit ausdrücklich betont werden, dass es sich um eine mögliche (plausible) Zirkulation handelt und nicht um eine tatsachengetreue Rekonstruktion. Denn die allgemeine Datenlage und die Datierungen der einzelnen Hochwassermeldungen im speziellen sind zu ungenau, als dass man auf eine bestimmte Abfolge der Ereignisse und damit auf eine bestimmte Grosswetterlage schliessen könnte. Generell gilt es zu erwähnen, dass Hochwasser zumeist einer Verkettung von ½XQJO FNOLFKHQ¾ (UHLJQLVVHQ ]X]XVFKUHLEHQ VLQG und eher selten durch ein meteorologisches Ereignis alleine ausgelöst werden. Folgende Verket-
tung könnte sich 1206 somit ereignet haben. Ein vom Atlantik kommendes Tiefdruckgebiet (T1) traf über Nordfrankreich und den Beneluxländern auf eine Kaltluftfront. Solche Fronten können zu intensiven Niederschlägen führen. Diese These wird unterstützt durch die Beobachtungen eines abrupten Temperatursturzes mit starken Gewittern, was in Hochwasserzone I die Flüsse anschwellen liess. Die geographische Verteilung der Hochwassermeldungen aus der Hochwasserzone II könnte hingegen auf eine Vb-Zugbahn deuten (T2). Solche Wetterlagen sind bekannt für intenVLYH 1LHGHUVFKOlJH XQG VWHKHQ KlX¿J LQ =XVDPmenhang mit Hochwasserereignissen. Es wäre somit möglich, dass sich ausgehend von der Kaltluftfront eine Kaltluftzunge über den Alpen ausbildete, wodurch ein weiteres Tief über dem Mittelmeer, das mit ausreichend Feuchtigkeit versorgt war, auf die typische Vb-Zugbahn nach Nord-Osten abgedrängt wurde und in der Hochwasserzone II schliesslich für die extremen Hochwasser sorgte. Hier wird beispielsweise berichtet, dass die Birs in Basel Hochwasser führte, der Main gar um zweiunddreissig Ellen anstieg und der Rhein viele Häuser zerstörte, wobei Tausende Männer, Frauen und Kinder zu Schaden gekommen sein sollen.»107
Stadtausbau in zähringischer Zeit nach der Hochwasserkatastrophe War der notwendige Wiederaufbau der zerstörten Stadt- und Klostermauer Anlass für Berthold V., die Bauarbeiten an der Neubefestigung abzubrechen108 und neu zu konzipieren, quasi Nägel mit Köpfen zu machen, nachdem seine Familie über viele Generationen hinweg um Besitz, Macht und (LQÀXVV LQ 6FKDIIKDXVHQ JHNlPSIW KDWWH" 2GHU hatte er bereits nach seinem Amtsantritt 1198 begonnen, die Stadt um den im Grundzinsrodel von 1253 genannten rinnt marckit, den Rindermarkt der inneren Vorstadt, zu erweitern?109 Dadurch vergrösserte sich der zu befestigende Bereich um etwa 4 ha (Abb. 63). Und wäre der nach dem Hochwasserschaden notwendig gewordene Neubau der Stadt- und Klostermauer am Rhein als 2. Etappe dieses Projektes zu betrachten? Ungeachtet dieser nicht mehr lösbaren Detailfragen tritt Schaffhausen durch diesen Mauerbau, die Erweiterung und Neubefestigung der ganzen Stadt erst106 107
108 109 110
Siehe unten, S. 409. Oliver Wetter, University of Bern, Section of Economic, Social and Environmental History & Oeschger Centre for Climate Change Research, 25.10.2016; Quellen bei Weikinn, 1958, S. 79-81. Siehe oben, S. 64. STASH, UR 1/120. Baeriswyl 2003, S. 39f.
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mals aktiv zu einer Reihe von Stadtgründungen und Stadtausbauten der Zähringer in den letzten beiden Jahrzehnten ihrer Macht hinzu. «1198 erhielt Berthold V. mit dem Verzicht auf eine Thronkandidatur auch weitgehend freie Hand, im Südwesten des Reichs seine herrschaftliche Präsenz auszubauen. [...] Die Anfänge von Freiburg i. Ü., Murten, Freiburg i. Br., Bern und Burgdorf, die Verlegung von Rottweil [um 1 km], der Ausbau von Thun, Moudon, Rheinfelden, Breisach, Offenburg und Villingen sind in diesem Zusammenhang zu sehen.»110 Mangels Schriftquellen wissen wir nicht, wie aktiv Berthold oder seine Vertreter an diesen Arbeiten in Schaffhausen beteiligt waren. Die Qualität und die Einheitlichkeit der neuen Stadtmauer belegt jedenfalls eine hervorragende Planung, Baustellenorganisation und Ausführung durch erfahrene Bautrupps. Bertholds Tod führte 1218 zum Ende der herzoglichen /LQLH GHU =lKULQJHU GLH 9RJWHL ¿HO DQV 5HLFK ]Xrück und Schaffhausen wurde für mehr als hundert Jahre zur reichsfreien Stadt.
Abb. 73 Karte zum Dezemberhochwasser von 1206, vgl. Text S. 66f.
Auf der Nordseite der Stadt planierte man den Wall in den Graben, und die zähringerzeitliche Stadtmauer mit ihrem etwa 11 m breiten Graben um die Vorstadt wurde neu angelegt (Abb. 70.3; 1.100; 1.105; 1.107; 1.114; 1.126; 1.132; 1.147; 1.152 und 1.174). Auch rheinseitig entstand direkt vor den Überresten der nellenburgischen 67
68
Abb. 74 Die Unterstadt nach dem Dezemberhochwasser von 1206. Die Spitze der nellenburgischen Stadtund Klostermauer, die den Kreuzhof des Klosters Allerheiligen nachzeichnet, ist eingestürzt. Der tosende Rhein hat Mauerabschnitte unterspült, grosse Mengen an Sand und Kies abgelagert, Schiffe zerstört und Trümmer flussaufwärts weggerissener Holzhäuser mit sich geführt. Die Fundamente der «Jungfrau» sind beschädigt, das Mauerwerk zeigt Risse. Steinhäuser zwischen Fischer- und Läufergässchen verloren ihre rheinseitigen Fassaden. Visualisierung sh_ift.
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Abb. 75 U Stadtgraben, östlich der «Schützenstube» (1.107). Aussenseite der zähringerzeitlichen Stadtmauer, um 1200, aus regelmässigem, lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk. Hohlziegelnegative stammen von der mittelalterlichen Abdeckung der Mauerkrone (1).
70
Abb. 76 V Abbruch der Häuser Bachstrasse 43/45 im Jahr 1937. Blick in den Hinterhof der Häuser «Kastanienbaum» und «Mohrenkopf» an der Webergasse 8/10, am linken Bildrand die nach dem Abbruch übrig gebliebenen Reste der zähringerzeitlichen Stadtmauer der Zeit um 1200.
Stadt- und Klostermauer die neue, zähringerzeitliche Stadtmauer (1.040; 1.048 und 1.211). Das Gelände des Klosterbaumgartens ist auch als Hochwasserschutzmassnahme weiter aufgefüllt worden. Die Schichtmächtigkeit erreichte schliesslich im Osten des Klosters eine Stärke von bis zu 2,5 m über der einstigen Rheinsohle (1.040). Wahrscheinlich gehört in diese Zeit auch das Kolbentor, das das Kloster Allerheiligen auf der Südseite gegen die Strasse in den Steinbruch abschloss (1.082 und 1.184). Die zähringerzeitliche Stadtmauer ist im Nordwesten und Südosten der Stadt in einzelnen Hausfassaden mit einer Höhe von 6 m noch sehr gut erhalten (Abb. 75). Teilweise erreicht sie mit Resten des Zinnenkranzes sogar 9 m (1.174). Das lagenhafte Kalkbruchsteinmauerwerk ist im Fundament um 1,6 m breit und verjüngt sich im Aufgehenden durch inneren Anzug von 1,4 m auf 1,2 m. Die Steingrössen variieren aber überall im gleichen Rahmen, markant sind vor allem grosse Steinblöcke im Fundament des rheinseitigen Mauerabschnitts und die an allen Orten punktuell vorkommenden, lagenweise schräg gestellten Steine in der Art des opus spicatum (Abb. 77). Bemerkenswert ist zudem eine auf der Ostseite, beim Gerberbach, dem Fundamentfuss der Stadtmauer vorangestellte 60 cm breite Mauerschürze, die gut 1 m weiter hinunterreicht und deren Mauercharakter sich kaum von jenem der Stadtmauer unterscheidet (1.105 und 1.147). Sie diente dem Schutz der Befestigungsmauer vor Unterspülung durch Hochwasser des
Gerberbachs. Der Befund erinnert an die Mauerschürze der Stadtmauer in Freiburg im Breisgau aus dem 2. Viertel des 12. Jahrhunderts.111 Der Bau der rheinseitigen Mauer dürfte nach der Hochwasserkatastrophe vom darauffolgenden Jahr 1207 an erfolgt sein, wenn es der Wasserstand des Rheins zuliess. Die Stadterweiterung nach Norden um den Rindermarkt könnte bereits einige Jahre davor begonnen worden sein, wie die Überlegungen zur zähringischen Vogtei zeigen.112 Nach den archäologischen Hinweisen ist sie etwas jünger als die Ende 12. Jahrhundert entstandene, unvollendete Befestigung im «Rüden»Areal, deren Fundamente noch im Boden steckten.113 Hinzu kommen Scherben der Zeit um 1200 aus der Baugrube der zähringerzeitlichen Stadtmauer im Bogenareal.114 Das bislang älteste, 1268 an diese Ringmauer angebaute Haus ist das «Grütli» am Engelbrechtstor im Löwengässchen, das vermutlich zusammen mit dem Torturm entstanden ist (1.174). Von den nachfolgend genannten Türmen mit ihren Toren und Brücken hat sich aus zähringischer Zeit nichts erhalten. Wo noch Fundamentreste vorhanden sind, scheinen sie alle etwas jünger zu sein. Zur neuen, zähringerzeitlichen Stadterweiterung gehören die folgenden Strassenabschnitte (Abb. 63). Die Vorstadt als Abschnitt der nördlichen Reichsstrasse (1.102) führt zum neuen 1RUGWRU XQWHU GHP 7XUP ©=XP .l¿Jª Ferner gehören zur Stadterweiterung die drei rechtwinklig von der Vorstadt abzweigenden Seitengassen: das Löwengässchen mit dem 1318 erwähnten Engelbrechtstor (1.069), die 1253 erwähnte Webergasse mit dem Webertor (1.158 und 1.105) und die 1261 erwähnte Repfergasse mit dem Agnesentörli (1.115; 1.148 und 1.147). Die letzten beiden Gassen verbindet das Rosengässchen (1.165), das ursprünglich an Stelle des Hauses «Rosenstock» wohl eine Verlängerung bis zur Stadtmauer am Schützengraben besessen hat (Abb. 63; 1.245). Diese Gassen zeigen entsprechend ihrer kürzeren Lebensdauer eine deutlich geringer angewachsene Schichtenfolge als jene in der Nellenburgerstadt. Folglich liegen die Strassenkoffer weniger tief und die Anzahl ihrer Erneuerung ist geringer. Dies trifft auch für die Strassen im Quartier unterhalb des Klosters St. Agnes zu, die Brunnen- und Ampelngasse, deren älteste Kieskoffer in die 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert datieren (1.206 und 1.209). Diese Gassen dienten der Erschliessung des Klosters St. Agnes von Süden, wo in der Klostermauer auch ein Tor vorhanden ist (1.106). Die Erschliessung 111 112 113 114
Baeriswyl 2003, S. 110–112, bes. Anm. 739–741. Siehe oben, S. 67. Siehe oben, S. 63. Homberger/Zubler 2010, S. 107, S. 123.
Abb. 77 UU Quaistrasse 11 (1.040). Unter der Gerberlaube ist die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207 noch bis zu 6 m hoch erhalten. Im Fundament die auf der Rheinseite charakteristischen mächtigen Steinblöcke und im Aufgehenden lagenweise schräg gestellte Steine in der Art des opus spicatum, vgl. Abb. 72 und 576.
Abb. 79 U Die Stadtansicht der Stumpf-Chronik von 1548 gibt einen Eindruck, wie dieser Grabungsbefund der Schifflände (Abb. 78) ausgesehen hat. Sie zeigt ober- und unterhalb der Rheinbrücke grosse Tore in der Stadtmauer und in den Lagergebäuden am Rhein, vorgelagerte Quais und Treppen aus Holz und Stein sowie angelandete Schiffe.
Abb. 78 U Moserstrasse (1.230). Vor dem heutigen Restaurant Ticino, direkt unter dem modernen Leitungsgewirr, erscheinen die drei Eichenhölzer der Zeit nach 1200 (1) und um 1260 (2). Sie stammen von einem Quai oder von der Unterlage einer Treppe an der Schifflände der Fischer am ehemaligen Rheinufer vor der zähringerzeitlichen Stadtmauer, vgl. Abb. 79.
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Abb. 80 Als Innovation aus der Zeit des zähringerzeitlichen Stadtausbaus erscheinen in Schaffhausen ab ca. 1200 Hohlziegel (HZ) als Abfall in den Latrinenkomplexen. 1. «Treu» (1.156) G3, 2. H. 13./frühes 14. Jh. 2. «Treu» G1, M. 14. Jh. 3. «Goldener Falken» (1.157), 14. Jh. 4. Münster (1.042). Um die alten Flachziegeldächer in der Stadt (vgl. Abb. 43 und 44) weiter unterhalten zu können, wurden spezielle Reparaturziegel mit Rillen angefertigt, die ebenfalls ab 1200 auftauchen (M 1:8).
erforderte von der Unterstadt her die Anlage einer zweiten Brücke über den Gerberbach, der «hölzernen Bachbrücke» im Gegensatz zur «steinernen Bachbrücke», wie sie im Spätmittelalter genannt wurden.115 Gegen den Rhein hin kommt in dieser Zeit das )LVFKHUJlVVFKHQ PLW GHU 6FKLIÀlQGH GHU )LVFKHU hinzu. Hier kam eine Konstruktion aus drei Eichenhölzern zum Vorschein, die mehr als 6 m lang sind und in einem 45°-Winkel zu Rhein und Gässchen vor dem Törchen liegen (Abb. 78; 1.227 und 1.230). Passend zur neuen, zähringerzeitlichen Stadtmauer datiert das unterste Holz in die Zeit nach 1200 und seine Erneuerungen in die Zeit um 1260. Es sind die letzten Reste eines vorgelagerten Quais oder der Unterlage einer Treppe, wie sie die Ansicht von Stumpf 1548 zeigt (Abb. 79). Zwei Innovationen sind in der Zeit dieses zähringerzeitlichen Stadtausbaus entstanden: Neu erscheinen ab ca. 1200 Hohlziegel (HZ) in den archäologischen Fundkomplexen (Abb. 80).116 72
Dies ist damit zu erklären, dass die neuen, zähringerzeitlichen Stadtmauern grosse Mengen an Ziegeln zur Abdeckung des Zinnenkranzes benötigten (1. 107). Um die alten Flachziegeldächer in der Stadt weiter unterhalten zu können, wurden spezielle Reparaturziegel mit Rillen angefertigt, die ebenfalls ab 1200 auftauchen.117 Als eine Folge des zähringerzeitlichen Stadtausbaus ist auch der Ausbau der Wasserversorgung anzusehen. Die Einspeisung des Wassers erfolgt von Nordwesten in die neue Vorstadt, und zwar von einer neu angelegten Brunnenstube im Mühlental, die über eine Druckleitung aus Deucheln die städtischen Laufbrunnen versorgte. Der Abzweiger vor dem Engelbrechtstor zur höhergelegenen Oberstadt und dem Herrenacker verursachte oft Probleme. Trotzdem ist dieses System noch heute in Betrieb, allerdings mittlerweile mit Eisen- und Kunststoffrohren.118
Grundsätzliche Überlegungen zum städtischen Hausbau im 12./13. Jahrhundert. Auch für diesen Zeitabschnitt können wir nochmals feststellen, dass die in Stein gebauten Wehrund Sakralbauten deutlich besser fassbar sind als die Häuser der Stadtbürger. Hölzerne Vorgängerbauten sind nur in Ausnahmefällen nachzuweisen, wie ein interessanter Befund von 2011 im Läufergässchen deutlich macht: Unter dem Fundament der 1529 abgebrochenen Parzellenmauer M31–M33 des alten Salzhofs zeigten sich in 2,4 m Tiefe die Reste eines eichenen Staketenzauns aus dem 11./12. Jahrhundert (1.235), ein sehr schönes Beispiel für die Kontinuität der Parzellierung. Dies kann allerdings auch dazu geführt haben, dass ebenerdige Spuren von Holzbauten auf Schwellbalken von den Fundamenten nachfolgender Steinbauten auf gleichem Grundriss vollständig getilgt worden sind. Im Hausinnern haben spätere Unterkellerungen oft ÀlFKHQGHFNHQG MHJOLFKH 6SXUHQ K|O]HUQHU 9RU gängerbauten vernichtet. Erschwerend für die Bauuntersuchungen kommt hinzu, dass im steinernen Wohnungsbau die Intensität der baulichen Eingriffe über die Jahrhunderte üblicherweise viel höher und kleinteiliger ist als an Grossbauten, wie etwa das Beispiel des «Pelikan» deutlich macht (1.153). Allgemein erscheint der Hausbau im Süden und Westen des deutschen Reichs uneinheitlich. Standardisierter scheint er hingegen in den mittel- und norddeutschen Städten des späten 12. und 13. Jahrhunderts gewesen zu sein. Zahlreiche, aber nicht alle Städte sind geprägt vom ganz, teilweise oder gar nicht unterkellerten Dielenhaus, das an der Strasse steht und seinen Namen dem mit 4 bis 6 m überhohen, hallenartigen Erdgeschoss verdankt, auf dem ein erstes Obergeschoss oder direkt das Dachwerk ansetzten.119 Neben diesem Haustyp gibt es jedoch weitere, vor allem auch baulich einfacher gestaltete Haustypen mit 115 116 117 118 119 120 121 122 123 124 125 126 127 128
Bänteli 2011, S. 34. Homberger/Zubler 2010, S. 52, S. 62–65, S. 93, S. 104, S. 111, S. 193, S. 212, S. 216. Homberger/Zubler 2010, S. 104; Bänteli/Zubler 2001. Bänteli 2009, S. 164; Bänteli 2010a, S. 150f. mit Abb. 1. Untermann 2009, S. 226–229. Küntzel 2010; Teuber 2009. Untermann 2009, S. 229. Siehe unten, S. 78. Siehe unten, S. 75; Bänteli 2013, S. 374f. Boschetti-Maradi 2012, S. 252f., S. 261–265. Bänteli 2010c, S. 79–90, bes. S. 81f. und S. 89. Siehe unten, S. 108. Untermann 2009, S. 227f.; Bänteli 2010c, S. 88f. Boschetti-Maradi 2012, S. 252.
Grundgerüsten aus Pfosten, Pfosten-Schwellriegelkonstruktionen oder als Fachwerkbauten auf einer Grundschwelle.120 Das Dielenhaus kommt in Stein-, Backstein-, aber auch in Fachwerkbauweise vor. Nur bei der Ausführung in Holz kommen seit dem späten 12. Jahrhundert steinerne Anbauten hinzu, sogenannte Steinwerke, die quer oder längs zu den Vorderhäusern stehen, zweigeschossig und meist unterkellert sind.121 Diesen Steinwerken entsprechen unsere sehr gut fassbaren, standardisierten Kernbauten,122 welche die höchstens fragmentarisch fassbaren hölzernen Vorderhäuser123 an den Gassen überragt haben dürften. Den aktuellen Forschungsstand zum städtischen Wohnhaus aus Sicht der Schweizer Forschung hat Adriano Boschetti-Maradi dargestellt.124 Als Fazit ist davon auszugehen, dass es im 11. und frühen 12. Jahrhundert auch in Schaffhausen hauptsächlich nur hölzerne Wohnhäuser gab, welche direkt an die Gassen anschliessen (Abb. 81). Später wurden rückwärtig die steinernen Kernbauten angefügt. Folglich besteht im 12./13. Jahrhundert das städtische Zeilenhaus aus der Kombination eines Kernbaus mit einem oder mehreren Holzbauten. Hölzerne Vorderhäuser können aber auch gemeinsam mit den steinernen Kernbauten entstanden sein, wie der Vergleich der alten Stadt Schaffhausen mit den Städten Stein am Rhein und Neunkirch nahelegt. Obwohl diese beiden Städtchen 200 Jahre jünger sind als Schaffhausen, zeigen ihre Wohnhäuser nach wie vor die gleiche traditionelle Bauweise: Steinerne Kernbauten liegen von den 1260er-Jahren an nach wie vor im hinteren Bereich der heutigen Vorderhäuser, während der vordere, üblicherweise nicht nachzuweisende in Holz gebaute Hausteil erst im 14./15. Jahrhundert durch einen Steinbau ersetzt wird.125 Wie weiter unten erläutert wird, ist in Schaffhausen dafür vor allem die neue Bauordnung von 1342 verantwortlich.126 In den gassenseitigen Holzbauten können sich etwa Werkstätten, Läden und Kammern für Knechte und Mägde befunden haben. Feuereinrichtungen können sowohl auf Arbeits- als auch Wohnräume hindeuten. Als Lagerräume für Waren und Vorräte aller Art dienten Keller und Dachräume.127 Diese Funktionen können auf kleinere, hölzerne Einzelbauten um einen Hof verteilt sein oder auf die verschiedenen Räume eines Holzhauses unter einem Dach.128 Im hinteren Vorderhausbereich, anschliessend an den Steinbau, kann sich die Küche und das Treppenhaus befunden haben, während der Steinbau über einem wenig eingetieften Keller die rauchfreie Stube und darüber die Schlafkammer beherbergte, wie der Kernbau «Gerbe» (1.116) zeigt. Dieses ausgezeichnet erhaltene Beispiel macht zudem deutlich, dass solche Steinwerke, die 73
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um 1800
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Abb. 81 Typologische Entwicklung des städtischen Wohnhauses in Schaffhausen vom Einzelhaus zum Zeilenhaus (Beispiel Unterstadt, «Pelikan» (1.153) und Nachbarhäuser). - 11. Jh.: Eingeschossige, hölzerne, schindelgedeckte Wohnhäuser schliessen an die Gasse an. - 12. Jh.: Die Holzbauten an der Strasse werden verdichtet. In der hinteren Parzellenhälfte kommt mit der «Hoffnung» (1.121) ein erster, steinerner Kernbau hinzu. - um 1200: Sowohl die Holzbauten als auch die steinernen Kernbauten werden verdichtet. Letztere sind zwei bis dreigeschossig, besitzen südseitig hölzerne Stuben und mit den neu aufkommenden Hohlziegeln gedeckte Pultdächer. - 1207/08: Nach dem verheerenden Hochwasser wird u.a. die «Jungfrau» saniert, und der «Pelikan» schliesst die Lücke in der hinteren Häuserzeile. - 1317: Der Kernbau des «Pelikan» erhält ein zweites Obergeschoss und wird nach hinten erweitert. Etwas später wird die «Jungfrau» dreigeschossig bis an Strasse versteinert. - Mitte 14. Jh.: Nach einem Grossbrand in der Unterstadt werden die Häuser erneuert und erweitert. Nach den Bauvorschriften von 1342 werden die strassenseitigen Fassaden durchgängig in Stein ausgeführt. Brandmauern und die Giebel der neu prägenden Satteldächer der üblicherweise dreigeschossigen Häuser können sowohl in Stein als auch aus Fachwerk mit lehmverstrichenem oder verputztem Flechtwerk bestehen. - 1532: Der «Pelikan» wird umgebaut und erhält sein drittes Obergeschoss. Die Giebelmauern werden als weitere Brandschutzmassnahme versteinert und das Dach mit den neu aufgekommenen Biberschwanzziegeln gedeckt. - 18. Jh.: Auch die «Jungfrau» und der «Vordere Wilde Mann» erhalten ein drittes Obergeschoss und überragen den «Pelikan». - um 1800: Im «Pelikan» wird der Dachstuhl letztmals angehoben und besitzt noch heute einen der höchsten Firste der Unterstadt. Visualisierung sh_ift.
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Kernbauten, nicht eine untergeordnete Funktion in Kombination mit einem Holzhaus einnehmen,129 sondern im Gegenteil die beheizte Stube, die sogenannte Kemenate enthalten.130 Diese liegt damit, nicht wie im Spätmittelalter üblich, an der Gasse, sondern vorerst im rückwärtigen Bereich. Deutlich belegen dies etwa die Fensteranordnungen in den Kernbauten «Gerbe»/ «Versöhnung» und «Tunnel» (Abb. 141; 1.116 und 1.133). Durch spätere Aufstockungen können diese steinernen Kernbauten zu eigentlichen Wohntürmchen werden, welche die Bauformen des Adels nachahmen. Eine zusammengebaute Gruppe von vier solcher schmalen, aber bis zu 18 m hohen Turmhäuser steht noch heute an der Münstergasse (Abb. 125; 1.265).
solche waren vorhanden, wie ein Beispiel aus dem Salzhof aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zeigt (Abb. 103; 1.235, S. 290). Von je einem völlig verschwundenen Fachwerkhaus stammt der mit Brandschutt gefüllte Erdkeller im hinteren Teil des Hauses Löwengässchen 4 (1.131) und vermutlich auch die Grube in der Repfergasse 14 (1.192). Beide stammen aus der 2. Hälfte des 12. oder der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Aus der gleichen Zeit stammt das quadratische, halbunterkellerte Fachwerkgebäude D mit Lehmboden in der «Gerbe» (1.116). Hinzu kommen einige Grubenhäuser, die im allgemei-
Abb. 82 Unterstadt-West (1.224). Unter dem kleinen Platz vor dem Munotstieg liegen die Reste eines Holzhauses mit rechteckiger Feuerstelle (1), das nach einem Brand (2) in der 2. H. 12./1. H. 13. Jh. wieder aufgebaut und mit runder Feuerstelle (3) versehen wurde. Oben Profilansicht, unten Aufsicht der runden Feuerstelle, vgl. Abb. 488.
Bruchstückhafte Siedlungsreste und Hausbefunde aus Holz und Stein aus dem 12./13. Jahrhundert Ein Glücksfund für die Rekonstruktion von gassenseitigen Holzbauten gelang in der Unterstadt auf dem Plätzchen beim Munotstieg. Hier war zwischen den Werkleitungen ein meterbreiter Streifen eines Ständerbaus auf Schwellbalken erhalten geblieben (Abb. 82; 1.224, S. 347). Er liegt P KLQWHU GHU KHXWLJHQ *DVVHQÀXFKW GLH +DXVtiefe betrug etwa 5,5 bis 7 m. Dazu gehört ein festgestampfter Kiesboden und der rechteckige Sockel einer Herdstelle. Von Fach- oder Flechtwerkwänden zeugen einige große, verbrannte Lehmbrocken mit Rutenabdrücken. Nach einem Brand in der 2. Hälfte des 12. oder der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts wurde das Haus wieder aufgebaut und mit einem Lehmboden ausgestattet. Von der Hauskontinuität zeugt die über ihrer Vorgängerin liegende neue Feuerstelle. Sie ist rund und besitzt eine Ofensohle aus Lehm, die von senkrecht gestellten Kieseln begrenzt wird.
2IW ¿QGHQ VLFK DOV OHW]WH 5HVWH YRQ +RO]EDXWHQ nur noch deren Lehmböden, die meistens verbrannt sind. So in den Vorderhausbereichen der «Winde» auf dem heutigen Plätzchen in der Unterstadt (Abb. 152; 1.240, S. 311) und unter der Spitalkirche in der Schwertstrasse (1.134), in den Übergängen vom Fronwagplatz zur «Tanne» (1.215) und von der Oberstadt in die Neustadt (1.183), im Hinterhof des «Buchsbaums» (1.152) oder in der Brunnengasse (1.209). Wahrscheinlich gehört auch die Schichtabfolge im «Edelweiss» in der Unterstadt in diesen Kontext (1.120). Pfostenbauten sind im dicht bebauten Stadtgebiet schwierig nachzuweisen, aber auch 129 130
Boschetti-Maradi 2012, S. 252f. Untermann 2009, S. 229.
75
Abb. 83 «Pelikan» (1.153). Die Deckenuntersicht von 1208/1317 im 1. Obergeschoss ist mit Schindeln belegt, vgl. Abb. 469.
Abb. 84 «Silberberg» (1.124). Das Grubenhaus (A) gehört zur vorstädtischen Siedlung aus dem 11./12. Jh. und durchschlägt das rechts anschliessende, ältere Schichtpaket. Oben das Profil vor der flächigen Freilegung, unten der freigelegte Boden des Grubenhauses mit dem Profil am Trottoirrand.
nen als Webhütten interpretiert werden.131 Das Grubenhaus A, vielleicht auch ein Erdkeller, im Areal des Hauses «Zur Gerbe» gehört noch ins 11. Jahrhundert (1.116), während die Grubenhäuser A–C beim «Silberberg» aus dem 11./12. Jahrhundert stammen und ausserhalb der Stadtbefestigung am Rheinufer im Fischerhäuserquartier lagen (Abb. 84; 1.124).132 Aus der 2. Hälfte des 12. bzw. der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt ein weiteres Grubenhaus an der Beckenstube am Hang des Herrenackers (1.195). Vielleicht handelt es sich auch hier um einen Erdkeller.
Frühe steinerne Hausbefunde mit Lehmböden und Siedlungsschichten, die von der 2. Hälfte des ELV LQV -DKUKXQGHUW UHLFKHQ ¿QGHQ VLFK DP Rathausbogen zusammen mit zwei Latrinengruben (1.205), an der Beckenstube (1.195) und im Haus «zur Gerbe» am Bach (Bauten C/D, 1.116). *URVVÀlFKLJH 6LHGOXQJVUHVWH DXV GLHVHU =HLW VLQG nördlich und westlich der romanischen Leutkirche St. Johann vorhanden. Sie stammen von einem städtischen Wohnquartier, zusammen mit einem Teil der Schellengasse,133 das den Erweiterungen des Kirchhofs weichen musste. Durch die vielen Gräber sind die Befunde sehr stark fragmentiert. Vorhanden sind unter anderem Fundamente aus Kalk- oder Bollensteinen, Lehmböden und ziegelschrotgerötete Mörtelgussböden mit ebenerdigen Feuerstellen an den Mauern, ausgedehnte Keller, Sickergruben und anderes (1.092 und 1.130).134 Dachschindeln als Beleg für die Dacheindeckung der städtischen Bauten des 12. und frühen 13. Jahrhunderts kamen, abgesehen von den eingemauerten Exemplaren im Dachstuhl des Münsters,135 in ausnahmsweise dauerfeuchten Erdschichten zum Vorschein, so im unteren Teil der Stadthausgasse (1.163), in einer Latrine in der Neustadt (1.183) sowie im Kanal an der Baumgartenstrasse 7, der für den Baumaterialtransport zum Kloster Allerheiligen genutzt wurde (1.048). Schindeln können auch als Brandschutt überliefert sein, so etwa von der Repfergasse (1.192), oder als Deckenuntersicht (Abb. 83). Die Klosterhandwerker nutzten den Kanal bis ins frühe 13. Jahrhundert als Entsorgungsplatz. Hinterlassen wurden hier Kalottenschlacken einer Schmiede, kleine Gussformreste aus Ton, eine gedrechselte Holzschale und der Fuss oder Aufsatz eines Möbelstücks (Abb. 86.3/4), Holzschindeln, bearbeitetes und unbearbeitetes Holz, Holzschnitzel sowie ein Eichenbrett, das in den Jahren nach 1070 verarbeitet wurde, also noch zu Lebzeiten Eberhards von Nellenburg (†1078/79). :HLWHUH +DQGZHUNHUVSXUHQ ¿QGHQ VLFK LQ GHU Grube D in der Stadthausgasse aus dem mittleren 12. Jahrhundert mit Ziegen- und Schafhornzapfen sowie Kalottenschlacken einer Schmiede (Abb. 85; 1.163). Eine Grube mit Verhüttungsabfällen von Eisenerzen fand sich im Löwengässchen (1.069).
131 132 133 134 135
76
Vgl. etwa die Beispiele aus Berslingen in: Bänteli 2000, S. 59–63. Bänteli 1996, S. 233–238. Siehe unten, S. 254. Bänteli 1990, S. 75–79; Homberger/Zubler 2010, S. 103–105. Bänteli/Zubler 2001, S. 6f.
Abb. 86 V IWC-Ost (1.048). Der Kanal, der im 11./12. Jh. dem Gütertransport zum Koster Allerheiligen diente, wurde von den Klosterhandwerkern als Entsorgungsplatz genutzt. Darin lagen 26 kg kalot-
Abb. 85 U Stadthausgasse (1.163). Kalottenschlacken aus einer Schmiede und Hornzapfen als Abfall eines hornverarbeitenden Handwerkers aus Handwerkergrube P43–45, mittleres 12. Jh.
tenförmige Schlacken (1), die das Schmiedehandwerk belegen. Hinzu kommen kleine Gussformreste aus Ton (2), eine gedrechselte Holzschale (3) und der Fuss oder Aufsatz eines Möbelstücks o. ä. (4), vgl. Abb. 588, Holz-
schindeln (5), bearbeitetes und unbearbeitetes Holz und Holzschnitzel. Bei der Stadtmauer lagen die Lederverschnitte eines Schusters (6).
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Steinerne Kernbauten des 12./13. Jahrhunderts
Abb. 87 Der «Tunnel» (1.133) gehört zu den ältesten erhaltenen Wohnhäusern der Stadt und besitzt ein zeitlich bemerkenswertes Potpourri an Fenstern. Im 2. Obergeschoss über dem Saal des Kronenhofs sichtbar ist das Doppelfenster mit Kleeblattbögen aus der Zeit um 1200, links daneben in der Ecke ein Rechteckfenster der Zeit von 1318/1354, vgl. Abb. 141, 257 und 259.
In einem Vergleich der Burg Hohenklingen mit den stadtarchäologischen Befunden von Schaffhausen, Stein am Rhein und Neunkirch liess sich nachweisen, dass in unserer Gegend für diesen Zeitabschnitt eine sehr standardisierte Bauweise vorherrschte.136 Die steinernen Kernbauten lassen sich in zwei Gruppen aufteilen: In jene des Adels (AD) und jene der städtischen Bürger (ST). Adelsbauten stehen an prominenter Lage, das Hauptgebäude schliesst entweder an ein Stadttor und an die Stadtmauer und/oder direkt an eine Strasse an. Hinzu kommt der Buckelquaderverband in den Ecken als typisches Kennzeichen von Adelsbauten, stärker dimensionierte Mauern, grössere Stockwerkhöhen etc. Auf diese Bauten wird weiter unten näher eingegangen.137 Die steinernen Kernbauten der Bürger, von denen in diesem Abschnitt die Rede sein soll, bilden zusammen mit einem oder mehreren Holzbauten das städtische Zeilenhaus (Abb. 81 und 90).138 Sie liegen üblicherweise gassenabgewandt im hinteren Teil des heutigen Vorderhauses. An den Stadträndern sind sie direkt an die Stadtmauern angebaut. Zum Teil lagen sie zentral in ursprünglich grösseren Parzellen, worauf die Befunde in der Un-
terstadt hindeuten (1.121; 1.129; 1.153; 1.171 und 1.250). Dort zeigt sich auch auf beiden Strassenseiten, dass ihre Anordnung alten Baulinien folgt, die sich deutlich rekonstruieren lassen (Abb. 443, 458, 481 und 494). Diese Baulinien könnten auf die ersten, im 11. Jahrhundert entstandenen Holzbauten zurückgehen. Gemeinsam ist den Kernbauten, dass meistens ein bis zwei Seiten des Baukörpers auf die Parzellengrenzen gebaut sind. Deshalb haben sie die Jahrhunderte bis heute überdauert, wenn nicht in ihrer Gesamtheit, dann mindestens als Abschnitte der sehr standorttreuen Brandmauern in der Altstadt. Grundsätzlich gibt es drei Typen dieser Kernbauten. Typ ST/A bezeichnet Bauten mit einem zum Quadrat tendierenden Grundriss, die fast immer unterkellert sind. Typ ST/B und ST/C sind Bauten mit rechteckigem Grundriss.139 Typ ST/B ist ebenfalls unterkellert und mit der Längsseite zur Strasse ausgerichtet. Typ ST/C ist hingegen nicht unterkellert und mit der Schmalseite zur Strasse orientiert. Bislang geben diese Bauformen aber keine Hinweise auf besondere Hausfunktionen oder eine mehr oder weniger vermögende Besitzerschaft. Hinzu kommt, dass ihre Bauherren üblicherweise unbekannt sind. Vereinzelt lassen sich die Hausbesitzer seit der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts nachverfolgen, in der Regel aber erst vom späten 14. Jahrhundert an.140 Ein Haus, das bereits frühere Forscher beeindruckt hat, ist der «Tunnel», der anfänglich «Finsterer Sternen» hiess (Abb. 87; 1.133). Der Kernbau eines reichen Bürgers gehört zum Haustyp ST/B und liegt im hinteren Hausteil. Er ist noch etwa 12 m hoch erhalten und besass ursprünglich drei Geschosse über einem halb eingetieften Keller. Sein Mauerwerk ist pietra rasa mit Fugenstrich verputzt. Einzigartig sind in Schaffhausen zwei Doppelfenster in der Ostfassade. Eines verfügt über eine Halbsäule und Blattkapitell der Zeit um 1200, das andere darüber im 2. Obergeschoss besitzt Kleeblattbögen und eine Fensterbank mit ornamentierten Halbkugeln und Rosetten aus rotem Sandstein. Hinzu kommen Reste der Kellertüre aus Randengrobkalk. Südseitig liegt vor dem Kernbau in 1,1 m Tiefe ein Strassenkoffer aus Kies. War er Teil einer stumpf vor dem Haus endenden Gasse neben einem Holzbau oder Teil eines die ganze Vorderhausparzelle einnehmenden Hausvorplatzes (vgl. 1.215)? Wohl von einem Handwerker oder Fischer stammt das Haus «Zum Pelikan» in der Unterstadt (Abb. 88 und 142; 1.153). Es schliesst 1208 eine Lücke zwischen den älteren, zwei- bis dreigeschossigen steinernen Vorgängerbauten der Häuser «Jungfrau» und «Vorderer wilder Mann». Ihr oberstes Geschoss zeigt eine Mischbauweise, jeweils süd-
78
seitig die hölzerne Stube und nordseitig eine gemauerte Küche. Der «Pelikan» gehört zum Haustyp ST/C und ist bislang das älteste dendrodatierte Bürgerhaus in Schaffhausen. Vom nicht unterkellerten Rechteckbau sind die Balkenlagen beider Obergeschosse erhalten. Entsprechend anderer Befunde in der Stadt ist ein Pultdach anzunehmen. Im Erdgeschoss trennte ein meterbreiter Längsgang einen 3 m breiten Raum ab, der wohl als Lager, Werkraum oder Karrenremise genutzt wurde. Nebeneinander liegende Türen oder ein Tor erschlossen die Räume von Süden, von der ehemaligen Schulgasse her.141 Der Gang besass eine weitere Türe nach Norden gegen den Garten und die Unterstadt. Der gleiche ErdgeschossJUXQGULVV ¿QGHW VLFK LQ ]ZHL +lXVHUQ ZHVWOLFK GHV «Pelikan». Beim «Schwenkkessel» sind beide Räume überwölbt, der drei Stufen eingetiefte Keller mit einer Tonne, spitzbogig der Gang (1.166). Ein weiterer tonnenüberwölbter Gang ist auch in der Zunftstube der Becken an der Beckenstube erhalten (1.233), Teil eines Kernbaus des Haustyps A. Südseitig bestehen hier zwei originale Türen mit gefasten, rundbogigen Gewänden aus dem zeittypischen Randengrobkalk.
gut in die Zeit dieses Umbaus. Mit ihrer langrechteckigen Bauform stehen diese beiden Steinbauten LQ GHU 7UDGLWLRQ GHU ]ZHLVFKLI¿JHQ +RO]KlXVHU des Typs I, die in der Wüstung Berslingen bei Schaffhausen vom 7.–12. Jahrhundert gebaut wurden und auch andernorts oft nachgewiesen sind.142 Mit diesen beiden Gebäuden hinter dem «Turm am Ort» ist ein drittes, im Armenspital im heutigen Posthof gelegenes Gebäude M11 gut vergleichbar (1.239). Auch hier ist Kalksteinmauerwerk in opus spicatum vorhanden bei einer Mauerstärke von 0,95 m. Ein bis zu 20 cm starker Lehmestrich bildete den Hausboden. Das Gebäude steht auf einer älteren Latrine, die wahrscheinlich im früheren 13. Jahrhundert verfüllt wurde. Es datiert also frühestens in die Zeit danach. Reste eines weiteren solchen frühen SteinKDXVHV ¿QGHQ VLFK LP ©*HOEHQ +DXVª Zu dieser Zeit, in der 2. Hälfte des 12. bzw. 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts, kommen bei den Wohnhäusern die ersten trocken aus Kalkstein gemauerten Sickergruben auf, die von einem gemörtelten Gewölbe überdeckt wurden.143 Die Grube
$P 0DUNW ¿QGHQ ZLU JXW P KLQWHU GHU 6WUDVVHQÀXFKW ]ZHL IU KH UHFKWHFNLJH 6WHLQJHElXGH von 5,5 m Breite, mindestens 9 m Länge und Mauerwerk in opus spicatum. Sie sind als Vorgänger des jüngsten Adelsturms der Stadt, des «Turms am Ort» aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts zu betrachten (Abb. 90 und 109; 1.189). Vom einen, wohl eingeschossigen Bau M2 waren im Innenhof des Gebäudekomplexes noch die 0,77 m breiten Grundmauern mit einem Mörtelgussboden vorhanden. Der Bau war durch einen Brand zerstört worden; Hüttenlehmbrocken aus dem Hausinnern belegen Ein- oder Aufbauten in Fachwerk. Das andere Gebäude steckt im Hinterhaus des südlichen Turmanbaus (Abb. 89). Seine ältesten Teile sind noch etwa 3 m hoch erhalten, bestehen aus Kalksteinmauerwerk, das an Allerheiligen IV erinnert und demnach aus dem früheren 12. Jahrhundert stammt. Damit gehört der Bestand zu den ältesten erhaltenen Wohnbauteilen der Stadt. Ein erster Umbau erfolgte mit Bollensteinmauerwerk. Ein zweiter Umbau nach einem Brand führte 1273 zu der noch erhaltenen Balkendecke. Die Zeitstellung des darunterliegenden Gewölbekellers ist unklar. Ein Kellerportal passt 136 137 138 139 140 141 142 143
Bänteli 2010c, S. 81–87. Siehe dazu unten, S. 92. Siehe oben, S. 74. Bänteli 2010c, S. 84–87. Bänteli 2010c, S. 88f.; Häuserdatenbank. Siehe unten, S. 341. Bänteli 2010c, S. 88; Bänteli 2000, S. 64f. Bänteli 2010c, S. 159f.
Abb. 88 V «Pelikan» (1.153), 1. OG. Blick nach Norden mit Balkenlagen von 1208 und zugehöriger Binnenwand im Erdgeschoss. Über dem Gang (unten rechts) sind die Balken 1532 ersetzt worden. Abb. 89 VV «Turm am Ort» (1.189). Das Hinterhaus des südlichen Turmanbaus stammt aus dem 12. Jh. und gehört zu den ältesten Wohnhäusern der Stadt. Unten das älteste Mauerwerk aus plattigen Kalkbruchsteinen (1), darauf eine jüngere Aufstockung mit Bollensteinen (2); nach einem Brand wird 1273 die neue Balkendecke eingebaut (3).
79
1.189 Stadthausgasse 29 Turm am Ort 2.H. 12. / 1.H.13. Jh. Gemauertes Haus mit Mörtelgussboden
C/ST
4UBEUIBVTHBTTF 1PSUBM
12. Jh. Hinterhaus
3BNQF
Hinterhaus Ostmauer ersetzt und aufgestockt 2.H. 13. Jh. Turm am Ort und Umbau Nebenhaus (Balken 1273)
Fronwagplatz
4UBEUIBVTHBTTF HFMCFT )BVT
Hinterhaus C/ST
+I ,FSOCBV
verbrannter Lehmboden
A/ST
0CFSTUBEU
M11 A/ST Oberstadt
1.239 Posthof 2-10 C/ST
12. Jh. 13. Jh.
Latrine G3
Brandschutt
1.047 Oberstadt 20 Rüden
0CFSTUBEU -BUFSOF
Spätes 12. bis mitte 13. Jh. Buchsbaum, 1. Brand
VN GSàIFT +I
/FVTUBEU ,FSOCBV .
&SELFMMFS
.
.
C/ST . A/ST
-ÚXFOHÊTTDIFO (SàUMJ C/ST
-ÚX FOH
ÊTTD
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4UBEUNBVFS VN
JOO &OH FSFT UPS FMCSF DIU T
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+I FSTUFS #SBOE
)FSSFOBDLFS ,PSOIBVT VN )BVT EFT (MPDLFOHJFTTFST
+I
-ÚXFOHÊTTDIFO
-ÚXFOHÊTTDIFO
A/ST
7PS T
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3FQGFSHBTTF
7PSTUB EU
U
A/ST
7PSTUBEU
7PSTUBEU 4UPLBSIPG
'BSC )JOUFSIBVT
VN ,FMMFSHFTDIPTT VOUFS ,FSOCBV +I
'BSC 7PSEFSIBVT
3FQGFSHBTTF /VTTCBVN +I
8FCFSHBTTF 8FCFSHBTTF
Kernbau A/ST A/ST
8FCFSHBTTF IJOUFSF -JFCF
80
+I
8FCFSHBTTF 8FCFSHBTTF 6OSVI +I
8FCFSHBTTF +I
Zimmetbaum
be
3IFJOHBTTF
stu
B/ST
rb
er
A/ST
A/ST
Drei Berge 1.171
Ge
1GBSSIPGHBTTF (FSCF +I )ÊMGUF +I
VOUFSF 3IFJOHBTTF 'FVFSUIBMFO
"NQFMOHBTTF
)ÊMGUF +I
1.241 Unterstadt 44 Unterstadt
Kernbau 12. /13. Jh.
,JSDIIPGQMBU[
A/ST
B/ST
,BMLTUFJO TÊVMF
'SFJFS 1MBU[
Unterstadt
,JSDIIPGQMBU[ 5SFV
(
'SFJFS 1MBU[ 4JMCFSCFSH
1.129 Unterstadt 26 Lindenbaum
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GSàIFT +I ,FSOCBV
#SVOOFO
Untersta dt
7PSEFSHBTTF 5VOOFM
Kernbau Gewölbekeller Treppe
untere Fe ls
Fischergäss
7PSEFSHBTTF
B/ST
weisses Schäfli
chen
B/ST
Unterstadt
1.202 Unterstadt 4/6 untere Fels
'JTDIFSHÊTTDIFO VN +I
)ZQPUIFUJTDIFT #BVBMUFS VN ,FSOCBV
12. / 13. Jh. Kernbau
-ÊVGFSHÊTTDIFO Gasse A/ST B/ST
(
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(FXÊOEF 3BOEFOHSPCLBML
(
Un
der grie
s
1.166
C/ST 1.121
6OUFSTUBEU
Pelikan
6OUFSTUBEU
Jungfrau
-ÊVGFSHÊTTDIFO (BMFFSF
CJT HFTDIPTTJHF )PM[CBVUFO WFSNVUFU
vorderer wilder Mann
+I
Hoffnung
) +I
grüner Klee
1.109 Moserstrasse 34 hinterer grüner Klee
Schwenkkes sel
#FDLFOTUVCF
/JDIU FSIBMUFO PEFS OJDIU BVTHFHSBCFO
Fischergässchen
#FDLFOTUVCF
1.250 A/ST
C/ST 1.153
+I XJMEFS .BOO NJU )PM[FJOCBV
Abb. 90 Grundrisse der wichtigsten steinernen Kernbauten des 12. bis frühen 14. Jhs. der Stadt Schaffhausen (M 1:400).
VN +VOHGSBV
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Opus spicatum und Mauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen als Hinweis auf die Bauherrschaft
Abb. 91 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Ehemals überwölbte, trichterförmige Sickergrube G6/7, mit mehr als 50 m3 grösste Entsorgungsgrube der Stadt. Nach ihrer Ausserbetriebsetzung ist sie Mitte des 13. Jhs. vollständig mit Bollensteinen aufgefüllt worden. Der V-förmige Einlaufkanal (1) leitete das Dach- und Oberflächenwasser vom «Buchsbaum» her ab.
G6/7 im Hinterhof des «Buchsbaum» ist mit einem Inhalt von etwa 50 m3 die bislang grösste Entsorgungsgrube der Stadt (Abb. 91; 1.152). Die Sickergrube M4 am Kronengässchen stammt von einem alten Wohnquartier, das später von der Stadtkirche St. Johann V überbaut wurde (Abb. 157). Abb. 92 V «Silberberg» (1.124). Mauerwerk in opus spicatum mit Durchschuss von Kalksteinen im trapezförmigen Kernbau D (1) aus dem 12. oder frühen 13. Jh. Er wurde nach einem Brand im frühen 15. Jh. unterkellert (2), vgl. Abb. 102.
Karl Schib hat 1942 erstmals romanisches Mauerwerk im Fischgratverband erkannt, und zwar in der Klausur des Klosters Allerheiligen, an der Klosterkirche von St. Agnes, am Fronwagturm und an den Häusern «Krone» und «Gerbe».144 'LHVHV 0HUNPDO LVW VHOWHQ YROOÀlFKLJ DQ]XWUHIIHQ Es beschränkt sich üblicherweise auf Mauerabschnitte von einzelnen oder mehreren Steinlagen RGHU NRPPW ÀHFNHQZHLVH YRU MHZHLOV LP :HFKsel mit lagenhaft verlegten Steinen. Es ist folglich Zufall, ob dieses markante Element in den bruchstückhaft erhaltenen Mauern dieser Zeit vorhanden ist oder nicht. Im Zuge der Neubearbeitung des Klosters Allerheiligen liess sich dieser Mauercharakter erstmals an Bau IV feststellen und frühestens ins ausgehende 11. Jahrhundert datieren. Auf der Burg Hohenklingen ob Stein am Rhein kommt solches Mauerwerk in den dendrodatierten Bauetappen an der Ringmauer von 1219– 1221 und am Neuen Turm von 1250–1254 vor.145 In Schaffhausen ist es am «Grütli» in das Jahr 1268 dendrodatiert (1.174). Es erscheint nicht mehr an der zweiten Bauetappe der Stadtbefestigung der äusseren Vorstadt mit dem Finsterwaldturm von 1283 (1.111) und fehlt auch am Kernbau von 1299 im Haus «Zur Gerbe» (1.116).
82
Ausreisser sind die Vorkommen von Fischgratverband an der rheinseitigen nellenburgischen Stadt- und Klostermauer der Zeit um 1050 (1.040) einerseits sowie am 1354 datierten Haus zum «Straussen» andererseits, dem zudem jüngsten Bauwerk in Schaffhausen, das noch aus Bollenstein errichtet wurde (1.194).146 ,Q GHU 5HJHO ¿QGHQ ZLU opus spicatum als reines Kalkstein- oder reines Bollensteinmauerwerk, selten als Mischmauerwerk aus beidem. Eine ebenfalls wenig vorkommende Sonderform ist opus spicatum aus Bollensteinen mit einem Durchschuss einzelner Steine oder Lagen von plattigen Kalksteinen. Solches Mauerwerk können wir über die Büsinger Bergkirche St. Michael um 1150 datieren.147 Wir können es auch in der Stadt in der «Krone» (1.212) und im «Silberberg» (Abb. 92; 1.124) nachweisen. Wenn wir nun die Verteilung von Kalk- und Bollensteinmauern von der 2. Hälfte des 11. bis ins späte 13. Jahrhundert über das ganze Stadtgebiet betrachten, wird augenfällig, dass im Wehr- und Sakralbau dieser Zeit ausschliesslich Kalkstein verwendet wurde, der offensichtlich aus dem klösterlichen Steinbruch am Südabhang des Herrenackers stammt.148 Ausnahmen sind einerseits die Bollensteinfundamente der frühen Bauten von Allerheiligen I und II und von St. Johann II aus dem späteren 11. Jahrhundert,149 andererseits das Fundament des Bogentors (1.101) sowie ein ältestes Stück der Stadtmauer um die äussere Vorstadt aus der Zeit um 1250, das offensichtlich von den Hofstättenbesitzern erstellt wurde (1.111). Abgesehen von den Klöstern Allerheiligen und St. Agnes (1.042; 1.042.1–5; 1.079 und 1.140) und der Stadtkirche St. Johann III150 ¿QGHW VLFK .DONVWHLQPDXHUZHUN auch in der zähringerzeitlichen Stadtmauer (1.040; 1.100; 1.107 und 1.152), wo zweifellos auch Steine aus dem partiell anstehenden Kalkfels hinzukamen, der die Vorstadt quert (1.174). Die wenigen Wohnhäuser, die ebenfalls Kalksteinmauern mit opus spicatum DXIZHLVHQ ¿QGHQ wir ausschliesslich im Herzen der Stadt um den Markt und zwischen der Stadtkirche St. Johann und dem Kloster St. Agnes: Es sind die Reste der rechteckigen, frühen Steinhäuser beim «Turm am Ort» (Abb. 89) und im Spital (1.239),151 die noch
144 145 146 147 148 149 150 151
hochaufragenden Mauerscheiben in der «Laterne» an der Oberstadt (Abb. 93; 1.160) und im Pfarrhof von St. Johann (1.084) und schliesslich die Mauerfragmente unter der Stadtkirche und im Kirchhofplatz (1.092 und 1.130). Daraus können wir schliessen, dass die Bauherren dieser aus Kalkstein gebauten Häuser in einem besonderen Verhältnis zum Kloster Allerheiligen als Besitzer des Steinbruchs standen oder über genügend Geldmittel verfügten, um diesen qualitativ besseren und deshalb wohl teureren Baustoff verwenden zu können. Solche Bauherren dürfen wir wohl unter dem städtischen Adel oder den reichen Bürgern suchen. Bollensteinmauern mit opus spicatum oder auch VHOWHQ DOV 0LVFKPDXHUZHUN PLW .DONVWHLQHQ ¿Qden sich dagegen über das ganze Stadtgebiet in den heutigen Wohnhäusern verteilt (Abb. 94). Diese Bürgerhäuser sind folglich mit jenen iden-
Abb. 93 «Laterne» (1.160), östliche Brandmauer, 1. OG. Kleinteiliges, stark verbranntes Kalkbruchsteinmauerwerk mit schräggestellten Lagen in opus spicatum des Kernbaus aus der Zeit um 1100 und dem frühen 12. Jahrhundert. Der horizontale Streifen (1) ist die Nut des ehemaligen Bodens, vgl. Abb. 638.
Schib 1942, S. 13. Bänteli 1999, S. 54, S. 66; Bänteli 2010c, S. 27, S. 38. Siehe S. 355. Bänteli 2016, S. 35–43. Siehe unten, S. 85. Bänteli 1990, S. 31, S. 34, S. 37 und S. 41 zum Wechsel im Mauerwerk von St. Johann III; Bänteli 1999a, S. 20, S. 22, S. 36–41. Bänteli 1990, S. 23f., S. 41. Siehe oben, S. 79.
83
Abb. 94 U «Hoffnung» (1.121), 1. OG. Westwand des Kernbaus mit Bollensteinmauerwerk in opus spicatum, 12./13. Jh.
tisch, die in den beiden Zinsrodeln von 1253 und 1299 domus genannt werden.152 :LU ¿QGHQ VLH DXI der ganzen Länge der Unterstadt (1.109; 1.121; 1.124; 1.153; 1.166; 1.202; 1.224; 1.235 und 1.241), an der Ecke Brunnengasse/Bachstrasse im «Posthorn» (1.141), in der alten Siedlung unter der Stadtkirche St. Johann (1.092), am ihr folgenden Abschnitt der Vordergasse bis zur Münstergasse (1.133; 1.212 und 1.254), im Vorgängerquartier des Barfüsserklosters (1.068 und 1.168), rund um den Markt am Fronwagplatz (1.059; 1.104 und 1.189), in der Oberstadt am «Steinbock» (1.152), in der inneren Vorstadt am «Olivenbaum» (1.161), zwischen Repfer- und Webergasse (1.088; 1.123 und 1.127), am Löwengässchen (1.131 und 1.174) und in der äusseren Vorstadt (1.111 und 1.182). Nach und nach wurde Kalksteinmauerwerk auch im Hausbau allgemeiner Standard. Die frühesten datierten Beispiele sind der Kernbau im Haus «Zur Gerbe» von 1299 (1.116) und die Süderweiterung des «Pelikan» von 1317 (1.153). Bereits 1315 stehen westlich der Stadt im angrenzenden Mühlental zwei Kalksteinbrüche in Betrieb, die von der burgerschaft genutzet sind worden.153 Das Lesesteinmauerwerk mit den runden Bollen ist bekanntermassen deutlich instabiler als jenes aus Kalkstein mit seinen grossen /DJHUÀlFKHQ XQG DXVJH]HLFKQHWHU 9HU]DKQXQJ Deshalb treffen wir an den Brandmauern auch immer wieder Erneuerungen von Mauerschalen an. Dabei hat man die Bollensteine noch als Mauerkern belassen und die sich davon ablösende Schale durch Kalksteine ersetzt. So etwa in der Unterstadt im «Pelikan» und «Schwenkkessel» (Abb. 95; 1.153 und 1.166), im Bereich der unteren Vordergasse im «Straussen» (1.194) und in der «Stize» (1.141), in der Vorstadt im «Grütli» (1.174) sowie in der Webergasse im «Grossen Erker» (1.127).
Abb. 95 Y «Pelikan» (1.153), 2. OG. Rundbogentüre aus Randengrobkalk von 1317 innenseitig, rechts Mauerschalenerneuerung, Bollensteine durch Kalksteine ersetzt, vgl. Abb. 467.
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Rohstoffe Die Bollensteine sind Lesesteine aus der Moräne, die im Osten der Stadt an den Weissjura anschliesst bzw. diesen im Bereich des Herrenackers quert. Unmittelbar nordöstlich der Stadtmauern lagen auf dem Emmersberg die Sandgruben, in denen die Bollensteine herausgelesen werden konnten.154 Abgesehen von den genannten jüngeren Kalksteinbrüchen der Stadtbürger im Mühlental155 lag der Steinbruch des Klosters Allerheiligen unmittelbar an der westlichen Klostermauer, im 11./12. Jahrhundert ausserhalb der nellenburgischen, ab 1200 innerhalb der zähringerzeitlichen Stadtbefestigung (1.086; 1.091; 1.139; 1.162; 1.185; 1.200 und Abb. 96, 97 und 934). Er verlagerte sich vom 11. Jahrhundert sukzessive nach Westen bis zu seiner Aufgabe spätestens 1379. Ausbeutung von neuen Grubenabschnitten und die Auffüllung und Rekultivierung von alten Gruben erfolgten Hand in Hand. Hinzu kommen Kalkbrennöfen, die in aufgefüllten Steinbruchab152 153 154
155 156
schnitten oder direkt bei den frühen Baustellen des Klosters Allerheiligen lagen. Mittlerweile sind ein knappes Dutzend davon bekannt. Waren sie im 11./12. Jahrhundert trichterförmig mit Durchmessern von 2–4 m, so gab es im 13./14. Jahrhundert quadratische Brennöfen mit Feueröffnung und seitlichen Banketten, in denen sowohl Kalk als auch Ziegel gebrannt wurden (Abb. 98; 1.200, S. 684).156
Abb. 96 V Herrenacker Süd (1.200). Nach dem Entfernen der Auffüllungen kommt die Sohle des mittelalterlichen Steinbruchs zum Vorschein. Die abgetreppten Steinbänke entsprechen der natürlichen Schichtung des Steines mit feinen Lehmbändern dazwischen.
Sägbare Sand- und Randengrobkalksteine für Tür- und Fenstergewände, als Eckquader und Sockel wurden von ausserhalb der Stadt angeliefert. Randengrobkalk kam aus Brüchen des Allerheiligenklosters in Uttenhofen bei Tengen nördlich von Schaffhausen. Er fand speziell auch für Mühl-
Abb. 97 VV Herrenacker Süd (1.200). Blick in die Baugrube, die bereits im Mittelalter als Steinbruch in weiten Teilen ausgebeutet, wieder aufgefüllt und rekultiviert wurde.
Siehe unten, S. 88. Rüeger 1884, S. 397; STASH, UR 1/633. Bänteli 2011, S. 39, S. 50, S. 54; STASH, UR 1/1077, vgl. Lieb 1989, S. 20, Anm. 8: den akker… der ouch uf dem Emersperg lit, do wir nu ünserm kumber [Schutt] und ünsern grunt uffürent usser ünserem Graben bi dem Aunnot, da wir sant werfend… Siehe oben, S. 84. Bänteli 1999a, S. 28f., S. 49; Bänteli 2011, S. 54, S. 61f.
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Abb. 98 U Herrenacker Süd (1.200). Quadratischer Kalk- und Ziegelbrennofen C mit Steinbänken (1), harter Kalkmörtelplatte (2) und südseitiger Feueröffnung (3), vgl. Abb. 938 und 940.
steine Verwendung und wurde bis nach Basel und in den Bodenseeraum exportiert.157 Bislang wurde dieser Stein in der Stadt in knapp 30 Fundstellen nachgewiesen und ist hier zum Leitfossil für mittelalterliche Gebäude geworden (Abb. 99). Sein Vorkommen an datierten Bauten zeigt, dass er, abgesehen von einem Einzelbeleg im Kloster Allerheiligen an einem Ofen aus dem späteren 11. Jahrhundert,158 erstmals Ende des 11. Jahrhunderts an der Stadtburg im «Oberhaus» auftritt (1.196). Ihr folgen der Schultheissenturm (1.059) und die Leutkirche St. Johann III in der 1. Hälfte des 12. Jahrhunderts,159 der «Pelikan» 1208 und 1317 (1.153), das «Grütli» 1268 (1.174), Finsterwald- und Diebsturm 1283 und 1296 (1.111), der Kernbau der «Gerbe» 1299 (1.116), die «Palme» und der «Löwen» 1318/1354 (1.160 und 1.131), das Hafnerhaus in der Vorstadt um 1380 (1.218), das «Gelbe Haus» 1386 (1.137), das Hinterhaus im «Adler» von 1407 (1.111) und das bislang letzte Vorkommen im «Luchs» an der Marienkapelle von 1477 (1.113). Manchmal tritt der Randengrobkalk auch im Wechsel mit Sandsteinen auf (z.B. 1.073; 1.113 und 1.136). Der bereits ab Mitte des 11. Jahrhunderts verwendete rote Sandstein stammt aus den Brüchen des Allerheiligenklosters im Klettgau bei Hallau, während der grüne Rorschacher Sandstein etwas später hinzukam (Abb. 41, 64 und 67). Weil letzterer einfacher und wohl kostengünstiger auf dem Wasserweg über Bodensee und Rhein transportiert werden konnte, wurde er seit dem Spätmittelalter marktbeherrschend.160
Abb. 99 Z «Alter Turm» (1.073), Nordwestecke, 1999. Noch weitgehend unversehrter Buckelquaderverband aus graugrünen Sand- und Randengrobkalksteinen, 13. Jh, vgl. Abb. 646.
Zum Bauholz lässt sich auf Grund der Dendrodatierungen rudimentär aussagen, dass für das 11./12. Jahrhundert die Eiche prägend war. Rasch kam Weisstanne, später vor allem auch Rottanne hinzu. Anfänglich lieferten die stadtnahen Wälder das Holz; im Spätmittelalter versiegten die Eichenbestände aber weitgehend, und mehr und mehr wurde Flössholz aus den Nadelwäldern im voralpinen Raum des oberen Bodensees verwendet.161
157 158 159 160 161 162 163 164 165
86
Bänteli 2010b, S. 130–132; für Hinweise zu diesem Stein und verschiedene Begehungen danke ich dem Geologen Iwan Stössel, Schaffhausen. Bänteli 1999a, S. 41f. Bänteli 1990, S. 40f. Bänteli 1999a, S. 21, S. 54f. Bänteli 2011, S. 31. SPM VII 2014, S. 151–159. Bänteli 2010c, S. 46–49; Bänteli 1996, S. 229f, S. 239–241; Frauenfelder 1960, S. 158–207. Mommsen 1989, S. 347; Baumann 1888, S. 34–37, S. 39, S. 40, S. 44–47, S. 63, S. 67 und passim. STASH, UR 1/89; Gamper 1999, S. 142.
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Stadtstruktur und Bürger im Spiegel der Schriftquellen
In der Schweiz ist das 13. Jahrhundert durch die grosse Stadtgründungswelle geprägt. Die Zahl der Städte stieg um das Fünffache auf 150 an (Abb. 30).162 Im Kanton Schaffhausen gehören dazu die alte Siedlung Stein am Rhein, die um 1250 befestigt wurde, und das wenig später geometrisch angelegte Neunkirch, ein Landstädtchen des Bischofs von Konstanz.163 Nach dem Aussterben der Zähringer im Jahr 1218 wurde die Stadt Schaffhausen wieder für mehr als hundert Jahre reichsfrei. Mit den Barfüssern hielt ein neuer, dynamischer Mönchsorden Einzug, für dessen Ansiedlung ein Stadtquartier geopfert wurde. Die Neuanlage der äusseren Vorstadt schaffte Ersatz. Ausserdem wurde die Unterstadt mit der Rheinbrücke und dem Bau des Salzhofs erweitert. Schliesslich dürften die Benediktinerinnen von St. Agnes in dieser Zeit den Höhepunkt ihres Klosters erlebt haben, wie der beeindruckende Ausbau nahelegt (Abb. 100).
In den Urkunden des 11./12. Jahrhunderts wird Schaffhausen durchwegs locus oder villa, Ort oder Siedlung genannt.164 Die Bewohner der Stadt begegnen uns erstmals um 1120 als oppidani, 1122 als cives und 1191/1194 als Bürger, als Kaiser Heinrich VI. Abt Hugo, seinem Konvent und den burgensibus de Scaphusen die Zusicherung gab, dass weder das Kloster noch die Stadt, oppidum vestrum, jemals von der Herrschaft des Reichs entäussert werden sollten.165 Eine Zusage, die, wie wir gesehen haben, nach wenigen Jahren von seinem Nachfolger durch die Übergabe der Vogtei an die Zähringer gebrochen wurde.
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Abb. 100 Stadtentwicklung Schaffhausens í
87
Ein differenzierteres Bild der Stadtstruktur zeigen die bereits erwähnten Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1253 und 1299 (Abb. 101).166 Sie lassen sich zum Teil neu interpretieren durch die archäologische Erforschung der Stadt und durch den Aufbau der bereits vorgestellten Häuserdatenbank für die Zeit von 1253– 1600.167 Erwähnt sind im Rodel von 1253 neben vier Höfen (curtis) ein Turm (turri) am Hornberg in der äusseren Vorstadt und zehn Steinhäuser (domus lapidea), eines davon in Verbindung mit einem der Höfe. Im zweiten Zinsrodel von 1299 sind keine Höfe genannt, dafür sechs Türme und fünf Steinhäuser. Es ist davon auszugehen, dass diese geringe Zahl an Steinbauten effektiv nur jene meint, die einen Buckelquaderverband aufweisen, das typische Kennzeichen von Adels-
Abb. 101 Anfang des Grundzinsrodels des Klosters Allerheiligen von 1253. Darin wird der jährliche Grundzins von Häusern und Hofstätten aufgelistet, der von den Hausbesitzern ans Kloster Allerheiligen zu bezahlen war. Die Aufzählung folgt einem bestimmten Rundgang durch die Stadt, dem «Gassenkehr», der ausgehend vom Kloster innerhalb und ausserhalb der Ringmauern verlief. Markiert ist das erstmals genannte Armenspital domus pauperum de hospitale (1.134, 1.239), STASH UR 1/120.
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bauten,168 sieht man von dessen Verwendung im Wehr- und Sakralbau ab. Buckelquaderverband ist mittlerweile an acht solcher Adelshöfe und Türme nachgewiesen (Abb. 109; 1.059; 1.073; 1.189; 1.196; 1.228; 1.235; 1.257 und 1.258). Die übrigen etwa 340 beziehungsweise 370 Gebäude sind als domus bezeichnet. Im Abgleich mit den archäologischen und baugeschichtlichen Befunden meint domus die oben beschriebenen Zeilenbauten. Sie waren nicht, wie man früher annahm, reine Holzhäuser, sondern bestehen in dieser Zeit aus einem üblicherweise aus Bollensteinen gemauerten Kernbau, der Einbauten oder Aufbauten aus Holz besitzen kann und zu dem ein oder mehrere ein- bis zweigeschossige Vorderhäuser aus Holz gehören (Abb. 81).169 Nur im Rodel von 1299 erscheint ein einziges Holzhaus (lignea). 1253 werden drei Keller (cellarium) genannt, 1299 jeweils zugehörend zu einem Haus eine Werkstatt (fabrica), ein Stall (stabulum), eine Scheune (horreo) sowie einzeln eine Trotte (torcular). Weiter sind in beiden Rodeln jeweils 18 Hofstätten (area) erwähnt, also unbebautes Land. Die Landschaft um die Stadt wird schliesslich in beiden Rodeln skizziert durch die Erwähnung von Gärten (orto, hortus), Baumgärten (pomerium), Weingärten (vinea), Wiesen (pratum) und Äckern (agrorum). Spannend ist ein Vergleich der Besitzerstrukturen in beiden Rodeln. Er verdeutlicht, bei aller Lückenhaftigkeit der Überlieferung (die Rodel betreffen nur das Kloster Allerheiligen als immer noch wichtigsten Grundbesitzer der Stadt), den Niedergang der alten Schaffhauser Rittergeschlechter.170 So besassen die Schultheissen 1253 noch 18 Liegenschaften; 1299 wurden nur noch der Turm und das Wohnhaus des erwähnten Schultheissen von Randenburg am Markt aufgeführt.171 Bei den Leoni oder Löw schrumpfte der Besitz von 30(!) Liegenschaften auf eine, bei den Heggenzi bzw. Zur Linden von 17 auf vier, bei den Hallower von 15 auf null und bei den in litore oder Am Stad als Zweig der Familie Brümsi von 10 auf drei Liegenschaften. Mit diesem Niedergang ging eine markante Verschiebung von Liegenschaftsbesitz an die Klöster und Stiftungen der Stadt einher. Besassen diese nach dem Rodel von 1253 nur 17 Häuser, waren es im Rodel von 1299 bereits 87. Aufsteigerfamilien waren einzig die Im Thurn als Zweig der Familie Brümsi, welche ihren Besitz in dieser Zeit von zwei auf 15, und die Friedbolten, die ihn von einer auf acht Liegenschaften mehren konnten. Diese beiden Familien kamen später in den Besitz der zwei 7 UPH GLH GDV 2EHUWRU ÀDQNLHUHQ XQG 1.228), sowie der Rechte an der VFKLIÀHGL, der 6FKLIÀlQGH PLW GHQ GRUWLJHQ +lXVHUQ GLH VLH PLW
den Winkel oder Winkelshain teilten.172 Diese Familie taucht mit vier Liegenschaften neu im Rodel von 1299 auf. Von der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts an erscheinen in den Urkunden auch die Berufe der Stadtbewohner, deren Hinterlassenschaften wir zum Teil in den archäologischen Grabungen zu Tage gefördert haben173 oder die noch heute in den BauZHUNHQ HUKDOWHQ VLQG 6R HWZD .DXÀHXWH .UlPHU Bäcker, Metzger und Fischer, Weber, Wollkämmer, Tuchscherer, Schneider und Hutmacher, Gerber, Kürschner, Schuster und Seiler. Ausserdem gibt es Bauhandwerker wie Maurer, Steinmetzen, Zimmerleute, Trog- und Tischmacher, Schmiede, Schlosser, Nagler und Maler, dann Sporer, Schwertfeger, Harnischer, Messerschleifer, Wagner und Hafner, schliesslich Bader, Scherer und Wirte.174
166 167 168 169 170 171 172 173 174
Osterweiterung Unterstadt mit VFKLIÀHGL, Rheinbrücke und Salzhof Zehn im Zinsrodel von 1253 als fulli oder vulli bezeichnete Grundstücke machen deutlich, dass man in jener Zeit den Uferstreifen im Bereich der alten Furt auffüllte (Abb. 103; 1.235, S. 286). Er wird durch einen neuen Stadtmauerabschnitt begrenzt, der parallel zum Ufer in den Fluss gebaut wurde. Sein östlicher, landseitiger Abschluss schliesst an den trapezförmigen Kernbau des «Silberbergs» an, dessen Nord- und Ostfassade dadurch zur neuen Stadtmauer wurde (Abb. 102; 1.124). Damit wurde das vorstädtische, ins 11./12. Jahrhundert zurückreichende Fischerhäuserquartier in den Stadtbering einbezogen. Das zugehörige Schwarztor erscheint im Zinsrodel von 1299 als porta in vico piscatorum.
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STASH, UR 1/120, UR 1/276; Rüeger 1884, S. 339–353. Siehe oben, S. 8. Bänteli 2010c, S. 82–84. Siehe oben, S. 73. Bänteli 2013, S. 376f. Bänteli 2011, S. 48f.; siehe oben, S. 57. STASH, UR 1/289, UR 1/296, UR 1/299. Siehe unten, S. 133–141. Schib 1945, S. 62; Ammann 1948, S. 33; Häuserdatenbank.
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Abb.102 «Silberberg» (1.124). Im Hintergrund der weit aufragende, trapezförmige Kernbau aus dem 12. oder frühen 13. Jh. An seine Südostecke (D) schliesst Mitte 13. Jh. die Stadtmauer (E) an. Dadurch werden Nord- und Ostfassade des Hauses nachträglich zur Stadtmauer, was die Bedeutung dieses Wohnhauses unterstreicht. Im 14. Jh. wird stadtgrabenseitig der Keller (I) angebaut, vgl. Abb. 92.
Abb. 103 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Der Profilausschnitt aus B–B bei der Mauer M18 am ehemaligen Rheinufer zeigt auf einer ersten Kulturschicht (1) die wohl vom Hochwasser 1206 abgelagerten Kiesschichten (2). Diese werden von jüngeren Humusplanien (3) überdeckt, die auf eine erste Nutzung als Gartenland hindeuten. Später kommen hölzerne Pfostenbauten hinzu, von denen die Brandhorizonte (4, 6) mit dazwischenliegenden Hausböden (5) stammen sowie ein schmales Kalksteinkanälchen (7). Erst von diesem Niveau aus werden im 14. Jh. die Fundamente des Lagerhauses M18 (8) abgetieft.
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Die künstliche Flussverengung führte zum Höherstau des Rheins und ging mit dem Bau einer Rheinbrücke einher. Diese Brücke wird 1259 als pontem ad Rhenum erstmals genannt und tritt danach regelmässig in den Quellen auf (Abb. 105; 1.080).175 Die den Fluss querende Fernstrasse für den Nordsüdverkehr machte Schaffhausen zusammen mit dem bisherigen Ost-Westverkehr auf Abb. 104 Läufergässchen (1.080), unteres Ende, 1890. Die «Hasenburg» mit dem Treppengiebel war ein mittelalterlicher Adelssitz. Im Vordergrund die Reste der neuzeitlichen Stadtmauer, die noch als Ufermauer dient, vgl. Abb. 105.
Abb.105 Rheinbrücke (1.080). Die bis 1961/64 bestehende Rheinbrücke querte den Rhein auf dem kürzesten Weg, vgl. Abb. 274, und führte den Verkehr direkt zum 1529/30 erbauten Salzhof (mit Treppengiebel) und weiter in die Unterstadt. Rechts am Bildrand die «Hasenburg» ebenfalls mit Treppengiebel, vgl. Abb. 104. Aufnahme vor 1890.
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dem Fluss zu einem wichtigen Knotenpunkt. Die Handels- und Reiseaktivität muss im Zuge der Städtegründungswelle im Gebiet der heutigen Schweiz und Süddeutschlands förmlich explodiert sein. Diese Stadterweiterung muss auch dazu geführt KDEHQ GDVV GLH 6FKLIÀlQGH DXFK DOV VFKHÀHGL überliefert, etwas rheinaufwärts vor die neue
Stadtmauer verlegt wurde (1.213). Sie war ein Lehen von Allerheiligen, in der Ersterwähnung von 1257 im Besitz der Familie Am Stad oder in litore, einem Zweig der Familie Brümsi, die in den Niederadel aufgestiegen war. Als Lehensinhaber besassen sie das alleinige Recht zum Warenverlad auf die Schiffe. Genannt werden Wein und Getreide, welche an die östlichsten Hafenplätze des Bodensees, nach Lindau und Fussach transportiert wurden. Als Zins erhielt die Abtei Lachse und Wein.176 Daneben blieben die kleinen Schiffländen am Läufer- und Fischergässchen für die Bürger der Stadt weiterhin in Betrieb (1.227 und 1.240). Auch der Bau des Salzhofs gehört offensichtlich in den Kontext der Erweiterung der Unterstadt nach Osten. Der vierte der im Zinsrodel von 1253 genannten Höfe ist ebenfalls im Besitz der Familie Am Stad und liegt infra civitatem in der Unterstadt: Domus Hermani in Littore, que fuit domini Hugonis de Liebinberc den. de curti sua II den. de eo quod dicitur vulli II denar. Dieser Adelssitz ist mit der ehemaligen «Hasenburg» am Läufergässchen gleichzusetzen, deren nicht untersuchte Ruine noch im Boden steckt (Abb. 104; 1.080).177 Er gehört zu dem auf der anderen Gassenseite liegenden Salzhof, der als Teil einer neuen Stadtmauer am Rheinufer entstand. Diese verlief unmittelbar ausserhalb der ihr vorange175 176 177 178
henden Ufermauer M24a aus der Zeit um 1200. Das mächtige, rechteckige und längs dem Rheinufer angeordnete Gebäude besitzt Aussenmasse YRQ [ P XPIDVVW HLQH ,QQHQÀlFKH YRQ 170 m2 und liegt in der östlichen von zwei Parzellen (Abb. 107; 1.235, S. 284). Es ist in Auffüllmaterial gebaut, dessen Funde aus der 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert stammen, eine Datierung, die sich mit der schriftlichen Überlieferung der vulli am Ende dieser Periode deckt. Die noch erhaltenen zwei Lagen aufgehendes Bollensteinmauerwerk sind gut 1 m stark und besitzen Eckquader aus Randengrobkalk, Reste eines Buckelquaderverbandes, das typische Kennzeichen für Adelsbauten.178 Im Innenraum sind mindestens vier Kies- oder Lehmböden vorhanden. Im späten 13. und 14. Jahrhundert kamen weitere, nach Norden und Westen anschliessende Lagergebäude hinzu, und der Salzhof wurde auf verschiedene Besitzer aufgeteilt. Hinzu kommen schliesslich östlich des Salzhofs auf dem heutigen Freien Platz, auf der anderen Seite der Strasse, die zur Rheinbrücke führt, weitere Lagergebäude, die erst punktuell angeschnitten wurden (Abb. 106; 1.164). Abb. 106 Freier Platz (1.164). Unter dem Asphalt schlummern noch die Fundamente der Lagergebäude östlich des Salzhofs, die 1842 abgebrochen wurden. Sie waren nach dem 1787 erfolgten Bau des neuen Salzstadels (Bildmitte, heute Güterhof) für das Transitsalz überflüssig geworden.
STASH, UR 1/143, UR 1/145, UR 1/169, UR 1/175a; Rüeger 1884, S. 355f. STASH, UR 1/132; 1/143; UR 1/207; Ammann 1948, S. 34. Bänteli 2014b, S. 78. Bänteli 2010c, S. 82–84.
Abb. 107 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235), Flächengrabung im ehemaligen Wirtschaftshof des neuen Salzhofs von 1529/30. Die Fundamente M6 (1) und M19 (2) stammen von M. 13. Jh. vom ersten Salzhof. Dieser bildete gleichzeitig die rheinseitige Stadtmauer (4) und besass an den Ecken einen Buckelquaderverband aus Randengrobkalk (3).
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Auch das fahr, das Recht, gewerbsmässig eine Fähre zu betreiben, war mit dem Salzhof und der 6FKLIÀlQGH YHUEXQGHQ XQG WDXFKW LQ GHQ 4XHOOHQ letztmals 1385 auf.179 Der Fährbetrieb dürfte auch nach dem Bau der Rheinbrücke und dem Kauf des Salzhofs durch die Stadt im Jahr 1404 noch Jahrhunderte lang aufrecht erhalten worden sein, da Hochwasser die Brücke immer wieder beschädigte. Auf der anderen Seite der Rheinbrücke, beim äusseren Rheintor, wurde zu einem unbekannten Zeitpunkt ein weiterer Adelshof errichtet. Das Haus von Junker Conrad von Tüffen, einem der Vögte zu Laufen, lässt sich aber erst durch zwei Urkunden von 1437/38 fassen, ob der Rheinbrücke…, ennet des Rheins.180 Abb. 108 «Riesen» (1.257), Aufnahme von 1903. Der Buckelquaderverband des mittelalterlichen Wohnturms oder Adelssitzes, der die südlich anschliessenden Kornhäuser im «Süssen Winkel» schützte, blieb beim weitgehenden Neubau von 1937 als kümmerlicher Rest erhalten.
Adelshöfe, Kornhaus und Armenspital um den Markt Die Schultheissen, ein Zweig der Randenburger, deren Burg hoch auf dem Randen über Schleitheim lag, hatten nach 1289 in der Stadt über Generationen hinweg das Schultheissenamt inne.181 Ihnen war es gelungen, das seit 1230 erwähnte Amt erblich zu machen, welches zuvor in den Händen ver-
schiedener Adliger lag.182 Die sculteti besassen nach dem Zinsrodel von 1253 den mit Abstand umfangreichsten Liegenschaftenbesitz, verteilt auf mindestens sieben Angehörige der gleichen(?) Familie. Zwei dieser sculteti besitzen drei der vier als curtis erwähnten Höfe.183 Eine vergleichbare Situation ist in Stein am Rhein nachgewiesen. Dort gibt es die vier Stadthöfe der Herren von Hohenklingen. Sie liegen alle direkt an der Stadtmauer und sind zum Teil archäologisch untersucht.184 In Schaffhausen liegen die drei Adelshöfe eindeutig am Markt, wo wir mit dem Schultheissenturm einen davon bereits besprochen haben (1.059).185 Dazu gehört das nördlich anschliessende Gebäude, das spätere «Sulzsche Haus» im Bereich der heutigen, Tanne genannten Gasse (1.215). Westlich schliesst sich als weitere Neuentdeckung zurückversetzt von der Strasse ein Turm an, von dem bislang der Buckelquaderverband seiner Südostecke erkannt ist (Abb. 109; 1.258). Er liegt in der Oberstadt 3 im ehemaligen «Roten Bären» und muss mit dem zweiten Hof identisch sein. Bei diesen beiden Höfen mit ihren Türmen stand die 1296 erwähnte Fronwaage, of¿FLXP SRQGHUDQGL, ein Erblehen des Klosters Allerheiligen, das Konrad genannt Repphin verliehen wurde.186 Sie ist noch heute namengebend für den trapezförmigen Fronwagplatz. Dieser ist 130 m lang bei einer Breite von 13 bis 30 m. Von diesem Strassenmarkt ist archäologisch noch wenig bekannt (1.061 und 1.215).187 Im Zinsrodel von 1253 wird er bi dir lobun genannt, und an gleicher Stelle erscheinen drei Angehörige der Familie in foro, Am Markt.188 In den späteren Quellen des 14./15. Jahrhunderts, zumeist Häuserfertigungen, heisst der Platz «Brotlaube».189 Auf der Ostseite des Marktes, in foro Schafusensi sitas, lagen im «Süssen Winkel» die seit 1273 bezeugten beiden Häuser mit dem Klosterlehen des «Kornmess», in denen als einzigem Ort in der Stadt Korn verkauft werden durfte (1.060 und 1.199).190 Diese Kornhäuser wurden ganz offensichtlich durch den nördlich anschliessenden Turm im «Riesen» am Anfang der Vorstadt geschützt (Abb. 108; 1.257). Diese Gebäudegruppe der beiden Kornhäuser mit dem «Riesen» könnte möglicherweise mit dem erwähnten dritten Hof der Schultheissen am Markt gleichzusetzen sein, der vermutlich ebenfalls von einer Mauer umfasst war. Erhalten vom «Riesen» ist leider nur noch eine Buckelquaderecke, so dass unklar ist, ob es wirklich ein Turm war oder einfach ein adeliges Gebäude, wie etwa die Stadthöfe der Herren von Hohenklingen in Stein am Rhein, das 1311 datierte «Grosse Haus» oder das Haus «Zur Winde» von 1373.191 Der «Riesen» ist kaum vor dem ausgehenden 12., vielleicht auch erst im 13. Jahrhundert entstanden.
92
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Stadthausgasse
0CFSUPSUVSN
Obertorturm
Erker
+I Y
Y
(Brudergasse)
Y
Y
M3 Mörtelgussboden
Latrine
östlicher Turmanbau
#VDLFMRVBEFSWFSCBOE
Turm am Ort
Y
Querschnitt G5
Querschnitt G3
Hof
(SVCF
#BVHSVCF 0CFSIBVT
1 ÊTU FSVOH
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Fronwagplatz (Markt / Lauben)
Y
Fachwerk
Kellerhals G4
G7
Y
Y
0CFSTUBEU
G1
M2
südlicher Turmanbau
Hinterhaus
(FXÚMCFLFMMFS
3VOECPHFO GFOTUFS
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2.H. 12. / 1.H.13. Jh. Gemauertes Haus mit Mörtelgussboden
Goldfasan
Oberhaus
;XJOHFS
12. Jh. Hinterhaus Hinterhaus Ostmauer ersetzt und aufgestockt
5PS
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2.H. 13. Jh. Turm am Ort und Umbau Nebenhaus (Balken 1273) 13. /14. Jh.
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179 180 181 182 183
STASH, UR 1/289, UR 1/296, UR 1/1100, UR 1/1170. STASH, UR 1/1966, UR 1/5125; Bänteli 2014b, S. 78; Rüeger 1884, S. 1010f. e-HLS s.v. Randenburg, von Martin Leonhard, 27.07.2010. Urkundenbuch Stadt u. Landschaft Zürich Nr. 458, S. 336f. STASH, UR 1/120.
184 185 186 187 188 189 190 191
Eugster 2010, S. 125f.; Bänteli 2010c, S. 51–59. Siehe oben, S. 57. STASH, UR 1/256; Bänteli 2011, S. 48–50. Siehe unten, S. 143. STASH, UR 1/120. Z.B. STASH, UR 1/717, UR 1/1240, UR 1/2636; siehe unten, S. 143. STASH, UR 1/166; Bänteli 2011, S. 45f. Bänteli 2010c, S. 54–59.
Abb. 109 Grundrisse der wichtigsten steinernen Adelsbauten des späten 11.–13. Jh. in der Stadt Schaffhausen (M 1:400).
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Abb. 110 Z Posthof (1.239). Mit dem Abbruch des «Grünen Posthorns» in der Bildmitte ist 1961 eines der letzten Gebäude des alten Spitals verschwunden. Der dahinterliegende «Musikhof» wurde erst 1561 erbaut, nach der Verlegung des Spitals ins ehemalige Kloster St. Agnes. Im Hintergrund der Obergang, einer der beiden mittelalterlichen Zugänge zum Spital, vgl. Abb. 300.
Abb. 111 V «Buchsbaum» (1.152). Harders Darstellung von 1854 zeigt in Bildmitte mit Satteldach das Haus «Zum alten Turm», gelegen an der westlichen Stadtmauer im alten Spital. Rechts anschliessend die pultdachbedeckten Spitalgebäude an der Hofmauer zum «Buchsbaum». Von dessen Ökonomiegebäuden stammt noch das Scheunendach am rechten Bildrand; vgl. Abb. 14.
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Auf der Westseite des Marktes, zu Füssen der Adelshöfe am Obertor (1.196 und 1.228), lagen die verschachtelten Spitalgebäude, die sich vom Bereich des heutigen Posthofs bis zur westlichen Stadtmauer erstreckten (Abb. 110). Städtische Spitäler entstanden meist erst ab dem späten 12. Jahrhundert.192 Das Schaffhauser Armenspital, domus pauperum de hospitale, wird im Zinsrodel von 1253 erstmals erwähnt (Abb. 101), 1306 wird es auch zum hailigen gaist genannt. Dazu gehört die leicht trapezförmige Spitalkirche, die sich mit ihrer schmaleren Seite an den Markt anschloss (1.134). Als erste Stifter eines Altars erscheinen 1295 die Schultheissen von Randenburg.193 Zwei durch die Häuser geführte Gänge erschlossen das Areal. Davon existiert heute noch der Obergang von der Oberstadt her, im Gegensatz zum zweiten, vom Markt her verlaufenden Gang entlang der Kirche in der Nähe der heutigen Schwertstrasse. Die Überreste der Spitalhäuser sind in Einzelfällen rudimentär untersucht, so eine noch nicht ausgegrabene Latrine G3 unter dem rechteckigen, gemauerten Gebäude mit Lehmboden M11 (1.239). Das Gebäude liegt im Bereich der heutigen Gasse und macht deutlich, dass sich diese ursprünglich vom Obergang her gabelförmig um eine mittige Häuserzeile in den Spitalhof erstreckte. Auch ein etwas jüngerer Turm an der westlichen Stadtmauer gehört zum Spital ( Abb. 111; 1.152).
An der Ostseite des Marktes schliesslich liegt eine alte, bereits erwähnte Gebäudegruppe, die im 12. Jahrhundert als Vorgänger des «Turms am Ort» entstanden ist (Abb. 109).194 Dieser turris domini LQ ¿QH, wie er im Zinsrodel von 1299 genannt wird, datiert allerdings erst in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts und ist jener Turm, der die Historiker bei ihren stadtgeschichtlichen Überlegungen lange in die Irre geführt hat (Abb. 112 und 113; 1.189).195 Er ist demnach in den Anfängen des ihm zu Füssen liegenden Barfüsserklosters entstanden. Ausser dem Buckelquaderverband und seiner ebenerdigen Eingangstüre auf der Südseite besitzen seine sechs Geschosse aus der Bauzeit keine originalen Öffnungen mehr.
Die Anfänge des Barfüsserklosters Die Dominikanerbewegung erreichte zwischen 1221 und 1236 in der Provinz Teutonia mit 33 Klostergründungen einen ersten Höhepunkt. In unserer Nähe entstanden die Niederlassungen Zürich 1230, Basel 1233 und Konstanz 1236.196 In Schaffhausen wird das Franziskanerkloster erst 1253 im Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen als area minorum fratrum erwähnt und kann ein bis zwei Jahrzehnte älter sein.197 Es gehörte zum Orden der Minoriten, dessen Mönche deshalb in den spätmittelalterlichen Schaffhauser Quellen mindre bruoder oder barfuossen genannt werden. Das Kloster lag an dem seit dem späteren 12. Jahrhundert bestehenden mittleren Abschnitt der Stadthausgasse (1.163 und 1.168) und wurde folglich mitten im Herz der Stadt gegründet und nicht, wie man lange meinte, am nördlichen Rand (1.062). Es gibt genügend Hinweise, die zeigen, dass ein innerstädtisches Wohngebiet dem Klosterneubau geopfert wurde.
anderem die Benediktiner von Allerheiligen in den wirtschaftlichen Niedergang führten. Mangels Grabungen im Klosterinnern fehlen bislang bauliche Hinweise aus den Anfängen. 1287 datierte Deckenbalken sind im Zentrum des KonYHQWQRUGÀ JHOV EHU GHP 2EHUJHVFKRVV HUKDOWHQ so dass dieser Bauabschnitt bereits das erste in Schaffhausen abgehaltene Provinzkapitel von 1289 erlebt hat.199 Zu seiner Funktion in der noch völlig unbekannten Klosteranlage dieser Zeit sind noch keine Aussagen möglich. 1356 erweiterte Abb. 112 «Turm am Ort» (1.189). Der erst in der 2. H. 13. Jh. entstandene Turm wurde früher als Teil der ältesten Stadtbefestigung angesehen. Die Aufnahme aus dem späten 19. Jh. zeigt einen vollständig verputzten Zustand. Erst beim Umbau von 1911 wurden die Schaufenster eingebaut und die abgespitzten Buckelquader wieder sichtbar gemacht, vgl. Abb. 113.
'LH GHP $UPXWVLGHDO YHUSÀLFKWHWHQ 0|QFKH ZXUden schnell zur grossen Konkurrenz des althergebrachten Benediktinerklosters von Allerheiligen. I KUWH GHU QHXH (LQÀXVV XQG (UIROJ GHU %DUfüsser in Schaffhausen zu feindlichen Reaktionen eines Teils der Bürger und des Leutpriesters der Stadtkirche, so dass König Albrecht den Mönchen einen Schutzbrief ausstellen musste.198 In diesem Zwist dürfte es wohl vor allem um ausbleibende Spenden gegangen sein, die nun der neuen KirFKH DQ GHU %UXGHUJDVVH ]XÀRVVHQ XQG GLH XQWHU 192 193 194 195 196 197 198 199
Untermann 2009, S. 215f. STASH, UR 1/120, UR 1/252, UR 1/316. Siehe oben, S. 79. Siehe oben, S. 16. Allgemein dazu: Wild 1999, S. 186–200. STASH, UR 1/120. Frauenfelder 1978, S. 241. Frauenfelder 1978, S. 241.
Abb. 113 «Turm am Ort» (1.189). Im Dachstuhl des südlichen Turmanbaus ist der Buckelquaderverband aus der 2. H. 13. Jh. original erhalten, vgl. Abb. 112.
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Abb. 115 Finsterwaldturm, rundbogiger Hocheingang von 1283 aus Randengrobkalk-Buckelquadern, vgl. Abb. 883.
man diesen Bau um 9 Meter nach Osten, wovon der Dachstuhl noch erhalten ist. Von aussen sichtbares Zeichen dieser Baumassnahme ist der im Kloster merkwürdig anmutende Buckelquaderverband aus rotem Sandstein an beiden Ecken der Safrangasse (Abb. 114). Vielleicht wurde ein alter Adelsturm ins Gebäude integriert, oder die Steine sind wieder verwendet worden.200
Äussere Vorstadt als Landabtausch für das Barfüsserkloster Um die Mitte des 13. Jahrhunderts wurde eine neue, äussere Vorstadt auf einem Gelände angelegt, das nicht überraschend bereits vorstädtische Aktivitäten aus der 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert zeigt (1.218). Zuerst wurde eine einfache 5,5 m hohe Umfassungsmauer gebaut (Abb. 117; 1.111).201 Sie besitzt verschiedene Mauercharaktere, die von reinem Bollensteinmauerwerk in opus spicatum bis zu lagenhaftem Mischmauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen reichen. $XVVHUGHP ¿QGHQ VLFK XQWHUVFKLHGOLFKH 0DXHUstärken und Mörtel. Zusammen mit einem unruKLJHQ 9HUODXI GHU 0DXHUÀXFKW GHXWHW GLHV DXI den Bau der Mauer in drei bis vier Etappen durch die Hofstättenbesitzer hin, wie wir dies schon an der unvollendet gebliebenen Stadtbefestigung im «Buchsbaum»/«Rüden» festgestellt haben (1.152). Diese Umfassungsmauer ist nicht nur zur gleichen Zeit entstanden wie das Barfüsserklos-
Abb. 114 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Die ältesten Teile des Konventnordflügels sind bislang ins Jahr 1287 datiert. Noch ist nicht bekannt, ob der im Kloster merkwürdig anmutende Buckelquaderverband aus rotem Sandstein an beiden Ecken der Safrangasse von einem alten ins Gebäude integrierten Adelsturm stammt, oder ob die Steine wiederverwendet wurden.
96
ter, sie umfasst mit etwa 10’900 m2 auch exakt die gleiche Fläche, die das gesamte Barfüsserkloster einnimmt (1.062 und 1.090).202 Offenbar fand hier für jene Hausbesitzer, die dem Barfüsserkloster weichen mussten, ein Landabtausch statt.203 Es dürften jene acht Grundstücke und zwei Gärten sein (oder ein Teil davon), die im Grundzinsrodel von 1253 unter an Horneberge genannt sind, wo Berthold einen Turm baute: DUHD %HUWK ¿OLL %HUQROGL LQ TXD FRQVWUXFWD HVW turris cum adiacenti orto I sol.204 Es ist davon auszugehen, dass die Durach, die bislang durch den Schützengraben verlief (1.220), mit der Anlage der äusseren Vorstadt künstlich nach Norden verschoben und durch den neuen Stadtgraben geleitet wurde (Abb. 116; 1.182).
200 201 202
203 204 205 206 207 208 209
Siehe unten, S. 589. Bänteli 1989, S. 108–111. Die abgetauschte Fläche von 10’900m2 entspricht dem Total von 21 jener Grundparzellen von 60 x 100 Fuss, die wir im Kloster Allerheiligen entdeckt haben und die auch am Herrenacker vorkommen (1.113, S. 657). Bänteli 2004, S. 119f.; Bänteli 1999a, S. 32; allg. zu den Hofstättenmassen Boschetti-Maradi 2012, S. 262f. Bänteli 2013a, S. 361f. STASH, UR 1/120; Rüeger 1884, S. 344; zum Turm am Hornberg Frauenfelder 1951, S. 40. Zu den verschiedenen Zinnenformaten Bänteli 2010c, S. 80–82. Siehe oben, S. 67. Carlen 1995, S. 16. Siehe unten, S. 106. Bruckner-Herbstreit 1951, S. 32f.; STASH, UR 1/165; Frauenfelder 1951, S. 8f.
In einem zweiten Schritt baute man die erste Umfassungsmauer der äusseren Vorstadt zur endgültigen Stadtbefestigung aus. In die Nordwestecke wurde 1283 der runde Finsterwaldturm eingebaut, erschlossen in 5,5 m Höhe durch eine kleine Rundbogenpforte mit Buckelquadergewände aus Randengrobkalk (Abb. 115 und 117). Die Mauer wurde auf gut 9 m aufgestockt, mit einem Zinnenkranz versehen, und in der Mitte zwischen Finsterwald- und Schwabentorturm wurde ein vorkragender Wehrerker ausgespart.205 Damit passte sich die Ringmauer um die äussere Vorstadt dem einheitlichen Konzept der bestehenden, zähringerzeitlichen Stadtmauer an.206 Nun waren es nicht mehr die Vögte, sondern zweifellos die Bürger, die handelten: «Der Mauerbau war eine der grössten Gemeinschaftsaufgaben der mittelalterlichen Bürgerschaften».207 Und zu diesem Selbstverständnis der Bürgerschaft208 passt auch das zweite, ab 1265 verwendete Stadtsiegel. Es bringt mit dem gezinnten Stadttor und der Stadtmauer aus mächtigen Quadersteinen den Charakter der wehrhaften Stadt bewusst zum Ausdruck (Abb. 155).209
Abb. 116 Y Stadtmauer der äusseren Vorstadt mit Neuturm/ Schwabentorturm (1.111). In der Aufnahme von 1905 fliesst die Durach noch durch den Stadtgraben.
Abb. 117 V Nordwestecke der Stadtmauer mit dem Finsterwaldturm von 1283 (1.111). Die äussere Vorstadt ist M. 13. Jh. als Landabtausch für das Barfüsserkloster entstanden. Um 1335 kam der Neuturm (heute Schwabentorturm) hinzu. Über den Maulscharten des späten 15./frühen 16. Jhs. deutlich sichtbar die Reste der ehemaligen Schlitzscharten.
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Ausbau von St. Agnes um 1300 Im Gegensatz zum Benediktinerkloster Allerheiligen stand das Frauenkloster St. Agnes im späteren 13. Jahrhundert in voller Blüte. Die ganze Klosteranlage wurde erheblich vergrössert. Bemerkenswerterweise wurde dazu die Stadtmauer mit dem vorgelagerten Bach nach Osten bis an den Hangfuss zum Emmersberg hin verschoben (Abb. 100; 1.079). Dies ermöglichte, die alte Kirche um einen Drittel, d.h. um gut 16 m zu verlängern. Mit der Aufstockung des romanischen Schiffs um etwa 5 m wurde das Volumen des heute noch bestehenden rechteckigen Gebäudes erreicht (Abb. 118). Westseitig war über dem zerstörten Kirchenportal ein mächtiges, in Teilen erhaltenes Westfenster vorhanden. Bildlich sind langschmale Fenster im Schiff zusammen mit Masswerkfenstern im Chor überliefert. Im Innenraum entfernte man die raumtrennende Schranke und verschob sie wohl nach Osten. Wie die neue Raumgliederung aussah ist unbekannt. Hinzu kam ein kleiner Glockenturm an der Nordwestecke. Die Klausur von St. Agnes ist noch wenig untersucht. Ihre Fundamente liegen zum grossen Teil etwa einen Meter tief unter dem heutigen Garten des Alterszentrums. Zusammen mit dem in TeiOHQ QRFK HUKDOWHQHQ 2VWÀ JHO PDFKHQ VLH DEHU deutlich, dass der Kreuzgang im Endausbau um 1300 mit Seitenlängen um 32 m fast die gleiche Grösse wie jener von Allerheiligen IV erreichte. Und auch der Bau der südlichen Klostermauer mit dem älteren «Kabishaus» und die Anlage der Pfarrhofgasse scheinen in diese Zeit zu gehören (1.106 und 1.223).
Abb. 118 Kloster St. Agnes (1.079), Ansicht vom Turm der Kirche St. Johann. Das Hauptgebäude des heutigen Alterszentrums am Kirchhofplatz (1) entspricht der gotischen Klosterkirche von 1301 und reicht in Teilen bis in die Klosteranfänge E. 11. Jh. zurück. Die Südfassade wurde 1822/25 weitgehend neu erbaut. Altes Pfrundhaus von 1542 (2) und Neues Pfrundhaus von 1604 (3) gehören zum Spital, während die «Ochseschüür» (4) ebenfalls in die Klosterzeit zurückgeht (1.154).
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Eine bislang kaum beachtete Urkunde, die mit einem Dendrodatum an der erweiterten Kirche zusammenpasst, berichtet von der Neuweihe des Hochaltars am 16. Juli 1301: «Bischof Sifrid von Chur urkundet, dass er mit Vollmacht des Bischofs H[einrich] von Konstanz unter obigem Datum den Hochaltar im Kloster St. Agnes in Schaffhausen zu Ehren des heiligen Kreuzes, des heiligen Michael und aller Himmelsbürger, und insbesondere zu Ehren der heiligen Agnes, des heiligen Benedict des Abts, der heiligen Felicitas, der heiligen Maria Magdalena, Cecilia, Katharina, Christina, Verena, des heiligen Nicolaus, Martinus, Johannes des Täufers, Johannes des Evangelisten und seines Bruders Jacobus, der heiligen Märtyrer Constans und Alexander und des heiligen Alexius geweiht habe, und erteilt unter Vorbehalt der Zustimmung des Diöcesan-Bischofs allen denjenigen, welche an den Festen der obigen Heiligen, an der Jahresfeier der Weihe des Klosters und während ihrer Octaven daselbst Messe hören oder dem Kloster eine Unterstützung geben, 40 Tage Ablass für schwere und 100 Tage für lässliche Sünden.»210 Im Jahr darauf zählte das Kloster 62 Nonnen, und es musste eine Beschränkung auf maximal 60 Insassinnen eingeführt werden. Im ebenso grossen Kloster Allerheiligen wurde die Zahl der Brüder 1310 auf 40 beschränkt.211 Die Nonnen expandierten weiter in das Quartier um die heutige Ampeln- und Brunnengasse (1.206 und 1.209). In diesem Quartier, im Zinsrodel von 1299 Schelligazzun genannt, besass St. Agnes elf Häuser; fünf weitere gehörten dem Kloster Allerheiligen.
Auf der anderen Seite des Klosters, unten an der Repfergasse, kommen etwas später die Schwestern zum Hl. Kreuz hinzu. 1358 vergabte Konrad Heggenzis Sohn den «willigen armen Schwestern» sein Haus ze niderest an rephengassen bi sant agnesen thor (1.088).212 Anfänglich wohl Beginen, waren die Schwestern zu den Terziarinnen übergetreten, die der dritten Regel des heiligen Franziskus nachlebten. Sie wurden von den Barfüssern betreut und hielten ihre Gottesdienste in der nahegelegenen Kirche des Klosters St. Agnes ab.213
Abb.119 Y «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116), Kernbau von 1299, Ostfassade. Lanzettförmiges, gefastes Zweierfenster im 1./2. OG.
Steinerne Wohnbauten der Stadtbürger um 1300
Abb.121 V «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Nach Abbruch des Gerberhauses von 1535 steht der Kernbau von 1299 frei. Durch zwei Aufstockungen wurde er im 14. Jh. zum eigentlichen Wohnturm eines Gerbers, etwas kleiner als die mächtigen Adelstürme, vgl. Abb. 520.
Unter den Wohnbauten dieser Zeit ist der ausgezeichnet erhaltene Kernbau von 1299 im Haus «Zur Gerbe» hervorzuheben (1.116). Mit einer *UXQGÀlFKH YRQ DXVVHQ [ P XQG LQQHQ noch 15 m2 ist er der kleinste der Bauten des Typs A/ST.214 Bemerkenswert ist seine vollständig erhaltene Ostfassade mit je einer rundbogigen Türe zum halb eingetieften Keller und zum Hochparterre. Dieses wird durch ein spitzbogiges, lanzettförmiges Zweierfenster mit breiter Fase und beidseitig geschrägtem Auslauf belichtet (Abb. 119). 'DV JOHLFKH )HQVWHU ¿QGHQ ZLU GDU EHU LP 2EHUgeschoss. Alle Gewände bestehen aus Randengrobkalk. Hinzu kommt hier unter der Decke eine kleine trichterförmige, sich von innen nach aussen verjüngende Abzugs- oder Belüftungsöffnung (Abb. 120), wie wir sie als Querscharten auch von anderen Orten kennen, etwa auch im «Grütli» (1.174).215 Die Wohngeschosse wurden von der Westfassade her durch stockwerkweise angebrachte Hocheingänge erschlossen, die entweder über hölzerne Aussentreppen mit Lauben erreicht wurden oder durch einen zu vermutenden, westlich anschliessenden Holzbau. Im Inneren dienen in den glatt verputzten Wänden zwei Wandnischen zur Aufbewahrung von Geschirr und Gerätschaften; Hinweise auf Herd oder Ofen sind mit der grösstenteils zerstörten Nordwand verlorengegangen. Erst durch zwei Aufstockungen wurde der einstige Kernbau im 14. Jahrhundert zum eigentlichen Wohnturm eines Gerbers, der allerdings kleiner ist als die mächtigeren Adelstürme (Abb. 121; 1.116). Er besitzt ein 22° geneigtes Pultdach, was auf Schindeldeckung hinweist.216 210 211 212 213 214 215 216
Abb.120 VY «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116), Kernbau von 1299. Turmostwand von innen mit originalen, glatten Verputzen und trichterförmiger Belüftungsöffnung unter der Decke im 2. OG, vgl. Abb. 520.
STASH, UR 1/286, Urkunde fehlt in Frauenfelder 1951 und 1986. Rüeger 1884, S. 286, Anm. 4; STASH, UR 1/334. STASH, UR 1/825. Siehe unten, S. 160. Bänteli 2010c, S. 84–87. Bänteli 2010c, S. 44, S. 61, S. 87. Siehe oben, S. 76 und 108.
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Abb. 123 V «Phönix» (1.126). Ursprünglich freistehende Nordfassade des «Grütli» von 1268 mit vermauerten Lichtscharten (1) im 1. OG. Rechts die zähringerzeitliche Stadtmauer, um 1200 (2), vgl. Abb. 758.
Gut ins zeitliche Umfeld der Fenster des Kernbaus im Haus «Zur Gerbe» passt ein lanzettförmiges Doppelfenster mit Dreipässen, einer Rosette und breiter Fase mit beidseitig geschrägtem $XVODXI (V ¿QGHW VLFK LP ]ZHLWHQ 2EHUJHVFKRVV des neu entdeckten Adelsbaus im «Roten Bären» an der Oberstadt und gehört dort wohl einem Umbau an (Abb. 141; 1.258). Am der Stadt gegenüberliegenden Rheinufer in Feuerthalen steht ein weiterer «Bären», dessen
100
mittelalterlicher Kernbau von 1262 etwas mehr als das westliche Hausdrittel einnahm (Abb. 132; 1.253). Erhalten ist der rechtwinklig zum Hang mit einer Tonne überwölbte Keller mit zwei Obergeschossen, was dem Haustyp A/ST entspricht. Der älteste dendrodatierte Vertreter dieses Bautyps ist der Mittelbau-Nordost von 1253 auf der Burg Hohenklingen ob Stein am Rhein.217 1345 kam beim «Bären» das zweite Obergeschoss hinzu, dessen erhaltenes Pultdach eine Dachneigung von 43° besitzt, was auf Ziegeldeckung hinweist (Abb. 147). Der jüngste dieser datierten .HUQEDXWHQ GHV 7\SV $ ¿QGHW VLFK LQ GHU 9RUVWDGW im «Stokarhof» der Zeit um 1315 (1.037). Ebenfalls zu diesem Bautyp gehören in der Webergasse die «Hintere Liebe» (1.127), deren Dachneigung von 29° auf Schindeldeckung hinweist.218 In der Unterstadt zählen dazu der «Lindenbaum» (1.129) und die frühen Steinbauten im Untergries, «Hinterer grüner Klee» und «Hinterer Pelikan» (1.109 und 1.229). Die Rückwand der beiden letzteren bildet noch heute die gegen die Stadt hin abbiegende Umfassungsmauer des Klosters Allerheiligen aus dem 11. Jahrhundert ab, welche für GLHVH LP 6WDGWJUXQGULVV DXIIlOOLJH %DXÀXFKW YHUantwortlich ist (Abb. 122; 1.040). Erst später erfolgte die Erweiterung dieser Gebäude gegen die Unterstadt hin. Daraus wird deutlich, dass die ältesten Häuser im Untergries nicht wie sonst üblich im zentralen oder hinteren Bereich der heutigen Parzelle lagen, sondern mit der Hauptfront direkt an einer parallel zur Unterstadt verlaufenden Gasse, der ehemaligen, in den Schriftquellen wieder entdeckten Schulgasse.219 Sie wird manchmal auch Laufengasse genannt und scheint noch vor der Reformation überbaut worden zu sein. Beide Gassennamen verschwinden um 1490 aus den Quellen.220 Sehr gut erhalten ist auch das «Grütli» beim Engelbrechtstor von 1268 (Abb. 123; 1.174). Es gehört zwar zum Haustyp C,221 diente aber sicher nicht zu Wohnzwecken. Dies zeigen schmale Lichtscharten, wie sie sich etwa auch im «Buchsbaum» und in der «Kleinen Traubenlust» (1.152 und 1.218) oder am Palas der Burg Hohenklingen ¿QGHQ 222 wo sie jeweils Wirtschafts- oder Werkstatträume belichten. Deshalb war das «Grütli» wohl Teil der Wehranlage und konnte als Magazin, Rüstkammer und auch als temporärer Aufenthaltsort für die Mannschaft genutzt werden. Etwas jüngere Gebäude mit einer Funktion als Teil der Wehranlage kennen wir beim Finsterwaldturm (1.111) beim Schutztor oder Schutzgatter und beim Webertor (1.191, 1.238). Auch die «Kleine Traubenlust» der Zeit um 1300 (1.218) passt zu dieser Gebäudegruppe. Sie ist durch ihre Lage an der Reichsstrasse aber als Werkstatt oder Ökonomiegebäude zu interpretieren.
Ganz versteckt im schmalen Gässchen, das rechtwinklig vom Schönmaiengässchen abzweigt, zeigen sich die Hinterhausfassaden der vier schmalen Häuser Münstergasse 16–22, die noch nicht untersucht sind (Abb. 125; 1.265). Sie entsprechen dem Haustyp B/ST und weisen alle das typische Pultdach auf, welches im 13./14. Jahrhundert üblich ist. Weil das Gässchen etwa 2,40 m tiefer liegt als die Münstergasse, besitzen sie monumentale Fassadenhöhen von gut 18 m bis zum First, was sieben Geschossen entspricht. Traufseitig an der Münstergasse sind es jeweils vier Geschosse. Einzigartig ist das rundbogige Zweierfenster aus rotem Sandstein im Erdgeschoss der Hinterhausfassade von Nr. 20. Weitere Bauten GLHVHV 7\SV % ¿QGHQ VLFK LQ GHU 8QWHUVWDGW LP «Silberberg» (1.124), in der «Unteren Fels» (1.202) und im Haus «Drei Berge» (1.171). Die Hausbewohner dieses Zeitabschnitts treten uns durch die Hinterlassenschaften in ihren Latrinengruben entgegen, die archäologisch, archäobotanisch und archäozoologisch untersucht wurden. Zu nennen sind vor allem die Latrinengruppen im Hinterhof der Vorstadt 46/48, die zu fünf bis sechs Häusern an der Webergasse gehörten (1.100), und jene an der Vorstadt 40/42, die drei Häusern zugeordnet werden können (1.157). An beiden Orten handelt es sich um an217 218 219 220
221 222
fänglich mit Holz ausgesteifte Erdgruben. Die ältesten sind um 1200 entstanden. Ab etwa 1300 treten gemauerte Sickergruben hinzu (Abb. 124), die aber erst nach 1500 die Erdgruben endgültig ablösen. Zu einer Liegenschaft gehören die fünf Latrinengruben im Haus «Zur Treu» am Kirchhofplatz (1.156). Sie datieren von der Mitte des 13. bis zum frühen 15. Jahrhundert. Einzigartig ist die Latrine im Löwengässchen 4 aus der 2. Hälfte 13./1. Hälfte 14. Jahrhundert (Abb. 126; 1.131). Weil sie in den anstehenden Kalkfels eingetieft wurde, besitzt sie ausnahmsweise eine Feuchtbodenerhaltung, wie wir sie sonst nur aus Pfahlbaugrabungen kennen.
Abb. 122 YY Die Häuserzeile am Untergries übernimmt die auffällige Flucht der gegen die Stadt hin abbiegenden Umfassungsmauer des Klosters Allerheiligen vom 11. Jh. Im Vordergrund das pittoreske, 1963 abgebrochene Haus «Am Bach». Aufnahme von 1930.
Abb.124 «Kornhaus»/«Haus der Wirtschaft» (1.186). Der Latrinenschacht G5 gehört zum ältesten Haus eines Glockengiessers aus der Zeit um 1300. Er ist unter der Brandmauer angelegt und konnte von beiden Nachbarn genutzt werden. Deshalb ist er durch eine Innenwand unterteilt.
Bänteli 2010c, S. 84–87. Siehe unten, S. 108. Rüeger 1884, S. 374f.; Bänteli 2011, S. 55. Häuserdatenbank; die Schulgasse wird letztmals 1486 in Urkunde STASH, UR 1/3278 genannt, in den Steuerbüchern bis 1490, die Laufengasse letztmals 1486 in STASH, UR 1/3264. Bänteli 2010c, S. 86f. Bänteli 2010c, S. 28, S. 31.
Abb. 125 Münstergasse 16–22 (1.265). Die vier schmalen Pultdachhäuser aus dem 13./14. Jh. in der Bildmitte (Pfeil), von Süden, vgl. Abb. 318.
101
Neustadt und Vorstädte
Abb. 126 «Löwen» (1.131). Einzigartig ist die in den anstehenden Kalkfels eingeschrotete Latrinengrube (1) des Kernbaus M1. Hier blieb Sickerwasser liegen, welches die Fäkalien aus der 2. H. 13./1. H. 14. Jh. in hervorragender Feuchtbodenerhaltung konservierte. Im Hintergrund in den Brandmauern die Reste der mittelalterlichen Bauten, vgl. Abb. 742.
Abb. 127 «Alter Turm» (1.073). Skizze der Turmwestfassade von Hans Wilhelm Harder als Grundlage für seine Tuschzeichnung von 1871, vgl. Abb. 99 und 648.
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Als zweitletzte Stadterweiterung wurde im Südwesten die Neustadt angelegt (Abb. 100 und 128), die nova civitate, wie sie erstmals im Zinsrodel von 1299 genannt wird, zusammen mit dem turULV 5X¿, dem Turm der Roten, einem weiteren Zweig der bereits genannten Ritterfamilie der Randenburger. Es handelt sich dabei um den «Alten Turm» in der Neustadt (Abb. 109 und 127; 1.073), der dritte Adelshof beim Obertor, der sich direkt südlich an den Hof der Stadtburg anschliesst (1.196). Damit steht er als Adelsbau quasi in der zweiten Reihe, zurückversetzt von der Reichsstrasse. Bekannt ist auch hier nur sein noch nicht näher untersuchtes, rechteckiges Hauptgebäude. Es ist nicht unterkellert und besitzt an den Ecken einen ausgezeichnet erhaltenen Buckelquaderverband aus Randengrobkalk und grünem Sandstein in unregelmässigem Wechsel (Abb. 99). In diese Zeit passt auch die Ausserbetriebnahme und Auffüllung einer Latrine beim Übergang zur Oberstadt mit der neu angelegten Gasse zum «Alten Turm», dem nördlichsten Abschnitt der Neustadt (1.183). Das tatsächliche Datum der Stadterweiterung liegt vermutlich einige Jahre vor der ersten Erwähnung. Der untere Diebsturm, ein Teil der Neustadtbefestigung, konnte dendrochronologisch in das Jahr 1296 datiert werden (Abb. 130 und 131; 1.136). Der Turm ist einer von zwei identischen Rundtürmen zwischen Ober- und Mühlentor-
Abb. 128 Ansicht der Neustadt von Feuerthalen aus, mit dem Mühlentor und der noch weitgehend intakten Stadtbefestigung, um 1860.
turm, die weit über das Mittelalter hinaus als Gefängnistürme genutzt worden sind. 223 Er wird auf der Nordseite vom Wehrgang aus, 5,5 m über dem Boden, durch eine kleine, leicht spitzbogige Sandsteinpforte erschlossen. Im zweiten und dritten Obergeschoss gibt es je eine Schiesskammer mit 1,2 m langen Schlitzscharten für Bogenschützen. In den Hausfassaden an der Grabenstrasse sind lange Abschnitte der Stadtmauer der Neustadt erhalten geblieben und in Abschnitten untersucht (1.138 und 1.208). Den zugehörigen Graben schützte aussen ein massiver Palisadenzaun mit Flechtwerk (Abb. 129; 1.177). Innen lag in der unteren Neustadt der mittelalterliche Steinbruch, der erst nach und nach aufgefüllt wurde. Abschnittsweise entstand die Neustadtgasse, die erst im früheren 15. Jahrhundert zu einem durchgehenden Strassenzug wurde (1.091 und 1.159).
223
Die gleiche Funktion besass vermutlich auch der Finsterwaldturm (1.111, S. 641).
9
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9 Abb. 129 Grabenstrasse 55/57 (1.177). Erlenholzpfähle (X) eines Zauns aus dem 14. Jh. als erstes Annäherungshindernis vor dem Graben. Blick stadteinwärts, vgl. Abb. 923.
103
Abb. 130 und 131 Diebsturm (1.136) von 1296 mit Stadtmauer längs der Grabenstrasse, Zustand um 1940 und 2015.
An den in allen vier Himmelsrichtungen verlaufenden Ausfallstrassen der Stadt entstanden spätestens im 13. Jahrhundert Häusergruppen als kleine Vorstädte. Neben der bereits besprochenen äusseren Vorstadt im Norden gehört dazu das Quartier Steig, in clivo, von dem wir erstmals 1286 hören.224 Im Zinsrodel von 1299 werden acht Häuser an dieser Stelle genannt.225 Hier an der alten Landstrasse zum Rheinfall lag auch das Sondersiechenhaus mit der zugehörigen Dreikönigskapelle (1.143 und 1.144). Im Osten der Stadt ODJ YRU GHU DOWHQ 6FKLIÀlQGH GDV )LVFKHUKlXVHUquartier. Die erste Erwähnung eines Hauses stammt hier von 1298.226 Im Zinsrodel von 1299 sind extra portam in vico piscatorum 18 Häuser XQG HLQ *DUWHQ GHP .ORVWHU ]LQVSÀLFKWLJ 227 Nach den noch spärlichen archäologischen Befunden reicht die Anlage einer Ufermauer in den Fischerhäusern in die Zeit um 1200 zurück (1.221). Schliesslich lag im Süden am anderen Rheinufer als Brückenkopf vor der Stadt das 1318/1324 erwähnte fürtal oder furtal.228 Dessen Bewohner ennet rin, wie diese Vorstadt der Einfachheit halber auch genannt wurde, waren bis Mitte des 15. -DKUKXQGHUWV LQ 6FKDIIKDXVHQ VWHXHUSÀLFKWLJ 'DV älteste Haus, der «Bären», stammt hier von 1262 (Abb. 132; 1.253) und ist damit nur wenige Jahre jünger als die um die Jahrhundertmitte entstandene Rheinbrücke (1.080; 1.164 und 1.235).
224 225 226 227 228 229 230 231 232
Abb. 132 «Bären», Feuerthalen (1.253). Das heute einheitlich wirkende Gebäude mit dem höchsten First der Häuserzeile ist aus zwei Häusern zusammengewachsen. Die rechte Hälfte wurde 1262 erbaut und 1345 mit dem noch aktuellen Pultdach aufgestockt. Feuerthalen, die Vorstadt ennet rin, diente Schaffhausen als Brückenkopf, vgl. Abb. 147.
104
Wipf 1986, S. 37. Rüeger 1884, S. 344. STASH UR 1/267. Rüeger 1884, S. 349f. STASH UR 1/395 und 1/441. STASH UR 1/501; Scheck 1994, S. 29–33; Mommsen 1973, S. 53–55. Schultheiss 2011, S. 10. Schib, 1967, S. 44; Rüeger 1884, S. 375, Anm. 4. Bänteli 2010c, S. 80.
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Letzter Stadtausbau Nach über hundert Jahren Reichsfreiheit verpfändete Kaiser Ludwig IV. Schaffhausen 1330 an die österreichischen Herzöge.229 1335, während des Streits zwischen den beiden Adelsgesellschaften,230 ändert sich das Stadtbild: Der Neuturm (heute Schwabentorturm) wird erbaut. Als letzte ÀlFKHQPlVVLJH 6WDGWHUZHLWHUXQJ NRPPHQ XP 1360 die Flankenmauern des heutigen Munot mit seinem Vorgänger, dem Annot, im Schnittpunkt hinzu. 1347 hatte die Stadt bereits den rheinseitig vor der Unterstadt liegenden «Loufen gart» gekauft, zum Bau neuer Häuser und einer Strasse an den Rhein (1.235). 231
Der Neuturm von 1335 (Abb. 116 und 117; 1.198) tritt über quadratischem Grundriss vollständig aus der Stadtmauer hervor, hat einen Eckquaderverband mit Buckelquadern und steht auf seinen Seitenwangen. Daraus führten Rundbogentüren in den Zwinger, der zum Verteidigungskonzept des frühen 14. Jahrhunderts gehört, wie von den spätmittelalterlichen Städten Stein am Rhein und Neunkirch bekannt.232 Die Obergeschosse hatten Schlitzscharten mit Schiesskammern für die Armbrust- und Bogenschützen sowie einen feindseitigen Wehrerker unter der Dachtraufe.
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Abb. 133 Stadtentwicklung Schaffhausens í
105
Die Flankenmauern des Annot (Abb. 133, 134 und 284; 1.112) sind passend zur späten Datierung um 1360 nur noch 80 cm stark und streben in einem Zug zur vollen Höhe von 11 m bis zum Zinnenkranz.233 Aus einer Mauer tritt, wie der Neuturm zur Vermeidung von toten Winkeln, der noch aufrecht stehende «Undurft» (heute Römerturm) hervor. Der kleine rechteckige Schalenturm hat ebenfalls Schlitzscharten und einen Wehrerker.
Rathaus und Emanzipation der Stadt auf Kosten des Abts 1230 taucht in den Schriftquellen der Schultheiss, scultetus, auf.234 Von 1253 stammt das erste Stadtsiegel mit dem aus einem Tor heraus schreitenden Schafbock.235 1272 werden die städtischen Räte, consules, genannt,236 die nach einer Urkunde von 1294 vermutlich im Haus des Schultheissen am Markt tagen: … so sol der rat doch zeseimine löfen… fur des schulthaizen hus.237 Mitglieder der beiden Adelsgesellschaften waren Teil des Rats, dessen damaliger Versammlungsort unklar ist. Tagte er in ihren Trinkstuben? Die obere Gesellschaft hatte ihre Trinkstube in der «Herrenstube» (1.059), die niedere Gesellschaft erbaute 1343 die heutige «Schneiderstube» als ihr Gesellschaftshaus (1.217).238 Der zerstrittene Adel machte 1350 den Handwerkern Zugeständnisse, womit diese nun erstmals in den Rat einziehen durften.239 1398 wurde die «Schneiderstube» dann erstmals als Rathaus genannt: … rauthus, daz man vormalz genempt hett, die nider drinkstuben.240 Die viergeschossige «Schneiderstube» liegt prominent an der Reichsstrasse vor der Südwestecke des Friedhofs der Leutkirche St. Johann. Vor dem
Abb. 134 Munot (1.112). Als letzte flächenmässige Stadterweiterung entstanden um 1360 die Flankenmauern des heutigen Munot. Dazu gehören in ihrem Schnittpunkt der Annot als Vorgänger des Munot sowie der «Undurft», heute «Römerturm» genannt.
106
Haus, wo sich die Reichsstrasse auf etwa 13 m Breite ausweitete, befand sich der Fischmarkt mit Platz für die laut Steuerbüchern etwa 12 Bänke für den Verkauf (vgl. Abb. 135).241 Im 1. Obergeschoss der «Schneiderstube» liegt die grossartige, 1343 datierte Bohlenstube mit der vollständig erhaltenen, leicht gewölbten Bohlen-BälkchenGHFNH EHU HLQHU *UXQGÀlFKH YRQ P2 (Abb. 137). Von den Wänden sind die eichenen Eckständer und die rundbogige Bohlentüre mit dem Türpfosten erhalten. Reste eines bunten RankengeÀHFKWHV PLW %OXPHQ DP |VWOLFKHQ 5lKPEDONHQ zeigen, dass die Wände ursprünglich locker bemalt waren (Abb. 309). Bemerkenswert ist das ursprüngliche Fensterband der Stube mit seinen ausserordentlich breiten und tiefen Gewänden, die heute leider von aussen farblich als drei Doppelfenster in Erscheinung treten (Abb. 136). Mit dem wirtschaftlichen Niedergang des Klosters ging die Emanzipation der Stadt auf Kosten des Abts von Allerheiligen als eigentlichem Stadtherrn einher. Dieser wurde zunehmend bevormundet, wie 1333 die Anwesenheit von Schultheiss und Räten beim Abschluss eines Vertrages von Abt Jakob von Henkart mit seinem Konvent deutlich macht. Darin werden ausschliesslich die gegenseitigen Rechte der beiden Parteien im Kloster geregelt.242 Dazu passt auch die Schaffung eines neuen Durchgangs im Rahmen des Neubaus des Gesellschaftshauses von 1343. Der damals angelegte, heutige Schneidergang mit dem Schönmaiengässchen schaffte eine willkommene Abkürzung von der Vordergasse zur Münstergasse und führte durch den Baumgarten des Klosters. Einige Jahre später sperrte der Abt den Zugang der Bürger durch sein Kloster in die Grueb und zum Mühlentor. Als Ersatz legte er an
der westlichen Klostermauer zwischen Beckenstube und Kolbentor das steile Müligässli an, was wegen seiner Steilheit zu Protesten der Bürger führte (Abb. 153; 1.195).243 1377 erfahren wir aus einem Vergleich zwischen Kloster Allerheiligen und dem Rat der Stadt Schaffhausen, dass sich die Stadt weitere Durchgänge durch das Eigentum des Klosters geschaffen hatte: Item türen inret zwelf jaren gemachet sind durch des abts und des convents bongarten und über iren akker in der stat und da von alter her nicht türen gewesen sind, die soll man vermachen oder aber mit irem willen überwerden.244 Diese Übergriffe waren noch 1480 Teil jener 55 Streitpunkte einer Beschwerdeschrift des Abts an den Rat, in welcher er seine Rechte als Stadtherr zurückzugewinnen versuchte.245
233 234 235 236 237 238 239 240 241 242 243 244 245
Zu den verschiedenen Zinnenformaten Bänteli 2010c, S. 80–82. UB Zürich I, 458, oben, S. 57; allgemein zu diesem Kapitel Schultheiss 2006, S. 39–54. STASH UR 1/117; Frauenfelder 1951, S. 8f.; Bruckner-Herbstreit 1951, S. 31–49. STASH UR 1/165; Schultheiss 2006, S. 76. Mommsen 1989, S. 56; Schultheiss 2006, S. 39f.; Landolt 2004, S. 468, Anm. 2041; unten, S. 127. Mommsen 1989, S. 215; Schib 1967, S. 252; STASH UR 1/1318; Schultheiss 2011; Schultheiss 2006, S. 52; Mommsen 1973; unten, S. 111. Schultheiss 2006, S. 43–50; Mommsen 1973, S. 57–59. StadtASH AI/1500. StadtASH A II.05.01.016/001 1416 und A II.05.01.019/068 1417; Bänteli 2011, S. 37; Bänteli 2017. STASH 1/556; Schudel 1986, S. 1502, S. 1504, S. 1525. Bänteli 1999a, S. 95 mit Anm. 813. Mommsen 1989, S. 194. Walter 1905, bes. S. 29f.; Schudel 1986, S. 1533.
Abb. 135 Fischbänke in Konstanz, um 1464, aus der Chronik Ulrich Richentals. Konstanz, Rosgartenmuseum, Hs. 1, fol. 24v. So dürfen wir uns den Fischmarkt in Schaffhausen vor der «Schneiderstube» vorstellen.
Abb. 136 «Schneiderstube» (1.217). Die Rekonstruktion gibt einen Eindruck der Fassade des 1343 erbauten Gesellschaftshauses der niederen Adelsgesellschaft. Bemerkenswert ist vor allem das ursprüngliche Fensterband im 1. OG, das heute durch seine moderne Farbfassung in drei Fenster geteilt wird, vgl. Abb. 203.
Abb. 137 «Schneiderstube» (1.217). Originale Trinkstube von 1343 mit leicht gewölbter Bohlen-Bälkchendecke im 1. OG, spätestens 1398 Ratsstube und ab 1414 Zunftstube der Schneider, vgl. Abb. 238 und 309.
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Bauvorschriften im 14. Jahrhundert Die schriftliche Überlieferung, vor allem die Gesetzessammlung des Rats im Stadtbuch von 1385, regelt zum grösseren Teil den Holzbau.246 Dies führte zur irrtümlichen Vorstellung einer im Spätmittelalter aus Holzhäusern bestehenden Stadt.247 Im Spiegel der Stadtkernforschung werden diese Vorschriften verständlich. Beim weit verbreiteten Steinbau war der Regulierungsdruck geringer, da er weniger feuergefährdet war. In der Bauordnung von 1342 (Abb. 138) war es grundsätzlich jedem Bauherrn, der es nit muren will, freigestellt, sein Haus auch in Holz zu errichten. Mindestens die strassenseitige Fassade musste aber zwei Stockwerke hoch gemauert werden: wanthowe uff muren strasse halb zwaiger gademer hoch und nit minder. Schuppen auf Säulen (schopffe uff sul) durften an kainer gassen mehr gebaut werden. Auch die im Fachwerkbau verbreiteten vorspringenden Geschosse an der Strasse wurden verboten: furschutz an kainer gassen ze Schafhusen strasse halb niemer me sol
Abb. 138 Die Bauordnung von 1342 prägt bis heute das Stadtbild von Schaffhausen. Die strassenseitige Fassade musste zwei Stockwerke hoch gemauert werden und die im Fachwerkbau verbreiteten, vorspringenden Geschosse an der Strasse wurden verboten. Deshalb fehlen bei uns die spätmittelalterlichen Fachwerkhäuser, wie sie typisch sind für Städte in Süddeutschland. Markiert sind oben im Text kursiv zitierte Ausschnitte.
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gebuwen.248 Diese Vorschriften sind der Grund, dass bei uns die spätmittelalterlichen Fachwerkhäuser fehlen, die wir von Süddeutschland kennen (Abb. 140).249 Weiter heisst es in der Bauordnung von 1342, Wände sollten mit Flechtwerk, zunen, gemacht und verputzt oder mit Lehm bestrichen sein: PLW SÀDVWHU RGHU PLW OD\P EHVODKHQ (Abb. 146). Auch hölzerne oder geschindelte Wände waren erlaubt. Für das Dach musste man genagelte und nicht nur mit Steinen beschwerte Schindeln verwenden. Nur ein Ziegeldach durfte man steil bauen: ain ziegeltach mag man wol rösch machen, was auch eine ansprechende Nutzung des Dachstuhls ermöglichte. SchindeldäFKHU PXVVWHQ GDJHJHQ ÀDFK XQG EHJHKEDU VHLQ daz man daruff mocht gewandelen ob man sin bedorfti.250 Die Dachneigung der Schindeldächer wurde 1381 mit der Anweisung daz drittail nemen auf eine 30°-Neigung präzisiert.251 Diese Bestimmung ist insofern interessant, als sie zeigt, dass auch nach dem unten vorgestellten Stadtbrand von 1372252 weiterhin geschindelte Dächer erlaubt waren. Noch 1540 gab es Gebäude mit
Schindeldeckung.253 Wer etwas auf sich hielt, deckte sein Haus allerdings seit der Zeit um 1100 mit Ziegeln.254 Spezielle Regeln wurden für die Brandmauern in der Stadt erlassen, die auf der Grenze in gemeinsamem Eigentum standen. Auch hier war sowohl Holz- als auch Steinbauweise, gemuret oder hulzin, erlaubt. Hölzerne Bauweise war sogar im Erdgeschoss, uff der erde erlaubt. Ein gemauertes Fundament sollte drii mure schuch in den herde, also gut 90 cm tief ins Erdreich im gemeinsamen Eigentum sein. Soweit die Mauer in der Höhe gemeinsam genutzt wurde, sollte sie auch gemeinsam gebaut werden. Andernfalls musste der Nachbar dem alleinigen Erbauer die Hälfte der Kosten vergüten, kosten halben gelten, wenn er die Mauer mitnutzen wollte. Baute der eine Nachbar sein Haus höher als der andere, durfte er Fenster in den Giebel machen, welche aber der Nachbar oder seine Nachkommen, nachgebure ald sin nachkomen wieder schliessen durften, du liechter vermachen, wenn sie ihr Haus aufstockten.255 Nicht anders als heute durch die Bau- und Feuerpolizei wurden diese Vorschriften im Auftrag des Rats kontrolliert durch die zu den wandhowen und fure schowen gänt.256 Zu gleichen Teilen mussten nach einer Regelung von 1392 auch die Aufwendungen für Einfriedungen, garten und ander ligent gut an dem andern ligend, getragen werden. Die Einfassung erfolgte mit Flechtwerkzäunen: verzunen mit stekken und gerten.257 Vorschriften gibt es schliesslich auch zur Teilung eines Hauses.258 Ob das schmalste Haus der Stadt, der «Rosenstock» in der Webergasse, auf diesem Weg entstanden ist, oder ob er nicht ein älteres, nicht mehr benötigtes Stichgässchen zur alten Stadtmauer am Schützengraben überbaute, wäre noch zu untersuchen (1.245).
246 247 248 249 250 251 252 253 254 255 256 257 258 259
Der Fenstertyp von 1318/1354 Das zum Teil heute noch an den Fassaden der Bürgerhäuser ablesbare Leitfossil dieses Zeitabschnitts ist ein neuer, erstmals rechteckiger Fenstertyp mit breiten Fasen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf, der dendrochronologisch auf ein knappes halbes Jahrhundert, d.h. auf die Jahre um 1318/1354 eingegrenzt werden kann (Abb. 139). Erstmals datiert ins Jahr 1318 ist er sowohl am Palas des Unterhofs in Diessenhofen als auch in Zürich am «Goldenen Apfel». Zeitlich folgt ein Türgewände in Stein am Rhein aus dem Jahr 1320.259 Den bislang jüngsten dendrochronologisch datierten Vertreter dieses Pro¿OV EHVLW]HQ ZLU LP 6FKDIIKDXVHU ©6WUDXVVHQª DXV dem Jahr 1354 (1.194, S. 356). Es sind noch gegen 40 solcher Fenster in den steinernen HausfasAbb. 139 Y In die Jahre um 1318/1354 datiert ein neuer, rechteckiger Fenstertyp mit breiten Fasen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf. Beispiel aus der «Schneiderstube» (1.217), 3. OG, Seite Vordergasse. Abb. 140 V Die Bauvorschriften von 1342 verlangten, dass die strassenseitige Fassade zwei Stockwerke hoch gemauert werden musste. Dies und das Verbot von Stockwerkvorsprüngen führten dazu, dass in Schaffhausen die spätmittelalterlichen Fachwerkhäuser fehlen, wie wir sie noch heute in Süddeutschland bewundern können.
Schib 1967, S. 32–37; auch Schultheiss 2004, S. 212f. Vgl. unten, S. 119. Schib 1967, S. 32f. Z.B. Eissing/Furrer/King 2012, S. 77f.; Untermann 2009, S. 256. Schib 1967, S. 32f. Schib 1967, S. 33f. Vgl. unten, S. 117. Schultheiss 2006, S. 230. Vgl. oben, S. 47. Schib 1967, S. 36f. Schib 1967, S. 57. Schib 1967, S. 58. Schib 1967, S. 13. Baeriswyl/Junkes 1995, S. 95–99; Wild 2003, S. 77f.; Bänteli 2010c, S. 62.
109
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110
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saden der ganzen Stadt vorhanden (Abb. 141). Sie bestehen meistens aus rotem, vereinzelt auch aus graugrünem Sandstein oder Randengrobkalk. Vom Einer- bis zum Fünferfenster sind alle TySHQ YRUKDQGHQ DP KlX¿JVWHQ LVW GDV =ZHLHU JHfolgt vom Dreierfenster, in Einzelfällen sind sie JHVWDIIHOW XQG ,Q GHU 8QWHUVWDGW ¿Qden wir den Fenstertyp an der «Rotgerbe» im 2. Obergeschoss (1.249), am «Vorderen wilden Mann» (Abb. 142; 1.250) und am «Pelikan» (1.153). Möglicherweise sind diese Bauten nach dem unten besprochenen Grossbrand in der Unterstadt/Ampelngasse um die Mitte des 14. Jahrhunderts260 erneuert worden, genauso wie jene mit gleichen Fenstergewänden in der Ampelngasse an der «Farb» (1.247), am «Weissen Eck» (1.246) und dem folgenden «Unterhaus» (1.236). :HLWHU ¿QGHQ ZLU GLHVHQ 7\S DQ GHU 9RUGHUJDVVH in allen drei Obergeschossen der «Schneiderstube» von 1343 (1.217), am «Tunnel» in der Ostfassade (Abb. 87; 1.133), am Eckhaus «Pfauen» mit seinem bemerkenswerten, fünffach gestaffelten Fenster und einem Gurtgesims im 2. Obergeschoss (1.264) und schliesslich am «Glücksrad» (1.128). In der Oberstadt begegnet er an der «Palme» (1.160) und hinter dem «Buchsbaum» bei der Stadtmauer am «Alten Turm» (1.152). Im /|ZHQJlVVFKHQ EH¿QGHQ VLFK VROFKH )HQVWHU DQ der «Engelbrechtshalle» (1.251) und in der Webergasse am «Grossen Erker» mit seinem bemerkenswerten Viererfenster im 2. Obergeschoss (Abb. 141; 1.127), am «Rosenstock» mit einem Dreierfenster, das fast die ganze Breite des schmalsten Hauses der Stadt einnimmt (1.245) und am «Kastanienbaum», Webergasse 8. Schliesslich belichtete ein solches Fenster über dem Dach der «Schützenstube» (1.100) das Hinterhaus des «Bogen» in der Vorstadt. Das FensterSUR¿O PLW )DVH XQG DEJHVHW]WHP EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI ¿QGHQ ZLU DXFK DQ GHQ VHOWHQHQ Resten zweier Türgewände in der Vorstadt, das eine beim «Olivenbaum» aus rotem Sandstein (1.161), das andere aus Randengrobkalk im Löwengässchen 4 (1.131).
260 261 262 263
264
«Versteinerung» der Gassenfronten durch die Bauordnung von 1342 Alle Bauten mit dem Fenstertyp von 1318/1354 markieren den Beginn jenes in Einzelfällen bis ins späte 15. Jahrhundert andauernden Zeitabschnitts, in dem die Gassenfronten «versteinert» und aus den meist im hinteren Teil der heutigen Vorderhäuser gelegenen mehrgeschossigen, steinernen Kernbauten schliesslich die drei- bis fünfgeschossigen steinernen Zeilenbauten mit traufständigem Satteldach wurden.261 Wie wir gesehen haben, gab es in den Vorderhausbereichen seit dem 11./12. Jahrhundert wohl zunächst nur einbis zweigeschossige, meist hölzerne Bauten, die höchstens in Fragmenten archäologisch fassbar sind.262 Zweifellos wurde dieser Versteinerungsprozess durch die bereits vorgestellte Bauordnung von 1342 eingeleitet, die verlangt, dass die strassenseitige Fassade mindestens zwei Stockwerke hoch gemauert werden musste, und die die im Fachwerkbau verbreiteten vorspringenden Geschosse verbot.263 Durch die grössere Haustiefe und die Mehrgeschossigkeit wurde neu das Satteldach mit Traufe zur Strasse prägend für das Stadtbild (Abb. 140). Es ersetzte das ältere Pultdach. Die spätmittelalterliche Stube kam nun neu direkt an die Strasse zu liegen.264 Mit all diesen Elementen ausgestattet, gab das viergeschossige, steinerne Gesellschaftshaus der niederen Adelsgesellschaft von 1343, die heutige «Schneiderstube» (1.217), ein wichtiges Beispiel für alle jüngeren Bürgerhäuser. Die einzelnen Lösungen zur Schliessung der Gassenfronten mit Steinbauten passen sich individuell der jeweiligen Bebauungssituation an. Beim bereits erwähnten «Straussen» an der unteren Vordergasse wurde der Neubau von 1354 direkt an die Gasse und zwei Stockwerke hoch in Stein gebaut, wie es die Bauordnung von 1342 vorschreibt (1.194). Ebenfalls direkt an die Gasse ge-
Abb. 141 YY Zusammenstellung der Fensterentwicklung in der Stadt Schaffhausen vom späten 11. bis ins frühe 15. Jh., vgl. Abb. 228.
Abb. 142 «Vorderer wilder Mann» (1.250). Die Rechteckfenster der Fassade Unterstadt mit breiten Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf stammen aus der Zeit um 1318/1354. Rechts daneben der «Pelikan» (1.153) mit dem steinernen Kernbau von 1207 im Hinterhaus.
Vgl. unten, S. 116. Bänteli 2010c, S. 84–90. Vgl. oben, S. 75. Vgl. oben, S. 108. Das Schliessen der Gassenfronten in Steinbauweise beginnt auch in Stein am Rhein und Neunkirch M. 14. Jahrhundert, Bänteli 2010c, S. 89. Vgl. oben, S. 78; Boschetti-Maradi 2012, S. 252.
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Abb. 143 U Die Balkendecken sind üblicherweise quer zwischen die Brandmauern gespannt und besitzen nur im Bereich der heizbaren Stuben und Kammern Zwischenböden mit Bauschutt als Füllmaterial zur Isolierung. Beispiel Erdgeschossdecke von 1529/30 im Salzhof/«Schweizerhof» (1.235), Stubenbereich längs der Unterstadt. Abb. 144 V Gerberhäuser und Gerberbach, ca. 1936, von der «Gerbe»/«Versöhnung» bis zur «Platte». Die unteren drei Geschosse der Fassade «Gerbe»/ «Versöhnung» (1.116) stammen von 1423, jene des darauf folgenden dritten Hauses, der «Farb» (1.247), von 1318/1354. Im Innern reichen die Häuser bis ins 12./13. Jh. zurück.
112
baut wurden das «Gelbe Haus» im Jahr 1386 (1.137), das bachseitige Haus der «Gerbe» 1423 (Abb. 144; 1.116) und das nicht präzise datierte Eckhaus «Löwen» (1.131). In andern Fällen wird der ältere, steinerne Kernbau in einem Schritt an die Gasse verlängert, etwa in der Unterstadt in der «Hoffnung» um 1355 (1.121) und im «Lindenbaum»/«Weisser Schlüssel» 1364 %HPHUNHQVZHUW LVW KLHU GDV $XÀDJHU GHU Erdgeschossdecke auf Streifbalken, die auf Bollensteinkonsolen liegen. Das Detail ist zu dieser Zeit für Schaffhausen einzigartig, während es in Stein am Rhein als Standard ab dem späten 13. Jahrhundert auftritt.265 Ebenfalls haustief ist die Brandmauer zwischen «Blume» und «Rotem Adler» in der Vorstadt (1.226). In anderen Fällen verlief der Prozess schrittweise. Im Hafnerhaus in der Vorstadt liegt der um 1380 entstandene Neubau zunächst noch 5 m hinter der Gassenfront, bis HU DXI GLH 6WUDVVHQÀXFKW HUZHLWHUW ZLUG (1.218). Auf der anderen Gassenseite wird in der «Farb» der sehr späte Kernbau des Fachwerkhauses von 1417 erst 1483 auf die Gassenfront erweitert, zudem ausnahmsweise wieder in Holzbauweise (1.125, S. 633).
Zu all diesen steinernen Bauten, aber genauso auch zum Fachwerkbau gehören Holzbalkendecken. Normalerweise sind die Balken quer von Brandmauer zu Brandmauer gespannt. Selten können die Balken auch längs verlegt sein, wie etwa beim «Straussen» (1.194) oder dem «Grosse Erker» (1.127) oder wie die Deckenbalken von Fachwerkbauten (1.125) sowie Balkenlagen bei oft nachträglichen Aufstockungen in Fachwerkbauweise.266 Die Balkendecken besitzen üblicherweise nur im Bereich der heizbaren Stuben und Kammern Zwischenböden mit Bauschutt als Füllmaterial zur Isolierung (Abb. 143).267 Bei grösseren Spannweiten oder bei Lagerhäusern, ZR JU|VVHUH 1XW]ODVWHQ DQIDOOHQ ¿QGHQ VLFK RIW Unterzüge, die von zum Teil kunstvoll verzierten Holzstützen getragen werden, welche die Bauten in zwei, selten drei Schiffe unterteilen (Abb. 145). Ein Sattelholz dient jeweils zur Lastübertragung zwischen Unterzug und Stütze (1.062; 1.088; 1.129; 1.186; 1.188; 1.194 und 1.199; Abb. 253 mit 1.220). Im Verlauf der Schliessung der Gassenfronten durch Steinbauten erfolgte im früheren 15. JahrKXQGHUW DXFK GLH 3ÀlVWHUXQJ GHU VWlGWLVFKHQ *DVsen.268 Dies bewirkte ein Ende der Aufschüttungen des Strassenraums mit Kies, welcher das Gehniveau in den vorhergehenden 200 bis 400 Jahren um 0.5–2 m angehoben hatte.
Abb.145 V Bei grösseren Spannweiten oder in Lagerhäusern, wo grössere Nutzlasten anfallen, finden sich Unterzüge mit Sattelholz und Holzstützen, die die Gebäude in zwei, selten in drei Schiffe unterteilen. Beispiel Eichensäule mit Unterzug und Decke im EG des Schwesternhauses von 1481, Agnesenschütte/«Nussbaum» (1.088).
Holzbau Während in Schaffhausen in dieser Zeit zum grössten Teil in Stein gebaut wurde, bildete der reine Holzbau die Ausnahme dieser Regel.269 An verschiedenen Steinhäusern der Zeit um 1300 gibt es Hinweise auf Mischbauweise mit abschnittweisen Fachwerkwänden, so in der äusseren Vorstadt an der «Kleinen Traubenlust» (1.218) und in der «Kleinen Silberburg» (1.125), am «Grütli» 1289 (1.174), am «Hinteren Turm» in der Stadthausgasse (1.189), am Vorgänger des Werkhauses in der Neustadt (1.186), bei der «Gerbe» an der Pfarrhofgasse (1.116), am «Pelikan» in der Unterstadt (1.153) und der «Winde» im Läufergässchen (1.216). Das älteste erhaltene Fachwerk mit )OHFKWZHUNI OOXQJHQ LQ 6WHLQEDXWHQ ¿QGHQ ZLU LP «Straussen» in der unteren Vordergasse auf einem zweigeschossigen Steinbau von 1354 (1.194) und in der «Hoffnung» in der Unterstadt als Brandmauer auf einem Steinsockel der Zeit um 1355 (Abb. 146 und 478; 1.121). Baulich spiegeln die Wände präzise die oben erwähnten Vorschriften dieser Zeit.270 Dies gilt auch für die Reste ganzer Fachwerkhäuser auf einem Steinsockel der Zeit um 1370 in der Webergasse, so in der «Sanduhr» (1.243) und im «Grossen Erker» (1.127). Einzigartig sind Schindeln als Deckenuntersicht im «Pelikan» (Abb. 83; 1.153). Die Bohlenstuben dieser Zeit werden weiter unten behandelt, genauso die unzähligen Scheunen und Ställe, die es einmal gab.271 Hinzu kommen einzelne Dachstühle, deren Dachneigungen von 40° bis 46° darauf hindeuten, dass sie von hohlziegelgedeckten Dächern stammen.272 1345 datiert das bislang älteste erhaltene Pultdach im «Bären» in Feuerthalen, Rheingasse 5 (Abb. 147; 1.253). Das älteste Satteldach ist jenes von 1364 im «Lindenbaum» in der Unterstadt (Abb. 148; 1.129). In dieser Gasse ¿QGHQ VLFK 5HVWH YRQ ZHLWHUHQ 6DWWHOGlFKHUQ GLHser Zeit im «Pelikan» (1.153) und in der «Hoffnung» (1.121). Im «Gelben Haus» an der Stadthausgasse ist der Abdruck eines solchen Satteldachs nachgewiesen (1.137). Auch das ebenfalls in weiten Teilen erhaltene grossartige, längsgebundene Rofendach des Kaufhauses von 1394/95, heute Rathaus, hat eine Dachneigung von 45° (Abb. 149; 1.199). Das mit einer Neigung von 51° VWHLOVWH 'DFK GLHVHU =HLW LVW MHQHV LP 1RUGÀ JHO 265
266 267 268 269 270 271 272
Bänteli 2010c, S. 57f., S. 89; dieses Detail ist in unserer Gegend kein Hinweis dafür, dass die Decke nachträglich eingebaut ist, vgl. Untermann 2009, S. 266. Untermann 2009, S. 266. Vgl. unten, S. 167. Vgl. unten, S. 130. Vgl. unten. S. 173. Vgl. oben, S. 108. Vgl. unten, S. 172. Vgl. oben S. 72 und 108 und unten, S. 176.
Abb. 146 U Brandmauer aus Fachwerk mit verputzter Flechtwerkausfachung. Beispiel «Hoffnung» (1.121), Westwand 2. OG: Fachwerk mit Rotfassung auf älterer Gelbfassung, um 1355 oder spätes 14./15. Jh. Abb. 147 Y «Bären», Feuerthalen (1.253). Ältestes erhaltenes Pultdach der Stadt Schaffhausen mit Dachstuhl von 1345 aus Fichtenhölzern. Das Scherband am Dachfuss dient der Aussteifung der vier Binder, vgl. Abb. 132.
Abb. 148 «Lindenbaum» (1.129). Ältestes erhaltenes Satteldach der Stadt Schaffhausen mit Dachstuhl von 1364 aus Fichten- und Weisstannenhölzern. Blick gegen den «Weissen Schlüssel» während des Dachausbaus 2012, vgl. Abb. 449.
113
Abb. 149 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Vom mächtigen Satteldach des Kaufhauses von 1394/95 blieb etwas mehr als die Hälfte erhalten. Es ist ein längsgebundenes Rofendach aus Fichten- und Weisstannenhölzern mit ursprünglich 9 Bindern. Alle originalen Hölzer haben eine dunkle Patina, während die hellen Konstruktionshölzer im Zuge der Umbauten der Rathauslaube von 1586(?) und 1922 eingebaut wurden.
Abb. 150 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062), Dachstuhl von 1356 aus Fichten- und Weisstannenhölzern. Die Sparrendreiecke mit Hahnen- und Kehlbalken besitzen keine längsaussteifenden Hölzer und werden nur über die Dachlatten zusammengehalten, vgl. Abb. 831.
des Barfüsserklosters von 1356 (Abb. 150). Das Sparrendach wurde 1402 als Rofendach mit Stuhl erweitert und gehört sicher zu den eindrücklichsten Holzkonstruktionen unserer Stadt (Abb. 151). Im mittelalterlichen Holzbau werden jene Hölzer als Rofen bezeichnet, die die Dachhaut tragen und von waagrechten Pfetten unterstützt werden. Deshalb wird diese Konstruktion auch Pfettendach genannt. Sie ist typisch bei Pultdächern und häu¿J EHL 6DWWHOGlFKHUQ +HXWH ZHUGHQ GLHVH +|O]HU gemeinhin alle als Sparren bezeichnet. Beim selten anzutreffenden eigentlichen Sparrendach tragen die einzelnen Sparrenpaare selbständig die Dachlast.273 114
Nicht zu vergessen sind hochliegende Holzkonstruktionen, die sich aber archäologisch nur in Ausnahmefällen nachweisen lassen. Die Untersuchungen auf der Burg Hohenklingen haben vom Boden abgehobene, zwischen die Mauern gespannte Aufbauten erkennen lassen, die sowohl KRFKOLHJHQGH 1XW]ÀlFKHQ DOV DXFK HEHQHUGLJ WURckenen Raum schafften. So wurde der 1253 erbaute steinerne Mittelbau-Nordost 1258–1283 erweitert und 1393 der Osthof zwischen Schildmauer und neuem Turm überdeckt. 274 Derlei Befunde gab es sicher auch in der mittelalterlichen Stadt und müssten für deren Rekonstruktion berücksichtigt werden.
Stadtbrände im früheren 14. Jahrhundert Neben dem bekannten und unten detailliert behandelten Stadtbrand von 1372 sind weitere Brände für diesen Zeitabschnitt überliefert. 1316 brannte es auf der Steig bei der Siechenkirche: … brandstätten uffen der Staige disent der Siechen kilchen.275 Daraus resultierten feuerpolizeiliche Vorschriften für den Wiederaufbau der Häuser, GLH VLFK NDXP YRQ GHQ HWZDV M QJHUHQ $XÀDJHQ unterscheiden, die wir bereits besprochen haben.276 Schäden durch Brand und Raub in unbekanntem Ausmass sind in der Stadt für den Krieg von 1332/33 überliefert: …in dem selben krieg, die unser guot verbranden und uns berobetten.277 Der Krieg war der Höhepunkt jahrelanger, eskalierender Auseinandersetzungen des Abts mit seinem Konvent, trotz verschiedener, fruchtloser Schlichtungsversuche des Königs, des Bischofs von Konstanz und des ab 1330 wieder amtierenden österreichischen Herzogs. Als schliesslich die Stadtbürgerschaft den Abt gefangen nahm, erklärte der Bischof den Krieg gegen die Stadt und belegte sie mit dem Bann.278 Ein weiterer, nur sehr fragmentarisch überlieferter Stadtbrand wird in das Jahr 1341 (oder 1351) datiert und soll die Häuser zwischen der Vorderund der Brudergasse, heute Stadthausgasse, betroffen haben.279 Vermutlich steht die erwähnte Bauordnung von 1342 in diesem Zusammenhang: …und wäre, daz jeman ain hus hie wolti buwen, es wäre verbrunnen oder nit.280 6FKOLHVVOLFK ¿QGHW VLFK LQ GHQ $XI]HLFKQXQJHQ des 1414 verstorbenen Kustos von Allerheiligen, Johannes Hallauer, folgende Stelle: Anno Domini M.CCC.L.III kl. Decembris monasterium omnium sanctorum Scaff. cum XI optimis caponis et multis ornamentis devastata fuit per ignem. Über-
273 274 275 276 277 278 279 280 281
282
Zur Unterscheidung von Rofen- und Sparrendächern: Eissing/Furrer/King 2012, S. 94–97; Untermann 2009, S. 260–262. Bänteli 2010c, S. 84. STASH UR 1/380; Mommsen 1989, S. 67f. Vgl. oben, S. 108. STASH UR 1/555. STASH UR 1/555 und 1/563; Schudel 1986, S. 1501, S. 1524. Bäschlin 1878, S. 154. Schib 1967, S. 32, und oben, S. 108. Schudel 1986, S. 1527; Rüeger 1884, S. 700 mit Anm. 4; Rahn 1902/3, S. 289 und Anm. 1; Handschrift Min 68, 156v, in: Gamper/Knoch-Mund/ Stähli 1994, S. 168–170. Für die nochmalige Überprüfung danke ich Roland E. Hofer und Hans Lieb. Bänteli 1999a, S. 106.
liefert wird also ein Brand im Kloster Allerheiligen Anfang Dezember 1353, dem auch die Innenausstattung und nach der nicht restlos klaren Überlieferung vermutlich viele Glocken zum Opfer gefallen seien.281 Obwohl letzteres für ein ausgesprochen grosses Feuer spricht, haben unsere allerdings noch lückenhaften Bauuntersuchungen im Kloster Allerheiligen bislang keinen Nachweis für dieses Ereignis erbringen können. Gut möglich, dass das überlieferte Datum falsch ist und das Jahr 1383 betrifft, als der ausgebrannte Münsterturm einen neuen, dendrochronologisch datierten Glockenstuhl erhielt, zusammen mit einem ersten Spitzhelm.282
Abb. 151 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Dachstuhl von 1402 aus Fichten- und Weisstannenhölzern. Dieser übernimmt die Dachform von 1356, besitzt nun aber einen Stuhl, zu dem der Ständer mit Stuhlrähm und aussteifendem Steigband gehört. Der Mörtelüberzug (1) dient als Feuerschutz, vgl. Abb. 832 und 833.
Aus den archäologischen Befunden scheinen sich für diesen Zeitabschnitt zwei Grossbrände in der unteren Vordergasse und der Unterstadt abzuzeichnen. Der eine geschah in den Jahrzehnten um 1300 in der östlichen Unterstadt im Bereich 115
Abb. 152 Unterstadt-Ost, Plätzchen vor der «Winde» (1.240). Die bis 1,4 m unter die Pflästerung reichenden Kieskoffer (1) zeigen, dass das Plätzchen bereits im Mittelalter bestand. Eine Sumpfkalkschicht (2) zeigt seine Zwischennutzung für eine Baustelle. Nach einem Brand in den Jahrzehnten um 1300 (3) folgen im 14. Jh. zwei mächtige Lehmpakete (4, 5) als Böden für ein Holzhaus. Dieses brannte in den Jahrzehnten um 1400 ab, wie die jüngste von drei Bodenerneuerungen zeigt (6–8). Danach wurde es nochmals aufgebaut, wovon der jüngste Lehmboden (9) stammt.
von Läufergässchen (Abb. 152), Salzhof und Hofmeisterei (1.164, S. 267; 1.216, S. 313; 1.235, S. 290 und 1.240, S. 312). Ein zweites Ereignis, das bei den einzelnen Fundstellen als Grossbrand um die Mitte des 14. Jahrhunderts bezeichnet wird, betrifft die Brandrötungen beidseits der Gasse in der Häusergruppe Unterstadt 22–31 (1.121, S. 337; 1.129, S. 318; 1.153, S. 334; 1.170, S. 317). Die zugehörige Brandschicht, in diesem Abschnitt der Unterstadt bereits der dritte Brand, fand sich auch in der Strasse 0,6 m unter der OberÀlFKH 6 Eindeutige Dendrodaten branderneuerter Häuser sind nur in der «Hoffnung» (1.121) um 1355 und im «Lindenbaum»/«Weisser Schlüssel» (1.129) im Jahr 1364 vorhanden. Möglicherweise handelt es sich auch um mehrere Ereignisse, die kurz nacheinander eintraten. Unsicher ist ferner, ob sich dieser Grossbrand über den Bach bis ins Quartier um die Ampelngasse fortsetzte, wo sich eine Brandschicht aus der Jahrhundertmitte283 in der Gasse nachweisen lässt (1.206, S. 360). Sie dürfte mit den Brandrötungen am Kernbau im Haus «Zur Gerbe» mit seinen benachbarten Bauten (1.116, S. 367) und dem Vorgänger des «Posthorns» (1.141, S. 378) zusammenhängen. In diesen beiden Häusergruppen um Ampelngasse und PLWWOHUH 8QWHUVWDGW ¿QGHQ ZLU ZLH REHQ EHVSUR-
chen, noch heute an je drei Häusern die Fenstergewände der Jahre 1318/1354.284 Sie könnten folglich im Zusammenhang mit Erneuerungsarbeiten oder Neubauten nach diesen Bränden entstanden sein. Bauuntersuchungen oder eindeutige Dendrodaten fehlen hier aber ebenfalls.
283 284 285
286
Anhand der Fenstergewände aus dieser Zeit, vgl. oben, S. 111. Vgl. oben, S. 109. Landolt 2004, S. 28, S. 34–36; Schmuki 1988, S. 170; Ammann 1948, S. 222–234; detailliertere Informationen könnten aus den Steuerbüchern und der Häuserdatenbank gewonnen werden. Vgl. oben, S. 59.
116
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Der grosse Stadtbrand vom 0DL í %HIXQG XQG )LNWLRQ
Das grosse Wachstum der Stadt war nun zu Ende. Ein allgemeiner Grund dafür war sicher das Aufkommen der Pest in Europa um Mitte des 14. Jahrhunderts. Die unmittelbaren Auswirkungen für Schaffhausen sind unbekannt. Gegen Ende des Jahrhunderts besass die Stadt noch etwas mehr als 4000 Einwohner. Die Zahl ging in der Folge weiter zurück und stagnierte bei etwa 3500, um erst nach der Reformation wieder kräftig anzusteigen.285 Hinzu kam der Stadtbrand von 1372. Er war einerseits die grösste Katastrophe, die die mittelalterliche Stadt je erlitt. Andererseits trug dieses Ereignis aber auch nachhaltig zur Modernisierung der Stadt bei, die auch in politischer Hinsicht durch die Einführung der Zunftverfassung im Jahr 1411 einen grossen Entwicklungsschritt machte (Abb. 153).
Der zweite grosse Stadtbrand seit dem zähringischen Überfall von 1120286 suchte Schaffhausen am 5. Mai 1372 heim. Es gibt eine Anzahl Quellen, die indirekt auf dieses Ereignis Bezug nehmen. Am aussagekräftigsten ist zweifellos der Steuererlass der österreichischen Herzöge vom Ende des Jahres 1373. Er wurde für fünf Jahre gewährt, weil die Bürger von Schaffhausen grozzen schaden genomen habent von der prunst… sunderlich an turnen, erkeren, ringkmauren und anderen werlichen und notdurftigen pawn der stadt. Sie sollten das gesparte Geld zur Erneuerung der beschädigten Wehranlagen und anderer wehrhafter Bauten verwenden; die Stadt nahm dazu 4UBEUFOUXJDLMVOH 4DIB IBVTFOT 4USBTTFO .JUUF +I 4USBTTFO VN
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Abb. 153 Stadtentwicklung Schaffhausens í
117
Abb. 154 Ersatz eines im Stadtbrand verbrannten Privilegienbriefes, ausgestellt am 3. Dez. 1373 in Wien durch die Herzöge Albrecht und Leopold von Österreich. Sie bestätigen der Stadt Schaffhausen alle ihre früheren Privilegien und Freiheiten für geleistete Dienste und bewiesene Treue, STASH UR 1/ 1012.
Abb. 155 Zweites Stadtsiegel, das von 1265 bis zum Stadtbrand 1372 verwendet wurde (oben) und drittes Siegel, das nach dem Stadtbrand von 1372 bis ins 16. Jh. in Gebrauch war.
118
auch Anleihen auf.287 Zweifellos gab es viele Tote, die zum Teil auch im Jahrzeitbuch der Barfüsser verzeichnet sind.288 Hinzu kommen im Brand zerstörte Schriftstücke, deren erneute Ausfertigungen erhalten sind, beginnend kaum einen Monat nach dem Brand und andauernd bis 1385 (Abb. 154).289 Auch wenn eine Urkunde von 1378 den Brand auf das Jahr 1371 vordatiert, belegen diese Quellen das Ereignis zweifelsfrei. Bemerkenswert ist schliesslich das neue Stadtsiegel, das erstmals eine Urkunde vom 3. Juni 1372 ziert. Das alte Siegel hat den Brand ebenfalls nicht überlebt und wird letztmals mit einer Urkunde vom 10. Oktober 1371 überliefert (Abb. 155).290 Die in der Literatur immer wieder zitierten und zum Teil detailliert beschriebenen Umstände und Örtlichkeiten des grossen Stadtbrands sind dagegen widersprüchlich und zum Teil wohl legendenhaft.291 Im Jahre 1389, ganze 17 Jahre später, sollen noch deutliche Überreste des Brandes sichtbar gewesen sein. Damals stellte die Stadt einen Bettelbrief aus, um Almosen für den Neubau des durch das Feuer zerstörte Armenspital zu sammeln. Aber schon Rüeger hat Mühe bekundet, diese grosse Zeitdifferenz der Spitalerneuerung nach dem Stadtbrand von 1372 zu erklären.292 Lebten die Spitalinsassen seither in hölzernen Provisorien oder gab es gar zwei verschiedene Brände? Massive Brandrötungen aus dieser Zeit sind auf jeden Fall im und um das Spital vorhan-
den, sie können aber mangels Dendrodaten nicht jahrgenau datiert werden (1.134, S. 492; 1,152, S. 483; 1.239, S. 485). Im Gegensatz dazu fehlen für das angeblich durch das Feuer zerstörte Kloster St. Agnes in dieser Zeit Brandspuren vollständig (1.079).293 Im Barfüsserkloster ist die Situation diesbezüglich noch unklar, während die ausgebrannte Leutkirche St. Johann in den Brandschilderungen nirgends auftaucht.294 Zu guter Letzt hat die Stadtkernforschung eindrücklich dargelegt, dass die Vorstellung von einer brandzerstörten Stadt aus schindelgedeckten Holzhäusern, wie sie mittlerweile für das Dorf Berslingen vom 6.–11. Jahrhundert belegt sind,295 für Schaffhausen im Mittelalter eine reine Fiktion ist.296 Die grösseren Bürgerhäuser der Stadt waren, wie oben dargelegt, schon seit Jahrhunderten zu einem guten Teil aus Stein gebaut und mit Ziegeln gedeckt.297 Die immer wieder ins Feld geführten verschiedenen Bauvorschriften des 14. Jahrhunderts und die Gesetzessammlung des Rats im Stadtbuch von 1385 waren sicher alte Regelungen,298 die periodisch aufgeschrieben und PRGL¿]LHUW ZXUGHQ XP $EZHLFKOHU YRQ GLHVHQ Vorschriften, Scheunen, Ställe und andere Nebenbauten in der Stadt sowie die Häuser vor den Stadtmauern in den Vorstädten einem möglichst feuersicheren Standard zu unterwerfen.
287 288 289 290 291 292 293 294 295 296
297 298 299 300
Neubau der Stadtkirche St. Johann Die Untersuchungen in der Stadtkirche führten zur überraschenden Erkenntnis, dass die romanische Leutkirche III im Stadtbrand von 1372 zerstört, die Ruine dann abgebrochen, an Ort und Stelle einplaniert und eine gotische Kirche auf einem 2,7 m höheren Gehniveau neu erbaut wurde (Abb. 52, 54 und 156; 1.092).299 Dies kann damit begründet werden, dass die alte Kirche durch die andauernde Bestattungstätigkeit quasi «im Dreck versunken» war. Um einen grosszügigeren Raum vor der niederen Trinkstube und späterem Rathaus, zwischen Gasse, Friedhof und Kirche zu schaffen, verschob man das neue Gotteshaus IV von St. Johann um die Hälfte seiner Breite nach Norden (Abb. 157 und 158). Zuerst wurde das QXQ GUHLVFKLI¿JH /DQJKDXV PLW GHP XQWHUHQ 'ULWtel des Turms erstellt, dessen Michaelskapelle als provisorischer Chor diente.300 So liessen sich die kirchlichen Riten raschmöglichst wieder aufnehmen. Danach wurde der heute noch erhaltene Chor mit der dreigeschossigen Sakristei und dem Beinhaus im Untergeschoss gebaut. Es dauerte
Abb. 156 Stadtkirche St. Johann (1.092). Die glasierten Ofenkacheln aus dem 14. Jh. sind 1971 bzw. 1986/87 im Abbruchschutt/Friedhof über der Ruine der verbrannten romanischen Kirche, vor dem Chor und in der Krypta von St. Johann zum Vorschein gekommen. Sie stehen beispielhaft für das umfangreiche Fundmaterial aus der Stadtkirche, das noch nicht ausgewertet ist (M 1:4).
Mommsen 1989, S. 182; Landolt 2004, S. 411; Schultheiss 2006, S. 213. Rüeger 1884, S. 795, Anm. 7, S. 851, Anm. 2. STASH UR 1/1171; Mommsen 1989, S. 179f.; Schib 1967, S. 73 und S. 152; Rüeger 1884, S. 1109 zu S. 385. Bruckner-Herbstreit 1951, S. 33f. Bäschlin 1878; Steinegger 1942, S. 65; zuletzt Schib 1972, S. 76–78. STASH UR 1/1230; Rüeger 1884, S. 324f.; Landolt 2004, S. 503f. Rüeger 1884, S. 283, Anm. 6. Bänteli 1990, S. 47–50. Bänteli/Höneisen/Zubler 2000. Landolt 2004, S. 411; Bächtold, Kurt: «Wie man... buwen sol», SN 29.11.1980; Schib 1972, S. 76–78; Frauenfelder, Reinhard: Mittelalterliche Bauordnung in Schaffhausen, Schaffhauser Zeitung 301, 1967. Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 108. Bänteli 1990, S. 47–50. Bänteli 1990, S. 51.
119
Abb. 158 ZZ Stadtkirche St. Johann (1.092), Bauentwicklung in gotischer Zeit. 1. Leutkirche IV, Neubau nach Stadtbrand, Ende 14. Jh. 2. Leutkirche V, Neubau und Westerweiterung Kirchenschiff, Turmdach, 1466–1472. 3. Leutkirche VI, äussere Seitenschiffe 1515–1517. Visualisierung Ruth Baur 1990. Hans Wilhelm Harder, Aquarell 1835.
bis in die Jahre um 1420, bis schliesslich auch der heute noch beeindruckende Turm vollendet war (Abb. 158.1, 210 und 216). Im Turm wurden auch Urkunden aufbewahrt, wie das explizit für die 1411 gewonnenen Fryheiten, die Zunftverfassung, belegt ist.301 Deshalb ist davon auszugehen, dass auch der romanische Vorgängerbau einen Archivraum besass, in dem all jene Schriftstücke zusammen mit dem Stadtsiegel verbrannten, die nach dem Verlust wieder erstellt werden mussten. Das Rathaus, das als zweiter Aufbewahrungsort der Schriften des Stadtschreibers in Frage kommt, muss im Gegensatz zu früheren Annahmen den Brand unbeschadet überstanden haben,302 weshalb ein Teil der älteren Urkunden bis heute er-
Abb. 157 Stadtkirche St. Johann (1.092). Übersichtsplan mit allen Bauphasen (M 1:400).
St. Johann I
um 1000
St. Johann II
2. H. 11. Jh.
St. Johann IIa/b
um 1100
St. Johann III
1. H. 12. Jh.
St. Johann IIIa
2. H. 12. Jh. / 1. H. 13. Jh.
St. Johann IV
Ende 14. Jh.
St. Johann V
1466–1472
St. Johann VI
1515 / 1517
halten blieb. Sein Standort zur Zeit des Stadtbrandes ist noch unklar.303 Die Sporrengasse als vermuteter Rathausstandort war jedenfalls vom Brand betroffen (1.217).304 Nordöstlich des Turms liegen auf dem Kirchhofplatz die Überreste der zugehörigen gotischen Bauhütte (1.106). Nach der Vollendung des Turms wurde in den 1420er-Jahren dieser Bereich zur Erweiterung des Friedhofs der Stadtkirche genutzt. An den Kosten des letzteren mussten sich neben dem Abt von Allerheiligen auch die Frauen von St. Agnes beteiligen. Die streitbaren Nonnen weigerten sich aber noch jahrzehntelang, ihren Beitrag zu zahlen (1.130).305 301 302 303 304 305
Bänteli 2011, S. 36. Schultheiss 2006, S. 151f.; Frauenfelder 1945a, S. 10f. Vgl. oben, S. 106. Vgl. unten, S. 124. Lieb/Waldvogel 1990, S. 135f.
.
2703213
Schellengasse / Kirchhof 1.092
.
M23
.
9031830.9 .
Kronengässchen
.
Profil A
. .
Leutkirche St. Johann
.
Kirchhof .
N
.
N . V
120
121
Erneuerung der brandbeschädigten Befestigungsanlagen
Abb. 159 Diebsturm (1.136). Blick von unten in den kunstvollen Unterbau des Zinnendachs aus Nadelholz von 1381. Er entstand zusammen mit der Turmaufstockung nach dem Stadtbrand von 1372. Abb. 160 «Adler» (1.111), Finsterwaldturm. Originaler Abschnitt des Wehrgangs der Zeit um 1380, vgl. Abb. 884. Abb. 161 Stadtansicht um 1870 mit dem beidseits des Munot erhaltenen Wehrgangabschnitt. Der Wehrgang wird in den Quellen Umlouff genannt. Er bildete einen durchgehenden, etwa 1,6 km langen Gang entlang der Stadtmauern vom Mühlentor über das Schwabentor bis zum Schwarztor/Rheintor.
122
Die Behebung der Schäden an den Wehrbauten, welche die österreichischen Herzöge den Bürgern der Stadt aufgetragen hatten, lässt sich an verschiedenen Orten nachvollziehen. Ins Jahr 1381 datiert die Aufstockung des ausgebrannten unteren Diebsturms um 4,5 m (Abb. 159; 1.136, S. 696). Damit ging die Aufstockung der Stadtmauer im «Haberhaus» einher (1.208). An der Bahnhofstrasse 50 (1.174) erreichte die Mauer 14 m Höhe über der Grabensohle. Dies ist in etwa die jetzige Traufhöhe der Häuser. Sie hielt damit Schritt mit dem Höhenwachstum der innerstädtischen Bebauung, deren Häuser nicht mehr ein oder zwei, sondern bereits drei Obergeschosse aufwiesen. Im Osten allerdings, beim Webertor, wo die Häuser bescheidener und niedriger waren, an befestigungstechnisch auch untergeordneter Stelle, verharrte die Stadtmauer lange auf ihrem ursprünglichen Niveau (1.238). Intensive Brandrötungen zeigt auch der Obertorturm, der damals noch ein Wohnturm an der Stadtmauer war (1.228, S. 468). Auch die Aufstockung der Stadtmauer mit dem Wehrgang in der äusseren Vorstadt beim «Adler» gehört dazu, jedoch nicht, weil hier der Brand ebenfalls gewütet hätte, sondern weil die Mauern rund um die Stadt auf das Niveau der Flankenmauern am Annot gebracht werden mussten, der jüngsten und letzten Stadterweiterung, die ein gutes Jahrzehnt vor dem Stadtbrand datiert (1.112).306 Mit dieser zweiten Erhöhung erreichte die Stadtmauer mit dem Zinnenkranz ihre endgültige Höhe von 11,5 m ab Gehniveau.307 Sie erhielt einen neuen Wehrgang, von dem beim «Adler» ein Abschnitt der Jahre um 1380 erhalten ist (Abb. 70.4 und 160; 1.111). Gut dazu passt auch der 1382 datierte wiederverwendete Balken des einstigen Wehrgangs beim Webertor (1.238). Grundsätzlich beträgt die Breite der Wehrgänge 1,3–1,7 m. Sie lagen aber nur teilweise frei. Wo die Häuser an die Stadtmauer angebaut waren oder durch spätere Erweiterung bis an diese reichten, führten die Wehrgänge auch durch die Dachräume der Häuser. Sie waren von diesen mit einer Fachwerkwand abgetrennt, so dass ein durchgehender geschlossener Gang bestand, der in den Quellen Umlouff genannt wurde. Seine Gesamtlänge betrug vom Mühlentor über Schwabentor bis zum Schwarztor/Rheintor etwa 1,6 km Länge (Abb. 161; 1.111; 1.136; 1.152; 1.208 und 1.245).308 Die Hausbesitzer wurden dafür von der Stadt entschädigt, wie ein Beispiel von 1435 zeigt, als der Wehrgang vom Annot durch das ans Schutzgatter anstossende neue Haus des Gerbers Conrad Keller geführt werden musste.309
Schliesslich ist es kein Zufall, dass in der Zeit nach dem Stadtbrand das städtische Werkhaus auf dem Herrenacker eingerichtet wurde (Abb. 153; 1.186), dazu 1411 die Mange und Färbe an der heutigen Ecke zur Rosengasse (Herrenacker 3).310 Ebenso wird verständlich, dass 1379 das Kloster Allerheiligen seinen Steinbruch hinter den Mühlen für die Bauvorhaben der Stadt und ihrer Bürger öffnet. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wird der innerstädtische Steinbruch in der Grueb vollständig aufgegeben und aufgefüllt (1.200). Am neuen Ort konnte nicht nur Kalkstein in unbegrenzten Mengen abgebaut werden, sondern auch JOHLFK]HLWLJ 5DXP JHVFKDIIHQ ZHUGHQ I U HLQH ÀDchere und kürzere Strassenverbindung für den Gütertransport entlang des Rheins. Dazu entstand die Katzensteig mit ihrer Verlängerung bis an den Rheinfall. Zum Schutz der klösterlichen Mühlen, Walken und Schleifen wurde bei der Niedermühle ein äusseres Tor mit einer abschnittweisen Letzimauer angelegt (1.072).311 Nach der Eröffnung dieses für alle Bürger zugänglichen Steinbruchs wurden alle Steinbauten in Schaffhausen ausschliesslich aus Kalkstein gebaut. Das jüngste Haus, bei dem noch Bollensteine verwendet worden sind, ist der «Straussen» an der unteren Vordergasse. Er datiert in das Jahr 1354 (1.194).
Vorstadt (1.131).313 Die Datierung dieses Typs kann somit auf maximal ein halbes Jahrhundert in die Jahre um 1373/1403 eingegrenzt ZHUGHQ 6HLQ 9RUOlXIHU LVW GDV 3UR¿O GHU =HLW von 1318/1354.314 Der Fenstertyp 1373/1403 ist im Zusammenhang mit Brandrötungen gleichsam ein Leitfossil der Erneuerung der Bürgerhäuser nach dem Stadtbrand von 1372. Die vielen neuen Handwerker, die für die Stadterneuerung hinzugezogen werden mussten, haben dazu beigetragen, dass diese neuen )HQV WHUSUR¿OH UDVFK LQ 0RGH NDPHQ 9LHOleicht ist dies auch der Grund für das Aufkommen von Backsteinen in Schaffhausen unmittelbar nach dem Stadtbrand.315 In plausiblem Zusammenhang mit dem StadtEUDQG ¿QGHQ ZLU GLHVHQ )HQVWHUW\S HWZDV REHUhalb der Stadtkirche St. Johann am Umbau des ebenfalls brandbeschädigten Haus zum «Tunnel» zusammen mit dem gleichfalls aus dieser Zeit stammenden Eselsrückenportal, das noch heute von der Vordergasse ins Tunnelgässchen führt (Abb. 257 und 259; 1.133, S. 232). Dreigeschossig sind die unweit davon unten an der Stadthausgasse gelegenen Häuser «Roter
Abb. 162 V In die Jahre um 1373/1403 datieren die Rechteckfenster mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf. Beispiel «Gelbes Haus» (1.137), ehemaliges Doppelfenster von 1386 im 2. OG der Hinterhoffassade (1), vgl. Abb. 705. Abb. 163 VV «Roter Stern» (1.255). Streng symmetrische Fassadenarchitektur der Fenster aus der Zeit von 1373/1403, vgl. Abb. 341.
Der Fenstertyp von 1373/1403 und die Erneuerung brandbeschädigter Bürgerhäuser In den Jahren nach dem Stadtbrand kommen rechteckige Fenstergewände aus meist rotem Sandstein auf, die eine kräftige Hohlkehle mit abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf besitzen (Abb. 162). Noch mehr als 20 solcher Fenster sind erhalten (Abb. 141). Meistens tritt der Typ als Zweierfenster auf, bei dem oft der Mittelpfosten entfernt wurde. Seltener sind Einer- und in einem Fall auch Dreierfenster. Dieser Fenstertyp lässt sich dendrochronologisch bislang auf die Jahre zwischen 1373 und 1403 eingrenzen. Ältester dendrodatierter Vertreter für dieses Fenster- und 7 USUR¿O LVW GDV +DXV ©=XU :LQGHª LQ 6WHLQ DP Rhein.312 /HW]WPDOV ¿QGHQ ZLU HV ELVODQJ dendrodatiert in Schaffhausen im «Löwen» in der 306 307 308 309 310 311 312 313 314 315
Vgl. oben, S. 105. Zu den verschiedenen Zinnenformaten Bänteli 2010c, S. 80–82. Bänteli 2011, S. 63–65; Bänteli 2010c, S. 81. Vgl. unten, S. 523. Bänteli 2011, S. 55. STASH UR 1/1079; Bänteli 2011, S. 61f.; Landolt 2004, S. 458f.; Bänteli 1999a, S. 29. Bänteli 2010c, S. 51, S. 57–59. Vgl. unten, S. 130. Vgl. oben, S. 109. Vgl. unten, S. 179.
123
Stern» und «Rhinozeros», die mindestens acht dieser Fenstertypen von 1373/1403 aufweisen und deshalb vermutlich nach dem Brand als Neubauten entstanden sind (Abb. 163; 1.255). ,Q GHU Q|UGOLFKHQ +lOIWH GHU 6SRUUHQJDVVH ¿QGHW sich die Brandschicht in einer Tiefe von 0,4–0,6 m (1.207, S. 241), zusammen mit Brandrötungen in den anstossenden Häusern «Kerze» und «Hinterer Trauben» und Hinweisen, dass der dazwischenliegende «Eisenring» danach in Fachwerk neu gebaut wurde (1.169). Oben an der Ecke der Stadthausgasse zum Fronwagplatz steht der «Turm am Ort», dessen Mauerwerk mit dem der anstossenden Gebäude ebenfalls brandgerötet ist. Von der Renovation des Turmdaches besitzen wir erstmals einige Dendrodaten dieser Zeit aus den Jahren 1369/70, was darauf hindeutet, dass der Dachstuhl aus Flössholz aufgerichtet wurde (Abb. 239; 1.189, S. 500). Zwischen Turm und Sporrengasse liegt das «Gelbe Haus» an der Brudergasse, der heutigen Stadthausgasse, das 1386 vielleicht ebenfalls auf einer Brandparzelle entstand (1.137). Dieser Neubau ist ein ausgezeichneter Repräsentant der Baukultur nach dem Stadtbrand. Auch er besass ursprünglich die Rechteckfenster der Jahre 1373 bis 1403 und ist innen noch bis ins 2. Obergeschoss ausgezeichnet erhalten. Bemerkenswert sind die vierachsige Fassade, eine offene Halle mit Hofdurchfahrt im Erdgeschoss, die grosszügige Bohlenstube im 1. Obergeschoss (Abb. 164) und die ehemalige Belétage im 2. Obergeschoss mit Resten einer weiteren Bohlenstube. Schliesslich gehört ein ausserordentlich grosser, überwölbter Keller zu diesem Haus, nebst einem Sodbrunnen im Hof zur eigenen Wasserversorgung.
Abb. 164 «Gelbes Haus» (1.137). Bohlenstube mit Bälkchendecke von 1386, die gegen die Strasse hin 20 cm ansteigt, um mehr Licht in die Stube zu bringen. 1605 kommt der Erker hinzu, zu dem auch die ornamentierte Fenstersäule gehört.
124
,Q GHU 2EHUVWDGW ¿QGHQ ZLU GHQ )HQVWHUW\S YRQ 1373/1403 in der Fassade des «Buchsbaum» im 2. und 3. Obergeschoss. Zusammen mit massiven Brandrötungen im Hinterhof (1.152, S. 483) deutet dies auf eine Renovation und Aufstockung des Hauses nach dem Stadtbrand hin (Abb. 233). Und möglicherweise wurde auch die «Herrenstube» zerstört, wo das Inventar eines Geschirrschranks aus dieser Zeit zum Vorschein gekommen ist (Abb. 186 mit 1.059). Befunde zum Wiederaufbau des Hauses fehlen, weil die heutige «Herrenstube» von 1747/48 stammt. Ebenfalls noch unklar ist die zeitliche Einordnung des Brandes auf der gleichen Seite in der Oberstadt bei der «Laterne»/«Palme» (1.160), während der zweite Brandhorizont in der Neustadt wohl zum Brand von 1372 gehört (1.183).
Gebäude der österreichischen Herzöge beim Kloster Allerheiligen? Bereits 1973 stellte Karl Mommsen fest, dass sich die österreichischen Herzöge gerne in den Mauern der Stadt aufgehalten haben, so etwa im Herbst 1387 Herzog Albrecht IV. für mehr als fünf Wochen. «Da sich an keinem anderen Orte ein längerer Aufenthalt des Herzogs feststellen lässt, dürfen wir die Behauptung wagen, dass Schaffhausen als Residenz und Zentrum der Verwaltung immer wichtiger wurde, obgleich der österreichische Landvogt und seine Verwaltung weiterhin in Baden verblieben.»316 Auch Oliver Landolt kam 2004 zum gleichen Schluss: «Besonders im letzten Viertel des 14. Jahrhunderts wurde Schaffhausen zu einem bevorzugten Aufenthaltsort für HLQ]HOQH |VWHUUHLFKLVFKH +HU]|JH +lX¿J ZXUGHQ
Verhandlungen mit Fürsten und anderen hohen Herren in Schaffhausen geführt. Die Stadt scheint auf dem besten Wege gewesen zu sein, österreichische Residenzstadt in den Vorlanden zu werden.».317 Neu zu diesen Überlegungen hinzu kommt das Itinerar der österreichischen Herzöge Leopold IV. (1386–1411) und Friedrich IV. (1401–1418) von Christian Sieber, auf das Peter Niederhäuser aufmerksam machte.318 Leopold logierte Anfang August 1393 acht Tage in der Stadt; tageweise Aufenthalte sind in der Folge für die Jahre 1393, 1395, 1398, 1400 und 1401 belegt. Friedrich residierte 1404 im August einige Tage, 1405 ab Anfang Januar zwei Monate und ab Ende April vier weitere Monate in der Stadt, im Frühjahr 1406 einen Monat zusammen mit Leopold und ab Anfang Juni vier weitere Monate wieder alleine. Anfang des Jahres 1407 und im Spätherbst 1408 waren es noch höchstens je zwei Wochen. 1409/10 und 1412/13 sind keine Aufenthalte in Schaffhausen belegt. 1411 und 1414/15 verkürzte sich ihr Aufenthalt auf jeweils einige Tage; danach war Schaffhausen wieder reichsfreie Stadt. Diese regelmässigen Aufenthalte machen deutlich, dass Schaffhausen über längere Zeit eine wichtige Stadt für die Herzöge war, die die Stadt etwa durch den Salzhof tatkräftig förderten. Herzog Leopold hatte 1376 ze Schaffhausen ain Salzhaus gemacht…, für saltz und isen… das den Reyn abkomet.319 Gleichzeitig verbot er das Ausladen dieser Güter in Diessenhofen. Dort hatten die österreichischen Herzöge 1328 den von ihnen verpfändeten Zoll zurückgekauft, und unmittelbar danach war unter der Burg der Truchsessen von Diessenhofen eine neue Kelleranlage eingebaut ZRUGHQ GLH YRQ GHU 6FKLIÀlQGH DP 5KHLQ ]Xgänglich war und zur Aufbewahrung und zum Verkauf von Transitgütern diente.320 Diese Funk316 317 318
319 320 321
322 323 324 325
Mommsen 1973, S. 63. Landolt 2004, S. 21. Ich danke Peter Niederhäuser für Hinweise und Diskussionen zu diesem Abschnitt. – Niederhäuser 2010, S. 77–93; Sieber, Christian: Das Itinerar der Herzöge Leopold IV. und Friedrich IV. von Österreich von der Schlacht bei Sempach (1386) bis zur Aussöhnung mit König Sigmund (1418) in: Niederhäuser 2010. Mommsen 1989, S. 192. Baeriswyl 2003, S. 126. Mommsen 1989, S. 192; Mommsen 1973, S. 61f.; Landolt 2004, S. 190 mit der falschen Aussage, dass Herzog Leopold das Stapelrecht für Salz und Eisen 1376 auf den Salzhof übertragen habe; ders. richtig 1380 auch S. 251f. Mommsen 1973, S. 61f. STASH UR 1/1100, vgl. den Kommentar dazu bei Mommsen 1989, S. 202; vgl. unten, S. 292. Peyer 1987, S. 205–219, bes. S. 210–212; zu den Gasthäusern in Schaffhausen Bänteli 2014b, S. 77. Bänteli 2014a, S. 64.
tion verlagerte Herzog Leopold nun 1376 in sein neues Salzhaus nach Schaffhausen.321 Vielleicht versteckt sich dieser Neubau in den Fundamenten, die noch unter dem Freiem Platz liegen, oder in jenen, die wir im «Schweizerhof» ausgegraben haben (1.164 und 1.235). Zudem erliess der Herzog in dieser Zeit auch eine Ordnung für den Schaffhauser Salzhof und beanspruchte eine Abgabe von jeweils zwei Gulden für eine Salmansweiler Salzscheibe oder ein Pfund Eisen, wovon er die Hälfte der Stadt überliess. 322 Offensichtlich markierte er damit auch seinen Anspruch auf den Schaffhauser Salzhof, welchen er schliesslich 1380 von Eberhard lmthurn und Ulrich und Johannes Winkelsheim erwerben konnte. Die genauen Umstände dieser Übernahme sind noch ungeklärt.323 Angesichts ihrer monatelangen Aufenthalte VWHOOWH VLFK ]ZDQJVOlX¿J GLH )UDJH ZR GLH Herzöge in Schaffhausen abgestiegen sind. Schriftquellen dazu fehlen. Nahmen sie entsprechend dem Beispiel anderer Herrscher dieser Zeit bei reichen Bürgern Herberge oder in den örtlichen Gasthäusern?324 Als einzig möglicher Profanbau schien sich für die Repräsentation (Hofhaltung, Verhandlungen, Gerichte etc.) das nur an Jahrmarkttagen vollständig genutzte Kaufhaus PLW VHLQHQ EHLGHQ ZHLWOlX¿JHQ +DOOHQ DQ]XELHWHQ (1.199).325 Nun haben neue Dendrodatierungen deutlich gemacht, dass der jüngere der beiden Klosterkeller von Allerheiligen in die Jahre 1405/06 datiert werden kann (Abb. 38; 1.042.5). Er ist rechtwinklig zur Strasse angeordnet, zweiJHVFKRVVLJ ]ZHLVFKLI¿J XQG PLW 7RQQHQJHZ|Oben ausgestattet. Zum unteren Keller führt ein Kellerhals mit grossem gefasten Bogen aus rotem
Abb. 165 Hans Caspar Lang, Kloster Allerheiligen um 1600 (Ausschnitt, vgl. Abb. 218), Aquarell aus der Chronik von Johann Jakob Rüeger. Orange markiert ist das 1405/06 vermutlich von den österreichischen Herzögen errichtete Gebäude im Ochsenhof (Gelb) über dem zugehörigen zweigeschossigen Keller, der von der Klosterstrasse her zugänglich ist, vgl. Abb. 166.
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Sandstein, und dieser untere Keller besitzt eine vierbogige Arkadenreihe aus graugrünem Rorschacher Sandstein. Diese herrschaftliche Anlage entstand in der Zeit Abt Berchtolds von Sissach (1395–1425), als die notorische Finanznot des Klosters bereits mehr als ein Jahrhundert andauerte und bauliche Aktivitäten noch viel länger zurücklagen. Ab 1392 hatten die Äbte gar begonnen, den klösterlichen Baumgarten nördlich des Münsters als Bauland an die Bürger zu verkaufen.326 Wenn wir Langs Aquarell des Klosters Allerheiligen um 1600 betrachten (Abb. 165), sehen wir über diesem Keller ein Gebäude eingezeichnet, das gegen den rechten Bildrand hin verschoben ist. Durch diesen Kunstgriff konnte Lang das imposante Vordach des Kellers von 1405/06 einzeichnen, das heute noch besteht, aber in Wirklichkeit vier Meter tiefer verdeckt hinter der Neuen Abtei liegt (Abb. 166). Davor zeigt Langs Aquarell den bereits 1319 erwähnten «Ochsenhof» (1.195) mit ausladendem Brunnen und der noch bestehenden Stützmauer zum Klosterbogen hin.327 Das mächtige, dreigeschossige Torhaus wurde 1617 abgebrochen und durch den heute noch bestehenden Torbogen ersetzt. Diesen zeigt Mentzingers Stadtansicht 1644, zusammen mit dem Gebäude über dem zweigeschossigen Keller. Letzteres wurde erst 1912 mit dem Gefängnisneubau abgebrochen.328 Aus diesen Gründen stellt sich die Frage, ob es gar nicht die Mönche waren, die ihre Kelleranlagen erweiterten, sondern die österreichischen Herzöge, die in der Zeit ihrer Anwesenheit in der Stadt 1405/06 den wohl schon länger bestehenden Wirtschafts(?)-Hof am Klostertor, bei der alten Abtei des Abts, erweitert hätten (Abb. 38; 1.042.2; 1.042.5; 1.049 und 1.234)? Hinzu kommt, dass diese Datierung zusammenfällt mit Abb. 166 Z Kloster Allerheiligen (1.042.5). Der grosse gefaste Bogen aus rotem Sandstein unter dem Vordach gehört zum Kellerhals, der in den unteren, zweischiffigen Keller von 1405/06 führt. Vermutlich haben nicht die Mönche, sondern die österreichischen Herzöge diese herrschaftliche Anlage errichtet, vgl. Abb. 165.
Abb. 167 ZZ Kaufhaus/Rathaus (1.199), Säulen des Kaufhauses von 1394/95 (heute Laden EKS).
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dem Verkauf des Salzhofs 1404/05 an die Stadt, den die österreichischen Herzöge an die Familie Wiechser verpfändet hatten.329 Die Anlage erinQHUW DQ GHQ ]ZHLVFKLI¿JHQ WRQQHQJHZ|OEWHQ REHren Keller von 1329 im Unterhof in Diessenhofen, der eine ähnliche, dreibogige Arkadenreihe EHVLW]W XQG YRQ GHU 6FKLIÀlQGH DP 5KHLQ ]XJlQJlich war.330 Auch dieser Keller im Kloster Allerheiligen besitzt über das Schmiedetörli einen direkten Zugang vom Rhein und erlaubte den einfachen Gütertransport von und zu den Schiffen (1.082). So könnte dieser Keller als Ersatz der bisherigen Warenlager der Herzöge von Österreich im Salzhof oder in ihrem Salzhaus verstanden werden. Nur zukünftige Ausgrabungen könnten zeigen, ob der Hof «nur» ein weiterer Wirtschaftshof des Klosters Allerheiligen war.331 Sie könnten auch Antwort geben auf eine weitere Frage, nämlich jene, ob der Hof noch älter sein könnte und aus dem Königshof hervorgegangen wäre, den Kaiser Friedrich (I.) um 1189 vom Abt von Allerheiligen für seinen Kämmerer Konrad verlangte.332
Multifunktionales Kauf- und Rathaus In den Jahren 1394/95 wurde das Kaufhaus erbaut, um Waren zu stapeln, für den Handel und vor allem auch für den Jahrmarkt. Mit einer *UXQGÀlFKH YRQ JXW P2 ist der zweigeschossige Hallenbau mit seinen mächtigen Säulen und GHP ELV XQWHU GHQ 'DFK¿UVW HUKDOWHQHQ 'DFKVWXKO zum grössten und wichtigsten Profangebäude der Stadt geworden (Abb. 149, 167, 170 und 171; 1.199). In einem zweiten Schritt wurde 1409 die Sandsteinfassade an der Reichsstrasse vorgeblendet. In ihrem Zentrum steht das Schaffhauser Wahrzeichen, der aus der Wand vorspringende Widder (Abb. 168). Diese bauliche Repräsentati-
onsmassnahme lässt sich anhand der damaligen «Ausnahmestellung Schaffhausens unter den vorderösterreichischen Städten»333 verstehen. Zudem folgte der repräsentative Umbau des Kaufhauses unmittelbar auf den Abschluss eines Bündnisses der Stadt mit der hegauischen Adelsgesellschaft Sankt Jörgenschild. Die Gesellschaft war im Gefolge der Appenzellerkriege entstanden, hatte sich mit Herzog Friedrich von Österreich verbunden und bezweckte die Wahrung des Landfriedens.334 In diesem Zusammenhang wird grossräumig um die Stadt eine Letz angelegt, eine Sperre mit Toren, die von Wächtern besetzt sind. Diese riegelt die wichtigen Zugangswege rund um die Stadt ab (1.072 und 1.172), schützt die vorstädtischen Quartiere mit den stadtnahen Kraut-, Baum- und Weingärten samt Trotten (1.146; 1.179; 1.190, 1.214 und 1.221) und auch viele Äcker vor den zahlreichen Wölfen und dem Wild, vor Landstreichern und Dieben, und bildet zudem die Grenze des städtischen Gerichtsbezirks.335 Am 1. Juli 1411 wurde die Zunftverfassung eingeführt.336 Die in zwei Gesellschaften vereinten 6WDGWDGOLJHQ GLH UHLFKHQ % UJHU XQG .DXÀHXWH teilten sich mit den zehn Handwerkszünften paritätisch die politische Macht im Kleinen Rat mit seinen 24 und dem Grossen Rat mit 84 Mitgliedern.337 Damals wurde die heute noch in Betrieb stehende grosse Ratsstube ins Kaufhaus eingebaut (Abb. 169 und 171; 1.199). Westseitig angebaut wurde 1412/13 das Haus mit der kleinen Ratsstube für Stadtrechner und Stadtschreiber über dem Bogen. Dieser Schwibbogen schaffte an der Stelle eines abgebrochenen Wohnhauses erstmals eine direkte Verbindung zwischen Reichsstrasse und Herrenacker (Abb. 170; 1.205).
Abb. 168 Y Kaufhaus/Rathaus (1.199). Das Schaffhauser Wappentier, der 1409 wohl von Meister Uolrich Schriber dem Maurer (Stadtmaurermeister) geschaffene Widder (Schafbock). Original seit 1939 im Museum zu Allerheiligen. Abb. 169 V Kaufhaus/Rathaus (1.199). Im Uhrenkasten (AST 15) sichtbar die erhaltene Stabwand der Ratsstube von 1412 im OG. Rechts der Eckständer der Stube, oben Backsteinwand als Feuerschutz des Hohlraums zwischen der gewölbten Stubendecke und der Decke über der Rathauslaube, vgl. Abb. 171.
326 327 328 329 330
Bänteli 1999a, S. 32 und S. 106. STASH UR 1/400. Hauser 1996, S. 345. Vgl. unten, S. 292. Baeriswyl 2003, S. 120–126; vgl. oben, S. 125 und unten, S. 170. 331 Bänteli 1999a, S. 106–108. 332 STASH UR 1/87a, UR 99 alt. 333 Mommsen 1973, S. 49. 1LHGHUKlXVHU 3HWHU $GHO XQG 7XUQLHU í 'HU Hochrhein als spätmittelalterliche Adelslandschaft, in: Jezler/Niederhäuser/Jezler 2014, S. 83–91, bes. S. 84. 335 Bänteli 2011, S. 63. 336 Zur Stadt um das Jahr 1411: Bänteli 2011. 337 Zu Bürgermeister und Rat Schultheiss 2006, S. 53f., S. 65–83, bes. S. 76f.
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Abb. 170 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Rekonstruktion des Kauf- und Rathauses im Jahr 1413, vgl. Abb. 613. Visualisierung ProSpect 2014.
Abb. 171 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Rekonstruktion des OGs des Kaufhauses (Rathauslaube) mit Blick gegen die 1411/12 eingebaute Ratsstube, vgl. Abb. 169. Visualisierung ProSpect 2014.
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Belagerung und Reichsfreiheit 1415 Die Einführung der Zunftverfassung bildete den YRUOlX¿JHQ +|KHSXQNW HLQHV VHLW YLHOHQ -DKUzehnten anhaltenden Emanzipationsprozesses der Bürger auf Kosten von Adel und Kloster Allerheiligen. Bereits 1404/05 war der Salzhof, der :DUHQXPVFKODJSODW] DQ GHU 6FKLIÀlQGH PLW VHLnen bedeutenden Zollabgaben, von der Stadt übernommen worden (1.235). Nach Einführung der Zunftverfassung 1411 begann die Stadt im Kaufhaus Korn zu verkaufen, welches bis dahin nur in den beiden Häusern des Kürschners Hans Len und des Priesters Rudolf Len bei der Spitalkirche am Markt feilgeboten werden durfte, seit alters her das einzige Kornhaus der Stadt (1.060 und 1.199).338 Kurz darauf begann die Stadt, die klösterlichen Mühlen am Rhein an sich zu reissen und mit Abgaben zu belegen.339 Der Juni 1415 ZXUGH ]XP ¿QDOHQ +|KHSXQNW GHU 6HOEVWEHVWLPmung der Bürger, als sich die Stadt, die Gunst der Stunde nutzend, von der österreichischen Herrschaft loskaufte und wieder freie Reichsstadt wurde. Die Pfandsumme steckte allerdings nicht der berechtigte Habsburger Herzog Friedrich IV., sondern König Sigismund ein.340 Umgehend wurden die Habseligkeiten des Herzogs nach Freiburg i. Br. gezügelt: Item XVIII ß Riechner rosslon, raitt mit Cuontzen Smit gen Friburg ab mit mins herren von Oester[rich] blunder.341 Vorausgegangen war für die Stadt ein turbulentes Frühjahr. Mit Hilfe von Herzog Friedrich IV. war der vom Konstanzer Konzil zur Abdankung genötigte Papst Johannes XXIII. am 20. März 1415 YRQ .RQVWDQ] QDFK 6FKDIIKDXVHQ JHÀRKHQ ZRhin ihm auch der Herzog folgte. Hier erklärte der Papst seinen Rücktritt als ungültig in der Hoffnung, das vom König geförderte Konzil sprengen zu können. Dies gab wiederum König Sigismund Anlass, Schaffhausen, die Landstadt seines österreichisch-habsburgischen Widersachers, während etwa sechs Wochen durch die Truppen des Städtebundes belagern zu lassen, bis sich die Verteidiger schliesslich dem Reich unterwerfen mussten.342 Die Stadtrechnungen überliefern für diesen Zeitpunkt hohe Rüstungsausgaben für Pfeile und Feuerwaffen sowie Löhne für unzählige Wächter und drei Büchsenmeister.343 Kriegsschäden der Belagerung sind nicht überliefert, die 338 339 340 341 342 343 344
Landolt 2004, S. 235–236; STASH UR 1/1526, 1/1531, 1/1547. Bänteli 2011, S. 61f.; Schultheiss 2006, S. 111–115; Landolt 2004, S. 180–186. Allg. Scheck 1994, S. 78–137; Schib 1972, S. 199– 204. StadtASH A II.05.01.015/045 1415. Scheck 1994, S. 97–108. StadtASH A II.05.01.015/059–A II.05.01.015/066 1415; Wipf 2004, S. 26, S. 31; Landolt 2004, S. 336. StadtASH A II.05.01.015/061 1415.
Stadtrechnungen sind aber auch nur für die erste Jahreshälfte erhalten. Manches deutet aber darauf hin, dass es nicht nur bei einer Drohkulisse blieb. Einige der Einträge für Wächterlohn in den Stadtrechnungen von 1415 sprechen von Krieg: [Randnotiz von anderer Hand: als si im Tzwingolf huotten und wacheten im krieg] …Item II lb Hennin Hunn, als er wachet uff dem ergel [Erker] nebent dem Anot im krieg… Item II lb IIII ß Egli Saltzman, wachet uff dem Hampelturlin den krieg us… Item XXXIII ß Hainrich Im Turn wachet uff dem Anot, e er wurd nidergeworffen.344 Vermutlich steht auch der jüngste von mindestens drei Bränden in der östlichen Unterstadt mit dieser Belagerung im Zusammenhang. Die Brandschicht OLHJW HWZD FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH LVW LQ GLH -DKU]HKQWH XP ]X GDWLHUHQ XQG ¿Qdet sich im Salzhof (1.235, S. 294) und um die Häuser «Galeere», «Winde», «Hutte», «Rehböcklein» und «Jakobsbrunnen» (Abb. 152; 1.240, S. 312). Dazu kann auch die Renovation und Aufstockung der nahen «Unteren Fels» um ein drittes Obergeschoss gehören (1.202, S. 314), die ins Jahr 1416 datiert. Aus der gleichen Zeit stammen schliesslich massive Brandrötungen am «Silberberg» hinter dem Schwarztor, welche sich an der Flankenmauer des Munot hochziehen (1.124, S. 271). Und schliesslich hat man um 1415 auch den bis dahin stadtseitig offenen Römerturm, den «Undurft», zugemauert, seinen Wehrerker entfernt und den Turm mit einem Dach versehen (Abb. 172; 1.112, S. 388). Dies diente vor allem auch dazu, das Pulver für die Geschützstellung auf der kleinen Zinne trocken zu verwahren.
Abb.172 Munot (1.112), Undurft (Römerturm). Blick von unten in den Dachstuhl der Zeit um 1415 mit der Ausmauerung des ehemaligen Wehrerkers (oben). Diese unterscheidet sich durch ihren starken Hohlziegeldurchschuss vom originalen Turmmauerwerk (unten) aus der Zeit um 1360.
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Die Feuerwaffen waren mittlerweile etabliert; bereits 1393–1406 hatte Walter von Hohenklingen mit dem Umbau seiner Burg ob Stein am Rhein auf diese Entwicklung reagiert.345 Kurz nach 1400 begannen auch die Schaffhauser ihr militärisches Arsenal aufzurüsten und setzten umgehend die PRELOHQ *HVFK W]H LQ LKUHQ KlX¿J ZHUGHQGHQ Kriegszügen ein: Rays …Uelin Paiger, fuort die Bühsen, Wildrich, fuort die Büchsen von Rinouw herin; 1413 erscheinen in den Stadtrechnungen erstmals Handfeuerwaffen, hantbüchsen, die späteren Hakenbüchsen.346 Die neuen Waffen hatten schon früher zu ersten Umbauten der Stadtbefestigung geführt. Bereits 1408 hatte vor dem Annot eine erste Geschützplattform bestanden, als Vorläuferin des heutigen Munot (1.112, S. 387). In GHQ IROJHQGHQ -DKU]HKQWHQ ¿QGHW VLFK LQ GHQ Stadtrechnungen eine fast unendliche Fülle von Ausgaben für Büchsen aller Art mit dem notwendigen Zubehör, das in der Stadt selbst hergestellt oder auch an andern Orten eingekauft wurde. Die Feuerwaffen ergänzten Bogen und Armbrust, die weiterhin bis in die Neuzeit in Gebrauch standen.347 Abb. 173 «Löwen» (1.131). Die Stabwand von 1403 aus Eichen- und Fichtenhölzern, heute wiederverwendet in einem Büro im 1. OG, vgl. Abb. 235.
Abb. 174 «Störchlein» (1.244). Vielleicht das älteste Haus im ehemaligen Steinbruch in der Grueb an der Rheinstrasse. Im Erdgeschoss ein gestaffeltes Dreierfenster mit Hohlkehle und beidseitig gekehltem Auslauf von 1373/1403, darüber ein gestaffeltes Viererfenster, am Sturz 1561 datiert. Der erhöhte Mittelteil ohne Hohlkehlen besass einen Fenstererker.
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Neue Wohnbauten der Jahrzehnte um XQG 3ÀlVWHUXQJ GHU 6WUDVVHQ 6HOEVWYHUVWlQGOLFK ¿QGHQ ZLU GHQ EHUHLWV HUwähnten, wohl unmittelbar nach dem Stadtbrand eingeführten Fenstertyp der Jahre 1373/1403348 auch an weiteren Häusern (Abb. 141), so an den dreigeschossigen Häusern im Löwengässchen, dem «Bernerstübli» (1.252) und dem Eckhaus zur Vorstadt, dem «Löwen» (1.131). Ein weiterer Brand verwüstete hier offenbar die ganze Häuserzeile bis zum Engelbrechtstor. Vom Neubau des «Löwen» ist neben den Resten einer Bohlenstube im 1. Obergeschoss die 1403 datierte Stabwand erhalten, die das bislang jüngste Datum zu diesem Fenstertyp liefert (Abb. 173). Um 1385 datiert das Zweierfenster aus rotem Sandstein in der äusseren Vorstadt an der Hinterhausfassade der «Kleinen Traubenlust» (1.218). Ohne nähere %DXXQWHUVXFKXQJ ¿QGHQ ZLU GLHVH )HQVWHU YRQ 1373/1403 in der Webergasse 27 an der alten Zunftstube der Weber und im Haus Rosengässchen 10. Ebenso gibt es sie an der Münstergasse an den Fassaden des «Rebstock» (1.095) und im 3. Obergeschoss des «Lorbeerkränzleins» (1.265), unterhalb St. Johann beim Tellbrunnen an der «Fortuna» im 3. Obergeschoss (1.263) und beim Nachbarhaus «Weisses Eck» (1.246) sowie in der Grueb an der Rheinstrasse am «Störchlein». Dort belichtet das bemerkenswerte Dreierfenster das Erdgeschoss (Abb. 174; 1.244). Eine Spätfolge der Stadterneuerung nach dem 6WDGWEUDQG YRQ LVW GLH 3ÀlVWHUXQJ GHU *DVsen und der Hinterhöfe luxuriöserer Bürgerhäuser, vor allem jener mit Hofzufahrten. Verwendet wurden Kieselsteine, zum Teil halbiert, die die tySLVFKH VSlWPLWWHODOWHUOLFKH .DW]HQNRSISÀlVWHrung darstellen (Abb. 175). Anhand der Stadtrechnungen kann der Verlauf der Arbeiten zwischen 1402 und 1430 einigermassen nachvollzogen werden. Die Verantwortung für die Arbeiten laJHQ LQ GHU +DQG GHV ©%HVHW]HUVª GHV 6WDGWSÀlV terers, dessen Amt nach der Jahrhundertwende neu geschaffen worden war.349 Begonnen wurde mit diesem Werk in der Unterstadt, es folgten Vordergasse, Fronwagplatz, Vorstadt und Webergasse, Münstergasse und Stadthausgasse. Im archäologischen Befund ist üblicherweise die 6DQGXQWHUODJH GLHVHU 3ÀlVWHUXQJ HUKDOWHQ 6LH versiegelt quasi die älteren Strassenkoffer und macht deutlich, dass sich die Strassenniveaus danach bis heute nur noch im Bereich von etwa einem halben Meter verändert haben, während sie zuvor, wie wir gesehen haben, auf eine Höhe von bis zu zwei Metern angewachsen sein können. 5HVWH GHU 3ÀlVWHUXQJ PLW .DW]HQN|SIHQ VLQG QXU in Einzelfällen punktuell erhalten, weil die Steine, nicht anders als heute, für die periodische Erneu-
HUXQJ GHU 3ÀlVWHUXQJ ZLHGHUYHUZHQGHW ZXUGHQ (Abb. 176). Auch die Entwässerung der Strassen IXQNWLRQLHUWH ZLH KHXWH EHU 5LQQHQ LP 3ÀDVWHU Diese mündeten in teilweise begehbare Kanäle, die das Wasser den Fliessgewässern zuführten (Abb. 177–180). Anfänglich scheinen diese Kanäle offene Gräben gewesen zu sein (Abb. 177).350 In den Hinterhöfen wurden das Regenwasser und das Wasser der Privatbrunnen ebenfalls über lokale Kanäle den Sickergruben zugeführt, wo es versickerte (Abb. 91), ein Vorgang, der erst in den letzten Jahrzehnten bei uns wieder in Mode gekommen ist.351 Es ist davon auszugehen, dass in dieser Zeit nach und nach auch die alten Holzbrunnen352 durch steinerne Tröge mit massiven Plattenfundamenten ersetzt wurden. Viele dieser Brunnen wurden im späteren 19. Jahrhundert dem Verkehr geopfert, doch überliefern ihre im Boden steckenden Fundamente die einstigen Brunnenstandorte. Das gilt etwa für den Gerberbrunnen (1.224), den Fischmarktbrunnen (1.118), den Silberbrunnen (Abb. 180; 1.215), den Rathausbrunnen (1.199), den Herrenackerbrunnen (1.176), den Neustadtbrunnen (1.091), den Spitalhofbrunnen (1.239) und den Rindermarktbrunnen (1.102).
Abb. 175 U Katzenkopfpflästerung aus Bollensteinen am Beispiel des Wirtschaftshofs von 1529/30 beim Salzhof/«Schweizerhof» (1.235).
345 346 347
348 349 350 351 352
Bänteli 2010, S. 70–79. StadtASH A II.05.01.003/83 1402–1403, A II.05.01.007/067 1408–1409, A II.05.01.013/064 1413. StadtSH, Stadtrechnungen digital. Umfassend zum Thema Wipf 2004, besonders zum Anfang der Feuerwaffen S. 30–33; allg. zum Thema Zeune 1997, S. 97–105. Vgl. oben, S. 123. Bänteli 2010a, S. 156f.; Schultheiss 2006, S. 225; Landolt 2004, S. 463f. fehlerhaft, was den Umfang der Arbeiten anbelangt; STASH Finanzen 1/292. Bänteli 2010a, S. 162–164 und S. 168. Bänteli 2010a, S. 158–162. Beispielsweise StadtASH A II.05.01.013/094 1413: maister Hanß, dem Tanyel und karrern, wercheten an brunnen und an wegen und fuorten tuchel und höltzer zuo brunnentrögen, hieß bumaister sabath nah Hilary anno XIIIo; A II.05.01.013/095 1413: maister Hanß, dem Tanyel und karren (sic), als man holtz fuort zuo den brunnentrögen, sabath ante Valentini; A II.05.01.101/083 1451–1451: dem Seger gen Diesenhofen von holtz wegen zuo unsren brunnentrögen.
Abb. 176 U Münsterplatz. Strassenquerschnitt auf Höhe der Grenze Münsterplatz 22/24 mit Resten von vier Strassenpflästerungen (1– 4), die 20–80 cm unter der heutigen Strasse liegen und aus dem 15.–19. Jh. stammen. Links Reste des überwölbten Abwasserkanals (5). Abb. 177 Y Untere Vordergasse, Höhe «Goldener Sternen» (Vordergasse 33). Rest des mittelalterlichen Stadtbaches (1), des Entwässerungsgrabens, den man ursprünglich gegen 1 m tief vom ältesten Strassenkoffer (2) aus in den anstehenden Boden abgetieft hat. Er wird gestört durch den 1840 aus Kalksteinen gemauerten, überwölbten und begehbaren Abwasserkanal (3).
131
Abb. 178 Münsterplatz 38, «Thiergarten» (1.042.2). Gemauerter und überwölbter, neuzeitlicher Abwasserkanal in der Mittelachse der Strasse mit darüber ziehender Katzenkopfpflästerung.
Abb. 179 «Beckenstube» (1.195). Gemauerter, flachgedeckter Abwasserkanal M5, der vor der neuen Ecke der Beckenstube von 1561 gegen die Münstergasse hinunterläuft.
Abb. 180 Obere Vordergasse (1.215). Vor dem heutigen Warenhaus Coop City liegt das Fundament des 1834 entfernten Silberbrunnens (1), das dem 1840 in traditioneller Bauweise erstellten Abwasserkanal (2) als Seitenwand diente.
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Handwerk, Markt und Zunfthäuser Die Baugeschichte der Stadt Schaffhausen im Mittelalter würdigt das mittelalterliche Bauhandwerk als Ganzes, die Arbeit von Maurern, Steinmetzen, Schreinern und Zimmerleuten, von Dachdeckern und Zieglern, Malern, Glasern und DQGHUHQ ,KUH 6SXUHQ ¿QGHQ VLFK LQ GHQ EHVFKULHbenen und meist noch aufrecht stehenden Bauwerken oder als Einzelfunde im Depot der Kantonsarchäologie und im Museum zu Allerheiligen. Andere Handwerker haben ihre Spuren im Boden hinterlassen, so vor allem die drei lokalisierten Hafner- oder Töpfereibetriebe (Abb. 183 und 185 mit 1.093; Abb. 181 und 182 mit 1.218 und 1.203), deren Produkte wir als Keramikscherben in jeder DUFKlRORJLVFKHQ *UDEXQJ ¿QGHQ (UVWDXQOLFK RIW ¿QGHQ VLFK DXFK JDQ]H 7|SIH VHL HV LQ /DWULQHQ entsorgt353 (Abb. 187 mit 1.100), im Brandschutt der «Herrenstube» (Abb. 186; 1.059), oder eingemauert in Brandmauern (1.151; 1.152 und 1.218). Ein Sonderfall sind 21 Töpfe im Keller der «Oberen Tanne» (Abb. 184; 1.258), die als «Kühlschrank» dienten. Viel seltener sind im archäologischen Fundmaterial Fragmente von Trinkgläsern (Abb. 188; 1.131 und 1.152).354 Singulär ist ein Altglasdepot in der «Palme» in der Oberstadt, das nicht mehr seinen Weg zurück in die Glashütte fand (1.160).355 353 354 355
Homberger/Zubler 2010. Homberger/Zubler 2010, S. 192, S. 206f, S. 212, S. 220; Gutscher 1984, S. 219–223. Allg. dazu: Maus/Jenisch 1997/98, S. 325–524.
Abb. 182 UU «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Typische Funde aus dem Hafneroder Töpfereibetrieb des 15. Jh. sind Fragmente von Flachziegeln mit anhaftenden Resten von Ofenkacheln und Glasur, die in den Öfen als Brennhilfen, Abstandhalter oder Auflager dienten. Hinzu kommen im Brand deformierte Gefässe oder Gefässe mit unbeabsichtigten Glasurtropfen.
Abb. 183 U Vordersteig 2 (1.093). Eindeutige Elemente eines neuzeitlichen Töpfereibetriebs sind die unterschiedlichen Brennhilfen, die 1930 aufgesammelt wurden.
Abb. 181 Y «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Töpferofen 3 mit Ofensohle aus Backstein, vgl. Abb. 854.
133
Abb. 184 «Obere Tanne» (1.258), Keller. Mauerbreite Nische aus dem 14./15. Jh. als Kühlschrank. Die 21 Töpfe in der Rückwand ermöglichten einen idealen Austausch der Erdfeuchte, wie die verfleckten Verputze in der Nische anzeigen. Abbildung unten: Ausschnitt.
Abb. 185 Vordersteig 2 (1.093). Das reichhaltige Fundmaterial der Töpferei reicht noch ins 15. Jh. zurück, datiert aber schwerpunktmässig in die zweite Hälfte 16. Jh. Es umfasst Teller, Schüsseln mit Ausguss und Henkeln, Töpfe und Deckel nebst Lämpchen, Schröpfköpfe und Sparhäfen sowie kleinformatiges Spielzeug. Hervorzuheben ist aufwändiger dekorierte Geschirrkeramik mit polychrom bemalter Fayenceglasur oder kobaltblauer Glasur, vgl. Abb. 306 und 958.
134
Abb. 186 «Herrenstube» (1.059). Durch einen Brand zerstörter Geschirrschrank der Trinkstube der Herren mit Kochtöpfen, Dreibeintöpfen, Deckeln, Pfannen, Bügelkannen, Flaschen und Schüsseln, Lämpchen und ungewöhnlichem Spielzeug, 14. Jh. und eventuell frühes 15. Jh.
135
Abb. 187 U «Kronsberg»/«Bogen» (1.100). Keramik und Glasfunde aus den Latrinen der ersten Grabung von 1982 in der Schaffhauser Altstadt. Kochtöpfe, Dreibeintöpfe und Bügelkannen sind die typischen Gefässformen des 12. und 13. Jhs. Aus Schaffhausen sind zahlreiche Fundkomplexe mit den zeitgleichen Nuppenbechern aus Glas bekannt.
136
Abb. 188 V «Löwen» (1.131). Aus der Latrine des Baus M1 stammt der Gläserkomplex aus 10 mehr oder weniger ganzen Nuppenbechern sowie den seltenen, sehr fragilen Flaschen, drei davon mit blauen Fadenauflagen und zwei mit kaum sichtbaren Rippen, 2. H. 13./ 1. H. 14. Jh. Hinzu kommt eine gedrechselte Holzschale sowie ein doppelkonischer Verschlusszapfen eines Fässchens (?), vgl. Abb. 748.
Auffällig mit ihrer grünen Oxydation sind die Bronzefunde 356 der Buntmetallhandwerker (Abb. 189; 1.152). Durch dieselbe Oxydationsfarbe fallen die Schlacken von Buntmetallhandwerkern oder Hafengiessern auf (1.048; 1.186 und 1.192), ebenso jene in den mächtigen Gruben der Glockengiesser (1.042.2 und 1.186). Der Betrieb eines Buntmetallgiessers wurde unter dem späteren Werkhaus auf dem Herrenacker untersucht (Abb. 190; 1.186). Die neben einer Glockengussgrube vorhandenen Reste von Gussformen zeigen, dass hier in der 2. Hälfte 13./1. Hälfte 14. Jahrhundert Glöckchen, Kannen mit Deckel und Henkel und Kerzenleuchter gegossen wurden. – Singulär ist der umfangreiche Komplex von in grossen Teilen erhaltenen Bronze- und Eisenobjekten aus dem Hausschutt des 1528 bei einem Brand eingestürzten Adelshofs Mogern im Herblingertal (Abb. 191; 1.070).
356
Vgl. unten, S. 562. Abb. 190 V «Kornhaus»/«Haus der Wirtschaft» (1.186). Gussformstücke von kleinen Glöckchen, Kannen mit Deckel und Henkel sowie Kerzenleuchter, 2. H. 13./1. H. 14. Jh., vgl. Abb. 913 und 914.
Abb. 189 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Halbmondförmiger Pferdegeschirranhänger mit Emaileinlage, Bügel eines Sporns aus Bronze und Messergriff aus Bein aus den jüngeren Wallanschüttungen, frühes 13. bis frühes 14. Jh., vgl. Abb. 677.
137
Auffälligste Hinterlassenschaft der Schmiede VLQG .DORWWHQVFKODFNHQ 6LH ¿QGHQ VLFK HQWZHGHU in den Strassenkoffern (1.163; 1.183; 1.195, 1.207; 1.215 und 1.225), in den Aufschüttungen am Rheinufer (1.048 und 1.235) oder im Steinbruch (1.200), aber auch in Latrinen entsorgt (1.152 und 1.218).357 In den Schriftquellen zeigt sich das Eisengewerbe als ausgesprochen spezialisiertes Handwerk,358 das uns in Form von vielen Einzelfunden entgegentritt (Abb. 192). Vom
Harnischer stammt das Fragment eines Kettenpanzers,359 vom Pfeil- oder Bolzenmacher eine Geschossspitze und ein Lanzeneisen.360 Vom Sporer und/oder Schlosser stammen der Steigbügel361 und eine ausgezeichnet erhaltene Pferdetrense (1.218), vom Schmied eine Schere (1.209) und vom Hufschmied ein Hufeisen.362 Vielfältig verwendbare, oft stark fragmentierte Beschläge363 sind oft nicht einem einzelnen Eisenhandwerker ]X]XZHLVHQ $P KlX¿JVWHQ DEHU DXFK DP XQ-
Abb. 191 Wüstung Mogern (1.070), Funde aus der 1528 entstandenen Brandschuttfüllung des Adelshofs. Erhalten blieben aufgrund der Katastrophe zahlreiche ungewöhnliche Buntmetall- und Eisenobjekte des häuslichen Inventars und der Küche (u. a. von Truhen) bzw. baulicher Elemente (Beschläge von Türen und Fensterläden), vgl. Abb. 971.
Abb. 192 Ausgesprochen spezialisiert ist das Eisengewerbe. Vom Harnischer stammt das Fragment eines Kettenpanzers (1), vom Pfeiloder Bolzenmacher eine Geschossspitze und ein Lanzeneisen (2). Vom Sporer und/oder Schlosser stammen der Steigbügel (3) und eine ausgezeichnet erhaltene Pferdetrense (4) (1.218, S. 627), vom Schmied eine Schere (5) (1.209, S. 379) und vom Hufschmied ein Hufeisen (6). Vielfältig verwendbare und oft stark fragmentierte Beschläge (7, 8) sind nicht immer einem einzelnen Eisenhandwerker zuzuweisen. Die unspektakulärsten unter den Eisenfunden sind die häufig anzutreffenden Nägel des Naglers (9).
138
spektakulärsten unter den Eisenfunden sind die Nägel364 des Naglers. Das Haus eines Messerschmieds wurde untersucht (1.194). Ebenfalls zu den Metallhandwerkern gehören die Schleifer; zwei Schleifsteine sind in sekundärer Verwendung zum Vorschein gekommen (Abb. 193; 1.072).365 Gut untersucht ist in Schaffhausen das Gerberhandwerk im Umfeld von Gerberbach und Rhein. Hierzu gehört das Wohnhaus mit der Werkstatt «Zur Gerbe» (Abb. 304 mit 1.116), dann die Gruben verschiedener Gerberwerkstätten, die bis ins 19. Jahrhundert reichen, aber oft an traditioneller Stelle liegen (1.040 und 1.109 mit Abb. 194; 1.110; 1.149; 1.221 und 1.238). Hornzapfen und Schädelkalottenansätze im Tierknochenmaterial deuten als typischer Abfall ebenfalls auf Gerberwerkstätten (Abb. 195; 1.230). Singulär ist der Nachweis des Bäckerhandwerks durch den Backofen im Kloster Allerheiligen (Abb. 196; 1.042.3). Üblicherweise lassen sich die Gewerbe der Nahrungsmittelproduktion und -verarbeitung nur indirekt durch archäozoologische und archäobotanische Untersuchungen nachweisen (Abb. 197). Diese beiden organischen Fundgruppen wurden in den Latrinenkomplexen, ZR VLH DP KlX¿JVWHQ YRUNRPPHQ MHZHLOV JHmeinsam untersucht (1.042; 1.069; 1.092; 1.100; 1.152; 1.157 und 1.156). Seltener stammen sie aus dem Siedlungs- oder Strassenbereich (1.124 357 358 359 360 361 362 363 364 365
Homberger/Zubler 2010, S. 69f. Bänteli 2014b, S. 79–81; Häuserdatenbank. Homberger/Zubler 2010, S. 94, S. 212 Homberger/Zubler 2010, S. 94, S. 112; Gutscher 1984, S. 218. Homberger/Zubler 2010, S. 69, S. 82f., S. 192. Homberger/Zubler 2010, S. 81f., S. 191. Homberger/Zubler 2010, S. 69, S. 82f., S. 185, S. 194, S. 212. Homberger/Zubler 2010, S. 81–83, S. 191f. Homberger/Zubler 2010, S. 93–95, S. 212–214.
Abb. 193 «Treu» (1.156). Solche Schleifsteine aus Sandstein waren ursprünglich mittels einer zentralen Achse aufgehängt und wurden mit einer Kurbel angetrieben.
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Abb. 194 «Hinterer grüner Klee» (1.109). Grundriss der 1986 aufgedeckten Gerberwerkstatt mit dem vom Rhein gespiesenen Brauchwasserkanal der bis Ende 19. Jh. tätigen Rotgerberfamilie Altdorfer.
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Abb. 195 Pfarrhofgasse (1.106). Auffallend am Tierknochenmaterial aus dem Strassenkoffer der 2. H. 13./1. H. 14. Jh. sind die vielen Hornzapfen von Schaf oder Ziege. Offenbar handelt es sich um Abfall der nahen Gerberwerkstätten.
139
und 1.163).366 So lassen sich Metzger durch Bearbeitungsspuren an Tierknochen nachweisen, Fischer, die ihre Ware am Fischmarkt bei der Leutkirche feilboten,367 anhand von Fischknochen, Ackerbauern über Getreidereste oder Rebleute mittels Traubenkernfunden.
Abb. 196 V Kloster Allerheiligen (1. 042), Klausursüdflügel. Unmittelbar neben der Klosterküche am Westende des Refektoriums kam 2006 ein Backofen zum Vorschein, der 1496 mit dem Teilneubau dieses Gebäudes eingebaut wurde, vgl. Abb. 610.
Aussergewöhnlich, weil ebenfalls ausschliesslich in feuchtem Milieu erhalten, sind in Schaffhausen Holzgefässe von Böttchern und Drechslern (Abb. 86 und 188; 1.048; 1.131; 1.163 und 1.211), verschiedene Schuhe (Abb. 198; 1.163), Produktionsabfall von Schuhmachern (1.048 und 1.241) oder Kleiderreste aus Leder (1.131). Selten sind Funde von Textilien (Abb. 199). Singulär ist das im Hausbrand verkohlte Leinengewebe aus der «Herrenstube» (1.059). Abdrücke von Textilien gibt es in Mörtel oder auf den frühen Allerheiligenziegeln.368 Die Handwerker des Bekleidungsgewerbes wie Weber, Schneider, Tuchscherer, Kürschner, Färber und Hutmacher treten uns bislang nur in den Schriftquellen entgegen.369 Abfall
Abb. 197 VV «Löwen» (1.131). Makroreste aus der Latrine des Baus M1, 2. H. 13./1. H. 14. Jh.: Samen von Hanf (1), Hirse (2), Breitsame (3), Brombeere (4), Trauben (5), Wolliger Schneeball (6), Hagebutte (7); Kelch einer Kornblume (8); Ährchengabeln von Dinkel (9).
140
Weitere Hinweise geben die Schriftquellen.374 Durch die Häuserfertigungen, die Kopien der Kaufverträge, lässt sich die weitere Gliederung des Fronwagplatzes rekonstruieren.375 An Stelle des heutigen vierröhrigen Brunnens stand die Metzg, weshalb der Brunnen auch Metzgerbrunnen genannt wird. Seine Brunnensäule stammt von 1524. Der Trog entstand nach 1612, nachdem die Tanne als neuer Zugang zum Herrenacker geschaffen und die Metzg dorthin verlegt wurde, was Raum für den polygonalen Trog schuf (1.059).376 Die Metzg liegt nach den Fertigungen im südlichen Bereich zwischen den Hausnummern Fronwagplatz 8, 6, 2–4, 5 und 7. Den grössten Teil des Platzes nehmen die Lauben ein. Die Hausnummern 10–22 werden «an der Brotlaube» genannt, die Hausnummern 9–21 «hinter der Brotlaube».377 Um 1430 werden die Metzg XQG GLH /DXEHQ JHSÀlVWHUW XQG YHUVFKLHGHQH $Qstösser am Fronwagplatz haben Abgaben an dieses Werk zu entrichten.378
366
Ein Teil der genannten Handwerker bot seine Waren auf dem Markt auf dem Fronwagplatz feil. Dieses Herzstück der städtischen Wirtschaft harrt noch seiner archäologischen Untersuchung. Abgesehen von einer massiven Zerstörung im Bereich der Trafostation wurde er erst punktuell angeschnitten (1.061 und 1.215). Am Südende steht die Fronwaage in einem Anbau vor dem Schultheissenturm, dem Fronwagturm (Fronwagplatz 4).371 Am nördlichen Ende des Platzes liegen schliesslich die beiden Kornhäuser (Fronwagplatz 27)372 mit dem Kornmarkt vor dem «Roten Turm» (Fronwagplatz 28).373
des Paternosterers, des Rosenkranzmachers, der aus Tierknochen Rosenkranzperlen herausbohrte, kam an drei Orten der Stadt zum Vorschein (Abb. 200; 1.042.2 und 1.200).370
367 368 369 370 371 372 373 374 375 376
377 378
Brombacher/Rehazek 1999a und 1999b; Bänteli 2017. Vgl. oben, S. 106. Rast-Eicher 2006. Häuserdatenbank. Ex Terra Lux 2002, S. 223–229. Vgl. unten, S. 450. Vgl. oben, S. 92. Harder 1894, S. 130, Okt. 29 mit Anm. 203. Allgemein zu den neuzeitlichen Verhältnissen Wipf 2011a. Häuserdatenbank. Frauenfelder 1951, S. 64–68; Frauenfelder 1937, S. 77. Häuserdatenbank. StadtASH A II.05.01.036/098 1422–1432, A II.05.01.036/079 1422–1432, A II.05.01.045/050 1430; Häuserdatenbank.
Abb. 198 Stadthausgasse (1.163). Leder: 1. 51277 niederer Schuh, 2. Schuhsohle, 3. 51278 Dolchschaft, 4. 51278 Schuh, 5. 51282 Flicksohle, vgl. Abb. 338.
Abb. 199 Rare Schaffhauser Textilfunde: 1. Abdruck eines Gewebes aus pflanzlichen Fasern auf Dachziegel des 12. Jhs. (1.042). 2. Abdruck eines Gewebes aus pflanzlichen Fasern auf Mörtel in der Latrinengrube G2 zur «Treu» (1.156), 14./frühes 15. Jh. 3. teurer Spitzkaro aus Leinen, vermutlich von einem Tischtuch, «Herrenstube» (1.059), 14./frühes 15. Jh.
Abb. 200 Münsterplatz 38 (1.042.2). Abfall aus der Werkstatt eines Paternosterers (Rosenkranzmachers) aus dem früheren 15. Jh. Abgehackte, unbrauchbare Knochenenden (links), Rosenkranzrohlinge sowie Späne der Knochenschäfte mit Bohrlöchern in verschiedenen Grössen.
141
A
142
Die Stadtrechnungen zeichnen in der 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts ein detailliertes Bild des Marktes. Ein Rekonstruktionsbild soll dieses Herzstück der städtischen Wirtschaft illustrieren (Abb. 202). Sowohl Metzg als auch Lauben waren mit Marktbänken bestückt, deren Besitzer Zinsen an die Klöster Allerheiligen und St. Agnes, später an die Stadt zu entrichten hatten. Die Zahl der Marktbänke war limitiert, sie waren dementsprechend begehrt, und es wurden hohe Preise dafür bezahlt.379 Aus den Beschreibungen der Marktbänke lassen sich weitere Details herauslesen. Die Metzgerbänke standen unter der Metzg, wie eine der frühesten Nennungen von Bank und Bankstatt unter der Metzig im Jahr 1365 verdeutlicht.380 Ob dieses Gebäude offen oder geschlossen war, ist unklar. Die Bänke waren geordnet, 1403 wird eine Fleischbank und Bankstatt enmitten under der Metzg genannt und 1488 eine Bankstatt an der Metzg, gegen der Herrenstuben gelegen.381 Hinzu kommen Kuttel benk ob der Metzge und der Metzbanck by dem brunnen.382 Interessanterweise wird 1452 eine Fleischbank beim Verkauf genauer beschrieben: sunder auch die Statt, da er lit, alsdann die vier Sülen begriffen hand, mit dem Gaden daruf.383 Über dieser Metzgerbank im Zentrum erhob sich demnach ein kleiner, von vier Säulen getragener Schuppen. Ein Bild eines solchen Holzschopfs auf Säulen vermittelt die Zeichnung von Hans Wilhelm Harder von der so genannten Tuchlaube, der alten Metzg von 1612 auf dem Herrenacker, allerdings in grösserem Massstab.384 Im Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1393 sind die Marktbänke als Bank under der Loben aufgeführt, in anderen Quellen, etwa 1361, auch Brodbank unter der Brodlaube, oder 1453 stett oder benck under der Louben.385 Dies verdeutlicht, dass die Lauben grundsätzlich eine ge379 380 381 382 383 384 385
386 387 388 389 390
Schultheiss 2006, S. 167; Landolt 2004, S. 238–240, S. 446f. STASH UR 1/ 921. STASH UR 1/1420, UR 1/ 3338. StadtASH A II.05.01.110/083b 1454, A II.05.01.116/112 1455–1456. STASH UR 1/2272. Frauenfelder 1937, S. 77. STASH, Harder Auszüge Bd. XIV, S. 87ff., Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1393; STASH UR 1/861; StadtASH A II.05.01.109/172 1453–1453. STASH UR 1/331. StadtASH A II.05.01.048/071 1431–1432, A II.05.01.076/079 1442–1443. StadtASH A II.05.01.055/043 1434, A II.05.01.004/17 1402–1403, A II.05.01.011/105 1411–12, A II.05.01.013/140 1413. StadtASH A II.05.01.080/076 1444–1444, A II.05.01.090/077 1447–1447, A II.05.01.096/079 1448–1449, A II.05.01.096/080 1448–1449. StadtASH A II.05.01.116/110 1455–1456.
deckte, offene Halle waren, unter der die Marktbänke standen. Letztere waren 1309 mindestens in drei Reihen aufgereiht, denn es gab eine mittlere Zeile, mitlun zilotun under der Brotloben.386 Es gab einen Saltz stock under der Brotlouben, wo auch Eisen verkauft wurde: Stock under der Louben von saltz und isen.387 Die Kaufmannsfamilie Lingg besass einen bank under der Loben und handelte mit Isen, Stahel und Wach[s] und Oel und Wurtzen und saffran sowie papir.388 Der Krämer Kündig handelte in seinem Cromgaden mit zwilche, stahel, mit ysen, schürlitztuoch für die schützen, bappir, oder grün wachs, gel wachs, coopert sowie bermit, und im Kromgaden des Krämers Ziegler schliesslich ging stabisen, nagel, bappir über die Theke.389 1454 werden vier Krämer genannt, die Abgaben für einen Gadmer by der Metzig zahlen, also für einen Krämerladen bei der Metzg.390 Zu dieser Zeit erscheinen auch ZHLWHUH DEJDEHQSÀLFKWLJH +DQGZHUNHU XQWHU GHQ /DXEHQ (WZD 3¿VWHU UHVS %lFNHU Stett under GHU /RXEHQ 3¿VWHU, 12 Gerber: Gerwer under der Louben, etwa 16 Schuhmacher: Schuchmacher stett under der Louben. Schliesslich die Weber under der Louben, wobei hier nicht die Anzahl,
Abb. 201 Der Fronwagplatz, vom Mittelalter bis ins 19. Jh. das Herzstück der städtischen Wirtschaft. Abb. 202 YY Der städtische Markt auf dem Fronwagplatz, 1. H. 15. Jh. Im Vordergrund direkt an der Reichsstrasse steht die Metzg mit etwa 20 Metzgerbänken darin. Unklar ist, ob der Bau offen oder geschlossen war. Südlich davon haben wir die Buden der vier Krämer platziert. Der nordseitige Metzgerbrunnen war damals vermutlich ein Holztrog mit mehreren Becken. Den Hauptteil des Platzes nehmen die wohl in drei Streifen angeordneten Laubengänge der übrigen Handwerker ein. Bäcker, Gerber, Schuhmacher und Weber besassen hier je etwa 15 Bänke. Visualisierung sh_ift.
143
Abb. 203 «Schneiderstube» (1.217). Das viergeschossige Gesellschaftshaus der niederen Adelsgesellschaft wurde 1343 errichtet und diente kurzzeitig als Rathaus. Es zeigt noch heute die typische Struktur eines Zunfthauses: Eine ehemals multifunktionale Halle im Erdgeschoss, eine Trinkstube im 1. OG, ein Festsaal im 2. OG und die Wohnung des Stubenknechts im 3. OG. Spätere Umbauten haben die Fassade nur wenig verändert. Aus dem 15. Jh. stammt die Befensterung im 2. Obergeschoss. Dem Umbau von 1617 können die Erdgeschosspartie mit den Kalksteinpfeilern und der neue Dachstuhl mit barockem Dachgesims entstammen, wobei die Fensterstürze im 3. OG tiefergelegt wurden, vgl. Abb. 136.
Abb. 204 V «Rebleutstube» (1.219), nach der Bombardierung 1944. Der mittlere Hausteil zwischen den beiden Kaminen war die Niederlassung des Deutschen Ordens und wurde ab 1448 Zunfthaus der Rebleute.
sondern der Zunftmeister der Weber genannt wird.391 Aus einer anderen Quelle von 1412 können wir aber auf 14 Weber schliessen.392 Unter der Laube standen demnach etwa 60 Bänke, wenn wir für die einzelnen Handwerke je 15 Bänke einsetzen. Gegen die Metzg hin kamen die vier Krämerbuden hinzu, während die Metzg selbst ebenfalls knapp 20 Bänke besass.393 Dies als kleines Fazit aus den bruchstückhaften Schriftquellen. An den Jahrmärkten kamen auf der Nordseite der Laube gegen den Schwertbrunnen weitere Marktstände hinzu, sowohl für einheimische als auch für fremde Händler, wie ein allerdings später Ratsprotokolleintrag von 1585 zeigt.394
Die zwölf Zunfthäuser sind nicht erst nach der Einführung der Zunftverfassung 1411 entstanden, wie die Erwähnung aller Trinkstuben vor diesem Datum deutlich macht.395 Die Schriftquellen lassen sich nun auch baugeschichtlich ergänzen. Im Allgemeinen besteht das Zunfthaus in Schaffhausen aus einem Keller, einer multifunktionalen Halle im Erdgeschoss, der Trinkstube im 1., einem Festsaal im 2. und der Wohnung des Stubenknechts im 3. Obergeschoss. Eine solche Struktur lässt sich an der «Schneiderstube» noch ablesen. Sie wurde 1343 neu gebaut als Gesellschaftshaus für die niedere Adelsgesellschaft und ist mit der bemerkenswerten Trinkstube im 1. Obergeschoss weitgehend erhalten geblieben (Abb. 137 und 203; 1.217). Für kurze Zeit diente das Gebäude als Rathaus.396 1414 kaufte es die Schneiderzunft397 und konnte das Haus ohne wesentliche Änderungen weiterbenutzen, weil sich der Raumbedarf trotz der wechselnden Besitzer im Grundsatz nicht änderte. In den übrigen Zunfthäusern scheint mindestens von der Inneneinrichtung her keine spätgotische oder frühneuzeitliche Substanz mehr vorhanden zu sein. Vereinzelt scheinen die Zunfthäuser breiter zu sein und nur zwei Obergeschosse zu besitzen, auf die die genannten Funktionen verteilt werden (z.B. Metzger- und Weberzunft).398 Hingegen haben die Bauuntersuchungen deutlich gemacht, dass die Zunfthäuser ursprünglich Bürgerhäuser waren, die durch die Zünfte gekauft und entweder durch Umbau oder Abriss und Neubau ihre neue Funktion erhalten haben. Zu den mittelalterlichen Vorgängerbauten der Trinkstuben aus dem 13./14. Jahrhundert gibt es reichlich Hinweise, so in der «Gerberstube» (1.241), «Schmiedstube» (1.232), ©.DXÀHXWVWXEHª ©%HFNHQVWXEHª «Herrenstube» (1.059), «Rebleutstube» (Abb. 204 mit 1.219), im «Rüden» (1.047) und schliesslich an der «alten Weberstube».399
391 392 393 394 395 396 397 398 399 400 401 402 403 404
144
StadtASH A II.05.01.111/069 1454–1455, A II.05.01.111/075 1454–1455, A II.05.01.111/071 1454–1455, A II.05.01.111/073 1454–1455. StadtASH A II.05.01.012/061 1412, A II.05.01.012/062 1412. Landolt 2011, S. 71f; Bänteli 2017. STASH RP 45, 67–68. Frauenfelder 1961, S. 136f. Vgl. oben, S. 106. STASH Zünfte 44/2493. Allgemein dazu Untermann 2009, S. 213. Vgl. oben, S. 130. Allg. dazu Niederhäuser 2006, S. 74–79. StadtASH A II.05.01.044/028 und A II.05.01.044/028/045. STASH UR 1/1787, 1/1788, 1/1817; Bänteli 2016, S. 51. Bänteli 1999a, S. 96. Jezler/Niederhäuser/Jezler 2014.
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Als freie Reichsstadt befand sich Schaffhausen im Spannungsfeld von Habsburgern, Eidgenossen, den Reichsstädten am Bodensee und verschiedenen Adligen. Es war die Zeit des sogenannten Städtekrieges, d.h. wechselseitiger kriegerischer Übergriffe von Bodensee- und Rheinstädten und Angehörigen des Adels.400 Bislang kaum beachtet, brannte 1429 Merishausen, das nördliche Nachbardorf der Stadt, nieder: «alz Merishus’ verbrent ward und sich der gros zug gesamlet hatt.»401 Vermutlich wurden auch Kirchen angezündet, so etwa die Filialkirchen des Klosters Allerheiligen, die Nikolauskapelle in Obergailingen und vielleicht auch die Büsinger Bergkirche.402 Der Bischof von Konstanz war zusammen mit dem Domkapitel und dem ortsansässigen Adel von den Konstanzer Handwerkern aus der Stadt vertrieben worden und erhielt 1429/30 Gastfreundschaft im Kloster Allerheiligen.403 Und es war die Zeit
der grossen Ritterturniere in Schaffhausen, die QHEHQ DQGHUHP DXFK GHU 3ÀHJH GHV .ULHJVKDQGwerks dienten. Dank des Berichts eines spanischen Gesandten am Basler Konzil ist der Schaffhauser Turnierhof von 1436 ausgezeichnet überliefert (1.199).404 Im Herbst 1442 besuchte der neue, aus dem habsburgisch-österreichischen Haus stammende König Friedrich III. Schaffhausen. Vermutlich gab dieser Besuch den Ausschlag zum Ausbau der Befestigungsanlagen für die ohne Schutzbündnis isoliert dastehende Reichsstadt. Der in nur zwei Jahren 1443–1445 entstandene äussere Stadtgraben besitzt unglaubliche Dimensionen und trägt der Verbesserung der Feuerwaffen Rechnung. Büchsen für die vielen neuen Geschützstellungen und Bollwerke wurden in grosser Zahl eingekauft oder in der Stadt selbst hergestellt und machten Schaffhausen zur hochgerüsteten Stadt.
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Abb. 205 Stadtentwicklung Schaffhausens í
145
Der äussere Stadtgraben als Jahrhundertbauwerk
Abb. 206 VV Stadtkirche St. Johann (1.092). Fresko mit der Kreuztragung Christi, um 1470, vor der ältesten Stadtansicht mit dem 1445 entstandenen Bollwerk links, der Spitze des Münsterturms in der Mitte und dem noch nicht aufgestockten Obertorturm rechts.
Abb. 207 Z Velostation (1.173). Schnitt durch den Schalenturm innen (1), aussen (2) mit den stark abfallenden Auffüllschichten von 1856/57 im äusseren Stadtgraben von 1443– 1445 (3).
Erst die Verbesserung der Feuerwaffen liess die Erkenntnis reifen, dass die Befestigungswerke in die Breite und nicht mehr wie bisher in die Höhe gebaut werden sollten. Starkes Mauerwerk und vorgelagerte, verbreiterte Stadtgräben sollten eine möglichst grosse Distanz zwischen Angreifern mit Feuerwaffen und den Befestigungsanlagen schaffen, um die mauerbrechende Wirkung der Geschütze zu schwächen.405 Das wie unten dargelegt in nur zwei Jahren 1443–1445406 entstandene Grabenwerk besitzt unglaubliche Dimensionen (Abb. 70.5, 205 und 211; 1.046; 1.071; 1.105; 1.124; 1.173; 1.191; 1.193 und 1.213). Grob geschätzt hat der Handaushub über 90’000 m3 betragen. Er wurde aber nicht abtransportiert, sondern mit Körben oder Karren in der nächsten Umgebung verteilt und damit das umliegende Gelände modelliert. Ein Teil des Aushubs ist auch auf den Mittelwall aufgeschüttet worden (1.173).407 Bei einer angenommenen Tagesleistung von 2 m3 pro Tag und Mann haben alleine dafür 150 Mann ein Jahr gearbeitet. In heutigen Lastwagen ausgedrückt entspricht dieser Aushub etwa 5’500 40-Tonnern oder 7’700 32-Tonnern. Hinzu kommen alleine für die beidseitigen Grabenmauern etwa 25’000 m3 Kalksteinmauerwerk. Die Steine konnten zum Teil in unmittelbarer Nähe beschafft werden, weil der Graben den partiell anstehenden Kalkfels in der Vorstadt quert (1.174). Im Mühlenquartier am Rhein stand der städtische Steinbruch, wie wir gesehen haben, seit 1379 in Betrieb.408 Trotzdem mussten die Steine abgebaut und transportiert, zugehauen und vermauert werden. Ausserdem wurden abgesehen vom Kalk aus den Kalkbrennöfen (1.200) auch Sand und Wasser benötigt, die neben dem Mauermörtel auch hergeschafft und verarbeitet werden mussten.
Zudem brauchte eine solche Stadtbefestigung nun richtige Geschützstellungen. Das Bollwerk von 1445 vor dem Engelbrechtstor ist das erste einer Reihe solcher Bastionen und Vorwerke, die vor den Stadttoren entstanden (Abb. 206 und 209). Archäologisch lässt sich ein zweiter Turm vor dem Schwarztorturm fassen (1.124), und auch beim Mühlentor und beim Neuturm, wo das Vorgelände jeweils noch nicht näher untersucht ist, P VVHQ ]ZDQJVOlX¿J $QSDVVXQJHQ XQG 9HUVWlUkungen erfolgt sein (1.138 und 1.198). Hinzu kommen zwischen den Stadttoren mehr als ein Dutzend namenloser Schalentürme, die zum Wall zwischen innerem und äusserem Graben gehören. Einer davon konnte bei der Velostation untersucht werden (Abb. 207; 1.173), von anderen sind die Ruinen noch im Munotgraben erhalten (1.112). Der Aufwand zum Bau all dieser Türme und Bollwerke auf dem Mittelwall war gewaltig, berücksichtigt man auch die Holzwerke und die zusätzlichen Brücken. Daneben bedurfte es einer gewaltigen Menge an Ziegeln für die Abdeckungen der Mauern und Dächer. Nach wie vor wurden die herkömmlichen Hohlziegel verwendet, worauf weiter unten nochmals einzugehen sein wird.409 Alles in allem handelte es sich um ein Bauvorhaben von imposanten Ausmassen. Im Vergleich dazu wirkt der gut 140 Jahre später vollendete Munot geradezu bescheiden (1.112).
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Datierung des äusseren Grabens von 1443–1445 Matthäus Merian zeigt 1642 erstmals den zweiten, äusseren Graben, der die Stadt umzieht. Der Stich von 1644 nach Mentzinger ist in allen Belangen präziser (Abb. 209). Für die Datierung dieses Grabenwerks fehlten bislang eindeutige Anhaltspunkte, weil dieser jüngere Teil der Stadtbefestigung im Zuge der Entfestigung des 19. Jahrhunderts rund um die Stadt vollständig geschleift, die Gräben aufgefüllt und bestenfalls die Fundamente im Bereich der heutigen Strassen im Boden verblieben sind (Abb. 207 und 405 406 407
408 409 410 411
208).410 Das Grabenwerk lässt sich jedoch aufgrund schriftlicher Quellen in die Jahre 1443– 1445 datieren. Zwar sind die eigentlichen Baurodel nicht erhalten, aber in den Stadtrechnungen gibt es Hinweise darauf. Der erste Eintrag gilt Heinrichen Murer von Luttgern, der zuo uns wz komen und das nüw werck halff besehen, so min herren yetzo willen hand ze machen.411 Luttgern ist das heutige Leuggern bei Leibstadt. Heinrich Maurer wirkte offenbar beratend, wie auch seine Bezahlung von gut einem Gulden nahelegt. Weiter ist den Stadtrechnungen zu entnehmen, dass rund um den Stadtbering in der Folge Verdingwercke, also Arbeiten nach Werkvertrag ausge-
Abb. 208 Bahnhof Nord (1.193). Baugrube der Löwengässchen-Unterführung mit den Mauerresten des 1443–1445 entstandenen Stadtgrabens im Bereich des äusseren Engelbrechtstors, 1956.
Allg. zu Feuerwaffen und ihrer Wirkung Zeune 1997, S. 98–105; Meyer 1989, S. 13f. Vgl. unten, S. 147. Schätzung Grabenkubaturen: ca. 1650 m lang, im Schnitt 14 m breit (Hinterkante Grabenmauern), ca. 4 m tief, d.h. Aushub ca. 92’400m3; Mauerwerk 1650 m lang, Mauerstärke 1,5 m zweiseitig, Höhe ca. 5 m, Mauerwerk ca. 24’750m3, ohne Türme und andere Bauten. Vgl. oben, S. 123. Vgl. unten, S. 176–179. Bänteli 1996, S. 239. StadtASH A II.05.01.077/039 1442–1443.
Abb. 209 V Auf der Stadtansicht von Johann Jacob Mentzinger von 1644 ist der äussere, 1443–1445 entstandene Stadtgraben markiert. Das Bollwerk vor dem Engelbrechtstor datiert ebenfalls 1445. Markiert sind zudem die nachgewiesenen und die vermuteten Geschützstellungen.
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147
148
Abb. 211 Die Bauarbeiten am äusseren Stadtgraben mit dem Bollwerk beim Engelbrechtstor. Das gewaltige, materialreiche Grabenwerk entstand in nur zwei Jahren 1443–1445. Über 90’000 m3 Aushub wurden verschoben, 25’000 m3 Kalkbruchstein allein für die Grabenmauern verbaut. Hinzu kamen Bollwerke und Türme auf dem Mittelwall mit Holzwerk, Brücken, Gerüsten, Ziegelabdeckungen etc. Die vorgelagerten, verbreiterten Gräben hielten Angreifer mit Feuerwaffen auf Distanz und sollten die mauerbrechende Wirkung ihrer Geschütze schwächen. Büchsen in grosser Zahl für die neuen Geschützstellungen, in der Stadt hergestellt oder eingekauft, machten Schaffhausen zur hochgerüsteten Stadt. Visualisierung sh_ift.
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Abb. 210 Stadtkirche St. Johann (1.092). Auf der Turmzinne wurde in 45 m Höhe 1445/1446 eine Geschützstellung eingerichtet. Das Turmdach wurde erst 1471 aufgesetzt, wie die Maulscharten (Pfeile) zeigen, vgl. Abb. 209 und 347.
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führt wurden. Als Ausführende erscheinen Meister Peter Veltkilcher, Heinrich Cromer und der eben genannte Heinrich Murer in den Rechnungen.412 Die beiden letzteren waren offensichtlich verschwägert. Genannt werden solche Verdingwerke beim Mühlitor, an der Hungergasse (beim Engelbrechtstor), beim Webertörli und beim Schwarztor.413 Hinzu kommt das neue Bollwerk vor dem Engelbrechtstor, das spätestens im Frühjahr 1445 fertig war (1.046, S. 549) und 1450 zur Aufstockung des Finsterwaldturms führte, da es diesem teilweise die Sicht verstellte (1.111, S. 641). Auch der «Grendel», die äusserste, 50 bis 60 m vor dem Obertor gelegene Sperre, bestehend aus einem Torturm mit vorgelagertem Zwinger, wird 1445 erstmals erwähnt (1.071). Es ist zu vermuten, dass auch die dritte Stadtmauer am Rhein aus dieser Zeit stammt, die möglicherweise einen Zwinger vor der zweiten Stadtmauer bildete. Auch der neue, ]ZHLWH 6WDGWZHLKHU EHLP =XVDPPHQÀXVV YRQ Durach und Fulach östlich des Neuturms er-
scheint zu genau dieser Zeit erstmals in den Stadtrechnungen: türli uff baid wiger. Er diente der städtischen Fischzucht, vielleicht als Löschwasserspeicher und Annäherungshindernis und war offensichtlich Bestandteil des neuen Grabenwerks.414 Schliesslich gehört zu diesem Verteidigungskonzept die im Rahmen dieser Arbeit durch drei neu entdeckte Maulscharten rekonstruierbare Geschützstellung auf dem Turm der Stadtkirche St. Johann von 1445/46 (Abb. 210; 1.092, S. 251). 6LH EH¿QGHW VLFK DXI P +|KH XQG OLHJW GDPLW nur etwa 2 m tiefer als die Geschützplattform des 140 Jahre später vollendeten Munot. Als dessen direkter Vorgänger bestand an seiner Stelle bereits Anfang des 15. Jahrhunderts mit dem «Zwingolf» eine dem «Annot» vorgelagerte Geschützplattform (Abb. 284; 1.112). Die Maulscharten, die nachträglich in die Zinnen des St. Johannsturms eingebaut wurden, sind die bislang ältesten in unserer Gegend.415 Mit solchen Scharten wurden
nach und nach weitere Geschützstellungen eingerichtet, ebenfalls nachträglich im Neuturm (Abb. 116 und 117; 1.198), und 1491 im Zug der Aufstockung des Obertorturms (Abb. 67 und 69; 1.228). Weitere Geschützstellungen, die wohl bereits in die Jahre um 1445 zurückgehen, sind für das Mühlentor, den Grendel vor dem Obertor, den Neuturm und das Schwarztor zu vermuten. Vielleicht stammt auch die Backofen-Barbakane zum 6FKXW] GHU 6FKLIÀlQGH EHLP 6FKZDU]WRU DXV GLHser Zeit (Abb. 209 und 284, 1.213). Schliesslich muss nun auch mindestens an einem Teil der Stadtmauer die Zinnenbekrönung vermauert und durch Schiessscharten aus Sandstein mit Prellhölzern für Hand- oder Hakenbüchsen ersetzt worden sein (Abb. 70.5, 212 und 284; 1.111), die in den Schaffhauser Stadtrechnungen bereits ab 1413 auftauchen.416 Wo es sinnvoll war, hat man diese Scharten direkt in die ausgemauerten Zinnenöffnungen eingefügt (1.112; 1.208 und 1.238). Die westliche Stadtansicht der um 1470 entstandenen Kreuztragung Christi in der 412
413
414 415 416 417 418 419 420 421 422 423
Bislang sind diese Meister in der Literatur unbekannt. Anfragen vom Juni 2016 im Kanton Aargau EHL 6WDDWVDUFKLY 'HQNPDOSÀHJH XQG .DQWRQV archäologie verliefen ebenfalls negativ. StadtASH A II.05.01.077/045 1442–1443: Maister… Petter Veltkilcher… ist im verrechnott… ouch sin verdingwerck von dem tor und den II türen by dem Webertürlin, ouch XLIII clauffter gemür, so er der statt bim Webertürlin gemurret hat; A II.05.01.077/085 1442–1443: Heinrich Cromer Heinrich Murer Item XI lb I ß Item uff dz verdinckwerk im Graben… Item uff dz verdingkwerck by der Hungergassen; A II.05.01.077/100 1442–1443: Item X ß Hainrich Murer uff dz ingende jar; A II.05.01.079/120 1443–1443: Uff Verdinckwerck Heinrich Cromer Heinrich Murer Item IIII lb namen si sbbto’ ante Jacobi, nam Heinrich Murer Item II lb namen si sbbto’ post Jacobi, nam Heinrich Murer… Item VI lib nam sin swiger sabto post Gally…; A II.05.01.079/121 1443–1443: Meister Petern uff Verdinckwerck Item X lb nam er uff Donstag im jarmarckt uff das verdingkwerck by dem Mülitor stat davornen in disem buoch ouch; A II.05.01.080/090 1444–1444: Item V lb nam Heinrich Cromer von ir baider wegen sbbto’ post Pentecostes Item Vi lb X ß nam Hainrich Cromer post Corpis’ Christi Item XX lb nam Heinrich Murer sbbto’ ante Johis’´Bappte Item III lb hand si genomen uf Samstag vor Nicolai und sind damit bezalt LXXV klafter gemurs, so in verdingt und abgemessen ist; A II.05.01.080/143 1444– 1444: Item XXXIIII lb X ß Hainrich Murer und Hainrich Cromer uff verding wergk. StadtASH A II.05.01.083/072 1444–1445; A II.05.01.097/065 1449–1450; Bänteli 2017. Bänteli 2010c, S. 93f. Vgl. oben, S. 130. Bänteli 2010c, S. 92. Landolt 2004, S. 467f. Wipf 2004, S. 34. StASH UR 1/2187. Vgl. oben, S. 8. Häuserdatenbank. Homberger/Zubler 2010, S. 105f.
Stadtkirche St. Johann scheint die Stadtmauer bereits ohne Zinnen, aber mit Scharten zu zeigen (Abb. 206). Andererseits zeigt die gleiche Stadtansicht das 1445 datierte Bollwerk vor dem Engelbrechtstor noch mit Zinnenkranz. Auf der Burg +RKHQNOLQJHQ ¿QGHQ ZLU XP GDV lOWHVWH ELVlang eindeutig datierte Beispiel für den Ersatz der Zinnen, allerdings durch Maulscharten.417 So erstaunt es nicht, dass die Bauausgaben der Stadt in den 1440er-Jahren auf ein Jahrhunderthoch kletterten und in einzelnen Jahren rund 25 % der städtischen Gesamtausgaben ausmachten.418 Selbstverständlich führte dieser Befestigungsausbau auch zu einer neuen Verteidigungsorganisation. 1443 werden als Empfänger des Schenkweins erstmals die Handbüchsenschützen auf dem Graben, also auf dem neuen Mittelwall genannt und im Jahr darauf im gleichen Zusammenhang die Schützen mit Armbrüsten und Handbüchsen in den ebenfalls erstmals genannten baiden Gräben.419 Dass die neue Befestigung das historisch gewachsene Umfeld vor den Stadtmauern völlig umkrempelte, versteht sich von selbst. So verweigerte Hans Balduff 1448 eine Zinszahlung für seinen Garten vor dem Engelbrechtstor, weil ihm durch den Bau einer Mauer seitens der Stadt der Zugang dazu verunmöglicht und zusätzlich ein Stück seines Gartens abgegraben worden sei.420 Auch die Häuserdatenbank421 macht deutlich, dass einige Häuser im Bereich der Ausfallachsen und am Gerberbach verschwanden und deren Besitzer in die Stadt umzogen.422 Archäologisch ist das Gelände ausserhalb der inneren Stadtmauern schlecht untersucht; punktuell wurden etwa auf dem westseitigen Mittelwall auf Höhe der äusseren Vorstadt Reste dieser älteren Vorstädte aus dem späten 13./frühen 14. Jahrhundert angeschnitten (1.173).423
Abb. 212 «Adler» (1.111). Der Wehrgang aus der Zeit um 1380 wurde im 17. Jh. in das Hinterhofgebäude A integriert. Rechts Schiessscharte aus Sandstein mit Prellholz für Hand- oder Hakenbüchsen, direkt in die ausgemauerten Zinnenöffnungen eingefügt, vgl. Abb. 886.
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Ein Königsbesuch verändert das Antlitz der Stadt Wie bereits erwähnt, sah sich Schaffhausen als freie Reichsstadt seit 1415 im Spannungsfeld von Habsburgern, Eidgenossen, den Reichsstädten am Bodensee und dem regionalen Adel. Was war der unmittelbare Anlass für Bürgermeister und Rat, diesen gewaltigen Stadtausbau zu veranlassen? Die Stadtrechnungen geben dafür keine Hinweise, und die erhaltenen Ratsprotokolle setzen erst ein Vierteljahrhundert später ein. Der Alte Zürichkrieg hatte 1436 seinen Anfang genommen. Die Kriegshandlungen, während derer die mit Habsburg verbündeten Zürcher verschiedene Niederlagen einsteckten, wechselten sich ab mit PHKUPRQDWLJHQ :DIIHQUXKHQ 'LH HUVWH .RQÀLNWphase endete im April 1441, zwei Jahre später ÀDPPWHQ GLH .RQÀLNWH ZLHGHU DXI XQG GDXHUWHQ bis 1446 an.424 Ende Juli 1442 bestätigte der neue, aus dem habsburgisch-österreichischen Haus stammende König Friedrich III. der Reichsstadt Schaffhausen ihre Privilegien und Freiheiten (Abb. 213).425 Auf seiner Krönungsreise im Herbst 1442 besuchte er am 18. September Waldshut und ab dem 20. September Zürich. Später war er dann am 18. November in Basel, ab dem 21. November in Konstanz. Friedrich hat zwar in Schaffhausen keine Schriften ausgestellt, die seine Anwesenheit beweisen könnten, doch wäre sowohl am 19. September als auch am 19./20. November ein Besuch in Schaffhausen prinzipiell möglich gewesen.426 Die Stadtrechnungen zeigen jedenfalls zweifelsfrei, dass der König da war. 427 Bürgermeister Adam Cron verehrte ihm einen vergoldeten Becher des Goldschmieds Conrad Waldkirch vom «Finsteren Sternen» (Abb. 257; 1.133). Als Gegengeschenk be-
Abb. 213 Siegel von König Friedrich III. aus dem Haus Habsburg-Österreich, der im Herbst 1442 der Reichsstadt Schaffhausen einen Besuch abstattete, STASH UR 1/2111 von 1444.
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kam die Stadt Hirsche für die Kolonie im Stadtgraben, die spätestens seit 1436 bestand.428 Des Königs Tiere, wie die Hirsche im Mittelalter genannt wurden, wurden am «Laufen», d.h. am Rheinfall abgeholt und in den Salzhof gebracht. Als Nachträge folgen in den Rechnungen noch Ausgaben für IIII stangen, do man unsern herren, den Kunig, zwüschen füert, und für Conrad Koch, den Wirt «Zum roten Schild» am Markt.429 Im Frühjahr 1443 waren auch die Räte des Königs in der Stadt, die sich vermutlich über den Stand der Bauarbeiten informiert haben und wohl auch Ratschläge zum Ausbau der Befestigung erteilten.430 Vermutlich gab dieser Königsbesuch den Ausschlag zum Ausbau der Befestigungsanlagen für die ohne Schutzbündnis isoliert dastehende Reichsstadt. In den Stadtrechnungen folgt unmittelbar auf die Seite mit den Ausgaben für den Königsbesuch eine gewaltige Waffenbestellung. Nicht weniger als 14 Kanonen, 20 Handgeschütze, Salpeter, 2000 Büchsensteine, 100 Halbarten (Hellebarden) und 10 Mordäxte wurden in Nürnberg eingekauft und über Konstanz auf dem Landweg nach Schaffhausen gebracht. Vom Waffenschmied in Pfullendorf kamen weitere 114 Halbarten und Äxte hinzu, und durch den städtischen Bolzenmacher wurden 6000 Pfeile angefertigt.431 Weitere Geschütze wurden vor Ort produziert, wie die Ausgaben an Heinrich Hafengiesser (1.186, S. 668) von 1444 zeigen: nuwen model zuo einer buchs…, XI darraß und gross haggen büchsen…, modeln zuo den klötzen…, C XI buchsen.432 Die Wehrbereitschaft der Stadt wurde weithin sichtbar inszeniert, wie die Ausgabe für ein Gemälde bei der grossen Kanone deutlich macht: gemeld… uff dz grüst der grossen büchsen. Es stammte vom Glaser und Maler Hans Sprung, der bei der Schuhmacherstube wohnte, für die Stadt bereits verschiedene Bilder angefertigt hatte und 1434 auch ein neues Fähnlein auf den Finsterwaldturm erstellt hatte (1.111).433 Interessanterweise wurde diese grosse % FKVH YRQ GHQ 6WlGWHQ DP %RGHQVHH PLW¿QDQziert: …grossen büchs …so unser und gemeiner stett am Boden See ist, noch bevor Schaffhausen Mitglied im Schwäbischen Städtebund war, wie unten erläutert wird.434 Ein Zeughausinventar von 1479 zeigt die ganze Palette der Feuerwaffen, die im Werkhaus auf dem Herrenacker und im Rathaus aufbewahrt wurden (Abb. 214; 1.186, S. 669; 1.199, S. 441).435 Eine grosse Hauptbüchse und die grosse «böse» Büchse nutzte man als Belagerungsgeschütze. Als Feldartilleriegeschütze dienten die Steinbüchsen, die, wie der Name sagt, Steine schossen. Leichtere Büchsen, die in den Türmen und Bollwerken aufgebockt werden konnten, wa-
ren die Schlangenbüchsen (eine davon Beutegut vom Kampf gegen Karl den Kühnen 1476 bei Grandson), die Darresbüchsen (eine davon zerbrochen) und eine Kammerbüchse. Sie waren alle für Blei- oder gusseiserne Kugeln geeignet. Die Hagelbüchse bestand aus einer Batterie von Rohren, um mehrere Schüsse auf einmal abzugeEHQ =X GHQ NXU]OlX¿JHQ 6WHLOIHXHUJHVFK W]HQ I U Steinkugeln gehörten die Mörser und Böller. Schliesslich dienten die Hakenbüchsen und Handbüchsen als Handfeuerwaffen. Dass sich die Lage 1443 dramatisch zuspitzte, zeigt sich auch daran, dass der Rat begann, die städtischen Kornvorräte, die bislang im Kaufhaus und am Rhein im Salzhof und «Paradieserhaus» gelagert wurden, auf eine ganze Anzahl weiterer Standorte an der Reichsstrasse zu verteilen (1.199). Zusätzliche Lagerorte waren der mittlerweile in städtischen Besitz übergegangene Schultheissenturm, der fortan Fronwagturm genannt wurde (1.059), das Zunfthaus der Schneider (1.217), das danebenliegende Haus am Fischmarkt von Junker Hans Wilhelm Im Thurn, der 424
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426 427 428
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432 433 434 435
Allg. zum alten Zürichkrieg mit Zeittafel S. 17–19: Niederhäuser, Peter/Sieber, Christian (Hrsg.): Ein «Bruderkrieg» macht Geschichte, Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 73 (170. Neujahrsblatt), Zürich 2006. [RI XIII] H. 12 n. 110, in: Regesta Imperii Online, URI: http://www.regesta-imperii.de/id/1442-0721_1_0_13_12_0_110_110 (abgerufen 19.01.2017); für diesen Hinweis danke ich Peter Niederhäuser, Winterthur. Regesta Imperii; für Hinweise und Überlegungen zur historischen Überlieferung danke ich Peter Niederhäuser, Winterthur; Scheck 1994, S. 161. StadtASH A II.05.01.077/036 1442–1443. StadtASH A II.05.01.064/036 1436–1437: Item I lb dem Vogler umb höw den tieren; Item XXX ß dem 9RJOHU YRQ GHQ WLHUHQ ]H SÀHJHQ A II.05.01.066/036 1438–1439: Erhart Sailer… als er zwai jar der tier in den Graben gewartet haut; Bänteli, Kurt/Jezler, 3HWHU 0XIÀRQV VWDWW +LUVFKH LP 0XQRWJUDEHQ í HLQ altes Kulturgut preisgeben? in: SN 30.08.2016. StadtASH A II.05.01.077/039 1442–1443; A II.05.01.079/040 1443–1443: Item XVII ß VIIII heller Cuonraten zum Schilt, …§ und als unser herr, der Künig, hie waz; Häuserdatenbank. StadtASH A II.05.01.077/078 1442–1443: Schengkanten Item VIII ß IIII heller umb V kanten wins, schangkt man unßers herren, des Künigs, räten und dem Gossen, dem büchssenmaister. StadtASH A II.05.01.077/037 1442–1443, A II.05.01.079/047 1443–1443, A II.05.01.077/082 1442–1443. – Vgl. auch Wipf 2004, S. 26; Landolt 2004, S. 335; Scheck 1994, S. 161f. StadtASH A II.05.01.080/072 1444–1444, A II.05.01.080/073 1444–1444, A II.05.01.080/168 1444–1444. StadtASH A II.05.01.077/080 1442–1443; Häuserdatenbank. StadtASH A II.05.01.080/077 1444–1444. STASH Ordnungen A3, Aller Amtlüten Ordnungen Buch 1480; Schib 1972, S. 215; Bächtold 1901, S. 45f.
Abb. 214 Beispiele von Feuerwaffen, die nach einem Zeughausinventar von 1479 in Schaffhausen lagerten. 1: Steinbüchse 2: Mörser 3: Feldschlange 4: Kammerbüchse (1 und 3 Historisches Museum Murten, 2 Bernisches Historisches Museum, 4 Spanien.
Abb. 214a «Hoffnung» (1.121). Büchsenstein aus Kalk, im Bauschutt aufgefunden. Durchmesser: 13 cm, Gewicht: 2831 Gramm. 15./16. Jh.
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©*ULIIHQª GDV +DXV GHV 6SLWDOSÀHJHUV XQG 3¿V terzunftmeisters Peter Nünangster an der Ecke Oberstadt/Neustadt und ein Haus an der Ecke Vorstadt/Löwengässchen neben dem des Hans von Irmensee (1.131).436 Zweifellos war dies das Ergebnis einer Risikoabschätzung, um so bei allfälligen Bränden als Folge von Kriegshandlungen einen Totalverlust der Getreidevorräte zu verhindern. Anfang August 1444 bestätigte König Friedrich III. der Reichsstadt Schaffhausen erneut ihre Privilegien und Rechte.437 Im Spätsommer 1444 kam es zu einer akuten Bedrohung durch den Zug der Armagnaken, des bei St. Jakob an der Birs siegreichen französischen Söldnerheeres, mit angeblich 9000 Mann in den Klettgau.438 Noch Anfang 1445 lagerten die Armagnaken bei Waldshut.439 Und gegen Ende 1444 schlug Herzog Albrecht von Österreich sein Lager im benachbarten Diessenhofen auf. Aus dieser Zeit stammt die Episode, dass der Abt von Allerheiligen, Berchtold Wiechser, den Herzog begrüssen und um seinen Schutz bitten wollte, aber mit seinen Gefolgsleuten verhaftet wurde. Dies mit der Begründung, der Wächter habe vom Annot aus (1.112) auf den sich MHQVHLWV GHV 5KHLQV EH¿QGHQGHQ +HU]RJ JHVFKRVsen. Erst nach Fürsprache von mit Schaffhausen befreundeten Adligen wurde der Abt freigelassen.440
436
Häuserdatenbank; StadtASH A II.05.01.077/094 1442–1443, A II.05.01.077/095 1442–1443, A II.05.01.077/096 1442–1443, A II.05.01.079/124 1443–1443 etc. 437 STASH UR 1/2111. 438 Scheck 1994, S. 160–167. 439 STASH UR 1/2122. 440 Schmuki 1989, S. 39f. 441 StadtASH A II.05.01.088/028 1446–1446 bis A II.05.01.088/035; Häuserdatenbank. 442 Landolt 2004, S. 249, Anm. 1046. 443 Vgl. unten, S. 161. 444 Scheck 1994, S. 184–193. 445 STASH UR 1/UR 2255, UR 1/UR 2258. Allg. dazu Niederhäuser 2006. 446 Landolt 2004, S. 151, 426f.; Scheck 1994, S. 168– 177. 447 Chmel n. 2599, in: Regesta Imperii Online, ; [RI XIII] H. 13 n. 156, in: Regesta Imperii Online, URI: http:// w w w. r e g e s t a - i m p e r i i . d e / i d / 1 4 4 9 - 1 2 - 3 1 _ 1_0_13_13_0_157_156 (abgerufen am 19.01.2017); STASH UR 2/5184- I-V. 448 Scheck 1994, S. 177–183; Schib 1945, S. 126–143. .Q|SÀL 6 -H]OHU 6 VHLQH GLHVbezügliche Analyse für die Zürcher Landschaft S. 68f. 450 Landolt 2004, S. 28, S. 34f.; Schmuki 1988, S. 170; vgl. oben, S. 105. 451 Landolt 2004, S. 28, S. 261. 452 Bänteli 2010b, S. 134–138; Bänteli 2016, S. 61–64.
154
Kleinkriege und Bündnisse Erst im März 1445 konnte Schaffhausen seine isoIierte Lage mit dem Beitritt zum Schwäbischen Städtebund durchbrechen. Die nun hochgerüstete Stadt begann ihrerseits kleinkriegerisch aktiv zu werden. 1446 zerstörte sie die Burg Sunthausen bei Geisingen, 40 km nördlich von Schaffhausen. Unter der Mannschaft werden namentlich die fünf Hofknechte und der Binder vom Salzhof in den Stadtrechnungen genannt.441 Als eher kurioses Detail stechen unter der Beute neben Gerätschaften und einigen Büchsen (Kanonen) vor allem die «13 glaß venster mit waltglaß» heraus, welche die Schaffhauser Mannschaft nach Hause brachte.442 Solche Glasfenster aus den Glashütten im Schwarzwald sind in Schaffhausen bereits seit 1418 nachzuweisen (1.199, S. 438),443 waren aber offenbar nach wie vor als Kriegsbeute genügend wertvoll. In die Jahre 1448/49 fällt die Fehde mit Bilgeri von Heudorf, Dienstmann des österreichischen Herzogs Albrecht. Er entriss die Burg Laufen über dem Rheinfall den Schaffhauser Brüdern Hans und Conrad von Fulach, bis diese nach ungefähr einem Jahr ihre Burg wieder zurückerobern konnten.444 Als Bündnispartner der süddeutschen Städte trat Schaffhausen 1449 in den Städtekrieg ein, zerstörte die Burg Balm (Ortsteil von D-Lottstetten) und besetzte Rheinau. Dies führte in der Folge zu horrenden Schadenersatzforderungen seitens der Grafen von Sulz, denen die Schaffhauser auch die im Rathaus zur Schau gestellte und bereits weiterverkaufte Kriegsbeute zurückgeben mussten (1.199, S. 440; 1.215). Schadenersatz und Rückgabe der Kriegsbeute musste die Stadt auch an Hans von Rechberg leisten für die Zerstörung seiner Sunthauser Burg.445 Folge all dieser Bauausgaben und hohen Kriegskosten war eine drückende Schuldenlast, die in den 1450er-Jahren ihren Höchststand erreichte.446 Zum Jahreswechsel 1449/50 forderte König Friedrich die Stadt auf, nach dem Vorbild anderer Städte wieder in die Pfandschaft von Habsburg zurückzukehren.447 Er blieb aber ohne Erfolg, die Schaffhauser wollten ihre Unabhängigkeit bewahren. Erst das Bündnis von 1454 mit den Eidgenossen führte die Stadt wieder in ruhigere Gewässer, und sie konnte sich vermehrt ihren inneren Aufgaben zuwenden.448
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Für die folgenden Jahrzehnte wurde ein ©.LUFKHQEDX¿HEHU GDV DP 9RUDEHQG GHU 5H formation auch das Bodenseegebiet ergriff», festgestellt, auch als besonders die Dörfer erfassender «spätgotischer Kirchenbauboom» bezeichnet.449 Diese kunsthistorischen Beobachtungen wurden in einer Zeit gemacht, als baugeschichtliche Untersuchungen und dendrochronologische Datierungen noch eine Rarität waren XQG GHU GHQNPDOSÀHJHULVFKH )RNXV YRU DOOHP DXI den Kirchenbauten lag. Die folgenden Ausführungen zeigen, dass diese Aussagen relativiert werden müssen, weil sie die in jener Zeit ebenfalls intensive Bautätigkeit der Bürger weitgehend ausblenden.
von dieser Seite keine Notwendigkeit zum Stadtausbau mehr bestand (Abb. 215).450 Die gesamte, hier erstmals nachzuvollziehende Bautätigkeit widerspricht aber der Vorstellung einer «kontinuierlichen Wirtschaftskrise», in der sich die Stadt im 15. Jahrhundert befunden haben soll.451 Der Baubestand der hochgerüsteten Stadt blieb vom Schwaben- bzw. Schweizerkrieg, der 1499 in den Dörfern um die Stadt wütete, unberührt. Dafür werden die Verheerungen in der Landschaft nun durch dendrochronologische Datierungen mehr und mehr fassbar.452 Wie schon das Bündnis von 1454 hinterliess auch der endgültige Beitritt zur Eidgenossenschaft 1501 keine baulichen Spuren. Dies im Gegensatz zu den vielen anderen politischen Vorkommnissen und Entscheidungen der früheren Jahrhunderte, die, wie wir gesehen haben, direkte bauliche Folgen gezeitigt haben und sich nun gleichsam auf einer Zeitschiene in der Schaffhauser Altstadt ablesen lassen.
Andererseits fällt in dieser Zeit eine gewisse Zurückhaltung bei den Investitionen der Stadt in ihre öffentlichen Bauten auf. Sie hängt zusammen mit GHU U FNOlX¿JHQ RGHU VWDJQLHUHQGHQ %HY|ONHrungszahl von etwa 3500 Einwohnern, so dass
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Abb. 215 Stadtentwicklung Schaffhausens í
155
Leutkirche St. Johann Der Auftakt zu einer quasi «inneren Stadterneuerung» geht von der alten Keimzelle der Stadt aus. Nur 80 bis 90 Jahre nach seiner Weihe weicht das Schiff der Stadtkirche St. Johann einem weitgehenden Neubau, der in den Jahren 1466 bis 1472 realisiert wird (Abb. 157 und 158). Das nach dem Stadtbrand von 1372 neu erstellte, nur von den Seiten belichtete, düstere und gedrungene Langhaus hatte seinen Zweck erfüllt, nach der Katastrophe möglichst rasch wieder geregelte seelsorgerische Tätigkeiten zu ermöglichen. Nun sollte erneut die architektonische Schönheit im Vordergrund stehen. Vom vorhergehenden Kirchenschiff wurden einzig die Längswände übernommen. Ihre Verlängerung nach Westen auf die alte Friedhofmauer vergrösserte die Fläche des Kirchenschiffes um gut ein Viertel. Der neue Obergaden belichtet das Mittelschiff direkt, und mit der Beibehaltung von sechs Jochen entstand der weite, helle und hochstrebende Kirchenraum, den ZLU KHXWH QRFK QDFKHPS¿QGHQ N|QQHQ $EE 216). Zu dieser Bauphase gehört auch die Überdachung der Turmzinne 453 mit ihrer bereits ein Vierteljahrhundert alten Geschützstellung, von der wir aber nicht wissen, wie lange sie in Betrieb stand (1.092).
Abb. 216 Stadtkirche St. Johann (1.092). Vom Neubau der gotischen Leutkirche IV sind aus dem Ende des 14. Jh. noch Chor und Sakristei erhalten. Die Fertigstellung des Turms dauerte bis um 1420. Das Mittelschiff mit dem Obergaden und das Turmdach entstanden 1466–72; die äusseren Seitenschiffe stammen von 1515–1517.
156
Spätgotische Renaissance des Klosters Allerheiligen Nach einer mehr als zweihundertjährigen baulichen Stagnation infolge der zerrütteten Kloster¿QDQ]HQ JDE HV KLHU ]XQlFKVW QXU ]DJKDIWH (UQHXerungen. Am Anfang stand das 1431 neu gebaute zweite Obergeschoss der Alten Abtei mit dem Festsaal, Teil des heutigen Kreuzsaales von Allerheiligen. Dieser Bau war aber eine Schenkung des Bischofs von Konstanz für genossene Gastfreundschaft. 1465, kurz vor der Resignation des wenig erfolgreichen Abts Berchtold Wiechser, wurde das Bindhaus (die Küferei) über dem grossen Weinkeller längs der Klosterstrasse errichtet. Erst die letzten drei Äbte von Allerheiligen versuchten die Finanzen zu ordnen, die ursprünglichen Verhältnisse wieder herzustellen und an die glorreichen Anfänge des Klosters anzuknüpfen (Abb. 38 und 217). Dies schlägt sich auch in ihren Bauten nieder, die bis heute das Bild von Allerheiligen mitprägen.454 Nach dem erfolglosen Versuch von 1480/82, seine Rechte als Stattherr zurückzugewinnen, baute Abt Konrad VI Dettikofer 1484 die Neue Abtei (Abb. 217–219 und 263). Durch die Positionierung direkt über der Landstrasse, dem heutigen Klosterbogen, mit an
Abb. 217 Kloster Allerheiligen (1.042). Rekonstruktion der Bauentwicklung: Allerheiligen VI mit den gotischen Neubauten vor der Umwandlung in eine Probstei 1524. Visualisierung Valentin Homberger 2004.
453 454
Bänteli 1990, S. 63–67. Bänteli 1999a, S. 92–108.
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Abb. 218 Hans Caspar Lang, Kloster Allerheiligen um 1600, Aquarell aus der Chronik von Johann Jakob Rüeger. Die Neue Abtei von 1484 (F), direkt über die Landstrasse gebaut mit monumentalem Wehrerker, war eine Machtdemonstration des Abts Konrad VI Dettikofer gegenüber der Stadt nach seinem erfolglosen Versuch, die Rechte als Stadtherr zurückzugewinnen, vgl. Abb. 219.
157
neuerte die Klosterbäckerei (Abb. 38 und 196; 1.043.3). Noch heute sind das Winterrefektorium und der original erhaltene Dachstuhl in der naturkundlichen Abteilung des Museums bemerkenswert (Abb. 217). Michel Eggenstorfer, der letzte Abt des Klosters, baute schliesslich 1521/22 die alte Marienkapelle zur Annakapelle456 um und liess sie mit einem gotischen Altarhaus versehen. Nördlich davon kam eine kleine Friedhofskapelle, die so genannte St. Oswaldskapelle, hinzu (Abb. 38; 1.155). Südlich der Annakapelle entstand ein neues Konventshaus mit Mönchszellen DQVWHOOH GHU DOWHQ ,Q¿UPHULH
St. Agnes und Barfüsserkloster
Abb. 219 Kloster Allerheiligen, Neue Abtei von 1484 (1.042.4). Über den originalen Kreuzstockfenstern zeigt sich im Dachgesims aus Rorschacher Sandstein eine Fehlstelle (1). Sie stammt vom ehemaligen, 4,3 m breiten monumentalen Erker, den Abt Konrad VI Dettikofer hoch über dem Klostertor errichten liess, vgl. Abb. 218.
Abb. 220 Johann Jacob Beck, Bleistiftskizze des Barfüsserklosters von Norden, um 1830. In der Bildmitte das neue Mönchshaus von 1457, das Konventhaus mit dem Treppengiebel, vor seiner Aufstockung Mitte 19. Jh. Quer dazu der «Schwarze Stier»; dahinter mit den beiden Oculi der stehengebliebene Mittelteil der Barfüsserkirche (abgebrochen 1837). Auf dieser Basis sind die fehlerhaften Rekonstruktionen des Klosters durch Hans Wilhelm Harder entstanden, die u.a. den Chor von St. Johann als Vorbild nehmen (Frauenfelder 1937, S. 52f.).
158
mittelalterliche Buckelquader erinnernden Eckquadern und mit den beiden Wehrerkern, einer davon völlig überdimensioniert, war der Bau eine architektonische Machtdemonstration des nicht unumstrittenen Abts gegenüber der Stadt (1.042.4).455 Das Gebäude ist heute der Standort des Polizeipostens. Dettikofer liess den Neubau mit einem doppelstöckigen Gang, Pfaffengang genannt, zur Alten Abtei verbinden. Ihm verdanken wir auch die so genannte Schillerglocke, die heute beim Kräutergarten im Mauergeviert des ehemaligen Kapitelsaals zu sehen ist. 1496 erneuHUWH $EW +HLQULFK :LWWHQKDQ GHQ 6 GÀ JHO GHU Konventbauten, versah den dortigen Kreuzgangarm mit gotischen Masswerköffnungen und er-
An der romanisch-frühgotischen Kirche des Klosters St. Agnes ging wie am Münster Allerheiligen der spätgotische Bauboom vorüber. Auch die Kreuzgänge der Benediktiner und Benediktinerinnen sind grösstenteils belassen worden, abgesehen vom gotisierten Südabschnitt in Allerheiligen. Zu den Klausurgebäuden der Nonnen fehlen sowohl Schriftquellen als auch Bauuntersuchungen in den nur noch spärlich erhaltenen Gebäuderesten. Trotzdem weist in dieser Zeit wenig auf Neubauten in grösserem Umfang hin. Vielleicht liessen die Nonnen an der Ostseite, an der Stadtmauer, ein neues Dormitorium errichten. Davon ist noch eine Zelle im Museum zu $OOHUKHLOLJHQ HUKDOWHQ GHUHQ ¿OLJUDQH 7 UH 7lfer und Flachdecke ins Ende des 15. Jahrhunderts verweisen.457
Die Barfüsserkirche kann weitgehend rekonstruiert werden. Es scheint, dass sie vor der Mitte des -DKUKXQGHUWV GUHLVFKLI¿J QHX JHEDXW ZXUGH Noch fehlen aber jahrgenaue Datierungen (Abb. 815; 1.062, S. 594). Mit sieben Jochen besitzt ihr Kirchenschiff eines mehr als St. Johann IV aus der Zeit um 1400. Vor allem ist es ganze 18 m länger als letzteres, bzw. 10 m länger als St. Johann V aus der Zeit um 1470 (Abb. 221 und 222; 1.092). Quer vor dem bereits 1402 erweiterten und mit einem weitgehend neuen Dach versehenen NordÀ JHO GHV .ORVWHUV DXI GHP 3ODW] VWHKW GDV errichtete «Neue Haus». Das heute Konventhaus genannte Gebäude war das Dormitorium der Barfüsser mit Zellen für sechs Mönche. Ursprünglich war es nur zweigeschossig und besass einen Treppengiebel (Abb. 220). Auch der Kreuzgang der Barfüsser ist in spätgotischer Zeit neu gebaut worGHQ =XHUVW VWDQGHQ ZRKO GLH ÀDFKJHGHFNWHQ 2VW XQG 1RUGÀ JHO ZlKUHQG GHU EHUZ|OEWH :HVWarm des Kreuzgangs 1511 hinzukam (Abb. 223). Gleichzeitig entstand das neu gebaute Gästehaus der Barfüsser, der heutige «Goldene Apfel» an der Krummgasse.
455 456 457
Bänteli 2004, S. 17; Schudel 1986, S. 1531f.; Walter 1906. Gleicher Wechsel des Patroziniums von Maria zu Anna bei der Kapelle auf dem Herrenacker (1.113, S. 659). Frauenfelder 1951, S. 164f.
Abb. 221 Barfüsserkloster, Stadthausgasse (1.163). Die Südfassade der «Freudenquelle», heute Stadthaus, steht auf dem Fundament der ehemaligen Südmauer der Barfüsserkirche.
Abb. 222 Die 1950 entdeckte, noch aufrecht stehende Säule (1) der Barfüsserkirche in der Ostfassade der «Freudenquelle», heute Stadthaus.
Abb. 223. Barfüsserkloster, «Goldener Apfel» (1.062). Westflügel des überwölbten spätgotischen Kreuzganges innen in der Waschküche, vgl. Abb. 825.
159
Armenfürsorge und Stiftung von Kapellen Bereits 1470 erhielten auch die «Sondersiechen» in der Vorstadt auf der Steig ein neues Wohngebäude (Abb. 224; 1.144). Der freistehende, zweistöckige Fachwerkbau mit traufseitig leicht vorkragendem Obergeschoss, Satteldach und Halbwalm ist noch vollständig erhalten. Nur die ehemaligen Sichtbackstein-Ausfachungen sind verputzt, im Gegensatz zu jenen anderer spätgotischer Bauten, so im Bindhaus im Kloster Allerheiligen oder in Stein am Rhein im Kloster St. Georgen und im Bürgerasyl.458 Im Obergeschoss des Schaffhauser Sondersiechenhauses gab es 12 Kammern beidseits eines Mittelgangs. Die Raumsituation im Erdgeschoss ist unklar. Auch die zur Anlage gehörende Dreikönigskapelle dürfte in diesen Jahren erneuert oder erweitert worden sein, auch wenn das Baujahr nicht mehr genau ermittelt werden kann (1.143). Abb. 224 U Das Sondersiechenhaus auf der Steig (1.144), 1470 errichtet als freistehender zweistöckiger Fachwerkbau mit Sichtbackstein-Ausfachungen, Satteldach und Halbwalm. Auch die zum Sondersiechenhaus gehörende, dahinterliegende Dreikönigskapelle dürfte in diesen Jahren erneuert oder erweitert worden sein. Bleistiftzeichnung Jean Bornet, um 1850.
500 m weiter stadtauswärts, beim Radacker an markant erhöhter Lage auf dem Ölberg und an der alten Umgehungsstrasse an den Rheinfall, entstand 1477 die St. Wolfgangkapelle. Ihr Stifter war Priester Ulrich Keck, genannt Affenschmalz, Tagmesser am Marienaltar von St. Johann. Abt Dettikofer von Allerheiligen leistete Widerstand gegen den Bau, weil er um den Verlust von Spendengeldern fürchtete, so dass die Kapelle erst 1480 geweiht werden konnte (1.076).459 Abb. 225 V «Luchs» (1.113). Chorbogen und Dienste der Chorwand der Anna- und ehemaligen Marienkapelle mit Gewölberippen, Bollenfries und Fresko des Christus am Ölberg um 1480, im heutigen Berufsbildungsamt, vgl. Abb. 905.
Ebenfalls 1477 stiftete der Metzger Heinrich Merckli seinen Grund und Boden auf dem Herrenacker der Stadt zum Bau eines neuen Seelhauses als Unterkunft für bedürftige Pilger, wandernde Handwerksburschen und Bettler (Abb. 225; 1.113). So entstand die zweite Elendenherberge der Stadt. Ihre Vorgängerin in der Unterstadt zwischen Fischer- und Läufergässchen wurde aufgegeben.460 Die Kapelle zum neuen Seelhaus hatte der ehemalige Priester der Spitalkirche zwei Jahre zuvor durch die Äufnung einer Pfrund für den Priester initiiert. Die Stadt übernahm nun im Sinne einer heutigen «Public Private Partnership» die Baukosten der Marienkapelle, die wie die Wolfgangkapelle 1480 geweiht wurde. Allerdings achtete auch hier Abt Dettikofer darauf, dass dem Kloster dadurch kein Schaden entstehen konnte. Daher erhielt die Kapelle kein Begräbnisrecht.461 Schliesslich wurde in dieser spendenfreudigen Zeit auch den Schwestern zum Hl. Kreuz unten an der Repfergasse 1480/81 ein eigenes Kirchlein gestiftet, damit sie nicht mehr wie bis anhin die Kirche des danebenliegenden Klosters St. Agnes aufsuchen mussten (1.088).462
160
Fenstergewände als Leitformen der spätgotischen Architektur
Abb. 226 Kaufhaus/Rathaus (1.199). An den Kreuzstockfenstern von 1394/95 tritt die Hohlkehle mit einseitigem Auslauf erstmals auf. Die unteren, grösseren Fensterabschnitte waren mit beweglichen Fensterläden verschlossen, während die oberen Teile anfänglich Stoffbespannungen besassen, die um 1420 von den neu aufkommenden Glasscheiben ersetzt wurden.
Der ebenfalls boomende Profanbau hat in dieser Zeit viele Bauformen hervorgebracht, die bislang noch kaum untersucht sind. Es erscheint ein neuer )HQVWHUW\S GHVVHQ 3UR¿OH GXUFK HLQH +RKONHKOH mit einseitig gekehltem Auslauf charakterisiert werden. Dieser Typ besitzt mit über 300 Jahren eine sehr lange Laufzeit und ist noch an mehreren hundert Beispielen vorhanden.463 Zum JU|VVWHQ 7HLO ¿QGHQ ZLU GLHVHV 'HWDLO DQ *HZlQden aus graugrünem Rorschacher Sandstein, selten an solchen aus rotem Sandstein. Letzterer tritt im späteren 15. Jahrhundert zusammen mit dem Randengrobkalk nur noch spärlich auf und verschwindet schliesslich ganz.464 Die Hohlkehle mit einseitigem Auslauf erscheint erstmals an den Kreuzstockfenstern am Kaufhaus von 1394/95, die identisch auch dessen Umbau YRQ SUlJHQ $EE XQG :LU ¿QGHQ GDVVHOEH 3UR¿O DXFK DQ GHQ )HQVWHUQ GHV QHXHQ Rathausteils über dem Bogen von 1412/13, am fünffachen Staffelfenster der Ratsstube des Kleinen Rats und an den beiden Doppelfenstern darüber (1.199). Der ebenfalls am Kauf- und Rathaus erstmals auftretende Ladenfalz ist 1394/95 vereinzelt vorhanden und wird hier 1412/13 zum Standard. Glasfenster, die nach und nach an die Stelle der bisherigen Stoffbespannung mit Leintüchern treten, werden in den Stadtrechnungen erstmals 1418 erwähnt (1.199 und 1.217). Üblicherweise verschlossen feststehende Glasfenster die oberen Teile der Kreuzstockfenster, während die unteren, grösseren Teile bewegliche Fensterläden aufwiesen.465 Die nächstjüngeren Kreuzstockfenster mit Hohlkehle und einseitigem AusODXI ¿QGHQ ZLU DP QHX JHEDXWHQ )HVWVDDO von Allerheiligen als Fensterband aus zwei Paar Bindhaus Kloster Allerheiligen von 1465 in Bänteli 1999a, S. 108; Dormitorium Kloster St. Georgen von Abt Jodokus Krum (1460–1490) in Frauenfelder 1958, S. 89 und S. 153; Spittel von 1477 und Mittelbau von 1515 in Bänteli 2006, S. 32f. und S. 38f. 459 STASH UR 1/3632 und Abschriften 4, Bd. 9, S. 67. 460 Bänteli 2011, S. 65f.; Schultheiss 2006, S. 93–96; Landolt 2004, S. 543–549; Rüeger 1884, S. 333f.; Häuserdatenbank. 461 STASH UR 1/2907, 1/2977, 1/2994, 1/5337, 1/5427. Allg. Rüeger 1884, S. 311f. 462 Wipf, Hans Ulrich: Die St. Agnesen Amtsschütte, in: SN 19.11.1977. 463 Vgl. unten, S. 197. 'LH M QJVWHQ %HLVSLHOH ¿QGHQ VLFK DP +LQWHUKDXV GHV «Adlers» (1.111), der Rundbogentüre von 1407 und im «Luchs», der Türe zur Kapelle von 1477 (1.113); Bänteli 2010b, S. 130f. 465 Untermann 2009, S. 328f. und S. 374f. 466 Bänteli 1999a, S. 96f. 467 Bänteli 1999a, S. 100f.; Frauenfelder 1951, S. 144– 146. 458
Abb. 227 Barfüsserkloster, Konventhaus (1.062). Gestaffeltes Fenstergewände von 1457 mit einseitig abgeschrägtem Auslauf.
Dreierfenstern, die im Inneren erstmalig in Schaffhausen je eine Fenstersäule besitzen.466 An der 1484 entstandenen Neuen Abtei von Allerheiligen zeigen die vielen Kreuzstockfenster verspielte Varianten mit Fase, einfacher oder doppelter Hohlkehle (1.042.4). Im 1496 erbauten 6 GÀ JHO GHV .ORVWHUV $OOHUKHLOLJHQ LVW LP :LQterrefektorium im 1. Obergeschoss ein Fensterband mit vier gestaffelten Dreierfenstern vorhanden, die doppelte Hohlkehlen mit einseitigem, gekehltem Auslauf und innen je eine achteckige Fenstersäule und Sitzbänke aufweisen.467 Parallel zur Hohlkehle mit einseitig gekehltem Auslauf gibt es auch Formen mit einseitig abgeschrägtem Auslauf. Ein solcher ist an den Gewänden des Konventhauses der Barfüsser von 1457 am Platz zu beobachten (Abb. 227; 1.062, S. 600). Bislang ist dies die einzige Dendrodatierung, die GLHVHP )HQVWHUSUR¿O ]XJHRUGQHW ZHUGHQ NDQQ (V ist folglich in die Jahrzehnte um 1450 zu datieUHQ 'LH JOHLFKHQ )HQVWHUSUR¿OH ¿QGHQ ZLU LQ GHU Unterstadt am «Spiren», wo sie auch zum Festsaal der ehemaligen Wirtschaft «Zum roten Kreuz» im 3. Obergeschoss gehören (1.202). WeiWHU ¿QGHQ ZLU GLHVHQ )HQVWHUW\S YRQ PLW XQG ohne Ladenfalz als Einbauten oder Aufstockungen älterer Häuser in der Münstergasse an «Rebstock» und «Orgelpfeife» (1.095) und in der 161
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Abb. 228 Zusammenstellung der Fensterentwicklung in der Stadt Schaffhausen vom späten 14. Jh. bis ins späte 16. Jh., vgl. Abb. 141.
162
4BGSBOHBTTF 'FMT
Vordergasse am «Pfauen» (1.264). Oberhalb dieses Hauses sind diese Fenster am «Affen» im 3. und 4. Obergeschoss zu sehen (Abb. 229; 1.151). Letzterer gehört zu einer Gruppe der in Schaffhausen seltenen, fünfgeschossigen Häuser, die sich auch durch ihre prominente Lage am Markt auszeichnen und folglich ihre heutige, nach wie vor beeindruckende Höhe bereits um die Mitte des 15. Jahrhunderts erreicht haben. 'LH 3UR¿OH GHU )HQVWHUJHZlQGH ZHUGHQ LQ GHQ Jahrzehnten nach 1500 noch verspielter, die Hohlkehlen begleiten Rundstäbe, ausgehend von Basen mit Wulst und Rauten- oder Waffelmustern. 6ROFKH 3UR¿OH ¿QGHQ VLFK DP 6WDIIHOIHQVWHU GHU «Engelbrechtshalle» im Löwengässchen (1.251) und an der Fenstergruppe mit dem Erker am «Palmzweig» an der Vordergasse (Abb. 230 und 231; 1.262). Die Kreuzstockfenster der Häuser «Jakobsbrunnen» von 1508 in der Unterstadt und «Fortuna» beim Tellbrunnen an der Vordergasse VLQG YRP 3UR¿O KHU LGHQWLVFK DQ 6WHOOH GHV Auslaufs steht hier aber ein quergestellter Stab (Abb. 228 mit 1.248 und 1.263). Die gleiche verVSLHOWH )RUPHQVSUDFKH ZLH EHL GLHVHU *UXSSH ¿Qden wir auch an der zweigeschossigen Nische von 1515–17 in der Täuberkapelle der Stadtkirche St. Johann (Abb. 285)468 und in der 1522 neu gebauten Annakapelle im Kloster Allerheiligen.469 Es scheint, dass diese Verspieltheit in den ersten beiden Jahrzehnten nach der Reformation völlig verschwand, wenn wir die Einer-, Doppel- und Staffelfenster mit Hohlkehlen und einseitigem Auslauf am Salzhof von 1529/30 (Abb. 232; 1.235), am «Goldenen Apfel» von 1546 (1.062)
Abb. 229 Vordergasse 80/82 (1.151). Die fünfgeschossigen Häuser an prominenter Lage am Markt stammen aus der Mitte des 15. Jhs. Das zeigen die Hohlkehlen mit geschrägtem Auslauf an den Fenstern im 3. und 4. OG des gelben Hauses «Zum Affen». Rechts das «Wegeisen» mit dem 1538 datierten Hauszeichen mit einer Pflugschar zwischen dem 2. und 3. OG.
Abb. 230 VY «Palmzweig» (1.262). Ältester Erker der Stadt aus dem frühen 16. Jh. Die Aufnahme von 1903 zeigt den heute noch erhaltenen Bestand im 1. OG, der aber stark überarbeitet ist, vgl. Abb. 501.
468 469
Stäheli 1994, S. 23f.; Bänteli 1990, S. 70 und Abb. 32 und 34. Bänteli 1999a, S. 104; Frauenfelder 1951, S. 110– 116.
Abb. 231 V «Palmzweig» (1.262). Erker aus dem frühen 16. Jh. mit Rekonstruktion der ursprünglich asymmetrisch angeordneten langschmalen, filigranen Fenster im 1. OG.
163
und an der Repfergasse 8 von 1548 (1.099) betrachten. Erst mit dem unten vorgestellten Neubau der «Fels» von 1547–49 scheint die Steinmetzkunst wieder zu erblühen.470
Abb. 232 Salzhof / «Schweizerhof» (1.235). Zweierfenster von 1529/30 aus Sandstein mit Mittelpfosten, Hohlkehlen und einseitigem Auslauf in der Hofsüdfassade. Darüber der zeittypische Entlastungssturz aus Backsteinen. Zeichnung unten M 1:50, vgl. Abb. 417.
Bohlenstuben und Innenausstattung im spätgotischen Wohnbau Die Grundrisse der städtischen Wohnhäuser zeigen zum Teil noch die im Mittelalter typische Dreiteilung.471 Bei den kleinen, schmalen HandZHUNHUKlXVHUQ ¿QGHQ ZLU LP =HQWUXP GDV 7UHSpenhaus mit offener Rauchküche unter dem First, an den Traufen die geheizte, rauchfreie Stube im vorderen, strassenseitigen Drittel und die Kammern im hinteren, hofseitigen Drittel. So etwa bei den Häusern in der äusseren Vorstadt, bei den Reihenhäusern des Salzhofs oder in der Webergasse (1.125 und 1.235; Abb. 234 mit 1.243). Ferner gibt es grössere und tiefere Handwerkerhäuser mit zwei Wohnungen auf einem Geschoss, so im «Pelikan» (1.153). Hinzu kommen aber auch breitere, eher quergestellte und zweiraumtiefe Hausgrundrisse wohlhabender Bürger, bei denen Stube und Kammer in der vorderen Haushälfte auf die Strasse blicken, während Treppenhaus, Rauchküche und eine weitere Kammer in der hinteren Haushälfte liegen, so in der «Gerbe», im «Löwen», im «Gelben Haus» oder im «Buchsbaum» (Abb. 233 mit 1.152 und 1.116; Abb. 235 mit 1.131 und 1.137).472 Selbstständig abgezimmerte, rauchfreie Bohlenstuben mit Kachelofen gehören zu jedem klösterlichen, adligen, bürgerlichen und bäuerlichen Wohnbau. Einer der ältesten Nachweise im süddeutschen und nordwestschweizerischen Raum stammt von 1268 aus der Burg Hohenklingen ob
Abb. 233 ZZ «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Vom geschichtsträchtigen Haus «Zum Buchsbaum» verblieb nach seiner Bombardierung von 1944 und der Auskernung von 1947/48 für den Einbau eines Kinos nur noch die Fassade, hier im Zustand von 1946. Das mittlere Fenster im 2. OG und die Fenster im 3. OG stammen aus den Jahren 1373/1403. Teile des Viererfensters im 2. OG mit ihren breiten Fasen gehören ins frühere 13. Jh. Sie belichteten eine Bohlenstube mit gewölbter Bohlendecke. Das breite, herrschaftliche Haus besitzt einen zweiraumtiefen Hausgrundriss, bei dem Stube und Kammer die vordere Haushälfte an der Strasse einnehmen, während Treppenhaus, Rauchküche und eine weitere Kammer in der hinteren Haushälfte liegen.
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Stein am Rhein.473 Herd- bzw. Ofenstellungen sind meistens nur noch in den Deckenbalkenlagen nachzuweisen, durch einen Wechselbalken, begleitet von Abschrägungen der Balken für den ehemaligen Rauchfang über den offenen Feuerstellen (1.116; 1.125 und 1.137; Abb. 236 mit 1.153; 1.194; 1.218 und 1.235). Singulär ist der von Anfang an eingebaute Kamin im neuen Turm auf Hohenklingen von 1250/54.474 Die ältesten bekannten Öfen in Schaffhausen stammen aber aus dem Kloster Allerheiligen, wo vier Heizeinrichtungen aus dem späteren 11. Jahrhundert bekannt geworden sind.475 Der Kachelofen als zentrales Element jedes Wohnhauses wurde oft in jeder Generation erneuert und modernisiert. Mittelalterliche und frühneuzeitliche Kachelöfen sind deshalb in Schaffhausen nicht mehr an Ort und Stelle erhalten. Die Ofenkacheln dieser abJHEURFKHQHQ gIHQ ¿QGHQ ZLU KLQJHJHQ LQ MHGHU Grabung.476 Der Kachelofen ist auch ein zentrales Gestaltungselement eines jeden Wohnhauses. Davon erzählen die spätgotischen Ofenkacheln aus den verschiedenen Töpfereien der Stadt (1.093; 1.094 und 1.218), die einen reichen und noch weitgehend ungehobenen Bilderschatz jener Zeit darstellen (Abb. 237). 470 471 472 473 474 475 476
Vgl. unten, S. 193f. Boschetti-Maradi 2012, S. 248f.; Untermann 2009, S. 226f. Boschetti-Maradi 2012, S. 243f. Bänteli 2010c, S. 43; Hermann/Räber 2010, S. 267– 269; Untermann 2009, S. 265. Bänteli 2010c, S. 40f., S. 87. Bänteli 1999, S. 36, S. 41–44. Homberger/Zubler 2010; umfassend zum Thema Roth Heege 2012.
Abb. 234 U Seit dem Mittelalter zeigen die schmalen, kleinen Handwerkerhäuser eine typische Dreiteilung, wie im 2. OG der «Unteren Sanduhr» (1.243) beispielhaft zu sehen ist: Im Zentrum liegt das Treppenhaus mit offener Rauchküche unter dem First. An den Traufseiten liegen die geheizte, rauchfreie Stube im vorderen, strassenseitigen Drittel (Vordergrund) und die Kammern im hinteren, hofseitigen Drittel.
Abb. 236 V Den ehemaligen Rauchfang über der offenen Feuerstelle markiert ein abgeschrägter Wechselbalken (X). Beispiel «Pelikan» (1.153), Decke 1. OG, Vorderhaus.
Y Y
Abb. 235 Y «Löwen» (1.131). Blick aus der Baugrube gegen die Vorstadt mit den Resten des einst herrschaftlichen Hauses mit breitem, quergestelltem und zweiraumtiefem Hausgrundriss. Im 1. OG die Reste von Kammer (links) und Stube in der vorderen Haushälfte zur Strasse. Im 2. OG zwischen den linken beiden Fenstern der Abdruck (X) der Stabwand von 1403, die heute im 1. OG an der gleichen Stelle wieder eingebaut ist, vgl. Abb. 173.
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Abb. 237 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Die Ofenkeramik des späten 14. und 15. Jhs. aus der Töpferei zeigt ein unglaublich breites Spektrum. War dies die Musterauslage für die Kundschaft oder altes Kachelmaterial für Reparaturzwecke? Die Kachelbilder reichen von religiösen und allegorischen Motiven über Tier- und Turnierdarstellungen bis hin zu architektonischen und pflanzlichen Dekoren.
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'UHL HUKDOWHQH 6WXEHQ PLW JHZ|OEWHQ 'HFNHQ ¿Qden sich in den Schaffhauser Steinhäusern, so in der «Schneiderstube», der ehemaligen niederen Trinkstube von 1343 mit der singulär erhaltenen Bohlentüre (Abb. 238; 1.217). Die Stube der «Hinteren Wasserquelle» (Abb. 510) könnte zu den Fenstern von 1318/1354 im «Weissen Eck» gehören (1.246), während jene im «Gelben Haus» von 1386 (1.137) und die beiden Ratsstuben im Rathaus von 1411/13 mit Bohlen- und Stabwänden (Abb. 169; 1.199) umfassender analysiert worden sind. Im 1431 entstandenen Westarm des jüngeren Kreuzsaales von Allerheiligen tritt erstPDOV HLQH ÀDFKH %RKOHQElONFKHQGHFNH DXI 477 Im gleichen Kloster folgt in der Bohlenstube von 1496, dem Winterrefektorium, eine nur noch schwach gewölbte Decke, deren Bälkchen aber im Gegensatz zum Kreuzsaal parallel zum Fensterband verlaufen.478 Fragmentarisch sind Bohlenstuben mit gewölbten Decken im neuen Gerberhaus von 1426 an der Bachstrasse (1.116), im «Buchsbaum» von 1373/1403 (1.152) und im «Löwen» von 1403 (Abb. 235; 1.131) nachweisbar. Dort fand sich zusätzlich die Stabwand einer weiteren Stube (Abb. 173).479 %RKOHQVWXEHQ PLW ÀDFKHQ 'HFNHQ VLQG fragmentarisch erhalten im «Pelikan» von 1532 in der Unterstadt (1.153), mit unklarer Deckenform von 1478 an der Repfergasse 14 (1.192), im «Phönix» am Löwengässchen aus dem 15. Jahrhundert (1.126) und im «Adler» beim Schwabentor von 1529 (1.111). Die jüngste erhaltene Bohlenbälkchendecke in der «Schützenstube» datiert schliesslich nachreformatorisch ins Jahr 1543 (1.220). Oft sind solche ehemaligen Stuben noch durch nur abschnittweise vorhandene Nuten des Zwischenbodens in den Balkenlagen zu erkennen.480 Als Feuerschutz liegt auf der gewölbten Decke der Bohlenstube im «Gelben Haus» ein dicker Mörtelüberzug (1.137). Ein solcher kann auch in Lehm ausgeführt sein wie auf der Bohlenstube von 1401 auf der Burg Hohenklingen.481 (EHQVROFKH )HXHUVFKXW]PDVVQDKPHQ ¿QGHQ VLFK DXI 'DFKE|GHQ $OV 0|UWHO EHU]XJ LP 1RUGÀ gel von 1402 im Barfüsserkloster (Abb. 151; 1.062), mit Tonplatten im Obertorturm von 1492 und beim «Turm am Ort» von 1550 (Abb. 239; 1.228 und 1.189), sowie mit Biberschwanzziegeln von 1572(?) auf der Burg Hohenklingen.482 Die gewölbten Decken der Bohlenstuben werden aussen durch bis zu 5-fach gestaffelte Fenster 477 478 479 480 481 482 483
Bänteli 1999a, S. 96f.; Frauenfelder 1951, S. 135– 138. Bänteli 1999a, S. 100; Frauenfelder 1951, S. 143– 145. vgl. oben, S. 130. Bänteli 2010c, S. 40, S. 61, S. 102. Bänteli 2010c, S. 75f. Bänteli 2010c, S. 102. Vgl. unten, S. 195.
nachgezeichnet und ermöglichen so eine maximale Belichtung des Inneren. Teilweise steigen die gewölbten Decken auch gegen die Fassade an, um mehr Licht einfangen zu können, so etwa im «Gelben Haus» von 1386 (Abb. 164; 1.137). Durch solche Staffelfenster lassen sich noch heute Bohlenstuben des 14. und 15. Jahrhunderts lokalisieren, auch wenn davon im Hausinneren nichts mehr erhalten ist, beispielsweise an der Vordergasse im «Unterhaus» und im «Pfauen» (1.236 und 1.264) oder an der Rheinstrasse im «Störchlein» (Abb. 174; 1.244).Trotz des Aufkommens der Flachdecken in der 1. Hälfte des 16. Jahrhunderts ist die Staffelung der Fenster in Schaffhausen weiterhin in alter Tradition beibehalten worden, wie die neu entdeckten Fenstererker deutlich machen.483 Das 1466 entstandene, mehr als sechs Meter lange Fresko aus dem «Buchsbaum» vermittelt einen schwachen Abglanz der ehemals reichen Ausstattung der Bürgerhäuser. Es zeigt den Abschied einer Jagdgesellschaft wahrscheinlich vor dem
Abb. 238 «Schneiderstube» (1.217). Die rundbogige Bohlentüre und der Türpfosten aus dem Jahr 1343 blieben original erhalten, während die Wandbohlen und Zwischenständer rekonstruiert wurden, vgl. Abb. 137.
Abb. 239 «Turm am Ort» (1.189). Blick in den nach dem Stadtbrand 1372 neu errichteten Turmdachstuhl aus Flössholz (Weisstanne) von 1369/70. Der Tonplattenboden (1) dient als Brandschutz.
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Abb. 240 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Fresko mit Jagdszene von 1466 aus dem Haus «Zum Buchsbaum».
Abb. 241 «Spiren»/«Untere Fels» (1.202). Wandbild im Festsaal im 3. OG des «Spiren» mit der Darstellung des Hl. Römischen Reiches Deutscher Nation. Links zerstört, oben verdeckt durch die Stuckdecke des ausgehenden 17. Jhs.
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Obertor mit steinerner Brücke (Abb. 240 und 242; 1.152, S. 483). Ebenfalls in diesen Kontext passt das nur unwesentlich jüngere Bild an der Westwand der Stadtkirche St. Johann (Abb. 206) mit der Kreuztragung Christi vor der ältesten Stadtansicht Schaffhausens mit der Stadtmauer zwischen Obertorturm und dem Bollwerk von 1445 vor dem Engelbrechtstor.484 Den Festsaal der ehemaligen Wirtschaft zum «Roten Kreuz» in der Unterstadt schmückte im 3. Obergeschoss eine wandbreite Ausmalung (Abb. 241 und 243; 1.202). Die linke Hälfte ist weitgehend zerstört, der obere Rand durch die jüngere Stuckdecke verdeckt. Doch sind rechts die Wappen der vier weltlichen Kurfürsten sowie in der Mitte eine thronende (Kaiser-)gestalt zu erkennen. Damit repräsentiert die Darstellung das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Im Mang Thöning-Haus ist der Wappenschild leider durch einen Brand zerstört (1.162). Die beschriebenen Hausausstattungen können nur stellvertretend für die hochstehende spätgotische Handwerkskunst von Steinmetzen, Malern, Tischlern, Glasern etc. VWHKHQ :LU ¿QGHQ LKUH 6SXUHQ LQ ZHLWHUHQ %LOdern im Barfüsserkloster (Abb. 837; 1.062), in der Stadtkirche St. Johann und im ehemaligen Klos-
ter Allerheiligen sowie im dortigen Museum.485 Von der einstigen Möblierung sind oft nur noch kleinere und grössere Wand- und Schranknischen erhalten, deren vielfach reich verzierte Türen längst verschwunden sind. In seltenen Fällen, aus archäologischer Sicht idealerweise im Falle eines +DXVEUDQGHV ¿QGHQ ZLU GHQ ,QKDOW VROFKHU Schränke, etwa in der «Herrenstube» (Abb. 186), oder beim 1528 abgebrannten Adelshofs von Mogern mit seinem Hausinventar an herausragenden Bronze- und Eisenfunden (Abb. 191).486 Daneben gibt es in den Brandmauern durch alle Zeiten und in allen Geschossen kleinere, offene Nischen, die bevorzugt bei den Eingangstüren liegen und auf Hüfthöhe zur gut greifbaren Aufbewahrung von Schlüsseln, Licht oder anderem dienten.487 Manchmal übernimmt ein eingemauerter Topf diese Funktion, so im «Pelikan» in der Unterstadt (1.152, S. 335). Ein Topf ist auch im Hafnerhaus in der Vorstadt eingelassen, allerdings auf 2 m Höhe und deshalb wohl als kleiner Tresor zu interpretieren (Abb. 246; 1.218, S. 610). Einzigartig ist bislang die bereits erwähnte Kellernische mit 21 Töpfen in der «Oberen Tanne», die als Kühlschrank gedient hat.488
Abb. 242 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Fresko aus dem Haus «Zum Buchsbaum» von 1466. Ausschnitte. In der linken Bildhälfte versucht ein Hirsch, den Hunden zu entrinnen. Von links tritt ein Treiber mit waagerechtem Spiess dem Tier entgegen. Die rechte Bildhälfte zeigt ein Stadttor, wahrscheinlich das Obertor mit steinerner Brücke. Ein Edelfräulein reicht der ausreitenden Jagdgesellschaft ein mit Wein gefülltes Nuppenglas. Im Giebelfenster des Tors ein Wächter mit Trompete, daran ein Fähnlein mit dem Wappen der Hausbesitzer, Junker Konrad Heggenzi und Adelheid von Griesheim. In der Bildmitte eine grosse Vase mit aufsteigendem Blumenornament.
484 485 486 487 488
Stäheli/Bänteli/Lieb 1994, S. 32f. Michler 1992; Hecht/Hecht 1979, S. 236–244. Vgl. oben, S. 137. Bänteli 2010c, S. 87. Vgl. oben, S. 133.
Abb. 243 «Spiren»/«Untere Fels» (1.202). Wandbild im Festsaal im 3. OG des «Spiren», links Detail der wandhohen Herrscherfigur. Rechts davon stehen ein Bannerträger und ein kleiner König bei der Zeichnung eines Fisches. Rechts Detail mit den Wappen der vier weltlichen Kurfürsten. Der Fisch gehört einer ersten, ältesten Malschicht an, die ockerfarbene Fassung einer jüngsten Malschicht.
169
Weinkeller
Abb. 244 Z «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Negativ eines Holzständers zur Fassadenunterfangung für die nachträgliche Unterkellerung in der Stirnwand des Gewölbekellers von 1741/42 im Haus Vorstadt 58.
Wie die Bauuntersuchungen zeigen, stammen die vielen Weinkeller der Schaffhauser Altstadt489 aus ganz unterschiedlicher Zeit und wurden immer wieder ausgebaut, abgetieft und vergrössert. An zwei Beispielen liessen sich die Holzstipper, die Holzstützen nachweisen (1.156; Abb. 244; 1.218), die von der Unterfangung der alten Fundamente beim nachträglichen Kellereinbau stammen, nicht anders, als man das auch heute machen würde. Zu den ältesten Kellern gehören die halb eingetieften Kellergeschosse der steinernen Kernbauten des 12./13. Jahrhunderts mit Balkendecken, die durch Aufschüttung des Strassenraums490 im Laufe der Zeit zu vollgeschossigen Kellern wurden (1.208; 1.133 und 1.116). Paral-
Abb. 245 V Herrenacker Süd (1.200), Frauengasse, unterhalb Haus 22. Reste des jüngeren Gewölbekellers mit sehr sorgfältiger Katzenkopfpflästerung und diagonaler Entwässerungsrinne. Rechts am östlichen Mauerende eine offenbar sekundär verwendete Säulenbasis aus Kalkstein (1), vgl. Abb. 942. Abb. 246 ZZ «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). In der Fensterausmauerung von Haus Vorstadt 60 um 1380/90 eingesetzter Topf auf 2 m Höhe, als kleiner Tresor (Pfeil), vgl. Abb. 849.
489 490 491 492
170
lel dazu gab es aber bereits seit 1100 auch tonnenüberwölbte, etwa drei Meter eingetiefte Keller, deren Gewölbe über den Boden reichte und so belüftet wurde (1.042.5). Auch diese Häuser haben folglich ein Hochparterre aufgewiesen.491 Im Spätmittelalter wurden die Keller dann vollständig eingetieft und mit Belüftungsschächten versehen, die bereits auf dem Kellerboden anset]HQ :LU ¿QGHQ VROFKH WRQQHQ EHUZ|OEWHQ .HOler von etwa 4,5 m Tiefe z.B. im «Gelben Haus» von 1386 (1.137). Von gleicher Art ist der Keller im «Haberhaus» von 1592/93, mit 7,7 m Tiefe und einer Breite von 10,5 m der Keller mit der grössten Tonne (1.208). Der Typ ist aber auch als ganz kleiner Keller vertreten (Abb. 245; 1.200). Eine absolute Ausnahme ist der doppelgeschosVLJH XQG ]ZHLVFKLI¿JH .HOOHU LP .ORVWHU $OOHUheiligen von 1405/06 (Abb. 166; 1.042.5). Weiterhin gibt es aber auch Keller mit Balkendecken, etwa im «Roten Adler» von 1615 (1.226). Im 16. Jahrhundert gibt es für die Wohnhäuser auch kleine, wenig eingetiefte Kriechkeller mit Balkendecken (1.186; Abb. 247; 1.235).492 Zugänglich sind alle diese Keller ursprünglich von aussen über einen vorgelagerten Kellerhals (1.152; 1.186 und 1.189). Dazu gehört eine Beitreppe, die dem Zugang zum Keller für den täglichen Bedarf diente, ohne dass das grosse Tor geöffnet werden musste (1.137; Abb. 248; 1.152). Sehr oft wurden in der Neuzeit die Gewände der Kellertore zum einbringen grösserer Fässer geweitet (1.111; 1.174; 1.189; 1.227 und 1.233). Erst in der Neuzeit wird der Zugang zu den nach wie vor mit Tonnen gewölbten Kellern ins Hausinnere verlegt (Abb. 249; 1.218). Vereinzelt kommen Keller mit Kreuzgewölben hinzu, etwa in der «Schützenstube» 1543 (1.220), im «Stokarhof» 1580 (1.037) und im Spitalkeller 1604 (1.079).
Allg. dazu Bendel 1954. Vgl. oben, S. 112. Bänteli 1990, S. 75f.; Bänteli 1999a, S. 108. Bänteli 1990, S. 79f.
Abb. 247 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Keller mit Backsteinboden und Treppe aus Kalksteinen am Kopf des Westflügels des neuen Salzhofs von 1529/30.
Abb. 248 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Reste der Hinterhoffassade des «Buchsbaum» M11 (1), spätes 12. bis um M. 13. Jh. Im 14. Jh. kommt ein Gewölbekeller mit einem Kellerhals und zwei Türen aus Randengrobkalk hinzu. Oben die kleine Türe (3) zur Beitreppe für den täglichen Bedarf. Das eigentliche Kellertor (4) wurde später für grössere Fässer geweitet, wie dies vielfach in der Stadt zu beobachten ist, vgl. Abb. 676.
Abb. 249 Unterstadt-West (1.224). 1938 wurde der «Zwetschgenbaum» am Munotstieg zur Schaffung des Plätzchens abgerissen. Der Gewölbekeller des Hauses ist hinten am Munothang noch erhalten.
171
Fachwerk Auch in der 2. Hälfte des 15. und im frühen 16. Jahrhundert wird in Schaffhausen zum grössten Teil in Stein gebaut. Fachwerkbauten sind weiterhin die Ausnahme.493 Viele Fachwerkfassaden sind oft schon im 15./16. Jahrhundert versteinert worden und nur noch durch Holzreste oder Abdrücke an den Brandmauern nachzuweisen, so etwa im «Grossen Erker» (1.127), im «Pelikan» (1.153), am Werkhaus (1.186) oder in der «Kleinen Traubenlust» (1.218). Hinzu kommen die vielen Scheunen und Ställe in der Stadt, die fast ohne Ausnahme verschwunden sind. Sie sind zum Teil durch Bauuntersuchungen nachgewiesen (1.088; Abb. 250 mit 1.123; 1.125; 1.170 und 1.189; Abb. 251 mit 1.223 und 1.243), durch Ausgrabungen gesichert (1.124 und 1.152; Abb. 252 mit 1.195; 1.227 und 1.240) oder in Bildquellen erkennbar (Abb. 111). Ferner sind die Trotten zu nennen, die nicht nur ausserhalb der Stadtmauern, sondern zum Teil auch in der Stadt selbst lagen (1.130 und 1.221). Vielfach treten Scheunen, Ställe und Trotten nur noch über die Schriftquellen in Erscheinung (1.113; 1.208 und 1.235). In der Neuzeit traten im Zuge der Bevölkerungszunahme und baulichen Verdichtung Wohnbauten an ihre Stelle.494 Das in den Brandmauern in seltener Qualität überlieferte Fachwerkhaus «Farb» von 1417/1483 in der äusseren Vorstadt zeigt bilderbuchhaft auf, wie aus zwei aneinandergebauten PultdachhäuVHUQ HLQ 6DWWHOGDFKKDXV HQWVWHKW 'LH ÀDFKH 'DFKneigung von nur 23° deutet auf Schindeldeckung hin (Abb. 254; 1.125).495 1417 wurde zuerst das Abb. 250 Z «Hirschenjagd» (1.123) mit Blick gegen das «Eichene Fass», dazwischen eines der letzten Gebäude der Stadt, das mit seinen Aufzugstoren noch heute als Scheune oder Lagerhaus in Erscheinung tritt.
Abb. 251 ZZ «Kabishaus» (1.223). Das heute noch zur Hälfte erhaltene Lagerhaus für Holz, Korn und Lebensmittel wurde um 1560 auf der alten Umfassungsmauer des Klosters St. Agnes für das Spital gebaut, Aufnahme von 1922, heute Standort des Bauernmarkts.
172
hintere, annähernd quadratische Handwerkerhaus auf einem halbgeschosshohen Steinsockel errichtet. 1483 kam das Vorderhaus hinzu, ebenfalls auf einem Steinsockel und kaum von der 6WUDVVHQÀXFKW ]XU FNYHUVHW]W 'LH %UDQGPDXHUQ bestanden hier ebenfalls aus Fachwerk. Mit der Einrichtung des Gasthauses «Zum Adler» wurde 1529 die nördliche Brandmauer mit einer zweiten Fachwerkwand verdoppelt, die mit Kalksteinmauerwerk ausgefacht ist (1.111), ein Befund, der sich mit den oben erwähnten Brandschutzvorschriften deckt.496 Auch das 1481 entstandene Wohnhaus der Schwestern zum Hl. Kreuz scheint HLQ ]ZHLVFKLI¿JHU )DFKZHUNEDX JHZHVHQ ]X VHLQ (Abb. 145 mit 1.088). Durch ihre Positionierung ein Sonderfall ist die «Schützenstube» von 1517. Das Gesellschaftshaus der Bogenschützen wurde als Fachwerkbau in den Stadtgraben zwischen Stadt- und Kontermauer gestellt (Abb. 253 mit 1.220). )DFKZHUNEDXWHQ ¿QGHQ VLFK DXFK LQ GHQ 9RUVWlGten, so etwa mit dem 1470 entstandenen Neubau für die Sondersiechen auf der Steig (Abb. 224; 1.144), und selbstverständlich bei den Bauernhäusern um die Stadt, von denen im eingemeindeten Buchthalen einige aus dem späten 15. und frühen 16. Jahrhundert untersucht sind (1.181). Fragmentarische Hinweise auf einzelne Fassaden, Brandmauern, Zwischenwände oder AufEDXWHQ LQ )DFKZHUN ¿QGHQ ZLU LP -DKUKXQdert in der äusseren Vorstadt an der Erweiterung des Hafnerhauses 1430 (1.218), dann in der Stadthausgasse am «Posthörnli» (Abb. 255; 1.067) und am «Hinteren Turm» (1.189).
Typischerweise gehören zum spätgotischen Steinbau aber Innenwände aus Fachwerk, so im Konventhaus von 1457 (1.062), im «Bretterhof» von 1501 (1.221), im Salzhof von 1529/30 (Abb. 256; 1.235) oder im Haus «Zur Gerbe» von 1535 (1.116). Die Bemalung des Riegelwerks in Grau und Rot scheint nicht vor die Zeit um 1500 zurückzureichen, erst später kommt auch Gelb hinzu.
493 494 495 496
Vgl. oben, S. 113. Häuserdatenbank. Vgl. oben, S. 108. Oben, S. 108.
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Abb. 254 U Vorstadt 57–69 (1.125). «Farb», Vorstadt 67, Querschnitt und Aussenansicht der südlichen Brandmauer vom Nachbarhaus «Büffel» her. Die Fachwerkkonstruktionen der beiden Pultdachhäuser von 1417 und 1483 zeigen auf einzigartige Weise die Entstehung des Satteldachhauses auf, vgl. Abb. 878. Abb. 252 U «Beckenstube» (1.195). Auf dem ehemaligen Hausvorplatz vor der «Heiterkeit» (Beckenstube 6) liegen im Kalksteinschutt die Mauerreste einer Scheune, die von der Zeichnerin Katharina Bürgin und vom Ausgräber Andreas Vogelsanger freigelegt werden.
Abb. 253 U «Schützenstube» (1.220). Ständer mit auffallend langem Sattelholz und Unterzug von 1517 im UG im ehemaligen Schiesstand der Bogenschützen.
Abb. 255 YY «Alpenrösli» (1.067), Stadthausgasse 18. Beim Abbruch von 1948 zeigte sich in der Brandmauer zum «Posthörnli» im 1. OG Fachwerk mit grossen rechteckigen Feldern und Flechtwerkfüllungen, wie es für das 14./15. Jh. typisch ist.
Abb. 256 Y Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Blick Richtung Unterstadt vom EG ins OG. Die Zwischenwand mit Backsteinfüllungen im OG ist vom Bauablauf her nachträglich eingefügt worden. Sie schliesst wie alle Zwischenwände von 1529/30 an die bereits verputzten Aussenwände an und besitzt auch keine Verbindung zu den Deckenbalken.
173
Weitere Elemente der spätgotischen Architektur
Abb. 257 Z «Tunnel» (1.133). Eines der ältesten erhaltenen Wohnhäuser der Stadt, das auch die Hausnamen «Finsterer Sternen», «Leopard» und «Störchlein» trug, besitzt auch ein zeitlich bemerkenswertes Potpourri an Fenstern. Nach der Beschädigung im Stadtbrand 1372 umgebaut. Aus dieser Zeit stammen das Eselsrückenportal, das noch heute von der Vordergasse ins Tunnelgässchen führt, sowie die beiden rechteckigen, ursprünglichen Doppelfenster im 2. OG mit tiefen Hohlkehlen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf von 1373/1403, vgl. Abb. 87, 141 und 259.
Den vielen ausgezeichnet erhaltenen Fenstergewänden, die wir besprochen haben, steht eine ganz geringe Anzahl von Türen gegenüber. Dies erstaunt wenig, denn das Erdgeschoss ist jener Teil des städtischen Hauses, der am schnellsten verändert wurde, und auch die Türen in den Obergeschossen wurden viel schneller dem Zeitgeist geopfert als die Fenster. Das nach dem Stadtbrand von 1372 entstandene Portal mit dem typisch spätgotischen Kielbogen oder Eselsrücken am ©7XQQHOª $EE ¿QGHW 3DUDOOHOHQ LQ den erhaltenen Türen im Chor von St. Johann IV, die seitlich zum Turm und zur Sakristei führen.497
Eine 1519 datierte einfache Kielbogentüre aus Sandstein ist aus der «Goldenen Waage» überliefert (Abb. 258; 1.096). Ebenfalls aus dieser Zeit stammt die doppelt gekehlte Türe mit dreifachen Kielbogen im «Oberhaus» (1.196), die ihrerseits an die Türe von 1549 an der «Fels» erinnert (Abb. 296; 1.168), wahrscheinlich die älteste noch in Betrieb stehende Haustüre der Stadt. Hölzerne Innentüren mit Eselsrücken kennen wir aus der Neuen Abtei von 1484 in aufwändiger Ausführung (1.042.4),498 und einfacher in der «Unteren Fels» (Abb. 260; 1.202). 497 498
Bänteli 1990, S. 60. Frauenfelder 1951, S. 147f.
Abb. 258 ZZ «Goldene Waage» (1.196). Ladeneingangstüre mit Eselsrücken, 1519 datiert, Aufnahme von 1949, Abbruch 1960.
Abb. 259 Z «Tunnel» (1.133). Das Tor genau in der Mitte des heutigen Tunnelgässchens konnte nachts durch den Besitzer des «Tunnel» abgeschlossen werden, vgl. Abb. 257.
Abb. 260 ZZ «Spiren»/«Untere Fels» (1.202). Hölzerner Eselsrückensturz (1) über der Renaissancetüre im 1. OG der «Unteren Fels», um 1500.
174
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Abb. 261 Rundbogige Türen und Tore in der Stadt Schaffhausen sind zeitlos und kommen vom 12. bis ins frühe 17. Jh. vor.
175
Parallel zum Kielbogen ist nach wie vor der einfache Spitzbogen beliebt, den wir als Kellertüre der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts schon neben dem «Turm am Ort» untersucht haben (1.189). :LU ¿QGHQ LKQ DXFK DQ GHQ YLHU (LQJDQJVW UHQ von St. Johann aus der Zeit von 1467/1517, während die Michaelspforte an der 1522 gebauten Annakapelle im Kloster Allerheiligen wieder die ganze Verspieltheit jener Zeit zeigt, mit Rundstab, Basen und Waffelmuster.499
Abb. 262 V «Kornhaus»/«Haus der Wirtschaft» (1.186). In der Brandmauer gegen das «Goldene Lamm» zeichnet sich im 3. OG der Treppengiebel (X) des Werkhausneubaus aus der Zeit um 1515 ab. Abb. 263 VV Kloster Allerheiligen, Neue Abtei von 1484 (1.042.4). Originaler liegender Dachstuhl aus Eichenholz aus der Bauzeit.
Schliesslich kommt auch der «romanische» Rundbogen in der Spätgotik und darüber hinaus nicht aus der Mode, den wir weitgehend unverändert vom 12. bis ins frühe 17. Jahrhundert an Türen und Toren antreffen, meistens nur mit eiQHU XQVSH]L¿VFKHQ )DVH $EE 6R HWZD GLH Gewände aus Randengrobkalk im «Pelikan» 1317 (1.153), im Haus «Zur Gerbe» im 14. Jahrhundert (1.116), im Hafnerhaus in der äusseren Vorstadt um 1380 (1.218) und im Hinterhaus des «Adlers» von 1407 (1.111). Ebensolche Gewände DXV 6DQGVWHLQ ¿QGHQ VLFK GDWLHUW DP ©*U WOLª (1.174), um 1335 am Neuturm/Schwabentorturm (1.198), 1493 am Mang Thönig-Haus (1.162) und 1550 am «Turm am Ort» (1.189) und schliesslich
Y Y Y Y
176
1386 aus Sandstein mit Buckelquadern und 1605 als Rundbogentor im «Gelben Haus» (1.137). Die Fassaden wurden im 1. Obergeschoss durch einzelne gurtartig durchlaufende Fensterbänke gegliedert. So etwa an der Neuen Abtei von 1484 (1.042.4), am «Jakobsbrunnen» 1508 und an der «Fels» 1549 (Abb. 228 und 295). Eine geschossweise Gliederung durch Sandsteingurte zeigt der Salzhof von 1529/30 (Abb. 289; 1.235). Treppengiebel sind in Stein am Rhein schon 1311 am grossen Haus vorhanden.500 In Schaffhausen sind viele Treppengiebel verschwunden, wie die Betrachtung von Mentzingers Stadtansicht von 1644 zeigt. Ältester Vorreiter dieser Gestaltungsart ist einmal mehr das Kaufhaus von 1394/95 (1.199), dann das neue Mönchshaus der Barfüsser 1457 (Abb. 220; 1.062), der Fronwagturm im 14./15. Jahrhundert (Abb. 60; 1.059), der Schwarztorturm, der um 1445 oder 1480 datiert (Abb. 377; 1.124), die Neue Abtei von 1484 des Klosters Allerheiligen (Abb. 218; 1.042.4), das um 1515 neu gebaute Werkhaus am Herrenacker (Abb. 262; 1.186), das unmittelbar nach der Reformation umgebaute Beginenhaus am Münsterplatz (heute Betreibungsamt) zum Wohnhaus für Münsterpfarrer und Klosterschreiber 1526501 und schliesslich der Salzhof 1529/30 (1.235). Der Treppengiebel der «Schützenstube» entstand 1517/43 oder später (1.220). In Sakralbauten, auf Türmen oder Ökonomiebauten, an den Orten also, wo der Nutzungsdruck und Erneuerungswahn bescheiden war, sind noch einige spätgotische Dachstühle vollständig oder in wesentlichen Teilen erhalten geblieben, so im Kloster Allerheiligen aus den Jahren 1431 (KreuzVDDO :HVWÀ JHO %LQGKDXV 1HXH $EWHL $EE XQG 6 GÀ JHO Klausur), sowie über dem Hauptschiff der Stadtkirche St. Johann von 1472 (Abb. 264).502 Hinzu kommt im Barfüsserkloster der «Goldene Apfel» von 1511 (1.062). Spätgotische DachkonstruktiRQHQ ¿QGHQ VLFK DXFK DP 2EHUWRUWXUP YRQ (Abb. 265; 1.228) und vor der Stadt auf der Steig beim Siechenhaus von 1470 (1.144) und der Stokartrotte von 1488 (Abb. 266; 1.179). Die Neigungen dieser Dächer sind unterschiedlich, am geringsten ist sie mit 36° bei der Stokartrotte, gefolgt von 41° an Bindhaus und «Goldenem Apfel», 45° auf der Neuen Abtei, 49° am Kreuzsaal von Allerheiligen und schliesslich 56° auf der Stadtkirche St. Johann. Steile Dächer unterstreichen folglich vor allem die Bedeutung eines Bauwerkes und sind in dieser Zeit weniger zeitspezi¿VFK 'LH PHLVWHQ GLHVHU 'lFKHU ZDUHQ QRFK PLW Hohlziegeln gedeckt. Die Biberschwanzziegel, die Flachziegel mit Rundschnitt, die noch heute auf den Dächern der Altstadt üblich sind, kommen erst im späten 15. Jahrhundert auf (Abb. 267;
Abb. 264 Stadtkirche St. Johann (1.092). Liegender Dachstuhl von 1472 aus Eiche und Weisstanne über dem Hauptschiff. Auffällig an den Bindern sind die Aussteifungen durch Sparrenfussband (1) und Kopfband (2), vgl. Abb. 216.
Abb. 265 Obertorturm (1.228). Siebentes, oberstes Turmgeschoss mit Eichenholzunterlage der Zeltdachkonstruktion von 1491.
499 500 501 502
Bänteli 1990, S. 63–70; Bänteli 1999a, S. 104 mit Abb. 27. Bänteli 2010c, S. 55f. Bänteli 1999a, S. 98. Bänteli 1999a, S. 100.
Abb. 266 Stokartrotte (1.179). Binder von 1488 aus Eichenholz, nach dem Abbruch der Dachsparren. Sie sind als abgesprengtes Hochstrebengerüst ausgeführt, was eine grössere Raumhöhe für den Trottbaum ermöglichte, vgl. Abb. 959.
177
Abb. 267 Die Biberschwanzziegel, in den Quellen flachtach genannt, die noch heute auf den Dächern der Altstadt üblich sind, kommen im späten 15. Jh. auf. Sie finden sich, zusammen mit Hohlziegeln, in den Quellen holentach genannt, als Abfall in den Latrinenkomplexen G2 (1), G3 (2) und G20 (3) im «Goldenen Falken» (1.157).
178
1.083).503 Folglich dürften die Neue Abtei von 1484, der Obertorturm von 1491 und der KlauVXUV GÀ JHO YRQ $OOHUKHLOLJHQ YRQ GLH HUV ten Gebäude in der Stadt gewesen sein, die diese neue Dachhaut zeigten (Abb. 268 und 269). Solche Biberschwanzziegel waren zum Teil farbig glasiert, wie die Funde aus der Töpferei in der Vorstadt 58/60 deutlich machen (Abb. 182; 1.218). Aus den Schriftquellen besitzen wir viele Hinweise zu den Ziegelhütten. Die innerstädtische Ziegelei an der Rheinstrasse im «Rosengarten» wurde zwar angegraben, aber leider nicht untersucht (1.083). Zu den beiden Ziegelhöfen oberhalb von Neuhausen in Hofstetten und beim Aazheimerhof kommt 1461 eine vierte Ziegelhütte unmittelbar vor dem Mühlentor hinzu,504 während eine fünfte 1491 in Hemmental existierte.505 Sie machen den lebhaften spätgotischen Baubetrieb deutlich. Die Ziegler stellten nicht nur Dachziegel und Backsteine her, sondern lieferten auch Kalk, weil alles im selben Ofen gebrannt wurde. Ein Beispiel eines solchen, immer quadratischen Ofens ist gut erhalten aus der Zeit um 1300 am Herrenacker Süd im ehemaligen Steinbruch zum Vorschein gekommen (Abb. 98; 1.200). Reine Kalkbrennöfen waren rund bis oval und wurden auch auf den Baustellen, etwa im Kloster Allerheiligen,506 und an der Rheinbrücke in Feuerthalen angelegt (Abb. 270; 1.080). Eine Zieglerordnung von 1481 belegt die ganze damalige Produktpalette:507 Erwähnt wird das holen tach, bestehend aus ober tach und under tach, was deutlich macht, dass noch im ganzen 15. Jahrhundert Hohlziegel produziert wurden (Abb. 80). Erstmals wird in dieser Ordnung das ÀDFK WDFK genannt, die heute noch gebräuchlichen Biberschwanzziegel, die nach dem Modell der Stadt Baden gemacht werden sollten (Abb. 267 und 268). Dann wurden murstain produziert, auch ziegelstain genannt, die in den Stadtrechnungen bereits ab 1402 auftauchen. Sie sind über der Ratsstube von 1411/12 noch als Mauerwerk sichtbar, als Feuerschutz vor dem Hohlraum zwischen Bohlendecke und Gebäudedecke (Abb. 169; 1.199). Fragmentarisch sind sie erstmals im Hafnerhaus in der Vorstadt um 1380 nachgewiesen (1.218). Ist dieses erste Auftauchen der Backsteine unmittelbar nach dem Stadtbrand von 1372 =XIDOO RGHU LVW DXFK KLHU GHU (LQÀXVV GHU YLHOHQ neuen Handwerker spürbar, die für die Stadtrepa503 504 505 506 507
Homberger/Zubler 2010, S. 52, S. 70, S. 72–74, S. 82, S. 88, S. 91, S. 112, S. 117. Landolt 2004, S. 460. STASH UR 1/3440. Vgl. oben, S. 85. Schultheiss 2006, S. 228f.
Abb. 268 UU Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Lebendige Dachlandschaft mit Biberschwanzziegeln aus fünf Jahrhunderten im Mauerwinkel des neuen Salzhofs von 1529/30.
Abb. 269 U Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Detail der Biberschwanzziegel aus fünf Jahrhunderten auf dem Dach des neuen Salzhofs von 1529/30.
Abb. 270 V Rheinbrücke (1.080), Kalkbrennofen am Feuerthaler Ufer. Verbrannte Nagelfluh (1) und fetter, schneeweisser Kalk, mit Holzkohlebändern durchzogen (2).
179
Abb. 271 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Eine Besonderheit zeigt die Sickergrube G2. Der Entlastungsbogen (1) unter dem Gewölbe übernahm die Last der ehemals darüberstehenden Scheidemauer (2). Rechts oben Latrineninschrift (3), vgl. Abb. 422.
Abb. 272 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Die am Hafnerhaus gelegene Latrinengrube G6 lieferte etwa die Hälfte des Fundmaterials der gesamten Fundstelle.
180
ratur nach Schaffhausen gekommen waren?508 'LH %DFNVWHLQH ¿QGHQ ZLU DXVVHUGHP DOV KHXWH noch sichtbare Riegelausfachung im Bindhaus von Allerheiligen von 1465509 und, heute leider verputzt, am Sondersiechenhaus von 1470 (Abb. 224; 1.144). Als Ausfachung von Fachwerkwänden kommen sie in zwei unterschiedlichen Stärken am Salzhof von 1529/30 vor (Abb. 256; $XVVHUGHP ¿QGHQ VLH VLFK DOV .HOOHUE|den (Abb. 247), als Ofensohlen von Back- und Töpferöfen (Abb. 196 mit 1.042.3; Abb. 181 mit 1.218) an vielen Innenstürzen von Fenstern und Türen (Abb. 232), als Scharten in Giebelmauern und an anderen Orten mehr. Singulär sind die Formbacksteine der Wandpfeiler aus der Zeit um 1500 in der Marienkapelle im «Luchs» (1.113). Man produzierte ferner Bodenplatten, die grossen blatten und mindern blatten, wie sie etwa im Münster,510 in St. Agnes oder im «Luchs» dokumentiert sind (1.079 und 1.113). Die ganze Breite GHU %DXNHUDPLN ¿QGHW VLFK LPPHU DXFK DOV $Efall in den Latrinen und Sickergruben der Stadt. Detailliert untersucht sind solche Produkte etwa aus der Vorstadt 40/42.511 In dieser Zeit wurden die Latrinen an oder in die Häuser gerückt, aber nach wie vor gibt es neben den gemauerten Sickergruben (Abb. 271) auch Erdgruben bzw. mit Holz ausgesteifte Latrinen. Die mit grossem Abstand reichhaltigsten Fundkomplexe aus dem späten 14. bis frühen 16. Jahrhundert stammen aus den Gruben der Hafnerei in der Vorstadt (Abb. 237 und 272; 1.218).
Öffentlicher Bau und Herrenacker Nach einem extremen Hochwasser 1480 musste die zerstörte Rheinbrücke neu gebaut werden (Abb. 273 und 274; 1.080). Die Stadtbefestigung, die jahrhundertelang ausgebaut und erweitert worden war, entsprach offensichtlich seit den Erneuerungsarbeiten nach dem Stadtbrand von 1372 und durch den 1443–45 hinzugekommenen zweiten Graben mit den Anpassungen an den Toren dem neuesten Stand. So sind nur zwei Neubauten am Befestigungsring zu nennen, nämlich ein weiteres Bollwerk, der Pulverturm beim Kloster St. Agnes von 1497 (1.062), und die markante Aufstockung des Obertorturms um die Hälfte auf die heutige Höhe im Jahr 1491 (Abb. 67 und 265; 1.228). Dieser einstige adlige Wohnturm war bereits 30 Jahre zuvor in den Besitz der Stadt übergegangen. Die schon zu Beginn des Jahrhunderts eingeführten Feuerwaffen führten dazu, dass die Aufstockung des Obertorturms von Anfang an Maulscharten aufwies, seine Wehrplattform von Anfang an überdacht war und keinen Zinnenkranz mehr hatte, der nach dem Aufkommen der Feuerwaffen obsolet geworden war.512 Die beiden
Dacherker kamen 1513 hinzu und haben ihre Vorbilder in der Neuen Abtei von 1484 und am «Ritter» von 1492 (1.042.4; Abb. 228 mit 1.254). Vom um 1480 neu erbauten Zeughaus an der Ecke zur Frauengasse (Herrenacker 5, 1.186) ist nichts mehr erhalten, ebenso wenig vom gegenüber, an der Ecke des heutigen SwissCasino, 1495 neu erbauten Kornhaus der Spend, einer Stiftung für die verarmten Stadtbürger513 (1.176). Anders die 1517 ebenfalls neu gebaute «Schützenstube». Das Gesellschaftshaus der Bogenschützen wurde quer in den innerstädtischen Stadtgraben gestellt, vermutlich als Ersatz eines vollständig verschwundenen Vorgängers, der ebenfalls aus Fachwerk bestanden hatte (Abb. 275; 1.220). Die Balkendecke liegt auf gleichen Sandsteinkonsolen auf, wie sie das Werkhaus zeigt (1.186). Auf der Grabensohle, im heutigen Keller, lag der Schiessstand. Der Festsaal befand sich im Obergeschoss, dem heutigen Erdgeschoss, das die Wirtsstube beherbergt.
Abb. 273 U Älteste Darstellung der Schaffhauser Rheinbrücke mit innerem Rheintor, Fallbrücke und zwei steinernen Jochen. Hintergrund der um 1517 entstandenen Kreuzigungszene an der Südseite der Stadtkirche St. Johann (1.092).
Abb. 274 V Rheinbrücke (1.080). Bei guten Lichtverhältnissen zeigen sich im Rhein die Steinpfeiler der 1961/64 abgebrochenen Holzbrücke von 1804/05, welche an der Stelle der mittelalterlichen Brücke lag, vgl. Abb. 105.
Abb. 275 «Schützenstube» (1.220). Das Bogenschützenhaus wurde 1517 in den Stadtgraben gebaut. Durch die Auffüllung des letzten Rests des Stadtgrabens 1947 wurde das Obergeschoss mit der Wirtsstube zum Erdgeschoss.
508 509 510 511 512 513
Vgl. oben, S. 123. Bänteli 1999a, S. 108. Bänteli 1999a, S. 93f. Homberger/Zubler 2010, S. 62–66. Vgl. oben, S. 130. STASH UR 1/3548; Landolt 2004, S. 530.
181
Abb. 276 «Kornhaus»/«Haus der Wirtschaft» (1.186). Steinmetzzeichen, seiner Grösse wegen wohl ein Meisterzeichen, an einer Streifbalkenkonsole im 1. OG. Es besitzt deckungsgleiche Parallelen im südlichen Seitenschiff der Stadtkirche St. Johann von 1515–1517.
Abb. 277 Herrenacker (1.176). Die Entwicklung des Herrenackers war ein langwieriger Prozess. Anfänglich städtischer Hinterhof, in den Jahrzehnten nach 1400 geprägt durch Werkhaus und Mange/Färbe, die handwerklichen Bauten der Stadt. Gegen Mitte 15. Jh. wurden Frauenund Rosengasse angelegt und die Südseite des Platzes überbaut.
182
In den Jahren um 1515 wurde das Werkhaus auf dem Herrenacker (heute «Haus der Wirtschaft») vollständig neu gebaut (1.186). Dieser Neubau tritt an die Stelle eines veralteten, heterogenen, aus vier Häusern zusammengewachsenen Gebäudekomplexes. Dadurch ergab sich die grosse *UXQGÀlFKH GHV KHXWLJHQ *HElXGHV GDV VHLQHUseits erst 1678/79 entstand. Das Werkhaus war Wohn- und Arbeitsort des städtischen Werkmeisters, der als Zimmermann mit seinen Werkmännern für den Bau und den Unterhalt aller städtischen Holzwerke verantwortlich war, so etwa für die Rheinbrücke, Wehrgänge oder Dachstühle und dazu auch für die Wasserversorgung der Stadt mit ihren Teuchelleitungen und Brunnen. Der
Neubau war dreigeschossig; die Deckenbalken sind nicht in die Wand eingelassen, sondern lagen auf einem Streifbalken auf, der seinerseits auf Sandsteinkonsolen aus graugrünem Sandstein DXÀDJ $EE ZLH VLH VLFK DXFK LQ GHU ©6FK Wzenstube» von 1517 und im «Schweizerhof» von ¿QGHQ XQG 'HU )LUVW GHV neuen Werkhauses lag drei Meter tiefer als heute. Mit seinen beidseitigen Treppengiebeln überragte das Haus die kleineren Nachbarhäuser deutlich und wurde zu einem der markantesten Gebäude am Herrenacker (Abb. 262). Die Entstehung dieses Platzes war ein langwieriger Prozess (Abb. 277). Anfänglich war der Herrenacker ein städtischer Hinterhof, der in den Jahrzehnten nach 1400 von Werkhaus und Mange/ Färbe geprägt wurde, den handwerklichen Bauten der Stadt (1.086; 1.186).514 Gegen die Mitte des 15. Jahrhunderts legte man Frauen- und Rosengasse an und überbaute die Südseite des Platzes (1.113 und 1.200). Die Frauengasse hat ihren Namen nach dem Frauenhaus erhalten, das Ende der 1430er-Jahre von der Neustadt an diese Stelle verlegt wurde.515 Das Ringkengässchen wurde nach den späteren Besitzern des 1493 erbauten Mang Thöning-Hauses benannt, den Ringk von Wildenberg (1.162). Es entstand ver-
mutlich bereits im 14. Jahrhundert zur Erschliessung der Gärten in dem zum grossen Teil wieder aufgefüllten Steinbruch und lief weiter nach Osten, wohl bis an die Klostermauer von Allerheiligen (Abb. 153; 1.086 und 1.200). Durch die weitere bauliche Verdichtung am Herrenacker, vor allem auch auf der Nordseite, begann sich gegen Ende des Jahrhunderts der Platz so zu akzentuieren, wie wir ihn heute kennen. Den Abschluss dieses Prozesses bildete 1561 die ErZHLWHUXQJ GHU =XQIWVWXEH GHU 3¿VWHU RGHU %HFNHQ mit der Verschiebung der später Beckenstube genannten Gasse nach Süden (Abb. 283; 1.195). Letztere liegt neu in der Mitte der östlichen Schmalseite des Platzes und läuft gerade auf die ehemalige Hintergasse zu, die heutige Münstergasse. Ein stadtplanerischer Akt zur Schaffung einer neuen optischen Achse zum Münster wird dadurch fassbar.
mette und Besuch des Grabes; am eigentlichen Gedächtnistag musste das Seelamt gesungen werden. Jeder der beteiligten Geistlichen erhielt als Entschädigung den vom Stifter festgesetzten Betrag. Den an der Jahrzeit teilnehmenden Armen, ‹welche über das Grab gehen› um für die Seelen der Stifter zu beten ist ein Almosen zugesichert. Auch die Armen in den verschiedenen Anstalten werden bedacht.»518 Beim Kerzenlegen auf die Gräber soll ein Zeichen mit allen Glocken gegeben werden.519 Einen sehr authentischen Eindruck von der Volksfrömmigkeit dieser Zeit vermittelt das abgesehen von den Münzen noch weitgehend unbearbeitete Fundmaterial aus dem spätmittelalterlichen Beinhaus von St. Johann. Es handelt sich u.a. um unzählige Öllampen (Abb. 280 und 281).520 Zu berücksichtigen ist in diesem Zusammenhang auch der bereits erwähnte Abfall von den Paternosterern, den Rosenkranzmachern (Abb. 200), im Friedhof.521 'LH )HUWLJSURGXNWH ¿QGHQ VLFK DXFK
Abb. 278 Stadtkirche St. Johann (1.092). Blick aus der Löwenkapelle ins 1515–17 erbaute südliche Seitenschiff. Die Gliederung durch Rippengewölbe in einzelne Kompartimente begünstigte die Mehrung der Altarstellen und damit eine Erhöhung der Einkünfte der Kirche aus Seelmessen.
St. Johann am Vorabend der Reformation Kaum ein Jahrzehnt vor der Reformation wurden der Leutkirche 1515–1517 die äusseren beiden Seitenschiffe angefügt (Abb. 157, 158 und 216).516 Ihre Gliederung durch Rippengewölbe, die sich von Joch zu Joch an Variationsreichtum übertreffen, macht deutlich, dass es weniger darum ging, den Raum für die Kirchgänger zu vergrössern. Viel eher sollten die einzelnen Kompartimente zur Mehrung der Altarstellen dienen und so über Seelmessen die Einkünfte der Kirche erhöhen (Abb. 278). Bürgermeister Konrad Barter hatte Ende November 1512 in St. Johann eine Seelmesse für sich und seine Gattin gestiftet, die von nicht weniger als 24 Priestern gefeiert werden musste. Das heisst, dass sämtliche Geistlichen der Leutkirche St. Johann, der Annakapelle auf dem Herrenacker (1.113), der Spitalkirche am Markt (1.134) und der Dreikönigskapelle bei den Leprosen auf der Steig (1.143) teilnehmen oder andernfalls durch Laienpriester oder Ordensleute ersetzt werden mussten.517 «Die Jahrzeitfeier begann schon am Vorabend mit Seelvesper, Toten514 515 516 517
518 519 520 521
Bänteli 2011, S. 53–55. Bänteli 2014b, S. 77; Häuserdatenbank. Bänteli 1990, S. 67–74; zur Finanzierung: Landolt 2004, S. 559. Zu den 24 Priestern vgl.: Das subsidium charitativum vom Jahr 1497 unter Bischof Hugo von Hohenlandenberg. Freiburger Diöcesan-Archiv 25, Freiburg 1896, S. 77f. und S. 83. Schib 1972, S. 176; STASH UR 1/3984, 1/4102; allg. zum Thema: Ex Terra Lux 2002, S. 217–233. STASH UR 1/3984. Ex Terra Lux 2002, S. 235–243. Ex Terra Lux 2002, S. 227.
183
in den Gräbern; ein besonders schönes Exemplar stammt dem Friedhof der Barfüsser (Abb. 279; 1.090). Aufgrund von anthropologischen Untersuchungen an 320 Skeletten, die als Stichprobe des mehrere zehntausend Bestattungen umfassenden Friedhofs untersucht wurden, kommen uns auch die Menschen der damaligen Zeit etwas näher (Abb. 282). Bestimmt werden konnten 145 Erwachsene. Die leicht übervertretenen Frauen erreichten eine Durchschnittsgrösse von 160 cm; die Männer wurden im Schnitt 170 cm gross. Der hohe Anteil von 171 Föten, Kindern und Jugendlichen ist durch die Grabung in einem Kinderfriedhof an der Kirchenmauer bedingt. Die durchschnittliche Lebenserwartung betrug wegen der hohen Kindersterblichkeit nur ca. 30 Jahre, das Maximalalter betrug 70 Jahre.522 Am 23. Dezember 1517 wurde der südliche Anbau der Leutkirche geweiht: «Bischof Telamonius von Tripolis, Generalvikar des Bischofs Christophorus von Basel, weiht in besonderem Auftrag des Bischofs Hugo von Konstanz den Neubau auf der Südseite der Pfarrkirche zu Schaffhausen sowie 2 Altäre auf der gleichen Seite, denjenigen zuoberst in der Ehre der Jungfrau Maria, des heiligen Johannes des Täufers und des heiligen Beatus, oben an dem Altar in der Mitte des besagten Neubaues in der Ehre der heiligen Blasius, Georg, Eustachius und Erasmus. Am Tage darauf, das heisst am Vigiltag der Geburt Christi, konsekrierte er das Beinhaus und dessen Altar in der Ehre Aller Heiligen, der heiligen Georg und Blasius. Schliesslich rekonziliierte der Weihbischof das Chor, die Kirche, den Friedhof und die Umgebung der Kirche. Auf Bit-
Abb. 279 «Rosenkranz»/«Frohe Heimat» (1.090), Stadthausgasse 4. Rosenkranz aus 78 flachen Knochenringen aus einem Grab im Friedhof der Barfüsser.
184
ten des Leutpriesters Magister Martin Steinlin, des Kaplans Johannes Löw, des Priesters Jakob Pfau sowie der Gönner der Kirche Johannes Keller und Johann Löw, verleiht der Konsekrator allen Gläubigen, die an den Festen der Patrone, Christi, Mariae und an den Kirchweihtagen die Kirche besuchen und an dessen Bau Almosen spenden, 40 Tage Ablass.»523 Dem einen der Stifter, Junker Johannes Keller von Schleitheim, verdanken wir die Löwenkapelle, in die der Priester Löw das Sühnegeld für seinen ermordeten Bruder Beat investierte (Abb. 278).524 Keller war zu dieser Zeit unter anderem Besitzer des «Turms am Ort», wo seine Vorfahren 1488 die Bewilligung für einen der wenigen Hausaltäre der Stadt erhalten hatten (1.189). Von der Weihe des in den gleichen Jahren entstandenen nördlichen Seitenschiffs fehlen die Urkunde sowie die Nachrichten über die Stiftung der Täuberkapelle (Abb. 285).525 Auffällig ist, dass der sicher involvierte reiche Ratsherr und Metzgerzunftmeister Conrad Täuber kurz nach 1515 verstarb. Sein Sohn Hans verschied kaum ein Jahrzehnt später.526 Die einsetzende Reformation brachte das Stiftungswesen zum Erliegen, und die je drei für weitere Stiftungen vorgesehenen Seitenkapellen zwischen den vier Eingängen blieben unvollendet.
522 523 524 525 526
Cueni/Etter 1990. STASH Abschriften 4, Bd. 9, S. 24. Stäheli 1994, S. 30–32. Stäheli 1994, S. 22–24. Häuserdatenbank; Schmuki 1988, S. 519. Der Verweis auf die Winterthurer Bürgerfamilie Täuber (Stäheli 1994, S. 23) scheint wenig sinnvoll.
Abb. 280 Stadtkirche St. Johann (1.092). Unter dem Plattenboden kam im Beinhaus IV eine intensiv nach Weihrauch duftende, 80 cm starke Knochenschicht zum Vorschein, vgl. Abb. 281.
Abb. 281 Stadtkirche St. Johann (1.092). Einen sehr authentischen Eindruck von der Volksfrömmigkeit im 15. Jh. vermittelt das Fundmaterial aus der Knochenschicht im Beinhaus, vgl. Abb. 280. Unzählige Öllampen, Kerzenständer, Gläser, ein Topf, eine Sparbüchse, Münzen u.a.
185
Abb. 282 Stadtkirche St. Johann (1.092). 320 Skelette wurden 1986/87 als Stichproben aus dem mehrere zehntausend Bestattungen umfassenden Friedhof untersucht.
527 528
186
Vgl. unten, S. 295. Meyer 1989, S. 17f.; Schmuki 1989, S. 143f., S. 149.
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Die Reformation von 1524/29 führte zur grössten Umschichtung des Grundbesitzes in der Stadt Schaffhausen seit 1080, als die Nellenburger ihren Besitz der Kirche vermachten. An die Stelle der Kirche trat nun die Stadt, der plötzlich erhebOLFKH 5HLFKW PHU ]X¿HOHQ 1RFK EHU YLHOH -DKUzehnte hinaus wurde die Stadtkasse durch Verkäufe und Erträge aus diesem riesigen Besitz gespiesen (Abb. 283). Führte die in Aussicht stehende Füllung der Stadtkasse zur Planung eines neuen Salzhofs, der den heterogenen, während 300 Jahren gewachsenen und disfunktional gewordenen alten Salzhof ersetzen sollte? Ist es Zufall, dass nur vier Tage nach der endgültigen Einführung der Reformation, am 3. Oktober 1529, das Fundament für den Neubau gelegt werden konnte? Der neue Salzhof, der heutige «Schweizerhof», wurde in nur 10.5 Monaten realisiert und am 12. August 1530 vollendet (1.235).527
Unter diesem Blickwinkel erscheint auch der Munot in einem neuen Licht (1.112). Bereits in den 1550er-Jahren setzten im Rat Diskussionen um den Bau der Feste ein, bevor 1563 mit dem Bau begonnen wurde (Abb. 284). Ganz offensichtlich haben auch hier die vollen Kassen die Politiker dazu gebracht, dafür die grosse Summe von etwa 50’000 Gulden auszugeben. Mit diesem Betrag konnten damals vielleicht 15 bis 20 herrschaftliche Häuser oder 60 bis 70 einfache Häuser gekauft werden.528 Die reformatorisch gefüllte Stadtkasse verhalf wohl zum Übermut, den Munot als städtischen Renommierbau und Wahrzeichen der Bürgerschaft zu errichten. Immerhin war dies eine nachhaltige Investition, da der Munot die Funktion als Wahrzeichen noch heute erfüllt.
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Abb. 283 Stadtentwicklung Schaffhausens í
187
Allerheiligen
Abb. 284 Die älteste bekannte gedruckte Ansicht der Stadt Schaffhausen, StumpfChronik, Holzschnitt koloriert, 1548. Die Darstellung zeigt u.a. am rechten Bildrand den «Zwingolf», die dem Turm Annot, Vorgänger des Munot, vorgelagerte runde Geschützplattform.
188
Bereits 1524 hatte der Rat gemeinsam mit Abt und Konvent die Abtei Allerheiligen in ein Chorherrenstift umgewandelt, das dem Rat unterstellt wurde. Der Abt wurde Probst, die 12 Mönche Pfarrer und die Münsterkirche zweite städtische Hauptkirche. Bauliche Folgen der Klosteraufhebung sind zum einen die Vergrösserung und Zweiteilung des alten Beginenhauses am Münsterplatz (heute Betreibungsamt). Es diente künftig als Wohnhaus für Münsterpfarrer und Klosterschreiber. Noch heute erinnert die Jahrzahl 1526 am Eingangsportal an diesen Umbau. Eine weitere bauliche Folge war der Neubau der Lateinschule in der nordwestlichen Ecke des Friedhofs bei der Stadtkirche St. Johann (1.130). Er trat bereits 1525 an die Stelle der älteren, klösterlichen Bildungseinrichtungen. Erst 1529 wurde Schaffhausen endgültig reformiert, die Messe abgeschafft, Altäre und Bilder aus den Kirchen entfernt (Abb. 285 und 286). Die Klöster Allerheiligen und St. Agnes kamen in städtischen Besitz und wurden mit Hilfe von zwei
neugeschaffenen Ämtern verwaltet. 529 Bauliche Veränderungen und Investitionen hielten sich aber vorerst in bescheidenem Rahmen. In Allerheiligen wurden die freigewordenen Gebäude und Gärten schrittweise neuen Bestimmungen zugeführt.530 Erst jetzt machte man die Münsterkirche besser zugänglich, Mönchschor und Kreuzgang wurden 1531 für die Allgemeinheit geöffnet und zusätzlich je ein grosses Seitenportal beim Querschiff auf der Nord- und Südseite eingebaut. Nach wie vor wohnten im wenige Jahre alten Konventshaus auf der Ostseite die Mönche, die seit der Klosteraufhebung 1524 Pfarrer geworden waren und nun auch heiraten durften. Später diente das Gebäude den Schulmeistern als Unterkunft, nachdem man 1543 im Winterrefektorium die deutsche Knabenschule eingerichtet hatte.531 Erster und einziger markanter Neubau im Allerheiligenareal ist das 1554 erbaute Korn- und Kabishaus, die heutige Stadtbibliothek (1.155). 1532 zogen die Bogenschützen mit ihrem Schiessplatz vom Schützengraben in den Klosterbaumgarten. Ihr Gesellschaftshaus, die «Schützenstube», verblieb allerdings am alten Ort und
wurde 1543, dem Jahr der grossen Umorganisation der Stadt, umgebaut. Erst 1574/75 wurde das Gesellschaftshaus der Schützen ebenfalls in den Klosterbaumgarten verlegt (Abb. 218; 1.211 und 1.220). Im Pestjahr 1541, in dem alleine in der Stadt 500 Menschen starben, verlegte man den Friedhof von der Stadtkirche St. Johann ebenfalls in den Klosterbaumgarten (1.048). In der Folge entstanden rund um die alte Pfarrkirche durch 1LHGHUOHJXQJ GHU .LUFKKRIPDXHUQ XQG 3ÀDVWHrungen jene grosszügigen Freiräume, die wir heute noch schätzen. Der Kirchhofplatz endete an der neu gebauten Lateinschule.
529 530 531
Allgemein dazu Schib 1972, S. 257–288. Bänteli 1999a, S. 92–108. Frauenfelder 1951, S. 144.
Abb. 285 Gut 450 Jahre nach der Reformation kam die vermauerte doppelgeschossige Nische mit Eselsrücken in der Täuberkapelle der Stadtkirche St. Johann (1.092) zum Vorschein. An den Bildersturm von 1529 erinnern die zerschlagenen Gewände und der zerstörte Engel oben rechts, während die Ölbergszene weitgehend unversehrt geblieben war, vgl. Abb. 286. Abb. 286 Zur Ausmauerung der Nische in der Täuberkapelle dienten u.a. die Trümmer des Bildersturms von 1529: Fragmente der abgeschlagenen Gesimse und Stäbe der Nische, ein vom Kerzenruss geschwärzter, polychrom bemalter Putto, eine kleine sternförmige Basis, die 1476 gestiftete Leuchterkonsole mit dem Wappen der Schmiedezunft u.a.
189
Salzhof
Abb. 288 Z Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Die Baulinie des neuen Salzhofs von 1529/30 wurde zurückgenommen, damit die Gasse verbreitert werden konnte. Die Mauerecke M33 (1) stammt vom alten Salzhof, vgl. Abb. 435. Deutlich sichtbar liegt im Läufergässchen vor der Westfassade der rot verbrannte Boden der Zeit um 1400 (2).
Abb. 289 V Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Fünf grosse, ursprünglich offene Sandsteinbögen dominierten die symmetrischen Hoffassaden von 1529/30 im Erdgeschoss mit den Fundamenten des alten Salzhofs. Der Bogen ganz links wurde erst 1893 eingefügt, vgl. Abb. 291.
Der Salzhof war eine äusserst wichtige Einnahmequelle und wurde nach Kräften gefördert. Er war der städtische Zollhof, in dem nicht nur das Salz, sondern sämtliche Handelswaren verzollt werden mussten, die zu Land und zu Wasser durch Schaffhausen geführt wurden. So erstaunt es QLFKW GDVV GLH J QVWLJH ¿QDQ]LHOOH /DJH GHU 6WDGW in Folge der Reformation zum Abbruch der alten, heterogen gewachsenen Gebäude und ihrem Ersatz durch einen Neubau führten. Dieser wurde 1529/30 innerhalb von nur 10.5 Monaten realisiert. Er heisst heute «Schweizerhof» und erstrahlt seit kurzem wieder in frischem Glanz (Abb. 289 und 291; 1.235). Noch vor der Betriebsaufnahme trat auf Anfang des Jahres 1530 auch eine neue Salzhofzollordnung in Kraft.532 Flächenmässig wurde das winkelförmige Gebäude gegenüber den bisherigen Baulinien auf drei Seiten etwas verkleinert, damit die alten Gassen, die für den Verkehr zu eng geworden waren, verbreitert werden konnten (Abb. 288). Das Gebäude ist in seiner Art einzigartig in der historischen Hauslandschaft. Es hat fächerförmig angelegte Balkenlagen, einen Dachstuhl mit Hängesäulen und eine sehr steile Dachneigung von 56° (Abb. 287), wie sie sich identisch über dem Hauptschiff der 6WDGWNLUFKH 6W -RKDQQ ZLHGHU¿QGHW $XFK GLH verbaute Menge an Holz ist mehr als eindrücklich. Schätzungsweise wurden etwa 400 Weisstannen- und Fichtenstämme verbaut (Abb. 17). Gegen den Hof öffnet sich das Erdgeschoss mit fünf grossen Bögen, die durch ein Vordach geschützt werden. Es entstand ein offener Handelsraum, wie er im Mittelalter üblich war (Abb. 291). Die strassenseitigen Erdgeschossräume gehörten zu den sieben Wohnungen für die Bediensteten des Salzhofs, die in den Obergeschossen zweistöckig übereinander angeordnet waren. Es gab vier Hofknechte, einen Schmied, einen Wagner und einen Binder. Die höchst moderne, reihenhausartige Bauweise war ein gutes Jahrzehnt früher in der Fuggerei in Augsburg eingeführt worden. An den Neubau von 1529/30 schloss nach Süden der JURVVH JHSÀlVWHUWH :LUWVFKDIWVKRI DQ $EE 289 und 291). Er war durch eine fast vier Meter hohe Mauer eingefasst und gegen das Läufergässchen abgegrenzt und hatte hier und bei der Rheinbrücke je ein Tor. Im Westen und Süden des Hofs lagen die Wirtschaftsgebäude der Handwerker des Salzhofs: Wagnerei, Schmiede und Binderei (Abb. 290). Der Hofmeister als Verwalter und Rechnungsführer des Salzhofs wohnte in einem eigenen Gebäude, der Hofmeisterei auf dem heutigen Freien Platz (1.164, S. 267).
532
190
Schultheiss 2006, S. 175–177.
Abb. 287 YY Salzhof /«Schweizerhof» (1.235). Fächerförmig angeordnete Sparren mit Hängesäulen von 1529/30 aus Fichten- und Weisstannenhölzern im 2. Dachgeschoss, Blick gegen den Freien Platz,vgl. Abb. 426.
Abb. 290 Z Salzhof /«Schweizerhof» (1.235). An der Südseite des Wirtschaftshofs gegen den Rhein hin lagen Schmiede und Binderei, die zusammen mit dem neuen Salzhof 1529/30 entstanden sind. Aufnahme vor dem Abbruch 1926, vgl. Abb. 105, 430 und 431.
Abb. 291 V Salzhof /«Schweizerhof» (1.235). Die 1854 entstandene Bleistiftzeichnung von Hans Wilhelm Harder zeigt den noch in Betrieb stehenden neuen Salzhof von 1529/30. Man erkennt noch das umlaufende Vordach über den offenen Bögen sowie an den Bildrändern links und rechts die beiden Hoftore.
191
Kloster St. Agnes und Spital
Abb. 292 Umnutzung des ehemaligen Klosters St. Agnes ab 1542 als neues Spital: Nonnenkirche, neu Spitalinsassen, Arme und Kranke (1); Ostflügel, neu Pfrundhaus (2); Propstei, neu Spitalmeisterei (3); 1542 Neubau Pfrundhaus (4); Pfrundhausneubau von 1604 (5); «Ochseschüür», 1544 erweitert als Pferdestallung und Heuhaus (6); Pfrundhaus des Spitalpfarrers, 1548 umgebaut (7). Aufnahme vom Turm von St. Johann, um 1875.
Münster und St. Johann war der Spitalpfarrer einer der drei höchsten Schaffhauser Pfarrer, der «Triumvirn», des Dreigestirns, das von 1536 bis 1803 im Auftrag und unter der Aufsicht des Kleinen Rats die Leitung der Schaffhauser Kirche inne hatte.534
Nach der Reformation blieb St. Agnes formell und ohne den katholischen Kultus als Frauenkloster weiterbestehen. Erst 1542 wurde das Kloster aufgehoben. Der Rat verlegte das alte Spital (Abb. 292; 1.134; 1.152 und 1.239) vom westlichen Stadtrand in die Klostergebäude und gewährte der letzten Priorin Anna Brachat mit ihrer Freundin und Mitschwester Margaretha Leu Wohnrecht auf Lebenszeit (1.079).533 Die Nonnenkirche diente nun den Spitalinsassen, den Armen und Kranken. Neu erbaute man 1542 zunächst nur das so genannte alte, südliche Pfrundhaus auf der Westseite der Kirche als Wohnhaus für die Spitalinsassen, während die so genannte «Ochseschüür» als Pferdestallung und Heuhaus erweitert wurde, wie das Datum 1544 an einer ihrer Türen deutlich macht (1.154). Das der Spitalkirche gegenüberliegende Haus Repfergasse 8 wurde Pfrundhaus des Spitalpfarrers und zu diesem Zweck 1548 umgebaut (1.099). Zusammen mit den Hauptpfarrern vom
Einige der nun leer stehenden Gebäude des alten Spitals verkaufte der Rat im Spätsommer 1543 an verschiedene Bürger. Diese erbauten dort später den «Musikhof», der an zwei Stellen das Datum 1561 trägt, und die «Wagenburg». Zusammen mit diesen Häusern entstand die heutige Gassenführung vom mittelalterlichen Durchgang von der Oberstadt her (Abb. 300; 1.239). Der andere Teil des Spitalareals verblieb bei der Stadt. Sie richtete hinter der alten Spitalkirche das neue Oberbad ein. Dieses ersetzte das aufgegebene Bad im Hinterhof des «Oberhauses» (1.071 und 1.196). In die nutzlos gewordene Spitalkirche verlegte man den Salzmarkt, und bald wurde darin ein eigenständiges Gerichtshaus eingerichtet (1.134).
192
Ehemaliges Barfüsserkloster und weitere Kapellen Die markantesten Veränderungen erfuhr die Stadtstruktur im Bereich des Barfüsserklosters (1.062). 1538 wurde die nördliche Klostermauer gegen die Repfergasse niedergelegt und der heutige Platz geschaffen. Im Spätsommer 1543 verkaufte der Rat acht Abschnitte des nördlichen und ZHVWOLFKHQ .ODXVXUÀ JHOV ELV DQV .LUFKHQVFKLII Gleichzeitig wurde die Krummgasse als erste Verbindung zwischen Repfer- und Brudergasse (heute Stadthausgasse) angelegt (1.068). Die bürgerlichen Hausbesitzer bauten die Klostergebäude zu Wohnhäusern um, wie etwa das Datum 1546 über dem gestaffelten Viererfenster am «Goldenen Apfel» deutlich macht (Abb. 293). Das Fenster besitzt die traditionelle Hohlkehle mit einseitigem Auslauf. Auf der Westseite der Krummgasse, gegen die Hinterhöfe der Häuser am Fronwagplatz, sind in den Folgejahren die Neubauten «Rindsfuss», und «Hinteres graues Rössli» hinzugekommen, zusammen mit dem «Schwedischen Thaler» dazwischen, der am einen Stützpfeiler das Datum 1564 trägt (Abb. 294).
mationsjahren um 1517 und bis zu seinem Tod 1532 verschiedentlich Bürgermeister und als solcher Förderer der Reformation gewesen war, erbauten darauf die «Fels» und die «Mittlere Fels», die spätere «Freudenfels». Martin war Doktor der Rechte, Heinrich Reichsvogt. Die Familie wurde nun auch die Peyer mit den Wecken «zur Fels» genannt. Zuletzt kam der «Safran» hinzu. Er wurde durch die Brüder Hans und Heinrich Peyer, Söhne des Reichsvogts, erbaut.536 Noch heute treten an der Ostseite der Gasse diese Patrizierhäuser bemerkenswert in Erscheinung. In unserem Zusammenhang ist vor allem die gegen die Repfergasse gelegene «Fels» erwähnenswert.537 Der Erker und die Fenster des Erdgeschosses sind spätere Zutaten. Das 1549 datierte Türgewände aus Sandstein mit doppelten Kehlen, Basen mit Waf-
Abb. 293 Krummgasse (1.068). Im Spätsommer 1543 verkaufte der Rat acht Abschnitte des nördlichen und westlichen Klausurflügels des Barfüsserklosters. Gleichzeitig wurde die Krummgasse als erste Verbindung zwischen Repfer- und Brudergasse angelegt. Die neuen Hausbesitzer bauten die Klostergebäude zu Wohnhäusern um, wie etwa das Datum 1546 über dem gestaffelten Viererfenster am «Goldenen Apfel» (Pfeil) deutlich macht.
Auf der Ostseite des Barfüsserklosters wurde der Chor der Kirche auf Abbruch verkauft. Über seinen Fundamenten entstand 1544 der Neubau «Eckstein» als erstes Glied der nordseitigen Bebauung der unteren Stadthausgasse. Unterhalb davon erbaute die Stadt den Marstall für die städtischen Pferde. Weiter die Stadthausgasse hinunter kauften 1544 die Brüder Hans Caspar und Benedikt Stokar zwei Parzellen aus dem ehemaligen Friedhof- bzw. Gartenareal der Barfüsser (1.090). Darauf erbauten sie das «Obere» und «Untere +|ÀLª GLH DQ GLH HKHPDOLJH 8PIDVVXQJVmauer des Nonnenklosters St. Agnes angrenzten, welches seinerseits das neu eingerichtete Spital beherbergte.535 1547 wurde schliesslich zwischen Marstall und «Eckstein» die Safrangasse angelegt. Sie bildete eine zweite Verbindung zwischen Repfer- und Brudergasse (1.090 und 1.168) und erschloss drei Hofstätten, quasi «Filetstücke» an bester Stadtlage, die die Familie Peyer mit den Wecken erwerben konnte. Die Brüder Martin und Heinrich Peyer, Söhne des Hans Peyer, der in den Refor533 534 535 536 537
Frauenfelder 1986, S. 1950. Buff, Christoph: Schaffhauser Pfarrer-/PfarrerinnenVerzeichnis (in Vorbereitung). Schmuki 1988; Frauenfelder 1951, S. 426; Rüedi 1943, S. 118. Schmuki 1988; Frauenfelder 1951, S. 398, S. 400– 402; Rüedi 1947; Rüedi 1943. Frauenfelder 1951, S. 398, S. 400–402; Bürgerhaus 1946, S. 28, Taf. 44–48.
Abb. 294 Krummgasse (1.068). Die im Spätsommer 1543 angelegte Krummgasse führt durch das Areal des ehemaligen Barfüsserklosters. In den Hinterhöfen der Häuser am Fronwagplatz wurden in den Folgejahren die Neubauten «Rindsfuss» und «Hinteres graues Rössli» errichtet, zusammen mit dem «Schwedischen Thaler» dazwischen, der an einem Stützpfeiler das Datum 1564 trägt.
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Abb. 295 Safrangasse (1.168). Fensterband im 1. OG am herrschaftlichen Prunkbau «Fels» mit Gurtgesims und den erstmals auftretenden Fenstererkern, Ladenfalz und traditionellen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf. Die drei gestaffelten Dreierfenster mit je einer Fenstersäule im Inneren dazwischen belichten einen grossartigen Saal, vgl. Abb. 228 und 296.
Abb. 296 Safrangasse (1.168). 1547 wurde die Safrangasse durch das Areal des ehemaligen Barfüsserklosters gelegt. Sie diente zur Erschliessung der Bauparzelle für den herrschaftlichen Prunkbau «Fels». Dessen 1549 datiertes Türgewände aus Sandstein mit doppelten Kehlen, gewaffelten Basen, Rundstäben, gedrücktem Eselsrücken und anderem kennzeichnet das Ende der spätgotischen Bautradition in Schaffhausen und ist wahrscheinlich die älteste noch in Betrieb stehende Haustüre der Stadt, vgl. Abb. 295.
Abb. 297 Wir können uns die einstige äussere Pracht der Schaffhauser Altstadthäuser kaum mehr vorstellen. Ihre Fenster besassen Butzen- oder Rautenscheiben, die mit Bleiruten verbunden waren. J.R. Schilling, Bleistiftzeichnung seines Geburtshauses «Olivenbaum» (1.161), Vorstadt 6, um 1860.
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felmustern, Rundstäben, gedrücktem Eselsrücken und anderem kennzeichnet das Ende der spätgotischen Bautradition in Schaffhausen (Abb. 296). Die 1547 datierte Haustafel darüber ist im Stil der Renaissance gehalten. Dieser neue Baustil hatte in Schaffhausen mit dem Bau der äusseren Seitenschiffe von St. Johann 1515–1517 Einzug gehalten (Abb. 278).538 Im ersten Obergeschoss belichtet ein Fensterband mit Gurtgesims, drei gestaffelten Dreierfenstern mit Fenstererkern, Ladenfalz, traditionellen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf und innen je einer Fenstersäule dazwischen den grossartigen Saal (Abb. 295). Diese nachfolgend erstmals beschriebenen Fenstererker sind mit diesem Bauwerk in Schaffhausen eingeführt worden. Wenn wir uns die Fenster noch mit Butzen- oder Rautenscheiben vorstellen, die mit Bleiruten verbunden waren, können wir die einstige äussere Pracht des Hauses erahnen (Abb. 297). Mit seinen Dimensionen und modernsten Architekturelementen, vielleicht auch von Fassadenmalerei begleitet, muss der herrschaftliche Prunkbau zur «Fels» die Zeitgenossen in Staunen versetzt haben. Deshalb wies der Rat dem Hausbesitzer mehrmals fürstlichen Besuch zur Beherbergung zu. Bedeutendster Anlass war die Übernachtung des deutschen Königs Ferdinand I. im Jahr 1563 auf der Durchreise nach Konstanz.539 Bereits 1532 wurde die säkularisierte Annakapelle auf dem Herrenacker an den oben erwähnten Heinrich Peyer, den späteren Reichsvogt und Grossrat, verkauft. Dieser liess Teile der Kapelle stehen und integrierte sie in sein neues Wohnhaus, den «Luchs» (Abb. 298; 1.113). Noch Jahrzehnte blieb das benachbarte Seelhaus als Unterkunft für bedürftige Pilger, wandernde Handwerksburschen und Bettler (1.085) in Betrieb. Auch die ehemaligen Schwestern zum Hl. Kreuz durften auf Lebenszeit in ihrem Haus an der Schwesterngasse verbleiben. Ihre aufgehobene Kapelle wurde 1553 verkauft und zu einem kleinen Wohnhaus umgebaut (1.088).
Fenstererker als neue Erkerform Solche bislang in der Schaffhauser Literatur nicht beschriebenen Fenstererker wie in der eben beschriebenen «Fels»540 gab es an hunderten Fenstern in der Stadt, die demnach in der touristischen Werbung nicht «Stadt der 171 Erker» sondern «Stadt der 500 Erker» heissen müsste. Diese Erkerform ist sonst nur aus dem west- und oberdeutschen Fachwerkbau bekannt.541 In Schaffhausen ist ein einziges, bislang ebenfalls unbeachtetes Beispiel noch vollständig erhalten, und zwar am «Goldenen Adler» in der Unterstadt (Abb. 228 und 299; 1.267). Das Erkerfenster ist einfach verglast, während die doppelverglasten Fenster heute innen angeschlagen sind. Deshalb kann man Fenstererker nur noch daran erkennen, dass das Gewände jeweils keine umlaufende Hohlkehle mit einseitigem Auslauf beVLW]W ZLH GLH ÀDQNLHUHQGHQ )HQVWHU VRQGHUQ LQ HLner scharfen Kante endet (Abb. 228 und 295). Manchmal besitzen diese Kanten eine feine Fase, die sie wohl erst bei jüngsten Restaurierungen durch die Steinmetzen erhalten haben, vielleicht erst nach dem Einsetzen von doppelverglasten 538 539 540 541
Stäheli/Bänteli/Lieb 1994, S. 31f. Rüedi 1947, S. 56f. vgl. oben, S. 194. Untermann 2009, S. 255.
Abb. 298 «Luchs» (1.113). 1532 wurde die Annakapelle, die ehemalige Marienkapelle, auf dem Herrenacker säkularisiert und verkauft. Der neue Besitzer liess Teile der Kapelle stehen und integrierte sie in sein neues Wohnhaus, den «Luchs». Anbetungsszene der Heiligen drei Könige an der Westwand im Schiff, um 1500. Das Fragment ist hinter einer später hineingestellten Trennwand erhalten geblieben.
Abb. 299 «Goldener Adler» (1.267). Innenansicht des neu entdeckten Fenstererkers aus der Zeit von 1549/1579 im Zentrum des gestaffelten Fünferfensters im 1. OG. Es ist die einfachste Form des Erkers und in Schaffhausen nur noch an diesem Haus erhalten. Bemerkenswerterweise ist das Mittelfenster aussen angeschlagen und bildet damit einen Fenstererker, vgl. Abb. 439 und 440.
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Fenstern, die zum Verschwinden der Fenstererker geführt haben. Ihre Laufzeit lässt sich in die Jahre 1549/1579 datieren. Der «Fels» von 1549 folgen drei weitere Bespiele von Fenstererkern, die jeweils 1561 datiert sind: Am «Störchlein» in der Rheinstrasse 29 als Viererfenster mit doppeltem Fenstererker (Abb. 174 mit 1.244), am ehemaligen Wirtshaus «Zum Bären», Vorstadt 35, als doppelt gestaffeltes Fensterband (Abb. 301 mit 1.114) und am 1561 neu gebauten «Musikhof» im Posthof 5 als Fünferfenster (Abb. 300 mit 1.239). Der bislang jüngste datierte Vertreter dieses Typs Abb. 300 Nach dem Auszug des alten Spitals wurden die Gebäude 1543 an verschiedene Bürger verkauft. Diese erbauten 1561 den «Musikhof» (rechts), und die «Wagenburg» (links). Zusammen mit diesen Häusern entstand die heutige Gassenführung im Posthof (1.239), ausgehend vom mittelalterlichen Durchgang, dem Obergang von der Oberstadt her, vgl. Abb. 110.
Abb. 301 1561 datiertes Fensterband des ehemaligen Wirtshauses «Zum Bären», Vorstadt 35 (1.114). Die erhöhten Mittelteile ohne Hohlkehlen besassen Fenstererker.
196
¿QGHW VLFK DP +DXV ©=XU 7UHXª DP .LUFKKRISODW] als Fensterband mit zwei dreifach gestaffelten Fenstern im 1. Obergeschoss, innen auf der Fenstersäule ins Jahr 1579 datiert (Abb. 228 mit 1.156). Andererseits besitzt das Fensterband mit den beiden gestaffelten Dreierfenstern von 1548 in der Repfergasse 8 noch keine Fenstererker, wie die mittleren Fenster mit ihren Hohlkehlen und einseitigem Auslauf zeigen (1.099). Ebenfalls noch ohne Fenstererker kommt das gestaffelte Viererfenster an dem zwei Jahre älteren «Goldenen Apfel» aus (Abb. 293 mit 1.062).
Nachreformatorischer Bauboom
Abb. 302 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Blockstufentreppe im 2. Dachgeschoss von 1535.
Nicht nur in den ehemaligen Klosterarealen hatte die Umverteilung von Bauland zu einer Hochkonjunktur der Bautätigkeit geführt. Auch im restlichen Stadtgebiet liessen sich weitere Bauherren zu erheblichen Um- und Neubauten ihrer Liegenschaften anstecken. Genannt seien nur einige der hier behandelten Häuser, so 1529 das Gasthaus «Adler» beim Schwabentor (1.111) und das Haus «Zur Gerbe»/«Versöhnung» am Bach, das 1535 alle bisherigen Vorgängerbauten unter einem von der Ampelngasse bis zur Bachstrasse reichenden 25 m weiten Dach vereint (Abb. 144, 302–304 mit 1.116). Dann 1550 der südliche Anbau mit Kastenerker am «Turm am Ort» (Abb. 112 mit 1.189), 1561 die Erweiterung der Trinkstube der Becken an der Beckenstube, verbunden mit einer stadtplanerischen Strassenkorrektur (1.233), das Wirtshaus «Bären» in der Vorstadt (Abb. 301 mit 1.114), das «Störchlein» in der Grueb (Abb. 174 mit 1.244), 1567 der «Süsse Winkel» in der Vorstadt (1.060) und der «Ritter» von 1566/1575 (1.254).
Abb. 303 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Stube im 2. OG mit Staffelfenstern und Mittelsäule von 1535, vgl. Abb. 525 und 526.
1DFK ZLH YRU ]HLJHQ YLHOH )HQVWHUSUR¿OH GLH WUDditionelle Hohlkehle mit einseitig gekehltem Auslauf (Abb. 228).542 Sie tritt in ihrer klassischen Form noch mit dem bislang jüngsten Fenstererker von 1579 in der «Treu» auf (Abb. 228; 1.156).543 Im 17. Jahrhundert wird der Auslauf an den Gewänden höhergelegt, als Folge der vergrösserten Raumhöhen und den daraus resultierenden neuen Fensterproportionen. So etwa beim 542 543
Vgl. oben, S. 161. Vgl. oben, S. 162.
Y
Abb. 304 Das Haus «Zur Gerbe» (X, rechts unten), auch «Versöhnung» genannt, ist das erste einer Reihe von neun Gerberhäusern am Gerberbach. Charakteristisch für Gerberhäuser sind die durchgehenden Gauben zur Durchlüftung der Trockenböden unter dem Dach, wo die gegerbten Leder getrocknet wurden. Aufnahme vom Munot, 1879.
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Umbau des 3. Obergeschosses der «Gerbe» von 2,3 auf 3 m (1.116) oder mit dem neuen 3. Obergeschoss und der neuen strassenseitigen Befensterung am «Gelben Haus» (1.137). Im Verlauf des 16. Jahrhunderts kommen Renaissanceformen in Mode, etwa Fasen, die Hohlkehlen und Ausläufe verspielter wirken lassen, so 1550 am «Turm am Ort», am «Süssen Winkel» 1567 (1.060), am «Ritter» 1566/75 (1.254) oder am «Alten Turm» 1576 (1.073). Teilweise werden die Hohlkehlen verdoppelt und enden in Voluten, etwa 1575 an der «Weissen Rose» an der Rosengasse 16 oder 1605 am «Gelben Haus» (1.137).
Abb. 305 Um eine Baubewilligung für seinen Neubau der «Weissen Rose» (Rosengasse 16) zu erhalten, musste Scharfrichter Christoph Käser bereits 1574 ein Baugespann aufstellen: …haben min gnedig herren das volgender gestalt erloupt. Namlich, das er sin husz nach lutt siner visirung buwen. Im Hausbereich der «Unteren Rose» (Rosengasse 14) führte im Spätmittelalter das Ringkengässchen bis zum Kloster Allerheiligen.
198
Auch damals war, nicht anders als heute, eine Baubewilligung vom Rat notwendig. Sie war allerdings deutlich einfacher zu erhalten, wie das %HLVSLHO GHU ZHQLJHQ $XÀDJHQ I U GHQ 1HXEDX der «Weissen Rose» von 1574/75 an der Naglergasse, heute Rosengasse, zeigt (Abb. 305). Bauherr war Scharfrichter Meister Christoph Käser, der auch «Züchtiger» oder «Nachrichter» genannt wurde: …haben min gnedig herren das volgender gestalt erloupt. Namlich, das er sin husz nach lutt siner visirung [Baugespann] buwen… Item das husz solle hinden gegen dem züghusz aller dingen in allen gesichten [Fenstern] klain unnd grossen vergettert [vergittert] werden… unnd soll die stallung unden im husz sin. Item nutzid an die mur gegen dem züghusz buwen.544
Die Stadt befeuerte diese Bautätigkeit ihrerseits, indem sie den Bauwilligen eine Bauholzspende zukommen liess, wie einige zufällig ausgewählte Ratsprotokolle zeigen. So etwa …frow Ursula Waldkirch ain karren mit erlen [für Flechtwerkwände] zu ihrem buw zu vischenhüseren geben, …Sebastian Grübel, altem lattinischem schulmaister, sollen die holtzherren ain aychen zu ainer murfedern unnd setzelholtz [Schwelle und Ständer] zu sinem buw im templergessli…, …Adam Metzgers, groszwaibels, wöllen myn herren syn groszwaibels son mit zway stumppen föri holtz zu underzügen in syn husz an der müntzgaszen…545 Dazu erhielt jeder Bauherr eine Fenster- und Wappenspende der Stadt, selbst wenn sein Bauvorhaben nur darin bestand, Neuw Fensterpfosten insetzen und dz huss wysslen, wie es der Rat 1592 festhielt. Hunderte solcher Fenster bezahlte die Stadt, was ab der Mitte des 15. Jahrhunderts zu einer Blüte der Glasmalerei in Schaffhausen und zu grossen Ausgaben für die Stadtkasse führte. Als Grundlage für eine Fensterspende setzte der Rat daher im Jahr 1592 eine minimale Bausumme von 50 Gulden fest. Allein die Sparbemühungen fruchteten nicht, denn 1594 stellte der Rat wiederum fest: Dardurch aber gemainer Statt Seckhel zu grossem uhnnottig Costen gepracht worden. Ganz verzichten auf diese Stadtverschönerung wollte er dennoch nicht, setzte aber nun die Bausumme auf mindestens 100 Gulden fest, …Dz sol-
licher Buw und Verpesserung schynbar und zierlich syge, ouch gemainer Statt und der gassen woll anstande.546 Ein bislang noch unbearbeiteter Themenkreis ist GHU (LQÀXVV GHU *ODVPDOHU DXI GDV 6FKDIIKDXVHU Hafnerhandwerk, das eben in dieser Blütezeit der Glasmalerei, in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts, die Produktion von Fayencegeschirr aufnimmt. Wir kennen dieses aufwändig dekorierte Geschirr mit einer polychrom bemalten Fayenceglasur oder kobaltblauen Glasuren aus der Abtslatrine des Klosters Allerheiligen.547 Weitere Fayencen stammen aus dem Töpfereibetrieb an der Vordersteig 2 (Abb. 306 mit 1.093), in dem offensichtlich auch ein Teil der Funde aus der Abtslatrine des Klosters hergestellt wurde. Zudem durften die Glasmaler in Schaffhausen gemäss der Schaffhauser Handwerksordnung von 1588 auch als Flachmaler arbeiten und treten als Schöpfer verschiedener Grisaillemalereien auf.548 544 545 546 547 548 549 550 551
STASH RP 34,153 (1574). STASH RP 34,242 (1575), RP 38,251 (1579), RP 43,24 (1583). Hasler 2010, S. 18–22, S. 65f. und S. 436; BrucknerHerbstreit 1956, bes. S. 65f.; Bruckner-Herbstreit 1957. Lehmann 1999, S. 179–183, bes. Anm. 1494. Hasler 2010. Bänteli 2010b, S. 130. Bänteli 1990, S. 33–36; Bänteli 1999a, S. 20, S. 23, S. 38, S. 51f., S. 54f. Vgl. oben, S. 84 und 85; Schmuki 1989, S 160f.
Sichtkalksteingewände als neues Leitfossil im späteren 16. Jahrhundert Zweifellos hat der Bau des Munot dazu geführt, dass ein Teil der Tür- und Fenstergewände und auch Säulen, Pfeiler, ja sogar Kleinkunstwerke wie etwa Wappenschilder nicht mehr ausschliesslich aus Rorschacher Sandstein gefertigt wurden, sondern neu vor allem auch aus dem lokalen Kalkstein (Abb. 307).549 Zwar war letzterer bereits in der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts in den frühen Bauten von Allerheiligen I/II, St. Johann II/III und St. Agnes für diese Zwecke eingesetzt worden, wurde dann aber vom Sandstein abgelöst.550 Für die Renaissance des Kalksteins war die Bauhütte des Munot verantwortlich, welche für die Bastion grosse Mengen von auf Sicht gearbeiteten Kalksteinblöcken produzierte. Die Grossbaustelle zog zweifellos viele neue Handwerker an, die wohl auch bessere Feinbearbeitungstechniken für den harten und splitternden Kalkstein mitbrachten. Vielleicht lieferten die neu eröffneten Steinbrüche in Fulenwiesen an der Strasse nach Herblingen zudem etwas besseres, härteres Steinmaterial als die älteren Brüche im Mühlenquartier beim Rhein und im Mühlental.551 Vorboten dieses Trends sind die einfachen, auf Sicht gearbeiteten Kalksteineckquader von 1529/30 am neuen Salzhof (1.235) und jene im Posthof am 1561 neu erbauten «Musikhof» und an der «Wagenburg» (Abb. 300; 1.239).
Abb. 306 Vordersteig 2 (1.093). Der Bauboom in der zweiten Hälfte des 16. Jhs. führte zu einer Blütezeit der Glasmalerei und dürfte auch die Produktion von Fayencegeschirr beeinflusst haben. Das aufwändig dekorierte Geschirr mit polychrom bemalter Fayenceglasur oder kobaltblauen Glasuren wurde in der Töpferei an der Vordersteig hergestellt, vgl. Abb. 185.
199
Abb. 307 Zweifellos führte der Bau des Munot ab 1563 zu einer Renaissance des Kalksteins. Ein Teil der Türund Fenstergewände, auch Säulen, Pfeiler, ja sogar Kleinkunstwerke wie etwa Wappenschilder wurden nun nicht mehr ausschliesslich aus Rorschacher Sandstein gefertigt, sondern neu vor allem auch aus dem lokalen Kalkstein.
200
Die neue Sichtkalksteinarchitektur beginnt nach dem Baubeginn des Munot im Jahr 1563 zu erblühen. Für die Bürgerhäuser der Altstadt wurden Verkaufsladenfronten im Erdgeschoss aus diesem auf Sicht gearbeiteten Material prägend: Rechteckpfeiler mit Anzug, Rundbogenfenster und ebensolche Türen, die oft Oberlichter für den dahinterliegenden Gang besitzen. Innen gibt es zum Teil Hallen mit runden Kalksteinsäulen unter einJHZ|OEWHQ RGHU ÀDFKHQ 'HFNHQ 5XQGH .DONVWHLQVlXOHQ ¿QGHQ VLFK DXFK LQ GHQ +LQWHUK|IHQ als tragende Elemente von Nebengebäuden. Den Anfang der datierten Beispiele machen um 1564 die drei Neubauten an der Krummgasse «Rindsfuss», «Schwedischer Thaler» und «Hinteres graues Rössli» (Abb. 294 mit 1.068) sowie das Hinterhaus des «Süssen Winkels» 1567 (1.060) und das Sockelgeschoss der «Weissen Rose» 1575 an der Rosengasse (Abb. 305). Es folgen die Umbauten von «Ritter» 1566/75 (1.254), «Altem Turm» um 1576 (1.073) und «Straussen» 1584 (1.194). Den Höhepunkt dieser Sichtkalksteinarchitektur bildet 1592/93 der Neubau des «Haberhauses», eines prächtigen Lagerhauses, dessen drei Geschosse von diesem Stein geprägt sind (1.208). Das Erdgeschoss besitzt eine offene Halle, die Obergeschosse rundbogige Aufzugstüren und Kreuzstockfenster mit Kalksteingewänden.
Ausblick auf die neueste Zeit Wie eingangs erläutert, lag der zeitliche Schwerpunkt der archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen im Mittelalter und der frühen Neuzeit.552 Deshalb endet die hier erstmals dargestellte mittelalterliche Baugeschichte Schaffhausens mit dem Zeitschnitt um 1550/1600. Im Kapitel III wird aber die Geschichte einer ganzen Reihe von Fundstellen und Gebäuden bis um 1900 weitergeschrieben. Viele der hier nicht vertretenen, jüngeren Häuser mit ihren Erkern, Stuckdecken, Täfern und Kachelöfen hat Reinhard Frauenfelder bereits 1951 im Kunstdenkmälerband vorgestellt, während Andreas Hauser 1996 die neuere Architektur von 1850–1920 aufgearbeitet hat.553
552 553
Vgl. oben, S. 11. Frauenfelder 1951; Hauser 1996.
201
202
%RLERK
3ODQ XQG %LOGTXHOOHQ XQG ZHLWHUH QLFKW LQ MHGHP )DOO HLJHQV DQJHPHUNWH *UXQGODJHQ
Sämtliche nicht speziell genannten Grundlagen wie GrabungsXQG %DXDXIQDKPHQ 3OlQH )RWRV HWF EH¿QGHQ VLFK LQ GHQ Fundstellenakten der Kantonsarchäologie Schaffhausen (KASH); die Funde liegen, wo nichts anderes angegeben, im Depot der KASH.
Schriftliche Quellen: Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1253: STASH UR1/120; Rüeger 1884, S. 339–344. Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1299: STASH UR1/276, Rüeger 1884, S. 340–353.
Keramikfunde: Es werden die Abkürzungen und Datierungen des Grundlagenwerks Homberger/Zubler 2010 zur mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik der Region verwendet, siehe S. 7f. Die Scherben wurden in einer Grobdurchsicht optisch mit dem von +RPEHUJHU =XEOHU NODVVL¿]LHUWHQ 0DWHULDO YHUJOLFKHQ ± 9JO auch Homberger/Zubler 2011; Zubler 2012.
Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1393: STASH, H.W. Harder Auszüge, Bd. XIV, S. 87ff. Brandkataster der Stadt Schaffhausen 1817–1950 (BK): StadtASH. Katasterpläne der Stadt Schaffhausen 1868/72: StadtASH. Häuserdatenbank: Erläuterung siehe S. 8.
Ansichten, Pläne: Die frühesten Bildquellen zu Schaffhausen reichen nicht weiter als in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurück.
Hausinventar: veranlasst durch das städtische Hochbauamt, die 6WDGWSODQXQJ RGHU GLH NDQWRQDOH 'HQNPDOSÀHJH EOLFKHUweise im Zusammenhang mit einem Bauprojekt.
Stumpf-Chronik 1548: Ansicht Schaffhausens von Osten, in: Stumpf, Johannes: Gemeiner loblicher eidgnoschafft stetten, landen und völckeren chronick wirdiger thaaten beschreybung, Zürich (Froschauer) 1547/48, Abb. in: Elsener/Weigele 2005, S. 27, Kat. 1 und 2, vgl. Abb. 284. H.C. Lang, Ansicht des Klosters Allerheiligen, Aquarell, um 1600, in: Johannn Jakob Rüger, Chronik der Stadt und Landschaft Schaffhausen, STASH Chronik J.J. Rüeger A2, Bd. 2, vgl. Abb. 218. Mentzinger 1644: «Scaphusiae – Eigentliche Contrafactur der Löblichen Statt Schaffhaussen… Anno 1644», in: Matthäus Merian, Topographia Helvetiae, Frankfurt a.M. 1654, Abb. in: Elsener/Weigele 2005, S. 32, Kat. 14, vgl. Abb. 209 und Ausschnitte in Band II am Anfang der Quartiere A – N. Peyer-Plan 1820: Johann Ludwig Peyer, Stadtplan von Schaffhausen, aufgenommen und gezeichnet 1820, 1:2000, Original im MzA, vgl. Abb. 1.
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$EN U]XQJHQ LQ 7H[W XQG 7DEHOOHQ
$EN U]XQJHQ YRQ 4XHOOHQ ,QVWLWXWLRQHQ XQG /LWHUDWXU
Keramikfunde: Abkürzungen nach Homberger/Zubler 2010. Haustyp A/AD, C/AD: Adelsbauten, siehe Bänteli 2010c, S. 81–84. Haustyp A/ST, B/ST, C/ST: städtische Wohn- und Wirtschaftsbauten, siehe Bänteli 2010c, S. 84–90. AST BS BSÜ DG EG F FE FZah FZ G GFS HZ M NGL OK OG 3 RS S TK TP UG UK WK WS
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Archäologischer Stadtrundgang Backstein, Vollbackstein ca. 5,5 x 14 x 28 cm Backstein, Vollbackstein, dicker, ca. 7–8 x 14 x 28 cm Dachgeschoss Erdgeschoss Feuerstelle Eisen Flachziegel des frühen Allerheiligentypus Flachziegel (Biberschwanzziegel) Grube Gussformstücke Hohlziegel Mauer Nuppenglas Oberkante Obergeschoss 3UR¿O Randscherbe Schicht Tierknochen Tonplatten Untergeschoss Unterkante Waldkante Wandscherbe
AS ASA ASA NF
Archäologie der Schweiz Anzeiger für Schweizerische Alterthumskunde Anzeiger für schweizerische Altertumskunde, Neue Folge ASTRA Bundesamt für Strassen AZ Arbeiter Zeitung Schaffhausen BK Brandkataster DBV Deutsche Burgenvereinigung e.V. DGAMN Deutsche Gesellschaft für Archäologie des Mittelalters und der Neuzeit e.V. ($' (LGJHQ|VVLVFKHV $UFKLY I U 'HQNPDOSÀHJH %HUQ e-HLS online-Version des HLS GSK Gesellschaft für Schweizerische Kunstgeschichte HLS Historisches Lexikon der Schweiz IBID IBID Altbau AG, Winterthur IFS Inventar der Fundmünzen der Schweiz SAGW IPNA Integrative Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie Uni Basel IVS Inventar historischer Verkehrswege der Schweiz JbAS Jahrbuch Archäologie Schweiz JbHGL Jahrbuch der Historischen Gesellschaft Luzern KASH Kantonsarchäologie Schaffhausen LRD Laboratoire Romand de Dendrochronologie, Moudon MGH Monumenta Germaniae Historica MzA Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen SAGW Schweizerische Akademie der Geistes- und Sozialwissenschaften SHBG Schaffhauser Beiträge zur Geschichte SHM Schaffhauser Mappe SN Schaffhauser Nachrichten SPM Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum Frühen Mittelalter StadtASH Stadtarchiv Schaffhausen STASH Staatsarchiv Schaffhausen UWAD Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich ZAK Zeitschrift für Schweizerische Archäologie und Kunstgeschichte ZBZ Zentralbibliothek Zürich
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213
9HU]HLFKQLV GHU )XQGVWHOOHQ Vgl. Beilage 1 Aus Gründen der Übersichtlichkeit wurde auf dem Plan die vorgestellte Ziffer 1. bzw. 0.1 weggelassen, d.h. 206 entpricht Fundstelle 1.206, 37 entspricht Fundstelle 1.037. 1.024 1.037 1.040 1.042 1.042.1 1.042.2 1.042.3 1.042.4 1.042.5 1.043 1.044 1.045 1.046 1.047 1.048 1.049 1.050 1.051 1.052 1.053 1.054 1.055 1.057 1.058 1.059 1.060 1.061 1.062
1.063 1.064 1.067 1.068 1.069 1.070 1.071 1.072 214
Hochstrasse 191: S. 714 Stokarhof, Vorstadt 10: S. 531f. Moserstrasse 27, Quaistrasse 3–11: S. 399–405 Kloster Allerheiligen, Klosterstrasse, Baumgartenstrasse: S. 421f. Klosterstrasse Mittelabschnitt: S. 422f. Klosterstrasse Nordabschnitt, Klosterbogen und Münsterplatz 38: S. 423–425 .ODXVXUV GÀ JHO 6 I Neue Abtei: S. 426f. Klosterkeller: S. 427f. Grüner Gatter/Hirschen, Vorstadt 66–68: S. 630f. Bachstrasse 56: S. 568–573 Bachturnhalle: S. 568–573 Bahnhofstrasse 27–43: S. 547–549, 550f. Rüden, Oberstadt 20: S. 471 IWC-Ost, Baumgartenstrasse 7: S. 405–412 Regierungsgebäude, Beckenstube 7: S. 654 Berslingen: S. 715 Neufulach: S. 714 Bogenstrasse: S. 554f. St. Lucia-Kapelle, Buchthalen, Kirchgasse 6: S. 710 Buchthalen, Buchthalerstrasse 113: S. 713 Eschheim, Eschheimertal: S. 705 Reblaube, Fischerhäuserstrasse 19: S. 390 Königsstuhl, Freier Platz 7: S. 269 Herrenstube/Fronwagturm, Fronwagplatz 3/4: S. 445–447 Süsser Winkel, Fronwagplatz 27: S. 493 Fronwagplatz: S. 452 Barfüsserkloster, Stadthaus/Eckstein/Goldener Apfel/Schwarzer Stier/Konventhaus/Grosser Winkel/Weltkugel, Krummgasse/Safrangasse: S. 587–604 Griesbach, Griesbacherhof: S. 705 Repfergasse 3: S. 522 Posthörnli, Stadthausgasse 16: S. 501 Krummgasse: S. 587–604 Löwengässchen: S. 534–542, 547–549 Mogern: S. 713 Vordersteig 1: S. 470 Friedau, Mühlenstrasse 87: S. 699
1.073 1.074 1.075 1.076 1.078 1.079 1.080 1.082 1.083 1.084 1.085 1.086 1.087 1.088 1.089 1.090 1.091 1.092 1.093 1.094 1.095
1.096 1.097 1.099 1.100 1.101 1.102 1.103 1.104 1.105 1.106 1.107 1.108 1.109 1.110 1.111 1.112 1.113 1.114 1.115 1.116
Alter Turm, Neustadt 81: S. 460f. Orserental, Orsingen: S. 714 Baumgartenstrasse 19–23: S. 421 Radacker: S. 705 Unteres Klöpferlein, Repfergasse 11: S. 529 Kloster St. Agnes: S. 513–521 Rheinbrücke: S. 277–279 Schmiedetörli, Rheinstrasse 5/7: S. 417–419 Rosengarten, Rheinstrasse 37: S. 693 Pfarrhof, Pfarrhofgasse 9: S. 261f. Unterer Lindenhof/Lindenhof, Rosengasse 10/12: S. 677f. Rosengasse 2–26: S. 680 Herblingen, Schlossgasse: S. 714 Agnesenschütte, Schwesterngasse 1/Nussbaum, Repfergasse 6: S. 563–567 Freihof, Schwesterngasse 7: S. 568 Frohe Heimat/Ufenau, Stadthausgasse 4/6: S. 604f. Neustadt 1–47: S. 697 Stadtkirche St. Johann: S. 251–253 Vordersteig 2: S. 701f. Vordersteig 10: S. 703 Weidenbaum/Silberner Brunnen/Frühling/Hecht/ Blaue Lilie/Eintracht/Löwengrube/Palmbaum/ Orgelpfeife/Weisse Rose/Rebstock, Vordergasse 67–71/Münstergasse 13–27: S. 238f. Goldene Waage, Vordergasse 81: S. 445 Wirbelberg: S. 714 Pfarrhaus, Repfergasse 8: S. 562 Kronsberg/Bogen, Vorstadt 46/48: S. 584f. 7XUP ]XP .HI¿ 9RUVWDGW 6 ± Vorstadt 17: S. 533 2EHUHV +|ÀL 6WDGWKDXVJDVVH 6 Schwarzes Rössli, Fronwagplatz 11: S. 486–489 Webertörli: S. 568–573 Pfarrhofgasse 2–9, Hampeltörli: S. 257–260, 522–524 Schützengraben: S. 554f. Oberstadt 19–26/Bahnhofstrasse 2–4: S. 465–467 Hinterer grüner Klee, Moserstrasse 34: S. 341–343 Roter Hirschen, Brunnengasse 2, Bachstrasse 15: S. 375–377 Adler, Vorstadt 69: S. 637–643 Munot: S. 385–390 Luchs, Herrenacker 9: S. 657–660 Bären/Weisser Trauben/Kleiner Trauben/Blauer Trauben, Bahnhofstrasse 56–60: S. 547–549, 552 Karstgasse/Platz 6–11: S. 559f. Gerbe/Versöhnung, Pfarrhofgasse 1: S. 361–374
1.117 1.118 1.119 1.120 1.121 1.122 1.123 1.124 1.125 1.126 1.127 1.128 1.129 1.130 1.131 1.132 1.133 1.134 1.135 1.136 1.137 1.138 1.139 1.140 1.141 1.142 1.143 1.144 1.145 1.146 1.147 1.148 1.149 1.150 1.151 1.152 1.153 1.154 1.155 1.156 1.157 1.158
Stadthausgasse 20–29: S. 502 Mittlere Vordergasse 41–59: S. 230 Untere Vordergasse 10–39: S. 358 Edelweiss, Unterstadt 37: S. 340 Hoffnung, Unterstadt 31: S. 337f. Winkel, Neustadt 83: S. 462 Unruh, Webergasse 11–15: S. 578 Silberberg, Freier Platz 8, Schwarztor, Fischerhäuserstrasse 2–14: S. 267–274 Rauschender Bach/Urrind/Büffel/Farb, Vorstadt 59–67: S. 633–637 Phönix, Bahnhofstrasse 52/Löwengässchen 10: S. 543–546, 547–549 Grosser Erker, Webergasse 31: S. 580f. Glücksrad, Vordergasse 76: S. 444 Lindenbaum/Weisser Schlüssel, Unterstadt 26: S. 318–321 Schulhaus, Kirchhofplatz 19: S. 253–257 Löwen, Löwengässchen 2–4/Vorstadt 29: S. 534–542 Bahnhofstrasse 22: S. 493 Tunnel, Vordergasse 56: S. 231–233 Schwertstrasse, Spitalkirche: S. 490–492 Ölberg, Sandacker: S. 705 Unterer Diebsturm, Grabenstrasse 14: S. 694–696 Gelbes Haus, Stadthausgasse 21: S. 502–511 Beckenburg/Vulkan, Neustadt 1/3, Mühlentor: S. 693f. Jugendheim, Rosengasse 26: S. 679 Münstergasse 12–30: S. 237 Stize: S. 377f. Feuriger Ofen, Vordergasse 35: S. 357 Stokarbergstrasse 11: S. 703 Sondersiechenhaus/Altersheim Steig, Stokarbergstrasse 21: S. 703 Glocke, Vordergasse 45: S. 229 Grenzstrasse 12: S. 711 Repfergasse 3/6, Agnesentörli: S. 559f., 568–573 Repfergasse 11–40: S. 559f. Pfrundhausgasse 3–18: S. 525f. Kümmichweggen, Neustadt 45: S. 697 Rotes Wegeisen, Affen, Vordergasse 80/82: S. 445 Buchsbaum/Rüden, Oberstadt 18/20, Harmonie, Schwertstrasse 13: S. 472–483 Pelikan, Unterstadt 27: S. 329–336 Ochseschüür, Pfrundhausgasse 3: S. 527–529 Stadtbibliothek, Kabishaus: S. 431 Treu, Kirchhofplatz 9: S. 249–251 Goldener Falken, Vorstadt 40/42: S. 581–583 Webergasse 8–58: S. 578f.
1.159 1.160 1.161 1.162 1.163 1.164 1.165 1.166 1.167 1.168 1.169 1.170 1.171 1.172 1.173 1.174 1.175 1.176 1.177 1.179 1.180 1.181 1.182 1.183 1.184 1.185 1.186 1.187 1.188 1.189 1.190 1.191 1.192 1.193 1.194 1.195 1.196 1.197 1.198 1.199 1.200 1.201
Neustadt 47–73, Ackergässchen: S. 672f. Laterne/Palme, Oberstadt 9/11: S. 454–457 Olivenbaum, Vorstadt 6: S. 532 Mang Thöning-Haus, Ringkengässchen 13: S. 691f. Barfüsserkirche/Stadthausgasse 1–23/ Kirchhofplatz: S. 242–247, 587–604 Freier Platz 5–8: S. 265–268 Rosengässchen 1–12: S. 579 Schwenkkessel, Unterstadt 35: S. 339f. Hündlein/Goldene Ilge/Lilie, Vordergasse 32/34: S. 263 Safrangasse: S. 587–604 Eisenring, Sporrengasse 11: S. 240 Granatapfel, Unterstadt 22: S. 317 Weinberg, Unterstadt 42: S. 349 Stokarbergstrasse/Rosenbergstrasse: S. 704 Bahnhofstrasse 51, Velostation: S. 646f. Grütli, Bahnhofstrasse 50/Löwengässchen 12: S. 543–546, 547–549 Rheinhof: S. 693 Herrenacker: S. 654f. Grabenstrasse: S. 674f. Stokartrotte, Stokarbergstrasse 65: S. 704 Ochsen, Fischerhäuserstrasse 57: S. 391–397 Buchthalen, Hintergasse 9: S. 710f. Vorstadt 50–69: S. 632f. Neustadt 62–87: S. 458f. Kolbentor, Rheinstrasse 2–25: S. 419–421 Frauengasse 1–24: S. 691 Werkhaus/Kornhaus/Haus der Wirtschaft, Herrenacker 15: S. 661–671 Spitalstrasse 27: S. 647 Ringkengässchen 18: S. 656 Turm am Ort, Fronwagplatz 14: S. 494–501 Emmersbergstrasse 73/75: S. 707–709 Bachstrasse 18–30, Schutzgatter, Talhof: S. 522–524 Repfergasse 14: S. 560–562 Bahnhof Nord: S. 550f. Straussen, Vordergasse 16: S. 355–357 Beckenstube 2–11: S. 649–653 Goldfasan/Oberhaus, Oberstadt 21/23: S. 462–465 Webergasse 14: S. 578 Schwabentor, Bachstrasse 64: S. 644f. Kauf- und Rathaus, Vordergasse 73/Rathausbogen 10: S. 433–441 Herrenacker Süd, Frauengasse 8–16, Rheinstrasse 20: S. 681–691 Salzstadel: S. 390f. 215
1.202 1.203 1.204 1.205 1.206 1.207 1.208 1.209 1.211 1.212 1.213 1.214 1.215 1.216 1.217 1.218 1.219 1.220 1.221 1.223 1.224 1.225 1.226 1.227 1.228 1.229 1.230 1.231 1.232 1.233 1.234 1.235 1.236 1.237 1.238 1.239 1.240 1.241 1.243 1.244 1.245 1.246 216
Spiren/Untere Fels, Unterstadt 4/6: S. 314–316 Münsterplatz 4–34: S. 429f. Hinterer blauer Himmel, Münsterplatz 6: S. 431 Rathausbogen 7–17: S. 441–444 Ampelngasse 1–22: S. 360 Sporrengasse: S. 240f. Haberhaus, Neustadt 51: S. 673 Brunnengasse 1–9: S. 378f. IWC-West, Baumgartenstrasse 15: S. 413–416 Krone/Goldener Hirschen, Vordergasse 52/54: S. 231 Güterhof, Fischerhäuserstrasse 2: S. 275–277 Buchthalen, Buchthalerstrasse 35: S. 711 Obere Vordergasse 56–86/Fronwagplatz 2–4: S. 448–452 Winde, Läufergässchen 5/7: S. 313 Schneiderstube, Vordergasse 51: S. 227–229 Kleine Traubenlust/Grosse Traubenlust, Vorstadt 58/60: S. 607–629 Schäfer, Rebleutgang 1: S. 671f. Schützenstube: S. 555–557 Fischerhäuserstrasse 4–10, Rheinquai: S. 381–384 Kabishaus, altes Feuerwehrmagazin, Kirchhofplatz 21: S. 525 Unterstadt-West 23–44, Bachstrasse 8–14, Zwetschgenbaum: S. 344–349 Oberstadt 2: S. 452–454 Roter Adler, Vorstadt 13: S. 533 Fischergässchen 10–17/Quaistrasse 3: S. 322–325 Obertorturm, Oberstadt: S. 467–470 Untergries 22–40: S. 405 Moserstrasse 8–18: S. 325–328 Tunnelgässchen: S. 234 Winkel, Vordergasse 59: S. 230 Beckenstube, Beckenstube 8: S. 653 Beckenstube 3/5: S. 428f. Salzhof/Schweizerhof, Freier Platz 2–4/ Unterstadt 1–7: S. 281–310 Unterhaus, Vordergasse 30: S. 263 .DXÀHXWVWXEH 9RUGHUJDVVH 6 Geldmangel, Goldenes Lämmlein, Webergasse 2–4: S. 568–573 Posthof 2–10: S. 483–486 Unterstadt-Ost 1–32/Läufergässchen 5–7: S. 310–312 Gerberstube, Bachstrasse 8: S. 350–354 Untere Sanduhr, Webergasse 5: S. 573–577 Störchlein, Rheinstrasse 29: S. 692 Rosenstock, Webergasse 26: S. 579 Weisses Eck, Ampelngasse 1: S. 359f.
1.247 1.248 1.249 1.250 1.251 1.252 1.253 1.254 1.255 1.256 1.257 1.258 1.262 1.263 1.264 1.265 1.267
Farb, Ampelngasse 12/Bachstrasse 23: S. 374 Jakobsbrunnen, Unterstadt 14: S. 316f. Rotgerbe, Unterstadt 19: S. 322 Vorderer wilder Mann, Unterstadt 25: S. 328 Engelbrechtshalle, Löwengässchen 6: S. 542 Bernerstübli, Löwengässchen 8: S. 543 Bären, Feuerthalen, Untere Rheingasse 5: S. 279f. Ritter, Vordergasse 65: S. 235f. Rhinozeros/Roter Sternen, Stadthausgasse 3/5: S. 248 Peyerhof, Vordergasse 53: S. 230 Riesen, Vorstadt 3: S. 494 Obere Tanne, Tanne 7: S. 447f. Palmzweig, Vordergasse 14: S. 354 Fortuna, Vordergasse 24: S. 359 Pfauen, Vordergasse 64: S. 234f. Lorbeerkränzlein/Grüner Berg/Rehgeiss/ Grünes Kränzlein, Münstergasse 16–22: S. 236 Goldener Adler, Unterstadt 8: S. 316
5HJLVWHU GHU EHKDQGHOWHQ +lXVHU XQG ZLFKWLJVWHQ gUWOLFKNHLWHQ Adler: 24, 28f., 65, 86, 122, 151, 161, 167, 172, 175f., 197, 385, 387, 454, 467, 477, 571, 633–635, 637–644, 574, 694 Affen: 163, 445 Agnesenkloster s. Kloster St. Agnes Agnesenschütte (Freihandbibl.): 24, 112, 161, 559, 563–567 Agnesentörli (Bollwerk A.): 71, 99, 180, 411, 514, 519, 559f., 564, 568–570, 573 Allerheiligen s. Kloster Allerheiligen Alpenrose: 687 Alpenrösli: 173, 501 Alte Abtei Kloster Allerheiligen: 43, 46, 62f., 126, 156, 158 Alte Weberstube (Weberstube): 130, 144 Alter Kaiser: 342 Alter Turm Neustadt: 86f., 93, 102, 198, 460–462, 544 Alter Turm (Harmonie), Areal Buchsbaum/Rüden: 21, 54f., 63, 94, 111, 472f., 478, 482, 484f., 492 Altersheim Steig s. Sondersiechenhaus Alterszentrum Kirchhofplatz s. Kloster St. Agnes Altes Feuerwehrmagazin s. Kabishaus Kloster St. Agnes Am Bach: 101, 323, 325, 342, 402 Ampeltörli s. Hampeltörli Anker: 322, 324, 329 Annakapelle Kloster Allerheiligen (Marienkapelle Allerheiligen): 43, 158, 163, 176 Annakapelle Herrenacker (Marienkapelle Herrenacker): 183, 194f., 595, 657–659 Annot: 22, 64, 105f., 117, 122, 130, 145, 150, 154f., 187f., 252, 369, 385–389, 522 Apfelbaum: 239, 650–652 Armenherberge s. Seelhaus Äusseres Mühlentor s. Mühlentor Bach s. Gerberbach Bachbrücke, hölzerne: 72, 265, 267, 344–350, 375–378 Bachbrücke, steinerne: 72, 265, 267, 342, 344–350, 375, 655 Bachturnhalle s. Friedhof zwischen Agnesen- und Webertörli Backofen-Barbakane: 151, 275f., 647 Bären Feuerth.: 81, 100, 104, 113, 236, 279f., 286, 599, 633 Bären Vorstadt: 28f., 196f., 317, 486, 552, 653 Barbakane s. Backofen-B., Widder-B. Barfüsserkirche: 26, 158f., 242–244, 502, 506, 509f., 587, 590–595, 604, 660 Barfüsserkloster: 22, 26, 29, 47, 84, 87, 95–97, 99, 105, 114f., 117–119, 145, 155, 158f., 161, 167f., 176, 184, 193f., 240, 242–244, 425, 486, 502f., 559, 563, 587–605 Bauerntanz: 322–324 Baumgarten, Herren-B., Kloster-B.: 28f., 43, 48, 70, 106, 126, 188f., 402f., 406, 410–416, 421, 424, 429, 503, 522, 556f. Beckenburg: 693f.
Beckenhaus: 582, 584f. %HFNHQVWXEH 3¿VWHUVWXEH QXU =XQIWKDXV PLW QlFKVWHU 8Pgebung: 47, 76, 79, 81, 107, 132, 144, 173, 183, 197, 239, 340, 441, 511, 649–654 Beginenhaus Kloster Allerheiligen: 62, 176, 188, 422, 424, 429 Bernerstübli: 130, 248, 534, 542f. Berslingen: 19, 34, 37, 76, 79, 119, 473, 713, 715 Biber: 533 Bindhaus Kloster Allerheiligen: 156, 160f., 176, 180, 419, 422, 427, 703 Bindhaus Salzhof: 296, 309 Blaue Lilie: 238f., 651 Blauer Sternen: 534, 541f. Blauer Trauben: 28f., 548, 552 Blume: 112, 533 Blumenkranz: 580f. Bogen: 19, 24, 111, 136, 249, 479, 552, 554, 582, 584f. Bogenschützenhaus Klosterbaumgarten: 28f., 413, 416f. Bogenschützenhaus Schützengraben s. Schützenstube %RJHQWRU V 7XUP ]XP .HI¿ Bollwerk Agnesentörli s. Agnesentörli Bollwerk Engelbrechtstor s. Engelbrechtstor Bollwerk Schwabentor s. Schwabentorturm Bretterhof: 173, 381–384 %UXGHUK|ÀL Brunnen s. Fischmarktb., Gerberb., Herrenackerb., Metzgerb., Neustadtb., Rathausb., Rindermarktb., Spitalb., Tellb. Brunnenstube s. Wasserleitung Buche: 355f. Buchsbaum: 21, 25, 40, 47, 54f., 60, 63–65, 75, 80, 82, 94, 100, 110f., 124, 137, 164, 167–171, 472–485, 493, 545, 609, 637 Bückiträgerhaus Kloster Allerheiligen: 43, 422, 424, 429 Büffel: 173, 613, 633–637 Büsingen s. Kirchberg Deutscher Orden s. Rebleutstube Deutsches Haus s. Rebleutstube Diebsturm, oberer, unterer: 87, 102, 104, 122, 390, 556, 571, 639–641, 673, 681, 694–697 Drei Berge: 81, 101, 349f. Drei Türme: 581–583 Dreikönigskapelle (Siechenkirche): 104, 115, 160, 183, 703 Dromedar s. Hinterer Turm Durach s. Gerberbach Eckstein: 193, 242, 587, 590, 593, 595 Edelweiss: 75, 329, 339–340, 344 Eichenes Fass: 574, 578 217
Einigkeit: 484–488 Eintracht: 238f., 651 Eisenring: 124, 240, 502, 590 Elendenherberge s. Seelhaus Emertzen hus: 650 Engelbrechtshalle: 111, 163, 316, 354, 534, 537, 542f. Engelbrechtstor (Bollwerk E.): 22, 28f., 71f., 80, 100, 130, 145–151, 168, 274, 347, 519, 524, 534, 536f., 542f., 544, 547– 553, 572, 603, 641, 645, 647, 693 Engelbrechtsturm: 519 Engelburg: 449 Ennet Rhin s. Feuerthalen Erkerlein: 584 Eschheim (Eschheimertal): 705 Eschheimertal s. Eschheim Fadenzeinli: 582, 584 Federnhut: 311, 325, 328 Fähre: 37, 39, 61, 92, 265–267, 281, 286 Farb Ampelngasse: 111, 112, 362, 375 Farb Unterstadt (Metropol): 292, 294, 296, 312 Farb Vorstadt: 80, 112, 172f., 633–638, 642 Färbe Herrenacker (Mange, Rosenberg): 117, 123, 145, 155, 182, 187, 654, 680 Fels: 162, 164, 174, 176, 193–196 Feuerthalen (Ennet Rhin, Fürtal): 22, 81, 87, 100, 103, 104f., 113, 117, 145, 155, 179, 187, 236, 265f., 278–280, 611, 633 Feuriger Ofen: 357 Finsterer Sternen s. Tunnel Finsterwaldturm: 26, 28f., 82, 86f., 96f., 100, 103, 122, 150, 152, 503, 524, 544, 555, 572, 637–641, 646f., 695 Fischerzunft: 274, 381, 384 Fischgrat: 582, 584 Fischmarkt: 16, 22, 105, 106f., 117, 140, 145, 153, 155, 187, 227f. 230f., 233f., 359, 449, 451 Fischmarktbrunnen: 131, 230 Forelle: 325 Fortuna: 130, 163, 317, 359 Franzosengräber: 707–709 Freihandbibliothek s. Agnesenschütte Freihof s. Schwesternhaus Freudenfels: 193, 590, 605 Freudenquelle (Stadth.): 28f., 159, 242, 590, 592f., 596, 604 Friedau: 699 Friedhof Baumgarten (ehem. Kloster Allerheiligen): 187, 189, 405f., 410–412, 421, 431 Friedhof Barfüsserkl.: 184, 193, 425, 589–592, 597f., 604f. Friedhof Kloster Allerheiligen: 46, 422, 424, 429 Friedhof Kloster St. Agnes: 120, 253, 257, 597 Friedhof Seelhaus Rosengasse: 677f., 686 Friedhof Sondersiechen Steig: 703 218
Friedhof Spital (ehemals St. Agnes): 522 Friedhof St. Johann (Kilchhof, Kirchhof, Pestfriedhof): 26, 35, 47, 50, 52, 76, 106, 119f., 156, 183f., 186, 188f., 227, 230, 251, 253f., 255–263, 481, 513 Friedhof zwischen Agnesen- und Webertörli (Pestfriedhof): 523, 564f., 568f., 573 Frohe Heimat: 184, 604f. Frohsinn: 275, 382 Fronwaage: 92, 140, 302, 447, 449f. Fronwagturm (Schultheissent.): 28f., 37, 57, 61, 82, 86f., 92f., 105, 117, 140, 145, 153, 155, 176, 187, 440, 445–451, 455 Frühling: 238f. Fülli (Vulli): 89, 91, 286, 289, 323f., 326 Fulach s. Gerberbach Furt: 15, 89, 276, 281, 286 Fürtal s. Feuerthalen Gächtlinger hus: 641 Galeere: 81, 129, 285, 289, 292, 294, 312f. Galgenbuck (Galgen): 705 Galgen s. Galgenbuck Gelbe Kerze: 258, 361f., 375, 523 Gelbes Haus: 80, 123f., 175, 242, 244, 502–510, 590 Gelbes Horn: 449 Geldmangel: 564, 568–572 Genügsamkeit: 681, 686, 689 Gerbe (Versöhnung): 28f., 73, 75f., 82, 84, 86, 99f., 112f., 116, 139, 164, 173, 176, 197f., 236, 337, 340, 343, 361–374, 377, 454, 501, 503, 523f., 544, 633 Gerberbach (Bach, Durach, Fulach): 16f., 33f., 37, 61, 66, 70– 72, 76, 87, 96–98, 105, 112, 116f., 139, 145, 150f., 155, 187, 197, 257, 267, 281, 334, 342, 344f., 347–350, 358, 361–364, 367–378, 404, 409, 518f., 522–524, 559f., 564, 568–570, 573, 579, 632, 645, 647, 714f. Gerberbrunnen: 131, 346, 349 Gerberhof s. Seelhaus Rheinstrasse Gerberhof Fischerhäusern: 384 Gerberlaube Quaistrasse: 71, 323, 399, 401, 404f. Gerberstube: 81, 144, 344, 349–353, 373 Gerichtshaus: 192, 228, 490–492 Glas Vordergasse 47: 230 Glas Vordergasse 70 s. Trauben Glocke Vordergasse: 229f., 668 Glücksrad: 111, 444 Goldene Eichel: 458f. Goldene Ilge: 263 Goldene Kugel: 451f. Goldene Rose: 358 Goldene Stize: 377–379, 475 Goldene Waage: 174, 445 Goldener Adler: 162, 195, 251, 311, 316 Goldener Anker: 323, 329
Goldener Apfel: 159, 163, 193, 196, 587, 590, 596, 601–604 Goldener Falken: 72, 178, 249, 581–583 Goldener Hirschen: 231f. Goldener Löwe: 234f., 449 Goldener Ochsen: 533 Goldener Sternen: 131, 357 Goldenes Lämmlein: 564, 568–572 Goldenes Lamm: 176, 661f., 667 Goldfasan (Stadtburg): 25, 56, 93, 462f. Gölin Turm s. Turm am Ort Granate s. Schuhmacherstube Granatapfel: 317f. Grendel: 150f., 470f. Griesbach, Griesbacherhof: 701, 705 Griffen: 154 Grosse Burg: 632f. Grosse Traubenlust s. Hafnerhaus Vorstadt 60/62 Grosser Erker: 84, 110f., 113, 172, 580f. Grosser Winkel: 587, 590, 597 Grueb (Steinbruch Grueb, Grube): 22, 25, 33f., 37, 39, 43, 47, 56, 61, 70, 83, 85, 87, 103, 105f., 117, 123, 130, 138, 179, 183, 197, 419–423, 571, 617, 652f., 660, 677–693, 697 Grüner Berg: 236f., 651 Grünes Fass: 230 Grüner Gatter: 631 Grüner Klee: 81, 329, 337–340, 344 Grünes Kränzlein: 236, 651 Grünes Posthorn: 94, 484, 486 Grüt: 680 Grütli: 22, 71, 80, 82, 84, 86, 99f., 113, 175f., 366, 460, 534– 537, 541, 543–549, 552, 572, 609, 641 Guardianshaus Barfüsserkloster: 590, 592, 597 Güterhof (Salzstadel): 91, 265, 268f., 273–277, 310, 381f., 386 Haberhaus (Tiefer Keller): 122, 170, 200, 578, 672–675 Hafnerhaus Vorstadt 60/62 (Kleine -, Grosse Traubenlust/Jakobsleiter): 86, 100, 110, 112f., 130, 133, 166, 168, 170, 172, 175f., 179f., 251, 545, 607–631 Hagar: 560 Halbe Lilie: 459 Hampeltörli (Ampeltörli): 258, 385, 522f. Harmonie s. Alter Turm Hasenburg: 90f., 277–279, 294, 296 Haumesser: 322f., 400 Haus der Wirtschaft (Werkhaus, Kaufhaus Herrena., Kornhaus Herrena., Zeughaus Herrena.): 25, 28f., 80, 113, 123, 137, 145, 152, 155, 172, 176, 181f., 187, 387, 441, 654, 661–663, 667– 670 Hecht: 238f., 435f. Heinrichsburg Feuerthalen: 278f.
Heiterkeit: 173, 239, 649–651 Herrenackerbrunnen: 131, 655 Herrengärtli: 257, 260 Herrenstube (Obere Trinkstube, Rathaus): 93, 106, 124, 133, 135, 140f., 143f., 168, 227, 445–447 Hintere Beckenburg: 275 Hintere Liebe: 80, 100, 580f. Hintere Sonne: 581f., 579 Hintere Wasserquelle: 167, 359f., 357 Hinterer blauer Himmel: 431 Hinterer grüner Klee: 81, 100, 139, 341f., 384, 400, 527 Hinterer Pelikan: 100, 341, 400 Hinterer Schild: 501f., 504 Hinterer Schneeberg: 534, 543 Hinterer Schwenkkessel: 341f. Hinterer Stokarhof: 589–591 Hinterer Tannwald: 341f., 400 Hinterer Trauben: 124, 240 Hinterer Turm (Dromedar): 494–497, 501 Hinteres Glücksrad: 242, 244, 502, 590 Hinteres graues Rössli: 193, 200, 587, 590, 602, 604 Hintergasse: 183, 424f., 429, 651, 653 Hirschen: 631, 645 Hirschenjagd: 172, 578 Hoffnung: 74, 81, 84, 112f., 116, 153, 329, 337–340 Hoffnung Feuerthalen: 279 Hofmeisterei (Wasserhof): 116, 190, 265–268, 277, 296, 312 Holzhaus Fischerhäusern: 383 Hornberg: 16, 88, 96 Hündlein: 263 Hutte: 129, 312 Isengaden: 273 IWC: 28f., 49, 65, 77, 257, 403–417 Jahrmarkt s. Markt Kaufhaus Jakobsbrunnen: 129, 162f., 176, 312, 316f., 354, 359 Jakobsleiter s. Hafnerhaus Vorstadt 60/62 Joppenloch: 322–324 Jugendheim: 679–681 Jungfrau: 65, 68f., 74, 78, 81, 284, 329–338, 403 Kabishaus Kloster St. Agnes (Kornhaus): 98, 172, 257–262, 514, 521, 525 Kabishaus (Stadtbibliothek): 187f., 431 .l¿J Kamel: 311, 317f. Karpfen: 632 Kastanienbaum: 70, 111 Kaufhaus/Rathaus s. Rathaus Rathausbogen Kaufhaus Herrenacker s. Haus der Wirtschaft .DXÀHXWVWXEH I I 219
Kerze: 124, 240, 502, 590 Kilchhof s. Friedhof St. Johann Kirchberg (Büsingen): 33f., 62, 529, 576, 579 Kirchhof s. Friedhof St. Johann Kleine Burg: 632 Kleine Silberburg: 113, 632–634 Kleine Traubenlust s. Hafnerhaus Vorstadt 60/62 Kleiner Trauben: 28f., 548 .OHLQHV +|ÀL Kloster Allerheiligen (Allerheiligen): 15–19, 22, 24–26, 28f., 33–37, 39–47, 50–53, 56f., 58f., 61–66, 70, 76f., 79, 82f., 85– 88, 91f., 95f., 98, 100f., 105–107, 115, 117, 120, 123–127, 129, 139f., 143, 145, 154–158, 160f. 163, 165, 167f., 170, 176, 179f., 183, 188, 198f., 237f., 257, 279, 286, 289, 291, 295, 309, 317, 341, 350, 362f., 366, 399, 402f., 405, 413f., 416, 419, 421–431, 436, 454, 456, 464, 490, 495, 503f., 513, 517– 519, 522, 541, 556f., 597, 600, 602, 615, 643, 649, 651f., 654, 657, 659, 667f., 680f., 683f., 693, 697, 702f, 705, 707, 710f. Kloster St. Agnes (Agnesenkloster, Altersh. Kirchhofplatz): 22, 24, 26, 28f., 37, 50, 61, 63, 71, 82f., 87, 94, 98f., 105, 117, 119f., 143, 145, 155, 158, 160, 172, 180, 187f., 192f., 199, 242, 244, 253–262, 411, 486, 513, 573, 597, 604, 644, 670 Klosterbaumgarten s. Baumgarten Klosterkeller Kloster Allerheiligen: 43, 125, 419, 422, 427f., 513–525, 527–529, 559, 562f., 565, 567, 597, 604, 644, 670 Königsstuhl: 266f., 269, 272, 281 Köpferplatz: 699, 705 Kolbentor: 22, 61, 70, 107, 417, 419–421, 651f. Konstanzische Schütte: 589f., 602, 604 Konventhaus Barfüsserkloster: 158f., 161, 162, 173, 227, 235, 238, 240, 315, 445, 587, 590, 598, 600–603 Kornhaus s. Agnesenschütte, s. Kabishaus Kloster St. Agnes, s. Paradieserhaus, s. Rathaus Rathausbogen Kornhaus Fronwagplatz: 87, 92, 129, 140, 440, 493f. Kornhaus Herrenacker s. Haus der Wirtschaft Kornhaus Spend, Frauengasse: 181, 655 Kornmarkt: 140 Krämerladen: 143f. Kranich: 449 Krautbad: 369, 373f. Kreuzhof Kloster Allerheiligen: 42–44, 59, 402, Krone: 83, 231, 449 Kronsberg: 19, 24, 136, 249, 479, 552, 556, 582, 584f. Kühler Brunnen Stadthausgasse: 502 Kühler Brunnen Vorstadt: 581f. Kümmichweggen: 697 Lächen (Stromschnellen): 15, 27, 33f., 36–38, 61, 87, 105, 117, 145, 155, 187, 265, 413, 417, 699 Landkutsche: 674 Lateinschule: 187–189, 253, 255, 257 Laterne: 80, 83, 124, 454–456 /DXEH %URWO 3¿VWHUO 0DUNWO I I 220
Laube, Gerberl., Schuhmacherl., Weberl. (Marktl.): 143f. Laufengarten: 105, 292, 294, 328 Laufengasse: 100f., 292, 341 Leopard s. Tunnel Lerche: 358 Letzi: 123, 699, 704f., 714 Leutkirche s. St. Johann Lilie: 263 Linde Buchthalen: 710 Lindenbaum: 81, 100, 112f., 116, 311, 318–321, 329, 336, 599 Lindenhof: 677–678, 686 Logierhaus: 715 Lorbeerkränzlein: 130, 236, 651 Löwen: 80, 86, 102, 110, 112, 123, 130, 136, 140, 164f., 167, 534–543, 546 Löwengrube: 18, 237–239, 651 Löwenkapelle St. Johann: 183f. Luchs: 86, 160f., 180, 194f., 657–660 Luft: 655 Mang Thöning-Haus: 168, 176, 182, 681, 691f. Mange s. Färbe Marienkapelle Allerheiligen s. Annakapelle Kloster Allerh. Marienkapelle Herrenacker s. Annakapelle Herrenacker Marienstift: 699 Markt: 15f., 22, 26, 37f., 44, 48, 57, 60f., 79, 83f., 87f., 92– 95, 105f., 129, 133, 140, 142–146, 152, 155, 163, 183, 227, 286, 370, 433, 440, 444–446, 449, 452, 485, 490–495, 604 Markt Kaufhaus (Jahrmarkt): 125, 127, 434, 436 Markt s. Fischmarkt, s. Kornmarkt, s. Salzmarkt Marktlaube s. Laube Metropol s. Farb Unterstadt Metzg Fischerhäuser: 382, 384 Metzg Fronwagpl.: 140, 142–144, 446, 449–452, 489, 498, 501 Metzgerbrunnen: 140, 142 Metzgerstube: 144 Mittlere Fels: 193 Mittlerer Anker: 323, 329 Mittlerer Wachholderbaum: 560, 604 Mogern: 19, 137f., 168, 664, 713 Mohrenkopf: 70 Moosente: 358 Mosergarten: 411f. Mühlen: 15, 24, 37, 61, 105, 117, 123, 129, 145, 155, 187, 419, 699 Mühle s. Spitalmühle Mühlentor: 24, 87, 102f., 105f., 117, 122, 145f., 151, 155, 179, 187, 276, 611, 652, 683, 693f., 699 Müligässli: 107, 417, 420, 651f., 677
Munot: 22, 24, 26, 60, 105f., 122, 129f., 146, 150, 153, 171, 187f., 197, 199f., 252, 260, 269, 271–274, 286, 321, 349, 361, 381, 385–390, 416, 465, 469, 522f., 550, 572, 674, 696, 709 Münster Allerheiligen: 15, 18, 20, 25, 28–30, 42f., 45–47, 50– 52, 56f., 59, 62, 72, 76, 115, 126, 146, 158, 180, 183, 187f., 192, 229, 424, 429, 445, 464, 490, 513, 517, 522, 562, 594 Münz: 299, 649, 651, 653 Musikhof: 94, 192, 196, 199, 485f., 552, 653 Neue Abtei Kloster Allerheiligen: 43, 126, 156–158, 161, 174, 176, 179, 181, 235, 316f., 354, 422–426, 428, 469 Neues Haus Fronwagplatz: 493 Neueneck: 323, 325f., 342, 400 Neufulach: 714 Neustadtbrunnen: 131, 697 Neuturm s. Schwabentorturm Niedere Trinkstube s. Schneiderstube Niedertor s. Schwarztor Nussbaum: 80, 112, 562–567 Oberbad Posthof: 192, 483, 486 Oberbad Obertor: 464, 470f., 486 Obere Glocke Herrenacker: 661f., 667f., 670 Obere Tanne: 93, 133f., 168, 447f. Obere Trinkstube s. Herrenstube Oberer Jordan: 656, 687 Oberer Schenkel: 672 Oberer Wachholderbaum: 560, 604 2EHUHV +|ÀL Obergang Posthof: 94, 196, 485 Oberhaus s. Stadtburg Obertor: 16, 22, 40, 53–55, 62, 88, 93f., 102, 150f., 168f., 272, 453, 458, 464–466, 471, 482, 486, 491, 547, 611 Obertorturm: 28f., 53–56, 61–64, 87, 93, 105, 117, 122, 146, 167f., 176f., 179f., 232, 235, 354, 462, 464–469, 472, 478, 494, 500, 544, 589 Ochsen: 391–397 Ochsenhof Kloster Allerh.: 125f., 429, 650f., 654 Ochseschüür: 98, 192, 513, 525–529, 578 Oerlifall: 524, 573, 705 Ölberg: 701, 704f. Olivenbaum: 84, 111, 531f. Orgelpfeife: 18, 161, 238f., 651 Orserental s. Orsingen Orsingen (Orserental): 714 Oswaldkapelle Kloster Allerheiligen: 43, 431 Palmbaum: 237–239, 651 Palme: 86, 111, 124, 133, 454–457 Palmzweig: 163, 317, 354f., 378 Paradieserhaus: 153, 265, 267–269, 272, 275, 286, 386, 440f. Pelikan: 22, 25, 65, 68f., 73f., 76–79, 81, 84, 86, 100, 110f., 113, 164f., 167f., 172, 175f., 313, 329–337, 340, 345, 653
Pelzkappe: 582, 584 Pestfriedhof s. Friedhof St. Johann, s. Friedhof zwischen Agnesen- und Webertörli Peyerburg: 657f., 660 Peyerhof: 230 Peyerweggen: 329, 339f., 344 Pfarrhaus Repfergasse: 162, 562f. Pfarrhof: 258, 260–263 Pfauen: 111, 163, 167, 234f., 240 3¿VWHUVWXEH V %HFNHQVWXEH Pfrundhaus s. Spitalpfrundhaus Phönix: 100, 167, 534, 541, 543–548 Platte: 17, 112, 348, 375, 377f. Posthorn: 84, 116, 348, 369, 375–379, 384 Posthörnli: 172f., 501f. Posthaus: 484f., 487, 490, 491 Pulverturm s. Agnesentörli, s. Undurft Radacker: 160, 699, 704f. Rathaus Rathausbogen (Kaufhaus, Kornhaus, Zeughaus): 25, 28f., 47, 60, 76, 105, 113f., 117, 125–128, 145, 153–154, 161f., 167, 176, 187, 227f., 235, 239, 260, 433–444, 448, 492, 609, 611, 668–670 Rathaus Vordergasse s. Schneiderstube Rathaus Herrenstube s. Herrenstube Rathausbrunnen: 131 Rathauslaube: 114, 127f. 433–438, 440 Rauschender Bach: 632 Reblaube: 390 Rebleutstube (Deutscher Orden, Deutsches Haus): 144, 671f. Rebschoss: 671 Rebstock: 130, 161, 237–239 Regierungsgebäude s. Zeughaus Beckenstube Rehböcklein: 129, 312 Rehgeiss: 236, 651 Repfergasse 14, ohne Namen: 560f. Rheinbrücke: 22, 71, 87, 89–92, 104f., 117, 145, 155, 179– 182, 187, 190, 265–268, 277–279, 281–286, 289, 292, 294– 297, 309, 328, 647, 667, 683, 709 Rheintor: 92, 122, 181, 268, 273, 278, 280, 294, 296, 309 Rhinozeros: 124, 236, 248f. Riesen: 92, 493f. Rindermarkt: 67, 71, 531, 559 Rindermarktbrunnen: 131, 533 Rindsfuss: 193, 200, 587, 590, 602, 604f. Ritter: 162, 181, 197f., 234–236, 298, 354, 461, 469, 493 Römerturm s. Undurft Rosenberg s. Färbe Rosengarten s. Ziegelhütte Rosengarten Rosenstaude: 681, 684, 686, 688–690, 692 Rosenstock Fischergässchen: 323–325, 400 221
Rosenstock Webergasse: 71, 109, 111, 579 Rosswette: 417, 677 Rote Taube: 25, 38f., 354, 452, 454 Roter Adler: 112, 170, 532f., Roter Bären: 92f., 100, 110, 447f. Roter Hirschen: 375f. Roter Ochsen: 552, 554 Roter Schild: 152 Roter Sternen: 248 Roter Turm: 140, 494 Rotes Kreuz: 161, 168, 315 Rotes Wegeisen: 445 Rotgerbe: 111, 322f., 328f. Rüden: 22, 25, 40, 47, 54f. 63–65, 71, 80, 82, 96, 137, 144, 164, 168f., 171, 323, 451, 460, 465f., 471–483, 493, 549, 591 Safran: 193, 590, 604f. Salmanswilerhaus: 265, 267f. Salzhaus: 125f., 292f. Salzhof (Schweizerhalle, Schweizerhof): 15, 22f., 25, 27, 73, 75, 87, 89–92, 105, 112, 116f., 125f., 129, 131, 145, 152–155, 164, 171, 173, 176, 179f., 187, 190f., 199, 266–268, 270, 275, 278, 281–314, 323, 366, 440f., 483, 611, 669 Salzmarkt: 192, 291, 446, 492f., 501 Salzstadel s. Güterhof Salzstadel Fischerhäusern: 390f. Samson: 357 Sandacker: 471, 705 Sandgrube Kloster Allerheiligen: 22, 37, 43, 422, 428, 651 Sandgrube Emmersberg: 61, 85, 87, 105, 117, 145, 155, 187 Sanduhr: 113, 573–578, 581 Schäfer: 671 Schalcheneck: 346 Schellengasse: 22, 76, 120, 253–255 6FKLIÀlQGH )LVFKHUJlVVFKHQ I ± 6FKLIÀlQGH )UHLHU 3ODW] 6FKLIÀlQGH .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ *HUEHUEDFK I 6FKLIÀlQGH .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ 6FKPLHGHW|UOL 6FKLIÀlQGH 6DO]KRI /lXIHUJlVVFKHQ I 151, 284–286, 292, 311f. 6FKLIÀlQGH 6DO]VWDGHO Schindanger: 693 Schlachthaus: 381–384 Schleifen: 123, 249, 699 Schlüssel Neustadt: 674 Schlüssel Unterstadt: 311 Schmiedetörli: 126, 417–419, 421, 427 Schmiedstube: 144, 230, 448f., 451 Schneiderstube (Niedere Trinkstube, Rathaus Vordergasse): 22, 105–107, 119f., 144f., 152, 167, 227f., 263 Schopenhäusli: 699 222
Schuhmacherstube (Granate): 152, 355, 357f. Schulgasse: 79, 100f., 341 Schulhaus Kirchhofplatz: 26, 253–257 Schultheissenturm s. Fronwagturm Schützenstube (Bogenschützenhaus Schützengraben): 70, 111, 155, 167, 170, 172f., 176, 181f., 188, 340, 416, 533, 553– 557, 582, 584, 668 Schutzgatter (Schutztor, Schutzgatterbollwerk): 100, 122, 346, 361f., 369, 374, 522–525, 544, 573 Schutztor s. Schutzgatter Schwabentor s. Schwabentorturm Schwabentorturm (Neuturm, Bollwerk Sch.): 22, 97, 105f., 117, 122, 145f., 150f., 155, 167, 175f., 197, 361, 387, 499, 522, 548, 552f., 556, 571, 573, 631–635, 638f., 641, 644–647 Schwarzer Stier: 96, 114f., 587, 590, 593, 597–600, 604 Schwarzes Rössli: 484, 486–489 Schwarztor (Schwarztorturm, Niedertor): 22, 24, 87, 89, 105, 117, 122, 129, 145f., 150f., 155, 176, 187, 266, 268–276, 284, 286, 385–387, 390, 470, 550, 647, 693 Schwarztorturm s. Schwarztor Schwedischer Thaler: 200, 587, 590, 602 Schweizerhalle s. Salzhof Schweizerhof s. Salzhof Schwenkkessel: 79, 81, 84, 329, 335, 339f., 653 Schwesternhaus (Freihof): 112, 564f., 568, 573–577 Seelhaus (Elendenherberge) Herrena.: 22, 160, 194, 657f., 660 Seelhaus (Elendenherberge) Gerberhof, Rheinstr.: 677f., 686 Seelhaus (Elendenherberge) Unterstadt: 160, 657 Siechenhaus s. Sondersiechenhaus Siechenkirche s. Dreikönigskapelle Silberberg: 76, 81–83, 89, 101, 129, 269–275, 314, 386, 389 Silberbrunnen: 131f., 132, 452 Silberner Brunnen: 238f. Silbernes Klöpferlein: 560f. Sondersiechenhaus (Altersheim Steig, Siechenhaus): 104, 115, 155, 160, 172, 176, 180, 187, 641, 701, 703, 705 Sonne: 581–583 Spendamtsschütte, ehem. Barfüsserkloster: 598–600 Spiren: 110, 161f., 168f., 174, 314f. Spital, neues S., ehem. Kloster St. Agnes: 94, 98, 172, 187, 192f., 253f., 368, 514, 519, 521–529, 547, 562, 567, 573, 670 Spital zum Hl. Geist, altes S., Posthof: 21f., 79, 83, 87f., 92, 94, 105, 117f., 145, 154f., 187, 192, 196, 433, 471–473, 482– 487, 490–492, 657, 703 Spitalbrunnen Posthof: 131 Spitalkirche, ehem. Kloster St. Agnes: 192, 521, 527 Spitalkirche zum Hl. Geist, Schwertstrasse: 56f., 75, 87, 129, 160, 183, 440, 446, 484, 486, 490–493 Spitalmühle, neues Spital (Mühle): 368f., 521–525, 573, 705 Spitalpfrundhaus, ehem. Kloster St. Agnes (Pfrundhaus): 98, 170, 514, 521
St. Agnes s. Kloster St. Agnes St. Johann (Stadtkirche): 16, 19–22, 24–26, 28f., 33–35, 37f., 47, 50–53, 56f., 61, 76, 82–84, 86f., 98, 105f., 117, 119f., 123, 130, 145f., 150f., 155f., 158–160, 163, 168, 174, 176f., 181– 190, 192, 194, 199, 227, 230, 232, 251–263, 265, 272, 278, 304, 316, 354, 358, 402f., 411, 428, 445, 449, 467, 479, 500, 503, 511, 513, 522, 562, 595, 610, 659, 668, 710 St. Lucia-Kapelle Buchthalen: 710 St. Wolfgangkapelle Ölberg: 160, 705 Stadtbibliothek s. Kabishaus Stadtburg (Goldfasan, Oberhaus): 22, 25, 37, 53–56, 61–63, 86f., 93, 102, 110, 174, 192, 387, 446, 462–468, 471, 490 Stadthaus s. Freudenquelle Stadtkirche s. St. Johann Stadtweiher: 145, 150, 155, 187 Steinbock: 84, 472, 476, 479, 482 Steinbruch Fulachtal: 199 Steinbruch Grueb s. Grueb Steinbruch Mühlenen: 85, 123, 145f., 155, 187, 199, 355 Steinbruch Mühlental: 84f., 117, 199 Stize: 84, 375, 377f. Stokarburg (Storchen): 448, 502, 511 Stokarhof: 15, 80, 100, 531f. Stokartrotte: 176f., 704 Storchen s. Stokarburg Störchlein Rheinstrasse: 130, 167, 196f., 248, 317, 486, 552, 653, 688, 692 Störchlein Vordergasse s. Tunnel Straussen: 83f., 109–113, 123, 200, 235, 298, 354–357 Strickmaschinenfabrik: 41, 399f., 405 Strohhof: 598 Stromschnellen s. Lächen Sulzsches Haus: 92f., 446f., 450f. Süsser Winkel: 197f., 235, 317, 461, 493f., 573 Talhof: 373, 522, 524 Täuberkapelle St. Johann: 163, 184, 189, 316, 354 Tellbrunnen: 130, 163 Teuchel s. Wasserleitung Mühlental Teuchelgrube: 693 Tiefer Keller s. Haberhaus Thiergarten: 132, 425 Tigertier: 672 Trauben Vordergasse 70 (Glas): 230, 448, 511 Treu: 72, 81, 101, 139, 141, 162, 196f., 249f., 481, 626, 656 Tulipane: 249, 251 Tunnel (Finsterer Sternen, Leopard, Störchlein): 78, 152, 174, 231, 233, 248 Turm am Ort (Gölin Turm): 16f., 22f., 25, 47, 79f., 83, 87, 93, 95, 105, 124, 167, 175f., 184, 197f., 441, 446, 452, 458, 470, 492, 494–502
7XUP ]XP .HI¿ %RJHQWRU I Ufenau: 604f. Undurft (Römerturm): 105f., 117, 129, 145, 155, 187, 273, 385–389 Unruh: 80, 573–575, 578 Untere Fels: 81, 101, 129, 168f., 174, 266, 270, 311, 314f. Untere Rose: 677, 686 Untere Sanduhr: 165, 373, 573–577, 703 Unterer Jordan: 691 Unterer Lindenhof: 677–678, 686 Unterer Wachholderbaum: 525, 560 8QWHUHV +|ÀL I Unteres Klöpferlein: 526, 529 Unterhaus: 111, 167, 261–263 Unterhof: 233, 588 Urrind: 633f., 636f. Velostation: 146, 646f. Versöhnung s. Gerbe Vordere Farb s. Bären Feuerthalen Vorderer Maulbeerbaum: 358 Vorderer Stadthof: 697 Vorderer wilder Mann Unterstadt: 65, 78, 81, 111, 328–335, 337, 339 Vorstadt 61, ohne Namen: 634 Vulkan: 693f. Vulli s. Fülli Wagen: 404f. Wagenburg: 192, 196, 199, 485f., 488 Wasserleitung Vordergasse: 28–30, 37, 47f., 61, 447, 449–451 Wasserleitung Mühlental (Teuchel): 61, 72, 87, 105, 117, 145, 155, 182, 187, 471, 667, 671, 674 Waschhaus Adler: 643 Waschhaus Bogenstrasse: 554f. Waschhaus Bretterhof: 383 Waschhaus Gerberplatz: 344, 346f., 349, 419, 655 Waschhaus Herrenacker: 419, 654f. Waschhaus Pfrundhausgasse: 526f. Waschhaus Platte: 348, 377, 655 Waschhaus Repfergasse: 419 Waschhaus Salzhof: 419 Waschhaus Schmiedetörli: 419 Waschhaus Unterstadt 43: 348 Waschhaus Vordersteig 2: 701 Waschhaus Webertörli: 419, 568, 573 Wasenplatz: 693 Wasserhof s. Hofmeisterei Webergasse 15, ohne Namen: 578 Webergasse 40, ohne Namen: 584f. Weberstube s. Alte Weberstube
223
Webertörli: 71, 100, 122, 150, 277, 390, 411, 524, 544, 564, 568–573, 579, 640f., 696 Weberturm: 564, 568f., 571f. Wegeisen: 163, 445, 449 Weidenbaum: 238f., 651 Weidenstock: 561 Weiher s. Stadtweiher Weinberg: 345, 349f. Weingarten: 391, 397 Weisse Rose Münstergasse: 238f. Weisse Rose Roseng.: 198, 200, 656, 679f., 681f., 683, 686 Weisser Ochsen: 57 Weisser Schlüssel: 112f., 116, 318–321 Weisser Trauben Beckenstube: 650, 652 Weisser Trauben Vorstadt: 28f., 552 Weisses Eck: 130, 359, 375 Weisses Rössli: 579 :HLVVHV 6FKlÀL I Weltkugel: 587, 590, 597f. Werkhaus s. Haus der Wirtschaft Werkmeisters Haus: 667, 670 Widder-Barbakane: 555, 573, 644, 646f. Wilder Mann Fronwagplatz: 495, 500
Winde: 75, 113, 116, 129, 285, 290, 292–294, 296, 311–313 Winkel Beckenstube: 653 Winkel Neustadt: 460–462 Winkel Vordergasse: 230, 578 Wirbelberg: 714 Wörth Rheinfall: 15 Zeughaus, altes, beim Kolbentor: 417, 420f., 571 Zeughaus im Rathaus, s. Rathaus Zeughaus Beckenstube (Regierungsgebäude): 651, 653f., 670 Zeughaus Frauengasse: 155, 181, 187, 441 Zeughaus Herrenacker (Werkhaus): 145, 152f., 387, 661, 669f. Ziegelhof s. Ziegelhütte Ziegelhütte Aazheim Neuhausen: 683 Ziegelhütte Hemmental: 179 Ziegelhütte Hofstetten Neuhausen: 683 Ziegelhütte Mühlentor: 179, 611, 683, 693 Ziegelhütte Mühlenquartier: 353 Ziegelhütte Rosengarten: 179, 419, 683, 693 Zimmetbaum: 81, 344, 350f. Zuber: 234f. Zwetschgenbaum: 171, 318, 329, 344, 347
$EELOGXQJVQDFKZHLV $OOH IDUELJHQ /XIWDXIQDKPHQ +DQVXHOL .UDSI '|UÀLQJHQ Ansicht Schaffhausens von Joh. Jacob Mentzinger 1644, Ausschnitte (Bd. II, Einleitung der Quartiere A–N): Universität Bern Archäologischer Dienst des Kantons Bern: Abb. 30 Selwyn Hoffmann, Schaffhausen: Abb. 636 Peter Jezler, Schaffhausen: Abb. 309 .DQWRQDOH 'HQNPDOSÀHJH = ULFK $EE Peter Kunz, Stiftung Feuerwaffen, Schaffhausen: Abb. 214 Museum zu Allerheiligen Schaffhausen: Abb. 1, 39, 58.5, 61, 111, 158.3, 284, 291 ProSpect, Valentin Homberger, Schaffhausen: Abb. 36, 37, 41, 65, 170, 171 Rosgartenmuseum Konstanz: Abb. 135 sh_ift, büro für gestalterische angelegenheiten Schaffhausen: Abb. 57, 74, 81, 202, 211 Staatsarchiv Schaffhausen: Abb. 5, 60, 101, 127, 138, 154, 155, 165, 213, 377, 633, 660, 695, 919 Stadtarchiv Schaffhausen: Abb. 6, 7, 27, 55, 72, 76, 104, 105, 108, 110, 112, 116, 122, 128, 130, 144, 161, 220, 222, 224, 230, 233, 249, 251, 255, 258, 259, 290, 292, 297, 304, 310, 313, 316, 317, 324, 325, 342, 430, 431, 483, 487, 500, 501, 531, 537, 542, 545, 548, 619, 693, 825, 826, 869, 876, 929, 950 Stadtbibliothek Schaffhausen: Abb. 386, 986 Württembergische Landesbibliothek Stuttgart: Abb. 19 alle übrigen Abbildungen: Kantonsarchäologie Schaffhausen 224
Kurt Bänteli Katharina Bürgin
Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900 P
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Kleinere Archäologische und Baugeschi Untersuchungen bis Ende 2013
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R h einu f er str a sse
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Erwähnte Häuser ohne eigene Fundstellennummer
2 7 0 3 0 7 5
R h einu f er str a sse
1 0 3 1 8 3 5 0
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Entspricht Fundstelle 1.230 vgl. Fundstellenverzeichnis S.@
Grossflächige Archäologische und Baugeschi Untersuchungen bis Ende 2013
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Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900
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II/II
Schaffhauser Archäologie 11
Band II/II
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Quartier
Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900 Band II/II Kurt Bänteli Mitarbeit: Katharina Bürgin
1
Schaffhauser Archäologie 11 Monographien der Kantonsarchäologie Schaffhausen 2 Bände Schaffhausen 2017
Die Publikation haben durch Beiträge ermöglicht: Druck: Stadt Schaffhausen Visualisierungen sh_ift: Stiftung Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte, Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung, Basel
Konzept und Text: Kurt Bänteli Gestaltung, Pläne und Fundfotos: Katharina Bürgin Lektorate: Andreas Heege, Archäologe, Zug; Hans Ulrich Wipf, Historiker, Schaffhausen Redaktion: Elke Jezler, Schaffhausen Druck: Unionsdruckerei AG, 8200 Schaffhausen Einband: BUBU AG (Buchbinderei Burkhardt), 8617 Mönchaltdorf
© 2017 Baudepartement des Kantons Schaffhausen, Kantonsarchäologie ISBN 978-3-9523689-3-0
2
Inhaltsverzeichnis Band I Geleitwort des Regierungspräsidenten und des Stadtpräsidenten Geleitwort des Kantonsbaumeisters Vorwort und Dank des Verfassers Aufbau und Benutzung des Buchs
Anhang 6 6 7 11
I. Erforschung der Stadt als Generationenprojekt Die Stadtentwicklungstheorien von Rüeger, Harder, Bächtold und Schib
15
Der lange Weg zur Stadtarchäologie
18
Eine neue Stadtgeschichte nach 32 Jahren Forschung am Objekt
Plan- und Bildquellen und weitere, nicht in jedem Fall eigens angemerkte Grundlagen
203
Abkürzungen in Text und Tabellen
204
Abkürzungen von Quellen, Institutionen und Literatur 204 Literatur
205
Verzeichnis der Fundstellen
214
Register der behandelten Häuser und wichtigsten Örtlichkeiten
217
Abbildungsnachweis
224
23 Beilagen 1–3
Ausblick und Perspektive für die künftige Stadtkernforschung
26
Der archäologische Stadtrundgang
28
im Umschlag hinten
Band II
II. Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550
III. Stadtentwicklung 1045–1900 nach Quartieren und Fundstellen
Älteste Siedlungsspuren und nellenburgische Anfänge 7. Jahrhundert bis 1045
A. Quartier St. Johann und Fischmarkt
226
33
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% 4XDUWLHU )UHLHU 3ODW] XQG 5KHLQEU FNH í Unterstadt und Bachbrücken
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D. Quartier Kloster Allerheiligen
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E. Quartier Markt, Oberstadt und Spital
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F. Quartier Kloster St. Agnes
512
G. Quartier Rindermarkt (innere Vorstadt)
530
H. Quartier Repfergasse und Webergasse
558
I. Quartier Barfüsserkloster
586
J. Quartier Vorstadt (äussere Vorstadt)
606
K. Quartier Herrenacker und obere Neustadt
648
L. Quartier Grueb und untere Neustadt
676
M. Quartier Mühlen
698
N. Quartier Steig, Ölberg und Griesbach
700
O. Quartier Emmersberg und Buchthalen
706
P. Mogern, Geissberg, Berslingen
712
Ruhige Jahrzehnte bis zum Stadtausbau in ]lKULQJLVFKHU =HLW í Stadtstruktur, Barfüssermönche und Blütezeit GHV %HQHGLNWLQHULQQHQNORVWHUV í
Letzte Stadterweiterung, Rathaus und %DXYRUVFKULIWHQ í
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A. Quartier St. Johann und Fischmarkt Älteste, vorstädtische Siedlung an der alten Landstrasse mit der ums Jahr 1000 entstandenen Leutkirche St. Johann.
1.217 Vordergasse 51/Schneidergang 7 «Schneiderstube» Trinkstube, Rathaus, Zunfthaus der Schneider, Wohnhaus, Bohlenstube Literatur: Bänteli 2011, S. 37–39; Pescatore/ Stamm 2010, S. 225–231; SN 06.07.1984, S. 13; Frauenfelder 1961, S. 147–151; Frauenfelder 1951, S. 253f. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 68. Die Renovationsarbeiten am Haus wurden ]ZDU PLW %HJOHLWXQJ GHU 'HQNPDOSÀHJH aber noch ohne Bauforschung durchgeführt. Trotzdem lassen sich hier eine ganze Reihe weiterführender Erkenntnisse vorlegen. Nach der Datierung der unten besprochenen Bohlenstube wurde die heutige «Schneiderstube» 1343 an den Fischbänken, am Fischmarkt, vor dem Friedhof der Leutkirche gebaut. Sie wurde als Gesellschaftshaus für die Niedere Adelsgesellschaft errichtet; die Obere Adelsgesellschaft hatte ihre Trinkstube in der «Herrenstube».1 In den Schriftquellen erscheint das Haus von den 1380erJahren an als niedere Trinkstube,2 1398 als rauthus, daz man vormalz genempt hett, die nider drinkstuben3 und 1402 als Rathus4. Damit ist es das erste gesicherte Rathaus der Stadt.5 Die traditionelle Überlieferung eines ersten Rathauses in der Sporrengasse ist unsicher.6 Plausibler 1 Schultheiss 2011; Frauenfelder 1961, S. 155. 2 Mommsen 1989, S. 215; Schib 1967, S. 252; STASH UR 1/1318. 3 StadtASH A I/1500. 4 StadtASH A II.05.01.004/16 1402–1403: Buw Item VI lb Henni Sporer umb Isen-Bayen im Rathus; zum Rathaus siehe S. 106. 5 Bänteli 2011, S. 37–39. 6 Rüeger 1884, S. 380; Frauenfelder 1945a, S. 9. 7 Landolt 2004, S. 468, Anm. 2041; oben, S. 106. 8 STASH Zünfte 44/2493, 1414 Januar 18 (Standort Original: Privatbesitz Vorarlberg): Bürgermeister und Rat verkaufen das Nider Rathus, gelegen zwischen Wilhelm Im Thurn und Berchtold Goldschmid, an die Schneiderzunft für 250 Gulden. 9 Zur Datierung siehe S. 109.
scheint die Überlegung, dass der Rat zunächst im Haus des Schultheissen am Markt tagte (1.059), später wohl in den beiden Trinkstuben des Adels.7 Auf den ersten Blick macht die Fassade in den drei Obergeschossen mit geschossweise je drei übereinander angeordneten Fenstern und grauen, barocken Fensterfassungen einen einheitlichen Eindruck (Abb. 203). Bei näherer Betrachtung lassen sich aber verschiedene Veränderungen erkennen. Beispiellos für Schaffhausen ist die Befensterung der Ratsstube im 1. Obergeschoss. Die vermeintlichen Zweierfenster mit ihren ausserordentlich breiten und tiefen Gewänden bilden ein einziges, zusammengehörendes Fensterband. Das mittlere Fenster ist durch je fünf einzelne Steine mit den seitlichen Fenstern verkuppelt; an den Rändern bestehen die Gewände aus vier einzelnen Steinen (Abb. 136). Auch der Pfosten des mittleren Fensters ist original, wie seine breite Fase verrät, während die beiden seitlichen Pendants zusammen mit neuen Fensterbänken nachträglich eingesetzt worden sind. Sie besitzen Hohlkehlen mit geschrägtem Auslauf, wie ihn die Fenster des Konventhauses am Platz von 1457 (1.062, S. 600) aufweisen. Die Gewände im 2. Obergeschoss zeigen dagegen feine Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf, die etwa den Rathausfenstern von 1412/13 im Bogentrakt entsprechen (1.199). Sie stammen folglich vom Umbau des ehemaligen Rathauses durch die Schneiderzunft, die das Haus 1414 erwarb.8 Der Kauf war nur zwei Jahre nach der Verlegung des Rathauses ins alte Kaufhaus (1.199) erfolgt. Deutliche Unebenheiten zeigen an, dass die Fenster im 2. Obergeschoss ursprünglich Kreuzstöcke besassen, die wie an vielen anderen Orten (1.060; 1.254 und 1.262) entfernt worden sind. Die Fenster im 3. Obergeschoss mit Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf passen wiederum gut in die Bauzeit und zur Fenstergruppe aus der Zeit von 1318/1354.9 Ihre Stürze, die mit dem Einbau des barocken Dachstuhls mit Dachgesims wohl beim Umbau 1617 tiefergelegt worden sind, bestehen 227
Dendrodatierung 1.217 Vordergasse 51 «Schneiderstube»10 Bauphase
Ort
Ratsstube 1343
Eckständer, Türpfosten Deckenbalken
Holzprobe 11–15 1–4
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Holzart Anzahl Splintjahre) 1329 (–), 1332 (7), 3 x 1342/43 WK (13, Eiche 14, 15) 1339, 3 x 1340/41 WK Fichte
hingegen aus Kalkstein (Abb. 308). Identische Fenstergewände mit Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf sind auch in der Südfassade in allen Geschossen vorhanden; im 2. OG über dem Schneidergang ist der Ansatz eines Mittelpfostens am Sturz gut erkennbar. Einzigartig in der Hauslandschaft ist die originale Stube von 1343 im 1. Obergeschoss, nidere Stube oder Ratstube genannt.11 Die Bohlenstube besitzt HLQH *UXQGÀlFKH YRQ P2 (9 m in NS und 7 m in WO) (Abb. 137). Von den Wänden blieben die eichenen Eckständer und die rundbogige Bohlentüre mit dem Türpfosten erhalten (Abb. 238), während die Wandbohlen und die Mittelständer weitgehend rekonstruiert worden VLQG 5HVWH HLQHV EXQWHQ 5DQNHQJHÀHFKWHV PLW Blumen am östlichen Rähmbalken zeigen, dass die Wände ursprünglich locker bemalt waren (Abb. 309). Vollständig erhalten ist die leicht gewölbte Bohlenbälkchendecke. Ihre halbrunden Fichtenbalken besitzen im Zentrum und gegen die Enden hin einfache runde Schildchen, die wohl früher ebenfalls bemalt waren. Die Fenster mit ihrenVeränderungen haben wir bereits besprochen; spannend ist der Beleg aus den Stadtrechnungen, dass sie noch Anfang des 15. Jahrhunderts mit Linlachen, Leintüchern, verschlossen waren. Erst gegen 1420 kamen Glasfenster auf.12
Abb. 308 «Schneiderstube» (1.217). Blick aus dem 3. OG. Das Fenstergewände aus Sandstein mit Fase und beidseitig gekehltem Auslauf stammt von 1343, der Sturz aus Kalkstein wurde um 1600 mit dem Einbau des neuen, barocken Dachstuhls mit Dachgesims tiefergelegt.
228
Bei der Analyse der Fassade haben wir gesehen, dass die «Schneiderstube» von Anfang an ein viergeschossiger Bau war. Deshalb spricht nichts dagegen, dass auch der Festsaal im 2. Obergeschoss bereits von Anfang an zum Haus gehörte. Er QLPPW GLH JDQ]H *HVFKRVVÀlFKH HLQ XQG LVW PLW seiner Raumhöhe von 3 m einen halben Meter höher als die anderen beiden Obergeschosse. Bemerkenswert ist seine um 1730 gefertigte Stuckdecke, deren Schöpfer noch unsicher ist.13 Darüber im 3. Obergeschoss lag die Wohnung des Verwalters. Dieser wird wenig später für das neue Rathaus in den Stadtrechnungen fassbar, zusammen mit seinen Ratsknechten, von denen .QHFKW 9LÀL EHUHLWV LQ GHU niederen Trinkstube seinen Dienst versehen hatte.14 2010 liess sich im Schneidergang kurzzeitig die von derVerschalung freigelegte Erdgeschossdecke beobachten. Sie scheint in der ganzen Haustiefe HLQKHLWOLFK ]X VHLQ XQG ELOGHW GLH $XÀDJH GHU Bohlenstube aus dem Jahr 1343. Sie liegt an der Ostwand (wohl auch an der Westwand) auf einem Streifbalken mit Konsolsteinen aus Sandstein auf. Dies ist die gleiche Lösung wie sie auch noch 1412 beim Rathausbogen gewählt wurde (1.199). Die Decke zeigt von unten die im Mittelalter typische Dreiteilung der Hausgrundrisse an. Eine isolierende, eng verlegte Bohlenbalkendecke in der strassenseitigen Haushälfte gehört zur Stube. Im Zentrum, im Bereich der Rauchküche, ist eine Balkendecke mit Bretterboden auf 6,5 m Länge vorhanden. Gegen hinten besteht schliesslich eine weitere Bohlenbalkendecke auf einem kurzen Abschnitt von 2,3 m als Bereich einer kleinen Kammer, in diesem Falle vielleicht jene des Stadtschreibers, verbunden mit dem Archiv und Zugang zum Treppenhaus und zur Latrine. In den Stadtrechnungen sind einige dieser Räume und Einrichtungen genannt, so Kachelofen und Kamin, das Stübli (Untersuchungsgefängnis), die Gruob (Latrine) sowie eine 1408 neu eingebaute Kammer.15 Das Erdgeschoss war eine offene Halle, die verschiedenen Funktionen dienen konnte, etwa als Warteraum, Kaufhalle, vielleicht auch für die Eichmasse des Fischmarktes.16 Noch 1481 waren in dieser Halle des ehemaligen Gerichtshauses Lastersteine angebracht, welche diebische und verleumderische Frauen durch die Stadt tragen
A mussten.17
Sicher diente die Halle als Durchgang über das Schönmaiengässchen zur Münstergasse und später direkt zum Münster. Der eigentliche Schneidergang mit der abgetrennten Leichenhalle der Schneider im heutigen Ladenbereich könnte im Rahmen des Umbaus von 1617 entstanden sein. Aus jener Zeit stammen vermutlich die vier zeittypischen Fassadenstützpfeiler aus Kalkstein mit jeweils einem Kalksteinbogen; der mittlere war als Laden ausgebildet.18 Aussen an der Südfassade am Schönmaiengässchen lagen das Treppenhaus und an der Südwestecke der Latrinenschacht, die mit dem Hinterhaus 1965 abgebrochen wurden (Abb. 310).19
10 LRD 92/R3191. 11 StadtASH A II.05.01.001/27 1396–1397: Item III lb IIII s dem Westerman von der nidern Stuben ze beholtzen; StadtASH A II.05.01.002/58 1401–1402: Item VII lb dem Ziegler von der Ratstuben ze haitzen. 12 StadtASH A II.05.01.005/33 1403–1404: Item VIII s IIII d umb Linlachen zun Venstern in die Ratstuben; Bänteli 2014a, S. 66. 13 Frauenfelder 1956; Frauenfelder 1961, S.151. – Stilmässig ist die Stuckdecke eher Johann Jakob Schärrer zuzuschreiben. 14 Bänteli 2011, S. 37f., S. 45f. 15 Bänteli 2011, S. 37f.; StadtASH A II.05.01.002/58 1401–1402: Item IIII s Hainin Haffner vom Offen in der Rautstuben; StadtASH A II.05.01.007/079 1408– 1409: Item I lb IIII ½ (?) s umb Tiln in die Rautzkammer; StadtASH A II.05.01.005/26 1403–1404: Item V ½ lb XVI d von der Gruob in dem Rathus ze rumentt. Item III s dem Haffner von dem Ratoffen; StadtASH A II.05.01.003/46 1402–1403: Item VI lb Henni Sporer von dem Stüblin im Rathus; StadtASH A II.05.01.007/027 1408–1409: Item II ½ lb IIII s dem Werchmaister von acht Tagwan im Rathuss, als man die Tiln bestiess und man die Wand in der Kammer fuotert. 16 Grundsätzlich zur Funktion des mittelalterlichen Rathauses: Untermann 2009, S. 204. 17 Rüeger 1884, S. 362, Anm.18; Frauenfelder 1945a, S. 10. 18 Bürgerhaus 1946, S. 68, Tafel 60. 19 Hinterhaus 1965 abgebrochen, StadtASH J 02.01.210.04/093–095; Frauenfelder 1945b.
1.145 Vordergasse 45 «Glocke» Sickergrube Literatur: Frauenfelder 1951, S. 288. Beim Abtiefen der Liftschachtunterfahrt bis 1,5 m unter den Kellerboden kam 1991 die Südwestecke einer neuzeitlichen Sickergrube zum Vorschein. Diese ist rechteckig oder quadratisch und liegt nicht, wie sonst meistens, an der hinteren Hausseite sondern im vordersten Hausdrittel, etwa 6 m von der Hauptfassade entfernt. Das gemörtelte und zweihäuptige Kalksteinmauerwerk zeigt innen die latrinentypischen humosen, fäkalen Ablagerungen. Die Grube wurde bei der Ausserbetriebnahme mit Kies und Kalksteinen gefüllt.
Abb. 310 U «Schneiderstube» (1.217). Aussen an der Südfassade gegen das Schönmaiengässchen zeigt sich 1965 nach Abbruch des Hinterhauses in der Mitte der Abdruck des Treppenhauses und links unter dem Fenster der Latrinenschacht. Abb. 309 UY «Schneiderstube» (1.217). Reste eines bunten Rankengeflechts mit Blumen am östlichen Rähmbalken zeigen, dass die Wände ursprünglich locker bemalt waren, vgl. Abb. 137.
Die Unterscheidung der Häuser «Glocke» und «Obere Glocke» wird beim Werkhaus besprochen (1.186, S. 668). 229
1.256 Vordergasse 53 «Peyerhof» Sickergrube
1990 der Bereich vor der Kirche St. Johann bzw. vor ihrem südlich vorgelagerten Friedhof.
Hausinventar: IBID, Annina Lanfranconi, Zum Peyerhof, April 2009.
Die Vordergasse, älteste Strasse der Stadt, erhielt ihren Namen erst im 18. Jahrhundert.20 Sie hat heute in diesem 95 m langen Abschnitt eine regelmässige Steigung von etwa 2,1 m. Diese ist damit geringer als im oberen Abschnitt (1.215), aber etwas steiler als im unteren Abschnitt der Vordergasse (1.119). Das anstehende und weitgehend abhumusierte Terrain verläuft hinJHJHQ HWZDV ÀDFKHU XQG OLHJW LP :HVWHQ XP P LP 2VWHQ QRFK XP P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH Darüber liegen die mittelalterlichen Kieskoffer der Reichsstrasse. Sie sind manchmal hart gepresst und von unterschiedlicher Qualität, farblich von fast weiss über graubraun bis ganz schwarz und im Material von eher sandig über kiesig-sandig bis zu ganz kiesig. Die letzte Materialgruppe ist zum Teil mit Kieseln von bis zu 15 cm Grösse durchsetzt. Das Ganze bildet ein bis zu 1 m dickes Paket, in dem sich mindestens 5 bis 7 Aufkofferungen aus der Zeit des 11. bis 14. Jahrhunderts feststellen lassen. Die untersten Schichten sind am meisten verschmutzt, VFKZlU]OLFK WHLOZHLVH WRU¿J KXPRV OHKPLJ ]XP Teil mit Holzkohle, kleinen Hölzchen und Tierknochen durchsetzt. Bemerkenswert sind ein lokaler Brandhorizont in 1,4 m Tiefe vor den Häusern «Grünes Fass» und «Winkel» (Vordergasse 57/59, 1.232) sowie eine lokale 3ÀlVWHUXQJ LQ P 7LHIH DXV %ROOHQ XQG vereinzelten Kalksteinen auf der Grenze der Häuser «Glocke» (1.145) und «Glas» (VorderJDVVH $XI GHP 1LYHDX GHU 3ÀlVWHUXQJ (393.20 m ü. M.) liegt der Sandsteinplattenboden der gegenüberliegenden romanischen Leutkirche St. Johann III aus der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts.21 Der älteste Mörtelgussboden der Kirche St. Johann I aus der ersten Jahrtausendwende liegt gut 60 cm tiefer auf Kote 392.54 m ü. M.,22 20–30 cm höher als die unterste Strassenkofferung.
Die Umbauarbeiten des Jahres 2010 zeigten, dass nur noch aus jüngerer Zeit wenige baugeschichtlich relevante Teile erhalten sind. Im jetzigen .HOOHU ¿QGHW VLFK E QGLJ PLW 6 GIDVVDGH XQG Brandmauer zur «Schneiderstube» (1.217) hin ein kleiner, rechteckiger Gewölbekeller mit Innenmassen von 2,9 x 3,6 m. Er diente ursprünglich als Sickergrube des Hauses, die nach ihrer Ausserbetriebnahme zum Keller geschlagen wurde.
1.232 Vordergasse 59 «Winkel» (Vordergasse 61 «Schmiedstube») Wohnhaus, Zunfthaus Schmiede Literatur: Pescatore/ Stamm 2010, S. 248–251; Frauenfelder 1951, S. 254–256; Frauenfelder 1961, S. 151–155. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur Schmiedstube, Vordergasse 61, Sept./Okt. 1996. Eine Begehung während der Renovation 2010 zeigte nur im 2. Obergeschoss vom Verputz befreites Mauerwerk. Die Brandmauer gegen die Schmiedstube hin besteht aus Kalkbruchsteinmauerwerk im Charakter des 14. Jahrhunderts, zu dem wohl auch die Deckenbalken in diesem Geschoss gehören. Bei der Werkleitungssanierung 2007 zeigte sich, dass das Mauerwerk der Schmiedstube bis 60 cm unter die GassenREHUÀlFKH DXV ZRKO lOWHUHP %ROOHQVWHLQ mauerwerk besteht und Spuren eines Brandes aufweist (vgl. Vordergasse 1.215).
1.118 Mittlere Vordergasse, Hausnummern 41–59 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O %UXQQHQ .DQDO Stadtkirche St. Johann Literatur: IVS SH 8.3; Hauser 1996, S. 363, S. 410; Wipf 1992, S. 59; Bänteli 1990; Ruckstuhl 1990, S. 15, S. 122–123; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 285–293; Rüedi 1945, S. 202–206. Bildquellen: Grütter 2005, S. 68f., Kat. 68–79, S. 168f., Kat. 446.; Elsener/Weigele 2005, S. 70, Kat. 116. Die Sanierung der Werkleitungen in der mittleren Vordergasse erfolgte in zwei Etappen: 1988 der obere Abschnitt um den Fischmarktbrunnen, 230
Auf die Strassenkoffer folgt, noch etwa 50 bis FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH OLHJHQG GHU 6DQG GHU lOWHVWHQ 3ÀlVWHUXQJ DP )LVFKPDUNW GLH LQ GHQ Stadtrechnungen 1411/12 erscheint.23 Vor der «Schneiderstube» (1.217) liegt das auf der Nordseite freigelegte massive Kalksteinfundament des Fischmarktbrunnens24, der im Peyerplan von 1820 noch eingetragen ist. Es ist 4,8 m breit und springt 6,4 m in die Gasse vor. Der Brunnen wurde 1840 abgebrochen. Gleichzeitig wurde der aus Kalksteinen gemauerte, überwölbte und begehbare Abwasserkanal LQ GHU 9RUGHUJDVVH JHEDXW GHU LP 1RUGSUR¿O GHV neuen Werkleitungsgrabens freilag.
A 1.212 Vordergasse 52/54 «Krone»/«Goldener Hirschen» Wohnhaus
1.133 Vordergasse 56 «Tunnel» Wohnhaus, Kernbau, Fenster Literatur: J. J. Rahn 1889, S. 225f.; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 429f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 82, Kat. 212, S. 125, Kat. 55, S. 126, Kat. 66/67.
Literatur: Hauser 1996, S. 411f.; Frauenfelder 1951, S. 292; Schib 1942, S. 13. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 66. Bildquellen: Grütter 2005, S. 76, Kat. 62; Elsener/ Weigele 2005, S. 70, Kat. 116, S. 81, Kat. 147, S. 116, Kat. 255.
Das Haus «Zum Tunnel» hiess anfänglich «Finsterer Sternen», dann auch «Leopard» und «Störchlein». Mit seinem Kielbogen über dem Durchgang zum Tunnelgässchen und zwei spätromanischen Doppelfenstern im Hinterhof beeindruckte das Haus bereits frühere Forscher. Aber erst seit den Werkleitungserneuerungen von 2009 zusammen mit einer Begehung von Erd- und Untergeschoss und einer Dokumentation der ostseitigen Fenster 2013 lässt sich seine Baugeschichte grob skizzieren.
An Stelle der beiden Häuser wurde 1941/42 ein Neubau errichtet. Bei den Abbrucharbeiten kam eine Bollensteinmauer mit opus spicatum zum 9RUVFKHLQ GLH IRWRJUD¿VFK GRNXPHQWLHUW ZXUGH Eine Lage besteht aus Kalksteinen, die sonst nur vereinzelt vorkommen. Vermutlich handelt es sich bei der Bollensteinmauer um die west-östlich verlaufende nördliche Kellermauer der «Krone». Eine weitere Bollensteinmauer mit opus spicatum, aber ohne Kalksteinanteil steckt in der westlichen Brandmauer des Hauses «Zum goldenen Hirschen» (s.a. «Tunnel» 1.133). Dieses Haus war 1489 abgebrannt. Die anschliessende Klärung der Besitzverhältnisse und die Diskussionen über den Wiederaufbau und die Baurechte gegenüber den Nachbarn haben im Urkundenbestand baugeschichtlich interessante Spuren hinterlassen, deren nähere Würdigung noch aussteht.25
Der älteste Bau: Haus eines reichen Bürgers um 1200 Im Untergeschoss ist im hinteren Hausteil ein ältestes Steinhaus noch weitgehend erhalten. Es nahm etwa 40 % der Haustiefe ein (Abb. 311). Mit seinem Grundriss von 6,5 x 8,5 m und einer ,QQHQÀlFKH YRQ P2 passt es ausgezeichnet in die Gruppe der halbunterkellerten Rechteckbauten des Typs B.26 Das Mauerwerk ist etwa 12 m hoch erhalten. Somit besass das Haus ursprünglich drei Geschosse über einem halb eingetieften Keller. Von der Südwand sind nur Reste im Keller erhalten, zusammen mit beiden Pfosten des Türgewändes aus Randengrobkalk. Die Wandreste bestehen aus Mischmauerwerk von Kalkund Bollensteinen, wobei letztere überwiegen. Das Mauerwerk ist in pietra rasa mit Fugenstrich verputzt. In der Ostwand beschreibt Rahn 1889 ein rundbogiges Doppelfenster mit Halbsäule
Frauenfelder 1966, S. 10. Bänteli 1990, S. 42. Bänteli 1990, S. 24. StadtASH A II.05.01.011/167 1411–12: Item XL lb V ß IIII d dem Tanyel und karrern vom besetzen am Vischmarkt; A II.05.01.011/174 1411–12: Item III lb VIIII ß wz man schuldig beliben by dem besetzen am Vischmarkt. 24 Rüedi 1945, S. 202–206. 25 STASH, UR 1/3353, UR 1/3364. 26 Bänteli 2010c, S. 86. Tunnelgässchen
20 21 22 23
Latrine
Kernbau
Hypothetische Baualter:
2. Hälfte 13. Jh. Tunnel nach Stadtbrand 1372 1
5m
N
Krone
434
0
58
Portal mit Eselsrücken
1. Hälfte 13. Jh. Kaufleutestube 1. Hälfte 13. Jh. Hirschen
Hirschen
1.215
um 1200 Kernbau
1.212 alter Grundriss Keller
Tunnel
Strassenkoffer im Gang
Kaufleutestub e
Bohlenwand
Kronengässchen
Brunnen
56
54
1.215 Vordergasse
52
Abb. 311 «Tunnel» (1.133). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
231
Abb. 312 «Tunnel» (1.133). Ostfassade. Das romanische Fenster im 2. OG ist noch sichtbar, jenes im 1. OG verdeckt und rekonstruiert, nach einer Aufnahme von Hans Wilhelm Harder (M 1:50), vgl. Abb. 87 und 313.
und Blattkapitell, das Harder skizzierte.27 Es ZXUGH VSlWHU DXFK IRWRJUD¿VFK GRNXPHQWLHUW XQG lag demnach bei der Nordostecke. 1951/52 wurde es durch den Saal des Kronenhofs verbaut (Abb. 87, 312 und 313). Ebenfalls aus der Zeit um 1200 stammt das im zweiten Obergeschoss darüberliegende Doppelfenster aus rotem Sandstein mit Kleeblattbögen. Seine Fensterbank besitzt ornamentierte Halbkugeln und Rosetten,
2. OG
OK Flachdach Kronenhof
1. OG
Abb. 313 «Tunnel» (1.133). Ostfassade. Rundbogiges Doppelfenster mit Halbsäule und Blattkapitell im 1. OG, vor dem Anbau des Kronenhofsaals 1951/52. Oben das heute noch sichtbare Fenster mit Kleeblattbögen, um 1200, vgl. Abb. 87 und 312.
232
wie wir sie nur noch vom Obertorturm kennen 'DQHEHQ ¿QGHW VLFK HLQ HWZDV M QJHUHV einfach gefastes Rechteckfenster mit beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1318/1354,28 ebenfalls aus rotem Sandstein. Vor diesem Kernbau ist im Fundamentbereich in 1,1 m Tiefe ein Strassenkoffer aus Kies vorhanden. Er enthält Fragmente früher Ziegel aus dem 12. Jahrhundert und Tierknochen. Die Bauarbeiter legten einige Ofenkacheln aus der Zeit um 1300 auf die Seite, die ebenfalls aus diesem Strassenkoffer stammen.29 Unklar ist, ob der Kieskoffer nur Teil einer stumpf vor dem Kernbau endenden Gasse ist, oder aber Teil eines Hausvorplatzes, der bis zur Vordergasse reichte und Beleg dafür wäre, dass es an dieser Stelle keinen hölzernen Vorgänger gab (vgl. 1.215). Erweiterungen der Hauszeile bis zur Strasse im 13. Jahrhundert In einem nächsten Schritt wurden die beiden Nachbargebäude errichtet, deren Fassaden nun die Vordergasse bilden (Abb. 311). Im strassenseitigen Keller unseres Vorderhauses liess sich 1985 gegen Osten die Brandmauer zum Nachbarn beobachten, eine Bollensteinmauer mit einigen Lagen grosser Steine und vielen kleinen Steinen, GLH ¿VFKJUlWDUWLJ LQ opus spicatum gemauert sind. Die ursprüngliche Südwestecke des 1489 abgebrannten Hauses «Zum goldenen Hirschen», das in der Folge neu gebaut wurde (1.212), zeigte sich 2007 bei den Werkleitungserneuerungen in der Vordergasse (1.215). Der Fundamentabsatz fällt mit dem erwähnten Kieskoffer des spätmittelalterlichen Strassenniveaus zusammen. Zudem ist hier ein Wechsel der Bollensteine des Fundamentes zu Kalk im Aufgehenden festzustellen. Beidseits springt die Gebäudeecke einen halben Meter weiter in die Gasse vor als heute (1.215/P6). Auch die Südostecke der ©.DXÀHXWHQVWXEHª ]HLJW LQ DOOHQ %HODQJHQ HLQ gleiches Bild (1.237). Zwischen diese beiden Nachbarn wird schliesslich unser steinernes Vorderhaus eingefügt, dessen Fassade nun aus reinem Kalkbruchsteinmauerwerk besteht und an der heutigen Stelle liegt.30 Stadtbrand 1372 und jüngere Veränderungen Einige der bisher beschriebenen Mauern zeigen mehr oder weniger intensive Brandrötungen, die offensichtlich vom Stadtbrand 1372 stammen, dem auch die Stadtkirche St. Johann zum Opfer ¿HO 31 Wie dort erstmals festgestellt,32 ist auch hier das Niveau deutlich angehoben worden. Ferner wurde das aktuelle Tor mit dem Kielbogen oder (VHOVU FNHQ HLQJHEDXW $EE 'LHVHU ¿QGHW gute Parallelen in den Türen im Chor von St. Johann IV, die seitlich zum Turm und zur Sakristei führen.33 Die beiden ursprünglichen rechteckigen
A Doppelfenster im 2. Obergeschoss mit tiefen Hohlkehlen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf von 1373/140334 passen ebenfalls gut in diese Zeit. In der Nordfassade ist über dem modernen Bogen des Gässchens ein stark überarbeitetes Dreierfenster aus dem 14. Jahrhundert (?) zu sehen, dessen geschrägter Sturz die Wölbung der ehemaligen Bohlenstube übernimmt. Von dieser blieb innen in der Ostwand QRFK HLQ SUR¿OLHUWHU %DONHQ HUKDOWHQ Eine Bohlenwand auf einem Steinfundament, von der noch Reste zweier aufeinanderliegender Schwellbalken im Boden liegen (Abb. 314), trennt den Gang vom schmalen Laden ab, der 1447 als «Cuonratz Goldschmids laden» genannt wird.35 Im 15. Jahrhundert war das damals «Finsterer Sternen» genannte Haus lange Zeit im Besitz der Familie Waldkirch, in ihren Anfängen Goldschmiede, die nach diesem Beruf nicht nur den Rufnamen führte, sondern auch einen goldenen Ring im Wappen trägt.36 Zeitweise war das Haus auch mit dem Hinterhaus «Roter Stern» an der Stadthausgasse 5 (1.255) verbunden. Ebenfalls in dieser Zeit zog man die Kellergewölbe ein. Die Längsmauer des Vorderhauskellers berücksichtigt das Gässchen bereits und ist in den
27 STASH, Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein 9. 28 Zur Datierung siehe S. 109. 29 KASH Inv. 75455–75458. 30 Werkleitungserneuerungen KASH Fdst. 1.215/P7. 31 Bänteli 1990, S. 47–50. 32 Bänteli 1990, S. 50f. 33 Bänteli 1990, S. 60. 34 Zur Datierung siehe S. 123. 35 StadtASH A II.05.01.090/124 1447–1447. 36 Häuserdatenbank. 37 Nur oberflächlich angeschnitten. 38 Rüeger 1884, S. 361 und S. 380f.
alten Strassenkies oder Vorplatz eingetieft. Der Keller im Hinterhaus wurde später nochmals tiefergelegt, worauf unterschiedliches Material der Kellertreppe hindeutet. Die vier Stufen, die zum Kellertor hinabführen, bestehen aus dem älteren Randengrobkalk, im Keller folgen dann zwei wohl jüngere Kalksteinstufen. Gleichzeitig mit diesem Kellergewölbe entsteht direkt anschliessend an die Nordfassade ein Fundamentklotz von 1,3 m Breite als Unterlage für einen Hofbrunnen und wiederum anschliessend eine quadratische Sickergrube von 2,5 m Seitenlänge, die fast die ganze Breite des Tunnelgässchens einnimmt.37 Und schliesslich dürften auch die ersten gemauerten Entwässerungskanäle im Gässchen und eine rechtwinklige Hauszuleitung aus dieser Zeit stammen. Die Fassade gegen die Vordergasse ist heute verstümmelt, abgesehen vom Durchgang und den erwähnten Fenstern im 2. Obergeschoss. Harder überliefert mit seinem Bild von 1837 noch die Ladenfront im Erdgeschoss mit einer Befensterung im 1. Obergeschoss aus dem 15./16. Jahrhundert, einem Halberker der Zeit um 1700 und darüber dem damaligen Hauszeichen, dem Storch. Rüeger beschreibt 1884 die Situation um 1600: Znechst under dem Hof [Unterhof, Stadthausgasse 11] ist das huss zum Finstern sternen, das hat einen durchgang bis an markt fürhin, der hat die rechtsamme, dass man in zuonacht bschliessen mag; in disem gang sind etliche hüser.38 Der Peyerplan 1820 zeigt diese nicht mehr existierenden Häuser im Gässchen mit dem Tor (1.231) genau in der Mitte des heutigen Tunnelgässchens, das nachts durch den Besitzer des «Tunnel» abgeschlossen werden konnte (Abb. 259).
2
1
Abb. 314 «Tunnel» (1.133). Werkleitungssanierung 2009. Südmauer des Kernbaus, 2. H. 12. Jh. (1), Bohlenwand des Gangs auf einem Steinfundament, nach 1372 (2).
233
1.231 Tunnelgässchen 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O Die Werkleitungserneuerungen von 2009 brachten nur marginale Ergebnisse. Die Grabarbeiten reichten nicht tiefer als 1,2 m und erreichten den gewachsenen Boden und die mittelalterlichen Niveaus nicht. Zum Vorschein kam abgesehen von den neuzeitlichen Planieschichten das wenig unter die Grabensohle reichende, 60 cm breite Fundament des Tores, mit welchem der Besitzer des Hauses «zum Tunnel» (1.133) das Gässchen abschliessen konnte.
9RUGHUJDVVH ©.DXÀHXWVWXEHª (Vordergasse 60 «Zuber») :RKQWXUP =XQIWKDXV .DXÀHXWHQ Abb. 315 «Pfauen» (1.264). Die Fenster des gegenüber dem «Ritter» gelegenen, wenig beachteten Hauses stammen im 2. OG aus der Zeit von 1318/1354, das 3. OG kam um 1457 hinzu. Die Staffelfenster rechts widerspiegeln die Wölbung der ehemaligen Bohlenstuben in allen drei Obergeschossen.
234
Literatur: Pescatore/Stamm 2010, S. 238–242; Mathis 2001; Hauser 1996, S. 412; Frauenfelder 1961, S. 155–160; Frauenfelder 1951, S. 39f., S. 256–259.39 Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 73. Bildquellen: Grütter 2005, S. 82, Kat. 212; Elsener/Weigele 2005, S. 158, Kat. 399. Bei der Erneuerung der Werkleitungen 2007 lag die Südwestecke des ehemaligen Turmes bis in eine Tiefe von 1,1 m frei.40 Sie besteht aus
mächtigen Kalkquadern und gehört zum Neubau von 1780. Gleiches gilt für die zugehörige Westmauer, die im Laden im benachbarten Haus «Zum Zuber» sichtbar ist und aus sehr regelmässigem Kalksteinquadermauerwerk besteht, das gut in die Zeit des Neubaus passt. Die Bildquellen von Beck und Harder zeigen gut 50 Jahre nach dem Umbau von 1780 Turm und Zunfthaus als reine Rekonstruktion, eingebettet in die noch bestehenden Nachbarhäuser. Das schöne Bild basiert auf der einzigen zeitgenössischen Darstellung des Turmes im Mentzingerplan von 1644, den Rüeger wie folgt überliefert: der turn am markt, bi den alten genant ½EL GHQ )LVFKEHQNHQ¾ LVW LHW]W GHU .RXÀ WVWXEHQ turn.41
1.264 Vordergasse 64 «Pfauen» (Vordergasse 62 «Goldener Löwe» und 60 «Zuber») Fassade, Fenster, Kellerhals Literatur: Hauser 1996, S. 412; Frauenfelder 1951, S. 424f. Gegenüber dem Haus «Zum Ritter» (1.254) steht das Eckhaus «Zum Pfauen» an der Einmündung zur Sporrengasse. Schaufenster, Erker, Treppengiebel und anderes sind neugotische Zutaten des
A Umbaus von 1903 und verstellen den Blick auf das bedeutende mittelalterliche Erbe der Fassade gegen die Vordergasse (Abb. 315). Die zum Teil stark überarbeiteten Fenstergewände im 2. Obergeschoss besitzen breite Fasen mit beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1318/1354.42 Einzigartig für seine Zeit ist das Fünferfenster mit gefasten, langschmalen Öffnungen, deren Staffelung die Wölbung der ehemaligen Bohlenstube wiederspiegelt, wie etwa jenes Fenster am Rathaus von 1412/13, dessen zugehörige kleine Ratsstube noch erhalten ist (1.199). Daneben liegen die beiden Zweierfenster, die ihres Mittelpfostens beraubt sind. Vermutlich ein Jahrhundert jünger ist das gestaffelte Dreierfenster im ersten Obergeschoss und das Zweierfenster im dritten Obergeschoss, das gemäss einer vor dem Umbau von 1903 entstandenen Aufnahme zwei gleichartige Begleiter hatte.43 Beide besitzen Hohlkehlen mit einseitig geschrägtem Auslauf, wie wir sie aus dem Jahr 1457 vom Konventhaus (1.062) am Platz kennen. Jüngeren Datums scheint das über das ganze 2. Obergeschoss durchlaufende Gurtgesims sowie der Kalksteineckpfeiler. Bemerkenswert sind schliesslich noch drei Schächte, die vor diesem und den beiden benachbarten Häusern bei den Werkleitungssanierungen 2007 zum Vorschein kamen.44 Jene beim «Pfauen» und beim «Goldenen Löwen» greifen im Licht 60 cm vor die Fassade aus und sind deshalb Belüftungsschächte. Der dritte beim «Zuber» ist 3,1 m breit, springt 1,3 m vor und liegt in der Ecke zur vorspringenden .DXÀHXWHVWXEH 0LW GLHVHQ 'LPHQVLRQHQ LVW HU HLQ gassenseitiger Kellerhals; starke Brandrötungen am Mauerwerk stammen von einem lokalen Hausbrand. Alle drei Schächte reichen bis 45 cm XQWHU GLH 2EHUÀlFKH XQG JHK|UHQ GHVKDOE ]X GHQ neuzeitlichen Strassenniveaus.
1.254 Vordergasse 65 «Ritter» Wohnhaus, Fassade, Fenster, Erker Literatur: Wipf 2011, S. 114; Frauenfelder 1951, S. 294–299. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 26–27. Bildquellen: Grütter 2005, S. 126, Kat. 59 und S. 141, Kat. 213. Teile der vom Verputz befreiten Fassade gegen GLH 0 QVWHUJDVVH ZXUGHQ IRWRJUD¿HUW 'LH Aufnahmen zeigen im 1. Obergeschoss lagenhaftes Bollensteinmauerwerk mit opus spicatum des 12./13. Jahrhunderts sowie im Erdgeschoss neben dem kleineren, neuzeitlichen Rundbogenfenster eine rundbogige Türe mit unklarem Mauerverband und unklarer Zeitstellung (Abb. 316 und 317). Im Gegensatz zu der Beschreibung bei Frauenfelder spricht auch nichts dagegen, dass der Polygonalerker im ersten Obergeschoss zusammen mit der anschliessenden Fenstergruppe entstanden ist, die das Datum 1492 trägt (Abb. 319). Einen ebensolchen Erker besass auch die 1484 erbaute Neue Abtei (1.042.4), und am Obertorturm sind zwei solcher Erker noch aus dem Jahr 1513 erhalten (1.228). Der Erker wurde aber umgebaut, nachdem 1566/75 zum Unterhaus auch das Oberhaus, das Eckhaus zur Münstergasse, hinzukam. Dies macht das Allianzwappen am Erkerfuss deutlich, das von den Bauherren Hans Waldkirch und seiner Gattin Sarah Mey von Rued stammt. Diesem Umbau, der heute das Haus «Zum Ritter» prägt, entstammen auch die zeittypische Erdgeschosspartie aus Kalkstein, die sich etwa vergleichbar im «Straussen» ZLHGHU¿QGHW VRZLH GLH HLQKHLWOLFKH übrige Befensterung mit Kreuzstockfenstern. Auf der Ostseite wurden später wie vielerorts die Kreuzstöcke entfernt (so «Süsser Winkel» 1.060; «Schneiderstube» 1.217). 1569/70 entstand auch die Fassadenmalerei von Tobias Stimmer, eines «der bedeutendsten Werke der oberrheinischen
Abb. 316 «Ritter» (1.254). 1943 zeigte sich an der Münstergasse im 1. OG Bollensteinmauerwerk mit opus spicatum des 12./13. Jhs.
39 Eine ergiebige Quelle zur Baugeschichte der «Kaufleutstube» stellen die ab dem Jahr 1500 vorhandenen Rechnungsbelege der Gesellschaft zun Kaufleuten dar, StadtASH G 00.01.05.02. 40 KASH 1.215/P5. 41 Rüeger 1884, S. 56. 42 Zur Datierung siehe S. 109. 43 StadtASH J 02.01.210.05. 44 KASH 1.215/P1, P3, P4.
235
Kunst»45 (1938–1943 auf Grundlage der Originale neu erstellt von Carl Roesch). Wohl mit der ersten Renovation der Malerei nach 1665 kam das Fluggespärre mit seinen vier Flugsparrendreiecken hinzu, nicht nur als gestalterisches Element, sondern vor allem auch als Schutz der Malerei gegen die Witterung. Dies könnte eine dendrochronologische Untersuchung klären. Abb. 317 «Ritter» (1.254). 1943 aufgedeckte rundbogige Türe in der Fassade Münstergasse, Mauerverband und Zeitstellung unklar.
Abb. 319 V «Ritter» (1.254). Die Jahrzahl 1492 über der Fenstergruppe neben dem Polygonalerker ist das älteste Datum an einem Privathaus in Schaffhausen.
Abb. 318 ZZ Münstergasse 16–22 (1.265). Hinterhausfassaden der vier schmalen Pultdachhäuser (Bildmitte) aus dem 13./14. Jh. von Osten, vgl. Abb. 125.
236
1.265 Münstergasse 20 «Grüner Berg» (Münstergasse 16 «Grünes Kränzlein», 18 «Rehgeiss», 22 «Lorbeerkränzlein») Wohnhaus, Fassade, Fenster, Pultdach Ganz versteckt im schmalen Gässchen, das vom Schönmaiengässchen nach Norden abzweigt, zeigen sich die Hinterhausfassaden der vier schmalen Häuser Münstergasse 16 bis 22. Sie sind nicht untersucht, entsprechen aber dem Haustyp B/ST46 und tragen alle ein noch erhaltenes Pultdach, wie es in unserer Stadt im 13./14. Jahrhundert üblich war («Gerbe» 1.116; «Bären» Feuerthalen 1.253; «Rhinozeros»/«Roter Stern» 1.255). Die Situation ist einzigartig in ihrer Erhaltung und beeindruckt in diesem Gässchen mit monumentalen Fassadenhöhen von gut 18 m bis zum First, was sieben Geschossen entspricht (Abb. 318 und 125). Traufseitig an der Münstergasse erscheinen jeweils vier Geschosse. Das hinterhausseitige Gässchen liegt etwa 2,40 m tiefer als die Münstergasse. Dadurch steht das Kellergeschoss auf dieser Seite frei, was die Fassaden zusätzlich erhöht. Die meisten Fenster stammen aus der Neuzeit, doch lassen noch deren zwei das hohe Alter der Häuser erahnen. Das «Lorbeerkränzlein» (Münstergasse 22) zeigt gegen die Gasse im 3. Obergeschoss ein umgebautes Rechteckfenster, dessen Pfosten mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/140347 stammen. Den gleichen Auslauf,
A 1.140 Münstergasse 12–30 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ Literatur: Hauser 1996, S. 384; Frauenfelder 1966, S. 8 ; Frauenfelder 1951, S. 372f.
Abb. 320 YY «Grüner Berg» (1.265). An der Hinterhausfassade ist ein rundbogiges Zweierfenster aus der 2. H. 13. Jh. aus rotem Sandstein zur Hälfte erhalten.
Im schmalen Abschnitt der Gasse sind die Werkleitungen 2008 erneuert worden. Bereits 2003 hat man den südlich von Haus 20 platzartig geweiteten Übergangsbereich in Richtung Beckenstube (1.195) bzw. Kloster Allerheiligen (1.042.2) ausgeführt.
aber mit breiter Fase an Stelle der Hohlkehle zeigt merkwürdigerweise das einzigartige, rundbogige Zweierfenster aus rotem Sandstein im Erdgeschoss der Hinterhausfassade vom «Grünen Berg» (Münstergasse 20). Im Verputz ist der linke Teil ohne erhaltenen Mittelpfosten sichtbar (Abb. 320). Abgesehen vom Auslauf der Zeit von 1373/1403 erinnert es an die romanischen Fenster der Burg Hohenklingen am neuen Turm von 1250/51–54, die abwechselnd Rundbögen und leichte Spitzbögen sowie eine breite Fase ohne Auslauf haben.48 Das ganze, noch mittelalterliche Hausensemble an der Münstergasse ist damit von höchstem Wert für die frühe Stadtgeschichte.
Die Münstergasse steigt von der Vordergasse her etwa 80 cm an, um dann im geweiteten Bereich nach Süden zum Kloster Allerheiligen abzufallen sowie gegen den Herrenacker hinauf stark zu steigen. Zur Anlage der Strasse wurde das Terrain abhumusiert und mindestens hangseitig 0.5 m DEJHVHQNW ZLH 3UR¿OH YRU GHU ©/|ZHQJUXEHª XQG dem «Palmbaum» (Münstergasse 17 und 19) deutlich machen (Abb. 321 und 323). Bis zum «Rebstock» (Münstergasse 27) respektive bis in die Vordergasse ist den westlichen Hausfassaden in 1,3 m Tiefe im gewachsenen Boden ein Bankett von 1,6 m Breite vorgelagert. Das macht deutlich, dass die Münstergasse ursprünglich um dieses Mass schmaler war, also eine Breite von 4,5 m aufwies. Erst der dritte Strassenkoffer zieht über dieses Bankett hinweg und deutet auf eine Verbreiterung der Gasse im 12./13. Jahrhundert bis auf die heutige Breite. An der Ostseite des schmalen Gassenabschnittes laufen die Strassenkoffer bis an die Fassaden, der anstehende Boden wurde hier in den Aufschlüssen aber nicht erreicht. Im Kiespaket von 1 m Stärke sind bis zu sechs Strassenkoffer zu erkennen. Diese unterscheiden sich durch ihre Farbe, unterschiedliche Kies- und Sandanteile, manchmal KDUWH 2EHUÀlFKHQ 6LH PDFKHQ LP $OOJHPHLQHQ einen recht sauberen Eindruck, ein deutlicher Beleg, dass die Strassen dauernd gereinigt wurden.
1
2
Abb. 321 Münstergasse (1.140). Der anstehende Boden liegt vor den westlichen Hausfassaden der Münstergasse 0.5 m höher als im übrigen Gassenbereich (1). Die Fahrbahn, anhand des Kieskoffers ablesbar (2), betrug im 11./12. Jh. nur ¾ der heutigen Breite. Vor der Fahrbahnkante liegen Reste eines gemauerten Kanals aus Kalksteinen (3). Im Bild Polier Rolf Tanner.
3
45 Frauenfelder 1951, S. 296. – Die Malerei wurde 1935 abgelöst; Teile davon werden im MzA aufbewahrt. 46 Siehe dazu S. 78. 47 Zur Datierung siehe S. 123. 48 Bänteli 2010c, S. 37.
237
Abb. 322 Münstergasse (1.140). Im platzartig geweiteten südlichen Gassenbereich fällt der mittlere, 30 cm starke Strassenkoffer der mittelalterlichen Strasse (1) durch seine helle Farbe auf.
Mit der Erweiterung der Gasse im Süden ändert sich das Schichtpaket der Strassenkoffer. Es ist noch 70 cm stark und besteht aus einem dünnen, hart gepressten ersten Koffer, auf dem zwei auffallend mächtige, bis zu 30 cm starke Aufkiesungen liegen, von denen die untere durch ihre helle, weissliche Farbe auffällt (Abb. 322). Bemerkenswerterweise liegt nun im Bereich des obersten Koffers entlang der östlichen Hausfassaden (Nr.12–20) ein Bankett aus ganz feinem Humus. Dies lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass hier im Spätmittelalter kleine Vorgärten oder Grünstreifen lagen und die Fahrbahn an die Westseite der Gasse verlegt war. Offensichtlich hängt dies mit der spätmittelalterlichen Verschiebung der noch bestehenden herrenackerseitigen Stützmauer an der Strasse zum Kloster Allerheiligen zusammen (1.042.2). Dieser Mauer um 6–7 m vorgelagert ¿QGHQ VLFK LP KHXWH .ORVWHUERJHQ JHQDQQWHQ Strassenabschnitt die Fundamentreste einer älteren Hangstützmauer (Abb. 38 und 894). Diese setzen ohne klaren Anfang bereits auf Höhe des Schönmaiengässchens an und bestehen aus kleinteiligem Kalksteinmauerwerk, teils mit opus spicatum, das noch ins 12., vielleicht frühe 13. Jahrhundert gehören dürfte. Auf diesen Strassenkoffern liegt etwa 50 cm XQWHU GHU 2EHUÀlFKH GHU JHOEH 6DQG GHU lOWHVWHQ 3ÀlVWHUXQJ GLH QDFK GHQ 6WDGWUHFKQXQJHQ LQ GHU Münstergasse im Jahr 1430 entstanden ist.49 Vor dem «Grünen Lindlein» (Münstergasse 14) sind 5HVWH GLHVHU 3ÀlVWHUXQJ HUKDOWHQ
1
238
1.095 Münstergasse 23 «Weidenbaum» (Vordergasse 67–71 «Silberner Brunnen», «Frühling», «Hecht»; Münstergasse 13–21, «Blaue Lilie», «Eintracht», «Löwengrube», «Palmbaum», «Orgelpfeife», 25 «Weisse Rose», 27 «Rebstock») Wohnhaus, Fassade, Fenster, Sickergrube Literatur: Wipf 2011, S. 35f., S. 72, S. 78, S. 115– 117; Frauenfelder 1951, S. 299, S. 373. Dem in zwei Etappen ausgeführten Neubau des Warenhauses EPA wurden 1977/79 nicht weniger als 11 Häuser geopfert. Ein guter Teil davon reichte noch tief ins Mittelalter zurück. Als Dokumentation sind einige Aufnahmen der Fassaden und der Baugrube überliefert (Abb. 324, 325 und 7). Einzige Konzession an die Überlieferung war die Erhaltung einiger Hausfassaden in der südwestlichen Münstergasse und an der Vordergasse eine Verschiebung des Erkers von 1669 vom «Silbernen Brunnen» an den ehemaligen «Hecht». Der Zeit entsprechend untersuchte die Kantonsarchäologie in der riesigen Baugrube einzig eine vollständig erhaltene, gemauerte Sickergrube, die zum «Weidenbaum» gehörte (Abb. 326). Sie ist im Grundriss trapezförmig 2–3 x 4 m, im Schnitt eiförmig, überwölbt, hat eine Tiefe von gut 7 m und fasste gut 20 m3 Inhalt. Das Trockenmauerwerk aus plattigen Kalksteinen ist mit wenigen Ziegeln, Bollen- und Randengrobkalksteinen durchsetzt. Nur das Gewölbe war vermörtelt. Der Einstieg erfolgte von der Ostseite, zwei Meter vor der Hausfassade. Leider war die Grube vollständig leer; einzig auf dem Boden lagen einige Bretter, von denen ein Fichtenbrett dendrochronologisch gemessen, aber nicht datiert werden konnte.50 Systematische Bauuntersuchungen waren in den 1970er-Jahren noch unbekannt. Heute zeigt ein Blick auf die Fassaden im 2. Obergeschoss des «Rebstocks» (Münstergasse 27) ein Doppelfenster mit tiefen Hohlkehlen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf von 1373/140351 sowie im 3. Obergeschoss Hohlkehlen mit einseitig abgeschrägtem Auslauf wie am Konventhaus von 1457 am Platz (Abb. 228; 1.062, 6 (EHQVROFKH )HQVWHUJHZlQGH ¿QGHQ VLFK auch an der «Orgelpfeife» (Münstergasse 21) im 2. Obergeschoss.
A Vordergasse
1980
2703216
silberner Brunnen
Frühling
Hecht
Erker 1669 / versetzt
69
2. OG Fenster 1373/1403
30
27
Rebstock
weisse Rose
Münstergasse
Weidenbaum
Einstieg Sickergrube
Orgelpfeife
Palmbaum
Strassen kante 12. Jh.
Löwengrube
Eintracht
Strassenkante 14. /15. J
15
blaue Lilie
Abb. 324 U Baugrube EPA (1.095), 1. Etappe 1977. Brandmauer zwischen «Frühling» und «Hecht», Bollensteinmauerwerk, 12. Jh. Abb. 325. Y Baugrube EPA (1.095), 2. Etappe 1979, Baulücke «Hecht». Rechts die Aussenwand des Kaufhauses von 1395 (1.199), hinten das Staatsarchiv.
1.140
aum
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Brandschutt 1422
er T rau b
en
6
Ka
na
lM
5
enstu Beck
1.233
Abb. 326 V Baugrube EPA (1.095), 1. Etappe 1977. Sickergrube «Weidenbaum», Blick von der Sohle zum Einstiegloch. Die Grube hat eine Tiefe von gut 7 m und fasst gut 20 m3 Inhalt.
4
it erke Heit Gewände Randengrobkalk
2
Apfelb
be
1.195 8
Abb. 323 U Baugrube EPA (1.095). Situation der 1977/79 geopferten 11 Häuser für den Neubau des Warenhauses EPA mit der Sickergrube im «Weidenbaum» (M 1:500).
0
5
10 m
N
49 StadtASH A II.05.01.045/050 1430: Item IIII lb V 1/2 ß von Clewin Hiltbrant von sim besetzen in der Münstergassen; A II.05.01.045/069 1430: Item VI lb han wir geben maister Nicolaus am betzen (sic) in der Münstergassen vigilia Palmarum Item III lb XII ß maister Nicolauß, und hant im bisher die Müstergassen (sic) gantz bezaltt; A II.05.01.045/081 1430: Item LXVIII lb XVI ß sont die in der Münstergasen vom besetzen. 50 UWAD, 1977, Nr. 601675. 51 Zur Datierung siehe S. 123.
239
1.169 Sporrengasse 11 «Eisenring» (Sporrengasse 9 «Hinterer Trauben», Stadthausgasse 17 «Kerze») Wohnhaus, Fachwerk, Schmiedehandwerk Literatur: Frauenfelder 1951, S. 425, S. 427. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Eisenring, August 1994. Die im Rahmen des Gesamtumbaus gemachten Baubeobachtungen zeigen, dass die beiden gemauerten Nachbarhäuser des «Eisenring», der «Hintere Trauben» und das Eckhaus «Kerze» älter sind (Abb. 327). Vom «Hinteren Trauben» zeigten sich im Keller und im 2. und 3. Obergeschoss die Reste der Nordwestecke, an die gegen Westen eine jüngere Hofmauer anschliesst. Beides sind brandgerötete KalkVWHLQPDXHUQ $XFK LQ GHU *DVVH ¿QGHQ sich Spuren zweier Brände. Vermutlich wurden diese Bauten im Stadtbrand 1372 in Mitleidenschaft gezogen. Danach wurde zwischen diese Nachbarhäuser das zunächst nur 5 m tiefe Handwerkerhaus «Eisenring» eingefügt, dessen
1.207 Sporrengasse 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O 6FKPLHGHKDQGZHUN
Abb. 327 «Eisenring» (1.169). Das kleine Handwerkerhaus wurde wohl nach dem Stadtbrand 1372 zwischen die beiden Nachbarhäuser gebaut.
Literatur: JbAS 80, 1997, S. 271; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 424–426. Die intensive Begleitung der Werkleitungssanierungen machte 2005 deutlich, dass die Sporrengasse in die Stadtgründungszeit zurückgeht. Ihre direkte Verlängerung in die Münstergasse und die Mächtigkeit der Strassenkoffer lassen vermuten, dass die Gasse ursprünglich (gegen Osten?) breiter war. Wahrscheinlich war sie doppelt so breit, der Münstergasse entsprechend, und verlief anfänglich über die Stadthausgasse hinaus durchs spätere Barfüsserareal weiter nach Norden (s.a. Konventhaus 1.062; Stadthausgasse 1.163). Die Sporrengasse verlor durch die Stadterweiterung um die Vorstadt und den Bau des Barfüsserklosters55 ihre einstige Bedeutung und dürfte spätestens mit dem Neubau des «Pfauen» (1.264) im früheren 14. Jahrhundert verschmälert worden sein. 6WUDWLJUD¿H 6SRUUHQJDVVH $EE Schichtaufbau KHXWLJH 3ÀlVWHUXQJ PLW PRGHUQHP 8QWHUEDX 6DQGXQWHUODJHQ GHU 3ÀlVWHUXQJ Strassenkoffer aus Kies, gebändert, obere Schichten durch Brandhorizont 1372 abgeschlossen Strassenkoffer aus Kies gebändert, untere Schichten mit eingebettetem älterem Brandhorizont anstehender ockergelber Lehm
240
Hausname an das hier ansässige Schmiedehandwerk erinnert. Von diesem sind die Deckenbalken über dem ersten Obergeschoss mit Schwelle und Rähm der Hinterhausfassade erhalten, aber nicht dendrochronologisch datiert. Vermutlich bestand auch die gassenseitige Fassade zuerst aus Fachwerk. Jünger sind das später nochmals umgebaute Fenster mit dem Fenstererker von 1549/157952 im ersten Obergeschoss mit einem Stichbogensturz aus Backstein innen sowie das ehemalige Kreuzstockfenster im zweiten Obergeschoss. Der heute gegenüber der Gasse 70 cm tiefer liegende Boden des Ladens rechnet noch mit dem Niveau der HUVWHQ VSlWPLWWHODOWHUOLFKHQ 3ÀlVWHUXQJ GHU Sporrengasse (1.207) von 1430. Erwähnenswert ist schliesslich das Datum 1557 an der «Kerze», das aber nicht mehr an originaler Stelle angebracht ist.53 Zu diesem Umbaujahr dürfte auch die gegen die Sporrengasse im Verputz ausgesparte «romanische Rundbogenpforte» aus Kalkstein gehören.54
Hochmittelalterliche, gekieste Gasse Fundnummer
Datierung 20. Jh. 1430–19. Jh.
1–3, 5, 7–11, 13–16, TR 15a, FZah, HZ, 13./14. Jh. viele Eisen- und Kalottenschlacken 4, 6, (10), 12, FZah
11.–13. Jh.
A Hochmittelalterliche, gekieste Gasse Zur Anlage der Gasse wurde das Terrain abhumusiert bis auf den anstehenden, ockerfarbenen Lehm, der im Süden 1,5 m, im 1RUGHQ P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH OLHJW (Abb. 818). Darauf folgen Kieslagen, die schichtweise über mehrere Jahrhunderte eingebracht wurden. Das ganze Kiespaket ist im Süden 0,7 m, im Norden hingegen 1,6 m mächtig (Abb. 31). Das deutet darauf hin, dass gegen die Vordergasse in neuerer Zeit Schichten abgetragen wurden, um dort eine einheitliche Steigung zu schaffen (Abb. 627). Die Kieslagen sind teilweise KDUW JHSUHVVW 3XQNWXHOO JLEW HV SÀDVWHUDUWLJ verlegte Steine, vielleicht im Bereich eines Hausoder Hofeinganges. Partiell sind zwei Brandhorizonte vorhanden, ein unterer in einer Tiefe von 1,2 m im südlichen Gassenabschnitt. Der obere in der nördlichen Gassenhälfte in einer Tiefe von 0,4 bis 0,6 m schliesst die Kieskoffer ab und ist deshalb mit dem Stadtbrand von 1372 JOHLFK]XVHW]HQ ,Q GHQ REHUHQ 6FKLFKWHQ ¿QGHQ sich feine Mörtelbänder und dünne Planieschichten mit Kalkstein- oder Sandsteinabschlag, die von Bauarbeiten zeugen. Stark verschmutzte, KXPRVH 2EHUÀlFKHQ VLQG DXI GHQ HLQ]HOQHQ Kieslagen nur zum Teil vorhanden, die Strassen wurden folglich im Allgemeinen gereinigt und VDXEHU JHKDOWHQ :R GLHV QLFKW GHU )DOO LVW ¿QGHQ sich selten Scherben, vereinzelt Ziegelreste, Eisenfunde und immer wieder Tierknochen. Eine Besonderheit sind die vielen Kalottenschlacken, GLH VLFK DXI GHU JDQ]HQ *DVVHQOlQJH ¿QGHQ 6LH illustrieren die mittelalterliche Funktion der Sporrengasse als Wohn- und Arbeitsort von Metallhandwerkern (Abb. 328). Entsprechend ¿QGHQ ZLU LP 9HUODXI GHV JDQ]HQ -DKUKXQGHUWV in dieser Gasse die Berufe von Nagler, Kantengiesser, Schlosser, Schwertfeger und Messerschmied.56 Diese Verhältnisse änderten sich auch in der früheren Neuzeit nicht.
52 53 54 55 56 57
6SlWPLWWHODOWHUOLFKH JHSÀDVWHUWH *DVVH Es ist davon auszugehen, dass die Sporrengasse ]XVDPPHQ PLW GHU 0 QVWHUJDVVH JHSÀDVWHUW wurde, da sie als Querverbindung zur Reichsstrasse nach wie vor deren Teilstück war.57 Aus dieser Zeit stammen die Sandschichten 0,5–0,9 m unter GHU 2EHUÀlFKH GLH ]XP 7HLO HUQHXW YRQ %DXQL veaus unterbrochen sind und partiell noch Reste GHU XUVSU QJOLFKHQ .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ DXI ZHL VHQ ,Q 3 OLHJHQ VRJDU QRFK ]ZHL 3ÀlV terungen übereinander (Abb. 329). Meistens sind DEHU GLH 3ÀDVWHUVWHLQH HQWIHUQW XQG DQ DQGHUHU Stelle wieder verwendet worden. Abb. 329 Y Sporrengasse (1.207). Profil P8 von der Vordergasse her. Älterer Brandhorizont (1), mittelalterliche Kieskoffer der Gasse aus dem 11.–14. Jh. (2), zwei neuzeitliche Pflästerungen übereinander (3).
3
2 1
2
Abb. 328 V Sporrengasse (1.207). Kalottenschlacken, die sich auf der ganzen Gassenlänge finden, illustrieren die mittelalterliche Funktion der Sporrengasse als Wohn- und Arbeitsort von Metallhandwerkern.
Zur Datierung siehe S. 195. Frauenfelder 1951, S. 427. Frauenfelder 1951, S. 427. – Siehe dazu auch S. 199. Siehe dazu S. 95. Häuserdatenbank. StadtASH A II.05.01.045/069 1430: Item VI lb han wir geben maister Nicolaus am betzen (sic) in der Münstergassen vigilia Palmarum Item III lb XII ß maister Nicolauß, und hant im bisher die Müstergassen (sic) gantz bezaltt; A II.05.01.045/072 1430: Hans von Fürstenberg und sin kn' Cost Item XV ß von besetzen in der Bruodergassen vor dem hindern thor; A II.05.01.045/081 1430: Item LXVIII lb XVI ß sont die in der Münstergassen vom besetzen Item V lb XVI ß sol der Schag, Eberly Scherer und Truchsesin von irem hus ze besetzen von karren und von rumen. – Vgl. auch Bänteli 2010a, S. 156f.
241
Abb. 331 Z Stadthausgasse (1.163). Vor der Parzellengrenze «Gelbes Haus»/«Hinteres Glücksrad» beginnt sich im Kanalisationsgraben die Grube D abzuzeichnen (1). Ihre Füllung enthält auffallend viele Hornzapfen eines hornverarbeitenden Handwerkers, Kalottenschlacken aus einer Schmiedewerkstatt und Keramik aus der Mitte des 12. Jh.
Abb. 330 V Stadthausgasse (1.163). Überhöhtes Längsprofil, Blick Nord. Im Gegensatz zum heutigen kontinuierlichen Anstieg verlief die Gasse im Mittelalter im östlichen Teil fast horizontal. (Längen M 1:400, Höhen M 1:100)
1.163 Stadthausgasse 1–23 / Kirchhofplatz 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O 6FKPLHGHKDQGZHUN hornverarbeitendes Handwerk, Schuhmacher KDQGZHUN $UFKlRERWDQLN $UFKlR]RRORJLH %DUI VVHUNORVWHU .ORVWHU 6W $JQHV Literatur: Homberger/Zubler 2010, S. 102, S. 170, S. 223; JbAS 78, 1996, S. 282; Hauser 1996, S. 404; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 426–430. Die vollständige Erneuerung der Werkleitungen in der Stadthausgasse, im Abschnitt vom Kirchhofplatz bis zur Krummgasse, erfolgte 1995. Während heute die Gasse kontinuierlich vom Kirchhofplatz zum Fronwagplatz ansteigt, verlief sie ursprünglich im Osten fast horizontal bis zur Safrangasse bzw. bis zum Chor der Barfüsserkirche und stieg erst von dort kontinuierlich nach Westen an (Abb. 330). Bei der Einmündung in den Kirchhofplatz liegt das urVSU QJOLFKH *HOlQGH P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH bei der Safrangasse und bei der Krummgasse hingegen 1,6 m. Besiedlung vor dem Bau des Barfüsserklosters Verschiedene Strukturen zeigen, dass sie entweder älter sind als diese Gasse, weil sie von deren ältesten Strassenkoffern überdeckt werden oder aber in die Frühzeit der Gasse gehören und sicher älter sind als die Barfüsserkirche, deren Mauern die ersten Strassenkoffer berücksichtigen. Vor der Parzellengrenze «Gelbes Haus»/«Hinteres Glücksrad» (Stadthausgasse 21/23, 1.137) liegt in 1,6 bis 3 m Tiefe die muldenförmige Grube D. Ihre maximale Ausdehnung beträgt etwa 4,8 m; die späteren Strassenkoffer ziehen darüber hinweg (Abb. 330, 331 und 815). Ausser-
Krummgasse
398.00
Stadthaus / Freudenquelle
gewöhnlich sind in ihrem Füllmaterial die Funde von mehreren Dutzend Ziegen- und Schafhornzapfen (Abb. 85). Säge- und Hackspuren lassen darauf schliessen, dass die Hornscheiden von ihren knöchernen Zapfen gelöst und anschliessend weiterverarbeitet wurden. Die Tatsache, dass vor allem Ziegenhornzapfen gefunden wurden, lässt sich mit dem Umstand erklären, dass sich Ziegenhorn aufgrund seiner Form (lang, geringe Krümmung, kaum Torsion) besser zur Verarbeitung eignet als Schafhorn (kürzer, stark gekrümmt, oft stark tordiert). Aus
Sporrengasse
Eckstein
Barfüsserkirche Chorboden
Barfüsserkirche Westwand
399.00
1
Barfüsserkirche Schiffboden
Humus
Kreuzgangboden
Stadtbrand 1372
397.00
396.00
Grube F 12. /13. Jh.
Grube D Mitte 12. Jh.
Grube E 12./13. Jh.
Strassenkoffer Sporrengasse
Bau
Humus Kies
395.00
P43 P41
242
P40
P30
P32 P9
P25
P34 P29
P27
P33
A 6WUDWLJUD¿H 6WDGWKDXVJDVVH REHUHU $EVFKQLWW .UXPPJDVVH±6SRUUHQJDVVH $EE Schichtaufbau
Fundnummer
Datierung
Anlage Barfüsserkirche/Kloster
–
ab Mitte 13. Jh.
Latrinengrube(?) P30, P31, P37
19
–
Kellergrube(?) P38–40, P42
20–22
–
Handwerkergrube(?) P43–45, Schmiede und hornverarbeitendes Handwerk
23–30, Keramik, FZah, viel TK (Hornzapfen), Eisen- und Kalottenschlacken
mittleres 12. Jh.
anstehender Humus
solchen Hörnern wurden beispielsweise Kämme und Knöpfe gefertigt.58 Hinzu kommen typische Kalottenschlacken aus einer Schmiedewerkstatt.59 Diese Funde können aber die Funktion der Grube nicht näher erklären. Kalottenschlacken ¿QGHQ VLFK LQ GHU DQVFKOLHVVHQGHQ 6SRUUHQJDVVH (1.207) und zeigen zusammen mit den Schriftquellen die Handwerkstradition der Schmiede in diesem Stadtquartier. Als Ausnahme sind in dieser Grube auch auffallend viele Randscherben gefunden worden, welche sie einheitlich ins mittlere 12. Jahrhundert datieren.60 Unter der Südfassade des Stadthauses liegen mehrere aufeinanderfolgende, möglicherweise zusammenhängende Gruben, die allerdings nur punktuell angeschnitten wurden (Abb. 330 und 815). Unter und vor der Südostecke des StadtKDXVHV EH¿QGHW VLFK HLQH VFKLFKWZHLVH DXIJHI OOWH Grube E von mindestens 3,5 m Ausdehnung (Abb. 58 André Rehazek: Archäozoologische Auswertung von mittelalterlichen Fundstellen aus der Stadt Schaffhausen, IPNA Basel 19. März 2003. 59 Beck/Senn 2000, S. 246f. 60 Homberger/Zubler 2010, S. 102.
Safrangasse
,KUH 2VWÀXFKW UHFKQHW PLW GHU :HVWÀXFKW der Sporrengasse; die untersten Lagen der Auffüllung erinnern an Latrinensedimente. Darüber ziehen Strassenkiespakete der ältesten Gasse, die wiederum gestört sind durch das Fundament der jüngeren Kirchenmauer. Das westlich folgende 3UR¿O 3 $EE XQG ]HLJW GHQ $QVDW] einer weiteren Grube, welche den ersten Strassenkoffer zu durchschlagen scheint und von einem jüngeren Strassenkoffer überdeckt wird. Die beschriebenen Gruben liegen ihrerseits in einer älteren Grube P38–P40, P42, die 3 m über die Westfassade des Stadthauses hinaus reicht. Durch eine Sondage auf 395.80 liess sich ihre Sohle 3,2 m unter der Strasse feststellen. Die Gesamtlänge der Grube F beträgt damit um 16 m (22 m, falls alle Gruben zusammenhängen). Sie verläuft in etwa parallel in 3,5 m Abstand zur südlichen Gassenseite. Das Füllmaterial aus Kiessand oder Lehm ist in Lagen eingebracht und mit etwas Holzkohle verunreinigt. Vermutlich stand hier ein unterkellertes Gebäude, das man für den Bau der Barfüsserkirche abgerissen hat (1.062), vielleicht mit Latrine(n) an der Südostecke.
Kirchhofplatz
Mitte 12. bis 14 Jh. kiesige Strassenkoffer Brand 12. / 13. Jh. torfiges Benutzungsniveau auf ältestem Strassenkoffer anstehend
399.00
398.00
heutige Stadthausgasse Bauniveau Klostermauer
397.00
Kalksteinpflästerung 396.00 Bollensteinpflästerung ab 1430 395.00 Humus Lehm
P33
P8
P24
P9
P10
P11
P12 0
P13
P7 10
20 m
243
Mittelalterliche Strassenkoffer Für die Anlage der Stadthausgasse ist das Terrain im Gegensatz zu vielen anderen Strassen in der Stadt kaum abhumusiert worden. Im Osten endet die Gasse auf Höhe der Grenze zwischen St. Agnes und den Barfüssern zwischen dem ©8QWHUHQ +|ÀLª XQG GHP ©.OHLQHQ +|ÀLª Kirchhofplatz 12/13 (vgl. auch 1.090). Ihre älteste Kofferung berücksichtigt bereits ein halbmeterdickes, mehrphasiges Kiespaket der älteren, aus den Anfängen der Stadt stammenden Sporrengasse (1.207). Die Datierung der Füllung der oben erwähnten Grube D an der Grenze «Gelbes Haus»/«Hinteres Glücksrad» ins mittlere 12. Jahrhundert gibt einen Hinweis für den frühest möglichen Zeitpunkt der Anlage der Stadthausgasse. Diese Zeitstellung passt gut Abb. 332 Z Stadthausgasse (1.163). Humos-torfiges Benutzungsniveau. Typischer, aber nur in der Anfangszeit der Stadt vorkommender Strassenschlamm, freigebaggert im Bereich von P9. Abb. 333 V Stadthausgasse (1.163). Detail P10 des humos-torfigen Benutzungsniveaus von 10–30 cm Stärke im ältesten Strassenbereich des 12. Jhs. Abb. 334 ZZ Barfüsserkloster, Stadthausgasse (1.163). Parkplatz östlich des Stadthauses, Profil P32 im Schiff der Barfüsserkirche. Älteste Strassenkoffer (1) der alten nach Norden weiterführenden Sporrengasse, Auffüllungen unter Bodenniveau der Barfüsserkirche (2), vgl. Abb. 818.
zusammen mit der Datierung des Fundmaterials aus den teilweise wenig sauber gehaltenen Strassenkoffern der unteren Stadthausgasse. Die unterste Schicht der Gasse zeigt einen Materialwechsel genau auf der Höhe der Chorschulter der späteren Barfüsserkirche. Östlich davon liegt auf einem etwa 10 cm dicken 0DOPVFKXWW RGHU .LHVNRIIHU HLQ KXPRV WRU¿JHV Benutzungsniveau von 10–30 cm Stärke (Abb. 332 und 333), während westlich davon saubere Kiesschüttungen vorhanden sind. Dies bedeutet, dass die Stadthausgasse im oberen Bereich sauberer gehalten wurde als im unteren, was auf eine Grenze bzw. unterschiedliche Besitzverhältnisse hindeutet. Zwischen Sporren- und Safrangasse ist über den ältesten Strassenkoffern ein Brandhorizont vorhanden, der sich in die Safrangasse fortsetzt (1.168). Durch weitere, immer wieder neu angelegte Strassenkofferungen, die teilweise humose Benutzungshorizonte aufweisen, ist so vor dem Bau der Klostermauern ein Strassenkoffer von etwa 60 cm Stärke entstanden, wie P28 und P29 zeigen (Abb. 330). Ob die zum Teil in den Bereich des späteren Kirchenschiffes hineinlaufenden Schichten Strassenkoffer sind, wie P32 in der Fortsetzung der Sporrengasse DQGHXWHW $EE XQG 3UR¿O $±$ %DUI VVHUNLUFKH und 330), wird sich zeigen müssen. Dies wäre der Beleg dafür, dass sich die Sporrengasse (1.207) weiter gegen Norden erstreckte, bevor das Kloster gegründet wurde. Diese älteren Schichten sind von bis zu 1,3 m starken Planien bedeckt, die später die Unterlage für den jüngsten, hochliegenden Kirchenboden bilden.
2
1 244
A 6WUDWLJUD¿H 6WDGWKDXVJDVVH XQWHUHU $EVFKQLWW 6SRUUHQJDVVH±.LUFKKRISODW] $EE Schichtaufbau .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ PLW Sandunterlagen
Fundnummer –
Datierung ab 1430 bis 19. Jh.
oberer Strassenkoffer, hellgrau, kiesig mit Hoko und TK
HZ
14. Jh.
unterer Strassenkoffer obere Lage, P9–P13, P25–P27, JUDX NLHVLJ WRU¿J teilw. auch hart verpappt
4, 8, 13, Leder, Hölzchen, FZah
13./14. Jh.
unterer Strassenkoffer untere Lage, P9–P13, P25–P27, teilw. kohlig, brandige Lage, GDUXQWHU NLHVLJ WRU¿J
9, 14, 15, 17, (11, 12, 16, 18 teilw. übergreifend oben und 2. H. 12./ unten), Leder, Hölzchen, viele FZah, KASH 51189 KR 1b, frühes 13. Jh. KASH 51190/51191/51194 SR 1, KASH 51100/51198 Bodenkreuze TR 10b, KASH 51319 SR 1; KASH 51197 WS mit früher Glasur; KASH 51317 Schutzklappengefäss SR 1
P9–P13, P25–P27, unterste Schicht schwärzlichhumos, wird auf Höhe der Chorschulter kiesiger und endet auf Höhe der Häuser Nr. 13/15
1–3, 5, 7, 10, Leder, viele Hölzchen, Eisen, FZah, KASH 12. Jh. 51183 TR 9
anstehender Humus
Reiches Fundmaterial aus dem 12./13. Jahrhundert in den Strassenkoffern Zwischen Sporren- und Safrangasse konnten im Kanalisationsgraben die untersten Strassenhorizonte auf etwa einem Dutzend QuadratmeWHUQ ÀlFKLJ DEJHWUDJHQ ZHUGHQ $EE XQG 9RU DOOHP GDV KXPRV WRU¿JH %HQXW]XQJV niveau in der unteren Hälfte der Stadthausgasse (Strassenschlamm, wie er auf dem ersten Stras-
senkoffer in der Frühzeit der Stadt selten ist) weist hier ein besonderes, dauerfeuchtes Milieu auf, weshalb sich ausnahmsweise organisches Material erhalten hat. Bemerkenswert ist ein kleiner Bestand an Schuhledern. Beeindruckendstes Fundstück sind die Fragmente eines hohen Schuhs mit durch Schlaufriemchen verschnürter Schliessung. Hinzu kommen Schuhfragmente mit seitlichem SchnürverAbb. 335 YY Stadthausgasse (1.163). Die ältesten Strassenkoffer sind zur optisch besseren Lesbarkeit treppenartig abgebaut worden.
Abb. 336 Y Stadthausgasse (1.163). Handabtrag der ältesten Strassenkoffer im Kanalisationsgraben P27 auf Höhe Safrangasse.
245
schluss, fünf Sohlenfragmente, eines davon eine Flicksohle mit sogenanntem Tunnelstich und Futteralfragmente je einer Messer- und Dolchoder Schwertscheide (Abb. 338 und 198).61 Hinzu kommt viel Holz, so Schindel- bzw. Gefässdaubenfragmente aus Rot- und Weisstanne. Aus Ulme besteht ein mögliches Gefässfragment. Weitere Holzstücke mit Bearbeitungsspuren sind von unbekannter Funktion. Ferner gibt es Ästchen, Zweige und Holzsplitter, Reste des durch die Gassen transportierten Brennholzes: hauptsächlich Buche, Eiche, Rot- und Weisstanne sowie Hasel. Selten sind Ahorn, Birke, Buchsbaum, Eibe, Erle, Faulbaum, Hartriegel, Holunder, Kernobst, Schlehdorn und Weide nachgewiesen. Die 310 untersuchten Fragmente illustrieren einen Ausschnitt der Naturlandschaft um Schaffhausen.62 Hinzu kommen geringe 0HQJHQ DQ 3ÀDQ]HQIXQGHQ DXV GHP 6WUDV senkoffer: Neben Schalenbruchstücken von Walund Haselnuss sind Samen von Erdbeere, kleine und grosse Brennessel sowie Gänsefuss belegt.63 Abb. 337 Stadthausgasse (1.163). Fragmente der frühen Allerheiligenziegel, z.T. mit Engoben und Glasuren aus den untersten Strassenkoffern, 12./13. Jh.
246
Das übrige Fundmaterial entspricht dem, was sich üblicherweise in der Stadt in den trockenen 6HGLPHQWHQ ¿QGHW 8QWHU GHQ .HUDPLNVFKHUEHQ stechen zwei Fragmente eines singulären «Schutzklappengefässes» hervor (Abb. 339).64 Hierbei handelt es sich um die seltene Variante
eines keramischen Kochkessels, den man mit Hilfe zweier Randdurchlochungen und einem Strick über das Feuer hängen konnte. Damit die organische Aufhängung nicht wegbrennen konnte, war sie an der Stelle der Befestigung durch zwei schalenförmige Schutzklappen geschützt.Ausserdem fanden sich viele Fragmente der frühen Allerheiligenziegel (Abb. 337), nicht näher einzuordnende Eisenfragmente und ZHL WHUH (LVHQVFKODFNHQ 'LH KlX¿JVWH )XQGDUW sind über 900 Tierknochen. Unter den sieben im )XQGPDWHULDO DP KlX¿JVWHQ QDFKJHZLHVHQHQ Haustierarten entfallen über 95% der Funde auf Rind, Schaf/Ziege und Schwein. Selten sind Huhn und Gans, die Katze fehlt. Einzelnachweise stammen von Hund und Pferd. Bemerkenswert sind die an einzelnen Knochen nachweisbaren Verbissspuren von Hunden oder Hausschweinen, denen die auf der Strasse liegenden Knochen zugänglich waren. Sie belegen die Bedeutung dieser Tiere für die städtische Abfallverwertung oder -entsorgung. Einzigartig sind drei Knochen vom Europäischen Wisent Bison bonasus. Diese sind in archäozoologischen Komplexen des Mittelalters sehr selten, was vielleicht auch mit der schwierigen osteologischen Bestimmbarkeit dieser Wildrindart zusammenhängt. Das letzte wilde Exemplar dieses grössten europäischen Landsäugetiers wurde 1921 in Polen geschossen.65
A
2
1
3
6 4
7
5
61 SPM VII 2014, S. 310f.; Serge und Marquita Volken, Gentle Craft, Bericht vom Juli 1997. 62 Werner H. Schoch, Labor für quartäre Hölzer, Bericht vom 14. März 1998. 63 Christoph Brombacher, IPNA Basel, Bericht vom 9. Mai 2003. 64 Gross 2016; Gross 1991, S. 120–123. 65 André Rehazek: Archäozoologische Auswertung von mittelalterlichen Fundstellen aus der Stadt Schaffhausen, IPNA Basel, Bericht vom 19. März 2003.
Abb. 338 Stadthausgasse (1.163). Lederfunde aus den Strassenkoffern des 12./13. Jhs. Fragment eines hohen Schuhs mit durch Schlaufriemchen verschnürter Schliessung (1), Schuhfragmente mit seitlichem Schnürverschluss in hoher (2) und niedriger (3) Ausführung, Schuhsohle (4) und Flicksohlenfragment (5), Futteralfragmente einer Messer- (6) und Dolch- oder Schwertscheide (7) (M 1:4), vgl. Abb. 198. Abb. 339 Stadthausgasse (1.163). Die Randscherbe stammt von einem seltenen, so genannten Schutzklappengefäss. Der keramische Kochkessel wurde mit Hilfe zweier Randdurchlochungen und einem Strick über das Feuer gehängt. Zwei schalenförmige Schutzklappen an der Aufhängung schützten den Strick vor dem Verbrennen, M 1:2.
247
1.255 Stadthausgasse 3/5 «Rhinozeros»/«Roter Sternen» Fassade, Fenster, Pultdach Literatur: Schi. [Schiendorfer, Andreas]: Fassade aus dem 15. Jahrhundert, SN, 09.03.1987. Die ausgezeichnet erhaltenen Rechteckfenster mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf datieren das ursprünglich dreigeschossige Gebäude «Roter Sternen» ins letzte Drittel des 14. Jahrhunderts (Abb. 341 und 163). Im 1. Obergeschoss gehören dazu die PLWWOHUHQ EHLGHQ 5HFKWHFNIHQVWHU 'LHVH ¿QGHQ Abb. 341 «Roter Stern» (1.255). Die Rechteckfenster der Fassade Stadthausgasse mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf stammen aus der Zeit von 1373/1403. Gleiche Fenster besitzt das Nachbarhaus «Rhinozeros» (links). Beide Häuser sind vermutlich Neubauten, die nach dem Stadtbrand 1372 entstanden, vgl. Abb. 163. Abb. 342 Die helle Fassade des «Roten Stern» (1.255) in der Bildmitte mit dem rechts anschliessenden «Rhinozeros». Ihre Pultdächer in mittelalterlicher Manier führten zu monumentalen Fassadenhöhen, die nur vom Hinterhof sichtbar sind. Aufnahme von 1950 während der Abbrucharbeiten für den Neubau des Kronenhofs, Seite Tunnelgässchen.
248
darüber im 2. Obergeschoss je eine schmalere (QWVSUHFKXQJ ÀDQNLHUW YRQ HLQHP =ZHLHUIHQVWHU das jeweils seines Mittelpfostens beraubt wurde (vgl. «Störchlein» 1.244, «Bernerstübli» 1.252). Die streng symmetrische Fassadenarchitektur erinnert auffällig an das 1373 entstandene Haus «Zur Winde» in Stein am Rhein, das zum «Grossen Haus» gehörte, einem der hohenklingischen Stadthöfe.66 Die Ähnlichkeit der beiden Häuser ist so bemerkenswert, dass zu vermuten ist, der «Rote Sternen» sei jenes Haus, das Walter VII. von Klingen (1342–1422) nach dem ersten Steuerbuch von 1392 an der unteren Stadthausgasse in Schaffhausen besass. Er könnte folglich auch der Bauherr gewesen sein.67 Von jüngeren Umbauten des «Roten Sternen» im 1. Obergeschoss erzählen das Zweierfenster aus der 2. Hälfte 15./1. Hälfte 16. Jahrhundert und das Dreierfenster mit dem Halberker aus den Jahren um 1700. Zu diesem gehört vermutlich das ganze dritte Obergeschoss, dessen verputzte Fachwerkkonstruktion leicht asymmetrisch vorkragt. Immer wieder war das Haus in gemeinsamem Besitz mit dem «Tunnel» an der Vordergasse 56, im Mittelalter «Finsterer Sternen» genannt (1.133). Eine quasi identische Baugeschichte lässt sich aus der Fassade des östlich anschliessenden Hauses «Zum Rhinozeros» ablesen (Abb. 341). Identische )HQVWHUJHZlQGH ZLH EHLP ©5RWHQ 6WHUQª ¿QGHQ sich in den ersten beiden Obergeschossen mit tiefen Hohlkehlen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus dem letzten Drittel des 14. Jahrhunderts. Die Fensterbänke sind in beiden Häusern modern. Das Viererfenster stammt aus der zweiten Hälfte des 15. bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts. Vielleicht kommt in dieser Zeit das 3. Obergeschoss hinzu. Beide Häuser besitzen noch in ganz mittelalterlicher Manier ein Pultdach, das im Hinterhof zu monumentalen Fassadenhöhen führt (Abb. 342, vgl. Münstergasse 16– 22, 1.265).
A 1.156 Kirchhofplatz 9 «Treu» (Kirchhofplatz 10 «Tulipane») Kernbau, Fenster, Fenstererker, SchleiferKDQGZHUN /DWULQH 6LFNHUJUXEH $UFKlR]RRORJLH $UFKlRERWDQLN Literatur: Homberger/Zubler 2010, S. 92–100, S. 167–170, S. 209–222; Bänteli 2010a, S. 160f.; Brombacher/Rehazek 1999b; SN Sonderpublikation: Das Haus «Zur Treu», 29.03.1994; Landgraf 1993, S. 238, S. 259; Frauenfelder 1951, S. 364. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur Treu, Oktober 1991. Im Zuge der Neuunterkellerung des Hinterhofs wurde 1993 eine Ausgrabung der tiefgreifenden Gruben im gewachsenen Boden durchgeführt. Die sanfte Sanierung des Hauses und seine Angliederung an das benachbarte Hotel Kronenhof förderten hingegen kaum Hinweise zur mittelalterlichen Baugeschichte zu Tage. Das Fundmaterial wurde 2010 publiziert.
1 Latrinen und Sickergruben Der Situationsplan der Grabung zeigt deutlich, dass sich der Hinterhof geradezu als Musterbeispiel einer Nutzung durch entlang der Grenzen aufgereihte Latrinen präsentiert (Abb. 343 und 344), wie wir sie auch in der Vorstadt vorgefunden haben («Kronsberg»/«Bogen» 1.100; «Goldener Falken» 1.157). Auch hier konnten reichhaltige Funde geborgen werden (Abb. 346 und 193). Durch die älteste Latrine G4 lässt sich der Kernbau
66 Bänteli 2010c, S. 51, S. 57. 67 Lokalisierung: Häuserdatenbank. – Zu Walter VII: Eugster 2007, S. 102–109.
Abb. 344 «Treu» (1.156). Im hellen anstehenden Boden zeichnen sich die mit Humus gefüllten Erdlatrinen und die gemauerte Sickergrube G7 (1) deutlich ab, vgl. Abb. 345.
Abb. 343 «Treu» (1.156). Situation mit Latrinengruben im Hinterhof und Bauphasen (M 1:400). 6
4
2
Stadthausgasse 7 5
3
roter Stern
1
Rhinozeros
1.255
Kellertreppe 1682?
M3 G1
G8 G3 G3
G5
Kernbau
G4 Hinterhof
M1
G6
Treu
Kalksteinsäule
Erweiterung 1579
Kirchhofplatz
G7 Altane / Laube M2
Kometstern (abgebrochen 1950)
N
8
Tunnelgässchen
Hinterhaus 1682
G2
9
G9
10
Tulipane Stiper der Unterfangung
Mitte 13. Jh. Kernbau und Latrine G4 14. - frühes 15. Jh. (Abfolge: G5, G1, G2/3)
0
5
10 m
1579 Erweiterung und Latrine G8 1682 Laube, Hinterhaus und Latrine G7
Hotel Kronenhof
249
Abb. 345 «Treu» (1.156). Profil durch die Latrinengruben G1–G5 im Hinterhof mit Abfolgen (M 1:50), Lage vgl. Abb. 343.
Mitte 13. Jh. Kernbau und Latrine 14. - frühes 15. Jh. (Abfolge: G5, G1, G2/3) 1579 Erweiterung 1682 Laube und Hinterhaus
G4 394.00
G9
15 10
393.43 9 8 6
11 1a
5
12
17 16
23a
21b
15 20
14
23b 23c
4 3a
22 21a
13 16
393.00
1
19
18
7
1b
G5
G3
G2 G1
23d
1 2
2 3b
Abb. 346 «Treu» (1.156). Glas, Geschirrkeramik, eine Napfkachel (1) und zwei Kettenpanzerfragmente (2) aus den Latrinengruben. Es handelt sich um Funde aus dem späten 12. bis 14. Jahrhundert. Die jüngeren Geschirre und Ofenkacheln tragen bereits eine einfache Bleiglasur.
1c
«Treu» in die Mitte des 13. Jahrhunderts datieren. Die zeitlich folgenden Gruben G5, G1 und G2/3 zeigen, dass bis ins frühe 15. Jahrhundert im Abstand von etwa 40–60 Jahren jeweils eine neue Latrinengrube angelegt beziehungsweise ihre Vorgängerin aufgegeben wurde. Dann löst die gemauerte Sickergrube G8 die Erdgruben ab. Dies setzt einen direkt an der Hinterhausfassade gelegenen Aborterker in den Obergeschossen voraus, was zweifellos mehr Komfort für die Bewohner des Hauses bedeutete. Mit der Anlage einer neuen Kellertreppe an gleicher Stelle im Hinterhof wird die Grube G8 aufgegeben. Sie wird ersetzt durch die an die südseitige Hofmauer
verlegte Sickergrube G7, die bis zur Einführung der Kanalisation Anfang des 20. Jahrhunderts in Betrieb blieb. Zu dieser jüngsten Grube gehört eine dendrochronologisch ins Jahr 1682 datierte Laube,68 in deren gleichzeitig datiertem Hinterhaus das Stille Örtchen untergebracht war. Hinweise zur Baugeschichte In der hinteren Hälfte des Vorderhauses steckt ein Kernbau, der sich aufgrund eines Mauerabsatzes in der nördlichen Brandmauer rudimentär im Katasterplan ablesen lässt. Die Fassade am Kirchhofplatz zeigt im 1. Obergeschoss das Fensterband einer hausbreiten Stube mit zwei
1
2 250
A dreifach gestaffelten Fenstern, deren Gewände Ladenfalz und Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf besitzen. Die überhöhten Mittelteile sind hingegen als Fenstererker ausgeführt, wie das Fehlen der Hohlkehlen deutlich macht (Abb. 228). Im Innern datiert eine oktogonale Säule zwischen zwei Stichbögen das Fensterband ins Jahr 1579. Es ist damit der bislang jüngste Vertreter dieses Fenstertyps (vgl. «Goldener Adler» 1.267). Es spricht nichts dagegen, dass auch das 2. und 3. Obergeschoss in dieser Ausbauphase des steinernen Kernbaus bis an die Strasse entstanden. Ausgezeichnet zu dieser Datierung passt die Kalksteinsäule im Erdgeschoss, zu der ein ornamentierter Tonplattenbelag gehörte. Sie diente der Unterfangung der im Erdgeschoss entfernten Ostfassade des alten Kernbaus, wie ihre Lage in deren Mitte deutlich macht, und trägt heute einen Längsunterzug (Abb. 343). Identische Kapitelle besassen fünf Säulen des ehemaligen Hinterhauses des «Süssen Winkels» von 1567 (1.060). Interessant sind schliesslich in der Nordwand M3 die Löcher von zwei verrotteten Holzstützen mit Durchmessern von 18–20 cm. Sie haben anlässlich der Unterkellerung des Hinterhauses der «Tulipane» diese Wand im Abstand von 3 m unterfangen. Ein gleicher Befund wurde in der «Traubenlust» (1.218) angetroffen. Heute würde man es kaum anders machen.
68 LRD 92/R3206. 69 UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 15.05.1987 und Bericht vom 20.05.1988, Mittel 628, 629. UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.02.2015.
1.092 Stadtkirche St. Johann Leutkirche, Friedhof, Wohnhaus, Sickergrube, Paternosterhandwerk, Geschützstellung, 0DXOVFKDUWH $QWKURSRORJLH $UFKlRERWDQLN $UFKlR]RRORJLH Literatur: Isler 2013; Bänteli 2014c, S. 493; Bänteli 2013a, S. 360, S. 369; Bänteli 2013b, S. 19–25; Bänteli 2011, S. 35f.; Homberger/Zubler 2010, S. 103–105, S. 170f., S. 224–226; Landolt 2004, S. 554–568; Bänteli 2004, S. 120f.; Ex Terra Lux 2002, S. 223–247; Bänteli 2002, S. 43; Bänteli 1999a, S. 49; Bänteli 1995a, S. 21; Stäheli/ Bänteli/Lieb 1994; Michler 1992, S. 74f., S. 130f., S. 134, S. 144, S. 197; JbAS 73, 1991, S. 294f.; Bänteli u.a. 1990; Markert 1990; Rippmann 1990, S. 91–93; Schoch 1990; JbAS 73, 1990, S. 234. Bildquellen: Grütter 2005, S. 70, Kat. 183, S. 145, Kat. 246–251. Die Stadtkirche wurde 1983–1989 restauriert und zur Durchführung von Konzerten ausgestattet. Dies brachte umfassende Ausgrabungen und Bauuntersuchungen mit sich, die ein Jahr nach Abschluss der Untersuchungen publiziert wurden (Abb. 351, 11, 25, 26, 51–54, 157, 158, 206, 216, 264, 273, 278 und 280–282)). Das umfangreiche Fundmaterial harrt allerdings noch seiner Auswertung (Abb. 156). Turmdatierung Ergänzend zu den übrigen Untersuchungen im Stadtgebiet wird die für die Kirche und die Stadtgeschichte sehr wichtige Dendrountersuchung des Turms von St. Johann nochmals OHLFKW PRGL¿]LHUW YRUJHOHJW 'DPDOV ZXUGHQ GLH Bohrungen von oben durch den Boden vorgenommen, weshalb die letzten Jahrringe und die Waldkanten nicht optimal erfasst werden konnten. Grundsätzlich wäre es möglich, durch Bohrungen von unten die Baudaten noch um einzelne Jahre zu verfeinern. An der Datierung des Turmbaus in die Jahre 1380 bis 1420 würde dies aber wenig ändern. Geschützstellung von 1445/46 Von Anfang an war der Turm von St. Johann als Hochwacht konzipiert und diente diesem Zweck
Dendrodatierung 1.092 St. Johann, Turm69 Bauetappe
Ort
Holzprobe
Neubau Turm
1. Balkenlage 1. Balkenlage 2. Balkenlage 2. Balkenlage 3. Balkenlage 4. Balkenlage
13 14, 15 16 17 35, 36 33, 34
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1388 (9) undatiert (–, 6) 1378 undatiert 1349, 1399 (11) 1408 (6),1418 (18)
Holzart Eiche Eiche Eiche Eiche Eiche Eiche
251
Abb. 347 Stadtkirche St. Johann (1.092). Die beiden vermauerten Nischen (X) bei der Nordwestkante auf der Turmzinne gehören zu Maulscharten und stammen von einer Geschützstellung, die 1445/1446 auf der Turmzinne eingerichtet wurde, vgl. Abb. 210.
Abb. 348 Stadtkirche St. Johann (1.092), Turmzinne. Der Sandsteinrahmen auf der Westseite stammt von der vermauerten Maulscharte der Geschützstellung von 1445/1446.
Abb. 349 Burg Hohenklingen ob Stein a.Rhein. Maulscharte der Geschützstellung von 1551, als Vergleich für die entsprechende Geschützstellung von St. Johann in Schaffhausen.
Abb. 350 Stadtkirche St. Johann (1.092). Vermauerte Maulscharte von 1445/1446 auf der Ostseite der Turmzinne.
252
x
x
schon, als er noch im Bau war. Erst um 1420 erreichte er seine geplante Höhe von 46 m mit einer zunächst offenen Zinne und dem immer noch existierenden Wächterhäuschen.70 Im Rahmen der umfassenden Untersuchung des Turms in den 1980er-Jahren sind die drei merkwürdigen vermauerten, trichterförmigen Nischen, die eindeutig nachträglich aus den Mauerzinnen herausgebrochen wurden, noch nicht verstanden worden. Bei der Untersuchung der Burg Hohenklingen in Stein am Rhein sind 2006 als eigentliche Rarität zwei frühneuzeitliche, hochliegende GeschützVWHOOXQJHQ HQWGHFNW ZRUGHQ 'LH HLQH EH¿QGHW sich auf dem neuen Turm von 1526, die andere auf dem Obergaden von 1551.71 Der Vergleich mit den Nischen auf der Turmzinne von St. Johann macht nun deutlich, dass es sich um Maulscharten handelt, bislang in unserer Gegend der älteste Nachweis dieser Schartenform (Abb. 347).72 Mit Ausnahme der Südseite, die mit dem Wächterhäuschen in der Südwestecke abgedeckt ist, sind sie auf den übrigen drei Seiten vorhanden und trotz ihrer Ausmauerung noch heute von aussen gut zu erkennen, vor allem jene auf der Westseite mit ihrem Sandsteinrahmen (Abb. 348 und 210). Die Scharten gegen Osten und gegen Westen liegen im nördlichen Drittel der Zinne MHZHLOV QDKH GHU (FNH ,QQHQ VLQG VLH ÀDFK gewölbt. Die tiefe Brüstungshöhe von 50–80 cm über dem Zinnenboden deutet weniger auf Nischen für Hakenbüchsen sondern auf Geschütze kleineren Kalibers hin, die schon damals Reichweiten im Bogenschuss von 2 bis 3 km und im Horizontalschuss von 200 bis 800 m erzielten.73 Gegen Norden und Westen beträgt die Distanz bis an den Anfang des Schussfeldes ausserhalb der Stadtgräben nicht mehr als 400 m. Gegen Osten liegt das nahe Plateau des vorderen Emmersbergs 8 m tiefer als die Turmzinne. Die neu entdeckte Geschützstellung liegt auf 45 m Höhe resp. 440 m ü. M. und damit nur etwa 2 m tiefer als die Höhe der heutigen Munotzinne. Damit werden auch Einträge von 1445/46 in der Stadtrechnung und einem Baurodel verständlich, die in den 1980erJahren ebenfalls noch nicht gedeutet werden konnten.74 Die Materiallieferung von 1445/46, 200 Ziegelsteine und 3000 Schindeln auf den Turm, diente zur Einrichtung eines überdeckten Unterstandes für die Geschütze, vor allem um das Schiesspulver vor Nässe zu schützen. 1471 hat man schliesslich die ganze Turmzinne überdacht.75 Damit passt der Bau dieser Geschützstellung ausgezeichnet in die Zeit, als der zweite, äussere Graben um die Stadt gezogen wurde.76 Sie ergänzt den seit Anfang des 15. Jahrhunderts bestehenden «Zwingolf», die dem «Annot», dem direkten Vorgänger des Munots (1.112), vorgelagerte Geschützplattform.
A 70 StadtASH, A II.05.01.007/068 1408–1409: Item II ½ s dem Swaben, wachet I Tag und Nacht ze Sant Johans, do min Herr hie waz; A II.05.01.015/055 1415: Item I lb IIII ß den knechten, die uff Sant Johans turn wacheten tag und naht, ir vier; Bänteli 2011, S. 36; Schultheiss 2004, S. 292f.; Bänteli 1990, S. 53. 71 Bänteli 2010c, S. 18, S. 98f. und S. 100f. 72 Bänteli 2010c, S. 93f. Für die Diskussion danke ich Peter Kunz, Stiftung Feuerwaffen, Schaffhausen und Henri Habegger, Verein Schweizer Armeemuseum, Thun. 73 Zeune 1997, S. 99; freundl. Hinweis von Peter Kunz, Stiftung Feuerwaffen, Schaffhausen. 74 StadtASH, A II.05.01.084/103 1445–1445: Item III ß besetzer von IIC ziegelstein in Sant Johans turn ze tragen; Bänteli 1990, S. 66; Schultheiss 2006, S. 200. 75 Bänteli 1990, S. 67. 76 Siehe S. 146. 2. Hälfte 11. Jh. 12. Jh.
N
0
5
10 m
um 1300 14. Jh.
Mörtelgussboden
um 1400
Pflästerung
um 1430
12
15. / frühes 16. Jh. 1.163 M18
1.130 Kirchhofplatz 19 Schulhaus; Kirchhofplatz Wohnhaus, Friedhof St. Johann, .ORVWHU 6W $JQHV RSXV VSLFDWXP Literatur: Mauern aus dem 11. Jahrhundert entdeckt, SN 6.11.2008; Hauser 1996, S. 364; JbAS 73, 1990, S. 233; Bänteli 1990, S. 75–80; Rippmann 1990, S. 91–93; Frauenfelder 1966, S. 7f.; Frauenfelder, Reinhard: Zum Abbruch der Spitalmeisterei, SN 7.02.1959; Frauenfelder 1951, S. 237, S. 364. Bildquellen: Grütter 2005, S. 142, Kat. 221, 222, S. 146, Kat. 253.
Die Teilunterkellerung des Schulhauses am Kirchhofplatz führte 1989 zur Entdeckung von frühstädtischen Baubefunden. Ihre Fortsetzung liess sich 2008 vor der Südwestecke beim %DX HLQHV 8QWHUÀXUFRQWDLQHUV GRNXPHQWLHUHQ Abschnitte von Werkleitungsgräben ergänzen das Bild (1994 Pfrundhausgasse 1.149; 1995 Kirchhofplatz Stadthausgasse 1.163; 1991 Kronengässchen 1.092; 2008 Pfarrhofgasse 1.106).
Abb. 351 St. Agnes/St. Johann Kirchhofplatz (1.130/1.163). Der Situationsplan zeigt auf dem Kirchhofplatz das verschwundene Stadtquartier aus dem 11.–13. Jh. um die Schellengasse, das sich bis unter die Stadtkirche St. Johann erstreckte. Die Südhälfte des Platzes nimmt im Verlauf des 14. 14. Jh. Mörte Jhs. der Friedhof von St. um 1400 Pfläste Johann ein, die Nordhälfte um 1430 das Kloster St. Agnes 15. / frühes 16. Jh. (M 1:500). 16. / 17. Jh.
M20
P5 P4 P3
M19 9031830.2 2703150
Rinderstall / Scheune Lateinschule 1525
Kirchhofplatzschulhaus M11 1.130
M12 19
Beinhaus M22 M21
Steinmetzabfall Bauhütte St. Johann
Profil A Vorgänger St. Agnes? 1.130
P20 M2
Profil B
M27
P15 P17 M13
2703213
Schellengasse / Kirchhof 1.092
M14
M23
M1
9031830.9
Kronengässchen
M3
M2
Profil A
M13 M4
Leutkirche St. Johann
M27
1.092
M31
253
+LQZHLVH DXI GHQ :LUWVFKDIWVKRI YRQ 6W $JQHV Der Kirchhofplatz besteht aus zwei Hälften: Die nördliche gehört traditionell zum Kloster St. Agnes (1.079; 1.149 und 1.154), die südliche zur Stadtkirche St. Johann (1.092). Im nördlichen Platzabschnitt liegt der anstehende Boden etwa P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH 'HVKDOE VLQG KLHU QXU spärliche Baubefunde erhalten geblieben, welche vermutlich in die Frühzeit des Klosters St. Agnes gehören. In der Südverlängerung der Parzelle GHV ©.OHLQHQ +|ÀLª .LUFKKRISODW] OLHJW GLH west-östlich verlaufende, 90 cm breite Mauer M18 aus Kalksteinen (Abb. 351). Die teils in der Art des opus spicatum gestellten Steine und der Mörtel datieren sie ins 12./13. Jahrhundert. Verbrannte und unverbrannte Lehmbrocken sowie Abbruchschutt der Mauer zeigen, dass das aus Stein und Fachwerk bestehende Gebäude nach einem Brand nicht mehr aufgebaut wurde. 2,5 m südlich dieser Mauer fand sich eine ]XJHK|ULJH " 3ÀlVWHUXQJ DXV .DON XQG .LH VHOVWHLQHQ PLW HLQHU ]ZHLWHQ 3ÀlVWHUXQJ FP GDU EHU 3 (LQ LQWHQVLYHU %UDQGÀHFN LP gewachsenen Boden mit 1,4 m Ausdehnung (P5) OLHJW P |VWOLFK GHU 3ÀlVWHUXQJ XQG N|QQWH YRQ einer Feuerstelle stammen (Abb. 352).
Abb. 353 ZZ Kirchhofplatzschulhaus (1.130). In der ältesten Siedlungsschicht der Stadt aus dem späten 10./11. Jh. (1) liegt die Mauer M6 (2). Sie gehört zu einem frühstädtischen Gebäudekomplex mit Mörtelgussböden (3) an der Schellengasse, vielleicht der Keimzelle des Klosters St. Agnes. Fundament des Schulhauses von 1845 (4). Blick Süd, vgl. Abb. 351 und 356.
Abb. 352 Z Kirchhofplatz (1.163). Der intensive Brandfleck P5 (1) mit 1,4 m Ausdehnung liegt im gewachsenen Boden im Wirtschaftshof des Klosters St. Agnes und könnte von einer mittelalterlichen Feuerstelle stammen.
254
1989 wurden beim Schulhaus die Fundamente M11 des spätgotischen Rinderstalls mit Scheune aufgedeckt (Abb. 351).77 1995 wurde deren Nordwand M19 gefunden. Nördlich dieses Gebäudes gibt es eine in den Plänen des 19. Jahrhunderts bereits nicht mehr existierende Hofmauer M20, die zur 1959 abgebrochenen Trotte und Spitalmeisterei hinüberführt, deren Fundamente vor dem modernen Ersatzbau punktuell angeschnitten wurden. Über all diesen spärlichen Bauresten sind Kiesschichten aufgeschüttet, die vom Wirtschaftshof des Klosters stammen. In der Neuzeit ZXUGHQ VLH YRQ .DON XQG %ROOHQVWHLQSÀlVWHrungen abgelöst.
Das verschwundene Stadtquartier mit der Schellengasse Im südlichen Abschnitt des Kirchhofplatzes, dem ehemaligen Kirchhof von St. Johann, liegt der gewachsene Boden etwa 1,8 m unter der 2EHUÀlFKH YLHO WLHIHU DOV LP Q|UGOLFKHQ 7HLO =XP einen hängt dies mit dem ursprünglich von Norden nach Süden abfallenden Terrain zusammen, zum anderen mit dem Anwachsen des Geländes durch die Anlage von Gräbern während der 500-jährigen Friedhofsbelegung, verbunden mit periodisch vorgenommenen Aufschüttungen der Friedhöfe (vgl. Baumgartenstr. 7/IWC 1.048).78 Bislang sind die Ergebnisse zu den Siedlungsresten unter der Stadtkirche und unter dem Kirchhofplatz-Schulhaus publiziert.79 Die erneute Durchsicht des Fundmaterials erbringt keine wesentlichen Änderungen. Die zum Teil unterkellerten Steinbauten zeigen teilweise Mauerwerk in opus spicatum aus Bollen- und/ oder Kalksteinen (Abb. 353), ziegelschrotgerötete Mörtelböden und Lehmböden. Auch fanden sich eine Feuerstelle sowie eine Latrine. Die Bauten gehören zu einem verschwundenen Stadtquartier der Zeit vom 11. bis 13. Jahrhundert, das der Erweiterung des Friedhofs der romanischen Stadtkirche St. Johann nach Nordwesten weichen musste. Sind sie Teil jener 35 resp. 40 Häuser des Quartiers um die Schellengasse, die in den Grundzinsrödeln von 1253 und 1299 überliefert sind und von dem die heutige Ampelngasse (1.106 und 1.206) als Rest noch besteht? Denkbar ist, dass Teile dieser Friedhoferweiterung mit dem Aufkommen der Pest kurz vor Mitte des 14. Jahrhunderts zusammenhängen.
4 3
2 1
1
A 6WUDWLJUD¿H .LUFKKRISODW] 6FKXOKDXV $EE Friedhof Ost (ausserhalb Schulhaus) Schichtaufbau Fd. Nr. Datierung $XÀDVVXQJ )ULHG- – hof Nordwest, Bau Lateinschule 1525
Friedhof West (innerhalb Schulhaus) Schichtaufbau Fundnummer Kellereinbau S51, 9, 10, 24, TR 22, Ausgusskänn6 6 QDFK $XÀDV- chen dunkelbraun glasiert, sung Friedhof Nord- 12 identische Leistenkachelfragost 1541 mente, grüne Glasuren auf weisser Engobe, gelbe und weisse Glasuren, etc. S4 Nutzung Friedhof Nordwest und -ost ab Ende 1420er-Jahre 2, 16, 22, 24, TR 22 grün glasiert auf weisser Engobe, graue Ware, rote Ware unglasiert S6 Abbruch Werkstatt und S5 Aufschüttung Friedhof Nordwest 3, 4, 12, graue Ware, Leistenkaund -ost mit Bau nördlicher Friedhofmauer M11 Ende 1420er chel grün glasiert, HZ Jahre Benutzung Fried- – – S7 Lehmestrich, 25, HZ hof Nordwest Werkstatt? S14, Anlage Fried- – – S8 humos-kiesige 5, TR 10b hof Nordwest, Planieschicht mit verAufschüttung und brannten LehmbroBau östliche Friedcken, Kalkstein- und hofmauer M12 Ziegelbröckchen, TK älteste Steinbauten mit Mörtelgussböden etc. und S9, Gebäude- 6, 15, 20, 21, DTR Fu abbruch S10, älteste Siedlungsschicht, umgearbeiteter anstehender 1, 7, 8, 18, 23, Humus mit Holzkohle, Lehmbrocken, TK TR 5, (4 Stk), TR 7 anstehender ockergelber Lehm
,Q GHU %DXJUXEH GHV 8QWHUÀXUFRQWDLQHUV EH stätigten sich 2008 die bisherigen Ergebnisse in wesentlichen Teilen (Abb. 351, 354–356). Zum Vorschein kam eine weitere romanische Bollensteinmauer M21 von 95 cm Breite, an die nordseitig in einer zweiten Bauphase ein einhäuptiges, 40 cm breites Mäuerchen M22 aus Mischmauerwerk und ein ziegelschrotgeröteter Mörtelgussboden auf Kalksteinunterlage anschlossen. Vielleicht ist das schmale Mäuerchen als Bank zu interpretieren, wie sie für St. Johann I nachgewiesen ist.80 Der Boden liegt auf 393,90 m ü. M. und damit 1,3 m höher als der Boden der ersten Stadtkirche St. Johann I (Abb. 356). Nach wie vor ist davon auszugehen, dass es sich dabei um Reste bedeutender öffentlicher Bauten handelt. Dass sich darin die Anfänge von St. Agnes (1.079) verbergen, ist möglich.81 Die NOHLQHQ *UDEXQJVÀlFKHQ XQG GLH 6WUXNWXUHQ verunmöglichen bislang allerdings, eindeutigere Raumfunktionen zu erkennen.
15./16. Jh. 15./16. Jh. – 2. H. 12./ spätes 13. Jh.
12./13. Jh. spätes 10./ 11. Jh.
6 4 3 4 3
1 2
77 Plan von 1853 Harder bei Grütter 2005, S. 149, Kat. 278. 78 Bänteli 1990, S. 23, S. 50f.; Nachweise siehe unten Anm. 82, S. 257. 79 Bänteli 1990, S. 75–80. 80 Bänteli 1990, S. 24f. 81 Bänteli 1999, S. 51f.
Datierung 16./17. Jh.
3 5
Abb. 354 und 355 Kirchhofplatz (1.130). Unterflurcontainer. Frühstädtischer Gebäudekomplex an der Schellengasse, vielleicht Keimzelle des Klosters St. Agnes: Mauer M21 (1), Steinbank M22 (2), ziegelschrotgeröteter Mörtelgussboden (3) im Friedhof von St. Johann (4). Östliche Friedhofmauer M12 14. Jh. (5), Katzenkopfpflästerung nach Aufgabe des Friedhofs 1541 (6). Blick West, vgl. Abb. 351 und 356.
255
Abb. 356 Kirchhofplatz (1.130). Unterflurcontainer. Profil A–A St. Johann/Unterflurcontainer/Kirchhofplatz Schulhaus mit Blick gegen Westen (M 1:50), Lage vgl. Abb. 351.
1.092 / 1. 130 St. Johann / Kirchhofplatz Profil A -A Blick West Boden Kirche 1 : 20 St. Johann
396.00
Nordwand St. Johann IV 395.00
Romanischer Friedhof
A1
394.00
Friedhofmauern
A2
M14 M13
M1 393.00
Pflästerung Kirchhofplatz 1541
jüngere Pflästerung Beinhaus
Gotischer Friedhof um 1430 395.00
Romanischer Friedhof
S5 S4
S4
S4
S4
Grabgrube S14 Friedhof
A2
394.00
S9
M22
S14 Friedhof
Mörtelgussboden S12
A3
M21
Böden St. Johann: Sandsteinplattenboden St. Johann III
maximale Grabtiefen 393.00
Mörtelgussboden St. Johann II Mörtelgussboden St. Johann I
395.00
S4 S5 S6
394.00
A3
östliche Friedhofmauer M12
S7 S8
Lehmestrich S7 Planie S8
S9
S9
S10
Abbruchschutt S6
Mörtelgussboden S12 S10
S10
393.00
0
256
1
2
3
4
5m
Südwand Kirchhofplatzschulhaus
A4
A Friedhof St. Johann Nach dem Abbruch dieses Gebäudekomplexes bis auf Reste von max. 40 cm Höhe wurde das Gelände etwa einen 0,5 m aufgeschüttet und die meterbreite Mauer M12 gebaut. Diese begrenzt den Friedhof gegen Osten (Abb. 351 und 356). Ihre Reste liegen heute 1,2 m vor der Westfassade des Schulhauses. Die nachfolgend angelegten Bestattungen reichen bis in eine Tiefe von 1–1,6 m und zerstören die ältesten Siedlungsreste weiter. Östlich der Friedhofsmauer M12 deutet der Schichtaufbau mit dem anschliessenden Lehmestrich S7 auf ein an die Mauer angelehntes Ökonomiegebäude oder eine Werkstatt. Vermutlich ist die westliche Friedhofmauer M23 am Kronengässchen, die 1991 angeschnitten wurde, ebenfalls in dieser Zeit entstanden. Wie M12 besteht sie aus Kalksteinmauerwerk, das mit einzelnen Bollensteinen durchsetzt ist. Die eindeutig in einer jüngeren Bauetappe erfolgte Erweiterung des Friedhofs nach Nordosten liess sich hier erstmals feststellen. Das an die bisherige Ostmauer M12 angelehnte Wirtschaftsgebäude wurde abgebrochen und auf der Grenze zu St. Agnes die Nordmauer M11 errichtet. Sie diente den Ökonomiegebäuden der Nonnen als Rückwand und gleichzeitig als Friedhofmauer. Hinzu kommen im Friedhofsareal weitere Kiesaufschüttungen um 0.5 m. Friedhofsaufschüttungen erfolgten offensichtlich wiederkehrend und sind beispielsweise in den Stadtrechnungen im früheren 15. Jahrhundert belegt.82 Diese jüngere Friedhofserweiterung lässt sich auf Ende der 1420er-Jahre datieren. Sie erfolgte nach der Fertigstellung des gotischen Neubaus von St. Johann und integrierte vielleicht auch zwischenzeitlich für den Kirchenbau EHQXW]WH )ULHGKRIVÀlFKHQ ZLHGHU YJO 3IDUU hofgasse 1.106). Neben dem Abt von Allerheiligen hatten sich auch die Frauen von St. Agnes an den Erweiterungskosten des Friedhofs zu beteiligen.83 82 StadtASH A II.05.01.008/100 1409–1410: Item XVII ß dem tottengreber um sand zuo sant Johanns, bi den alten rechnern, d[edi]t Lipp Item III lb Uelin totengreber von dem Emersperg ze rumen, als man den Kilchoff fult, am mentag vorm Maigtag; A II.05.01.020/ 019 1418–1419: Item I lb Fürimars um IIII karrentagwan, als er grund uff den kirchhof fuorten. 83 Lieb/Waldvogel 1990, S. 135f.; StadtASH A II.05.01.036/055 1422–1432: Item wir habent gerechnet mit unserm herren von Schaufhusen… on der buw vom kilchoff zuo Sant Johans; A II.05.01.036/056 1422–1432: Wir hand gerechnet mit unserm herren, dem abbt von Schafhusen… on den buw dez killchhoffs zu Sant Johans…, Wir haben gerechnat mit den froZHQ ]XR 6DQW $JQHVHQ« XQG LVW KLHULQ KLQGDQJHVHW]W der buw des kilchhofs…. 84 Ex Terra Lux 2002, S. 237; Lieb/Waldvogel 1990, S. 135f. 85 Bänteli 1990, S. 79f.
Einige Zeit nachdem man den Friedhof wieder benutzte, wurde an der Klostermauer M11 zu St. Agnes ein kleines Gebäude errichtet, dessen wenig tiefe Fundamente im Bereich des 8QWHUÀXUFRQWDLQHUV DQJHVFKQLWWHQ ZXUGHQ 6LH ziehen über die abgebrochene Friedhofsmauer Mauer M12 hinweg (Abb. 351 und 356) und stammen von dem 1540 abgebrochenen Beinhaus. :HLO DEHU GLH %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ GLH LP Pestsommer 1541 nach der Räumung des Friedhofs (vgl. Baumgartenstr. 7/IWC 1.048) angelegt wurde, über die Beinhausfundamente hinwegzieht, muss die Behausung, die Balthasar Stuntzelmann auf dem funktionslosen Beinhaus am Kirchhofplatz errichtete, etwas weiter östlich liegen.84 Der 1989 freigelegte kleine Keller unter dem Schulhaus stammt von Stuntzelmanns Haus.85 Der nordwestliche Friedhofabschnitt war bereits 1525 mit dem Bau der Lateinschule aufgegeben worden.
1.106 Pfarrhofgasse 2–9 (Kirchhofplatz 22, Herrengärtli) 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O )ULHGKRI 6W -RKDQQ .ORVWHU 6W $JQHV Literatur: Hauser 1996, S. 390; Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1951, S. 157–159. Im Jahr 1990 wurden vor der ehemaligen Strafanstalt (Pfarrhofgasse 2) Telefonkabel verlegt und der Strassenbelag erneuert. Die Erneuerung der Werkleitungen in der Pfarrhofgasse erfolgte 2008. Strasse, älteres «Kabishaus» und Klostermauer 6W $JQHV Heute beträgt das Gefälle vom Kirchhofplatz bis zur ehemaligen Stadtmauer am Gerberbach etwa 1,7 m. Das vorstädtische Terrain verläuft hingegen recht horizontal bis zur Westfassade des «Kabishauses» (1.223) und fällt von dort gegen den Bach ab (Abb. 351 und 360). Deshalb liegt der anstehende Boden im Mittelabschnitt etwa 1 m XQWHU GHU 2EHUÀlFKH ZlKUHQG HU LQ 5LFKWXQJ DXI den Bach bei ca. 1,8 m Tiefe liegt. Dieselbe 7LHIHQODJH ¿QGHW VLFK LP :HVWHQ LP HKHPDOLJHQ Friedhof, bedingt durch die andauernden Aufschüttungen (1.130). Zur Anlage der Gasse wurden der Humus und alte Siedlungsschichten entfernt. Der unterste, schwärzliche Strassenkoffer misst üblicherweise um 30 cm, erreicht aber gegen die Stadtmauer hin bis zu 80 cm, weil dort das Terrain ausnivelliert wurde. Das Fundmaterial aus dem 13. und der 257
Abb. 357 Z Pfarrhofgasse (1.106). Südmauer M24 der östlichen «Kabishaus»Hälfte und Klostermauer von St. Agnes aus der Zeit um 1300 (1), oberflächlich abgedeckt. Nach deren Abbruch entstand 1881 die Südmauer der Strafanstalt (2). Abb. 358 V Pfarrhofgasse (1.106). Südmauer M24 der östlichen «Kabishaus»Hälfte und Klostermauer von St. Agnes aus der Zeit um 1300, P6 (1). Daran anschliessend die Kieskoffer (2) der im 13./1. H. 14. Jh. entstandenen Gasse, vgl. Abb. 360.
2 1
1
2
1. Hälfte des 14. Jahrhunderts macht deutlich, dass die Pfarrhofgasse nicht in der Frühzeit der Stadt entstanden ist. Sie ist jünger als die Ampelngasse (1.206), gehört zum Ausbau des Klosters St. Agnes um 1300 (1.079), beanspruchte wohl ein Stück Garten des älteren «Pfarrhofs» von St. Johann (1.084) und führt zum Friedhof (1.130). Auffallend sind in diesem Strassenkoffer die vielen Tierknochen mit einem hohen Hornzapfenanteil von Schaf/Ziege (Abb. 195). Letztere lassen sich als Gerberabfall der nahen Gerberhäuser erklären (1.116; 1.247 und 1.110). Die Gerber kauften die Felle mit den noch anhaftenden Hörnern, wie dies verbreitet auch Bildquellen überliefern.86 Mit diesem ältesten Strassenkoffer rechnet die Südmauer M24 der abgebrochenen, östlichen «Kabishaus»-Hälfte. Ihre auffallende Mauerstärke von knapp 1,20 m im Aufgehenden zeigt, dass sie von Anfang an für ein Lagerhaus gebaut worden ist, einem Vorgänger des «Kabishauses». Zudem dient sie als südliche Klostermauer von St. Agnes (Abb. XQG ZHOFKH GLH 0DXHUÀXFKW 0 des ins 12. oder frühere 13. Jahrhundert zurückgehenden «Pfarrhofs» übernimmt. Der nicht IUHLJHOHJWH 0DXHUYHUVDW] LQ GHU 6 GÀXFKW OLHJW genau in der Verlängerung der Ampelngasse. Er hängt mit der wohl schon älteren Toreinfahrt von Süden zum Kloster St. Agnes zusammen, die
Abb. 359 Pfarrhofgasse (1.106). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
(Dura
86 Rehazek /Nussbaumer 2012, S. 68, mit weiterführender Literatur.
Gerberbach
11. Jh. /1. Hälfte 13. Jh. 12. /1. Hälfte 13. Jh. 1299 14. Jh.
Mauererneuerung 1423 1535 17. Jh.
1.106 Kabishaus
Steg
talt 1881 Strafans
M24
P2
Hampeltörli
Profil B 1.106
Bollwerk 1
Tor Rothsches Haus
Kabishaus 1.223
1.116
P6 D
Hof
sse
fga arrho
Pf
A C Steg
M25 B
G
J Gerbe / Versöhnung 1.116 H
Tor zerstört 1968 M26
E Pfarrhof F
G4
Haus des Leutpriesters
0 1
5
10 m
N
gelbe Kerze
rkanal wasse Brauch
P10
258
Schutzg Schutzt
A 6WUDWLJUD¿H 3IDUUKRIJDVVH ± $EE Friedhof Kirchhofplatz Schichtaufbau Fundnummer Gartenkies –
Pfarrhofgasse Datierung Schichtaufbau Aufgabe 3ÀlVWHUHUVDQG Friedhof 1541 Friedhoferde 5, BKR 3, WS 2. H. 13./ 2. Strassenkoffer olivgrüne 1. H. 14. Jh. Glasur, graue Ware, Neubau «KabisFZah, HZ haus», Bauniveau 1., ältester Strassenkoffer anstehender ockergelber Lehm
1.106 Pfarrhofgasse Profil B - B Blick Nord 1 : 20
Fundnummer –
Datierung 3ÀlVWHUXQJ 16./17. Jh.
3, 4, BKR 2 (3 Stk.), BKR 3 2. H. 13./ (6 Stk.), HZ, TK, viele Horn- 1. H. 14. Jh. zapfen Schaf/Ziege – – 1, 2, TR 20a, FZah engobiert, 13./ WS braune Glasur, TK 1. H. 14. Jh. Abb. 360 Pfarrhofgasse (1.106). Profil B–B, Kirchhofplatz/Pfarrhofgasse (M 1:50), Lage vgl. Abb. 351 und 359.
Sandsteinbrocken, Steinmetzabfall Bauhütte St. Johann Ende 14. Jh. bis 1420
Kirchhofplatz Asphalt Asphalt
395.00
Pflästerung 1541 Ostmauer Friedhof M 27
Pflästerung 1541
Grabgrube nach 1430
Friedhoferde, umgelagert
394.00
Friedhoferde, umgelagert
Grabgrube nach 1430
Pfosten?
Brandschicht
kohlig
B1
Lehm
B2
älteste Siedlungsreste kohlig
393.00
P17
P20
Eckpfeiler Kabishaus 17. Jh.
Asphalt
395.00
P Pfarrhofgasse
B2
Pflästerung 1541
Friedhoftor
B3
Pflaster
M25
kiesige Gartenerde Planie
394.00
Pflaster
Humus, älteste Siedlungsreste
Pflästerersand humös, Benutzung humös, Benutzung
Asphalt
Bauniveau M24 Humus
Kabishaus St. Agnes Humus
393.00
Strasse
Malmschutt
Strasse Schwärzlicher Kieskoffer
Silt
P15
Silt
Strasse
M24
P10 Schwärzlicher Kieskoffer
392.00
Lehm
Lehm
Wandkies
391.00 0
1
2
3
4
5m
P6
P2
259
schloss. Gegenüber kam die Mauer M26 zum Vorschein, welche die Fassade des «Pfarrhofs» gegen Westen verlängert hat. Das Hampeltor (1.106 und 1.191) am anderen Gassenende ist Mitte des 14. Jahrhunderts mit dem Stadtausbau um den Munot entstanden (1.112).
1
2
Abb. 361 Pfarrhofgasse (1.106). Unter dem im 17. Jh. entstandenen Kalksteineckpfeiler (1) des «Kabishauses» liegt das Fundament M25 (2) eines spätmittelalterlichen Tors, das die Gasse abschloss, vgl. Abb. 360.
Abb. 362 Pfarrhofgasse/Kirchhofplatz (1.106). Vor dem «Kabishaus» liegen älteste Siedlungshorizonte mit Brandschutt (1), darüber Friedhofserde (2) und Steinmetzabfall (3) der Bauhütte, der durch Gräber des jüngeren Friedhofs durchschlagen wird (4), vgl. Abb. 360.
Mentzinger 1644 abbildet. Weil das Mauerwerk mindestens 2,5 m unter die Strasse reicht (Abb. 358), ist ein heute aufgefüllter Keller vorauszusetzen, dessen Gewölbe sich punktuell beobachten liess. Das sorgfältige, lagenhafte Kalksteinmauerwerk mit Lagen von 7–15 cm Höhe und Steinlängen von bis zu 60 cm passt gut in die Zeit um 1300, in die Zeit der grossen Erweiterung von St. Agnes. Mindestens zwei weitere Kieskoffer, die mit dem «Kabishaus» rechnen, lassen sich in der Gasse belegen, sowie punktuell ein Brandhorizont. Die Qualität der Koffer nimmt gegen Westen deutlich DE XQG VLH HQGHQ XQVFKDUI DXI GHU :HVWÀXFKW GHV «Kabishauses». Dort, unter dem im 17. Jahrhundert entstandenen markanten Kalksteineckpfeiler, liegt ein meterbreites Fundament M25 aus Bollen- und Kalksteinen (Abb. 359, 360 und 361). Es gründet auf dem anstehenden Boden, ist vor die Gebäudeecke gestellt, springt 30 cm in die Pfarrhofgasse ein und gehört zu einem spätmittelalterlichen Tor, das die Gasse ab-
3
3 4
4
2 1
260
Garten, Bauhütte und Friedhof Der Schichtaufbau wechselt westlich des Tores und entspricht den im Siedlungsbereich üblichen Verhältnissen. Auf dem anstehenden Boden liegt 30–40 cm Humus, der mit viel Holzkohle und punktuell mit Steinen und Brandschutt, d. h. rot verbranntem Lehm gemischt mit gelbem, unverbranntem Material (Abb. 360 und 362) durchsetzt ist, so wie wir ihn ebenfalls aus den Anfängen der Stadt zuunterst in der Ampelngasse XQG LQ GHU 8QWHUVWDGW ¿QGHQ XQG Darüber liegt Gartenerde und punktuell einplaniertes Aushubmaterial. Etwa 8 m westlich vor dem «Kabishaus» ist ein massives, 20–50 cm starkes, graugrünes Sandsteinbrockenpaket mit wenig rotem Steinanteil YRUKDQGHQ $EE XQG 6HLQH 2EHUÀlFKH liegt 0.5 m unter dem Platz, und es nimmt eine Fläche von mindestens 10 m Seitenlänge ein. Ganz offensichtlich sind es die Reste der Bauhütte aus der Zeit der ersten gotischen Stadtkirche des späten 14. Jahrhunderts, die bis zur Vollendung des Turmes um 1420 (1.092) in Betrieb war. Sie wird in den Quellen des Rathausbaus 1411 überliefert (1.199).87 Zwar liegt der Steinmetzabfall auf Friedhoferde auf, eindeutige Gräber fehlen darin aber, weshalb es sich um verlagertes Material handeln muss. Die neue Ostmauer M27 der Friedhoferweiterung der 1420er-Jahre nach Nordosten (1.130) durchschlägt den Platz dieser einstigen Bauhütte. Die Kalksteinmauer verläuft 17 m östlich der bislang bekannten Ostmauer M13 des Kirchhofs, die demzufolge eine ältere Friedhofbegrenzung sein muss.88 Wie M27 durchschlagen auch die Grabgruben der neuen Bestattungen den Steinmetzabfall (Abb. 362). Bemerkenswerterweise liegen einzelne Skelette auch östlich der Mauer M27, es scheint sich dabei um Sonderbestattungen zu handeln.89 Das Ganze ist bedeckt vom Gartenkies des 1541 angelegten KirchKRISODW]HV GHU VSlWHU HLQH .DW]HQ NRSISÀlVWH rung erhielt. Zur Friedhofmauer M27 gehören schliesslich auch weitere, zum Teil wohl noch aufrecht stehende Mauerabschnitte im «Herrengärtli» (Kirchhofplatz 22), die bei Umbauten 1952/64 abgedeckt wurden, neben jüngeren, daran anschliessenden Mauern.90
A 1.084 Pfarrhofgasse 9 «Pfarrhof» (1.236 Vordergasse 30 «Unterhaus») Wohnhaus, Latrine, Sickergrube, opus spicatum Literatur: Bänteli 2011, S. 35 f.; Hauser 1996, S. 389; Frauenfelder 1966, S. 9. Hausinventar: IBID, Jorge Serra, Heinz Pantli, Ensemble Vordergasse/Kirchhofplatz/Pfarrhofgasse/Ampelngasse, Februar/April 1994. Im Vorfeld eines Neubauprojektes wurden 2001 in der 1957 erstellten Halle der ehemaligen 6WDKOKDQGHOV¿UPD 'HJJHOHU 3HWHU ]ZHL UHFKW winklig aufeinander stossende Sondiergräben abgetieft. 2005 erfolgte die sanfte Sanierung der Obergeschosse, wo anlässlich einer Begehung romanisches Mauerwerk entdeckt wurde. Älteste Schichten Der gewachsene Boden liegt an der Pfarrhofgasse 1,3 m unter dem Hallenboden und fällt gegen Süden auf 1,6 m ab. In der ältesten umgearbeiteten Humusschicht liegt Keramik, die in die Anfänge der Stadt zurückreicht. Grundsätzlich gehören die 87 88 89 90
Bänteli 2011, S. 42f. Ruckstuhl 1990, S. 15, S. 122–125. Allgemein dazu: Illi 1992, S. 55–64. Plan Hans Deggeler vom 1.12.1964, Akten KASH 1.084.
vorderen zwei Drittel der Halle zum «Pfarrhof», während das hintere Drittel bis zum Neubau von 1957 zum «Unterhaus» an der Vordergasse 30 gehörte und dessen Hinterhaus und Hof war. Für den Neubau mit einer 25 cm dicken Bodenplatte sind im ganzen Hallenbereich die neuzeitlichen Niveaus zerstört worden. «Unterhaus» Die beiden Mauerzüge M28/M29 stammen vom querstehenden Hinterhaus, das sich bis über die Parzelle der «Zieglerburg» (Vordergasse 28) erstreckt hat (Abb. 363). Die südliche, vielleicht etwas ältere Mauer M29 besteht aus Mischmauerwerk von Kalk- und Bollensteinen sowie einer Kalksteinschwelle, 1 m unter dem Hallenboden. Die Nordmauer M28 ist die Parzellenmauer zum «Pfarrhof» und besteht aus reinem Kalksteinmauerwerk mit Steinen in mittlerer Grösse. In der dazwischenliegenden 3ODQLH XQG %HQXW]XQJVVFKLFKW ¿QGHW VLFK .H ramik aus den Jahrzehnten um 1300, die gut zum Mauercharakter passt. Hinzu kommt jüngeres Material aus der Benutzungszeit bis ins 16. Jahrhundert. Zwischen dem Hinterhaus und dem «Unterhaus» liegt der Hinterhof mit einer %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ XQG GHU /DWULQHQJUXEH G2, die bis um 1900 in Betrieb war.
2. Hälfte 11. Jh.
Tor
12. Jh.
Profil B
um 1300
2703225
P6
Steinmetzabfall Bauhütte St. Johann
14. Jh. um 1400
Kabishaus
asse
ofg farrh
1.223
P
P20
um 1430
M25 P10
M27
P15
9
Tor
N
P17 M30
M26
0
5
10 m
Pfarrhof Mörtelgussboden
G4
Haus des Leutpriesters
Pflästerung 13
M28
G3
Hinterhaus zum Unterhaus M29
M27 G2 Hinterhof
M31
G1
Ampelngasse
Profil B
Abb. 363 «Pfarrhof»/Pfarrhofgasse (1.084/1.106). Situation der Sondagen und Latrinengruben mit dem zum «Unterhaus» gehörenden Hinterhaus (M 1:400).
261
«Pfarrhof» Verbrannte Hüttenlehmbrocken und ein markantes, vom anstehenden Humus aus abgetieftes Pfostenloch sind schwache Reste von Holzbauten aus der Frühzeit der Stadt. Die mächtige Latrinengrube G4 mit einem Durchmesser von mehr als 5 m liegt auf der Ostseite des mittelalterlichen «Pfarrhofs». Vermutlich hat man sie aufgefüllt, als das kleinere, unterkellerte Haus nördlich davon entstandt, dessen Mauer M26 im Rahmen der Werkleitungssanierungen in der Pfarrhofgasse zum Vorschein kam (1.106). Sein Mauerwerk passt gut in die Jahrzehnte um 1400, zum spätgotischen Neubau von St. Johann (1.092). Als dieses Haus abgebrochen wurde, entstand ein Hof, den bereits der Peyerplan 1820 zeigt.
gotische Aufstockung
romanisch
Abb. 364 «Pfarrhof» (1.084). Ansicht des romanischen Mauerwerks M30 im 2. OG aus Kalk- und Bollensteinen mit schräggestellten Lagen in der Art des opus spicatum, 12. Jh. oder 1. H. 13. Jh (M 1:50).
Putz
2.OG
Bemerkenswert ist die noch aufrecht stehende Mauer M30. Von ihr sind nur 4 m2 im 2. Obergeschoss vom Verputz befreit worden (Abb. 351 und 364). Das Mischmauerwerk besteht hier in den unteren Lagen aus überwiegend Kalk- und wenig Bollensteinen, im oberen Bereich sind deren Anteile hälftig verteilt. Die Mauerstärke beträgt 64 cm, die erhaltene Höhe 9,7 m über dem heutigen Terrain, d. h. etwa 11 m vom mittelalterlichen Terrain aus. Die Länge der Mauer kann der heutigen Fassade an der Pfarrhofgasse entsprochen haben, beidseitig fehlen aber die Enden, und in den unteren beiden Geschossen ist die Mauer 1951 ostseitig abgebrochen und mit Stahlträgern unterfangen worden. Der Mauercharakter mit Lagen in opus spicatum passt gut in die Zeit des 12. oder der 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts. M30 ist damit älter als die Pfarrhofgasse (1.106), und ihre Flucht prägt die Lage der südlichen Klostermauer M24 von St. Agnes mit dem älteren «Kabishaus» (1.223) aus der Zeit des grossen Klosterausbaus um 1300. Der Hausname «Pfarrhof» geht auf das einstige Pfarrhaus von St. Johann zurück, das auch im ersten Steuerbuch von 1392 in diesem Häuserblock aufgeführt wird als Lütpriesters Hus.91 91 92 93 94
M30
Häuserdatenbank. Zur Datierung siehe S. 109. Pläne Hochbauamt Stadt Schaffhausen. SR 3, DTR 1, Tülle eines Ausgusskännchens, KR 2, WS mit früher olivgrüner Glasur, Nuppenbecherfragmente.
6WUDWLJUD¿H 3IDUUKRI $EE Halle nordseitig, «Pfarrhof» Schichtaufbau
Fundnummer
Gartenerde S15 1, FZ grün glasiert auf weisser Engobe, Rosenkranzring aus Knochen umgelagerter 4 Malmschutt, S14 Gartenerde S12 3, 12, 16, (14?), WS, HZ, TK Grube G4.5 13, WS bzw. abgesunkene Deckschicht umgelagerter Malmschutt, S11 Latrinen10, 11, 15, WS, TK grube(?) G4.1–4.3 Gartenerde S10 2, 17, Hüttenlehm, TK mit Pfostenloch anstehender – Humus S3
262
Halle südseitig, «Unterhaus» Datierung Schichtaufbau
Fundnummer
Datierung
9
bis um 1900 in Betrieb
15./16. Jh. –
Latrinengrube G2
12./14. Jh. %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ – 12./14. Jh. Gartenerde S5 6, hellgrüne 15./16. Jh. Glasur auf weisser Engobe –
humos kiesig, sandige 7, 8, 18, 19, Planie/Benutzung S9 DTR 3, SR 8, SR 9, frühe olive Glasur, graue Ware, TK 12./13. Jh. Mauern Hinterhaus
2. H. 13.– 1. H. 14. Jh. und 15.– frühes 16. Jh.
–
Latrinengrube(?) G3,
–
anstehender Humus S3, bearbeitet
2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. spätes 10.– 11. Jh.
5, 20, TR 12, TR 18b, TK 21, TR 5, TK
A 1.236 Vordergasse 30 «Unterhaus» Fassade, Fenster Hausinventar: Dagmar Wilke, Oberes Unterhaus, Juni 1992 Die Fassade zeigt im zweiten Obergeschoss ein gut erhaltenes Dreierfenster und zwei Zweierfenster mit breiter Fase und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354,92 die Fensterbänke sind modern (Abb. 365). An Stelle des fassadenbreiten Schaufensters im ersten Obergeschoss gab es gemäss den Plänen von 1902 zwei Viererfenster, die gegen das Zentrum hin ansteigend gestuft waren und wohl ebenfalls aus dem 14. Jahrhundert stammten. Ihre Staffelung widerspiegelt die Wölbung einer ehemaligen, hausbreiten Bohlenstube, die mit 6,5 m Breite unwesentlich kleiner war als jene der Trinkstube von 1343 («Schneiderstube» 1.217). Im Zentrum besassen die beiden Fenstergruppen einen Abstand von 35 cm zueinander; offensichtlich befand sich innen eine Säule, wie dies öfter anzutreffen ist. Auch die Stockwerkshöhen deuten mit 3,10 m im 1. OG und 3,30 m im 2. OG auf einen herrschaftlichen Hausbesitzer hin. Das Hinterhaus reicht nach den dortigen Sondagen tief ins Mittelalter zurück («Pfarrhof» 1.084). Das 3. OG wurde erst 1906 in historisierendem Stil aufgesetzt.93
1.167 Vordergasse 32/34, Hinterhaus «Hündlein»/«Goldene Ilge»/«Lilie» :RKQKDXV 3UR¿O )ULHGKRI 6W -RKDQQ Literatur: Hauser 1996, S. 410; Frauenfelder 1951, S. 282. Im Rahmen der Unterkellerungsarbeiten von Hinterhof und -haus zeigte sich 1994, dass die mittelalterlichen und neuzeitlichen Schichten schon im Rahmen früherer Bauarbeiten weitgehend entfernt wurden. Einzige Ausnahme ist eine 20 cm starke schwärzlich-humose Kulturschicht, die auf dem anstehenden Humus liegt. Daraus stammen ein kleiner Komplex von Keramikscherben sowie einige Nuppenbecherfragmente, welche die Schicht einheitlich in die 2. Hälfte 13./1. Hälfte 14. Jahrhundert datieren.94 Die Ablagerungen sind nach der wenig fundamentierten Bollensteinmauer M31 an deren Nordseite entstanden. Erhalten sind zwei Steinlagen des isolierten Mauerstückes (Abb. 363). Bislang sind dies die ältesten Befunde in diesen beiden Hausparzellen. Nordseitig, vom Kirchhofplatz her, wurde eine Kellerrampe als temporäre Bauzufahrt angelegt. Dabei wurde deutlich, dass der Friedhof von St. Johann in seiner jüngsten Ausdehnung der Zeit um 1430 an der Nordseite der beiden Parzellen endete (1.130 und 1.106).
Abb. 365 «Unterhaus» (1.236). Die Fenster im 2. OG der Fassade gegen die Vordergasse besitzen eine breite Fase mit abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354.
263
264
B
& 5YEVXMIV *VIMIV 4PEX^ YRH 6LIMRFV GOI ď 9RXIVWXEHX YRH &EGLFV GOIR Vorstädtisches Bindeglied an der alten Landstrasse zwischen dem um 1000 entstandenen Stapelplatz vor den Stromschnellen am Rhein und der Leutkirche St. Johann. Mitte des 13. Jahrhunderts kommt die Rheinbrücke mit der Vorstadt am Feuerthaler Rheinufer hinzu.
1.164 Freier Platz 5–8 6WUDVVHQSUR¿O )lKUH /DJHUKDXV /DQGJHZLQQXQJ .DQDO
Bildquellen: Grütter 2005, S. 54–57, Kat. 55, 73, 148; Elsener/Weigele 2005, S. 70f., Kat. 117, 118, S. 75, Kat. 128, 129, S. 76, Kat. 131, 132, S. 103, Kat. 209, S. 128, Kat. 295, 296.
Stall s 1864 / Schiff bi Silberberg
7
P11
Schwibbogen
Findling M40
inneres Schwarztor M41
P5
Garten zur Hofmeisterei
M45
Tor 1787 M46 Paradieserhaus
2704130
äusseres Schwarztor
Freier Platz
M38 innerer Stadtgraben
M43
Berme
P12
innerer Stadtgraben
M42
6
Strass enkan te
Abb. 366 Freier Platz (1.164). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
Güterhof
5
Die Erneuerung der Gasleitung vor dem «Schiff» (Freier Platz 6) ermöglichte 1994 einen ersten Einblick in den Boden des Platzes, hinzu kamen 2009 Anschlussarbeiten im Zuge der Werkleigoldener Pfeil
Schiff
Königstuhl 1785
Literatur: Hauser 1996, S. 354f.; Hans Ulrich Wipf: Die Salmansweiler Häuser in Schaffhausen, in: SN 19.5.1984; Frauenfelder 1966, S. 7; Frauenfelder 1952, S. 70, S. 340; Rüedi 1945, S. 197–199.
Paradieserhaus erwähnt 1318
1.164
alte Altes Rheinufer
M39 10
M29
r M37
M10 Tor Hofmeisterbüro
r fr
Hoftor Ost
Kanal 1842
Türe
Hofmeisterei
Salmanswilerhaus erwähnt 1350 später Wasserhof Mitte 13. Jh. 9032041.0
2. Hälfte 13. Jh. um 1442/43 Schwarztor 16. Jh.
Rheinufer
1628-34 äusserer Stadtgraben / Katze N
0 1
5
10 m
17. Jh.
e und Rheinbrücke zhof ng des Salzhofes
265
tungssanierung Moserstrasse (1.230). Im Vorfeld der Neugestaltung des Platzes erfolgte 2010/2011 die Sanierung der Werkleitungen. Weil diese zum grossen Teil aus der Zeit des Rheinbrückenbaus aus den 1960er-Jahren stammen, wurden nur Teilstücke ausgewechselt und von den Kanalisationen nur einzelne Kontrollschächte erneuert, so dass die Ergebnisse noch bruchstückhaft sind.
Von der Unterstadt her verlaufen diese Sandschichten bis zum letzten Fassadendrittel des Schweizerhofs horizontal. Bis zu seiner rheinseitigen Ecke fallen sie dann etwa 70 cm ab, so dass davon auszugehen ist, die Strasse habe gegen die Rheinbrücke hin insgesamt ein Gefälle von etwa 1,5 bis 2 m aufgewiesen. Eine ähnliche Situation kennen wir heute noch von Stein am Rhein.
Strasse zur Rheinbrücke Etwa in der Mitte der Ostfassade des «Schweizerhofs» liegt die alte Uferlinie des Rheins. Das anVWHKHQGH 7HUUDLQ ¿QGHW VLFK KLHU ZLH EHLP hEHUgang in die Unterstadt, in 2,5 m Tiefe (Abb. 366; 1.240). Von den darauf liegenden mittelalterlichen Strassenkoffern sind nur einige der jüngeren bruchstückhaft erfasst. Es gibt keine Unterschiede zu den übrigen Beobachtungen in der Unterstadt (1.224; 1.227 und 1.240). Direkte Strassenschlüsse an die Mauern von Salzhof und +RIPHLVWHUHL IHKOHQ 0 0 :LH 3UR¿O 3 beim «Schiff» zeigt, enden hier die Strassenkoffer 2,5 bis 3 m vor der Fassade, ein Hinweis, dass die Strasse gegen die Rheinbrücke hin abgebogen ist. Diese Beobachtung deutet sich bereits etwas weiter westlich bei der «Unteren Fels» (1.240) an. Am Rheinufer, beim Widerlager der späteren Brücke, wäre dann der Standort einer ersten Fähre nach Feuerthalen anzunehmen (1.235 und 1.240). Eine weitere Aussage lässt sich zu den spätestens DE HQWVWDQGHQHQ 3ÀlVWHUXQJHQ PDchen. Sie sind meistens nur indirekt über den gelEHQ 3ÀlVWHUHUVDQG QDFK]XZHLVHQ ZHLO GLH 3ÀDV tersteine wie üblich wiederverwendet wurden.
Strasse zum Schwarztor Heute verläuft die Strasse in diesem Abschnitt bis zum Schwarztor weitgehend eben. Das anstehende Terrain hingegen, das beim Übergang zur 8QWHUVWDGW LQ P 7LHIH OLHJW ¿QGHQ ZLU YRU GHP «Schiff» (Freier Platz 6) etwa 1 m höher. Wie eben festgestellt, deutet dies darauf hin, dass die Reichsstrasse auf Höhe der Parzellen «Schiff»/ «Ilge» zum Rhein abgebogen ist. Vom «Schiff» fällt das Terrain bis zum Schwarztor wieder leicht ab, wo der anstehende Humus 1,9 m unter der 2EHUÀlFKH OLHJW ,P HWZD P VWDUNHQ .LHVSDket dieses Abschnitts sind 12 Kieskoffer auszuPDFKHQ =XXQWHUVW ¿QGHW VLFK LP %HUHLFK GHV 6FKZDU]WRUV HLQH 3ÀlVWHUXQJ GLH PLW GHP *HKniveau der dahinterliegenden Grubenhäuser rechnet und an die älteste nellenburgische StrassenSÀlVWHUXQJ HULQQHUW 1 Die Kieskoffer sind recht dünn und fein gebändert (Abb. 367). Dies deutet auf die Erneuerung dieses Strassenabschnitts in rascher Folge hin, bis er schliesslich XP JHSÀlVWHUW ZLUG (LQ 6SLQQZLUtel daraus ist ein seltener Fund (Abb. 373.4).2 Der lOWHVWH 3ÀlVWHUHUVDQG OLHJW QXU ELV FP XQWHU
Abb. 367 Z Freier Platz (1.164). Im etwa 1,3 m starken Kiespaket vor dem Restaurant «Schiff» sind etwa 12 Strassenkoffer aus der Mitte des 13. Jhs. und dem 14. Jh. auszumachen.
Abb. 368 ZZ Freier Platz (1.164). Vor dem «Königsstuhl» liegt am Strassenrand der mächtige Findling M40 mit einem Durchmesser von 1,6 m in einer Grube (1), welche die meisten Kieskoffer der Strasse durchschlägt. Er ist ins späte 14. Jh. zu datieren und war möglicherweise Teil einer stadtinnenseitigen Sperre oder gehörte zur Fähre.
266
1
B dem heutigen Niveau, das sich demnach seit dieser Zeit wenig verändert hat. Bemerkenswert ist der mächtige Findling M40 am Strassenrand etwa mittig vor dem «Königsstuhl» (Freier Platz 7). Er besitzt einen Durchmesser von etwa 1,6 m, ist mehr als 60 cm hoch und liegt in einer Grube, die die meisten Kieskoffer der Strasse durchschlägt. Nur die letzten beiden scheinen darüber hinwegzuziehen, was den Findling ins späte 14. Jahrhundert datiert (Abb. 368). Seine Funktion ist unbekannt. Möglicherweise war er Teil einer stadtinnenseitigen Sperre, etwa einer abschliessbaren Kette, wie sie im 15. und 16 Jahrhundert an verschiedenen strategischen Orten der Stadt erwähnt sind, so bei den Torbogen an den beiden Brücken über den Bach oder an der Rheinbrücke.3 Oder gehörte der Findling zur Fähre, deren Weiterbestehen nach dem Bau der Rheinbrücke anzunehmen ist, weil die Brücke durch Hochwasser immer wieder beschädigt wurde (1.080)? +RIPHLVWHUHL 3DUDGLHVHU XQG 6DOPDQVZLOHUKDXV Die eigentlichen Warenlager des Salzhofs lagen auf der anderen Seite der Strasse zur Rheinbrücke, auf dem heutigen Freien Platz. Die Stumpfsche Stadtansicht von 1548 zeigt oberhalb der Rheinbrücke drei Lagergebäude mit grossen Toren zum Rhein und vorgelagerten Quais und Treppen aus Stein und Holz, wie sie an der Schifflände am Fischergässchen zum Vorschein gekommen sind (Abb. 78 und 79; 1.230), sowie DQJHODQGHWH /HGLVFKLIIH GLH ÀDFKERGLJHQ /DVWsegelschiffe des Bodensees.4 1 2 3 4
Vgl. oben, S. 38. KASH 42510. Rheinbrücke: StadtASH A II.05.01.084/102 1445– 1445; steinerne und hölzerne Bachbrücke: STASH RP 39,100 (1579) und RP 43,31 (1583). Hakelberg 2003, bes. S. 25f.
Direkt gegenüber dem Salzhof liegt die Hofmeisterei, das Wohnhaus des Salzhofmeisters, das ebenfalls dem Güterumschlag diente (1.235). Seine westliche Längsmauer M37 wurde bei der Bushaltestelle vor dem «Schweizerhof» punktuell untersucht (Abb. 366 und 369). Das Mauerwerk besteht im Fundament ausschliesslich aus trocken(?) gemauerten Bollensteinen, im noch 95 cm starken Aufgehenden aus vermörteltem Kalkbruchsteinmauerwerk mit Bollensteinen vor allem im Mauerkern. Der Fundamentabsatz liegt auf 390,50 m ü. M., wie bei der zweiten, mit dem ältesten Salzhof gebauten rheinseitigen Stadtmauer M6/19 aus der Mitte des 13. Jahrhunderts (1.235, S. 284). Gut dazu passt, dass die HofmeisWHUHL GLH %DXÀXFKWHQ GHV DOWHQ 6DO]KRIV EHUnimmt. Ebenfalls auf Höhe des Fundamentabsatzes schliesst sich innenseitig ein ältester Lehmestrich mit feinen Benutzungshorizonten an, die ihrerseits von einem Brandhorizont und Brandschutt bedeckt werden. Dieser Brand aus der Zeit um 1300 liess sich ebenfalls im Salzhof und im Läufergässchen verfolgen (1.235, S. 290; 1.240, S. 312). Nach dem Brand wurde das Gebäude renoviert und weiterbenutzt. Es folgen eine .LHVHOSÀlVWHUXQJ G QQH YHUVFKPXW]WH 7UDPSHOböden, darüber ein nur lokal(?) vorhandener Boden aus Tonplatten in einem Mörtelbett und VFKOLHVVOLFK HLQH ZHLWHUH .RSIVWHLQSÀlVWHUXQJ ,P JHJHQ EHUOLHJHQGHQ *UDEHQSUR¿O OlXIW GLH M QJVWH QRFK HWZDV K|KHU OLHJHQGH 6WUDVVHQSÀlV terung in die Mauer der Hofmeisterei hinein. Diese Stelle liegt direkt gegenüber dem ehemaligen Tor zum Büro des Salzhofmeisters und stammt folglich wiederum von der Türe in die Hofmeisterei, so dass der Salzhofmeister den kürzestmöglichen Weg zwischen beiden Häusern direkt über die Gasse benutzen konnte. Offensichtlich reichte das Grundstück der Hofmeisterei
6 5
1
4 2
3
Abb. 369 Freier Platz (1.164). Westmauer M37 der Hofmeisterei (1) aus der Mitte 13. Jh. Innenseitig anschliessend ein ältester Lehmestrich (2), Brandhorizont und Brandschutt (3), Kieselpflästerung (4), Tonplattenboden im Mörtelbett (5) und jüngere Katzenkopfpflästerung (6).
267
früher weiter nach Norden bis auf die VerlängeUXQJ GHU 1RUGÀXFKW GHV 6DO]KRIV %HL 3 und P11/2010 (Abb. 366) fehlen die Strassenkoffer, was darauf hindeutet, dass hier zunächst ein Garten bestand. 1 m unter dem Asphalt ist eine %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ YRUKDQGHQ GLH PLW GHU M QJVWHQ LQQHUHQ 3ÀlVWHUXQJ GHU +RIPHLVWHUHL korrespondiert.
Abb. 370 Z Freier Platz (1.164). Die Ostwand M38 des «Paradieserhauses» (1) bei der Nordwestecke des Güterhofs war gleichzeitig östliche Stadtmauer und stammt aus der Mitte des 13. Jhs. Abb. 371 V Freier Platz (1.164). Entwässerungskanal in der Strasse zur Rheinbrücke, gemauert aus dem Material der 1842 abgebrochenen Gebäude für den Freien Platz.
268
Im Winkel an der Stadtmauer zwischen dem Tore ze Vischerhuiser und dem Rine inrunthalp an der Rincmure liegt das «Paradieserhaus», nach dem Kloster Paradies benannt. Ritter Herman an dem Stade hatte 1318 sein Haus den Frauen vom Paradies geschenkt.5 Bereits 1420 nutzte die Stadt das «Paradieserhaus» als eines ihrer Kornhäuser (vgl. 1.186). 1574 kam es vollständig in ihren Besitz.6 Seine beiden Längsmauern wurden nur REHUÀlFKOLFK DEJHGHFNW LQ HLQHP QXU FP WLHfen Graben im Bereich der Bauschuttschicht von 1842.7 Die Ostwand M38, gleichzeitig östliche Stadtmauer, ist 1,68 m stark und besteht aus Mischmauerwerk von Kalk- und Bollensteinen, letztere vor allem im Mauerkern (Abb. 366 und 370). Aussen gegen den inneren Stadtgraben sind Putzreste vorhanden, die teilweise mit Hohlziegeln gefüttert sind. Die stadtinnenseitige Westwand M39 ist mit 1,5 m etwas schmaler und be-
1
steht, soweit ersichtlich, nur aus Kalksteinen in Lagen um 15 cm. Es ist zu vermuten, dass das «Paradieserhaus» seine volle Länge erst in der Mitte des 15. Jahrhunderts erreichte, nach der Landgewinnungsmassnahme durch die nochmals in den Rhein hinein verschobene dritte Stadtmauer. Diese löste die Bollensteinmauer M24a/ M6 ab, die wir im Salzhof und in den Fischerhäusern nachgewiesen haben (1.235 und 1.221). Dazu passt auch der Vermerk in den Stadtrechnungen von 1448, der bei den Zinszahlungen, die die Stadt für das «Paradieserhaus» an die Nonnen vom Kloster Paradies ausrichtete, explizit das un der hus erwähnt, das wohl den jüngeren, rheinseitigen Hausteil meint.8 Eingeklemmt zwischen Hofmeisterei und «Paradieserhaus», ebenfalls mit direktem Rheinanstoss, liegt das Salmanswilerhaus, das Lagerhaus des ebenfalls am Salzhandel beteiligten Klosters Salem am Bodensee. Erstmals wird das Haus 1350 erwähnt.9 Wenige Jahre nach dem Neubau des Salzhofs (1.235), im Jahr 1537, wird es von der Stadt gekauft und später «Wasserhof» genannt. An dieser Stelle fehlen Einblicke in den Boden. )UHLHU 3ODW] Die Einrichtung des neuen Güterhofs (1.213) KDWWH ELV GLH DOWHQ /DJHUKlXVHU EHUÀ VVLJ gemacht und führte zum Umbau dieses ganzen Stadtteils. Das innere Rheintor, die Hofmeisterei, der «Wasserhof», das «Paradieserhaus» und das innere Schwarztor wurden abgebrochen. Dadurch wurde eine bessere Zufahrt zur Rheinbrücke und HLQH JU|VVHUH 6FKLIÀlQGH I U GLH 'DPSIVFKLIIfahrt geschaffen. Einzig den «Wasserhof» wollte der Rat wieder aufbauen, was zu heftigem Streit in der Bevölkerung, zum Abbruch des bereits begonnenen Neubaus und zur Schaffung des Freien Platzes führte. Das Abbruchmaterial wurde zum Teil an Ort und Stelle verteilt, was zur Anhebung der Niveaus zum Rhein hin um etwa einen halben Meter führte (1.124 und 1.230).10 Mit dieser Auffüllung wurde in der Längsachse der Strasse zur Rheinbrücke ein gemauerter Entwässerungskanal angelegt (Abb. 371). Er ist 70 cm breit, besitzt einen Stichbogen und besteht aus Abbruchmaterial der umliegenden Gebäude. Eine Ansicht von 1849 zeigt die Situation um den Freien Platz sehr schön, mit dem immer noch im OriginalzuVWDQG EH¿QGOLFKHQ 6DO]KRI 11
B 1.058 Freier Platz 7 «Königsstuhl» 6RGEUXQQHQ 6LFNHUJUXEH Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1943, S. 45. Bei Bauarbeiten kam 1943 im Hinterhof ein Sodbrunnen zum Vorschein. Es handelt sich wohl um eine ins Grundwasser abgetiefte Sickergrube, wie sie später vom «Silberberg» und «Schweizerhof» bekannt wurden (1.124 und 1.235).
Die Baulücke des 1971 abgebrochenen Hauses «Zum Silberberg» wurde 1988/89 durch einen mehr als doppelt so grossen Neubau geschlossen. Dies erlaubte, die Anfänge der Parzelle zu untersuchen und das Ergebnis im Zuge der Restaurierung der östlichen Flankenmauer am Munot zeitnah mit dessen 400-Jahr-Jubiläum zu publizieren. 1997 kam die Sanierung der Werkleitungen in der Fischerhäuserstrasse hinzu; weitere Anschlussarbeiten folgten 2008 im Zuge der Restaurierung des Güterhofs. 0 1
5
Abb. 372 «Silberberg»/Schwarztor (1.124), Situation mit Bauphasen (M 1:400).
10 m
N 11. Jh. / 12. Jh. Grubenhäuser 12. / frühes 13. Jh. Kernbau Mitte 13. Jh. Stadtmauer um 1360 Flankenmauer Annot
Eulenburg
A
2703158
innerer Graben 14. Jh. Erweiterung Kernbau, Steinkeller Munot Wehrgang
um 1445 Schildmauer / Verstärkung Kontermauer Neubau inneres Schwarztor
1
Mitte 16. Jh. Neubau Silberberg 2c 1628-34 äusserer Stadtgraben / Katze
1c L
F
äusserer Graben
I M
Katze 1634
D
K
N
1.124
M43
E
G M44
B
A Berme
C M42
7
Schwibbogen
M49
innerer Stadtgraben
äusseres Schwarztor
äusseres Schwarztor
inneres Schwarztor M41
2704130
M49
1.124
8
M48
M46
Brücke
M45
M46 M38
rhof
H
rhaus
11
Literatur: Bänteli 1996, S. 233–238; JbAS 73, 1990, S. 33; Bänteli 1989, S. 124–134; Weitere Kernbaute freigelegt, SN 5.01.1989; Frauenfelder 1952, S. 28, S. 57f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 54–57, Kat. 55, 73, 148; Elsener/Weigele 2005, S. 128, Kat. 295, 296.
Silberberg
7 8 9 10
STASH UR 1/395; vgl. auch UR 1/441. StadtASH A II.05.01.025/032 1420: X ß dem Ham OHU YRQ DLQHP JDGHQ LP 3DUDGL HUKXV GD NRUQ LQQ lidt; A II.05.01.079/124 1443–1443: XVII ½ lb und X guldin und V ß nam der Jung und ist damit dez NRUQV JDQW] EH]DOW OLJHQG LP 3DUDGLVHU KXV A II.05.01.079/125 1443–1443: dez roggen ist C XVI PXWW OLW LP 3DUDGLVHU KXV 9, GHQ NDUUHU GDV NRUQ ]XR I HUHQ YRQ GHQ HQGHQ GD GDV JHOHJHQ LVW LQ GHQ 6DOW]KRII LQ GHU 3DUDGLVHU KXV XQG XII *|W] Schulttn’turn; Frauenfelder 1937, S. 19. Vgl. unten, S. 268. StadtASH A II.05.01.093/047 1448–1448. STASH UR 1/749 und UR 1/776. Rüeger 1884, S. 369, Anm. 5; Werner 1938; Frauenfelder 1951, S. 28, S. 238f.; Hauser S. 354f. Grütter 2005, S. 168, Kat. 442.
Königsstuhl
5 6
1.124 Freier Platz 8 «Silberberg», Schwarztor, Fischerhäuserstrasse 2–14 6WDGWPDXHU *UDEHQ .RQWHUPDXHU 6FKZDU]WRU %U FNH 6WUDVVHQSUR¿O *UXEHQKDXV :RKQKDXV +RO]KDXV 6LFNHUJUXEH $UFKlR]RRORJLH $UFKlRERWDQLN
M43
269
6WUDWLJUD¿H )UHLHU 3ODW] ©6LOEHUEHUJª Schichtaufbau
Fundnummer
Datierung
Haus D, Benutzungshorizont 1, 2, 8, ähnlich HTR 5 innen farblos glasiert, SR 14a innen 16. Jh./ jüngerer Keller mit Katzenkopf- farblos glasiert, RS grün glasiert, RS grün glasiert auf weisser 1598 SÀlVWHUXQJ Engobe, HZ, Glasscheibenfragmente, eiserne Laden-/Türbeschläge über Steinkeller I, S5, Planie mit 5, Bandhenkel grün glasiert auf weisser Engobe, Bronzefrag- 16. Jh. Erneuerung Stadtmauer ment über Steinkeller I, S4, Planie mit 7 Erneuerung Stadtmauer
Abb. 373 «Silberberg» (1.124), vgl. Abb. 372. Die Topfränder 1 und 2 aus dem Grubenhaus A stammen aus dem 11./12. Jh., der Topfrand 3 aus der Sickergrube G aus dem späten 12./frühen 13. Jh. Vermutlich ebenfalls aus dieser Zeit stammt der Spinnwirtel 4, der aus dem Strassenkoffer etwas weiter westlich geborgen wurde (M 1:2).
16. Jh.
Steinkeller I, S3, Abbruch
4, 6, 2x SR 10, TR 22, LAR 5, Deckel und WS graue Ware, HTR 15./ 6 braun glasiert, Fu und BS farblos glasiert, WS grün glasiert frühes auf weisser Engobe 16. Jh.
Steinkeller I, S2b, Benutzung Sodbrunnen/Sickergrube G
3, WS 11, TR 16a, WS
13./14. Jh. spätes 12./13. Jh.
Grubenhaus A
10, TR 5, TR 12
11./12. Jh.
Silberberg und Stadtmauer Die wichtigsten Befunde aus der Baugrube sind hier mit den entsprechenden Bezeichnungen aus der damaligen Publikation (Abb. 372) zusammengefasst. Sie werden durch die neuen Erkenntnisse aus den späteren Grabungen in der Umgebung ergänzt. Die Datierungen wurden nach einer Neudurchsicht der Keramik soweit als nötig angepasst. Von der vorstädtischen Besiedlung zwischen Reichsstrasse (1.164) und Hangfuss des Emmersbergs stammen die drei Grubenhäuser A–C des 11./12. Jahrhunderts (Abb. 372). Das Grubenhaus A, vielleicht auch ein Erdkeller (Abb. 372, 84), durchschlägt ein älteres Schichtpaket, das durch die erste, 1,15 m starke Stadtmauer E gestört wird. Diese schliesst sich nachträglich an die Südost-
ecke des trapezförmigen Kernbaus D an (8 x 9–10m). Dessen Nord- und Ostfassade wurde nachträglich zur Stadtmauer, was die Bedeutung des Hauses unterstreicht (Abb. 102). Das Gebäude zeigt starke Ähnlichkeit zum Kernbau «Untere Fels» (1.202), gehört zum Typ B/ST12 und datiert ins 12. oder frühere 13. Jahrhundert. Die Stadtmauer E muss um die Mitte des 13. Jahrhunderts zusammen mit dem Bau des Salzhofs und der Osterweiterung der Stadtmauer (1.235) entstanden sein. Mitte des 14. Jahrhunderts kommt der Befestigungsabschnitt F über den Emmersberg hinzu (1.112). Im gleichen Jahrhundert wird der steinerne Kernbau gegen die Strasse mit der Mauer H erweitert. Sein Mauerwerk läuft über den so genannten Brunnen G hinweg (Abb. 374). Dieser ist mit seinem Durchmesser von 2,3 m als Sickergrube zu interpretieren, wie etwa die Be-
1 4
2 270
3
B funde im «Schweizerhof» zeigen (1.235). Nach der Datierung von Scherben aus der Füllung muss die Grube spätestens im Zuge dieser Hauserweiterung aufgefüllt worden sein. Ebenfalls in diese Zeit gehört der aussen an die Stadtmauer angebaute quadratische Steinkeller I (Abb. 375 und 102), der wohl einen Holzaufbau besessen hat. Vielleicht war dies eine Trotte oder ein Stall.
H
Im Zuge des Schwarztorneubaus von 1443 erfolgte eine komplexe Neubefestigung des alten Kernbaus D. Er wurde als Schwachpunkt erkannt, weshalb zuerst die Ostwand, die nachträglich zur Stadtmauer geworden war, mit einer Kalksteinmauer weitgehend neu gebaut wurde. Diese verjüngt sich von Norden nach Süden von 1,3 m auf 0,8 m. Anschliessend wurde der unterste Abschnitt L der östlichen Flankenmauer des Munot (1.112) nach Osten verschoben und bildete nun die nördliche Schildmauer vor dem alten Kernbau D.13 Die gleiche Funktion erfüllte die innenseitige Verstärkung der Kontermauer M43 (Abb. 376) für dessen östliche Seite. Gut in diese Zeit passen auch die Scherben in der Auffüllung des abgebrochen Kellers, die von den Verstärkungsmauern berücksichtigt wird. Die starken Brandrötungen an den noch erhaltenen Mauern des «Silberbergs», die sich am unteren Abschnitt der Flankenmauer zum Munot fortsetzen,14 dürften mit Kriegsschäden der Belagerung durch den Städtebund 1415 zusammenhängen (vgl. S. 129), und nicht mit dem unten erwähnten Brand des Schwarztors im Jahr 1480. Danach wurde das Gebäude D unterkellert und PLW HLQHU .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ DXVJHVWDWWHW später wurde es zum Teil neu gebaut. Die dreiund vierfachen Staffelfenster der strassenseitigen Fassade, die die Fotos im 2. und 3. Obergeschoss zeigen, passen gut ins 16. Jahrhundert.15 Die vom Hang weg verschobene und gegen die Auffüllung des Kellers D gemauerte Rückwand K ist eine Folge des Stadtmauereinsturzes von 1592, als KLQGHU *DOOL =|OOLQV KXV]« DLQ VWXJK JUXQGW YHU fallen ist. Später wird der Vorfall präzisiert als in gefallene zwerckhmuhr. Es handelt sich offensichtlich um den unteren Teil der östlichen Flankenmauer des Munot, die statt ringmur by GHP VFKZDU]HQ WKRU KLQGHU *DOOL =|OOLV] KXV] GLH EXZORV] XQG PLWWOHU ]\K QLGHUIDOOHQ P|FKWH und die nachfolgend auch abgebrochen wurde.16
12 13 14 15 16
Bänteli 2010c, S. 84–87. Bänteli 1989, S. 102. Bänteli 1989, S. 128, S. 130, S. 132. StadtASH J02.01.042/008 und J02.01.042/024, Photos von 1910 und 1949. STASH RP 51,187, RP 51,214 und RP 51,263; Häuserdatenbank.
G
Abb. 374 «Silberberg» (1.124). Die Hauserweiterung (H) gegen die Strasse läuft über die Sickergrube (G) hinweg, die tief ins Grundwasser reicht und im 13. Jh. aufgefüllt wurde. Abb. 375 «Silberberg» (1.124). Der kleine Steinkeller (I) mit zu vermutendem Holzaufbau wurde im 14. Jh. im Graben an die Stadtmauer (D/L) angebaut. Rechts die so genannte Katze (N), die Geschützplattform von 1634.
D/L N
Abb. 376 «Silberberg» (1.124). Die innenseitige Verstärkung (2) der Kontermauer M43 (1) dient dem Schutz der schwachen Stadtmauer und schliesst die komplexe Neubefestigung des Schwarztors 1443 ab. Von 1634 stammt die Südwand der Geschützplattform, der so genannten Katze (N).
I
2
1
N 271
Schwarztorturm In den Schriftquellen wird das Tor erstmals im Zinsrodel von 1299 als porta in vico piscatorum genannt. Wenig später erscheint es auch unter dem Namen Nieder Tor, als Gegenstück zum Obertor, und schliesslich als Schwarztor, nach denen «von Swarza» (Schwarzach), die in den Fischerhäusern ein Haus besassen.17 Das Schwarztor war im Spätmittelalter und in der Neuzeit wichtigstes Stadttor für jene Reisenden, die Schaffhausen auf dem Rhein erreichten oder die Stadt auf diesem Weg verliessen. Die spätmittelDOWHUOLFKH 6FKLIÀlQGH ODJ ELV ELV ]XU 6FKDIfung des Freien Platzes, oberhalb der Fischerhäuser. Die Waren nahmen hingegen nur zum Teil diesen Weg. Sie wurden zum grösseren Teil diUHNW YRQ GHQ /HGLVFKLIIHQ GHQ ÀDFKERGLJHQ /DVWsegelschiffen des Bodensees,18 in die Lagerhäuser umgeladen. Ausserdem gab es kleinere 6FKLIÀlQGHQ DP /lXIHU XQG )LVFKHUJlVVFKHQ (1.227 und 1.235).
Abb. 377 Fischerhäuserstrasse (1.124). Hans Wilhelm Harder dokumentierte 1842 den inneren Schwarztorturm unmittelbar vor seinem Abbruch.
272
Die Nordostecke des Schwarztorturms M41 springt aus der alten Stadtmauer etwa 3,5 m in den Graben vor (Abb. 372). Grabenseitig reicht sie bis in eine Tiefe von 2,7 m unter den Asphalt, was gleichzeitig der Sohle des vorgelagerten Stadtgrabens entspricht. Ihr gut 2,4 m starkes Mauerwerk besteht aus Kalkbruchsteinen in Lagen von 25–40 cm Höhe. Es ist vereinzelt mit Kieselbollen und Hohlziegeln durchsetzt, mit einem weissen, harten Mörtel vermauert und passt gut zu den gotischen Kirchenbauten von St. Johann.19 Mit einem Flick setzt M41 an die alte 1,15 m starke Stadtmauer E an, die 1989 in der dahinter liegenden Baugrube des Hauses «Zum Silberberg» zum Vorschein kam. Deren Sohle liegt al-
lerdings 1,5 bis 2 m über jener des Stadtgrabens und macht zusammen mit den Befunden in der Baugrube deutlich, dass am Hangfuss zwischen älterer Stadtmauer und jüngerem Schwarztorturm im Graben eine Stufe vorhanden war. Südlich davon war der Graben mit Wasser gefüllt (1.213). Vermutlich entstand dieser Turm an Stelle eines verschwundenen Vorgängers im Zuge des grossen Ausbaus der Stadtbefestigung 1443/45.20 Allerdings überliefern die Stadtrechnungen auch, dass er 1480 verbrannte,21 was aber in unserer Steinbaustadt nur in Ausnahmefällen zu Neubauten geführt hat, etwa bei St. Johann.22 Die oben erwähnten starken Brandrötungen im anschliessenden Haus «Zum Silberberg» müssen älter sein, weil die Schildmauer L keine Brandrötungen aufweist. Mit seinen Treppengiebeln und Schlüssellochscharten, die die Zeichnungen des 19. Jahrhunderts vor dem Abbruch des Turms von 1842 überliefern (Abb. 377), passt der Turm ausgezeichnet ins spätere 15. Jahrhundert. Von seinem Vorgänger wissen wir lediglich, dass er 1429 eine beheizte Wächterwohnung aufwies.23 In einer zweiten Bauetappe kam das nördliche Widerlager M42 für einen Schwibbogen zum «Paradieserhaus» hinzu. Dieses durchschlug die mittelalterlichen Kieskoffer der Strasse (Abb. 378). Abgesehen von der mit 1,6 m geringeren Mauerstärke und dem etwas kleinteiligeren Steinmaterial unterscheidet es sich kaum vom eigentlichen Turmmauerwerk M41, so dass es in der gleichen Zeit entstanden sein muss. Das Widerlager endete wohl auf der Parzellengrenze «Silberberg»/«Königsstuhl» und reicht damit weit über den Turm hinaus ins Stadtinnere (Abb. 372). Mit diesem mächtigen Fundament hängt of-
B fensichtlich auch das merkwürdige erste Obergeschoss des Hauses «Zum Silberberg» zusammen, das auf den erwähnten Fotos eine auffallend geringe Geschosshöhe in der Art eines Mezzanin besitzt, mit drei quadratischen Fenstern unbestimmter Zeitstellung. In diesem Schwibbogen stecken offensichtlich Reste eines inneren Vorbaus des Schwarztors. Wahrscheinlich handelt es sich um eine Art Magazin, vermutlich jenen Isen gaden, die Rüstkammer, die im Zeughausinventar von 1479 zwischen Undurft und innerem Rheintor genannt wird. Der Isengaden dürfte bereits Mitte des 16. Jahrhunderts mit dem oben erwähnten Neubau des «Silberbergs» entfernt worden sein.24
Breite von 2,14 m (Abb. 380). Er ist 0.5 m unter die Grabensohle fundamentiert, die mit jener vor dem Schwarztor M41 identisch ist. Diesen äusseren Torturm mit Zwinger bildet Mentzinger 1644 ab. Er wurde wahrscheinlich gemeinsam mit dem inneren Schwarztor neu gebaut, wie die Sturm- und Wachenordnungen der Zeit um 1460 zeigen, in denen bereits beide Türme erwähnt sind: uff das usser schwartztor louffen sol Frit VFKL 6WDUJN +DQV ,VHOL 6FKPLG LP 6DOW]KRI XII das inner Schwartztor sond louffen Hans Oster WDJ +DQV +RIHOL ELQGHU XQWHU GDV LQQHU 6FKZDUW]WRU VRQG ORXIIHQ +DQV / WL KRSWPDQQ +DLQL =XUODFKHU 3HWHU + FK +DQV 6FKQHOOHU.26
9RUZHUNH XQG $XVEDX GHV 6FKZDU]WRUV Zur ältesten, 1989 aufgedeckten Stadtmauer E gehört die Kontermauer M43, die noch in der mächtig erhaltenen Mauer zwischen innerem und äusserem Graben steckt (Abb. 379). Sie ist entsprechend ihrer Funktion einhäuptig, 1 m breit und besteht aus Mischmauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen. Ihre südliche Fortsetzung kam im Güterhof zum Vorschein (1.213). Die hier mit 17 m auffallende Breite des inneren Stadtgrabens wird durch die grosse Bedeutung dieses Tors verständlich. Im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung 1443, vielleicht aber schon in den Jahren davor,25 wurde diese Kontermauer M43 innenseitig um 1,3 m verstärkt (Abb. 376). Zur selben Baumassnahme gehören auch die Mauern M44– M46 im Graben vor dem Tor (Abb. 372). Sie stammen von einem äusseren Torturm mit vorgelagertem Zwinger, ähnlich wie sich dies an der Vordersteig beobachten lässt (1.071). M46 ist eine heterogene, zweiphasige und 1,1 m starke Mauer teils aus Bollen-, teils aus Kalksteinen, die im Bereich der Grabensohle liegt und wohl mit einem alten Zwinger in Verbindung steht. M44 wurde QXU REHUÀlFKOLFK LQ FP 7LHIH DXIJHGHFNW 0 schliesslich ist ein Mauerwinkel aus mächtigen Kalksteinblöcken von 30–40 cm Höhe und einer 17 18 19 20 21 22 23 24 25
26
STASH UR 1/291. Hakelberg 2003, bes. S. 25f. Bänteli 1990, S. 50–70. StadtASH A II.05.01.077/100 1442–1443: X ß Hain ULFK 0XUHU« XII G] YHUGLQFNZHUFN LP *UDEHQ ELP Swartzen Tor. Landolt 2004, S. 328, Anm. 1358. Bänteli 1990, S. 47–51. StadtASH A II.05.01.041/053 1429: IIII lb Cuonrat +DIIQHU YRQ GHQ |IIHQ XI 6ZDUW]HQ 7RU XQG LP 6DOW] hoff und uff dem Rathus. STASH Ordnungen A3, Aller Amtlüten Ordnungen Buch 1480. StadtASH A II.05.01.049/009 1431–1432: XXV kar rentagwen an den bu zem Swartzen thor und XXV karren stain; A II.05.01.064/083 1436–1437: Usgen von karen zuo der mur vor dem Swartzen Tor. STASH Militaria A1/A2 um 1450–60, 32–36.
1 2
Abb. 378 U Fischerhäuserstrasse (1.124). Blick in den Kanalisationsgraben mit dem nördlichen Widerlager M42 des inneren Schwarztorturms aus der Mitte des 15. Jhs. (1), das die Strassenkoffer der mittelalterlichen Reichsstrasse (2) durchschlägt.
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Abb. 379 Y «Silberberg» (1.124). Die gewaltige Wallmauer am Fuss des Munots ist in mehreren Schritten entstanden. Im Kern der älteste Teil aus der Mitte des 13. Jhs., die Kontermauer M43 des Grabens (1). Im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung 1443 wurde sie innenseitig um 1,3 m verstärkt (2). Mit der Anlage eines äusseren Grabens vor dem Schwarztor kam 1628/29 aussen eine geschrägte Schürze hinzu (3).
273
Abb. 380 ZZ Fischerhäuserstrasse (1.124). Der Mauerwinkel M45 aus mächtigen Kalksteinblöcken (1) stammt vom äusseren Schwarztorturm, der bereits um 1460 erwähnt wird. An seine Stelle trat mit dem Neubau des Güterhofs 1787 das einfache Tor, dessen eine Wange noch erhalten ist (2).
Abb. 381 V Fischerhäuserstrasse (1.124). Widerlager M48 der steinernen Brücke aus der 2. H. 17. Jh. im Stadtgraben vor dem äusseren Schwarztor.
Der Neubau des Güterhofs (1.213) führte 1787 zum Abbruch des äusseren Turms und seinem Ersatz durch ein einfaches Tor. Davon blieb einer der Sandsteinpfeiler erhalten, der die alte, stadtaussenseitige Flucht von M44/M45 übernimmt. Ihm vorgelagert ist mit einer Breite von 12 m der äussere Graben; seine Kontermauer M47 besitzt eine Stärke von 1,45 m. Dieser Befund entspricht der Überlieferung der Ratsprotokolle von 1628/29, nach denen dieser neue Graben 40 Schuh breit und mit einer Futtermauer versehen werden sollte.27 Ebenfalls in diesem Zusammenhang wurde der alten Kontermauer M43 des inneren Grabens stadtaussenseitig eine geschrägte Schürze vorgeblendet, die nun zu einer Wallmauer zwischen innerem und äusserem Graben wurde (Abb. 379). Zudem wurde M43 mindestens um drei Meter aufgestockt. Dies erfolgte spätestens 1634 mit dem Neubau der Katze N, der mächtigen Geschützplattform vor dem inneren Schwarztor. Damit fanden die Verstärkungsarbeiten dieses wichtigen Tors, zu denen auch der Bau der Courtine an der östlichen Flankenmauer des Munot gehört (1.112), im Dreissigjährigen Krieg ihren Abschluss. Im äusseren Graben entstand schliesslich noch eine gemauerte Brücke. Es ist nur noch das Widerlager M48 vorhanden, dessen grossformatige Kalksteinblöcke nachträglich an die Kontermauer M47 anschliessen (Abb. 381). Zum Teil sind die letzten Steine des Brückenbogens vorhanden. Sein Ansatz liegt 1,7 m unter der StrasVHQREHUÀlFKH XQG PDFKW GHXWOLFK GDVV GLH ]XJHhörige Fahrbahn in etwa mit dem heutigen Niveau zusammenfällt. Diese Brücke scheint mit jener im Graben vor dem äusseren Engelbrechtstor (1.193) identisch zu sein. Sie dürfte aus der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts stammen. Im Graben wurde der zugehörige Brückenpfeiler M49 oberÀlFKOLFK DXIJHGHFNW (U HQGHW P YRU GHP lXVseren Turm und macht zusammen mit Mentzin-
gers Stadtansicht von 1644 deutlich, dass an dieser Stelle eine hölzerne Fallbrücke bestand, wie bei den anderen Toren auch. M49 schliesslich ist eine Stützmauer längs der Strasse am Rebhang, die ebenfalls aus dieser Zeit stammen dürfte. Fischerhäuserstrasse Der Strassenabschnitt vor dem äusseren Schwarztor fällt bis auf die Höhe der «Fischerzunft» 1 m ab. Er ist der am tiefsten liegende Bereich der Altstadt und war oft überschwemmt (1.221). Dementsprechend liegt das anstehende Terrain zuerst P GDQQ QRFK P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH 'LH Kieskoffer sind nicht mehr so stark gebändert wie innerhalb der Stadtmauern. Sieben Strassenniveaus sind in einem Paket von 1,6 m erhalten. Die REHUHQ EHLGHQ G UIWHQ EHUHLWV ]X GHQ 3ÀlVWHrungen gehören. Auf Höhe «Fischerzunft» liegt zuunterst auf zwei Überschwemmungshorizonten eine fette schwarze Humusschicht, die mit JURVVHQ 6WHLQHQ DOV 5HVWHQ HLQHU 3ÀlVWHUXQJ durchsetzt ist.
27
STASH RP 88,203.
2
1
274
B 1.213 Fischerhäuserstrasse 2 Güterhof 6WDGWPDXHU %DUEDNDQH *UDEHQ $XII OOXQJ :RKQKDXV +DQGZHUNVEXGHQ Literatur: Hans Peter Mathis: Der Güterhof ist zu neuem Leben erwacht. Eröffnung Güterhof, Publibeilage SN 1.9.2008; Hauser 1996, S. 354f.; Frauenfelder 1952, S. 34, S. 238f.; Bürgerhaus 1946, Tafel 81f. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 70f., Kat. 117/118, S. 76, Kat. 131/132, S. 103, Kat. 209.
(1.164) und wurde 1842 an deren Stelle als neuer Güterhof eingerichtet. Im Zuge der Revitalisierung dieses jahrzehntelang schlecht genutzten Gebäudes wurde der nördliche und östliche GeElXGHÀ JHO ± XQWHUNHOOHUW ,Q HLQHU 9RUuntersuchung wurden in diesem Bereich zuerst Sondiergräben angelegt, nachfolgend wurden die Aushubarbeiten archäologisch begleitet. Wie in der Unterstadt üblich, reicht der Keller ins Grundwasser. Das Gebäude selbst wurde von der kanWRQDOHQ 'HQNPDOSÀHJH GRNXPHQWLHUW
1787 wurde direkt vor der inneren Stadtmauer über dem ehemaligen Stadtgraben der neue Salzstadel für das Transitsalz gebaut, das heute noch imponierende, trapezförmige Lagerhaus mit einem Innenhof. Trotzdem funktionierte der Salzhof (1.235) wie seit dem Mittelalter weiter. Erst nach und nach machte der neue Salzstadel die alWHQ /DJHUKlXVHU DXI GHP )UHLHQ 3ODW] EHUÀ VVLJ
6WDGWJUlEHQ 6FKLIÀlQGH XQG %DFNRIHQ %DUEDNDQH Unter dem Güterhof setzen sich die Mauern der Stadtbefestigung fort (Abb. 382; 1.124 und 1,164). Zum einen handelt es sich um die einhäuptige, gegen das Erdreich anstossende Kontermauer M43 des inneren Grabens, die ursprünglich aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammt
N
Abb. 382 Güterhof (1.213). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
3
M43 E
M44
Silberberg
4
A Berme
M48
M49 innerer Stadtgraben
M42
M49
1.124
Brücke
äusseres Schwarztor
inneres Schwarztor M41
Fischerhäuserstrasse
M46
M45 M53
M38 innerer Stadtgraben
M50
M43
Berme
Güterhof
Paradieserhaus
M46 M52
M47
M54
äusserer Stadtgraben
Handwerksbude Hof M51
Paradieserhaus erwähnt 1318
hintere Beckenbur g
Frohsinn
Tor 1787
Halbkeller
10
Güterhofgäss chen
altes Rheinufer
Güterhof 1.213
M8
G3
Backofen-Barbakane Mitte 13. Jh. 2. Hälfte 13. Jh.
N
0 1
5
10 m
um 1442/43 Schwarztor Rh 16. Jh. 1628-34 äusserer Stadtgraben / Katze 17. Jh. Rh
275
und 1443 verstärkt wurde, wie das heterogene, zum Teil grossformatige Mauerwerk deutlich zeigt (Abb. 384). Grabenseitig ist das Mauerwerk ÀlFKLJ YHUSXW]W GLH QLFKW HUUHLFKWH *UDEHQVRKOH liegt im Grundwasser, nach den Befunden beim Schwarztor fast 3 m unter dem Gehniveau des * WHUKRIV $XVVHQVHLWLJ ¿QGHW VLFK GDV DQVWHKHQGH 7HUUDLQ QXU P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH 'Drauf liegt ein meterdickes, mit Hohlziegeln, Mörtel- und Kalksteinabbruch durchsetztes BauVFKXWWSDNHW ELV DXI GHVVHQ 2EHUÀlFKH GLH $XVsenseite der Stadtmauer verputzt ist. Dies kann nur bedeuten, dass hier 1628/29 mit der Anlage des äusseren Grabens eine Berme aufgeschüttet wurde. Dieser kleine Abschnitt des Grabenwerks ist bis zur Stufe im Graben am Munothang mit Abb. 383 Güterhof (1.213). Der erst 1628/29 vor dem Schwarztor angelegte äussere Stadtgraben mit dem grossformatigen Steinmaterial der Kontermauer M47 (1) und den Stützenfundamenten (2) des Güterhofs von 1787. Als einziger Grabenabschnitt der Stadtbefestigung war er bis zum Schwarztor vom Rhein her mit Wasser gefüllt, heute führt er Grundwasser.
Abb. 384 Güterhof (1.213). Kontermauer M43 (1) des inneren Grabens, die ursprünglich aus der Mitte des 13. Jhs. stammt und 1442/43 verstärkt wurde, wie das heterogene, zum Teil grossformatige Mauerwerk (2) deutlich zeigt. Ansicht vom äusseren, erst 1628/29 angelegten Stadtgraben.
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2 1
276
1
:DVVHU JHI OOW (V LVW LP hEULJHQ í DEJHsehen vielleicht von einem kleinen Stück beim 0 KOHQWRU í GHU HLQ]LJH $EVFKQLWW GHU JDQ]HQ Stadtbefestigung, der durch seine Lage am Rhein bis hin zum Schwarztor immer mit Wasser gefüllt war. Die darin gefangenen Fische gehörten dem Rat.28 Am Ende dieser Mauer am Rheinufer lag die so genannte Backofen-Barbakane, ein wuchtiger Rundturm mit einer offenen, vorgelagerten Geschützplattform, den Stumpf 1548 bildlich überliefert. Das Bauwerk ist vergleichbar mit jener der Widder-Barbakane an der nordwestlichen Ecke der Stadtbefestigung (1.173). Der Rundturm wurde frühestens 1443/45 im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung errichtet. Bereits Mentzinger zeigt ihn 1642 von einem Dach bedeckt. Er ¿HO GHP 1HXEDX GHV * WHUKRIV ]XP 2SIHU 6HLQ Steinmaterial wurde weitgehend wiederverwendet, weshalb sich in den Leitungsgräben an dieser Stelle nur noch Schutt zeigte. Die Geschützplattform diente dem Schutz des Schwarztors und GHU REHUKDOE JHOHJHQHQ 6FKLIÀlQGH GHP Stad, das im Lohnverzeichnis für die Weinfuhren von 1482 genannt wird: Hannsen Schmids trott 6 Hel ler und was man mit schiffen herab an das Stad furt git auch 1 Som 6 Heller.29 Wie beim Schwarztor festgestellt (1.124), wurde der äussere Graben erst 1628/29 angelegt. Er weitet sich gegen den Rhein hin von 12 auf 22 m; die Grabensohle liegt mehr als 3 m unter der OberÀlFKH XQG ZXUGH EHL GHQ *UDEXQJHQ QLFKW HUreicht. Das grossformatige Steinmaterial der Kontermauer M47 passt gut zu den in der Fischerhäuserstrasse angeschnittenen Teilstücken (Abb. 383). Die Kontermauer verjüngt sich durch einen leichten Anzug gegen oben von 1,4 auf 1,2 m. Handwerksbuden vor dem Stadtgraben 'HP 1HXEDX GHV * WHUKRIV ¿HO DXFK HLQH kleine Häusergruppe zum Opfer, die Mentzinger 1644 zeigt. Drei Häuser sind am Güterhofgässchen halbmondförmig längs dem äusseren Stadtgraben zum Rhein hin angeordnet, mit Hoftor an der Fischerhäuserstrasse und einer Hofmauer zwischen den Häusern. Ihre Anordnung steht in auffallendem Gegensatz zu den üblichen, streifenförmigen Hausparzellen an der Fischerhäuserstrasse. Deshalb ist davon auszugehen, dass die Häusergruppe erst nach dem Bau des äusseren Stadtgrabens von 1628/29 entstand. Die Grabungen haben in diesem Bereich die schmalen Kalksteinmäuerchen M50 und M51 von 0,45–0,55 m Breite freigelegt, die zum Teil Biberschwanzziegel enthalten und beidseits verputzt sind. Die Mauerreste lassen sich mit Ment-
B zingers Darstellung zu einem winkelförmigen Gebäude rekonstruieren, dessen Flügel gut 5 m breit sind (Abb. 382 und 385). Die Situation erinnert an die schmalen Handwerksbuden vor dem Webertor, die im 17. Jahrhundert angelegt wurden (1.045 und 1.105). War das Gebäude nur eingeschossig oder gehörte noch ein hölzernes Obergeschoss dazu? Beim nordseitigen Flügel ist eine HEHQHUGLJH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ DXV %ROOHQsteinen vorhanden. Gegen das Gässchen kommt ein etwa 60 cm eingetiefter Halbkeller mit einer LGHQWLVFKHQ 3ÀlVWHUXQJ KLQ]X ,P :LQNHO ]ZLschen den Flügeln fand sich eine rechteckige Sickergrube, deren Mauerwerk M52 ohne Fundamentvorsprung tiefer ins Grundwasser hinunterreichte. Gegen den Stadtgraben war ein Wirtschaftshof vorhanden, wie die gebänderten Kiesschichten auf Planiematerial zeigen. Die Mauern des winkelförmigen Gebäudes stehen auf etwas breiteren Fundamenten, die ihrerseits von einer etwa 0,5 m starken Geländeauffüllung aus abgetieft wurden. Letztere ist mit Hohl- und Biberschwanzziegeln durchsetzt und passt deshalb gut zur Anlage des äusseren Grabens. Die Auffüllschichten ziehen über ältere 28 29 30 31 32 33
STASH RP 50,37 (1590). Kummer 1954, S. 80f. STASH RP 88,203. STASH RP 25,101 und RP 27,47r; zum Salzbrunnen STASH RP 43,104 (1583), RP 43,260–261 (1584); Häuserdatenbank. Schib 1972, S. 569. Verwaltungsbericht Stadt Schaffhausen 1964, 1966 und 1967.
Fundamente M53/M54 hinweg. Offenbar handelt es sich um die Reste von Hans Zimmers Behausung, die gemäss den Ratsprotokollen von 1628/29 für die Anlage des äusseren Grabens abgerissen werden musste.30 Es ist das frühere Gut von Stephan Spleiss vor dem Schwarzen Tor, das 1565 aus dem Haus «Zum Salzbrunnen» mit Steinhauerhütte und Brunnen bestand. Spleiss konnte sein Haus zwei Jahre später gegen den Rhein hin erweitern: mag ouch ain hüszli buwen aines gemachs hoch muren unnd das ander in ri gel machen.31 Teilweise ist nur die Ausrissgrube des Mauerwerks vorhanden. Wo noch Mauerwerk vorhanden ist, handelt es sich um Mischmauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen. M53 und M54 weisen Breiten von 65 bzw. 85 cm auf. Die Mauern reichen 1 m tiefer hinunter als die Fundamente der Handwerksbuden (Abb. 385). Der Mörtel wurde offenbar durch das Grundwasser stark ausgewaschen, wie das bei der Mauer M37 der Hofmeisterei auf dem Freien Platz (1.164) ebenfalls festgestellt wurde.
1.080 Rheinbrücke (Läufergässchen, «Hasenburg») 5KHLQEU FNH .DONEUHQQRIHQ Literatur: IVS SH 10; Hauser 1996, S. 354; Frauenfelder 1951, S. 61; Rüedi 1938. Bildquellen: Grütter 2005, S. 18–21, Kat. 39–41; Elsener/Weigele 2005, S. 70f., Kat. 117/118, S. 75, Kat. 128/129. Die von 1960 bis 1967 durchgeführten umfangreichen Arbeiten mit dem Bau von Kraftwerk, Rheinuferstrasse und -kanal sowie der neuen, den Rhein schräg querenden Rheinbrücke fanden, der Zeit entsprechend, ohne archäologische Begleitung statt. Dem mit Geringschätzung für das kulturelle Erbe der Altstadt einhergehenden Modernisierungsdrang entspringt auch die zeitgenössische Aussage, dass «einer der gelungensten Beiträge zur Verschönerung des Stadtbildes durch die Anlage der Rheinuferstrasse» geschaffen wurde – aus heutiger Sicht geradezu ein Paradox.32
3 2 1
In den Depots der Kantonsarchäologie liegen aus jener Zeit nur zusammenhanglose, vom Sammler Carl Hoppler aufgelesene Funde.33 Hinzu kommt ein 1999 durch den Alteisenhändler Hermann Braun übergebener Eichenpfahl der Rheinbrücke. Er hatte ihn wegen des verwertbaren eisernen Pfahlschuhs aus einer Schuttmulde geborgen. Der Pfahl liess sich in die Jahre nach 1550 datieren, in jene Zeit, als gemäss den Ratsprotokollen der Um- und Neubau der Joche die Rheinbrücke zur Dauerbaustelle machte.
Abb. 385 Güterhof (1.213). Die Mauer M54 (1) stammt vermutlich vom Haus Hans Zimmers, das 1628/29 bei der Anlage des äusseren Grabens abgerissen wurde. Später entstanden die Handwerksbuden M50 (2), die ihrerseits 1787 dem Bau des Güterhofs (3) weichen mussten.
277
Dendrodatierung 1.080 Pfahl Rheinbrücke34 Bauphase Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) ? 1550 (19)
Holzart Eiche
Die frühneuzeitlichen Quellen Die Anfänge der Brücke werden beim Salzhof erOlXWHUW ,KUH lOWHVWH 'DUVWHOOXQJ ¿QGHW VLFK aussen an der Südwand der St. Johannskirche, als Hintergrund der um 1517 entstandenen Kreuzigungsszene (Abb. 273). Erkennbar sind das innere Rheintor mit Fallbrücke und zwei steinernen Brückenjochen. Sie müssen zu jener Brücke gehören, die 1480 nach dem grossen Hochwasser neu gebaut wurde.35 $QGHUHUVHLWV ¿QGHW VLFK auf dem Holzschnitt von Johannes Stumpf wieder eine hölzerne Brücke mit wahrscheinlich fünf Jochen, genauso wie auf einem Scheibenriss von Gideon Stimmer aus der Zeit um 1565.36
Abb. 386 Rheinbrücke (1.080). Brücke mit Querprofil durch den Rhein in einer Aufnahme von 1754 aus der Rüeger-Abschrift von Bernhardin Oechslin, Stadtbibliothek Schaffhausen, Msc. Scaph. 20.
278
Auch die Ratsprotokolle bestätigen den mehr als ein ganzes Jahrhundert andauernden und offensichtlich dornenvollen Wandlungsprozess von der hölzernen zur steinernen Rheinbrücke. Aus der Fülle der Quellen seien hier nur einige herausgegriffen. Nach einem Hochwasser im Juni 1566, das es den Bewohnern der Fischerhäuser unmöglich machte, zu ihren Häusern zu gelangen, wurde das steinerne Joch abgebrochen.37 1567 wurde beraten, wieviele neue Joche zu schlagen seien.38 1580 stürzte ein Joch ein, das durch ein steinernes Joch ersetzt wurde. Man hatte allerdings Zweifel, ob es halten würde.39 1598 wurde beschlossen, dass keine steinernen Joche mehr gemacht werden sollten und man die Brücke wie früher mit Holz eindecken solle.40 Im Jahr darauf kam man auf den Entschluss zurück und baute wieder zwei steinerne Joche.41
Erst 1611 war die weitgehend durchgehende steinerne Brücke vollendet, mit einer Fallbrücke vor dem inneren Rheintor. Ein Teil davon stürzte 175442 ein (Abb. 386), was zum Bau der Grubenmann'schen Holzbrücke führte. Nach deren Zerstörung 1799 durch die Franzosen (1.190) folgte 1804/05 eine Holzbrücke auf sechs Steinpfeilern, deren Fundamente noch heute bei besonGHUHQ /LFKWYHUKlOWQLVVHQ LP 5KHLQ DXÀHXFKWHQ (Abb. 274). $UFKlRORJLVFKH %HIXQGH Im Zuge der Sanierung der Rheinbrücke im Jahr 2011 und der Erneuerung der Werkleitungen liessen sich die heutigen Bereiche der Widerlager HUVWPDOV EHREDFKWHQ 'DV QHXH Q|UGOLFKH $XÀDger kam 1965 ans ehemalige Ende des Läufergässchens zu liegen (1.216). Etwas zurückversetzt davon, am nördlichen Rand der Rheinuferstrasse, zeigten sich unter dem Leitungsgewirr die Fundamente der ehemaligen «Hasenburg» im Boden, einem mittelalterlichen Adelssitz (vgl. S. 90f.).43 Das Haus wurde für die Anlage des Rheinquais 1892/93 abgebrochen (Abb. 387, 406, 407 und 104). Die damals neu erstellte Quaimauer aus bossierten Kalksteinen kam ebenfalls zum Vorschein. Diese begradigte den Verlauf der jüngsten, hier ausbauchenden Stadtmauer. Das südliche Brückenlager auf der Feuerthaler Seite liegt noch an originaler Stelle. Beim Bau der Unterführung 1965 waren die Fundamente des äusseren Rheintors zerstört worden. Vor der Ecke der spätklassizistischen «Heinrichsburg» (Zürcherstr. 8) kamen etwa in der Strassenmitte LP 3UR¿O GHV :HUNOHLWXQJVJUDEHQV GLH 5HVWH HLner Kalkbrenngrube zum Vorschein. Sie besitzt einen Durchmesser von etwa 4 m und liegt unter
B GHQ 5HVWHQ HLQHU M QJHUHQ 6WUDVVHQSÀlVWHUXQJ aus Bollensteinen, 0,8 bis 1,6 m unter der heuWLJHQ 6WUDVVHQREHUÀlFKH 'HU 2IHQ LVW LP %HUHLFK HLQHU DQVWHKHQGHQ 1DJHOÀXKEDQN DQJHOHJW GLH bis zu 30 cm tief brandgerötet ist (Abb. 270). Darüber erscheinen zwei Bereiche, südlich eine kleinere Mulde mit rot verbranntem Lehm von bis zu 30 cm Dicke, nördlich davon eine grössere und ebenso tiefe Mulde mit fettem, schneeweissem Kalk, der mit Holzkohlebändern durchzogen ist. Es handelt sich um den typischen Befund eines Kalkbrennofens, der ausgezeichnet zu den Kalkbrennöfen im Kloster Allerheiligen und am Herrenacker Süd passt (1.042.1 und 1.200). Vermutlich gehört er ins spätere 13. Jahrhundert, in die Zeit der ersten Hausbauten hier am südlichen Brückenkopf (1.253).
Abb. 387 Rheinbrücke (1.080). Unter dem Leitungsgewirr liegen die Fundamente der ehemaligen «Hasenburg», einem mittelalterlichen Adelssitz, vgl. Abb. 104.
1.253 Feuerthalen, Untere Rheingasse 5 «Bären» (Untere Rheingasse 1, 3, o. Nr., «Hoffnung»; Zürcherstr. 8 «Heinrichsburg») .HUQEDX :LUWVKDXV )lUEHU XQG *HUEHUKDQG werk /LWHUDWXU = UFKHU 'HQNPDOSÀHJH %HULFKW 1987–1990, Zürich und Egg 1997, S. 38–43. 34 35 36 37
38 39
40
41
42 43 44 45
UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 37 vom 23.3.2000. Pfister/Wetter 2011; Rüedi 1938, S. 12f. Hasler 2010, Abb. 5 und S. 117. STASH RP 26,12: 'LHZ\O GHU 5LQ VR JURV] GDV GLH YRQ 9LVFKHQK VHUQ ]X LUHQ K VHUQ QLW NRPHQ VRQ dern wichen müssen unnd sich anderschwo enthal ten; STASH RP 26,136: Das stainy joch under der bruggen soll bysz uff den grunddt abgehept werden. STASH RP 27,82v: GLH 5K\QEUXJJ ]X EHVHKHQ ZDV oder wieviel joch zeschlagen sygen STASH RP 40,169: her buwmaister das abgefallen joch under der brugg unverzogenlich wider uffüren unnd uffbuwen lassen; STASH RP 40,175: V|OOHQ fürderlich das angefenngt staini joch im rhyn noch mals mit allem ernst und flysz besehen unnd darüber UDWKVFKODJHQ RE GHU VDFKHQ ]HWKUXZHQ GDVVHOELJ MRFK Y|OOLJ XIIJHI HUWW XQQG XV] GHP ZDVVHU VWDQQGW KDIIW HUEXZHQ ZHUGHQ P|JH RGHU QLWW STASH RP 57,341: das fürohin weder jetz noch an der khünfftigen jharen khain staini gwelb der rhyn EUXJNKHQ PKHU JHPDFKW ZHUGHQ VRQGHUV HQGOLFK DEJHVWULFNKW V\Q GLH EUXJNK ]X QRWGXUIIWLJHU HUKDO tung mit holtz und brettern wie von altem her ge deckht und beschirmbt werden solle. STASH RP 59,183: irem amptman und buwmaistern DQEHIHOKHQ GDV HU GLH JHU VWH XQG DOEHUDLWH JHKR wene stain zu zwayen jochen der ryn brugken nhun I URKLQ DQRUGQXQJ WKXQ VROOH GDV GDVVHOELJ LQQ GDV werckh gericht werde unnd whann dasselbig usz GHP ZDVVHU XIIJHI HUW ZRUGHQ DOV GDQQ Z\WWHU ZLH HV ]XP HQGW JHSUDFKW IHUHU EHUDWKVFKODJHW ZHUGHQ solle. Stadtbibliothek Schaffhausen, Handschrift Msc. Scaph. 20. Bänteli 2014b, S. 78. Vgl. oben, S. 78; Bänteli 2010c, S. 84–87. Vgl. oben, S. 113.
Die umfassende Restaurierung in den Jahren ZXUGH GXUFK GLH 'HQNPDOSÀHJH = ULFK EHJOHLWHW XQG IRWRJUD¿VFK GRNXPHQWLHUW (LQH *Hbäudeuntersuchung wurde nicht vorgenommen. Hingegen hat man die Holzkonstruktionen dendrochronologisch datiert und die neuzeitliche Besitzergeschichte des «Bären» und seiner Nachbarhäuser aufgearbeitet. Trotz der fehlenden Bauuntersuchung lässt sich die Hausentwicklung skizzenhaft nachzeichnen. Das heute einheitlich wirkende Gebäude ist aus zwei Häusern zusammengewachsen, wie offenbar auch weitere seiner übergrossen Nachbarhäuser (Abb. 132). Eine Besichtigung des Kellers machte zusammen mit den Plänen und den Dendrodaten deutlich, dass der mittelalterliche Kernbau von 1262 etwas mehr als das westliche Hausdrittel des «Bären» einnahm (Abb. 389). Erhalten blieb der rechtwinklig zum Hang mit einer Tonne überwölbte Keller mit zwei Obergeschossen. Das Haus entspricht dem Haustyp A/ST.44 1345 kam das zweite Obergeschoss mit einem Pultdach hinzu, das eine Dachneigung von 43° aufweist, was auf Ziegeldeckung hinweist. Dessen erhaltener Dachstuhl ist einer der ältesten in unserer Gegend.45 Ein Scherband am Dachfuss dient der Aussteifung der vier Binder (Abb. 388).
279
Dendrodatierung 1.253 Feuerthalen, Untere Rheingasse 5 «Bären»46 Datierung, WK=Waldkante Kernbau 1262 Erdgeschoss, 13, 15, 16 2 x 1260 WK, Deckenbalken 1261/62 WK Aufstockung 1345 1. OG, Deckenbalken, teilw. 10, 11 –, 1344/45 WK mit Nut 2. OG, Türsturz 32 1330 Dachstuhl, Rofen, 1–7 1 x 1343/44 WK, Pfette, Scherband, Pfosten 6 x 1344/45 WK Bauphase
Ort
Holzprobe
0
Abb. 388 «Bären», Feuerthalen (1.253). Querschnittskizze mit Bauphasen (M 1:200), vgl. Abb. 147.
1
2
3
4
5m
Holzart Fichte Fichte, Weisstanne Eiche Fichte
Später wurde das östliche Nachbarhaus mit einem weiteren Keller, dessen Gewölbe parallel zum Hang verläuft, angebaut. Ob man gleichzeitig die alte Brandmauer zwischen beiden Häusern entfernte und die Befensterung der Fassade vereinheitlichte, wissen wir nicht. Das ursprünglich dreigeschossige Pultdachhaus von 1345 ist auf der ältesten Darstellung der Stadt Schaffhausen, dem Holzschnitt in der Chronik von Johannes Stumpf von 1548, neben dem Turm des äusseren Rheintors hervorragend zu erkennen (Abb. 284). $XI GHP 6WDGWSODQ 0HQW]LQJHU YRQ ¿QGHW sich das Pultdachhaus ebenfalls. Es scheint, dass es damals schon seine heutige Grösse besass (Abb. 264).
1262 1345
DG
2.OG
1.OG
EG
Untere Rheingasse
UG
N 0
1
2
3
4
Abb. 389 «Bären», Feuerthalen (1.253). Grundriss des Hauses von 1262 (M 1:200). Untere Rheingasse
280
5m
Im Mittelalter gehörte die in den Hang gebaute Häuserzeile an der Unteren Rheingasse als Brückenkopf zu Schaffhausen.47 Ihre Bewohner waren Stadtbürger und wurden bis Mitte des 15. Jahrhunderts unter der Lokalität ennet rin in den Schaffhauser Steuerbüchern aufgeführt.48 Die Bedeutung des Rheinübergangs manifestiert sich noch heute im Grenzverlauf, der auf der gesamten Südgemarkung der Stadt nicht wie üblich in der Rheinmitte sondern am Zürcher Ufersaum verläuft. Ab 1583 erscheint der «Bären» in den Quellen erstmals als Wirtshaus. Seine Inhaber waren nach wie vor Schaffhauser Stadtbürger, scheinen aber wenig erfolgreich gewirtet zu haben. Bis 1609 wechselte das Haus nicht weniger als viermal den Besitzer. Im 18. Jahrhundert kam es dann in den Besitz eines Färbers. Man nannte das Haus fortan «Vordere Farb». Ab Ende des Jahrhunderts wurde es zu einem Gerberhaus.49
B 1.235 Salzhof («Schweizerhof»), Freier Platz 2–4, Unterstadt 1–7, Läufergässchen 6WDGWPDXHU 8IHUPDXHU 6FKLIÀlQGH )lKUH )XUW /DQGJHZLQQXQJ 5KHLQEU FNH 6DO]KRI =ROOKRI /DJHUKDXV %XFNHOTXDGHU 5HLKHQKDXV :RKQKDXV 6LFNHUJUXEH
GDGDQQHQ EHU 5KLQ ]HIDUHQ GDQQ HV HLQ JXRWH JHOHJQH VWHGH JHEHQ GLHZLO GHQ 5KLQ ELV ]XP 6WXRO ]XRKLQ GDV LVW ELVV ]XR GHQ K VHUHQ EL GHP 6FKLII KLQ]XR PDJ JDQJHQ VLQ GDKDU HV GHQ QDP men Stuol [«Zum Königsstuhl»] mag empfangen haben.51
Literatur: Kurt Bänteli, Der «Schweizerhof» als Markstein im Geschichtsbild, Sonderpublikation Schaffhauser Bock, 16. Dezember 2014; Bänteli 2013a, S. 373f.; Hauser 1996, S. 293, S. 338, S. 369, S. 391; Frauenfelder 1951, S. 28, S. 238f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 58, Kat. 356, S. 139, Kat. 197, S. 168 Kat. 442; Elsener/Weigele 2005, S. 70f., Kat. 117/118, S. 75, Kat. 128/129, S. 103, Kat. 209, S. 120, Kat. 268/269, S. 147, Kat. 359.
Tatsächlich haben die Ausgrabungen das alte Rheinufer und die eindrücklichen Fundamente der Vorgängeranlagen des neuen Salzhofs von 1529/30 zu Tage gefördert (Abb. 107, 287–291). Gleichzeitig wurde aber auch deutlich, dass an dieser Stelle, entgegen Rüegers Vermutung, kein Hafen vorhanden war. Ein solcher hat in Schaffhausen nie existiert, im Gegensatz zu verschieGHQHQ 6FKLIÀlQGHQ VR DP )LVFKHU XQG /lXIHUgässchen (1.227; 1.235 und 1.240), oberhalb der Rheinbrücke (1.164) und später oberhalb der Fischerhäuser (1.213).
Die Revitalisierung des riesigen, heruntergekommenen Gebäudes führte in den Jahren 2011–2014 ]X ÀlFKLJHQ $XVJUDEXQJHQ XQG EDXEHJOHLWHQGHQ Bauuntersuchungen, die vom Bauherrn Carlo Klaiber grosszügig unterstützt wurden.50 Die Grabungen umfassten zuerst etwa drei Viertel des Hofs, weil dort ein neuer Keller geplant war. Eine Projektänderung führte zu seiner Redimensionierung und Verlegung des Kellers in die südOLFKH +lOIWH GHV :HVWÀ JHOV GLH LQ GHU )ROJH ELV DXI GHQ JHZDFKVHQHQ %RGHQ ÀlFKLJ XQWHUVXFKW wurde. Parallel dazu wurden in den Jahren 2011– 2012 die Werkleitungen in der Unterstadt-Ost und im Läufergässchen ersetzt (1.240), was für das Gesamtverständnis des Salzhofs sehr positiv war. Der erste Schaffhauser Historiker Johann Jacob Rüeger überliefert uns als Zeitgenosse um 1605 den Salzhof und seine Vorstellung von dessen Entstehung: Das inner tor in der stat ligt in dem 6DOW]KRI KDW HLQ HLJQH XU XQG ]LWJORJJHQ 'DUDQ LVW JHOHJHQ HLQ LQVHO XQG FOXVV GHUHQ JHGDFKW Z UW LP LDU &KULVWL GLH GHP &ORVWHU $OOHU +HLOL gen iärlich sechs schilling grundzins geben müsst; wo si aber gestanden kann ich nit sagen. Das hab LFK ZRKO YRQ DOWHQ / WHQ JHK|UW GDVV PDQ LP 1529. iar des Herren das Fundament zuo den iet ]LJHQ K VHUHQ LP 6DOW]KRI JHJUDEHQ PDQ DOGD LQ der erden noch fach und ander anzeigungen fun GHQ GDVV RXFK DOGD GHU 5KLQ JHZHVHQ VLJH 0|FKW also dem alten far [Fährrecht] nach dem Rhin an GLVHP RUW HLQ KDIHQ RGHU VFKRVV JKDQ KDEHQ GD ULQ GLH VFKLII ]XR HPSIDKHQ XQG ]XR EHKDOWHQ RXFK 46 47 48 49 50 51 52
LRD 93/R3327. Vgl. oben, S. 104. Bänteli 2011, S. 30; Landolt 2004, S. 72. Zürcher Denkmalpflege, 12. Bericht 1987–1990, Zürich und Egg 1997, S. 38–43. Firma Karl Klaiber & Co. Für die gute Zusammenarbeit sei auch dem projektbegleitenden Denkmalpfleger Renzo Casetti, Zürich, gedankt. Rüeger 1884, S. 355, S. 366. Nur wenige Jahrringe, nicht datierbar.
'LH $QIlQJH DP 5KHLQXIHU ELV IU KHV -DKU hundert Das ehemalige Rheinufer zeigt sich im Bereich der hofseitigen Südmauer des «Schweizerhofs» als graue, lehmig-sandige Schicht über dem vom Gerberbach abgelagerten Malmschutt, die sich im Gebäudeinnern fortsetzt (Abb. 391 und 393). In der Mitte des Läufergässchens liegt eine alte Parzellengrenze, wie die massiven Mauern M31– M33 und die darunter liegenden Reste eines älteren Zauns belegen (Abb. 392). Von letzterem waren eine Anzahl kleiner, kantiger Löcher, vereinzelt mit Staketenresten aus Eichenholz, erhalten.52 Sie lagen 2,3 m unter dem heutigen Gassenbelag und werden von partiellen Brandrötungen auf der ersten Siedlungsschicht am Rheinufer begleitet. Das Läufergässchen selbst war nur halb so breit wie heute und besteht aus hochwertigen und immer wieder erneuerten Kieskoffern, die bis in eine 7LHIH YRQ ± P XQWHU GLH KHXWLJH 2EHUÀlFKH UHLchen (1.240). Sie fallen am Gassenende stark gegen den Rhein hin ab und werden ihrerseits von Anschwemmungsmaterial des Flusses überlagert, d.h. hier gab es immer eine Landestelle für Schiffe (Abb. 391, 396 und 433). An dieser Stelle auf der erwähnten Parzellengrenze in der Mitte des Läufergässchens endet stumpf die von Osten kommende Mauer M24. Sie wurde 1965 durch den Bau der mittlerweile wieder abgebrochenen Unterführung stark gestört. Es ist eine noch 1,2 m hoch erhaltene Trockenmauer aus grösseren, plattigen Kalksteinen mit einigen Bollensteinen im Kern (Abb. 390 und 35). Im Fundament misst sie um 1,5 m, im Aufgehenden um 0,95 m. Die Bauart der Mauer entspricht eindeutig jener der ersten, um 1050 entstandenen 281
12
10
8
6 4
2 keine Kanalisation
N Unterstadt 0
5
10 m
M33
atrine G8
M30
Keller
B
M5 Latrine G3
M31
Latrine G2
M26 M1
A
A M11
Keller
M25
M2 M28
Zaun
M3
M27
M21
M7
M4
A
Stufe G6/M22
Hoftor West M17
D
M20 nufer Altes Rhei
x
C
Latrine G4
M18
M6
Kanal
M20
Keller M6
M29
5
M13 M12
M8
M23
Tresor
n ässche Läuferg
G7
893
D M16
M19
M32
Latrine?
Zwischenwand
Vordach
Salzhof M10
Querschnitt M9
Vorraum
M23 Tor
Türe
Nellenburgische Stadtmauer M24
C
Kontor Salzhofmeister
4a
Mauergrube M2
M15 Zerstört 1965 durch Unterführung
x Hoftor Ost
M14
B
14. Jahrhundert Ausbau und Aufteilung des Salzhofes
11. bis frühes 13. Jahrhundert die Anfänge am Rheinufer
Spätes 14. / 15. Jahrhundert Herzog Leopold, die Wiechser und die Stadt Schaffhausen
Um 1200 Ufermauer
Abb. 390 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Grundriss mit allen Bauphasen 11.–20. Jh. (M 1:200).
282
Qu
Keller
1529/30 2. Hälfte 16. Jahrhundert
Mitte 13. Jahrhundert 1. Salzhof mit Schifflände und Rheinbrücke
1893
2. Hälfte 13. Jahrhundert Erweiterungen 1. Salzhof
2. Hälfte 20. Jahrhundert x
Buckelquaderverband
B
18
16
14
12
10
8
3
6 4
2
keine Kanalisation
5
Unterstadt
11. Jh.
1.240 11
7
6
5 3
ffern ab
13
B
Gasse m
7
1
4
it Kiesko
Platz
Abb. 391 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Phase 1, Situation der Anfänge am Rheinufer im 11. Jh. bis um 1200 (M 1:500).
A
11. Nellenburgische Stadtmauer / Zaun
A
Salzhof of (Schweizerhof S hwei rhof ) 33
um 1200 Ufermauer
3
Zaun
32
31
ufer Altes Rhein
D
N
Läufegässc
5
hen
C
3
0
D
1. Jh. Kies uer 1 dtma he Sta c is urg b n e ube Nell Mauergr C M24a Törlein und Schifflände
2
Auffüllungen/ Gärten
M24
5
10 m
Freier Platz
Ufermauer M24a um 1200
B
Abb. 392 Y Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). In der Mitte des Läufergässchens liegt eine alte Parzellengrenze, wie die massive Mauer M31 (2) und die darunterliegenden Eichenstaketenreste eines älteren Zauns (1) belegen, 11.–14. Jh.
Abb. 393 V Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Das ehemalige Rheinufer (1) zeigt sich als graue, lehmig-sandige Schicht über dem Malmschutt im Bereich von M26 (2), Blick Nord.
2
2
1
1
283
Abb. 394 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Periodisch erneuerte Kies- oder Lehmböden (1–4) im ersten Salzhof aus dem 13.–15. Jh.
nellenburgischen Stadtmauer (1.040; 1.048 und 1.211) und ist damit deren östlichster Nachweis. Es ist ein zweiter Ast jener Stadtmauer, die schon auf der Höhe des Fischergässchens abbiegt und als innerstädtische Klostermauer wieder gegen Nordwesten zurückläuft (1.227 und 1.229). Ihre Fortsetzung wurde nicht gefunden, weil der Hof nur in Teilen bis zum gewachsenen Boden ausgegraben ist. Hinzu kommt die zum Teil rudimentäre Erhaltung, wie die Befundlage im Untergries zeigt (1.040). Indirekt gibt es in der Unterstadt auf Höhe Läufergässchen Hinweise, dass sich das erste, östliche Stadtende auf dieser Höhe befunden haben muss (1.240, S. 310). Die anfängliche Hypothese, dass zu M24 die Mauergrube M24a in der Parzelle «Schweizerhof» gehöre, hat sich als wenig tragfähig erwiesen.53 Die Mauergrube M24a ist vom alten Ufer her bereits mehr als 10 m in den seichten Rhein hinein verschoben, und darin liegen vereinzelte, 40–60 cm grosse Bollensteine, während die typischen, plattigen Kalksteine der nellenburJLVFKHQ 0DXHUQ YROOVWlQGLJ IHKOHQ 0 D ¿QGHW ihre Fortsetzung im Westen als Mauergrube auch im Läufergässchen auf gleicher Höhe (389,75 m ü. M.) mit gleichen Dimensionen (Abb. 396). Ebenfalls Bollensteine in gleicher Grösse und auf JOHLFKHU +|KH P 0 ¿QGHQ VLFK DOV lOteste Ufermauer M6 wieder im Osten, in den Fischerhäusern (1.221). Deshalb müssen diese beiden Mauerstücke zusammen gehören als Fortsetzung der zweiten, östlichen Stadt- und Ufermauer der Zeit um 1200 von der Quaistrasse 3 her (1.040). Quer zur Verbindung dieser Mauerabschnitte M24a (1.235) und M6 (1.221) entstand mit der Stadtmauer E und dem Schwarztor (1.124) der neue, zweite und endgültige Ostabschluss der Stadt. Auf den Grundstücken entstand eine erste, bis zu 20 cm dicke Kulturschicht mit Tierknochen, wenig Keramik und einigen Kalottenschlacken aus einer Schmiede. Ein Hochwasser lagerte über die-
3 2 1
4
sen Befunden Kiesschichten ab, die am früheren Ufer eine Dicke von um 20 cm und gegen den heutigen Rhein hin von bis zu 80 cm und mehr erreichten (Abb. 103). Das Hochwasser dürfte auch die alte Ufermauer M24a zerstört haben. Auf den Hochwasserablagerungen entstanden bis zu 50 cm dicke, humose Kulturschichten, wohl umgelagertes Material, das in mehreren Lagen aufgetragen wurde und auf die Nutzung als Gartenland hindeutet. Die Schichten sind mit Tierknochen, Scherben und anderem durchsetzt. Das Fundmaterial datiert in die 2. Hälfte des 12. bis 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Ebenfalls in diese Zeit passen auch die Baumassnahmen nach einem Hochwasser, so der Neubau der rheinseitigen Stadt- und Klostermauer in den Jahren um 1200 und die Sanierung des Hauses «Jungfrau», welche vermuten lassen, es habe sich um das Dezemberhochwasser von 1206 gehandelt.54 6WDGWHUZHLWHUXQJ 5KHLQEU FNH XQG %DX GHV HUVWHQ 6DO]KRIV 0LWWH -DKUKXQGHUW Vor allem der südöstliche Bereich der GrabungsÀlFKH LVW PLW ELV ]X FP JHOEHP VWHULOHP .LHVsand bedeckt, der von einer weiteren Überschwemmung stammt. Nach diesenAblagerungen entstand unmittelbar parallel zur Vorgängermauer M24a auf dem 1,2 m höher liegenden Bauniveau eine Stadtmauer aus grossen Kieselbollen M19, die auf einer geraden Flucht verläuft und gegen Westen nicht mehr einbiegt. Dort endet sie ebenfalls auf der alten Parzellengrenze in der Mitte des Läufergässchens, dessen Kieskoffer über GLHVH 0DXHUÀXFKW KLQDXV DQV 5KHLQXIHU GXUFKODXfen (Abb. 395 und 433). Hier ist folglich ein verschliessbares Törchen mit einer kleinen Schifflände für den Salzhof zu rekonstruieren, wie dies unten nochmals dargelegt wird. Dieses Törchen zum Rhein wird tatsächlich auch in den spätmittelalterlichen Häuserfertigungen erwähnt.55 In der östlichen Parzelle wurde gleichzeitig mit dieser neuen Stadtmauer der erste Salzhof gebaut (Abb. 395 und 107). Es handelt sich um ein mächtiges, rechteckiges, längs dem Rheinufer angeordnetes Gebäude M6/M19 von 13,5 x knapp 17 m Ausmass, mit 1 m breiten BollensteinPDXHUQ XQG HLQHU EHWUlFKWOLFKHQ ,QQHQÀlFKH YRQ 170 m2. In den freigelegten westlichen Ecken (die östlichen liegen unter dem bestehenden Salzhof) setzte auf 390,50 m ü. M. das noch zwei Lagen hoch erhaltene Mauerwerk mit je einem Quaderstein aus Randengrobkalk an (Abb. 397 und 398). Diese Eckquader sind die letzten Reste eines 53 54 55
284
Bänteli 2013a, S. 362; deshalb ist auch die Idee eines Hafens zwischen Fischer- und Läufergässchen obsolet geworden. Vgl. oben, S. 65. STASH RP 9,27r*(1534), RP17,14*,15* (1555).
B Abb. 395 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Phase 2, Situation des ersten Salzhofs mit Erweiterungen, Schifflände und Rheinbrücke im 13. Jh. (M 1:500).
5
4
16
14
12
10
8
3
6 4
2
kkeine ke eine ne Kanalisation Kana K analisa isation io on
5
Un Unt U nte ters errssta er ttad adt
6
1 240 1.240 13
7
11
5 3
1
P latz Platz
12. 13. 1 2. / 13 1 3 JJahrhundert ahrh hu undert
M31 M30
7
4
Türe
M35
M21
M26
A
2 älf 13. Jahrhundert äl 2. H Hälfte EErweiterungen rwei eit it 1. Salzhof
M11
G6/M22
x
Buckelquaderveband B ucke ke
D
M34
x
C
M36
M5
Mitte M itt tte 13 1 13. 3 Jahrhundert 1.. Sa 1 SSalzhof alzh mit Schifflände u nd Rheinbrücke R und
Salzhof (Schweizerhof )
Gang
A
Winde Galeere
Türe M27
3
n heen che sch gäässssc rg feerrg uffe Läu slili / Lä ssl äss gääs g ellg kel nke Wiin Zaun
B
1.216
M29
M6
Kanal
N
5
Pfostenbauten
3
893
D
Ältester Salzhof
0
Freier Platz
5
10 m
1.240 2
M19
892 8 92
Schifflände? M19
x Stadtmauer
C
Schifflände
Törlein und Schifflände Rheinbrücke Rheinbrücke
B
Pflaster
Pflaster
Asphalt
392.00
C1
C2
Abb. 396 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Profil C-C, vgl. Abb. 395, 433 und 35 (M 1:50).
391.00
Pflästerersand
P 37
P 36
UK M31
UK M31 Strasse 390.00
Malmschutt 389.00
Rheinkies P 24
P 25
Asphalt
Asphalt
C2
Südflucht Schweizerhof
C3
Ufermauer M15
Stadtmauer I
sandiger Kies Hochwasserablagerung
Stadtmauer II M19
UK M31 Mauergrube M24a? sandiger Kies Hochwasserablagerung
M 24 P 26
Schiffländen
P 35
285
Buckelquaderverbands, das typische Kennzeichen von Adelsbauten.56 Im etwa zu einem Viertel freigelegten Innenraum waren über dem ersten Gehniveau mindestens vier weitere Kies- oder Lehmböden vorhanden, die in der Folgezeit periodisch erneuert wurden (Abb. 394). Der Bau des Salzhofs gehört offensichtlich in denselben Kontext wie die Erweiterung der Unterstadt nach Osten. Zehn im Grundzinsrodel von 1253 als fulli oder vulli genannte Grundstücke machen deutlich, dass in jener Zeit die alte Furt57 aufgefüllt und die Stadterweiterung um die äussere Unterstadt in vollem Gange war.58 Obwohl die neue Stadtmauer M19 nur knapp 90 cm breit ist, entspricht sie durchaus den im 13./14. Jahrhundert viel schlanker gewordenen BefestiAbb. 397 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Westmauer M19 (1) und rheinseitige Südflucht (3) des ersten Salzhofs, Mitte 13. Jh., die der neue Salzhof von 1529/30 übernommen hat (4).
4
1 Abb. 398 Detail des Eckquaders der S/W-Ecke des ersten Salzhofs aus Randengrobkalk (2), Mitte 13. Jh. Letzter Rest eines Buckelquaderverbands, typisches Kennzeichen von Adelsbauten. Rechts davon die Auffüllungen des 14. Jhs.
2 3
286
2
3
gungsmauern, wie etwa die Beispiele der gleichaltrigen und ebenfalls rheinseitigen Stadtmauer von Stein am Rhein sowie die etwas jüngeren Flankenmauern des Munot zeigen (1.112 und 1.124).59 Diese Auffüllung des Rheinufers führte zu einer Flussverengung und zum Höherstau des Rheins. Sie ging einher mit dem Bau einer Rheinbrücke, die 1259 als pontem ad Rhenum erstmals genannt wird und danach regelmässig in den Quellen auftritt (1.080).60 Der Bau der Brücke führte auch GD]X GDVV GLH 6FKLIÀlQGH ZHLWHU UKHLQDXIZlUWV verlegt wurde (1.213). Unsere Brücke ist damit etwa in der gleichen Zeit entstanden, in der auch Stein am Rhein seine Rheinbrücke erhielt.61 Die ersten Besitzer des Salzhofs Rüeger ging davon aus, dass es einen alten Salzhof oberhalb der Brücke gegeben habe und dass dieser identisch sei mit jenem Haus, in dem zu seiner Zeit um 1600 immer noch der Hofmeister wohnte (1.164), sowie einen neuen Salzhof, den hof unter der brugg.62 Unsere archäologischen Untersuchungen haben nun deutlich gemacht, dass der Salzhof immer an der gleichen Stelle unterhalb der Brücke lag und mindestens hundert Jahre älter ist, als dies bislang aufgrund der Schriftquellen angenommen wurde.63 Demnach lässt sich als Bauherr des ersten Salzhofs die FaPLOLH $P 6WDG LGHQWL¿]LHUHQ ,P *UXQG]LQVURGHO des Klosters Allerheiligen von 1253 werden gesamthaft vier Höfe genannt. Nur einer davon liegt in der Unterstadt, infra civitatem, das Haus von Hermann Am Stad in Littore mit Hof, curti, und seine vulli, das aufgeschüttete Land am Rheinufer.64 Die anderen drei Höfe liegen am Markt (Fronwagplatz). Heinrich Am Stad, in litore, genannt Brumesi HUKLHOW GLH 6FKLIÀlQGH DOV Lehen von Allerheiligen. 1278 war sie immer noch in seinem Besitz und in dem seiner Kinder. In der Urkunde von 1278 werden offenbar Liegenschaften oberhalb des Salzhofs beschrieben: LUR YXLOOL ELYDQFK, eingefriedetes Grundstück, iro schefstelli, Schiffslagerplatz, diu hinder iro trot ten ist. Jacob Brümsi, der beim Schwarztor im später so genannten «Paradieserhaus» (1.164) an der Stadtmauer wohnte, verkaufte 1302 Hof und 6FKLIÀlQGH 65 Auch das Fahr, das Recht, gewerbsmässig eine Fähre zu betreiben, war mit dem SalzKRI XQG GHU 6FKLIÀlQGH YHUEXQGHQ 66 Neben einem ersten möglichen Fährenstandort unmittelbar oberhalb des «Schweizerhofs» (1.164) könnte auch vom Läufergässchen aus eine Seilfähre ans andere Ufer verkehrt haben. Dort steht aus dieser Zeit ein Gebäude genau in der Verlängerung des Läufergässchens über den Rhein, der «Bären» an der unteren Rheingasse 5, erbaut im Jahr 1262 (1.253).67
B 6WUDWLJUD¿H ©6FKZHL]HUKRIª *HElXGHLQQHQÀlFKHQ YRU Schichtaufbau Fundnummer :HVWVHLWH 3UR¿O A–A, B–B (nicht publ.)
Datierung
Deckhorizonte, 63, TK Reinigung Kulturschicht, 62, SR 3, TR 20b, jüngere Benut- Sieb, wenig TK zung M26
2. H. 13./ 1. H. 14. Jh.
Steinrollierung, 64, TK ältere Benutzung M26 Planie 1. Abstich OK Bauniveau M26 Planie 2. Abstich
Kiesplanie/ Überschwemmung unterste Planie
56, DTR, TR 10B, TK
65, KR1a, TR19, viel TK 66, DTR1/ 20A, LAR1/2, SR2, rote Engobe, FZah, viel TK
2. H. 12.– 1. H. 14 Jh.
2. H. 12./ 1. H. 14. Jh. 2. H. 13./ 1. H. 14. Jh.
60/67, TK
nicht ausgegraben Rheinufer 56 57 58 59
60
Bänteli 2010c, S. 82–84. Rüedi 1938, S. 7–10; Bänteli 1999, S. 19, S. 29; Gamper 1999, S. 131. STASH UR 1/120. Bänteli 2010c, S. 80f. In Stein a. Rh. ist die rheinseitige Stadtmauer von Mitte 13. Jh. nur 85 cm (Choligass) bzw. 90 cm (Schwarzhorngasse) stark (KASH Fdst. 60/006 P1 Tb 2; 60/042 P7 Tb 4). STASH UR 1/143, UR 1/145, UR 1/169, UR 1/175a; Rüeger 1884, S. 355f.
Schichtaufbau nördlich M11, 3UR¿O $±$ (nicht publ.) Abbruchmörtel Lehmboden zu M3 obere, M5 Mauergrube M3 obere Planie nach Brand, bzw. Grube
Fundnummer
Datierung
13, HZ, TP
15. Jh.
14
?
11, KR 3
2. H. 13./ 1. H. 14. Jh. ? 2. H. 12.– 14. Jh.
Planie unter Brand, Abbruchmörtel M3 auf Brand Gartenhumus oben
16, 20, KR 5a/5b
spätes 14./15. Jh.
17
?
15
19, HZ, KR 5a, TR 12, Henkel
71, DTR Fuss olivgrüne Glasur, viel TK Gartenhumus 18, 72, Kopf unten TK mit Mütze eines Aquamaniles, Ws rote Engobe, viel TK 73, DTR3, Bauniveau, auf 58, Lämpchen, Brandschicht/ 59, TK, FZah, viel Feuergrube, humos/kiesige TR 1, TK Benutzung M5 3a fetter brauner 74, FZah, viel TK Humus OK Bauniveau M5
Kiesplanie/ Überschwemmung schwarzer Humus mit Kalkst. u. Hoko fetter dunkler Lehm mit viel Brandschutt Rheinufer 61 62 63 64 65 66 67
?
2. H. 12.– 1. H. 13. Jh.
2. H. 13./ 1. H. 14. Jh. 2. H. 13./ 1. H. 14. Jh.
2. H. 13. / 1. H. 14. Jh.
75, viel TK
76 77, 78, TR 5/7, HZ, 11.–1. H. 12. Jh. Spinnwirtel 70, TR5
11. Jh.
Bänteli 2010c, S. 49; Eugster et al. 2007, S. 95. Rüeger 1884, S. 365f. Schultheiss 2006, S. 168 und Anm. 638. Vgl. oben, S. 91 und Tabelle S. 289. Rüeger 1884, S. 956f. STASH UR 1/289, UR 1/296, UR 1/1100, UR 1/1170. Vgl. oben, S. 100.
287
6WUDWLJUD¿H ©6FKZHL]HUKRIª +RIÀlFKHQ YRU 3DU]HOOH :HVW DXIJHODVVHQ 3UR¿O %±% (nicht publ.)
3DU]HOOH 2VW DXIJHODVVHQ 3UR¿O '±' (nicht. publ.)
$XVKXE ELV PD[ FP XQWHU 3ÀlVWHUXQJ YRQ 22, 31 1529/30 Schichtaufbau Fundnummer Datierung 3UR¿O %±% '±'
Schichtaufbau 3UR¿O '±' 5. Boden, grünlicher Lehm zu M6, M19 4. Boden, goldgelber Lehm zu M6, M19 Brandschuttschicht zu M6, M19
gelber Lehmboden 30, 48, KR 3, 3-N, KR 13. / innen zu M18 und 5a 1. H. 15. Jh. DXVVHQ +RISÀlVWHrung M17 mit Kalksteinplatten Planien zu M15, 49 M18 Mauergrube M18, 50, 51, WS, viel TK Ausrissgrube M21 verbrannter Lehmboden, älteste Phase zu M3 unten und M21, Planie aus humosem Gartenkies, Kiessandlinse, Bauniveau auf Brandrötung, Pfolos 2. schwärzliche Kulturschicht/Planie, 1. Abstich Neubau M6/19
2. H. 13./ 1. H. 14. Jh. 12./13. Jh.?
52, 53, wenig TK
41, früher DTRfuss, viel TK
12./13. Jh.
39, 40, TR 15b, WS, rote Engobe
graue, kiesige Planie,
Überschwemmung mit gelbem Kiessand kiesiges Band
37, 43, 2. H. 12./ 2. schwärzliche Kulturschicht/Pla- TR 8/10b, 1. H. 13. Jh. nie, viel TK 3. Abstich
Rheinufer und Rheinbett
288
2. Boden, gelber Kies zu M6, M19
12./ 1. Salzhof 13. Jh. M6/ M19 mit 1. Gehniveau und Brandrötungen
42, TR 11/ 2. H. 12./ 2. schwärzliche Kulturschicht/Pla- 13a, FZah, 1. H. 13. Jh. nie, viel TK 2. Abstich
Kiesplanie/ 44, TK Überschwemmung 1. Kulturschicht 45, WS, viel TK, FE-Schlacke
3. Boden, grauer Kies zu M6/19
2. schwärzliche Kulturschicht
12.– früh. 13. Jh. 11./12. Jh.?
Kiesplanie/ Überschwemmung 1. Kulturschicht
2. H. 14. bis frühes 16 Jh. (TR22) Fundnum- Datierung mer _ 35
15./frühes 16. Jh
36, 46, SR10, Glas, HZ _
15. Jh.
_
_
29, DTR 3, 2. H. 12./ 13. Jh. SR1, T10b/20b, HZ, viel TK steril 32, TR 8/10b, FZah 33, 38, T R 13a/13b, FZah, viel TK
34, wenig TK
2. H. 11./ 1. H. 13. Jh. 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh.
B 1.235 erste Besitzer des Salzhofs im 13. Jahrhundert68 Urkunde
Datum
Besitzer
STASH UR 1/120
1253
Hermani in Littore (Brümsi, am Stad),
STASH UR 1/132 STASH UR 1/143 STASH UR 1/177 STASH UR 1/182 STASH UR 1/207
Nennung von
Grundzinsrodel: GRPXV FXUWL YXOOL infra civitatem (Unterstadt) 24. August 1257 Abt Hugo von Allerheiligen belehnt den 6FKHÀHGL Heinrich Brümsi, Sohn Heinrichs (Am Stad) 1259 Heinrich am Stad (in litore) genannt Brumesi (UEOHKHQV GHU 6FKLIÀHGL VFHÀHGL und Rheinbrücke 1277 Burchard und sein Sohn Peter, dicti an dem Rückkauf des Lehens des Salzrechtes Orth, Ritter, Kloster Allerheiligen durch Allerheiligen 2. September 1278 Heinrich Brumsi an dem Stade und seine LUR YXLOOL LUR ELYDQFK LUR VFKHIVWHOOL GLX Kinder hinder iro trotten ist 10. Oktober 1285 Heinrich Brümsi 6FKLIÀHGL XQG 5KHLQEU FNH
Rüeger 1884, S. 351 1299
domini Hermanni in Litore, H. Brümsi, H. in Littore
(UZHLWHUXQJHQ GHV HUVWHQ 6DO]KRIV 2. Hälfte 13. Jahrhundert In der Gebäudemitte des ältesten Salzhofs M6/ M19, rechtwinklig zum Rhein, schloss eine Mauer M5 an, die zu einem etwas jüngeren Gebäude mit unklaren Ausmassen gehörte. Sie übernahm die Fundamenthöhe des Salzhofs, bestand wiederum aus grossen Bollensteinen mit einer Breite um 0,90 m und zeigt Lagen in opus spica tum, wie sie im ganzen 13. Jahrhundert noch in Gebrauch waren. Dazu könnte M29 im Osten gehören, ein isoliertes Mauerstück einer Gebäudeostwand, die vor der heutigen Ostfassade des Schweizerhofs zum Vorschein kam (Abb. 395 und 399). Es lag an der Strasse zur Rheinbrücke, war 0,93 m breit und bestand aus Mischmauerwerk mit Bollen- und Kalksteinen. Der weitere Verlauf nach Norden und Westen blieb unklar. In einer zweiten Etappe wurde an M5/M6 der Mauerwinkel M11 angefügt, der einen Raum von etwa 27 m2 umschloss. Seine Westmauer misst nur 0,7 m, ist 15 cm schmaler als die Nordmauer, und an der Ecke sitzt ein glatter Quader aus graugrünem Rorschacher Sandstein (Abb. 395 und 401). Zwischen den Gebäuden verblieb ein 1,6 m breiter Gang. Die Bauarbeiten hinterliessen ein markantes Bauniveau, zu dem nördlich von M11 mächtige, kohlige lokale Brandschichten gehören, die zum Teil in eine Grube von 1,5 x 2,5 m hineinziehen, welche mit den Bauarbeiten in Verbindung zu bringen ist. Aus den Benutzungsschichten nördlich von M11 stammt der Kopf mit Mütze von einem Aquamanile (Abb. 400).
Wie erwähnt, war das Läufergässchen ursprünglich nur halb so breit wie heute. In der westlichen *DVVHQÀXFKW EHVWHKW GDV )XQGDPHQW 0 0 von Haus Läufergässchen 5 aus romanischem Bollensteinmauerwerk mit teils hochkant gestellten Steinen (Abb. 395).69 Seine rückwärtige Fassade (1.216) zeigt gleichartige Mauercharaktere und ist Teil eines dahinter liegenden älteren, dreigeschossigen Gebäudes im Hinterhaus der «Galeere» aus dem 13. Jahrhundert, das später um ein Geschoss aufgestockt wurde.
1 68 69
Zur Familie Am Stad: Rüeger 1884, S. 955–966. Vgl. unten, S. 313.
Grundzinsrodel: 0RGR ,QIUD 3RUWDP total vier Häuser
Abb. 399 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Das Mauerstück M29 (1) des alten Salzhofs liegt im Gassenbereich vor der zurückversetzten Ostfassade des neuen Salzhofs von 1529/30.
289
Die östliche Flucht des Läufergässchens bildet die Mauer M31, die an die Stelle des Zauns getreten ist. Sie war Teil eines gut 12 x 17 m grossen MauHUNRPSOH[HV DP .RSI GHV :HVWÀ JHOV GHV KHXtigen «Schweizerhofs», bei dem unklar blieb, ob es ein ganzes geschlossenes Gebäude war oder ob die Fläche auch Hofbereiche miteinschloss. Die Ostseite M21/M3 markiert jedenfalls eine weitere bis 1529 bestehende Parzellengrenze (Abb. 395 und 402). In der Südwestecke ergab die fragmentarische Untersuchung der Bollensteinmauern M26/M31 einen in etwa quadratischen Baukörper mit einer Seitenlänge von 7 m (Abb. 393 und 395). In der Mitte der Nordwand lag ein Tor oder eine Türe. Die Steinlagen in opus spicatum sind 0,75–0,80 m stark und zeigen alle einen ähnlichen Mörtel. Das zugehörige Fundmaterial datiert das Mauerwerk in die 2. Hälfte 13.–1. Hälfte 14. Jahrhundert. Vom Mauercharakter her ist eine Datierung noch ins 13. Jahrhundert anzunehmen.
Abb. 400 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Kopf mit Mütze eines (zeichnerisch rekonstruierten) Aquamanile aus roter Irdenware, aus den Auffüllschichten nördlich der Mauer M11, 2. H. 13./1. H. 14. Jh. (M 1:2).
Gegen Nordosten kam mit den Mauerzügen M21/ M27/M30 ein bis an die Unterstadt reichendes rechteckiges Gebäude von 6 x 14 m hinzu. Die Binnenmauer M27 endete stumpf einen Meter vor M26 und markiert eine weitere Türe. Ob der als Mauergrube fassbare Winkel G6/M22 Teil des Gebäudes war oder nur einen Hof umfasste, bleibt unklar. Im rheinseitigen Abschnitt wuchs die Humusschicht bis zu ihrer endgültigen Dicke von etwa 50 cm heran. Darauf entstanden zunächst einfache Bauten. Auf ein Holzgebäude deuten einige teils in Reihen angeordnete Pfostenlöcher hin, die etwa 20 cm Durchmesser und mindestens 60–70 cm Tiefe aufweisen. Hinzu kommen Bau- und Brandhorizonte und ein kurzes, schmales Kalksteinkanälchen sowie ein Stück eines etwas älteren, verbrannten Lehmbodens (Abb. 395 und 103). Der obere Brandhorizont liegt etwa auf dem gleichen Niveau (390,80 m ü. M.) wie jener auf dem Plätzchen vor der «Winde» in der Unterstadt (1.240).
1
Abb. 401 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Mauerwinkel M11 (1) mit Eckquader aus Rorschacher Sandstein, Erweiterung des ersten Salzhofs, 2. H. 13. Jh.
290
$XVEDX XQG $XIWHLOXQJ GHV 6DO]KRIV 14. Jahrhundert Der weitere Ausbau des Salzhofs ist mit seiner Aufteilung auf verschiedene Besitzer zu erklären. 1302 wechselten die Rechte von der Familie Am Stad auf drei Besitzer: Hermann im Winkel (Winkilshain), Hermann Fridbolt, und Ulrich, Sohn des verstorbenen Jakob Fridbolt. 1363 bilden bereits fünf Personen aus diesen beiden Familien eine Gemeinschaft zum Betrieb des Salzhofs, der erstmals nicht mehr nur «hof» genannt wird.70 1369 sind nur noch drei Besitzer genannt, und zu den Familien Fridbolt und im Winkel kamen die Im Thurn hinzu, die schon seit 1348 Salzrechte besassen.
B 1.235 Besitzer des Salzhofs im 14. Jahrhundert Urkunde
Datum
Besitzer
Nennung von…
Jakob Bruimsi genannt am Stade STASH UR 1/289, 28. März 1302, UR 1/296, UR 1/299 20. Dezember 1302, verkauft an Hermann in dem Win13. Mai 1303 kil (Winkilshain), Hermann Fridebolt und Ulrich, Jakob Fridebolts seIigen Sohn.
vgl. Editionstext bei UR 1/289 STASH UR 1/724 STASH UR 1/897
STASH UR 1/897 STASH UR 1/954
1326
Wilhelm Im Thurn am Salzmarkt
7. Juli 1348
Heinrich zem Tor verkauft dem Rüdiger Im Thurn an den Fischbänken 6. März 1363 Herr Fridebolt, Ritter, Hermans seligen Frideboltes sun, Johans und Ulrich Winkelshain gebruder, Ulrich Fridebolt genant von Mose und Ulrich Winkelshain, Ulrichs seligen Winkelshaimes sun, burger ze Schafhusen 20. Juli 1369 Hans Winkelsheim, Eberhard Im Thurn und Ulrich Winkelsheim 20. Dezember 1369 Hans und Ulrich Winkelsheim und Eberhard Im Thurn leihen dem 0DUWLQ YRQ 6WLHJHQ 3¿VWHU
In der westlichen, schmaleren Parzelle wurde an Stelle der einfachen Holzbauten ein weiteres, mindestens zweigeschossiges Lagerhaus an den ersten Salzhof angebaut. Es übernimmt seine Breite und reicht bis zur alten Grenze in der Mitte des Läufergässchens, wo mit M32 weitere Mauerreste vorhanden sind (Abb. 403 und 404). Rheinseitig wurde die Stadtmauer M19 bis auf Oberkante Fundament abgebrochen und von dort als Mauer M15 neu hochgezogen. Gegen die Unterstadt hin ist das neue Bollensteinfundament M18 des Lagerhauses mit 1,2 m ausgesprochen stark fundiert. Das noch knapp 90 cm starke Aufgehende besteht aus Kalksteinmauerwerk, so wie es nun alle nachfolgenden Bauten besitzen. Der etwa 110 m2 umfassende Innenraum besass einen Mittelunterzug auf zwei freistehenden Holzstützen zur Entlastung der Obergeschossdecke. Ein gemauertes Stützenfundament M23 blieb erhalten, das zweite war 1965 durch die Unterführung beim neuen Brückenkopf zerstört worden. Nachgewiesen sind Teile des Bodens, wobei es sich wieder um einen Estrich aus hart gestampftem Lehm handelt. 70
«GLH KDOEH 6FKHÀHGL XQG GHQ KDOEHQ +RI ]ZL VFKHQ GHU 6FKLIÀHGL XQG GHP LQYDQJH XQG GHQ KDOEHQ *UDEHQ GHU ]ZLVFKHQ GHP +RI XQG GHU JDVVHQ OLHJW GD PDQ KLQ JDW ]X GH] YRUJHQDQWHQ :LQNLOVKDLQV KXV XQG GHQ YLHUWHQ 7HLO DOOHU GHU KXLVHU GXL OLJHQW LQ GHP LQYDQJH GHU VWR]HW DQ den hof [alles Lehen von Allerheiligen] und den KDOEHQ *DUWHQ GHU ]ZLVFKHQ GHP QLGHUQ 7RU und Vischerhuiser liegt. 1303 nochmals zweite Hälfte des var und der VFKHÀHGL Salzrecht Zins ab seinem Salzrecht *HPDLQGH [Gemeinschaft] des Salzhofs und der Ledi >6FKLIÀHGL@ EL GHU 5LQEUXJJH PLW K VHUQ und hofstetten
%HVLW]HU GHV 6DO]KRIV XQG GHU 6FKLIÀHGL einen Teil ihres Gartens, der zur Ledi und dem Salzhof gehört, vor dem schwarzen Tor bei den Fischerhäusern gelegen
Abb. 402 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Die Ostmauer M21/M3 (1) am Kopf des Westflügels des neuen Salzhofs von 1529/30 markiert eine bis 1529 bestehende Parzellengrenze.
1
Im Gegensatz dazu Schultheiss 2006, S. 168, Anm. 638: Salzhof erstmals 1376 erwähnt, nach Mommsen 1989, S. 192.
291
Abb. 403 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Phase 3, Situation des Salzhofs mit Ausbau und Aufteilung auf verschiedene Besitzer im 14. Jh. (M 1:500).
909
913 11
10
9
6 5
4
16
14
12
10
8
3
6 4
2
keine Kanalisation
5
Unterstadt
6
1.240 13
11
7
Holzhaus
5 3
1
Latrine G8
14. Jahrhundert Ausbau und Aufteilung des Salzhofes
M31
7
M30 4
x
B
Türe Winde
Türe M27
M21
M26
A
M5
Galeere
M28
A
Salzhof (Schweizerhof )
Freier Platz
N
M11 3
M35 Hof Hof
Tor
Hof
M6
10 m
M23
D
M32
M29
Ältester Salzhof
Lagerhaus M19
2
sli / Lä Winkelgäs
5
chen ufergäss
M18
Farb/Metropol
5
D
x C
3
0
M17
M34
1.216
Buckelquaderverband
M15 x C
Törlein und Schifflände B
Rheinbrücke
Rechtwinklig zum Läufergässchen entstand ein 4,5 m breiter Erschliessungshof für den ganzen Baukomplex (Abb. 403–405). Dazu wurde die Südwand G26/M22 abgebrochen und um gut 3 m nach Norden verschoben. Das neue, in den untersten Lagen erhaltene Mauerfundament M28 ist mit 0,95 m auffallend stark und besitzt trotz hohem Bollensteinanteil kein opus spicatum mehr. Der Hof ist mit unregelmässig grossen KalksteinSODWWHQ 0 JHSÀDVWHUW GHUHQ 6HLWHQOlQJHQ ± 90 cm aufweisen und deren Zwischenräume mit Kieselsteinen ausgefüllt wurden. Der Hof liegt fast niveaugleich mit dem Boden des neuen Lagerhauses M15/M18, 1–2 Stufen über dem Bodenniveau des alten Salzhofs und auch niveaugleich mit dem Boden des älteren Holzhauses vor der «Winde» an der Unterstadt (1.240). An der Schnittstelle von Hof und Läufergässchen kann ein Tor rekonstruiert werden, weil auch der Nachfolgerbau, der neue Salzhof von 1529/30, traditionell an der gleichen Stelle eine Zufahrt mit Tor besass.71 Rheinseitig wurde weiter Land aufgefüllt, wie eine Quelle von 1347 deutlich macht (Abb. 398 und 403). Die Stadt kaufte damals den oberhalb des Hauses der Familie Winkelsheim gelegenen Baumgarten, genannt Loufen gart, zum Zweck der Anlage einer Strasse an den Rhein und zum 292
Bau neuer Häuser.72 Die Winkelsheim wohnten zuunterst am Läufergässchen, damals auch Winkelgässli genannt. Nach dem Wegzug der Familie in den 1430er-Jahren entstand der Name Laufengasse,73 so dass dieser Laufengarten eigentlich nur das aufgefüllte Land vor der Stadtmauer des Salzhofs bzw. vor der zweiten Stadtmauer zwischen Fischer- und Läufergässchen bezeichnen kann (Abb. 133; 1.230). Letzte adlige Besitzer des Salzhofs und der :HFKVHO ]XU 6WDGW VSlWHV ± -DKUKXQGHUW 1380 verkauften Eberhard lm Thurn und Ulrich und Johannes Winkelsheim den Salzhof, das Fahr XQG GLH 6FKLIÀlQGH ]X 6FKDIIKDXVHQ DQ GHQ |Vterreichischen Herzog Leopold. Er hatte bereits 1376 ze Schaffhausen ain Salzhaus gemacht.74 Versteckt es sich in den obengenannten Fundamenten im Neubau M15/M18/M23 (Abb. 406) oder in jenen der Lagerhäuser oberhalb der Brücke (1.164)? Leopold verlieh die Rechte weiter an die Familie Wiechser, von der schliesslich der Salzhof 1404/05 durch Kauf an die Stadt Schaffhausen kam. Die folgenden 450 Jahre verblieb der Salzhof in städtischem Eigentum, bis zu seiner Aufgabe Mitte des 19. Jahrhunderts.75
B In der Folge scheinen sich die Investitionen in Grenzen gehalten zu haben, soweit dies aus den Fundamenten überhaupt nachvollziehbar ist. Das Gebäude M21/M26–M28 wurde abgebrochen und teilweise neu in Kalksteinmauerwerk aufgebaut. Die Nordwestecke M33 wurde komplett bis auf die Fundamentsohle erneuert. Sie schliesst gegen Süden nach etwa 4 m an die alte Bollensteinmauer im Läufergässchen an und springt gegen 1RUGHQ ZRKO HEHQIDOOV DXI GHU DOWHQ %DXÀXFKW 1,2 m in die Unterstadt hinein (Abb. 406, 435 und 288). Auch das östliche Fundament wurde übernommen und darauf die beidseitig über das Fundament vorkragende Mauer M3 hochgezogen. Der Boden des Innenraums ist noch als gelber Lehmboden erhalten. Er liegt 30 cm über dem Hofniveau auf etwa 391,60 m ü. M. Aussen beim neuen Mauerwinkel M33 in der Unterstadt ist er rot verbrannt, ebenso wie der auf gleichem Niveau liegende jüngere Boden im Holzhaus vor der «Winde» (1.240). Auch das Gehniveau in der östlichen Parzelle ist durch verschiedene Aufplanierungen, mit einer Brandschicht dazwischen, auf dieses Niveau angewachsen. Der Brand ist wohl in die Jahrzehnte um 1400 zu datieren.76 71 72 73
74 75 76
Vgl. unten, S. 297. Schib 1967, S. 44; Rüeger 1884, S. 375, Anm. 4. Rüeger 366, S. 375: Das dritt gesslin würt genant /|XIHUJHVVOL JDW RXFK ELVV DQ GHQ 5KLQ KLQDE GLH DOWHQ KDEHQV GDV :LQNHOJHVVOL JQDPVHW XQG ½XQGHQ LP :LQNHO¾ GDUXP GLH YRQ :LQNHOVVKHLP XQGHQ GD rin gewonet hand; Bänteli 2014b, S. 78; STASH UR 1/3264; Frauenfelder 1966, S. 8. Mommsen 1989, S. 192; Mommsen 1973, S. 61f.; vgl. oben, S. 125. Bänteli 2010c, S. 30; vgl. unten, S. 310. Vgl. oben, S. 129.
Abb. 404 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Grabungsübersicht Innenhof gegen das Läufergässchen, am rechten Bildrand das Fundament der Südwand des neuen Salzhofs von 1529/30.
1
Abb. 405 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Die unregelmässig grossen Kalksteinplatten M17 (1) sind Teil des gepflästerten, vom Läufergässchen her zugänglichen Innenhofs, der mit der Aufteilung des Salzhofs in der 1. Hälfte des 14. Jhs. entstand. Die Katzenkopfpflästerung gehört zum Hof von 1529/30.
Besitzer des Salzhofs im 14. Jahrhundert Urkunde Mommsen 1989, S. 192, Nr. 107
Datum 8. Juli 1376
STASH UR 1/1100 31. Okt. 1380 STASH UR 1/1162 24. Aug. 1384 STASH UR 1/1170 26. Jan. 1385 STASH UR 1/1434 7. Nov. 1404 Mommsen 1989, S. 261f., Nr. 156
9. April 1405
Besitzer Herzog Leopold
Nennung von... Salzhaus gemacht für Salz und Eisen, das bis dahin in Diessenhofen ausgeladen wurde Eberhard lm Thurn und Ulrich und Johannes Winkels- den Salzhof, das Fahr und die Schiffheim verkaufen dem Herzog Leopold ledi zu Schaffhausen samt allen Rechten und Häusern und dem Infang Herzog Leopold gewährt dem Hans Wiechser, dem Al- den Salzhof ten, und Hans Wiechser, Bertholds seligen Sohn Herzog Leopold erteilt dem Salzhof zu Schaffhausen, Saltzhof, far und VFKLÀHGL welcher damals von den Wiechsern innegehabt wurde, Privilegien. Herzog Friedrich von Österreich bewilligt der Stadt Salzhof Schaffhausen, dass sie den Salzhof von Burkhardt dem Wiechser, welchem er verpfändet war, lösen könne. Burkhardt Wiechser erhält letztmals die Zolleinnahmen vom Salzhof
293
Abb. 406 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Phase 4, Situation des Salzhofs im späten 14. und 15. Jh., Zeit der letzten adligen Besitzer und der Stadt Schaffhausen ab 1404/05 (M 1:500).
6
14
12
10
8
6 4
2
keine Kanalisation
5
Unterstadt
1.240
7
11
6
M33 5
Holzhaus Latrine G8
3
12
1
M30 4
7 B
Freie Platz Freier
M27 A
Winde
M26
M5
M3
A
M31
M25
M4
3
Galeere
M35 Hof
Salzhof (Schweizerhof )
M17
Tor
D
M34
x C
Wohnhaus des Salzhofmeisters
M29
5
M36
M6
M18
1.216
asse / Lä Laufengg
Farb/Metropol
D
M32
M23 Ältester Salzhof
Lagerhaus
2
chen ufergäss
3
M19 M15
x
C
B
8 10
rasse
Moserst
Schifflände Laufengarten Inneres Rheintor
Rheinbrücke Hasenburg 1.080
Spätes 14. / 15. Jahrhundert Herzog Leopold, die Wiechser und die Stadt Schaffhausen x
Buckelquaderverband
N
0
Zu einem späteren Zeitpunkt wurde in der östlichen Parzelle der romanische Gebäudewinkel M11 abgebrochen, um so den Hof gegen Osten zu verlängern und die Gebäude besser erschliessen zu können. Die Kalkbruchsteinmauer M4 zeigt mit ihrer auffallenden Stärke von 1,25 m, dass sie Teil eines weiteren Lagerhauses war (Abb. 402 und 406). Nordseitig gehört zu dieser 294
5
10 m
Mauer ein weiterer Lehmestrich auf 391,75 m ü. M. In die jüngste Zeit des alten Salzhofs gehört schliesslich ganz im Osten die N–S verlaufende Kalkbruchsteinmauer M25, die wenig tief fundamentiert und nur 68 cm stark ist (Abb. 406). Es handelt sich um eine Binnenmauer, die ostseitig einen tiefer liegenden Raum abtrennte, in dem ein Holzboden auf 391,10 m ü. M. lag.
B 'HU QHXH 6DO]KRI YRQ HLQH )ROJH GHU Reformation? Wie die archäologischen Untersuchungen gezeigt haben, war der alte Salzhof innerhalb von knapp 300 Jahren heterogen gewachsen und deshalb disfunktional geworden. Der Chronist Rüeger hatte um 1605 für den ersten und alten Saltzhof, darin PDQ GLH :DUHQ XVV GHQ 6FKLIIHQ WXW XQG GD GHV KRIPHLVWHUV EHKXVXQJ LVW eine Lage oberhalb der Rheinbrücke angenommen (1.164).77 Rüeger irrte sich zwar in der Lage, jedoch ist nicht nur seine Feststellung des Warenumschlags aus den Schiffen direkt oberhalb der Rheinbrücke aufschlussreich, sondern auch der Wohnort des Hofmeisters an jener Stelle (1.164) und nicht im Salzhof. Diese Trennung von Wohn- und Arbeitsort des Hofmeisters wird seit 1392 durch die Steuerbücher bestätigt und änderte sich auch durch den Neubau von 1529/30 nicht.78 Rüeger schreibt weiter, dass GHU DOW 6DOW]KRI« VLFK QDFK XQG QDFK JPHUHW XQG ]XJQRPPHQ GDVV QRFK HLQ KRI GUXVV ZRUGHQ QDPOLFK GHU VR PDQ GHQ VFKLEHQ KRI [nach den Salzscheiben] QDPVHW GHU Z UW EL GHQ alten ‹der hof under der brugg› gnamset.79 Hängt die Anlage des neuen Salzhofs direkt mit der Reformation zusammen? 1524 wurde das Kloster Allerheiligen aufgehoben und in eine Propstei umgewandelt.80 Am 29. September 1529 erfolgte die endgültige Einführung der Reformation durch den Rat, zwei Monate später wurde die Propstei aufgehoben und das ansehnliche Klostervermögen säkularisiert.81 Hatte die in Aussicht stehende Füllung der Stadtkasse schon länger zur Planung des Neubaus und dann zum Abbruch des alten Salzhofs geführt? Ist es Zufall, dass nur vier Tage nach der Reformation am 3. Oktober 1529 das Fundament für den Neubau gelegt werden konnte? Der neue Salzhof, der heutige «Schweizerhof», wurde in nur 10 ½ Monaten realisiert und am 12. August 1530 vollendet, wie es eine Hausinschrift überliefert:
77 78 79 80 81 82
83
Rüeger 1884, S. 365. Häuserdatenbank. Rüeger 1884, S. 366. Vgl. oben, S. 188. Schudel 1986, S. 1505. Rüeger 1884, S. 365 nach einer verlorenen, ehemals am Haus angebrachten Inschrift. Bestätigt durch die dendrochronologische Datierung, vgl. unten, S. 304 und Tabelle S. 306. Rüeger 1884, S. 368.
0HUNHQG ZLH JDU LQ NXU]HU IULVW 'DV KXVV YRQ *UXQG HUEXZHQ LVW 'DV PDJ PDQ GDUEL QHPHQ ZDU Im nün und zwanzigsten iahr 'HU PLQGHUHQ ]DO DP GULWWHQ WDJ 2FWREULV GHQ PDQ RXFK QHQQHQ PDJ :LQPRQDW LVW JHOHLW GDV SI OOPHQW Demnach gar meisterlich vollendt $Q GHP ]Z|OIWHQ WDJ $XJXVWL 1DFK GHU JHEXUW -HVX &KULVWL =HOW GULVVLJ LDU GHU PLQGHUHQ ]DKO 'HQ EVLW]HUQ JHE *RWW *O FN XQG KDO 82 Der Salzhof in der Überlieferung Rüegers Um 1605 gibt uns der Chronist Rüeger eine umfassende Beschreibung der Funktion des neuen Salzhofs, die unten wiedergegeben sei. Der Salzhof war demnach der städtische Zollhof, in dem neben dem Salz sämtliche Handelswaren verzollt werden mussten, die zu Land und zu Wasser durch Schaffhausen geschleust wurden. Er war eine äusserst wichtige Einnahmequelle und wurde nach Kräften gefördert. Wir erfahren weiter, dass als Verwalter ein Hofmeister amtete, der die Buchführung übernahm. Seine vier Hofknechte hatten auf die Schiffe zu warten, mussten die Waren einund ausladen und weitere Aufgaben wahrnehmen. Im 1323. iar des Herren ertrug der zoll im Salz KRI LlUOLFK LQ GLH SIXQG SIHQQLJ XQG QLW PHU das was zr selben zit vil; aber der hüwtige zoll ist PHU GDQ ZLW GDU EHU GDUXP GDVV VLFK RXFK GLH ZDUHQ PHUHQG QLW QXQ GDV VDO] VRQGHUQ DQGHUH LD DOOHUOHL NRXIPDQV ZDUHQ VR XVV ,WDOLHQ 7 WVFK ODQG LD RXFK XVV )UDQNULFK KLH GXUFK XQG LQ GLVHQ 6DO]KRI JI UW ZHUGHQG GDGDQQHQ DQGHUVFKZRKLQ zu wasser oder land zu verfertigen. Darum er bil lich sines grossen nutzes halb ein gross kleinot GHU VWDW LVW GLH RXFK JXW VRUJ ]X LP KDW GDQQ PDQ LQ GLVHP DPW Q W XQGHUODVVW DOOHV GHVVH VR ]X II nung und fürderung desselbigen dienet. Ein er same oberkeit ordnet darzuo ire amptlüt und die QHU DOV QDPOLFK HLQHQ REPDQQ XQG YHUZDOWHU GHV JDQ]HQ 6DO]KRIV GHQ PDQ GHQ KRIPHLVWHU QDPVHW der den zoll innimpt und hiemit alle ingenden und XVVJHQGHQ ZDUHQ ÀLVVLJ XIVFKULEHQ WXW GDUXP HU dan ouch einer ersamen oberkeit iärlich rechnung gibt. Dieser hofmeister hat under im sine knecht XQG GLHQHU GHUHQ YLHU VLQG VR PDQ GLH KRINQHFKW namset. Diese hofknecht müessend uf alle schiff YHUVWDQG GLH JHODGQHQ VR GHQ 5KLQ DENRPPHQG ZDUWHQ GLHVHOEHQ XVV]HODGHQ QHEHQG GHP RXFK GHP KRIPHLVWHU LQ DOOHP GHP JHKRUVDP VLQ GDV HU LQHQ QDFK YHUP|J VLQV DPSWV XÀHJW XQG JHE tet; darum si ouch ire guten inkommen und bstal OXQJHQ KDEHQG :LWHU LVW RXFK GDV LU DPSW GDVV VL GLH ODQGZHJHQ VR DOGD VDO] RGHU DQGHUH ZDUHQ NRPPHQG ]X KROHQ P HVVHQG KHOIHQ ODGHQ 83 295
Abb. 407 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Phase 5, Situation des neuen Salzhofs von 1529/30 (M 1:500).
6
14
12
10
8
6 4
2
keine Kanalisation
5
Unterstadt
6
1.240 11
12
Platz Waaghaus Keller 7 B
Latrine
Büro
Freier Platz
G3
Winde
Latrine G2
A
Keller M1
Garten zur Hofmeisterei
A
Warenlager
Hoftor West
Brunnen
Latrine G4
Galeere
Vordach
D
Keller C
5
sschen Läufergä
Wirtschaftshof gepflästert
3
M13
Latrine?
G7
Tresor
D
Zwischenwand
M16
Querschnitt
Vorraum
Querschnitt
C
hrung Unterfü 1965
Türe Farb/Metropol
Anlieferung
Kontor Salzhofmeister Aufzug
Neues Hoftor Ost
Hofmeisterei später Wasserhof
M14
B
Gasse
8
10
Wagnerei?
73/74 rasse 18 Moserst Bogen Bogen
Schifflände
Schmiede? Bindhaus?
Inneres Rheintor
Rheinbrücke
Hasenburg 1.080
he
Qu
aim
aue
r1
/9 892
u
e tig
erl Uf
ini
e
3
1529/30
N 2. Hälfte 16. Jahrhundert 0
Noch vor der Betriebsaufnahme des neuen Salzhofs trat auf Anfang des Jahres 1530 auch eine neue Salzhofzollordnung in Kraft.84
296
5
10 m
Inschriften von 1561
Bauplan des neuen Salzhofs von 1529/30 Flächenmässig wurde das winkelförmige Gebäude auf drei Seiten gegenüber den bisherigen Baulinien etwas verkleinert, damit die alten Gassen, die für den Verkehr zu eng geworden waren, verbreitert werden konnten. Das schmale Läufergässchen wurde so von gut 2 m auf 4 m verbreitert, die Unterstadt von gut 6,5 m auf 8 m und die Zufahrt von und zur Rheinbrücke von etwa 8,5 m DXI P 1XU GLH EHLGHQ V GOLFKHQ %DXÀXFKWHQ übernehmen jene der Vorgängerbebauung. Sie respektieren so gegen das Läufergässchen hin das
B alte, westliche Hoftor (Abb. 429).85 Offenbar kam
Abb. 408 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Unter der Südostecke des neuen Salzhofs zeigt sich der Anschlag (1) des neuen, rheinseitigen Hoftors von 1529/30. Es wurde 1873/74 mit dem Bau der Moserstrasse abgebrochen und durch den Kalksteinpfeiler (2) ersetzt.
das zweite, östliche Hoftor bei der Rheinbrücke (Abb. 407 und 408) neu hinzu. 1540 wird das nüwe thürli im saltzhof erwähnt, zu dem nur der Hofmeister den Schlüssel besass, der das Öffnen und Schliessen selbst übernehmen musste.86 Letzteres scheint zu bedeuten, dass der eigentliche Wirtschaftshof gegen Süden ebenfalls erst mit diesem Neubau geschaffen wurde und sich dadurch die Fläche des neuen Salzhofs 1529/30 annähernd verdoppelte. Die Baulandgewinnung im Rhein und die Verschiebung der Stadtmauer gegen den Fluss war aber schon früher erfolgt, wie wir gesehen haben.87 Diese südlich an den Salzhof anschliessende Parzelle harrt aber noch ihrer Untersuchung. Dort müssten noch weitere Stadtmauern im Boden stecken; nur die jüngste Mauer, die Quaimauer von 1892/93, wurde 2011 partiell aufgedeckt (1.080).
2 1
Fassaden Das neue, winkelförmige Salzhofgebäude steht in der süddeutschen Hauslandschaft des Spätmittelalters einzigartig da. Es ist dreigeschossig, bis zum Dachansatz 10 m hoch, und der mächtige Dachstuhl mit den Treppengiebeln misst bis zum First weitere 10 m (Abb. 411 und 287). Die Südwestecke wird von einem mächtigen Sandsteinpfeiler aus Buckelquadern mit äusserem Anzug dominiert. Ein entsprechender Pfeiler, aber mit innerem Anzug, übernimmt die grosse Last des LP ,QQHQZLQNHO GHV *HElXGHV DXÀLHJHQGHQ 'LDgonalunterzugs der Decke (Abb. 409 und 410). In den oberen Geschossen bestehen die Ecken aus Kalksteinquadern, aufgelockert durch jeweils einen Sandsteinquader auf Höhe der Sandsteingurte, die die Geschosse auf Höhe der Fensterbänke gliedern. Ostseitig ist der untere Gurt nicht mehr erhalten. Er wurde im 19. Jahrhundert abgespitzt, wie die Bauuntersuchung zeigte. Gegen den Hof öffnet sich das Erdgeschoss mit fünf grossen Bögen aus graugrünem Rorschacher Sandstein. Sie waren ursprünglich vollständig offen, die Gewände im senkrechten Abschnitt gerundet und im Bogen gefast (Abb. 407, 417, 419, 289 und 291). Entsprechend dem Hofgefälle fallen ihre Schwellenhöhen gegen den Rhein hin ab. Ein 3 m vorspringendes Pultdach schützte diese offene Halle vor der Witterung. Fassadenseitig lag das Dach auf einem Streifbalken auf, der von sandsteinernen Kragsteinen getragen 84
85 86 87
Abb. 409, 410 V / VV Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Ein Sandsteinpfeiler aus Buckelquadern mit innerem Anzug (1) übernimmt die grosse Last des im Innenwinkel des Gebäudes aufliegenden Diagonalunterzugs der Erdgeschossdecke von 1529/30.
1
1
Schultheiss 2006, S. 168–184 und S. 316–322, zur Ordnung von 1530 bes. S. 175–177; auch Landolt 2004, S. 190– 210, S. 250– 258. Allg. zum Schaffhauser Salzhandel: Furrer 2011. Vgl. oben, S. 292. Schultheiss 2006, S. 179, Anm. 695. Vgl. oben, S. 292.
297
wurde. Hofseitig wurde es durch Holzsäulen auf Kalksteinbasen (Abb. 390) gestützt.88 Das Dach zog um die Südfassade zum Osttor und von dort weiter der Hofmauer entlang gegen den Rhein hin, wie Harders Zeichnung zeigt (Abb. 291). Die grosse Aufzugstüre im Dach war aber damals nicht mehr in Betrieb und diente nur noch als verkleinertes Fenster. Ursprünglich muss das Vordach über dem grössten Bogen (4,7 m x 3,7 m) in der Mitte der Südfassade geendet haben. Dafür spricht nicht nur die aus der Mittelachse gegen Osten verschobene Aufzugstüre, sondern auch der Fensteranschlag des kleineren Bogens darunter, der zum Büro des Salzhofmeisters gehörte und verschlossen war (Abb. 417).
Abb. 411 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Querschnitt mit Hängewerk des neuen Salzhofs von 1529/30 (M 1:200).
Innenhof
Freier Platz
393.00
Gegen Unterstadt und Freier Platz kamen im Bereich der grossen, 1893 neu angelegten Schaufenster und Haustüren alte Pfeilerstellungen aus Sandstein zum Vorschein (Abb. 412, 413, 416 und 418). Es sind die Reste der Haustüren und Fenster der Treppenhäuser von sechs der sieben Dienstwohnungen, die Rüeger erwähnt: «XQGHU einem tach siben behusungen sind.89
Hofpflästerung
390.00
1
1
1
298
Die Pfeiler sind in unterschiedlicher Qualität erhalten, zum Teil in der ganzen Höhe von 2,5 m bis zum Sturzansatz, teilweise aber nur noch als Sockel. Sie waren innen schmaler und verbreiterten sich bis in die Mitte der Mauerstärke, wo sie in einen Anschlag übergehen. Als Sturz war ursprünglich ein Stichbogen aus Backsteinen vorhanden, wie ihn die Fenster der Obergeschosse aufweisen. Zusammen mit den Fassadenplänen von 189290 wird deutlich, dass es die Reste von sechs rundbogigen Wohnungstüren sind, zu denen jeweils ein rundbogiges Fenster mit äusserem Ladenfalz gehörte. Dies war eine in Schaffhausen im 16. Jahrhundert sehr verbreitete Lösung, wie wir sie etwa von den Häusern «Straussen» ©5LWWHUª RGHU ©.l¿Jª LQ GHU 9RUstadt kennen. Die Freskomalereien mit drei überlebensgrossen, renaissancezeitlichen Landsknechten an der Ostfassade kam im 17. Jahrhundert hinzu (Abb. 418). Sie waren offenbar von Tierdarstellungen begleitet.91 Erdgeschoss Das Erdgeschoss wird durch eine Binnenmauer in der Längsachse halbiert. Hofseitig lag das offene Warenlager mit schwärzlich verwitterten Deckenbalken (Abb. 407, 409 und 410). Sie liegen auf Streifbalken mit Sandsteinkonsolen auf. Rheinseitig am Kopf des Bauwerks waren die Deckenbalken hell und nicht verwittert, weil sie hier ehemals unter einer Bretterdecke lagen. Hier lagen zwei Räume, gegen den Hof hin ein vom Warenlager mit einer Fachwerkwand abgetrennter, tiefer gelegener Vorraum, der offensichtlich der
B Abb. 414 YY Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Rheinseitig am Kopf des neuen Salzhofs von 1529/30 lag die zweiflüglige Türe (1) mit Kalksteingewände (2) zum Kontor, dem Büro des Salzhofmeisters.
2 1 2
Anlieferung diente und einen Bretterboden auf 391,40 m ü. M. besass. Eine 1,8 m breite, zweiÀ JOLJH 7 UH PLW .DONVWHLQJHZlQGH LQ GHU %LQnenmauer führte niveaugleich zum Kontor, dem Büro des Salzhofmeisters (Abb. 407 und 414). Dieses besass in der Ostfassade ein vielleicht zum Teil verglastes Tor für den direkten Zutritt von der Gasse. Es war 2,8 m breit, bestand aus Rorschacher Sandstein, so wie der Sandsteinbogen auf der Südseite gegen den Rhein hin, der als einziger der grossen Bögen einen Anschlag besitzt und zwar auf der Aussenseite. Auf der vierten, nördlichen Seite des Hofmeisterbüros lag hinter einer 1,2 m breiten Türe ein feuersicheres Gewölbe92, das als Tresor und Archivraum diente und heute bemerkenswerterweise einen Automaten für die Geldausgabe beherbergt. 88
89 90 91 92
93 94
Eine dieser Basen diente als Unterlage für eine im ausgehenden 19. Jh. innen eingebaute Eisenstütze. Einige der Backsteinfundamente wurden im Hof freigelegt. Rüeger 1884, S. 365. Orbann 2008, S. 38, Abb. 43/44. Frauenfelder 1951, S. 239 und Anm. 3; Orbann 2008, S. 25. Beispiel Tresorgewölbe: Das neue Gewölbe der Münz von 1515, STASH UR 1/4038; Beispiele Archivgewölbe: STASH RP 19,437 (1560): *HZ|OEH ]X PLQHU +HUUHQ )U\KDLWWHQ EULHIIHQ XQQG DQGHUHQ sachen zebuwen und ordentlichen zemachen»; STASH RP 35,293 (1576): ,Q GHU FDQW]O\ RXFK LP JZHOE VXFKHQ ZDV YHUKDQGHQ I U EULHIHQª; Neunkirch Winkel, Bänteli 2010c, S. 85. STASH RP 33,136r (1574), RP 54,266–267 (1595), RP 55,415 (1596). StadtASH Brandkataster BK 23.
1
Vom Büro des Hofmeisters führte eine Treppe längs der Binnenwand ins Obergeschoss einer der Dienstwohnungen. Das Büro wurde später durch eine Zwischenwand M10 vom wahrscheinlich zugigen Osteingang abgetrennt. Möglicherweise wurde es aber auch aufgehoben, denn Harders Bild zeigt den grossen Bogen im Jahr 1854 offen statt verglast (Abb. 291). Die übrigen sechs Wohnungen wurden aus den anschliessenden Erdgeschossräumen gegen Freier Platz und Unterstadt erschlossen. Auf den Tresorraum folgte ein erster Keller, der erhalten ist. In der N/O-Ecke lag ein zweiter, aufgefüllter Keller (3,5 x 5 m) mit einem Boden aus Kalksteinplatten 1,6 m unter dem Erdgeschossboden. Seine Zugangstreppe lag an der Binnenwand. Hier führten mindestens sechs Sandsteinstufen zu einem kleinen Vorplatz, der mit Backsteinen belegt war. Von der Türe war nur noch die Schwelle erhalten (Abb. 407, 415 und 418). Vermutlich ist es der Weinkeller des Salzhofs, der im späten 16. Jahrhundert im Rat immer wieder zu reden gab. Es wurden Schlösser gemacht, zu denen nur Hofmeister und Hofküfer je einen Schlüssel haben sollten, weil Wein gestohlen oder anderes im Keller gelagert wurde, was den Wein verdarb.93 Die Wohnung am westseitigen Ende gegen das Läufergässchen war von Anfang an durch eine über alle drei Geschosse reichende Scheidemauer vollständig vom Rest des Gebäudes abgetrennt. Dieser Hausteil wird im Brandkatasterbuch 1810 und 1817 als Waaghaus bezeichnet, offenbar befand sich im strassenseitigen Raum die Waage.94 War es die nach ihrem späteren Standort so ge-
Abb. 415 Y Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Kellertreppe mit Sandsteinstufen zum mit Backsteinen belegten Vorplatz (1) in der Nordostecke des neuen Salzhofs von 1529/30.
Abb. 412, 413 YY Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Im Bereich der 1893 zur Unterstadt und zum Freien Platz hin neu angelegten Schaufenster kamen die Pfeilerstellungen (1) der ursprünglichen Haustüren und Fenster von 1529/30 zum Vorschein.
299
1893
1893 3
392.00
Abb. 416. Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Nordfassade des neuen Salzhofs von 1529/30, Unterstadt (M 1:200).
Vordach
OK Hofmauer
Vordach
OK Hofmauer
Hoftor West 1893 392.00 3 92 0 92 00 0 Stufe Hofpflästerung
Holzboden Pflästerung
Abb. 417. Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Südfassade des neuen Salzhofs von 1529/30, Moserstrasse (M 1:200).
300
Hoftor Ost
B
Landsknechte 17. Jh. Hofmauer
1893 1 8 3
1893 1 89
1965
Hoftor Ost
392.00
Abb. 418. Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Ostfassade des neuen Salzhofs von 1529/30, Freier Platz (M 1:200). 0
1529/30
5
10 m
2. Hälfte 16. Jahrhundert 1893 2. Hälfte 20. Jahrhundert
1570 ?
1962
Hofmauer
1930
Vordach h
1968 Hoftor Ho off or West 392.00 Hofpflästerung u
Abb. 419. Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Westfassade des neuen Salzhofs von 1529/30, Läufergässchen (M 1:200).
301
nannte Güterhofwaage von 1753?95 Die Salzhofwaage war ein unabdingbarer Bestandteil des Salzhofs, und das Wägen gehörte zu den Aufgaben des Hofmeisters. Spätestens seit dem 16. Jahrhundert gab es das Amt des Unterwaagmeisters im Salzhof, neben jenem des Oberwaagmeisters an der Fronwaage (1.059).96
Abb. 422 ZZ Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Latrineninschrift über der Sickergrube G2 von 1561, vgl. Abb. 271. Abb. 423 ZV Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Nur zum Teil erhaltene Latrineninschrift über der Sickergrube G4 von 1561, Text identisch mit der Inschrift über G2, vgl. Abb. 422. Abb. 420 V Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Halbgroschen, 16./17. Jh., Strassburg. Abgebildet ist die Vorderseite mit Lilie in Vierpass, Lilien in den Zwickeln und Inschrift SEMISSIS ARGENTINENSIS (M 2:1). Abb. 421 VZ Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Groschen (3 Kreuzer), 1627, RömischDeutsches Reich, Ferdinand II. Abgebildet ist die Rückseite mit bekröntem Doppeladler und Inschrift ARCH · [ ] – B · M [ ] · M (M. 2:1).
302
Gegen die Hofseite lagen im Waaghaus zwei Räume. Ein Staffelfenster belichtete den ebenerdigen, winkelförmigen Raum, vielleicht ehemals eine Bohlenstube als Büro des Waagmeisters. Das einfache Fenster daneben diente dem Keller in der Ecke. Beide wurden 1893 beim Einbau eines weiteren Bogens zerstört (Abb. 417). Von diesem dritten, ebenfalls aufgefüllten Keller M1 des Gebäudes (3,2 x 3,2 m) blieben die Grundmauern mit der Zugangstreppe aus abgeschliffenen Kalksteinstufen und einer sandsteinernen Türschwelle im Boden erhalten (Abb. 407 und 247). Auch er war wegen des hohen Grundwasserspiegels nur 1,8 m eingetieft. Ursprünglich führten acht Stufen zum Keller, später noch sechs, weil wegen des offenbar angestiegenen Grundwasserspiegels der Boden um 40 cm angehoben und vollständig mit Backsteinen belegt wurde. Einige Keramikscherben datieren diesen Umbau ins 16. oder 17. Jahrhundert. Ebenfalls aus dieser Zeit stammen zwei 0 Q]HQ GLH KLHU LP :HVWÀ JHO ]ZLVFKHQ GHQ Brettern des Erdgeschossbodens verloren gingen (Abb. 420 und 421).97 Latrinen und rätselhafte Inschriften Zu den sieben Wohnungen gehören im Erdgeschoss die drei runden Sickergruben G2–G4. Eine vierte ist nur indirekt beim Büro des Hofmeisters nachgewiesen, durch ein in der Binnenwand hochliegendes und querrechteckiges Entlüftungsfenster von 57 x 44 cm, das ursprünglich vergitWHUW ZDU =ZHL ZHLWHUH VROFKH )HQVWHUFKHQ ¿QGHQ sich jeweils knapp 2 m über den Sickergruben G2 und G3, und auch für G4 kann ein solches vorausgesetzt werden. Die Latrinen sind so unter der Binnenwand angeordnet, dass die stillen Örtchen JDVVHQVHLWLJ QHEHQ GHQ HLQOlX¿JHQ 7UHSSHQ XQG
den erwähnten Arbeits- und Nebenräumen zu den Wohnungen lagen. Die Entleerung der Gruben konnte aber vom offenen Warenlager her erfolgen. Eine Besonderheit zeigt die Sickergrube G2. Die erwähnte Scheidemauer des Waaghauses wird durch einen Entlastungsbogen unter dem Gewölbe abgefangen (Abb. 407 und 271). Bis um 1900, bis zur Einführung der Schwemmkanalisation, waren die Sickergruben in Betrieb. Direkt über der Sickergrube G2 gibt es eine Sandsteintafel mit einer Inschrift aus dem Jahr 1561 (Abb. 422). Ihre Aussenmasse betragen 65 x 40 cm, die Unterkante liegt 2 m über der Sickergrube. Die 1936 freigelegte98 Inschrift lautet: $LQ ]DLFKHQ LVW E\ GLV]HP VWDLQ VRO man die ertzgruob Rumen rain erfun den ist jn diszem jar 1561 das ist war on disze ertzgruob kan man nit sin By diszem stain da grab man jn. 2013 kam bei der Sickergrube G4 eine zweite Tafel zum Vorschein, die in der Literatur überliefert ist. Sie besass eine identische Inschrift, die allerdings nur im unteren Teil erhalten blieb (Abb. 423).99 Beide Tafeln waren in dieser Position für alle Besucher des Salzhofs gut sichtbar. Doch was war ihre Aussage? Durch die Verbindung mit den Latrinengruben ist die Deutung ertzgruob als Latrinengrube gesichert, und es wird sinnigerweise festgestellt, dass man ohne diese Sickergrube nicht leben kann. Dann wird dazu aufgefordert, dass die Gruben jeweils (wenn sie voll sind) sauber geleert und ausgeräumt werden sollen. Wes-
B halb man unter der Tafel graben soll, ist nur bedingt verständlich, da jede Grube eine Öffnung mit Bretterabdeckung besass. Vielleicht wurden sie aber wegen der Geruchsimmissionen mit weiterem Material überdeckt. Man kann davon ausgehen, dass diese beiden Tafeln anlässlich einer Latrinenleerung im Jahr 1561 als Mahnung an die nachfolgenden UnterKDOWVSÀLFKWLJHQ GLHVHU *HPHLQVFKDIWVODWULQHQ angebracht wurden. Je eine Latrine gehörte zu zwei Amtswohnungen. Zu jener Zeit sprach man wegen gehobener Peinlichkeitsschwelle nicht mehr öffentlich von schissgruob, sondern wollte mit dem Euphemismus ertzgruob witzig sein. Mit dem Bezug auf den wertvollen Rohstoff Erz unterstrich man zudem den schon lange bekannten hohen Wert der Fäkalien als Dünger, wie dies Hans Stokar mit dem Bericht zu seiner Latrinenleerung im Jahr 1527 überliefert.100 Als Fazit lässt sich feststellen, dass wir hier ein sehr frühes Beispiel der Tradition von witzigen WCSprüchen besitzen.101 Obergeschosse In den Obergeschossen lagen, je zweistöckig übereinander angeordnet, die Dienstwohnungen, die von Rüeger erwähnten siben behusungen (Abb. 425 und 427). Darin wohnten die vier Hofknechte und offenbar der Schmied, der Wagner und der Binder. Auf den ersten Blick werden wir an das moderne Konzept von Maisonettewohnungen erinnert. Weil aber die strassenseitigen Erdgeschossräume dazugehören, waren es Reihenhäuser, die als Besonderheit einen gemeinsamen Dachstuhl aufweisen, der wie der hofseitige Bereich nicht Teil der Dienstwohnungen ist. Das Reihenhauskonzept war damals höchst ak-
95
96 97 98 99 100 101 102 103
Am Waagbalken datiert 1753 mit Initialen H. W. für Hans Jacob Wischer, Frauenfelder1951, S. 239, Museum zu Allerheiligen Inv. 6200a. Die Funktion eines auffallend mächtigen Kalksteinblocks mit Seitenlängen um 1 m, der vor dem 3. Pfeiler von Westen bodeneben ins Fundament eingebaut ist, blieb unklar. Schultheiss 2006, S. 184; STASH Zünfte 3/122 01.12.1626, 3/164 30.04.1732, 3/176 05.11.1760. Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. Werner 1938, S. 215. Frauenfelder 1951, S. 239f. Die zweite Tafel wird genannt in: Festschrift Kanton Schaffhausen 1901, S. 713. Vgl. oben, S. 15. Illi 1987; für Hinweise danke ich Elke Jezler und Martin Illi. Untermann 2009, S. 218. Casetti, Renzo: Schaffhausen Schweizerhof. Umbau und Renovation 2010–2014, Bericht vom 30.10.2014, S. 15, Rekonstruktion von Restaurator Kurt Kihm, Winterthur.
tuell. 1516 bis 1523 war in Augsburg als Stiftung Jakob Fuggers zugunsten bedürftiger Augsburger Bürger die «Fuggerei» fertiggestellt worden. Jedes der 52 standardisierten Reihenhäuser bestand aus zwei Wohnungen mit Küche, Stube und Kammer.102 Im ersten Obergeschoss des neuen Schaffhauser Salzhofs lagen hofseitig Kammern von unterschiedlicher Grösse. Im Zentrum befanden sich die Rauchküchen mit Herd und Rauchfang, von denen aus man die Kachelöfen in den gassenseitigen, rauchfreien Stuben heizte (Abb. 425). Hier und in den Beistuben sind die Bretterböden zusätzlich durch Zwischenböden isoliert (Abb. 143). Die Decke zum zweiten Obergeschoss beVLW]W ÀlFKLJ HLQJH]RJHQH =ZLVFKHQE|GHQ ,P :HVWÀ JHO I KUWHQ JHZHQGHOWH %ORFNVWXIHQWUHSpen ins zweite Obergeschoss zu den ungeheizten Schlafkammern von unterschiedlicher Grösse (Abb. 425 und 427). Zwei dieser Treppen sind noch erhalten. Bei der einen sind die Stufen zusammen mit der Spindel aus einem Stück gearEHLWHW ,P 2VWÀ JHO GDJHJHQ VLQG DOOH 7UHSSHQ HLQOlX¿J (LQH %ORFNVWXIHQWUHSSH LQV ]ZHLWH Obergeschoss blieb erhalten. Hier sind auch die Schlafkammern regelmässig und beidseitig eines Mittelgangs angeordnet. Entsprechend der Raumnutzung sind auch die Fassaden gegliedert. Einfache Einer- und Zweierfenster mit Mittelpfosten, Hohlkehlen und einVHLWLJHP $XVODXI ¿QGHQ VLFK LP 2EHUJHVFKRVV gegen den Hof hin im Küchenbereich sowie allseitig bei den Schlafkammern im 2. Obergeschoss (Abb. 416–419, 424 und 232). Die Zweierfenster waren ursprünglich von Sitzbänken begleitet. Im Gegensatz dazu belichten vierfache Staffelfenster mit überhöhtem Mittelteil die sieben gassenseitigen Stuben im 1. Obergeschoss. Die Stube im Waaghaus wurde zusätzlich mit einem dreifachen Staffelfenster ergänzt. Die Öffnungen bei den Nebenräumen der Stuben sind Einer- und Zweierfenster (Abb. 416 und 418). Nicht sichtbar sind die Entlastungsstürze aus Backsteinen über sämtlichen Fenstern (Abb. 232). Die bauzeitliche Ausstattung der Räume war bescheiden. Das Fachwerk war zuerst rot gefasst, später grau. Ursprünglich gab es einfache Riemenböden und Bretterdecken. Bemerkenswert sind einzig zwei Sinnsprüche aus dem 16. Jahrhundert in zwei Riegelfeldern im 1. Obergeschoss am südseitigen Abschnitt der Trennwand der mittleren Wohnung. Einer liess sich entziffern: Den besten Fründ den du magst han Der wird dich nüd Im tod will lon 'DV LVW *RWW OLHE GHU LQ %HJHUWW Die andern Fründt seind nichtes wert. 103 303
Über dem ersten und zweiten Obergeschoss beeindrucken noch heute die von einem imaginären Kreis ausgehend fächerförmig abgebundenen Deckenbalkenlagen. Diese einzigartige Lösung wurde gewählt, weil in den Obergeschossen, im Gegensatz zum Erdgeschoss, keine gemauerten Innenwände eingezogen wurden. Die Balken sind VR YHUOHJW GDVV VLFK DQ GHQ $XÀDJHUQ DOWHUQLHrend Stammfuss und Krone ablösen und die Balken im 1. Obergeschoss als weitere Besonderheit in die Streifbalken eingezapft sind, die ihrerseits auf Konsolsteinen aus Sand- oder vereinzelt .DONVWHLQ DXÀLHJHQ $EE ,P :LQNHOEHreich kommt als bemerkenswertes Konstruktionsdetail ein mächtiger, diagonal eingesetzter Unterzug hinzu, der weiter Richtung Süden verlängert ist (Abb. 425). Seine Aufgabe war ganz offensichtlich, die Last der fächerförmig zur Ecke zulaufenden Balkenlage zu verteilen und nicht ausschliesslich auf den inneren Eckpfeiler zu lenken. Während der mächtige Unterzug den Raum im Winkel erdrückt, verlief der zweite parallel zur Fassade und liess sich so in die Kammerwand integrieren.104
Abb. 424 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Die Deckenbalken von 1529/30 wurden so verlegt, dass sich an den Auflagern alternierend Stammfuss und Krone ablösen und die Balken in die Streifbalken eingezapft sind. Diese liegen ihrerseits auf Konsolsteinen aus Sandstein auf. Detailschnitt Südwestecke, 1. Obergeschoss, Blick Süd (M 1:50).
Sämtliche Zwischenwände der beiden Obergeschosse wurden erst nachträglich eingefügt. Sie schliessen an die bereits verputzten Aussenwände an und besitzen auch keine Verbindung zu den Deckenbalken (Abb. 256). Dies verunmöglichte zunächst eine klare zeitliche Einordnung der Raumstrukturen. Auch die Backsteinfüllungen der Gefache sind uneinheitlich. Die Backsteine zeigen die üblichen Masse (14–16 cm x 28–29 cm bei einer Dicke von 5 cm). Oft sind sie aber auch 8 cm dick, eine bislang singuläre Beobachtung.105 Meist sind die Backsteine liegend verlegt, manchmal aber auch auf den Längskanten stehend. Die Füllungen sind zum Teil verputzt, zum Teil roh belassen zur Aufnahme eines Täfers, und zum Teil
gegen eine Schalung gemauert. Erst die dendrochronologische Datierung von mehr als 30 Hölzern machte deutlich, dass mit marginalen Ausnahmen die meisten Raumeinteilungen original sind und das durch die Hausinschrift überlieferte Baujahr 1529/30 bestätigen. Drei in den Winter 1530/31 datierte Ständer aus dem ersten und zweiten Obergeschoss zeigen, dass der Innenausbau auch im Jahr darauf noch andauerte. Die Bauweise des neuen Salzhofs unterscheidet sich damit in den beiden Obergeschossen nicht von der heutigen Stahlbeton-Skelettbauweise, bei der zuerst die tragenden Stützen (hier Aussenwände) mit Unterzügen und Decken eingebaut werden und erst danach die nichttragenden Innenwände. Dachstuhl Der dreigeschossige Dachstuhl mit sieben spektakulären, an den Firstpfetten aufgehängten doppelten Hängesäulen, die einen doppelten Unterzug tragen und an einem liegenden, mit Kreuzbändern ausgesteiften Dachstuhl aufgehängt sind, HUP|JOLFKWH GLH YROOÀlFKLJH /DJHUQXW]XQJ GHV ersten Bodens (Abb. 411, 426, 428 und 287). Mit 56° gehört das Dach zusammen mit jenem über dem Hauptschiff der Stadtkirche St. Johann (Abb. 216 und 264) zu den steilsten Dächern der Stadt. Abbundzeichen an den Hölzern, wie sie üblicherweise beim vorgängigen Abzimmern der gesamten Konstruktion auf einem Abbundplatz angebracht werden, fehlen.107 Das bedeutet für den Salzhof, dass diese komplexe Konstruktion mit einer unglaublichen Menge an Hölzern in einem Arbeitsgang direkt auf dem Dach abgebunden wurde. Durch die bereits erwähnte Aufzugstüre108 in der südlichen Giebelfassade wurde das erste Dachgeschoss erschlossen. Es ist die einzige Stelle, an der sich die Waren ein- und ausfahren liessen.
Balken alternierend versetzt Stammfuss/Krone
Sdst.(Kalk) Konsole
Westwand
Sitzbank abgebrochen Bretter 19. Jh.
304
Bretter 19. Jh. älterer Boden
104 Für Hinweise danke ich auch Burghard Lohrum, DKenzingen. 105 Vgl. 1.194, wohl 1584 datiert: 27,5 x 6,5 x 16 cm. 106 Dendron, Raymond Kontic, Basel, Bericht vom Dezember 2008; Proben ab Nr. 20 UWAD, Felix Walder, Bericht 871 vom 11.9.2013. 107 Burghard Lohrum, D-Kenzingen, danke ich für diverse Hinweise. 108 Vgl. oben, S. 298.
B
/
Stu
Bst
Stu
Bst Stu
Bst Decke enst ens s uck
Stu
Bst
Fe elderdeck e k ke
Bst
Fel eld e l erdecccke
Schrank Schrank
Alkoven Kü
Kü
Kü
Stu
Blockstufentreppen Kü Sinnsprüche
1570? Kü
Bst
N
Blockstufentreppe Stu Kü
1. OBERGESCHOSS 1529/30 Ofen
Kü
Stu
Rauchfang Kü
Küche
Stu
Stube
Bst
Beistube
Querschnitt
Querschnitt
Bst 0
Abb. 425 U Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Grundriss 1. OG des neuen Salzhofs von 1529/30 (M 1:200).
5
10 m
Abb. 426 Z Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Sparren und Andreaskreuze mit Hängesäulen von 1529/30 im 2. Dachgeschoss, Blick gegen den Hof, vgl. Abb. 287.
305
K
K
K
K K K
K K K
1570?
K
K K
K K
K
K
N K
K
2. OBERGESCHOSS
1529/30 K K
K
Kammer
Gang
Querschnitt
0
5
K
K
Querschnitt
10 m
Abb. 427 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Grundriss 2. OG des neuen Salzhofs von 1529/30 (M 1:200).
Dendrodatierung 1.235 «Schweizerhof»106
306
Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, alle mit Waldkante Holzart
Neuer Salzhof 1529–1531
Erdgeschoss, Deckenbalken Südseite 1. OG, Innenwände: Schwelle, Ständer, Brustriegel, Rähm 2. OG, Innenwände: Ständer, Brustriegel, Rähm, Unterzug Innenecke Dachstuhl: Hängesäulen, Kehlbalken, Stuhlsäulen
21, 23
1528/29 (2x)
28, 30, 36, 50, 52, 55, 60, 63, 64 38, 39, 42, 44, 45, 46, 56, 65
1527 (3x), 1527/28 (2x), 1528/29 (2x), 1530, 1530/31
Fichte, Weisstanne Fichte, Weisstanne
1527, 1528 (4x), 1528/29 (2x), Fichte, 1530 Weisstanne
2–8, 9, 11, 1527/28 (2x), 1528 (3x), 12, 15, 16 1528/29 (5x), 1529/30 (2x)
Weisstanne, Fichte
B
Kammer
jüngere Aufzugstüre 2. Dachgeschoss 1570 ? Kammer
N
DACHGESCHOSS 1529/30 1570
Querschnitt
0
5
Querschnitt
10 m
Aufzugstüre 1 . Dachgeschoss
Abb. 428 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Grundriss Dachgeschoss des neuen Salzhofs von 1529/30 (M 1:200).
307
Wie bereits Rüegers Beschreibung deutlich machte,109 zeigt auch ein Flächenvergleich, dass der Salzhof mit den sieben Wohnungen in Reihenhausbauweise für die zuständigen BediensteWHQ XQG /DJHUÀlFKHQ LP 'DFK HUULFKWHW ZRUGHQ ist. Das hofseitige Erdgeschoss mit den offenen Bögen diente für Transitwaren zur Zoll- und Warenabfertigung mit einem Kontor des Hofmeisters und Tresorgewölbe (heute Geldausgabeautomat). Der Salzhof ist also kein typisches Lagerhaus, wie er in jüngster Zeit verstanden wurde.110 Die Tabelle zeigt, wie sich die Flächen für Lager und Wohnen je hälftig die Waage halten.
Abb. 429 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Noch erhaltener Ansatz (1) des westlichen Hoftors von 1529/30 gegen das Läufergässchen.
1
: UGLJXQJ Der Salzhof (Schweizerhof) ist ein vollständiger Neubau von 1529/30, der vom Fundament bis ]XP 'DFK¿UVW ]XVDPPHQ PLW GHU ,QQHQHLQWHLOXQJ weitgehend original erhalten geblieben ist. Das Gebäude ist in seiner Art, mit den fächerförmig angelegten Balkenlagen und dem Dachstuhl, absolut einzigartig in der historischen Hauslandschaft Süddeutschlands und der Nordschweiz. Auch die verbaute Menge an Holz ist mehr als eindrücklich. Schätzungsweise wurden etwa 400 Weisstannen- und Fichtenstämme verbaut. Im Laufe der Jahrhunderte erfolgten keine einschneidenden, sondern nur marginale Veränderungen. 6HOEVWYHUVWlQGOLFK ZXUGHQ GLH 2EHUÀlFKHQ LP Laufe der Jahrhunderte immer wieder erneuert. Die erhaltenen Reste zeigen aber, dass die Dienstwohnungen immer sehr bescheiden ausgestattet waren. 1.235 Flächennutzung im Salzhof /DJHUÀlFKH LQ P2 Geschoss
Transit
Erdgeschoss 1. Obergeschoss 2. Obergeschoss 1. Dachgeschoss 2. Dachgeschoss 3. Dachgeschoss
180
Total
1430
308
Vorraum/Büro Tresor/Waage 80
:RKQÀlFKHQ LQ P2 Lager
Dienstwohnungen 250 580 580
600 370 200 1410
+RI XQG :LUWVFKDIWVJHElXGH GHV 6DO]KRIV An den Neubau von 1529/30 schliesst sich gegen Süden der grosse Wirtschaftshof an. Er wurde von einer 3,8 m hohen Mauer M12 eingefasst. Diese lässt sich an der südwestlichen Gebäudeecke ablesen, wo noch einige Sandsteine eines bereits erwähnten Torgewändes erhalten blieben, zusammen mit einem vorspringenden Prellstein aus Kalk (Abb. 390, 417, 419 und 429). Vom anderen Tor an der Südostecke kamen im Boden unter dem modernen Kalksteinpfeiler die Reste der Sandsteinquader mit dem Toransatz zum Vorschein (Abb. 408, 417 und 418). 1644 wurden beide Tore des Salzhofs durch Eisengitter verstärkt.111 Die Höhe der Umfassungsmauer M12 korrespondiert zudem mit der Oberkante der beiden Sandsteinpfeiler an der Westfassade des Salzhofs. Der Hof war seit Anbeginn mit Bollensteinen geSÀDVWHUW $EE XQG XQG ZLHV JHJHQ den Rhein hin bis zur Südfassade ein Gefälle von gut 0,5 m auf (Abb. 419). Gegen Westen und Süden wurde der Hof durch die Wirtschaftsgebäude der Handwerker des Salzhofs begrenzt: Wagnerei, Schmiede und Binderei. Vom langschmalen, offenen Holzschuppen an der Westseite, offenbar der Wagnerei, wurde die Mauer M14 partiell ausgegraben. Sie besteht zum Teil aus mächtigen Kalksteinblöcken (Abb. 407), die maximal 0,5 m XQWHU GLH 3ÀlVWHUXQJ IXQGDPHQWLHUW XQG ]XP 7HLO auch von letzterer bedeckt sind. Nordseitig davon lag die dreieckige Grube G7 mit den einhäuptigen Mauern M13/M16. Sie reichte etwa 1 m unter die ]XJHK|ULJH 3ÀlVWHUXQJ (LQ %RGHQ IHKOW ZHVKDOE eine Funktion als Brunnentrog eher nicht in Frage zu kommen scheint. Das an der Basis humose Füllmaterial könnte auf eine Funktion als Latrinengrube oder Abfallgrube hindeuten, die bis ins 19. Jahrhundert in Betrieb war. An der Südseite des Wirtschaftshofs, gegen den Rhein hin, lagen Schmiede und Binderei, die ebenfalls zusammen mit dem neuen Salzhof entstanden waren. Ihre Giebel treffen rechtwinklig
B aufeinander. Sie wurden 1926 vor ihrem Abbruch IRWRJUD¿HUW $EE XQG %HPHUkenswert ist vor allem ihre hofseitige Fassade: Zwei grosse Aufzugstüren im dreigeschossigen, westlichen Bau deuten darauf, dass dies die Binderei war. Hier wurden Fässer hergestellt, und zwar, wie die Salzhofordnungen deutlich machen, nicht nur für Flüssigkeiten, sondern auch als Transportverpackungen für verschiedene Güter wie Salz, Fisch, Kleinmetalle etc.112 Im östlich anschliessenden, nur zweigeschossigen Bau gab es zwei grosse, offene Bögen, welche jenen des 6DO]KRIRVWÀ JHOV GLUHNW JHJHQ EHUOLHJHQ 1DFK dem Bau der Moserstrasse 1873/74 steckten ihre Bogenansätze etwa 0,5 m im Boden (1.230, Abb. 290).
(LQEDX HLQHV 3RVWHQV I U GLH 6FKDUZlFKWHU um 1570 Um 1570 wurde der westlichste Teil des neuen Salzhofs, das schon bisher eigenständige WaagKDXV YROOVWlQGLJ ELV ]XP 'DFK¿UVW GXUFK HLQH Fachwerkwand vom übrigen Dachstuhl des Salzhofs abgetrennt. Im ersten Dachgeschoss wurden Kammern, im zweiten Dachgeschoss gegen das Läufergässchen wohl eine Aufzugstüre eingebaut (Abb. 428). Der Grund für diese dendrochronologisch datierte Baumassnahme lag offensichtlich in einer Umstrukturierung des Salzhofbetriebs. Die Lösung dazu liefert das Ratsprotokoll von 1579: 'LH VFKDUZlFKWHU V|OOHQ VLFK QDFKW] dess saltzhuses stübli wermennd unnd ihres bett geligers benugen lassenn.115 Man richtete dem-
Abb. 430, 431 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). An der Südseite des Wirtschaftshofs gegen den Rhein hin lagen Schmiede und Binderei, die ebenfalls zusammen mit dem neuen Salzhof 1529/30 entstanden. Sie wurden vor ihrem Abbruch 1926 fotografiert, vgl. Abb. 290.
Durch die Anlage der beiden Gebäude direkt am Rhein wurde ein Warenumschlag direkt von den Schiffen aus möglich, wie ein Ratsprotokoll von 1594 zeigt: «GLH IU|PGHQ VR RXFK NDELV] DOKHU LQ GLH VWDWW ]X YHUNRXIIHQ EHJHUHQGW LP VDOW]KRI RGHU YLVFKHUJHV]OLQ ZR VLH OHQGHQ NK QGHQ ZLH YRQ DOWHP KDU YHUNRXIIHQ VROOHQ XQG P|JHQ (1.227).113 Auch oberhalb der Rheinbrücke wurden Waren in die Lagerhäuser östlich des Salzhofs auf dem heutigen Freien Platz (1.164) umgeladen, wie Rüeger um 1605 überliefert.114 Stumpf zeigt 1548 ein grosses Tor beim Läufergässchen und daneben das vermutliche Bindhaus, Mentzinger 1644 östlich davon einen kleinen Vorplatz bis zum Rheintor hin (Abb. 79). Letzterer verschwand 1892/93 mit der Rückversetzung der Uferlinie und Anlage der schmalen Quaistrasse (1.227, Abb. 430 und 290).
109 Vgl. oben S.295. 110 Noch Frauenfelder 1951, S. 239: «für Transitwaren und Beamtungen errichtet». Dagegen Orbann 2008, S. 20: «öffentliches Lagergebäude mit Beamtenwohnungen» und S. 50: «Der als Salzlager erbaute Schweizerhof»; Furrer 2011, S. 94: «neben dem Salzhof [nach Rüeger 1884, 365f. falsch lokalisiert oberhalb der Brücke] wurde 1529 der Scheibenhof gebaut. […] Beide Häuser zusammen boten ein für die Salzlagerung bestimmtes Volumen, welches keine andere Schweizer Stadt in ähnlichen Dimensionen zur Verfügung stellen konnte». 111 STASH Regalien Salz 1/452. 112 STASH UR 1/2578. Vgl. etwa auch das Bindhaus im Kloster Allerheiligen, Bänteli 1999a, S. 108. 113 STASH RP 54,149. 114 Rüeger 1884, S. 365. 115 STASH RP 39,121; allg. zu den Scharwächtern: Schultheiss 2006, S. 245–248.
309
Dendrodatierung 1.235 «Schweizerhof»116 Bauphase
Ort
Holzprobe
Umbau Dachstuhl Einbau Zwischenwand: Ständer 1, 10 Westteil, 1570 nach Aufenthalts- und Schlafräume für die Scharwächter ein, welche in der Stadt patroullierten, Gassen, Plätze, Wirtshäuser und anderes kontrollierten und damit die heutigen Funktionen der Stadtpolizei wahrnahmen. Das Ende des Salzhofs im 19. Jahrhundert Der Salzhof funktionierte noch im 19. Jahrhundert wie seit alters her. Im ersten Brandkatasterbuch von 1810 und letztmals 1840 wird er als Salz- und Güterhof im Besitz des löblichen Säckelamts bezeichnet.117 Der 1787 erbaute neue Salzstadel, der heutige Güterhof, wurde 1842 als Neuer Güterhof eingerichtet (1.213). Er hatte QDFK XQG QDFK GLH DOWHQ /DJHUKlXVHU EHUÀ VVLJ gemacht. Sie wurden nun zu Gunsten der Schaffung des Freien Platzes abgerissen (1.164). Der Bau der Rheinfallbahn Schaffhausen–Winterthur und der Rheintalbahn Basel–Waldshut– Schaffhausen–Konstanz in den Jahren 1853– 1863 beendete die Güterschifffahrt auf dem Rhein und machte den Salzhof wie auch das «Kornhaus» DXI GHP +HUUHQDFNHU EHUÀ VVLJ kaufte die Wasserwerksgesellschaft den Salzhof. Im Gefolge des Baus des Moserdammes errichtete sie die Moserstrasse, die den ehemaligen Salzhof querte und westlich davon zu weiteren Hausabbrüchen führte. Der Hof wurde mit Bauschutt und Humus um bis zu 80 cm aufgeschüttet, die Brüstungen der bislang offenen Bögen erhöht und mit der Schaffung von Büroräumen im Erdgeschoss Fenster eingebaut.118 Schliesslich kaufte 1892/93 die Wirtin Magdalena Hutterli das Gebäude und richtete das Restaurant «Schweizerhalle» ein. Gegen den Freien Platz und die Unterstadt kamen Läden mit neuen Türen und Schaufenstern hinzu. 1956 erfolgte die Namensänderung in Restaurant «Schweizerhof».119 Es wäre mehr als wünschenswert, wenn das ehemals prestigeträchtige Gebäude wieder seinen ursprünglichen Namen Salzhof tragen würde.
310
Datierung, alle mit Waldkante
Holzart
1567,1569/70
Fichte, Föhre
1.240 Unterstadt-Ost 1–32, Läufergässchen 5–7 6WUDVVHQSUR¿O 6FKLIÀlQGH :RKQKDXV +RO]KDXV Industrie Literatur: IVS SH 5.3.1; Hauser 1996, S. 369f., S. 408; Frauenfelder 1991, S. 431f. Die Werkleitungen in der Unterstadt Ost und im Läufergässchen wurden 2011–2012 parallel zur Restaurierung des «Schweizerhofs» ersetzt. Dies ermöglichte nicht nur eine intensive Überwachung der Grabarbeiten in den Gassen, was bei GHQ JURVVÀlFKLJHQ 6SULHVVXQJHQ VHKU ZLFKWLJ ZDU (Abb. 13), sondern auch den direkten Vergleich mit den Befunden im ehemaligen Salzhof (1.235). Im Zuge der Anlage des neuen Industriequartiers am Rhein waren 1873/74 die rheinparallele Moserstrasse und 1892/93 die Quaistrasse am Rheinufer angelegt und die Häuser der Südhälfte des Läufergässchens etappenweise abgerissen worden. 5HLFKVVWUDVVH 8QWHUVWDGW 2VW XQG |VWOLFKHV Stadtende Heute steigt das Terrain im westlichen Drittel der Unterstadt leicht an, verläuft dann fast horizontal und fällt im letzten Drittel bis zum Freien Platz wieder etwas ab. Im Gegensatz dazu besass das ursprüngliche Terrain vom Fischergässchen bis auf die Höhe des Läufergässchens ein Gefälle von etwa 40 cm und liegt 1,7 m, bzw. 2,4 m unter der 2EHUÀlFKH 'HU IROJHQGH 6WUDVVHQDEVFKQLWW LVW noch unbeobachtet, weil die neue Kanalisation ins Läufergässchen abbiegt und erst 15 m weiter östlich in der Unterstadt, auf Höhe der Parzellengrenze Nr. 8/10, wieder ansetzt. Hier liegt das Terrain wieder 40 cm höher und fällt dann gegen den Freien Platz hin erneut 70 cm ab und liegt in 2,5 m Tiefe (1.164). Der angetroffene anstehende BoGHQ ]HLJW QLFKW GLH XUVSU QJOLFKH 2EHUÀlFKH 1XU im Westen und Osten ist der Humus zum Teil noch vorhanden, im Mittelabschnitt wurde er ganz entfernt. Dort erscheint entweder gelber Lehm oder gelber, manchmal humoser Malmschutt. Das merkwürdige Auf und Ab des Terrains aus den Anfängen der Stadt in diesem Abschnitt scheint mit der Erweiterung der Unterstadt gegen Osten zusammenzuhängen. Der Westabschnitt der Unterstadt-Ost bis auf die Höhe des Läufergässchens ist älter und muss mehr und folglich tiefer anset-
B zende Strassenkoffer besitzen als der östlichste Abschnitt der Unterstadt-Ost. Wie erwähnt gibt es ausgerechnet in diesem Bereich auf 15 m Länge keine Kanalisationsaufschlüsse. An dieser Stelle wäre auch die Fortsetzung des östlichsten Abschnitts der nellenburgischen Stadtmauer M24 zu suchen, die im Läufergässchen zum Vorschein gekommen ist (1.235). Sie müsste in diesem Bereich gegen den Munothang laufen und vielleicht einen vorgelagerten Abschnittsgraben besitzen. Zum Teil liegt auf der eingangs erwähnten künstOLFK JHVFKDIIHQHQ 2EHUÀlFKH DXV GHQ 6WDGWDQIlQgen eine stark verschmutzte, humose, teilweise mit Holzstückchen und Holzkohle durchsetzte Übergangsschicht, die noch im Grundwasserbereich liegt. Dann folgt das Paket der Strassenkoffer der Reichsstrasse mit einer Stärke von 1,5 bis P LQ GHP ELV 6WUDVVHQREHUÀlFKHQ DXV]Xmachen sind. Sie sind teilweise bis 40 cm unter GLH DNWXHOOH 3ÀlVWHUXQJ HUKDOWHQ $EE Darauf liegt, nur punktuell noch erhalten, der 3ÀlVWHUHUVDQG DXV GHP IU KHQ -DKUKXQGHUW (1.224). Die Unterscheidungskriterien der verschiedenen Kiesschüttungen wurden in der obeUHQ 9RUGHUJDVVH VSH]L¿]LHUW $XFK KLHU wurden die Gassenschotter recht sauber gehalten. 'HVKDOE ¿HO GDV )XQGPDWHULDO DEJHVHKHQ YRQ zwei frühen Flachziegelfragmenten und wenigen Tierknochen, äusserst bescheiden aus. Üblicherweise schliessen die Kieskoffer an die Hausfassaden an (Abb. 441). Einzig bei der «Unteren Fels» (1.202) trifft dies erst ab dem 5. Strassenniveau zu. Die älteren Strassenkoffer enden an einem etwa meterbreiten Bankett des an dieser Stelle höher erhaltenen, anstehenden Terrains. Die gleiche Beobachtung liess sich auch weiter östlich beim «Schiff» machen (1.164). Weiter gibt es Hinweise zu den Häusern «Lindenbaum», «Kamel» und «Goldener Adler» (1.129; 1.170 und 1.267), die unter den entsprechenden Fundstellen besprochen werden. Läufergässchen Etwa mittig im heute noch erhaltenen Gassenabschnitt liegt das ursprüngliche Rheinufer. Etwa 10 m weiter in den ehemals seichten Rhein hinein, heute in der Mittelachse des Hauses «Metropol», wurde die älteste nellenburgische Ufermauer M24 gebaut. Sie wird unter der Fundstelle
116 Dendron, Raymond Kontic, Basel, Bericht vom Dezember 2008. 117 StadtASH Brandkataster BK 23. 118 StadtASH Brandkataster 1871 BK 23B. 119 Dazu und zu den jüngsten Fassadenveränderungen: Orbann 2008, S. 37–39 und A77; Namensänderung in «Schweizerhof»: StadtASH C II.20.02.13/219.
«Schweizerhof» besprochen (1.235). Bis dahin beträgt das Gefälle von der Unterstadt her heute etwa 40 cm. Im Mittelalter betrug es etwa 1,3 m. Dementsprechend liegt das anstehende Terrain etwa in 3 m Tiefe. Wie ebenfalls beim «Schweizerhof» dargelegt, war das Gässchen nur halb so breit wie heute. Zum Rhein hinaus lag ein TörFKHQ PLW HLQHU NOHLQHQ 6FKLIÀlQGH 6 ,P RVWVHLWLJHQ *UDEHQSUR¿O HQGHW GLH lOWHVWH Stadtmauer M24 stumpf (Abb. 35); im westseiWLJHQ *UDEHQSUR¿O ODXIHQ GLH VWDUN DEIDOOHQGHQ Kieskoffer ans Rheinufer durch (Abb. 433). Infolgedessen sind an dieser Stelle, wo der Rhein immer wieder Strassenkies abtrug, der seinerseits von Anschwemmungsmaterial des Flusses überlagert wird, nur mächtige Kiespakete erkennbar. Anders im höherliegenden Teil des Gässchens, wo die gebänderten Strassenkoffer mit Schichtdicken von 10–30 cm in unterschiedlicher Zusammensetzung wieder gut sichtbar sind (Abb. 434). 3ODW] XQG +RO]KDXV Bemerkenswert sind die Befunde zum Plätzchen vor der «Winde» (Abb. 395, 403, 406 und 407). Es gehört in die Anfänge der Stadt, wie der 1,4 m XQWHU GHP 3ÀDVWHU REHUÀlFKOLFK IUHLJHOHJWH .LHV koffer zeigt (Abb. 152). Nach den gassenseitigen 3UR¿OHQ PXVV HU 7HLO HLQHV FP VWDUNHQ .LHVSDkets sein, das etwa fünf Strassenhorizonte umfasst, die sich nach Osten über das Läufergässchen und die Mauer M33 hinaus weiter zum Salzhof hin fortsetzen. Ob sich das Plätzchen noch weiter nach Süden ausdehnte, wissen wir nicht. Eine Sumpfkalkschicht zeugt von seiner
Abb. 432 Unterstadt-Ost, Höhe «Federnhut»/«Schlüssel» (Unterstadt 13/15). Das Paket der immer wieder erneuerten Strassenkoffer der Reichsstrasse ist hier 2 m mächtig. Es sind 8 bis 10 Strassenoberflächen aus dem 11.– 14. Jh. auszumachen. Der anstehende Boden liegt in 2,4 m Tiefe.
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Zwischennutzung im Rahmen von Bauarbeiten. Diese wird von einem dünnen, humosen Benutzungshorizont bedeckt. Darüber liegt eine gebänderte, aschig-kohlig und rot verbrannte Schicht. Der in dieser Umgebung zweite Brand zieht sich über das Läufergässchen bis an den «SchweizerKRIª KLQ ¿QGHW VLFK DXFK ZHLWHU XQWHQ LP *lVVchen, wo die Brandschicht ebenfalls auf 391,0 m ü. M. an die Hausfassade M35 anbördelt (1.216), ferner in der Hofmeisterei auf dem Freien Platz (1.164) und schliesslich im Salzhof als Brandschicht im Bereich der rheinseitigen Holzbauten. Dort kann die Schicht in die Zeit um 1300 datiert werden (1.235, S. 290).
Abb. 433 Läufergässchen (1.240). Die stark abfallenden Kieskoffer (1) des mittelalterlichen Gässchens laufen bis ans Rheinufer durch. Vor der «Farb»/ «Metropol» gab es bei den Resten der Ufermauer M24a (2) ein verschliessbares Törchen mit einer kleinen Schifflände für den Salzhof.
2 1 Abb. 434 Läufergässchen (1.240). Längs der Fassade der «Winde» zeigen sich die vom 11.–14. Jh. immer wieder erneuerten mittelalterlichen Kieskoffer des Gässchens in ausgezeichneter Qualität, Blick Nord.
2 1
Abb. 435 Salzhof/«Schweizerhof» (1.235). Im Läufergässchen liegt innen an der Mauerecke M33 (1) der rot verbrannte Boden des Salzhofs der Zeit um 1400 (2), vgl. Abb. 288.
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Nach diesem Brand und zusammen mit dem ersten Ausbau des Salzhofs wird das Plätzchen aufgegeben, und ein Holzhaus unbekannter Funktion tritt an seine Stelle. Von diesem Gebäude zeugt ein weiteres, gut 70 cm starkes Schichtpaket. Zwei je 30 cm starke Lehmplanien sind als Böden eines Holzhauses zu deuten. Die Oberkante des unteren ist niveaugleich mit dem Kalksteinplattenbelag M17 im Hof des Salzhofs, der am Tor zum Läufergässchen liegt und aus der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts stammt (1.235). Von diesem Niveau aus scheint auch die Latrinengrube G8 abgetieft, die unter der Nordostecke der «Winde» angeschnitten wurde und offenbar zu diesem Holzhaus gehört. Auf dem oberen Boden liegen nochmals drei dünne Bodenhorizonte, ein Lehmestrich und zwei Sandbänder, das obere rot verbrannt. Der in dieser Umgebung dritte 1DFKZHLV HLQHU %UDQGNDWDVWURSKH ¿QGHW VLFK auch innerhalb der Nordwestecke M33 auf dem Boden (Abb. 435) und setzt sich weiter in den Salzhof hinein fort (1.235). Er liegt durchschnittOLFK FP XQWHU GHP 3ÀDVWHU ZLH GLH %UDQGVFKLFKWHQ LQ GHQ 3UR¿OHQ GHU XPOLHJHQGHQ :HUN leitungsanschlüsse zeigen, so bei der «Galeere» (Unterstadt 11) und bei den gegenüberliegenden Häusern «Hutte», «Rehböcklein» und «Jakobsbrunnen» (Unterstadt 10–14). Der Brand ist wohl in die Jahrzehnte um 1400 zu datieren.120 Auf dem verbrannten Boden des Holzhauses liegt nochmals ein fettes gelbes Lehmband, das anzeigt, dass das Haus nach dem Brand wieder aufgebaut wurde. Das Mauerwerk von «Winde» und «Galeere» (1.216) ist nicht unähnlich jenem des 1529/30 entstandenen neuen Salzhofs, so dass davon auszugehen ist, dass das Plätzchen im Zuge der Neukonzeption dieses Stadtquartiers und der Verbreiterung des Läufergässchens wieder entsteht.
B 1.216 Läufergässchen 5/7 «Winde» (Unterstadt 11 «Galeere») Wohnhaus, Fachwerk Die Umbauarbeiten von 2007 wurden im Bereich des 2. bis 4. Obergeschosses begleitet. Hinzu kommen Hinweise von 2011 aus den Werkleitungsgräben. Das Läufergässchen war ursprünglich nur 2 m schmal und damit halb so breit wie heute (1.235 und 1.240). An seiner Ostseite lag der Salzhof, die Westseite war dicht bebaut mit einer geschlossenen Häuserzeile bis ans Rheinufer hin, wo das Haus des Junkers Hans Winkelsheim und seines Schwagers Ritter Hanmann von Mülinen lag (1.080).121 Winkelsheim war einer der frühen Besitzer des Salzhofs. 122 Das Fundament M34 von Haus Läufergässchen 5 besteht aus romanischem Bollensteinmauerwerk mit teils hochkant gestellten Steinen, bzw. bei M35, nördlich davon, aus grossen Steinbollen (Abb. 396). Zwei Stützpfeiler aus Kalkstein mit Baudaten 1683 und 1687 sind nachträglich vor dieses Bollensteinmauerwerk gestellt. Sie dürften zusammen mit der Aufstockung des 2. und 3. Obergeschosses entstanden sein, dessen stockwerkweise abgebundenes Fachwerk mit breitrechteckigen Gefachen und Streben in diese Zeit passt (Abb.
436). Im 2. Obergeschoss wurde die alte Decke ersetzt und um 80 cm höher gelegt. Wahrscheinlich geschah dies auch in den unteren Geschossen als Folge der stark anwachsenden Gassenniveaus im Läufergässchen (1.240). Zum ältesten Bestand gehört auch die westliche Brandmauer M36 als Teil des rückwärtigen, dreigeschossigen Hauses «Galeere». Sie besteht aus kleinteiligem Bollensteinmauerwerk aus dem 12./13. Jahrhundert (Abb. 395). Nach einem Brand, der intensive Brandrötungen hinterliess, kam das 3. Geschoss hinzu. Es war nur in der südlichen Hälfte gemauert, mit ähnlichem Mauercharakter wie sein Vorgänger, und schliesst nördlich an einen Ständer an. Dieser bildete den letzten Rest eines Holzaufbaus ähnlich den Befunden beim «Pelikan» (1.153). Später wurde dieser Holzaufbau durch grossformatigeres Bollensteinmauerwerk mit viel Hohlziegeldurchschuss ersetzt. Noch bevor die «Winde» ihren Fachwerkaufbau erhielt, wurde die «Galeere» nach Norden erweitert und um ein weiteres Geschoss aufgestockt. Das Mischmauerwerk aus Kalksteinen mit einzelnen Bollen und Hohlziegeln in den Fugen passt zum Mauerwerk des 1529/30 erbauten neuen Salzhofs und dürfte ebenfalls ins frühere 16. Jahrhundert datieren.
Abb. 436 «Winde» (1.216). Blick aus dem Salzhof zur «Winde». Die unteren beiden Geschosse der Fassade am Läufergässchen gehen ins 12./13. Jh. zurück. Jünger sind die beiden Stützpfeiler aus Kalkstein mit Baudaten 1683 und 1687, die mit der Aufstockung in Fachwerk des 2. und 3. OG entstanden.
120 Vgl. oben, S. 129. 121 Bänteli 2014, S. 78. 122 Vgl. oben, S. 89 und 125.
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1.202 Unterstadt 4/6 «Spiren»/«Untere Fels» .HUQEDX :LUWVKDXV :RKQKDXV 0DOHUHL Stuckatur Literatur: Martin Schweizer: Das Rätsel um den König und seine Damen, in: SN 3.9.2005; Haus zum unteren Fels, Publibeilage SN 5.11.2005; Hauser 1996, S. 408. Hausinventar: Guido Faccani, Zum unteren Fels und Zum Spiren, März/April 2002. Die Gesamtrestaurierung von 2004/05 tastete die vorhandene Bausubstanz wenig an. Der Schwerpunkt lag auf dem Einbau eines Liftes und dem Ausbau der Dachstühle. Das Erdgeschoss war bereits 1945 beim Einbau eines (Migros-)Ladens vollständig ausgeräumt worden. Trotzdem liessen sich punktuell einige bemerkenswerte Beobachtungen machen. Das heutige Haus besteht aus zwei Häusern, der breiten «Unteren Fels», an die ostseitig der schmale «Spiren» anschliesst. Nach dem Brandkataster wurden die beiden Häuser 1844 zusammengelegt.123 0LWWHODOWHUOLFKHU .HUQ ©8QWHUH )HOV» $XFK KLHU ¿QGHQ VLFK ZLH EOLFK LP KLQWHUHQ 7HLO des Gebäudes die Reste eines steinernen Kernbaus (Abb. 437). Er ist trapezförmig (6,5 – 8,5 x 11 m) mit der Längsseite parallel zur Strasse und gehört damit zum Typ B/ST.124 Er zeigt starke Ähnlichkeit zum steinernen Kernbau im Haus
Abb. 437 «Spiren»/«Untere Fels» (1.202). Grundriss des trapezförmigen Kernbaus «Untere Fels», 12./13. Jh., mit der Aufstockung des 3. OG von 1416 (M 1:400).
12. / 13. Jh. Kernbau EG bis 2. OG, untere Fels 1416 3. OG, untere Fels um 1450 Festsaal 3. OG, Spiren 0
N
Kernbau Gewölbekeller
Treppe Spiren
Treppe
Eichenschwelle 1416, 3. OG
Unterstadt
Schweizerhof
314
Wandbild
Nische Ofen Festsaal Doppelnische Schrank
2
4
6
8
10 m
«Silberberg» (1.124). Vom Verputz waren nur Teile der N/O-Ecke im Erdgeschoss freigelegt, wo sich Bollensteinmauerwerk mit schräggestellten Lagen in opus spicatum zeigte, wie es im 12./13. Jahrhundert gebräuchlich war und gut in die Anfänge des gegenüberliegenden Salzhofs passt (1.235). Ein Stück dieser Mauer ist im Treppenhaus sichtbar belassen. Der bestehende Kellerboden lag 1,6 m unter dem Erdgeschoss, was dem Niveau der ältesten Strassenkoffer in der Unterstadt entspricht (1.164 und 1.240) und Hinweis darauf ist, dass der hinten in den Hang gebaute Keller strassenseitig anfänglich kaum eingetieft war. Ob das nur in Teilen erhaltene Kellergewölbe dazugehört, blieb unklar, ist aber wahrscheinlich. 'DV lOWHUH %ROOHQVWHLQPDXHUZHUN ¿QGHW VLFK DXFK in den Obergeschossen in der Brandmauer zwischen beiden Häusern. Es reicht bis 50 cm über den Boden des 3. Obergeschosses, wo es von jüngerem Kalksteinmauerwerk abgelöst wird. (UZHLWHUXQJ ©8QWHUH )HOV» und spätere Umbauten In der Brandmauer zwischen «Spiren» und «Unterer Fels» fand sich unter der Decke des dritten Obergeschosses die Eichenschwelle einer älteren, nicht mehr erhaltenen und ursprünglich tiefer gelegenen Balkenlage. Sie reicht von Fassade zu Fassade, besitzt einen Stoss, liegt aus der Mitte gegen Westen hin verschoben und gehört also zur «Fels». Obwohl nur ein Dendrodatum vorhanden ist, datiert es die Aufstockung des 3. Obergeschosses ins Jahr 1416 oder kurz danach. Ob damals gleichzeitig das ganze Gebäude bis an die Unterstadt verlängert wurde, oder ob der Vorgängerbau mit zwei Obergeschossen schon zu einem früheren Zeitpunkt bis an die Strasse versteinert wurde, liess sich nicht klären. Ostseitig zeigte die Brandmauer im 3. Obergeschoss eine originale rohe, YHUUXVVWH 3XW]REHUÀlFKH GLH DQ]HLJW GDVV KLHU noch der tieferliegende Dachraum des Hauses «Spiren» lag. Bemerkenswert ist eine Türe mit einem hölzernen Kielbogen- oder Eselsrückensturz im 1. Obergeschoss (Abb. 260). Sie ist Teil einer Fachwerkwand, die die beheizte Stube von der östlich folgenden Beistube trennte. Das Holzwerk war rot bemalt und mit schwarzen Begleitlinien gefasst. Im 17. Jahrhundert wurde die Wand vertäfert, der Türsturz verputzt und tiefer gelegt. In der gleichen Zeit wurde die Deckenhöhe im 3. Obergeschoss um 40 cm angehoben und die neuen, grösseren Fenster eingebaut.
B Dendrodatierung 1.202, Unterstadt 6 «Untere Fels»125 Bauphase
Ort
Holzprobe
2. Bauphase 1416
3. OG
Schwelle Dachstuhl
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1415/16 WK (15)
:LUWVKDXV ©=XP URWHQ .UHX]» mit bemaltem Festsaal Im heutigen Hausnamen lebt der Familienname Spir (von Speyer) weiter. Diese verkauften das Haus im Jahr 1562.126 Bereits 1435 wird es als Wirtshaus «Zum roten Crütz» erwähnt.127 Archäologische Hinweise zu seinen Anfängen fehlen. Sicher ist es jünger als der Vorgängerbau der «Unteren Fels». Im dritten Geschoss steht die Fassade gegen die Unterstadt nicht im Verband mit den älteren Brandmauern. Beide Häuser kamen bereits im Spätmittelalter in den Besitz einer Familie und wurden über die gemeinsame Brandmauer geschossweise mit Türen verbunden, die zu einem späteren Zeitpunkt wieder geschlossen wurden. Diese Hauszusammenlegung geschah, berücksichtigt man die Fensterformen, in den Jahrzehnten um 1450. Vom Erdgeschoss des nicht unterkellerten «Spiren» führte eine schmale (0,9 m) Beitreppe mittig in den Nachbarkeller. Im 1. Obergeschoss gab es Reste einer alten, 1844 reaktivierten Verbindungstüre, und im 2. Obergeschoss zeigte sich eine vermauerte Verbindungstüre mit Backsteinsturz. Im 3. Obergeschoss gibt es am nördlichen Ende der Brandmauer eine vermauerte Rundbogentüre mit Sandsteingewände. Dieses besitzt die gleiche Hohlkehle, wie sie auch das Fenster im gleichen Raum gegen den Hinterhof aufweist. Die Gestaltung entspricht den vom späten 15. bis ins späte 16. Jahrhundert gebräuchlichen Formen. Im Rahmen der Hauszusammenlegung entstand auch das dritte Obergeschoss mit einem Festsaal. Die vier Fenster im 2. und 3. Obergeschoss besitzen die gleichen Gewände mit Hohlkehle und einseitig abgeschrägtem Auslauf wie das Konventhaus von 1457 am Platz (1.062). 123 StadtASH Brandkataster BK 6 und 7. 124 Bänteli 2010c, S. 84–87. 125 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 429 vom 7.10.2004. 126 STASH RP 21,42 Wilhelm Spir und Anna Heintzel verkaufen an Stefan Spleiss. 127 STASH UR 1/1927; Häuserdatenbank. 128 Besichtigung und Bilddeutung am 11.1.2014 mit dem Historiker Peter Niederhäuser, Winterthur, und den Kunsthistorikern Peter und Elke Jezler, Schaffhausen. Vgl. etwa die in jener Zeit entstandene Illustration in Hartmann Schedel, Das Buch der Chroniken und Geschichten, Nürnberg: Koberger 1493. Holzschnitt aus der Werkstatt von Michael Wohlgemut und Wilhelm Pleydenwurff, Heidelberg, UniYHUVLWlWVELEOLRWKHN % % IRO ,1& IRO E 184a. 129 Bericht Restaurierungsatelier Willy Arn AG, Lyss, 18.5.–6.7.2005.
Holzart Eiche
Drei der Fenster waren ursprünglich Doppelfenster, deren Mittelpfosten entfernt wurde (Abb. 438). Der Saal des Gasthauses besitzt ein faszinierendes Wandbild, das ursprünglich die ganze Länge des Raumes einnahm (Abb. 437 und 241). Es wurde auf einen neuen Putz gemalt, der viel Hohlziegelbruch enthält und auf den alten Estrichputz der Brandmauer von 1416 aufgetragen wurde. Die Darstellung repräsentiert das Hl. Römische Reich Deutscher Nation.128 Im Zentrum VWHKW HLQH ZDQGKRKH +HUUVFKHU¿JXU GHU .DLVHU dessen Kopf durch die jüngere, grossartige Stuckdecke des ausgehenden 17. Jahrhunderts verdeckt wird (Abb. 241 und 243). Rechts davon stehen ein Bannerträger und ein kleiner König. Ihnen folgen, sich dem Kaiser im Zentrum zuneigend, die Wappenschilde der vier weltlichen Kurfürsten. Die linke Hälfte des Bildes ist weitgehend zerstört. Diese zeigte offenbar die Wappen der drei geistlichen Kurfürsten. Ein roter Bollenfries mit 5HVWHQ YRQ SÀDQ]OLFKHQ (OHPHQWHQ UDKPWH GLH Szene. Die ebenfalls sichtbare Darstellung eines Fisches gehört einer ersten ältesten Malschicht an, die al fresco gemalt ist und nichts mit dem grossen Bild zu tun hat. Die Bemalung der kleinen halbrunden Nische am rechten Bildende mit ockerfarbener Fassung und schwarzer Rahmung kam erst mit einer jüngsten Malschicht hinzu (Abb. 243). An der gegenüberliegenden Wand war in Fensternähe eine Doppelnische vorhanden, die später von einem Wandschrank (90 x 180 cm) abgelöst wurde. Beide liegen heute unter Putz und waren mit Grisaillemalerei in Ocker- und Rottönen eingefasst, die zur jüngsten Malerei der Nische an der gegenüberliegenden Wand passen.129
Abb. 438 «Spiren»/«Untere Fels» (1.202). Die drei breiteren Fenster über dem Erker des «Spiren» besassen ursprünglich einen Mittelpfosten und stammen aus der Zeit um 1450.
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1.267 Unterstadt 8 «Goldener Adler» )DVVDGH )HQVWHU )HQVWHUHUNHU
Abb. 439 «Goldener Adler» (1.267). Das viergeschossige Haus zeigt in den Obergeschossen eine noch weitgehend originale Befensterung aus der Zeit von 1549/1579.
Das viergeschossige Haus zeigt in den Obergeschossen eine noch weitgehend originale Befensterung (Abb. 439). Aber nur das gestaffelte Fünferfenster im 1. Obergeschoss besitzt noch alte, einfach verglaste Fenster aus dem 18. Jahrhundert. Bemerkenswerterweise ist das Mittelfenster aussen angeschlagen und bildet so einen Fenstererker, die einfachste Form des Erkers, die in Schaffhausen nur noch an diesem Haus erhalten und damit eine neu entdeckte Erkerform ist (Abb. 440). Auch die gestaffelten Fenster im 2. und 3. Obergeschoss besassen solche Fenstererker, die sich bislang in die Jahre 1549/1579 datieren lassen.130
Abb. 440 «Goldener Adler» (1.267). Nur das Fünferfenster im 1. OG aus der Zeit von 1549/1579 besitzt noch einfach verglaste Fenster aus dem 18. Jh. Das Mittelfenster ist aussen angeschlagen und bildet so einen Fenstererker, die einfachste Form des Erkers, die in Schaffhausen nur noch an diesem Haus erhalten ist. Die aufgesetzten Holzleisten jüngeren Datums wurden für ein Vorfenster angebracht, vgl. Abb. 299.
Bei der Erneuerung der Werkleitungen in der Unterstadt (1.240) im Jahr 2012 zeigte sich das Hausfundament, dessen aufgehendes Mauerwerk mit HLQHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH P XQWHU GHP KHXtigen Niveau rechnet. Das kleinteilige Mischmauerwerk aus Kalk- und einzelnen Bollensteinen dürfte aus der Zeit um 1300 bzw. dem 14. Jahrhundert stammen (Abb. 441).
1.248 Unterstadt 14 «Jakobsbrunnen» )DVVDGH )HQVWHU
Abb. 441 «Goldener Adler» (1.267). Bei der Erneuerung der Werkleitungen zeigte sich 2012 das alte Hausfundament, dessen aufgehendes Mauerwerk (1) mit einer Strassenoberfläche 1,2 m unter dem heutigen Niveau rechnet (2) und aus der Zeit um 1300 bzw. dem 14. Jh. stammen dürfte. Darüber liegen die jüngeren Kieskoffer der Reichsstrasse (3).
1
Literatur: Christa Edlin-Sutz: Wieder barockes Brunnengeplätscher im Jakobsbrunnen, in: SN 12.1.1979; Frauenfelder 1951, S. 431.
3 2
316
Die Fassade gegen die Unterstadt zeigt eine VerVSLHOWKHLW YRQ YHUVFKLHGHQHQ )HQVWHUSUR¿OHQ welche an die Neue Abtei von 1484 erinnert (1.042.4). Es ist nicht ausgeschlossen, dass alles aus einem Guss ist; erst eine detailliertere Untersuchung könnte hier Klarheit schaffen (Abb. ,P HUVWHQ 2EHUJHVFKRVV EH¿QGHW VLFK HLQ spätgotisches Fenster mit umlaufendem Rundstab und Basen mit Waffelmuster. Ursprünglich war es ein Kreuzstockfenster, wie die Ansätze der ehemaligen Rundstäbe im oberen Drittel der Gewände und an der Mitte des Sturzes zusammen mit Unebenheiten im Sandsteingewände verraten. In der Fensterbank ist eine Jahrzahl einJHPHLVVHOW ÀDQNLHUW YRQ 5RVHQ 6LH ZXUGH YRQ Frauenfelder zuerst als 1568 gelesen, später dann im Kunstdenkmälerband als 1558 publiziert. Aus formalen Gründen, sowohl von der Schreibweise der Zahlen her als auch wegen der Fensterform, erscheint aber die Lesung 1508 richtig.131 Das Fenster passt typologisch gut zur zweigeschossigen Nische von 1515–1517 in der Täuberkapelle der Stadtkirche St. Johann,132 zum Staffelfenster der «Engelbrechtshalle» im Lö-
B wengässchen, zu den Fenstern beim ältesten Erker der Stadt beim «Palmzweig» und zum Kreuzstockfenster des Hauses «Fortuna» (1.092; 1.251; 1.262 und 1.263). Die einfach und doppelt gekehlten Fenster mit Ladenfalz im zweiten und dritten Obergeschoss dürften ebenfalls 1508 entstanden sein. Die Kreuzstockfenster und das dreifach gestaffelte Fenster sind noch intakt, während beim vierten Fenster mindestens zwei Pfosten fehlen. Auch das fünffach gestaffelte Fenster im 1. Obergeschoss mit doppelt gekehlten Gewänden, wie VLH VLFK DXFK DQ GHU 1HXHQ $EWHL ¿QGHQ NDQQ 1508 entstanden sein. Es ist zudem durch das Gurtgesims mit dem datierten Fenster verbunden. Seine Staffelung bildet die Wölbung der ehemaligen Bohlenstube ab. Diesem Fenster wurde in den Jahrzehnten um 1700 der Halberker vorgeblendet. Eines der beiden Wappen an seiner Bank stammt von der Schaffhauser Familie Hünerwadel, das zweite ist in Schaffhausen unbekannt, und die bisherigen Deutungen sind nicht stimmig.133 Dies dürfte mit einem Umbau zusammenhängen, bei dem das Haus die Stuckarbeiten, vermutlich von Samuel Höscheller, erhielt.134
1.170 Unterstadt 22 «Granatapfel» (Unterstadt 20 «Kamel») :RKQKDXV Literatur: Frauenfelder 1951, S. 431f. Bei der Gesamtrenovation des Hauses «Granatapfel» zeigte sich 1995 im ehemaligen Hinterhof in der östlichen Brandmauer im 1. und 2. Obergeschoss die Nordwestecke des Hauses «Kamel» (Abb. 443). Das Mischmauerwerk aus Bollenund Kalksteinen ist mit Hohlziegelbruch durchsetzt, ein Mauercharakter, der für eine Datierung ins späte 13. oder 14. Jahrhundert spricht. Intensive Brandrötungen des Mauerwerks könnten mit dem Grossbrand der Unterstadt Mitte 14. Jahrhundert zusammenhängen,135 aber auch jüngeren Datums sein. Gleichartiges Mauerwerk zeigt auch das alte strassenseitige Fundament, das 30 cm hinter der modernen Fassade liegt und bei den Werkleitungssanierungen in der Unterstadt zum Vorschein kam.136 Ausserdem fanden sich die Reste eines Stützpfeilerfundaments des 17./18. Jahrhunderts auf der Parzellengrenze der beiden Häuser. Das Mauerwerk des nur 12 m tiefen Hauses «Granatapfel», das mit zunächst nur zwei Obergeschossen an die Strasse anschliesst, ist ohne Brandspuren. Sein ebenfalls nur in der östlichen Brandmauer freigelegtes Mauerwerk besteht aus Kalkbruchsteinen mit Hohlziegeldurchschuss, wie es im 15./16 Jahrhundert gebräuchlich war. Zugehörig ist die Dachlinie, die sich in der Brandmauer im 3. Obergeschoss abzeichnet und von einem Pultdach mit nur 25° Neigung stammt. Es war wohl mit Schindeln gedeckt, was auf eine ehemalige Scheune hindeutet.137 Schliesslich macht die Befensterung der Fassade des «Granatapfel» deutlich, dass sie aus ursprünglich zwei voneinander unabhängigen Häusern besteht, die im Jahr 1800 vereinigt wurden. So erscheint das Gebäude auch im Peyerplan aus dem Jahr 1820 als ein Haus.
Abb. 442 «Jakobsbrunnen». Die Fassade gegen die Unterstadt hin zeigt eine Verspieltheit von verschiedenen Fensterprofilen, die an die Neue Abtei des Klosters Allerheiligen von 1484 erinnert. Es ist nicht ausgeschlossen, dass alles aus einem Guss ist und von 1508 stammt, abgesehen vom Halberker der Zeit um 1700.
130 Vgl. oben, S. 195. 131 Frauenfelder 1944. – Vgl. im Unterschied zu dieser 0 mit einem «Schlenker» darüber etwa die jeweils offene 6 in den Jahrzahlen 1561 der Staffelfenster «Bären» (1.114, S. 552) und «Störchlein» (1.224, S. 692) sowie 1567 am «Süssen Winkel» (1.257, S. 493). 132 Bänteli 1990, S. 70 und Abb. 32 und 34; Stäheli/ Bänteli/Lieb 1994, S. 23f. 133 Frauenfelder 1951, S. 431 Allianzwappen Hünerwadel-Stierlin, bzw. SN 12.1.1979 Allianzwappen Hünerwadel-Oechslin. Erneute Kontrolle durch Peter Scheck vom Stadtarchiv Schaffhausen. 134 Wipf 1979, S. 171. 135 Vgl. oben, S. 116. 136 KASH Fdst. 1.240, P14. 137 Vgl. oben, S. 108.
317
Älteste Hausteile In der hinteren Haushälfte liegt der älteste Teil des Hauses «Lindenbaum», ein typischer Vertreter der steinernen Kernbauten des Typs A/ST, mit einem leicht rechteckigen Grundriss von 6 x 7,4 m (Abb. 443 und 444).138 Der Keller war früher mit einer heute nur noch in Resten erhaltenen Tonne überwölbt und ragte gemäss den Niveaus in den Kanalisationsgräben139 ursprünglich 2–3 m über das Terrain hervor. Darüber liegen zwei gemauerte Stockwerke, die nicht untersucht sind. Das untersuchte 2. Obergeschoss ist vermutlich eine Aufstockung. Sie besteht aus Mischmauerwerk von Kieseln und Kalksteinen (Abb. 445). Stirnseitig ist in der westlichen Brandmauer der raue Aussenputz erhalten. Starke Brandrötungen der Innen- und Aussenseite deuten auf eine Teilzerstörung hin und könnten mit dem Grossbrand der Unterstadt um Mitte 14. Jahrhundert zusammenhängen.140
1.129 Unterstadt 26 «Lindenbaum» (Unterstadt 28 «Weisser Schlüssel») :RKQKDXV .HUQEDX 'DFKVWXKO Literatur: Bänteli 2013a, S. 375f.; Bänteli 2002, S. 45; Hauser 1996, S. 409. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Lindenbaum, Dezember/Januar 1996/97. Im Rahmen der Umbauarbeiten von 1997 liess sich das 2. Obergeschoss und der obere Teil des Dachstuhls untersuchen. Die ältesten Teile im Erd- und 1. Obergeschoss des Hauses «Lindenbaum» sind noch nicht untersucht, ebenfalls das 1965 als Wohnung ausgebaute 1. Dachgeschoss. Im Jahre 2012 wurde dann der Dachstuhl bis unter den First ausgebaut und liess sich nochmals IRWRJUD¿VFK GRNXPHQWLHUHQ
Abb. 443 «Lindenbaum»/«Kamel» (1.129/1.170). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
12. / 13. Jh. Kernbau spätes 13. / 14. Jh. 1364 Erweiterung und Neubau spätes 15. Jh. N
0 1
5
10 m
M3
tapfel
28
Grana
32 26
Strasse
24 22
Sandsteinschwelle
Fenster 1318/54
1.170
Kamel
baum
1.129 Ständ e 2. OG r
Linde n
M2
enbau m
Feuerstelle
Streif ba auf Bo lken ll steink enonsole n
Pflaum
Zwets chgen baum
Holzh a 2. H. 1 us 2 1. H. 1 . Jh./ 3. Jh.
weiss er Sch lüssel
Muno
tstieg
17. Jh.
20
Stützpfeiler 1.240 Unterstadt Ost
23
ker
ann
25
Fenster 13
18/54
Dendrodatierung 1.129, Unterstadt 26 «Lindenbaum»142
318
Bauphase
Ort
Holzprobe
Neubau 1364
Dachstuhl
1–6
Decke über 2. OG
7–10
Datierung, WK=Waldkante 2 x 1362/63 WK, 4 x 1363/64 WK 1361,1362, 2 x 1362/63 WK
Holzart Fichte, Weisstanne Fichte, Weisstanne
B 0
1
2
3
4
Abb. 444 «Lindenbaum» (1.129). Querschnitt mit Blick gegen Westen und Bauphasen (M 1:200).
5m
12. / 13. Jh. Kernbau 13. Jh. Aufstockung 2. OG 1364 Erweiterung und Neubau spätes 15. Jh. 17. Jh. Hausteilung
3. DG
2. DG
nicht untersucht 1. DG
untersucht 2.OG nicht untersucht
Kernbau
1.OG Hof
Hinterhaus
Pflästerung EG Sandsteinschwelle 2. Strassenkoffer älteste Strasse kiesiger Humus Anstehend
Abb. 445 «Lindenbaum» (1.129). 2. OG. Baufuge in der östlichen Brandmauer, steinerner Kernbau 12./13. Jh. (1), Erweiterung 1364 (2).
Kellergewölbe abgebrochen 1.240 Unterstadt Ost
Der Neubau von 1364 Nach dem Brand wurde das Haus bis zur Unterstadt erweitert. Der Neubau übernahm die bisherige Höhe und schloss das westliche Nachbarhaus «Weisser Schlüssel» mit ein (Abb. 443 und 444). Weil das älteste Satteldach der Stadt aus dem Jahr 1364 erhalten blieb,141 besitzt das Haus nur zwei Obergeschosse, heute eine Seltenheit in der Schaffhauser Altstadt. Die östliche Brandmauer besteht aus reinem Kalkbruchsteinmauerwerk mit einzelnen Hohlziegelfragmenten. Im Giebel gegen Osten zeigen später ausgemauerte Lichtscharten im 2. und 3. Dachgeschoss, dass der Dachstuhl in den oberen zwei Dritteln seine Nachbarn deutlich überragte. Im Erdgeschoss des ursprünglich zugehörigen Hauses «Weisser Schlüssel» ist noch heute auf der Westseite ein Streifbalken auf Bollensteinkonsolen sichtbar, der ebenfalls zu diesem Neubau von 1364 gehören dürfte (Abb. 443). Das Konstruktionsdetail stellt in Schaffhausen für diese Zeit eine Seltenheit dar. Im Gegensatz dazu tritt es in Stein am Rhein standardmässig auf, was den Verdacht nährt, dass es in Schaffhausen im 138 139 140 141 142
1
2
Bänteli 2010c, S. 84–87. KASH Fdst. 1.240, P2. Vgl. oben, S. 116. Vgl. oben, S. 113. LRD 97/R4329 T.
319
Abb. 446 «Lindenbaum» (1.129). Ansicht Dachstuhl von 1364 gegen Norden, M 1:100.
Fenster vermauert
Mittelalter ebenfalls verbreitet war.143 Die Fassade des «Lindenbaums» hingegen wurde später komplett erneuert. Sie ist nur noch als Fundament HUKDOWHQ GHVVHQ $XVVHQÀXFKW FP KLQWHU GHU heutigen Fassade liegt, wie die Werkleitungssanierungen in der Unterstadt gezeigt haben. Zu diesem Fundament gehört in der Hausmitte eine vorgelagerte Sandsteinschwelle, die 0,50 m unter GHP KHXWLJHQ 3ÀDVWHU OLHJW $EE 144
3. DG
Fenster
2. DG
1. DG
Unterstadt 26 Dachstuhl 1:50 Blick Nord in Firstachse 1364 Erweiterung und Neubau
Abb. 447 «Lindenbaum» (1.129). 2. OG. Eichenständer (1) des Saals in spätgotischer Manier breit gefast und mit Schilden verziert, spätes 15. Jh.
spätes 15. Jh. 17. Jh. Hausteilung 0
1
2
3
4
5m
1
320
Hervorzuheben ist der in dieser Haushälfte komplett erhaltene, stark rauchgeschwärzte viergeschossige Pfettendachstuhl (Abb. 444, 446, 449 und 148). Ein Binder trägt die Pfetten, die in den «Weissen Schlüssel» weiterlaufen, wo ein zweiter Binder zu erwarten ist. Während die Firstpfette DXI GHP +RFK¿UVWVWlQGHU DXIJH]DSIW LVW OLHJHQ die Zwischenpfetten der beiden oberen Ebenen auf horizontalen Binderbalken. Grundsätzlich wurden Rundhölzer verwendet, die nur vereinzelt leicht gesägt sind. Sie sind jeweils angeblattet, die Rofen145 aufgenagelt und gegen den First hin durch parallel verlegte kurze Hölzer verlängert. Umbau im späten 15. Jahrhundert Im südlichen Abschnitt der Westwand im Zentrum des Hauses «Lindenbaum»/«Weisser Schlüssel» sind die Konstruktionshölzer von 1364 um bis zu 30 cm abgesunken. Ursache, Zeitpunkt und Verlauf dieser Senkungen sind unklar (Abb. 444). Der alte, hangseitige Steinbau und die östliche Brandmauer von 1364 weisen keine Risse auf, soweit die eingeschränkten Untersuchungsmöglichkeiten überhaupt eine Aussage erlauben. Die Südwand des steinernen Kernbaus wurde zu unbekannter Zeit in allen Geschossen mitsamt dem Kellergewölbe abgebrochen. Hingegen haben offenbar starke Schäden an der Fassade zu deren Neubau und leichter Verschiebung gegen die Strasse geführt. Die ursprünglichen Zweierfenster mit Hohlkehlen, einseitigem Auslauf und inneren Backsteinstürzen passen ins späte 15. Jahrhundert. Zahlreiche Spolien der Vorgänger, ebenfalls mit Hohlkehlen, sind im 2. Obergeschoss vermauert. Gut in diese Zeit passt auch die massive, fast 40 cm breite Eichenstütze mit Unterzug und Sattelholz, die zur Stabilisierung vier Meter vor der Südwestecke des Steinbaus eingesetzt wurde (Abb. 444, 446 und 447). Sie ist in spätgotischer Manier breit gefast und mit Schilden verziert.146 Vermutlich war der gesamte strassenseitige Teil des 2. Obergeschosses ein Saal mit den beachtlichen Massen von 7 x 10 m. Er erstreckte sich über beide Häuser und gehörte zum Wirtshaus «Zum Schlüssel», das von etwa 1430 bis 1480 bestand.147
B Hausteilung im 17. Jahrhundert und spätere Veränderungen In der Hausmitte von «Lindenbaum»/«Weisser Schlüssel» wird im Bereich der Westwand des Kernbaus das Haus geteilt. Die Mauer beidseits der Stütze wurde mit unterschiedlichem Mauerwerk offenbar in zwei verschiedenen Schritten geschlossen. Darüber im Dach wurden Fachwerk-
wände eingezogen (Abb. 444 und 449). Ihre Hölzer sind gesägt und nicht mehr rauchgeschwärzt. Es gibt auch wiederverwendete Hölzer. Die Füllungen bestehen aus verputztem, ebenfalls nicht einheitlichem Mauerwerk. Möglicherweise führten neue Senkungen periodisch zu weiteren Erneuerungsarbeiten.
143 144 145 146
Bänteli 2010c, S. 89. KASH Fdst. 1.240, P7. Vgl. oben, S. 114. Vergleichsbeispiel: Stützen im Spittel in Stein am Rhein von 1477, Bänteli 2006, S. 36. 147 Bänteli 2014b, S. 77; Häuserdatenbank. Abb. 448 «Lindenbaum» (1.129). Dachausbau 2012. Blick durch die geöffnete Dachkonstruktion von 1364 gegen den Munot.
Abb. 449 «Lindenbaum» (1.129). Giebelwand (rechts) und Dachstuhl von 1364 mit der gegen den «Weissen Schlüssel» im 17. Jh. eingezogenen Fachwerktrennwand, Blick gegen Norden, vgl. Abb. 148.
321
Abb. 450 «Rotgerbe». Die Fenstergruppe im 2. OG der Fassade gegen die Unterstadt mit breiten Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf stammt aus der Zeit um 1318/1354.
1.249 Unterstadt 19 «Rotgerbe» )DVVDGH )HQVWHU Literatur: Hauser 1996, S. 408. Im 2. Obergeschoss zeigt die Fassade gegen die Unterstadt (Abb. 450) je ein Dreier- und ein Zweierfenster mit breiten Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf der Zeit um 1318/1354.148 Das durchgehende Gesims und die Fensterbank sind modern (Abb. 451). Das dritte Obergeschoss wurde neuzeitlich aufgesetzt.
1.227 Fischergässchen 10–17, Quaistrasse 3 6WUDVVHQSUR¿O $XII OOXQJ 6WDGWPDXHU 6FKLIÀlQGH :RKQKDXV /DWULQH ,QGXVWULH Literatur: Bänteli 2013a, S. 363f.; Claudia Härdi: Erstmals lokalisiertes Stadtende, SN 13.05.2009; Hauser 1996, S. 369f., S. 391. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 147, Kat. 359, S. 149, Kat. 364. Die Werkleitungen im Fischergässchen und in der Quaistrasse wurden 2009 zusammen mit Leitungsanpassungen in der Moserstrasse und im Untergries (1.229/1.230) erneuert. Im Zuge der Anlage des neuen Industriequartiers am Rhein wurden 1873/74 die Moserstrasse und 1892/93 die Quaistrasse angelegt. Letztere ist an die Stelle der Südhälfte des Fischergässchens getreten, deren Häuser damals abgerissen wurden. Der ebenfalls zu dieser Fundstelle gehörende Stadtmauerabschnitt wird unter 1.040 auf S. 399 behandelt. 322
)LVFKHUJlVVFKHQ XQG 6FKLIÀlQGH GHU )LVFKHU Heute fällt das Terrain in der Gasse von der Unterstadt her bis etwa zur Grenze «Joppenloch»/ «Haumesser» (Fischergässchen 11/9) gut 1 m gegen den Rhein hin ab und steigt dann wieder 30 cm an, um auf die stark aufgeschüttete, neue Moserstrasse (1.229/1.230) zu gelangen. Die ursprünglichen Schichten besitzen das gleiche Gefälle, verlaufen dann aber etwa von der Grenze zwischen den Häusern Fischergässchen 11 und 9 an horizontal. Beim Übergang in die Unterstadt liegt das anstehende Terrain 1,7 m unter der 2EHUÀlFKH 1XU LQ GLHVHP %HUHLFK ZXUGH GLH Humusdeckschicht nicht entfernt. Sonst kommt im Fischergässchen der anstehende Lehm zum Vorschein, dessen Gefälle zum Rhein weitgehend gleich verläuft wie jenes der heutigen Gasse. Der Lehm scheint unterhalb des «Joppenlochs» auf der Grenze zwischen Haus Nr. 11 und 9 zu verschwinden. Diese Stelle korrespondiert mit der Verlängerung des ältesten Rheinufers (Abb. 451), das im «Schweizerhof» zum Vorschein gekommen ist (1.235). Darüber liegen, wie in der Unterstadt-West (1.224), sechs Strassenkoffer in einem Schichtpaket von 1,1 m Mächtigkeit. DaUDXI OLHJW 3ÀlVWHUHUVDQG GHU ZLH DQGHUQRUWV LQ GHU Stadt aus dem frühen 15. Jahrhundert stammen dürfte.149 Bei P7 (Abb. 451), vor dem unteren Drittel des «Ankers» (Fischergässchen 17), liegt auf dem anstehenden Boden eine lokale Brandschicht, wie sie partiell auch in der Unterstadt West zu beobachten ist (1.224, S. 345). Einige darauf liegende Scherben gehören aber nicht in die Anfänge der Stadt, sondern in die Jahrzehnte um 1200. Weil der erste Kieskoffer darüber hinwegzieht, scheint die Anlage des Gässchens ebenfalls erst in diese jüngere Zeit der Stadtentwicklung zu gehören. Hinzu kommt die Beobachtung vor dem «Bauerntanz» (Fischergässchen 13), dass die untersten beiden Kieskoffer etwa 70 cm vor der westlichen Häuserzeile an einer Kante im gewachsenen Boden enden. Diese Kante setzt sich auch etwas weiter gassenaufwärts fort. Die gleiche Beobachtung war auch in der Münstergasse (1.140) und an anderen Orten in der Stadt zu machen.150 Damit verbleibt an dieser Stelle eine Gassenbreite von noch 1,5 m, etwas weniger als die anfängliche Breite des Läufergässchens (1.235 und 1.240). Vor dem gleichen Haus fand sich eine 90 cm in die Gasse einspringende Grube G1, die auf der Grenze der Häuser Fischergässchen 11/13 endet. Sie ist jünger als der älteste Strassenkoffer und wird vom dritten Strassenkoffer bedeckt, der nun an die Hausfassade anschliesst. Aus statischen Gründen ZXUGH GLH *UXEH QXU REHUÀlFKOLFK DQJHVFKQLWWHQ Sie scheint eckig zu sein mit Seitenlängen um 3 m, ist mit Bollensteinen gefüllt und erinnert da-
B schwelle
Fenster 13
18/54
M8
Abb. 451 Fischergässchen (1.227). Situation der Befunde (M 1:400).
19
Rotgerbe
weisses Schäfli
21
Türe mit Ausweitung für Fass
um 1200 / 13. Jh. 13. Jh.
1.249
späteres 14. Jh.
M9 1.227
15. / 16. Jh.
15
grosse Steine, Vordach
M10 N
M12
0 1
5
10 m
M11
13
1.127
2. H. 16. / 17. Jh. 14
mittlerer Anker
Fischergässchen
P7
Beim Übergang «Joppenloch»/«Haumesser» (FiVFKHUJlVVFKHQ LVW DXI P /lQJH HLQH 3ÀlV terung auszumachen, die zum dritten Strassenkoffer gehört. Auf dem gleichen Niveau, vor dem ehemaligen Haus «Am Bach» (Fischergässchen 7), liegen in der Verlängerung der westlichen Häuserzeile im Fischergässchen die Reste einer Steinsetzung M13, vielleicht die Reste einer einhäuptigen Trockenmauer, die noch 60 cm hoch erhalten ist (Abb. 452). Die Mauer M13 setzt auf einer älteren Kulturschicht an, die auf der Sohle GHV .DQDOLVDWLRQVJUDEHQV QXU REHUÀlFKOLFK DQJHschnitten wurde und mit Hölzchen, Pfahl- und Lederresten sowie Holzkohle durchsetzt ist. Eindeutig handelt es sich auch hier wieder um die vulli, die Auffüllung der Mitte des 13. Jahrhunderts, mit der die Unterstadt zum Rhein hin erweitert und in die der Salzhof gebaut wurde (1.235). In diesem Bereich am Ende des Fischergässchens enden auch die mittelalterlichen Strassenkoffer, und zum Rhein kann ein Törchen rekonstruiert wer-
Bauerntanz
Grube G1
9
Haumesser
10
Joppenloch
11
12
am Bach
7
Neueneck
M13 Ende Kieskoffer Schifflände/ Törchen Rampe
20
Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 130. Vgl. oben, S. 39. Vgl. oben, S. 39.
1.229 Grundriss F
1.230
M19
M18
M
Hölzer nach 1200
M17 M16 M15 Rosenstock
M14
3
3
1
ber
lau
be
Quaistrasse
2 G er
148 149 150 151
1.240
23
goldener Anker
mit an die Latrine G6/7 im «Rüden» (1.152). Am Südrand der aufgefüllten Grube G1, in der Flucht der erwähnten Strassenkante, liegt auf dem Niveau des zweiten Strassenkoffers ein grosser Stein, drei weitere Steine wurden in ähnlicher Lage gassenaufwärts beobachtet. Sie sind wohl als Punktfundamente von Vordächern, Bänken, Läden oder ähnlichen Holzkonstruktionen zu interpretieren.151
8/54
Profil D
cht E 11
Abb. 452 YY Fischergässchen/Quaistrasse (1.227). Das mittelalterliche Ende des Gässchens fällt mit dem heutigen Ende zusammen. An dieser Stelle lag ein Törchen zum Rhein zur Schifflände der Fischer. Die Trockenmauer M13 (2) liegt auf der vulli, der Auffüllung (1) aus der Mitte des 13. Jhs. und stammt von einem Fachwerkgebäude. Nach dessen Aufgabe wird das Mäuerchen M13 von einem jüngeren Strassenkoffer (3) überdeckt.
323
6WUDWLJUD¿H )LVFKHUJlVVFKHQ 4XDLVWUDVVH Schichtaufbau vor unterem Drittel «Anker» (Fischerg. 17) lokale Brandschicht P7 0LWWH ©:HLVVHV 6FKlÀLª )LVFKHUJ LP 0DXHUEHUHLFK 0 Übergang Fischergässchen/Quaistrasse, Kiessand zieht über abgebrochene, älteste Stadtmauer und in Trockenmauer M13 Übergang Fischergässchen/Quaistrasse, brauner, feiner, fäkaler Humus mit TK, Hölzchen, Pfahl- und Lederresten und Holzkohle
Abb. 453 Quaistrasse. Der 1,5 m tiefe Graben erreichte die mittelalterlichen Niveaus nicht. Die Mauern (1) stammen vom Haus «Rosenstock», das 1892/93 für die Anlage der Quaistrasse abgerissen wurde, vgl. Abb. 72.
den (1.230). Die Mauer M13 dürfte die Unterlage für eine Fachwerkkonstruktion sein. Interessanterweise sind aber die Strassenkoffer des Fischergässchens auf beiden Seiten von M13 vorhanden. Vermutlich ist das Ganze Teil der Stedi, der Schifflände der Fischer, zu der auch die Rampe an der 0RVHUVWUDVVH JHK|UWH 'LHVH 6FKLIÀlQGH wird in jüngerer Zeit, in den Jahren 1546, 1556 und 1581, bei Häuserverkäufen, den so genannten Häuserfertigungen, am Fischergässchen erwähnt.152 Dass sie aber nicht nur von den Fischern benutzt werden durfte, sondern etwa auch durch fremde Händler, zeigt ein Ratsprotokoll von 1594: …GLH IU|PGHQ VR RXFK NDELV] DOKHU LQ GLH VWDWW ]X YHUNRXIIHQ EHJHUHQGW LP VDOW]KRI RGHU YLVFKHUJHV]OLQ ZR VLH OHQGHQ NK QGHQ ZLH YRQ DOWHP KDU YHUNRXIIHQ VROOHQ XQG P|JHQ.153 Ob in dieser Zeit diese Stedi schon weiter zum Rhein hin verschoben war, ist noch unklar. Jedenfalls zeigt Mentzinger 1644 die jüngste Situation der GULWWHQ 6WDGWPDXHU DP 5KHLQ PLW GHU 6FKLIÀlQGH der Fischer und fünf Schiffen. Aus der Mauer M13 stammt eine Keramikscherbe, die gut ins entwickelte 13. Jahrhundert passt, und der jüngste, wohl ins ausgehende 14. Jahrhundert zu datierende Strassenkoffer zieht über die nicht mehr in Funktion stehende Mauer M13 hinweg. Die zweite Stadtmauer muss im Umfeld dieser Stelle verlaufen (1.040). Der direkte Nachweis fehlt jedoch, was aber nur bedingt erstaunt, denn auch
1
324
Fundnummer 2, KR 1, BS mit Bodenkreuz, TK 1, TR 16a 4, 5, 7 TR 20d, WS, viel TK 3, 6, WS, FZah, Kalottenschlacke, viel TK
Datierung 2. H. 12./frühes 13. Jh. spätes 12./spätes 13. Jh. frühes 13./1. H. 14. Jh. Auffüllung (vulli), nach Quellen Mitte 13. Jh.
im Läufergässchen ist die Stadtmauer M24 in der *DVVH LP 7RUEHUHLFK GHU 6FKLIÀlQGH XQWHUEURchen (1.240). Mittelalterliche Häuser 9RP ©:HLVVHQ 6FKlÀLª )LVFKHUJlVVFKHQ LVW die aus Bollensteinen gemauerte Südwestecke M8 nachgewiesen. Eine Scherbe im Fundament datiert die Mauer in die Zeit um 1200 oder ins 13. Jahrhundert. Ihre Süderweiterung M9 besteht immer noch aus Bollensteinen (Abb. 451), und gässchenabwärts ist mit M10/M11 weiteres Bollensteinmauerwerk vorhanden, das ins 13. Jahrhundert gehört. Auffallend ist viel verbrannter Lehm in den Fundamentfugen von M10. Etwa 60 FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH VFKHLQW HLQ :HFKVHO DXI HWZDV M QJHUHV .DONVWHLQPDXHUZHUN VWDWW]X¿Qden. Nur im Bereich von M12 reichen diese Kalksteine punktuell als Flick ins Fundament hinunter. Bei M11 macht eine Randengrobkalkschwelle DXI +|KH GHU KHXWLJHQ 3ÀlVWHUXQJ GHXWOLFK GDVV ZLU XQV LPPHU QRFK LP 0LWWHODOWHU EH¿QGHQ 'LHV steht im Gegensatz zu Haus Fischergässchen 10, dessen Fundament aus jüngerem Kalksteinmauerwerk besteht. Es hat einen Fundamentabsatz um 65 cm unter dem aktuellen Strassenniveau. Die gleiche Beobachtung gilt auch für die gegenüberliegenden Häuser «Joppenloch» und «Bauerntanz» (Fischergässchen 11/13). Der jüngste Strassenkoffer liegt direkt auf diesem FundamentabVDW] GDUDXI OLHJW 3ÀlVWHUHUVDQG ZDV I U GLH 'Dtierung dieser Häuser noch ins späte 14. Jahrhundert spricht. Neuzeitliche Häuser *HJHQ EHU YRQ 0 YRP ©:HLVVHQ 6FKlÀLª LVW LQ der Fassade des «Anker» (Fischergässchen 17) das stark überarbeitete und zum Schaufenster umgebaute rundbogige Türgewände aus Kalksteinen sichtbar. Es stammt aus dem späteren 16. Jahrhundert154 und wurde, wie vielfach in der Stadt zu beobachten, nachträglich oval ausgeweitet, um grössere Fässer passieren zu lassen. Die zugehöULJH 6FKZHOOH OLHJW KHXWH FP XQWHU GHU 3ÀlVWHrung. Ebenfalls erst im 16./17. Jahrhundert wurde der Stützpfeiler aus Kalkstein auf der Grenze der Häuser Fischergässchen 13 und 15 erbaut. Gleiches gilt wohl für die anderen Stützpfeiler der Häuser in der Gasse.
B Der Werkleitungsgraben in der Quaistrasse erreichte nur eine Tiefe von 1,5 m und hat im Gegensatz zu seinem Vorgänger von 1998 (1.040) die mittelalterlichen Niveaus nicht erreicht. Angeschnitten wurden die Mauern jener Gebäude, die der Peyerplan aus dem Jahr 1820 noch vollständig zeigt. Sie wurden im Zuge der oben erwähnten Neuanlage der Strassen im späteren 19. Jahrhundert abgerissen (Abb. 451 und 72). Ihr Bauschutt wurde zum Teil zur Auffüllung des Geländes verwendet. Mit dem Bau von Rheinuferstrasse und -kanal Mitte der 1960er-Jahre wurde das Gelände erneut um etwa 70 cm angehoben. Die Mauern sind kaum vor der Mitte des 15. Jahrhundert entstanden, als die dritte Stadtmauer weiter zum Rhein hin verschoben wurde.155 Es sind alles unregelmässige Kalksteinmauern, deren Sohlen kaum tiefer liegen als die Sohle des Werkleitungsgrabens (Abb. 453). Die vermörtelte und mit etwas Hohlziegeln durchsetzte Mauer M14 stammt vom ehemaligen «Rosenstock». Daran schliesst sich die Mauer M15 an, die mit ihrer Breite von 25 cm als Unterlage für die Fachwerkkonstruktion einer Scheune diente, während die trocken gemauerte Mauer M16 die Hofmauer des «Rosenblatts» ist. Anschliessend gegen Norden folgt M17, der Keller eines namenlosen Hauses.156
152 STASH RP 13,112r*: Haus im Fischergässchen mit der halben Stedi zwischen ZM Hans Vögelis und dem Haus der Kinder von Heinrich Oechsli; STASH RP 17,102: halbes Haus im Fischergässli samt Stedi Recht und Gerechtigkeit zw. Kasp. Spleiss Garten u. Baschion Oechslis Haus vorne an die Gasse, hinten an den Rhein; STASH RP 40,38*: Haus am Fischergässchen samt der Wasserstedi zwischen Lienhard Ochsen und Hainrich Rauschenbachs Häusern, stösst hinten an den Rhein und vorne an die Gasse. 153 STASH RP 54,149. 154 Vgl. oben, S. 199. 155 Vgl. oben, S. 150. 156 StadtASH Brandkataster BK 48–50.
1.230 Moserstrasse 8–18 6WUDVVHQSUR¿O $XII OOXQJ 6WDGWPDXHU 6FKLIÀlQGH *HUEHUKDQGZHUN " ,QGXVWULH Literatur: Bänteli 2013a, S. 362; Hauser 1996, S. 369f. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 147, Kat. 359, S. 149, Kat. 364. Im Zuge der Errichtung des neuen Industriequartiers am Rhein wurde 1873/74 die Moserstrasse angelegt. Hier wurden im Jahr 2009 Teile der Werkleitungen erneuert. Gleichzeitig erfolgten Anpassungen im Untergries und eine Gesamtsanierung der Leitungen im Fischergässchen (1.227/1.229). 5DPSH DQ GHU 6FKLIÀlQGH GHU )LVFKHU Am Ende der mittelalterlichen Strassenkoffer im Fischergässchen (1.227), am Rand der Moserstrasse vor dem «Neueneck» (Moserstrasse 18) liegen drei Eichenhölzer in einem 45°-Winkel zu Rhein und Gässchen. Dank ihrer Lage im Grundwasser sind sie in einer geringen Tiefe von 1,7 m erhalten geblieben (Abb. 454, 455 und 78). Die ganz wenig gegen den Rhein hin abfallende Konstruktion ist mehr als 6 m lang. Das nicht ausgegrabene Ende muss am Rand der Kieskoffer des Fischergässchens liegen und läuft auf der anderen Seite in den Fluss hinein weiter. Zuunterst liegt ein kräftiges Rundholz von 45 cm Durchmesser, das gegen das Fischergässchen hin auf eiQHU .DONVWHLQSODWWH DXÀLHJW (V ZLUG JHVlXPW YRQ zwei etwa 20 cm höherliegenden Balken. Flussabwärts von einem weiteren Rundholz von 22– 32 cm Durchmesser sowie von einer partiell beREDFKWHWHQ 3ÀlVWHUXQJ DXV %ROOHQ XQG .DONVWHLQHQ Flussaufwärts folgt ein rechteckiges Kantholz mit 13 x 30 cm Querschnitt, welches mit Keilsteinen ¿[LHUW LVW 3DUDOOHO GD]X YHUOlXIW HLQ )OHFKWZHUN oder Faschinenzaun. Von diesem sind die Reste von 8 Staketen im Abstand von 30 cm sowie horizontales Flechtwerk nachgewiesen. Während
Abb. 454 Moserstrasse (1.230). Situation der Befunde (M 1:400). um 1200 / 13. Jh. 13. Jh. späteres 14. Jh. 15. / 16. Jh. 2. H. 16. / 17. Jh. grosse Steine, Vordach
M
Schifflände 9
Haumesser
M28
229 ndriss F
1.230
M19
M18
M20
M21
n hinterer Rabe
20
M22
hinteres weisses Kreuz
M13 Ende Kieskoffer Schifflände/ Törchen Rampe
M24
dernhut hinterer Fe
M23
7
am Bach
hinterer ssel goldener Schlü
Neueneck
M26
M27
Forelle
trasse
Mosers lt rte We verkeh
M25
Hölzer nach 1200
M17 M16
N
0 1
5
10 m
M15
325
6WUDWLJUD¿H 0RVHUVWUDVVH EHLGVHLWV GHU 5DPSH $EE Schichtaufbau dunkelgraue kiesige Planie, zieht über Rampe zu neuzeitlicher Bebauung zu oberen Hölzern (nach 1241/1243)
feiner fäkaler Humus, wird gegen Rhein hin kiesiger und zieht über abgebrochene älteste Stadtmauer; viel TK, Lederfragmente feiner, fäkaler Humus, Hölzchen
kiesige Rinne zu unterem Rundholz (nach 1189)
Fundnummer Datierung 10, 16, SR 15 grüne Glasur auf 16./17. Jh. weisser Engobe, SR 15 schwarz/grünes Ritz- und Malhorndekor, FZ, TK 9, 17, BKR 2b 12, 13, 13./1. H. 14. Jh. rot engobiert, Bandhenkel rot DTR 4, TR 17, engobiert, SR 3 x BS, Fu, 1, WS viel TK 8, 18, KR 3, WS, TK
13. Jh., Auffüllung (vulli), nach Quellen M. 13. Jh.
19, WS, FZah rot engobiert, TK
Neueneck 1.230 Hölzer 1:20
N
Stadtmauer
Schifflände / Rampe
P10 P8 Sta ket enz aun P11
P9
P7 P6 P5
Profil 37
Holz 2 um 1260
P3 Holz 1 nach 1200
Profil 30
1.230 1:20
Trottoir
P4 Holz 3 um 1260
391.58
Asphalt
391.56
kiesig/sandige Planien kiesig/sandige Planien
Holz 3 um 1260 humös, kiesig viele Funde
Abb. 455 Moserstrasse (1.230). Detailgrundriss und Profil der Rampe an der kurz nach 1200 entstandenen Schifflände der Fischer vor der zähringerzeitlichen Stadtmauer, vgl. Abb. 78 (M 1:50).
326
fein kiesig, humös, fäkal viele Funde
fein, humös, fäkal
GW- Spiegel
Pflästerung
Rheinkies Stakete Rheinsohle
Holz 2 um 1260 Holz 1 nach 1200
P37 Blick Süd 0
P30 Blick Ost 1
2
3
4
5m
B
das untere Rundholz wahrscheinlich älter ist und frühestens in die Jahre nach 1200 datiert, wurden die oberen beiden Hölzer nicht vor den Jahren um 1260 verbaut.157 6WUDWLJUD¿VFK OLHJW GDV *DQ]H DXI GHP JUDXHQ VDQdig-kiesigem Material des Rheinufers, das 6 m südwestlich davon bei der ältesten Stadtmauer (1.227) bereits 0.5 m tiefer liegt. Die HolzNRQV WUXNWLRQ LVW LQ HLQH JURVVÀlFKLJH ELV ]X 40 cm starke Ablagerung aus fein humosem, fäkalem Material eingebettet, die sich bis zu den Strassenkoffern am Ende des Fischergässchens ausdehnt und gegen den Rhein hin mehr in kiesiges Material übergeht. Die Ablagerung ist mit Keramikscherben aus dem 13. und frühen 14. Jahrhundert durchsetzt, was gut zur dendrochronologischen Datierung der Hölzer passt (Abb. 456). Ausserdem fanden sich frühe Ziegelfragmente und viele Tierknochen. Das ganze macht den Eindruck einer Müllhalde, einer Entsorgungsstelle am Rheinufer unmittelbar ausserhalb der postulierten Stadtmauer.
Die vielen Hornzapfen und Schädelkalottenansätze im Tierknochenmaterial sind typischer Gerbereiabfall, was bei der Nähe der Gerberhäuser am Untergries nicht erstaunt (1.109). Innerstädtisch trafen wir dieses Material ebenfalls beim anderen Gerberquartier bei der Pfarrhofgasse an (1.106). Ob deshalb unsere Holzkonstruktion auch funktional mit dem Gerberhandwerk in Verbindung zu bringen ist? Zu denken wäre an eine :DVVHUZHUNVWDWW LQ GHU GLH +lXWH LP ÀLHVVHQGHQ Wasser gereinigt und die Hornzapfen entfernt wurden.159 Man könnte zudem an eine Kontinuität denken, weil der Brauchwasserkanal der Gerber in der Planieschicht der neuzeitlichen Bebauung des 16./17. Jahrhunderts genau über unsere aufgegebene Holzkonstruktion verläuft (Abb. 455) und von dort weiter durch die Gerberhäuser am Untergries führt (1.109).
Abb. 456 Moserstrasse (1.230). Keramikscherben aus dem 13. und frühen 14. Jh. aus dem Rhein bei der Schifflände der Fischer.
Die Hölzer sind aber so massiv, dass man eher an eine Nutzung für schwere Lasten, eine Rampe, eine Löscheinrichtung für Schiffe oder eine Rutsche zum Ein- und Auswassern der Fischerboote denken möchte, wofür auch die Ausrichtung ÀXVVDXIZlUWV VSUlFKH 'LHVH IXQNWLRQDOHQ hEHUDendrodatierung 1.230 Moserstrasse, Rampe158
157 Zu berücksichtigen ist dabei, dass neben dem weichen Splintholz noch mehr Jahrringe verrottet sein könnten. 158 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 739 vom 11.12.2009. 159 Cramer 1981, S. 14–16.
Ort
Holzprobe Datierung (WK=Waldkante) unteres Rundholz 1 1189 seitliche Hölzer, 2, 3 1241, 1243 rund bzw. gesägt
Anzahl Holzart Splintjahre – Eiche –
327
legungen werden durch die Tatsache unterstützt, GDVV GLH .RQVWUXNWLRQ DQ GHU 6FKLIÀlQGH GHU )Lscher liegt, wie die Fundstelle Fischergässchen zeigt (1.227). Diese Hypothese wird beim Blick auf den Situationsplan (Abb. 454) noch verständlicher. Der Plan zeigt, dass die Rampe ziemlich rechtwinklig vor der rekonstruierten zweiten Stadtmauer liegt, die mit ihrer Datierung auf das Jahr 1207160 ausgezeichnet mit der ältesten Dendrodatierung und der Keramik übereinstimmt. Die Stumpfsche Stadtansicht von 1548 bildet eine ähnliche Situation wie diesen Befund ab (Abb. 79). Sie zeigt ober- und unterhalb der Rheinbrücke grosse Tore in der Stadtmauer und in den Lagergebäuden am Rhein, mit vorgelagerten Quais und Treppen aus Holz und Stein sowie angelandete Schiffe. Neuzeitliche Bebauung Im 2,2 m tiefen Werkleitungsgraben kamen die Grundmauern jener Häuser zum Vorschein, die ehemals am Fischer- und Läufergässchen lagen (Abb. 454 und 72). Ausserdem fanden sich die Reste der dazwischenliegenden Hinterhäuser der Liegenschaften an der Unterstadt. Sie sind im Peyerplan aus dem Jahr 1820 noch vollständig eingetragen, bevor sie 1873/74 im Zuge der Anlage des neuen Industriequartiers am Rhein für den Bau der Moserstrasse abgebrochen wurden. Die Häuser entstanden kaum vor dem späteren 15. Jahrhundert und gehören zur dritten Stadtmauer, die weiter zum Rhein hin verschoben wurde (1.040 und 1.048). Ob diese ebenfalls im
Zuge des Baus des äusseren Grabenwerks 1443– 45 entstand, werden künftige Untersuchungen zeigen müssen.161 Wie im westlichen, etwas tiefer liegenden Grabenabschnitt ersichtlich, gründen die Mauern auf einer Auffüllschicht, mit der man dem Fluss weiteres Bauland abtrotzte. Fundmaterial fehlt bislang aus diesem Bereich, so dass die Frage, ob er auch zum Laufengarten gehörte, den die Stadt 1347 kaufte, noch nicht beantwortet werden kann (1.235). Darüber liegt eine Kiesschicht von mindestens 30 cm Stärke, wahrscheinlich die Reste einer weiteren Überschwemmung. Diese Schicht wird zum Teil von den Fundamentoberkanten berücksichtigt, weshalb die Bebauung zum Teil nach diesem Hochwasser entstanden sein muss. Die Kalksteinmauern sind manchmal mit Bollensteinen durchsetzt und alle gemörtelt. M18 und M20–M22 besitzen keine speziellen Merkmale. M19 ist ein Mauerklotz, wohl ein Brunnenfundament im Hinterhof der «Rotgerbe». Das Hinterhaus des «Goldenen Schlüssels» besteht aus den beiden vom Mauercharakter her identischen Mauern M23/M24. Es war zuerst unterkellert und EHVLW]W HLQH .DONVWHLQSÀlVWHUXQJ HWZD FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH EHU HLQHP lOWHUHQ 40 cm tiefer gelegenen Lehmestrich. Älter sind die Mauern M26 des östlich anschliessenden Hinterhauses des «Federnhut». Die Reste seiner Westmauer liegen unter M24; es war zuerst halb XQWHUNHOOHUW ZLH HLQH %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH ]HLJW 'HU SHULRGLVFK auftretenden Überschwemmungen wegen legte man das Niveau in zwei Schritten 1,1 m höher, wie sich dies auch im «Schweizerhof» beobachten lässt (1.235). Zu diesem Haus gehört ein massiver Kalksteinklotz M25 in seiner Südwestecke. Die Fundamente M27/M28 schliesslich stammen von der «Forelle»162 und sind mit 1,05 m im Osten bzw. 1,35 m im Westen auffallend stark. Dazu JHK|UW P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH GLH lOWHUH %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ HLQHV +DOENHOOHUV GLH VSlWHU 30 cm höhergelegt wurde.
1.250 Unterstadt 25 «Vorderer wilder Mann» )DVVDGH )HQVWHU Abb. 457 «Vorderer wilder Mann» (1.250). Die Rechteckfenster der Fassade an der Unterstadt mit breiten Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf im 1. und 2. OG stammen aus der Zeit um 1318/1354. Dem Dreierfenster im Vordergrund wurde in den Jahrzehnten um 1700 ein Halberker aufgesetzt, vgl. Abb. 142.
328
Die Fassade gegen die Unterstadt zeigt im ersten und zweiten Obergeschoss drei Dreierfenster und ein Zweierfenster mit breiten Fasen und beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354.163 Die Fensterbänke sind modern. Dem einen Dreierfenster wurde in den Jahrzehnten um 1700 ein Halberker vorgesetzt, und das Fenster erhielt einen umlaufenden Ladenfalz (Abb. 457). Das dritte Obergeschoss ist neuzeitlich aufgesetzt.
B
N
0 1
5
Sandsteinschwelle
27
25
1.250
23
Fenster 13 1 21
1.153 M8
Türe mit Ausweitung für Fass
weisses Schäfli
1.121
29
baum
26
10 m
goldener Anker
1.166
31
1.129
28
Strasse
vorderer wilder Mann
grüner Klee
19
1.249
M9 1.227
Fischergässchen 1.127
G3 G2
14
mittlerer Anker
15
P7
M10 M12 M11
G1
ehem aliger Hof
tanz
3
Edelwei ss 1.120
Ständ e 2. OG r
Fenster 1318/54 33
Schwenkkes sel
inie
M2
n
32
1549/79
35
gen alte Baul
34
Pelikan
37
36
Jungfrau
Fenster
39
Hoffnung
1.224 Unterstadt West
Feuerstelle 38
f Boll steink enonsole
Linde n
12. Jh. wilder Mann mit Holzeinbau um 1200 Jungfrau 1207 Jungfrau Hochwassersanierung Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung Jungfrau Norderweiterung 1318/54 wilder Mann 1532 Pelikan Umbau
Holzh a 2. H. 1 us 2 1. H. 1 . Jh./ 3. Jh.
Abb. 458 «Pelikan» (1.153). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
Rotgerbe
Vgl. oben. S. 71. Vgl. oben, S. 150. StadtASH Brandkataster BK 29. Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 164.
Peyerweg
160 161 162 163 164
weiss er Sch lüssel
.HUQEDX ©9RUGHUHU ZLOGHU 0DQQ», 12. Jahrhundert In der östlichen Brandmauer des «Pelikan» steckt in der hinteren Haushälfte die Westwand eines steinernen Vorgängerbaus, die zudem ein Stück weit als Hofmauer gegen die Unterstadt weiter-
.HUQEDX ©-XQJIUDXª XP In der westlichen Brandmauer des «Pelikan» steckt in der hinteren Haushälfte der zweigeschossige Vorgängerbau der «Jungfrau» mit einer Länge von 8,8 m (Abb. 458, 460, 461 und 466). Es ist die Ostwand eines quadratischen steinernen Kernbaus vom Haustyp A/ST,164 dessen Nordwand gemäss einem Plan von 1902 im Erdgeschoss der «Jungfrau» noch erhalten war. Nach dem Befund in der «Hoffnung» ist der Kernbau in der «Jungfrau» jünger als jenes Haus (1.121). Das Mauerwerk besteht aus Bollensteinen, die unten bis zu 15 cm Durchmesser, weiter oben QRFK )DXVWJU|VVH HUUHLFKHQ ,Q /DJHQ ¿QGHQ VLFK schräggestellte Steine in der Art des opus spica tum XQG HLQH VWHLQVLFKWLJH 2EHUÀlFKH PLW pietra rasa-Verputz. Für die Ecken wurde unterschied-
m
Die Bauuntersuchung erfolgte 1993 im Rahmen der Gesamtsanierung. Die Erkenntnisse zum Vorderhaus blieben bruchstückhaft, weil die meisten Verputze auf den Brandmauern belassen wurden. Der «Pelikan» ist bislang das älteste dendrochronologisch datierte städtische Bürgerhaus. Er wurde nachträglich zwischen die beiden bestehenden Nachbarliegenschaften Unterstadt 25 und 29 eingefügt. Gemeinsam zeigen diese Häuser ein äusserst komplexes Bild mittelalterlicher Stadtentwicklung (Abb. 81).
Pflaum enbau
Literatur: Bänteli 2013a, S. 375f.; Bänteli 2002, S. 45; Ex Terra Lux 2002, S. 204–209; Hauser 1996, S. 408; Bänteli 1995a, S. 24. Hausinventar: Dagmar Wilke, zum Pelikan, August 1991.
läuft (Abb. 458, 459, 461 und 469). Sie ist Teil eines quadratischen Grundrisses mit Seitenlängen um 10 m, wie den Plänen der Häuser 23/25 zu entnehmen ist. Das Gebäude war zweigeschossig und in Bollensteinmauerwerk mit SLHWUD UDVD Verputz sowie mit Bollensteinecken ausgeführt. Die Mauern enthalten aber kaum schräggestellte Steine. Das Obergeschoss zeigt bereits von Anfang an die gleiche Mischbauweise wie die zweite Phase der «Jungfrau». Die Nordhälfte besteht aus Stein; südseitig gab es einen nicht mehr erhaltenen Holzeinbau. Später, vielleicht um 1200, wurde diese Holzkonstruktion ebenfalls in Stein ersetzt und das 2. Obergeschoss mit Bollensteinmauerwerk, ähnlich jenem des «Pelikan» von 1208, hinzugefügt.
Zwets chgen baum
1.153 Unterstadt 27 «Pelikan» (Unterstadt 25, 29 «Vorderer wilder Mann», «Jungfrau») :RKQKDXV .HUQEDX )DFKZHUN )HQVWHU
329
Abb. 459 «Pelikan» (1.153). Querschnitt Ost mit Bauphasen (M 1:200).
12. Jh. wilder Mann mit Holzeinbau um 1200 wilder Mann Aufstockung und Versteinerung Holzeinbau 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung 1318/54 Wilder Mann, Norderweiterung Mitte 14. Jh. Pelikan Erweiterung und Aufstockung nach Brand 1532 Pelikan Umbau 17. Jh. Wilder Mann, Aufstockung Spätes 17. / Pelikan frühes 18. Jh.
0
1
2
3
4
5m
Fenster 1318/54 gezügelt
Staketenzwischenwand 3. OG
Fenster 1318/54 gezügelt
Erneuerung Mauerschale 2. OG Erneuerung Mauerschale Nische Holzeinbau 1. OG
Unterstadt
Boden bis 1993
Erneuerung Mauerschale
Erneuerung Mauerschale Hinterhof
Abb. 460 «Pelikan» (1.153). Querschnitt West mit Bauphasen (M 1:200).
EG
um 1200 1207
Jungfrau Jungfrau Hochwassersanierung Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung Jungfrau Norderweiterung Mitte 14. Jh. Pelikan Erweiterung und Aufstockung nach Brand 1532 Pelikan Umbau 17. Jh. Jungfrau Aufstockung Spätes 17. / Pelikan frühes 18. Jh. 0
Abdrücke Schalung
Sparrennegativ
1
2
3
4
5m
Rauchfang
Nische mit Kochtopf
Fenster 1318/54 gezügelt
Fenster 1318/54 gezügelt
Rauchfang
3. OG
Staketenzwischenwand
Fenster 1318/54 gezügelt 2. OG
Rauchfang Holzeinbau Bohlenstube
1. OG
Unterstadt Hinterhof
Erneuerung Mauerschale
EG
Boden bis 1993
jüngerer Brand Reste eines verbrannten Lehmbodens
ursp. Boden
Türschwelle original
Pflästerung
P1+2 1.224
330
Strassenkoffer älterer Brand Strassenkoffer Pflästerung
P18 1 224
B Jungfrau
Schnitt West Erneuerung Mauerschale Schnitt West
Unterstadt Keller / Wirtschaftsraum Türe
Pelikan
Hinterhof
Türe
Gang
Erneuerung Mauerschale
Schnitt Ost
Schnitt Ost
12. Jh. wilder Mann mit Holzeinbau um 1200 Jungfrau 1207 Jungfrau Hochwassersanierung Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung Jungfrau Norderweiterung 1318/54 wilder Mann 1532 Pelikan Umbau
vorderer wilder Mann Erdgeschoss
0
1
2
3
4
Abb. 461 «Pelikan» (1.153). Grundriss EG mit Bauphasen (M 1:200).
5m
Jungfrau
Schnitt West
Schnitt West
Bohlenstube Pelikan
Abb. 462 «Pelikan» (1.153). Grundriss 1. OG mit Bauphasen (M 1:200).
Unterstadt
Hinterhof
Holzeinbau Erneuerung Mauerschale
Schnitt Ost
Schnitt Ost
vorderer wilder Mann 1. Obergeschoss
0
1
2
3
4
5m
12. Jh. wilder Mann mit Holzeinbau um 1200 Jungfrau vor 1208 wilder Mann Aufstockung und Versteinerung Holzeinbau 1207 Jungfrau Hochwassersanierung Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung Jungfrau Norderweiterung 1318/54 wilder Mann 1532 Pelikan Umbau
Jungfrau au
ehemaliger Holzeinb
Schnitt West Unterstadt
Schnitt West
Pelikan
Hinterhof
Abb. 463 «Pelikan» (1.153). Grundriss 2. OG mit Bauphasen (M 1:200).
ehemalige Sitznischen zu Fenster 1318/54
Fenster 1318/54 gezügelt Schnitt Ost
Erneuerung Mauerschale
Erneuerung Mauerschale Schnitt Ost vorderer wilder Mann 2. Obergeschoss
0
1
2
3
4
liches Material verwendet: südseitig unten Kalksteine im Wechsel mit graugrünen Sandsteinquadern, oben Randengrobkalk (Abb. 464), während nordseitig nur Kalksteine vorhanden sind. Die Oberkante der Mauer ist glatt abgestrichen und N|QQWH DOV $XÀDJHU I U GLH 'DFKNRQVWUXNWLRQ JHdient haben. Vielleicht gab es aber von Anfang an ein zweites Obergeschoss teilweise in Holzbauweise (Abb. 466). In der nördlichen, gemauerten Hälfte ist die Rauchküche zu vermuten, von deren Mauerwerk die Nordostecke aus grösserformatigen Bollensteinen von 10–25 cm erhalten ist. Die Holzkonstruktion der geheizten Stube auf der Südseite lässt sich noch erahnen. Dieses zweite Obergeschoss wurde sicher in einer nächsten Phase in Mischbauweise ausgeführt. 165 Vgl. oben, S. 65.
5m
um 1200 wilder Mann Aufstockung und Versteinerung Holzeinbau Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan 1317 Pelikan Süderweiterung Mitte 14. Jh. Pelikan Erweiterung und Aufstockung nach Brand 1532 Pelikan Umbau
Die rheinseitige Ecke der «Jungfrau» hat sich im Lauf der Zeit gesenkt und kam bei 6 cm pro Meter bzw. 3,5° zum Stillstand (zum Vergleich: Schiefer Turm von Pisa 5,5°). Dadurch entstanden im Obergeschoss vertikale Risse im Mauerwerk, die ausgebessert wurden. Weil aufgrund der archäologischen Untersuchungen klar ist, dass die Häuser in Schaffhausen immer auf sicheren Baugrund bis auf den anstehenden Boden fundamentiert wurden, kann ein bautechnischer Fehler nicht der Grund für diese Senkung sein. Die Senkung steht eher mit Hochwasserschäden im Zusammenhang, die an weiteren Orten archäologisch nachweisbar sind. Dieses Ereignis war vermutlich das Dezemberhochwasser von 1206, das die ganze südliche Stadt betraf.165 Als Stützmassnahme verlängerte man die Brandmauer, vielleicht sogar das ganze Gebäude, nach Süden. 331
Die Brandmauer ist pfeilerartig verstärkt, weshalb innenseitig im Haus ein Mauervorsprung von 15 cm Breite entstand, den auch die späteren Bauphasen übernommen haben (Abb. 458, 460 – 464). Oben scheint die Brandmauer glatt abgestrichen. Vielleicht handelt es sich aber dabei um das Negativ einer Holzschwelle als Fortsetzung des bereits festgestellten Holzaufbaus des 2. Obergeschosses. Abb. 464 «Pelikan» (1.153). Westliche Brandmauer des Vorgängerbaus «Jungfrau», EG und 1. OG. Schiefe Südostecke mit Sandstein- und Randengrobkalkeckquadern (1) aus dem 12. Jh., Verlängerung nach Hochwasser als Stützmassnahme (2), Balkenlagen «Pelikan» von 1208 (3) und 1317 (4).
3
4
1 2
6 4 3
Abb. 465 «Pelikan» (1.153). EG, Blick gegen Osten im Bereich der ehemaligen Südwand von 1208 mit Resten der Türgewände aus Randengrobkalk (1), Binnenmauer (2), Deckenbalken von 1208 (3) und 1317 (4) gegen die ehemalige Südwestecke des Vorgängers «Vorderer wilder Mann», 12. Jh. (5) mit Mauerschalenerneuerung (6), vgl. Abb. 469)
332
5 2
1
1
«3HOLNDQ» von 1208 Nach der Ecksanierung der «Jungfrau» schloss der «Pelikan» die Baulücke in der Häuserzeile. Er ist bislang das älteste dendrochronologisch datierte und noch aufrecht stehende Wohnhaus in Schaffhausen mit erhaltenen, mehr als 800-jährigen Balkendecken. Das Gebäude ist zweigeschossig und gehört zum Haustyp C/ST.166 Erhalten sind Nordfassade, Reste der Südfassade und die beiden Balkenlagen. Das Mauerwerk besteht aus grösseren Bollensteinen um 25 cm Durchmesser und ist lagenhaft gemauert. Das Erdgeschoss wird durch eine 50 cm schmale Bollensteinmauer in Gang und Wirtschafts-/Kellerraum geteilt. In der süd- oder rheinseitigen Fassade sind beide Räume durch nebeneinanderliegende Türen erschlossen. Erhalten sind senkrechte Leibungsteile aus Randengrobkalk mit einer roten Sandsteinschwelle (Abb. 459–461, 465 und 468). Eine identische Erdgeschoss-Situation ist im Zunfthaus der Becken noch erhalten (1.233). Am Mauerwerk der Westwand kleben Reste eines brandgeröteten Lehmestrichs vom Erdgeschossboden, was möglicherweise mit dem Grossbrand in der Unterstadt zusammenhängt (1.224).167 Von den originalen Decken über dem Erdgeschoss und 1. Obergeschoss sind je sechs Eichenbalken der Zeit von 1208 erhalten. Sie haben oberseitig Holznagellöcher als Spuren der ehemaligen Bodenbretter (Abb. 88). Im Obergeschoss lag südseitig die geheizte, wohl hölzerne Stube, nördlich die verrauchte, steinerne Küche, deren Wand noch ein Stück weit ins 2. Obergeschoss, den ehemaligen Dachraum, erhalten ist. (UZHLWHUXQJ XQG $XIVWRFNXQJ ©3HOLNDQª 1317 folgte mit der Aufstockung um das 2. Obergeschoss die Erweiterung des «Pelikan» um 3 m nach Süden. Die Erweiterung wurde in Kalkstein vorgenommen (Abb. 466). Rheinseitig war eine völlig verschwundene Fachwerkkonstruktion vorhanden, während gegen die Unterstadt die Steinfassade aufgestockt und übereinander geschossweise Wohnungstüren eingebaut wurden. Diese setzen äussere Zugangstreppen über eine Laube oder über das anzunehmende, nördlich anschliessende Holzhaus voraus (Abb. 467, 81 und 95).169 Die Türe im 2. Obergeschoss mit einem ungegliederten Rundbogengewände aus Randengrobkalk stammt aus dieser Zeit. Die Rundbogentüre im 1. Obergeschoss aus rotem Sandstein mit feiner Hohlkehle ist ein jüngerer Ersatz. Fenster sind im Bereich der späteren Durchbrüche vorauszusetzen. Die Binnenteilung des Erdgeschosses von 1208 wurde übernommen und in Fachwerk erweitert. Im 1. Obergeschoss wurde ein Teil der Deckenuntersicht von 1208/1317 mit Schindeln belegt, ein singulärer Befund (Abb. 469 und 83).
B Dendrodatierung 1.153, Unterstadt 27, älteste Bauphasen «Pelikan»168 Bauphase
Ort
Holzart
P9–P11 P7
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre), (?) = unsicher 1201 (3), 1203 (12), 1205 WK(?) (15), 1207/08 WK (16) 1192(?) 1203 (4), 1204 (5) undatiert 1272, 1295, 1297, 1298 (3), 1304 (2),1316/17 WK (18) 2 x 1315/16 WK (15, 17) 1315 WK(?) (19), 1311 WK(?) (21) undatiert 1292 (1)
P2
1246 WK(?) (11)
Eiche
P33 1, 2, P31, 32, P34–36 P37, P38
1349(?) undatiert
Rot- und Weisstanne
undatiert
Rot- und Weisstanne
Holzprobe
EG Deckenbalken 1208 Einbau zwischen «Jungfrau» und «Vorderer wilder Mann» 1. OG Deckenbalken Süderweiterung 1317 EG Deckenbalken
P5, P14=31, P15=11, 41 6 P16, P17 P4, P18 20–24, 30
1. OG Deckenbalken P1, P3 2. OG Deckenbalken P8, P12 2. OG Deckenbalken Umbau Bau I mit II, EG Einbau Streifbal1317 ken Nordwand, wieder verwendet 1. OG Einbau Streifbalken Nordwand, wieder verwendet Bau III Dachstuhl, Schwelle, Erneuerung nach Firstständer, Ständer Brand Balken Bau III(?) oder IV(?) 1. OG Stube Vorderhaus, Pfosten, Bohlenwand
Eiche
Eiche Eiche
Eiche Eiche Fichte Eiche
166 Bänteli 2010c, S. 86f.; vgl. oben, S. 78. 167 Vgl. oben, S. 116. 168 LRD 92/R3182 (Probennummern ohne P); UWAD, Felix Walder, Berichte vom 15. 07.1993 (Probennummern mit P) und 29.08.1994 (Dachkonstruktion nicht datierbar). 169 Vgl. oben, S. 73.
2
1
Abb. 466 «Pelikan» (1.153). Westwand 2. OG. Der Vorgänger «Jungfrau» aus Bollensteinen mit glatt abgestrichener Oberkante aus dem 12. Jh. (1). Darüber die jüngere Aufstockung und Süderweiterung «Pelikan», Kalbruchsteinmauerwerk mit Balkendecke von 1317 (2).
333
Abb. 467 «Pelikan» (1.153). Nordfassade des steinernen Kernbaus von 1208/1317. Geschossweise im 1. und 2. OG eingebaute Türen setzen äussere Zugangstreppen über eine Laube oder ein Holzhaus voraus, vgl. Abb. 95.
(UZHLWHUXQJ ©-XQJIUDX» XQG ©9RUGHUHU ZLOGHU Mann» bis zur Unterstadt Im nächsten Schritt wurde die «Jungfrau» bis fast auf die heutige Baulinie der Unterstadt erweitert. Die Wände bestehen aus Bollensteinmauerwerk, das mit wenigen Kalksteinen durchsetzt ist und intensive Brandrötungen aufweist (Abb. 460). Die Höhe der Mauerscheibe entspricht mit 7,5 m drei Geschossen, endet aber heute im ersten Drittel des zweiten Obergeschosses, weil die mittelalterlichen Niveaus in der Unterstadt bis zu 1,7 m XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH OLHJHQ 'LHV entspricht heute dem Bodenniveau in der etwa 6 Stufen tieferliegenden hinteren Haushälfte. Weil die Fassade der «Jungfrau» 1879 neu erbaut wurde, lässt sich von aussen vom hohen Alter des Gebäudes nichts mehr erahnen. Obwohl der «Vordere wilde Mann» noch nicht untersucht ist, gibt es einen klaren Hinweis für die zeitliche Einordnung der Versteinerung seines Vorderhauses. Seine Fenster datieren in die Jahre 1318/1354 (1.250).
Abb. 468 «Pelikan» (1.153). Reste der Südwand von 1208 im EG mit Gangund Kellertüre aus Randengrobkalk (M 1:50).
*URVVEUDQG XQG $XVEDX ©3HOLNDQ» Mitte 14. Jahrhundert An vielen Stellen zeigt das bislang beschriebene Mauerwerk der beiden Brandmauern sowie die zugehörige Nordfassade von 1208/1317 intensive Brandrötungen (Abb. 459 und 460). Trotzdem blieben die Balkendecken von 1208/1317 weitgehend unversehrt. Offenbar besassen sie einen Feuerschutz durch Lehm- oder Mörtelestriche, wie sie sich verschiedentlich über den Decken von Bohlenstuben nachweisen lassen.170 Dieses Brandereignis gehört offenbar zu dem neu entdeckten Grossbrand in der Unterstadt um die Mitte des 14. Jahrhunderts, der vielleicht über den Bach ausgriff.171
UK Balkendecke EG
OK Mauer 1208 innen Türe Gang
Türe Keller / Wirtschaftsraum
Abb. 469 «Pelikan» (1.153). 1. OG Brandmauer Ost, Vorgänger «Vorderer wilder Mann», 12. Jh. (1). Versteinerung von dessen Holzeinbau (2), Mauerschalenerneuerung (3), Decke von 1208/1317 mit Schindelschirm (4), Süderweiterung «Pelikan» 1317 (5), vgl. Abb. 465 und 83.
Schliessbalkenloch
Boden 1993 Boden 1993
4
5 1
2
3 1
334
Nach dem Brand wurde der «Pelikan» bis an die Unterstadt auf die endgültige Haustiefe von 21 m erweitert und schliesst damit die Gassenzeile in Steinbauweise (Abb. 458–463 und 81). Über dem neuen, dritten Obergeschoss wurde ein dreifach stehender Pfettendachstuhl aus Rot- und Weisstannenhölzern mit langen Firstständern errichtet. Von diesem sind verschiedene, zum Teil isolierte und bruchstückhafte Einzelhölzer erhalten, die zwar beprobt sind, aber bislang nicht datiert werden konnten (Abb. 470). Vergleichsbeispiele zeigen, dass der Dachstuhl gut in diese Zeit passt.172 Die Nordfassade des Vorgängerbaus wird ebenfalls bis ins 3. Obergeschoss erhöht, nun erstmals mit Kalkbruchsteinsteinmauerwerk, das noch einen Anteil von etwa 20 % Bollensteinen aufweist. Ähnliches Mischmauerwerk ist auch im Altbau, z.B. im 2. Obergeschoss, als erste Mauerschalenerneuerung des instabil gewordenen Bollen-
B steinmauerwerks zu beobachten. Ähnliche Befunde kennen wir auch aus dem «Schwenkkessel» (1.166). Die Schwelle der originalen Eingangstüre aus Randengrobkalk liegt 80 cm unter der heutigen Türschwelle, auf einem Fundament aus drei Lagen Bollensteinen. Sie kam bei der Erneuerung der Werkleitungen 2010 zum Vorschein (Abb. 460). Sie macht damit deutlich, dass das neue Vorderhaus, entsprechend den angewachsenen Gassenniveaus, von Anfang an deutlich höher lag als das Hinterhaus. Die Lage der Stockwerke ist deckungsgleich mit dem Nachbarhaus «Vorderer wilder Mann», der im Gegensatz zum «Pelikan» noch die originale Befensterung dieser Zeit zeigt (Abb. 457; 1.250). Trotzdem sind Fenster aus dieser Zeit vorhanden; sie wurden im Rahmen der Bauarbeiten von 1532 an die Hinterhoffassade des «Pelikan» versetzt (Abb. 471–473). Es handelt sich um ein gestaffeltes Dreier- und ein Zweierfenster mit breiten Fasen und abgesetztem beidseitig gekehltem Auslauf von 1318/1354173 mit originaler Rotfassung. An ihrem ursprünglichen Standort im 2. Obergeschoss sind noch die Abdrücke der zugehörigen Sitznischen im Verputz vorhanden. Diese passen nicht mit den aktuellen Fenstern von 1532 zusammen (Abb. 463). Ein im 3. Obergeschoss bei der Eingangstüre und 1 m über dem Boden eingemauerter, randloser Kochtopf mit Rädchendekor stammt noch aus dem 13. Jahrhundert.174 Er übernahm hier in Zweitverwendung eine Funktion als Nische zur Aufbewahrung von Licht, Schlüsseln o.ä. Ein ähnliches Beispiel mit etwas anderer Funktion kam im Töpferhaus in der Vorstadt zum Vorschein.175
Abb. 470 U «Pelikan» (1.153). Decke 4. OG. Querbalken zwischen den Brandmauern des ehemaligen Dachgerüstes mit Blattsassen der ehemaligen Aussteifungshölzer, Mitte 14. Jh.
Abb. 471 Y «Pelikan» (1.153). Hinterhoffassade. Das Staffelfenster im 2. OG und das Doppelfenster im 3. OG stammen aus der Zeit von 1318/1354. Sie wurden 1532 aus der unterstadtseitigen Fassade entnommen und an ihrer heutigen Stelle eingebaut. Abb. 472 Y «Pelikan» (1.153). Hinterhoffassade. Das Staffelfenster im 2. OG von 1318/1354 von innen im Mauerwerk von 1532.
170 Vgl. oben, S. 167. 171 Vgl. oben, S. 116. 172 Z.b. Eissing/Furrer/King 2012, S. 98, Abb. 177: Basel Münsterplatz 15, 1386/87d. 173 Vgl. oben, S. 109. 174 Rand fehlt, KASH Inv. 36713. 175 Vgl. oben, S. 168.
Abb. 473 YY «Pelikan» (1.153). Ansicht Staffelfenster im 2. OG der Hinterhausfassade der Zeit von 1318/1354. Es wurde 1532 von der unterstadtseitigen Fassade an die heutige Stelle versetzt (M 1:50).
335
Dendrodatierung 1.153, Unterstadt 27 «Pelikan», Umbau 1532177 Bauphase Umbau Vorderhaus 1532
Abb. 474 Blick vom «Lindenbaum» auf die Dachlandschaft um den «Pelikan» mit dem höchsten First in der Häuserzeile.
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) EG Deckenbalken 61, 62 1526/27 WK (12), 1510/11 WK (26) Eiche EG Deckenbalken 60, 64 1524, 1530 WK Fichte
Umbau von 1532 In einem letzten grossen Ausbauschritt wurden als offensichtliche Brandschutzmassnahme die hölzernen Elemente des «Pelikan» in Steinbauweise ersetzt. An Stelle des grösstenteils entfernten Giebelfachwerks über den Brandmauern wurde kleinteiliges Kalkbruchsteinmauerwerk in Lagen von 15 cm mit viel Hohlziegeldurchschuss eingebaut (Abb. 459 und 460). Die hofseitige Fachwerkfassade wurde durch Bruchsteinmauerwerk ersetzt, das nun auch mit Biberschwanzziegeln durchsetzt ist. Im Erdgeschoss gab es Erneuerungen der Mauerschalen, der alten Bollensteine durch Kalksteine. Gleichzeitig wurden im Gangabschnitt die Eichenbalken von 1208 durch Fichtenbalken ersetzt (Abb. 461 und 88). Sie lassen sich im Gegensatz zu den Balken der gesamthaft erneuerten Erdgeschossdecke des Vorderhauses nicht datieren. Letztere stammen aus der Zeit um 1530. Sie passen zu der von Hans Wilhelm Harder noch beobachteten Jahrzahl 1532 an der Hoffassade.176 Zu dieser Umbauphase gehört der Ka-
min mit geschossweisen Rauchfängen an der Westwand des Vorderhauses im Bereich von Treppenhaus und Rauchküchen (Abb. 236). Im 1. Obergeschoss zur Unterstadt hin sind Pfostenund Wandreste der ehemals an den Kamin anschliessenden, rauchfreien Bohlenstube mit ÀDFKHU 'HFNH YRUKDQGHQ 6FKOLHVVOLFK JHK|UHQ die unterstadtseitigen Fenster im 1. und 2. Obergeschoss zu diesem Umbau. Sie weisen einen Ladenfalz, Hohlkehlen und einseitigen Auslauf auf. Die Nahtstelle der beiden Doppelfenster im 1. Obergeschoss zierte im Innern ursprünglich eine Sandsteinsäule. - QJVWH $XIVWRFNXQJXQJHQ Im Lauf der Zeit überragten die Giebel der beiden Nachbarhäuser den «Pelikan». Der Giebel der «Jungfrau» zeigt horizontale Abdrücke der Schalungsbretter, gegen welche die erhöhte Giebelwand gemauert wurde. Im späten 17. oder frühen 18. Jahrhundert wurde auch im «Pelikan» der Dachstuhl angehoben, und so besitzt er noch heute einen der höchsten Firste der Unterstadt. Gegen Osten zeigt die Giebelmauer knapp unter dem First zwei, gegen Westen einen Oculus (Abb. 459, 460, 474 und 81). Durch das neue Dach entstand hofseitig ein viertes Vollgeschoss. Hausbesitzer In den für einmal ausgewerteten Archivalien taucht der Hausname «Pelikan» erstmals 1565 auf. Besitzer war Pfarrer Heinrich Natter, der dem Haus wohl den symbolträchtigen Namen gab. 1701 verkaufte Anna Oschwald, in zweiter Ehe verheiratet mit dem Schaffhauser Pfarrer Stefan Jezler, den «Pelikan» an ihren Sohn Lot Stefan Jezler, einen Zirkelschmied, der über das Jahr 1753 hinaus Hausbesitzer blieb. Nach den Brandkatasterbüchern gehörte das Haus 1817/19 dem Schlosser Leonhard Wüscher, 1829–54 dem Gerber Gottlieb Rahm, 1861/64 dem Kupferschmied Bernhard Scherrer. Es ging dann in den Besitz der Familie Fischer über, die mit Kaufmann und Zollaufseher erstmals Mitglieder nichthandwerklicher Berufe stellte. 1922 tritt uns mit Conrad Dolder ein Milchhändler entgegen, dessen Gewerbe mit Hans Loosers legendärem Käseladen eine Fortsetzung und mit dem Umbau von 1993 ein Ende in diesem Haus fand.178
336
B
0 1
5
10 m
Fenster 131
1.121
.HUQEDX ©+RIIQXQJª -DKUKXQGHUW ,Q GHU V GOLFKHQ +DXVKlOIWH ¿QGHW VLFK GLH 2VW und Westwand eines rechteckigen und mindestens zweigeschossigen Wohnbaus mit 8,3 m Tiefe und gut 6 m Breite (Aussenmasse). Er passt sich in die Häusergruppe vom Typ C/ST ein.179 Das Bollensteinmauerwerk ist kleinteilig mit Lagenhöhen um 10 cm, teilweise schräggestellten Steinen in der Art des opus spicatum und einem Eckverband mit grossen Kieseln von 20–40 cm Seitenlängen (Abb. 475–477, 480, 81 und 94). In der ehemaligen Nordostecke auf Mitte des 1. Obergeschosses ist ein einzelner Randengrobkalkquader vorhanden, vermutlich der Rest eines Türgewändes, wie wir es etwa von der «Gerbe» (1.116) oder vom «Pelikan» (1.153) kennen. Beide Mauerscheiben sind sehr stark brandgerötet.
27
Abb. 475 «Hoffnung» (1.121). Situation mit Nachbarhäusern und Bauphasen (M 1:400).
25
vorderer wilder Mann
Hoffnung
grüner Klee
Im Zuge der Gesamtsanierung von 1989 wurde das Gebäude bis auf die Grundstrukturen ausgeräumt. Die beiden Brandmauern wurden in den vom Verputz befreiten Abschnitten baugeschichtlich analysiert.
29
31
Pelikan
33
(UZHLWHUXQJ ©-XQJIUDXª -DKUKXQGHUW Die Verlängerung der Brandmauern bis auf die KHXWLJH 6WUDVVHQÀXFKW HUIROJWH LQ ]ZHL %DXHWDSpen. Die Ostwand besteht aus kleinteiligem Bollensteinmauerwerk, das mit Kalksteinen durchsetzt ist. Dieses Mauerwerk reicht bis ins erste Drittel des 2. Obergeschosses und gehört zur Erweiterung, zur Versteinerung der «Jungfrau» bis an die Strasse (Abb. 475–477). Sie hat ihre Entsprechung im «Pelikan». Dort wurden ebenfalls intensive Brandrötungen beobachtet (1.153).
1317 Pelikan Süderweiterung Jungfrau Norderweiterung 1318/54 wilder Mann 1532 Pelikan Umbau
/79
Jungfrau
1.121 Unterstadt 31 «Hoffnung» (Unterstadt 29, 33 «Grüner Klee», «Jungfrau») :RKQKDXV
12. Jh. wilder Mann mit Holzeinbau um 1200 Jungfrau 1207 Jungfrau Hochwassersanierung Jungfrau Aufstockung 1208 Pelikan N
1.250
1.153
Abb. 476 «Hoffnung» (1.121). Querschnitt mit Brandmauer West und Bauphasen (M 1:200).
Abb. 477 «Hoffnung» (1.121). Ostwand des steinernen Kernbaus im 1. OG mit Bollensteinmauerwerk in opus spicatum (1), 12./13. Jh., und späterer Erweiterung «Jungfrau» aus Mischmauerwerk (2).
0
1
2
3
4
12. /13. Jh. Kernbau 13./14. Jh. Erweiterung Jungfrau um 1355 Neuaufbau nach Brand um 1355 oder spätes 14./15. Jh. Balken Nachbarhaus grüner Klee 2. Hälfte 19 Jh. Aufstockung 3. OG
5m
3.OG
hb baaarhau bar rhaau Jungfrau Nachbarhaus
2.OG
1.OG Hinterhof
Unterstadt
P5 Blick West 1:20 EG gelblicher Kies mit Lehm Brandhorizont
Pflästerung Asphalt vielfach gebänderter Kies schwärzlicher Kies lockerer Kies schwärzlicher Kies gelblich/weisslich sandiger Rheinkies schwärzlicher Kies
(UZHLWHUXQJ ©+RIIQXQJª XP Nach dem Grossbrand der Unterstadt um die Mitte des 14. Jahrhunderts180 wurde die westliche Brandmauer in Fachwerk mit Flechtwerkausfachung bis zur Strasse hin erweitert, wahrscheinlich an Stelle älterer, verbrannter Holzbauten.181 Das neue, zweigeschossig erhaltene Fachwerk ist stockwerkweise abgebunden. Holznägel verraten die aussen auf der Seite des «Grünen Klees» an176 STASH Akten Frauenfelder: Im Hof links vom Eingang Jahrzahl 1532 (Notizen Harder). 177 LRD 92/R3182. 178 STASH RP 24,72*; StadtASH AII04-02/01, 13, 33, 39, 49, 59, 65, 69. 179 Vgl. oben, S. 78. 180 Vgl. oben, S. 116. 181 Vgl. oben, S. 73.
2
1
337
Abb. 478 «Hoffnung» (1.121). Westwand Erdgeschoss, Fachwerk um 1355.
gebrachten Kopf- und Fussbänder (Abb. 476 und 478). Im 1. Obergeschoss hat man die Nordwand des Kernbaus abgebrochen, und das Fachwerk greift in die Wunde dieser Mauer ein. Original ist die Gelbfassung des Holzwerks, die von schwarzen Linien knapp auf dem Putz begrenzt wird.182 Von der strassenseitigen, wohl ebenfalls in Fachwerk erstellten Fassade blieb nichts erhalten. Die Hausverlängerung ist grundsätzlich älter als das westliche Nachbarhaus. Vielleicht spiegelt dies aber nur den Bauablauf von Ost nach West wider, wenn wir vom Aufbau einer neuen Strassenzeile in kurzer Zeit nach dem Brand ausgehen (Abb. 81). Unklar ist, ob nur das Vorderhaus «Grüner Klee» neu gebaut wurde oder ob der Neubau die ganze Parzelle betraf, die bis dahin wohl zur «Hoffnung» gehört hatte. Die dendrochronologische Datierung von Hölzern des 2. Obergeschosses blieb leider erfolglos. Gehört dieses zusammen mit dem Dach zur Bauphase von 1355, oder ist es ins späte 14. oder 15. Jahrhundert zu datieren? Die westliche Brandmauer besteht im 2. Obergeschoss auf der ganzen Haustiefe aus Fachwerk mit teilweise noch erhal-
tenen Flechtwerkfüllungen. Diese Wand wird auch vom Nachbarhaus «Grüner Klee» benutzt: Zwischen gemeinsamem Rähm und Schwelle der Dachkonstruktion liegen die Balkenlagen, die jedes der beiden Häuser separat überspannen. Die beiden Hausbesitzer haben folglich miteinander gebaut. Das neue Holzwerk besitzt im 2. Obergeschoss eine Rotfassung mit schwarzen Begleitlinien, die in den unteren Geschossen über der älteren Gelbfassung liegt (Abb. 146). Vom 45° geneigten Dachstuhl sind die Giebelwände mit zwei Dachböden erhalten. Zwei durchgehende Firstsäulen tragen die Firstpfette. Die östliche Brandmauer besteht aus massivem Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Bollen durchsetzt ist. Ob Massivmauerwerk und Fachwerk gleichzeitig entstanden sind, ist unklar. Die Firstsäule wurde vor diese Ostwand gestellt. Die Befensterung der Fassade des «Grünen Klee» stammt im 2. und 3. Obergeschoss aus der Zeit um 1549/1579, wie das gestaffelte Dreierfenster mit ehemaligem Fenstererker und seitlichen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf zeigt.184 $XIVWRFNXQJ +lOIWH -DKUKXQGHUW Um auch das erste Dachgeschoss als Wohnraum nutzen zu können, wurde im späteren 19. Jahrhundert das Dach traufseitig um Geschosshöhe angehoben. Zudem wurden beide Fassaden vollständig neu gebaut, so dass sie nichts mehr vom mittelalterlichen Innern des Hauses verraten (Abb. 480). Durch Belassen der alten Firsthöhe HQWVWDQG GLH YLHO ÀDFKHUH 'DFKQHLJXQJ YRQ (Abb. 476). Der Ostgiebel wurde aufgemauert, in der Westwand das Fachwerk ergänzt und die Füllungen mit Kalkbruchsteinen ausgemauert. Auch im Vorderhaus wurden in der Brandmauer in allen Geschossen alte Flechtwerkfüllungen durch Kalkbruchsteine ersetzt. Durchgebogene Schwellen und Rähmbalken verraten, dass es sich dabei um eine Sanierung von Senkungsschäden handelte.
Dendrodatierung 1.121, Unterstadt 31 «Hoffnung»183 Bauphase
Ort
Erweiterung westliche Brandmauer bis an die Unterstadt EG, Pfosten, Rähm um 1355 westliche Brandmauer 1. OG, Pfosten, Rähm, Schwelle westliche Brandmauer Erweiterung bis an die Unterstadt 2. OG, Pfosten, Schwelle um 1355 oder spätes 14./15. Jh.(?) 338
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre), (?) = unsicher 3, 10 1, 2 7 4, 5
1350 (6), 1352 WK(?) (11) Eiche undatiert 1350(?) Fichte, Weisstanne undatiert
6, 8, 9
undatiert
Fichte
B 37
Edelwei ss 1.120
1.166
Anlässlich der sanften Sanierung von 1994 liessen sich summarische Untersuchungen durchführen. «GU QHU .OHH» 12./13. Jahrhundert Die ältesten Bauteile liegen in der Ostwand, wie bei steinernen Kernbauten üblich im rückwärtigen Hausteil und gehören zum «Grünen Klee» (Abb. 479 und 81). Im 1. Obergeschoss ist Bollensteinmauerwerk auf gut 7,2 m Länge vorhanden; das nordseitige Ende liess sich nicht klar fassen. Steinlagen von 25 cm Höhe aus grossen Steinen wechseln mit halb so hohen Lagen aus kleinen, teils schräggestellten Steinen in der Art des opus spicatum ab. Die Steinköpfe sind zu einem grossen Teil sichtbar und tragen pietra UDVD Verputz. Solches Mauerwerk ist im 12./13. 182 Entsprechend Haus «Zum Rehbock» von 1373 in Stein am Rhein, KASH Fdst. 60/54. 183 UWAD, Richard Meier, Bericht vom 13.6.1989, Mittel 736 und 737, 74757–74766, und UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015. 184 Vgl. oben, S. 195.
10 m
1549/79
35
Schwenkkes sel
Baulinie
5
33
grüner Klee
Fenster
39
Peyerweg gen
Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Schwenkkessel, April 1993. Bildquellen: Grütter 2005, S. 60, Kat. 198.
N
0 1 1532 Pelikan Umbau
31
Hoffnung
1.166 Unterstadt 35 «Schwenkkessel» (Unterstadt 33 «Grüner Klee») :RKQKDXV .HUQEDX
1.121
Abb. 479 «Schwenkkessel» (1.166). Situation mit Nachbarhäusern und Bauphasen (M 1:400). 12. / 13. Jh. 13. Jh. 14. Jh. 16. Jh.
Jahrhundert üblich. Diese Mauerscheibe setzt sich bis ins dritte Obergeschoss fort. Im 2. und 3. Obergeschoss handelt es sich um relativ raues Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Bollen durchsetzt ist, eine Gesamthöhe von etwa 10 m erreicht und starke Brandrötungen aufweist. «Schwenkkessel» 13. Jahrhundert Etwas jünger ist der «Schwenkkessel», der mit seinem südlichsten Abschnitt nachträglich an die älteste Mauerscheibe des «Grünen Klees» anschliesst. Dazu gehört im Erdgeschoss ein mit einer Tonne überwölbter, drei Stufen tieferliegender Kellerraum. Daran schloss sich westseitig
Abb. 480 Die Häuser Unterstadt 31–37, von links «Hoffnung», «Grüner Klee», «Schwenkkessel», «Edelweiss».
339
ein spitzbogig überwölbter Gang an. Im ersten Obergeschoss und genau auf dieser Ganglänge von 6,5 m zeigt die westliche Brandmauer Kalkbruchsteinmauerwerk mit Biberschwanzziegeldurchschuss, was auf eine Mauerschalenerneuerung von altem Bollensteinmauerwerk im 18./19 Jahrhundert hindeutet.185 Die Situation von Keller und Gang erinnert an den ältesten Bau des «Pelikan» von 1208, wo allerdings eine Flachdecke vorhanden ist (1.153). Einen identischen Befund mit überwölbtem Gang kennen wir von der «Beckenstube» (1.233), und auch das Nachbarhaus «Grüner Klee» zeigt nach einem alten Plan von 1910 die gleiche Situation (Abb. 458, 1.121). Erweiterungen und jüngste Umbauten Im dritten Schritt erfolgte die Hauserweiterung des «Grünen Klees» bis an die Unterstadt mit Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Bollen durchsetzt ist und spätestens ins 14. Jahrhundert gehört. Zeitstellung und Zugehörigkeit verschiedener Fenster(?)-Nischen im 2. Obergeschoss im alten und neuen Teil der östlichen Brandmauer blieben unklar. In der vierten Bauetappe wurde der «Schwenkkessel» dreigeschossig bis an die Unterstadt erweitert mit Mauerwerk aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Hohlziegelbruch durchsetzt ist (Abb. 81). Auf der Ostseite reichte es nur bis 1,8 m über den Boden des zweiten Obergeschosses. Es passt ausgezeichnet zur Befensterung der Fassaden im 1. und 2. Obergeschoss mit ehemaligen Fenstererkern, seitlichen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf der Zeit um 1549/1579, 186 insbesondere zu den beiden gestaffelten Dreierfenstern im 1. Obergeschoss Seite Unterstadt. Die zugehörige, innenseitige FensterVlXOH ¿QGHW VLFK lKQOLFK LQ GHU HWZDV lOWHUHQ «Gerbe» von 1535 (1.116, S. 369). StreifbalkenNRQVROHQ DXV 6DQGVWHLQ DOV $XÀDJHU GHU (UGJHschossdecke in der Westwand sind ein weiteres 0HUNPDO GLHVHU =HLWVWHOOXQJ 6LH ¿QGHQ VLFK HQWsprechend in der «Schützenstube» und im «Schweizerhof» (1.220 und 1.235). Die Obergeschosse besitzen die typischen dreiraumtiefen Grundrisse mit Stube an der Gasse, Vorraum mit Treppe und ehemaliger Rauchküche im Zentrum und Kammer gegen den Hinterhof. Aus dem 19. Jahrhundert schliesslich stammt das 3. Obergeschoss. Es wurde unter Beibehaltung der alten Firstlinie durch die Anhebung beider Traufen ins bestehende Dach eingebaut. Dies entspricht dem Ausbau beim nahen Haus «Zur Hoffnung» (1.121).
340
1.120 Unterstadt 37 «Edelweiss» (Unterstadt 35, 39 «Schwenkkessel», «Peyerweggen») :RKQKDXV 3UR¿O Literatur: Hauser 1996, S. 408; Unterstadt: Künstlicher Fels entsteht, SN 12.4.1984. Bei der Unterquerung dieses Ende des 19. Jahrhunderts stark umgebauten Hauses mit einem Betonkanal für Werkleitungen, Kanalisation und die Umleitung des Gerberbachs (Abb. 479 und 480) NRQQWH HLQ HLQ]LJHV 4XHUSUR¿O DXIJHQRPmen werden. Es liegt 3,7 m hinter der Hausfassade und macht deutlich, dass das Terrain heute knapp 2,5 m höher liegt als zur Zeit der Stadtgründung. Der anstehende Kies liegt sowohl in diesem Haus, nordseitig in der Unterstadt und auch südseitig in der Moserstrasse horizontal auf 389,60 m ü. M. Von letzterer fällt der anstehende Kies des ehemaligen Rheinbetts weiter gegen Süden gemächlich ab und erreicht bei der ersten mittelalterlichen Stadtmauer das Niveau 389,20 m ü. M. Die im «Edelweiss» nur im untersten Meter dokumentierten Schichten belegen auf dem Kies ein schrittweises Anwachsen des Niveaus in dünnen Schichten von etwa 10 cm Stärke. Oft ist es relativ steriles, kiesig-sandiges Material, manchmal stärker humos und mit Holzkohlebrocken durchsetzt, was eher an einen Hofplatz als an Hausböden erinnert (1.189). Dazwischen liegt auf 390,30 m ü. M. eine aschige Brandschicht. Die untersten 0,7 m des Schichtpakets laufen weiter nach Osten unter die spätmittelalterliche Brandmauer des «Schwenkkessels» (1.166). Entweder gehörte jene Parzelle ursprünglich zur UnWHUVWDGW RGHU ZLU EH¿QGHQ XQV LP %HUHLFK GHU Holzbauten, die zu den steinernen Kernbauten gehören (Abb. 81).187 Die westliche Brandmauer zum «Peyerweggen» ist bis auf den anstehenden Kies fundiert, deutlich tiefer als die östliche Brandmauer. Sie besteht in diesem nördlichen, strassenseitigen Abschnitt aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk, das ins Spätmittelalter weist. Ungeklärt ist die Funktion zweier eichener Baumstrünke, die die Arbeiter unter dieser Mauer ausbaggerten. Sie liessen sich nicht dendrochronologisch datieren, dürften aber aus dem Mittelalter stammen.188 Auf der anderen Seite dieser Mauer im «Peyerweggen», der Hufschmiede von Hans Peyer, lag ein Gang von der Unterstadt zum Untergries. Er erscheint in den Quellen des späteren 15. Jahrhunderts189 und ist im Katasterplan von 1868/72 eingezeichnet. Sein Nachfolger ist der 1984 angelegte neue Gang durch das «Edelweiss».
B 1.109 Moserstrasse 34 «Hinterer grüner Klee» (Moserstr. 32, 36 «Hinterer Tannwald», «Hinterer Schwenkkessel») .HUQEDX *HUEHUKDQGZHUN *HZHUEHNDQDO
Abb. 481 «Hinterer grüner Klee» (1.109). Situation des Gerberhauses mit Brauchwasserkanal, Nachbarliegenschaften und alter Klostermauer und Bauphasen, vgl. Abb. 194, (M 1:400).
Bildquellen: Grütter 2005, S. 124, Kat. 34, S. 167, Kat. 433, S. 168, Kat. 440. G3 G2
bOWHVWH %DXWHQ XQG DEJHJDQJHQH *DVVH In den gemeinsamen Brandmauern ist gegen das Untergries in den untersten zwei Metern Bollensteinmauerwerk vorhanden in der Art des opus spicatum, folglich aus dem 12./13. Jahrhundert stammend (Abb. 481). Erst später erfolgte eine Gebäudeerweiterung gegen die Unterstadt hin. Daraus wird deutlich, dass die ältesten Häuser im Untergries nicht wie sonst üblich im zentralen oder hinteren Bereich der heutigen Parzelle liegen, sondern mit der Hauptfront direkt an einer parallel zur Unterstadt verlaufenden Gasse, der ehemaligen Schulgasse.191 Eine Erklärung für dieses Baukonzept liefert die älteste Umfassungsmauer des Klosters Allerheiligen aus dem 11. Jahrhundert, welche offenbar die Rückwand dieser Häuser bildete und folglich auch für die heute QRFK DXIIlOOLJH %DXÀXFKW YHUDQWZRUWOLFK LVW (1.229). Auch beim «Hinteren Pelikan» (Moserstr. 28) zeigte sich 2009 an der Südseite die ursprünglich freistehende Südostecke aus Mischmauerwerk mit Bollen-, Kalk- und Sandstein.192 Sie müsste folglich auf der abgebrochenen Klostermauer stehen (Abb. 571).193 Die beiden frühen Steinbauten 185 186 187 188 189 190 191 192 193 194 195 196
G1
ehem aliger Hof
hinte re Schw r enkk essel 36
Bra G5 uch wa sse rka nal G10
G11
N
0 1
5
10 m
G6
G9 G8
1.109
12./13. Jh. Kernbau
G7
34
. Jh. Kernbau re Erweiterung Gerberei
hin t grü erer ner Klee
jüngere Erweiterung
hint e Tan rer nwa ld
Im Zusammenhang mit der Gesamtsanierung verschiedener Häuser am Untergries liessen sich 1986 rudimentäre Baubeobachtungen machen. Unter dem aktuellen Boden liegen die Reste der Rotgerberei der Familie Altdorfer, wie sie Ende des 19. Jahrhunderts aufgegeben wurden.190 Weil durch die Umbauten keine weitere Zerstörung vorgesehen war, wurde dieser Zustand gereinigt, dokumentiert und wieder zugedeckt (Abb. 482).
ältere Gerberei
32
re Gerberei
U
am Untergries gehören zu den mehr oder weniger quadratischen Bauten des Haustyps A/ST.194 Die erwähnte Schulgasse, manchmal auch Laufengasse genannt, scheint noch vor der Reformation aufgegeben und überbaut worden zu sein.195 Beide Gassennamen verschwinden um 1490 aus den Quellen.196 Im Mentzingerplan sind die beiden Häuserzeilen aber noch 1644 gut erkennbar. Auch die sichtbaren Fenster der heutigen Hausfassaden am Untergries gehen nicht vor das späte 15. Jahrhundert zurück (Abb. 483). So wäre weiter zu untersuchen, ob die damals maximal dreigeschossige Häuserzeile neu orientiert und von Süden her erschlossen wurde. Brauchwasserkanal Im Zentrum des «Hinteren grünen Klee», vor der ehemaligen und nur noch in pfeilerartigen Abschnitten erhaltenen Nordfassade des steinernen Kernbaus, liegt ein Kanal (Abb. 481, 482 und 571). Er ist aus sorgfältig gearbeiteten Kalksteinelementen gefügt; ein innenseitiger Falz dient der Abdeckung mit Brettern. Seine Breite beträgt 87 cm bei einer mindestens gleichen Tiefe. Die
Abb. 482 «Hinterer grüner Klee» (1.109). 1986 aufgedeckte Gerberwerkstatt mit Brauchwasserkanal, Blick gegen das Untergries, vgl. Abb. 481.
Vgl. oben, S. 84. Vgl. oben, S. 195. Vgl. oben, S. 73. UWAD, Richard Meier, Bericht vom 15.01.1989. Rüeger 1884, S. 374, Anm. 11; STASH UR 1/3138. StadtASH Brandkataster BK 56: 1817 Andreas Altdorfer, Rotgerber, 1849 Jakob Altdorfer, Gerber, 1887 Jakob Altdorfer, Gerber. Rüeger 1884, S. 374f.; Bänteli 2011, S. 55. KASH 1.229/P36. Sie liess sich nur bis in eine Tiefe von 1 m untersuchen. Vgl. oben, S. 78. Häuserdatenbank. Die Schulgasse wird letztmals 1486 in Urkunde STASH UR 1/3278 genannt, in den Steuerbüchern bis 1490, die Laufengasse letztmals 1486 in STASH UR 1/3264.
341
ÀDFK JHZ|OEWHQ 'XUFKOlVVH XQWHU GHQ %UDQGPDXern bestehen gegen den «Hinteren Tannwald» aus Kalksteinen, gegen den «Hinteren Schwenkkessel» aus Backsteinen. Dieser direkt durch die Häuser geführte Gewerbekanal diente wie bei den Gerberhäusern am Gerberbach der Wasserversorgung der Gerberwerkstätten (1.110 und 1.116).
Abb. 483 «Hinterer grüner Klee» (1.109). Die Gerberhäuser im Untergries 1944. Der «Hintere grüne Klee», das Haus mit dem höchsten Giebel, reicht bis ins 12./13. Jh. zurück. Das Dach rechts davon zeigt unter der Traufe eine ehemalige Galerie, die der Durchlüftung des Daches diente. In dessen Trockenböden wurden die gegerbten Häute getrocknet, vgl. Abb. 122.
342
Der Kanal wurde in der Moserstrasse vor dem «Neueneck» angeschnitten197 und auf dem Katasterplan von 1868/72 eingezeichnet. Er zweigt rechtwinklig vom Rhein ab und verläuft offen bis zum Eckhaus Fischergässchen 7/Moserstrasse 20, das bezeichnenderweise «Am Bach» heisst.198 Von da verläuft er durch die Häuser. Auf diese Weise wurde sauberes Wasser vom Rhein her abgezweigt und nicht jenes vom Gerberbach, der durch die weiter oben liegenden Gerberhäuser bereits verschmutzt war. Dies beschreibt schon Rüeger um 1600: «'XUFK GLVV JHVOLQ ORXIW HLQ %DFK vom Rhin durch die hüser den gerweren zuo guo tem.199 Der Kanal änderte beim Hinterhaus des «Alten Kaiser» (Unterstadt 41) seine Richtung um 90°, lief an dessen Westfassade entlang und mündete schliesslich bei der steinernen Bachbrücke in ein grosses Becken, das in einem Leitungsgraben angeschnitten wurde (1.224). Von dort lief er in den Gerberbach, wie der Katasterplan von 1868/72 zeigt.
*HUEHUZHUNVWDWW PLW lOWHUHQ *HUEHUJUXEHQ In den Steuerbüchern sind hier am Untergries bereits 1392 vier oder fünf Gerberhäuser auszumachen (Abb. 483).200 Ihre Werkstatteinrichtung war vorerst noch bescheiden, wie eine Fertigung, die Kopie eines Kaufvertrags, dieses oder des Nachbarhauses von 1473 zeigt: Der Gerber Hensli von Seli verkauft sein Haus mit Kessel, Gerbertrog und Gerberzuber an den Gerber Peter Käppeler.201 Zehn der elf Gruben, die auf dem Niveau aus dem Ende des 19. Jahrhunderts im «Hinteren grünen Klee» zum Vorschein kamen, können als Gerbergruben angesprochen werden. Sie lassen sich grundsätzlich grob in drei Typen einteilen (Abb. 482 und 194). Ein unterschiedlicher Verwendungszweck war nicht erkennbar, vielmehr scheint eine zeitliche Abfolge vorzuliegen.202 Anfänglich lagen die Gerbergruben und der Brauchwasserkanal im Freien. Er gehört ebenfalls zu dieser Phase und stand im Verband mit G5. Vermutlich war er an Stelle eines älteren Vorgängers erneuert worden. Dazu gehören die drei zylinderförmigen Gruben des älteren Typs A (G1, G3, G5). Die älteren Gruben 1 und 5 wurden nachträglich durch einen Kanal von 35 cm Querschnitt verbunden. Nach dem Untersuchungsergebnis der am besten erhaltenen Grube G3 wurde in das
B 1.109 Moserstrasse 34, «Hinterer grüner Klee» Gerbergruben und Wasserbecken (Abb. 481 und 194) Grube Nr. Masse in cm
erhaltene Mauerwerk Tiefe in cm
Auskleidung Boden
1
Dm 115
95
2
Dm 140
80
3
Dm 110
120
4
105 x 120
45
5
135
95
6
Dm 145
120
7
Dm 120
110
Ziegel
B
8
Dm 110
95
Mörtelboden
Ziegel
B
9
Dm 115
85
Mörtelboden
Ziegel
B
10
125 x 125/108
Ziegel
Ziegel
C
11
Dm 125
Mörtelboden
Ziegel
B
Kalkbruchsteine
Auskleidung Wände
Bemerkungen Typ
gekalkt
sekundär ver- A bunden mit G5 B
Sand auf Lehm Ziegel Mauerwerk
Holzbretter über Mörtelguss auf Ziegeln Mauerwerk Backsteine 17 x 30 cm Mauerwerk mit Ziegel auf Ziegelbrocken Lehmboden durchsetzt Biberschwanzziegel verputzt Ziegel
100
ausgehobene Erdloch eine beidseitig offene, hölzerne Tonne hineingestellt, die mit je zwei Weiden(?)-Ruten an den Rändern zusammengehalten wurde. Der Zwischenraum zum Erdreich wurde mit Steinen und Mörtel ausgemauert und hintergossen. Auf den Boden wurden zuerst Ziegel in Sand auf Lehm verlegt, dann diese mit Mörtel übergossen und mit Brettern abgedeckt. Der obere Teil dieser Grube wurde ausgemauert und verputzt. Vielleicht handelt es sich aber auch um eine Reparatur. Nur die Grube G4 vom singulären Typ D, direkt neben dem Kanal angelegt, ist keine Gerbergrube sondern ein typischer Wassertrog, aus dem sich das Wasser schöpfen liess. Sie ist nur halb so tief wie die Gruben der Gerberei. Weitere solche Becken kennen wir aus der Stadt als Regenwassersammler zur Gartenbewässerung (1.092; 1.111, S. 643; 1.218).
197 KASH Fundst. 1.230/P32. 198 Zum abgebrochenen Haus: Bürgerhaus 1946, S. 12f. und Tafel 5. 199 Rüeger 1884, S. 375. 200 Häuserdatenbank. 201 STASH RP 1,147*. 202 Fundmaterial aus dem Ende des 19. Jhs. wurde nicht geborgen, weil die Gruben nur oberflächlich freigelegt wurden.
unten Holz, Holz sehr gut A oben gemauert erhalten und verputzt Wasserbecken D verputzt Ziegel
sekundär ver- A bunden mit G1 B
+DXVHUZHLWHUXQJ XQG M QJHUH *HUEHUJUXEHQ Im Zuge einer Erweiterung nach Norden wurde GLH +DXVÀlFKH YHUGRSSHOW GHU +RI EHUEDXW XQG die Gerberei mit sieben weiteren Gruben ausgebaut (Abb. 482 und 194). Alle gehören zum jüngeren, zylinderförmigen Typ B. G2 liegt bei den bestehenden Gruben, während G6–G9 und G11 in den alten Hausteil zu liegen kommen. Es sind runde Gruben mit Durchmessern von 1,10– 1,45 m, ausgekleidet mit zwei Lagen stehender und in Mörtel verlegter Biberschwanzziegel, denen die Nasen abgeschlagen wurden. Gleiche Gruben kennen wir von der «Gerbe» (1.116). Zur Armierung der Grubenwände wurden Weiden(?)Ruten eingesetzt, von denen noch die Abdrücke erhalten sind. Dieser Aussenmantel wurde verputzt und innen wohl mit Holzbrettern ausgekleidet, worauf weitere Abdrücke schliessen lassen. Als Bodenmaterial ist Mörtelguss mit faustgrossen Kieseln, Ziegel oder Sand auf Lehm nachgewiesen. Auf diesem lag wohl ein Holzboden. In diese jüngere Phase gehört auch Grube 10 des singulären Typs C, die sich vom Typ B nur durch ihre annähernd quadratische Form unterscheidet. Schliesslich ist eine kleine Sandsteinrinne zu erwähnen, die bei G6 liegt und rechtwinklig zum Kanal verläuft. Solche Rinnen kamen als Fertigelemente an verschiedenen Orten der Stadt zum Vorschein und dienten z.B. als Brunnenüberlauf (1.239). Schliesslich wurden verschiedene Teilstücke des ehemaligen Bodens aus verschiedenen Materialien punktuell freigelegt: BollensteinSÀlVWHUXQJ PLWWHOJURVVH 7RQSODWWHQ [ FP oder Backsteine (17 x 30 cm).
343
1.224 Unterstadt-West 23–44, Bachstrasse 8–14, Munotstieg 2 «Zwetschgenbaum» 6WUDVVHQSUR¿O VWHLQHUQH %DFKEU FNH K|O]HUQH %DFKEU FNH :RKQKDXV +RO]KDXV :DVFKKDXV %UXQQHQ (OLJLXVNDSHOOH
leitung des Gerberbaches 1984 noch ohne archäologische Begleitung (1.120). Erstmals ermögliFKWH GLH $QODJH GHV 8QWHUÀXUFRQWDLQHUV DXI GHP Gerberplatz 2008 eine kleine Flächengrabung. Auch die Werkleitungssanierungen von 2010 östlich des Gerberplatzes bis Höhe Fischergässchen wurden intensiv überwacht und begleitet. Ergänzt wurden die Beobachtungen 2011 in den wenig tiefen Gräben für neue Elektroleitungen auf dem Gerberplatz.
Literatur: Bänteli 2013a, S. 375; Alte Gerberbachbrücke entdeckt, SN 5.10.2010; IVS SH 5.3.1; Hauser 1996, S. 335f., S. 350, S. 408f.; Wipf 1992, S. 58; Frauenfelder 1951, S. 61, S. 209f., S. 432; Rüedi 1945, S. 231–232. Bildquellen: Grütter 2005, S. 62, Kat. 366, S. 124, Kat. 34, S. 130, Kat. 114, S. 157, Kat. 357; Elsener/Weigele 2005, S. 133, Kat. 310–312, S. 154, Kat. 383, Kat. 387.
Mittelalterliche Reichsstrasse Heute verläuft die Strasse in diesem Abschnitt bis zum Munotstieg fast horizontal und beginnt dann OHLFKW DQ]XVWHLJHQ (QWVSUHFKHQG GHQ 3UR¿OHQ LQ der unteren Vordergasse auf Höhe der Goldsteinstrasse (1.119) liegt der anstehende Boden beim «Grünen Klee» (Unterstadt 33) immer noch 2,1 m XQWHU GHU 2EHUÀlFKH VWHLJW GDQQ NRQWLQXLHUOLFK
Leider erfolgte die Erstellung des Betonkanals für die Werkleitungen, die Kanalisation und die Um-
12. /13. Jh. Kernbau Zimmetbaum Spätes 13./14. Jh. älteres, tieferes N 1599 neues Zunfthaus
um
1732/34 heutiges Zunfthaus
ba
Seitenkanal? m m
brücke
Zi
hölzerne Bach
et
M6
Sa Ja nds hr te za in hl bo 15 ge 99 n
1820 Peyer 1868/72 Kataster
Waschhaus
Gerberstube 1.241
M7
Gerberplatz 1.224 Kante, Stadtbach?
M1
Kana
l
P12 Aufnahme
N
0 1
5
12. Jh um 1 1207 Jungf 1208 1317 Jungf 1318/ 1532
10 m
M4 P12 Umzeichnung
ck e
2704163
Eligiuskapelle P16
P15
37
alte Baul
Abb. 484 Unterstadt-West/Gerberplatz (1.224). Situation mit den punktuell angegrabenen Mauern (M 1:400).
344
Fen
39
Becken M5 mit Kalksteinplattenboden
inie
Edelwei ss
chbrü
gen
rne Ba
Peyerweg
steine
1.224 Unterstadt West
1.120
B um etwa 80 cm gegen Osten bis zum Fischergässchen an und liegt dort noch 1,7 m unter der OberÀlFKH 0HLVW KDQGHOW HV VLFK XP GHQ W\SLVFKHQ anstehenden, ockergelben Lehm. Nur gegen das Fischergässchen hin, wo der Lehm wieder absinkt, wurde die noch 50–70 cm starke Humusdeckschicht nicht entfernt. In der Baugrube des Abfallcontainers auf dem Gerberplatz liegt das anstehende Geschiebe des Gerberbachs, mit Kalksteinen durchsetzter Kies, nur 1,5 m unter GHU 2EHUÀlFKH 2VWVHLWLJ GHU NOHLQHQ %DXJUXEH ist in der ganzen Fläche eine 30 cm tiefer abfallende, künstliche Kante vorhanden, deren Funktion unklar ist (Stadtbach?) (Abb. 484). Auf der anderen Seite der Grube, ganz am Rand gegen den Gerberbach, liegt die Bollensteinmauer M1, die 1,1 m tief in den anstehenden Boden reicht (Abb. 485). Ihr kleinteiliges Steinmaterial ist teilweise schräggestellt in der Art des opus spicatum, was M1 folglich ins 12. oder 13. Jahrhundert datiert. Ob sie Teil einer abgegangenen Häuserzeile am Bach ist oder zu einem einzelnen Gebäude an der Brücke gehört, müssen weitere Untersuchungen zeigen. Jedenfalls zerstörte ein Brand diese Bebauung. Auch der anstehende Boden ist brandgerötet; darauf liegt eine 20–50 cm starke Brandschuttplanie, die über die abgebrochene Mauer M1 hinwegzieht. Die spärlichen Funde passen zur Datierung des Mauerwerks. Diese älteste Brandschicht auf dem anstehenden Boden dehnt sich offenbar noch weiter gegen Osten bis zum «Weinberg» (Unterstadt 42) aus und lässt sich auch in der Ampeln- und Brunnengasse (1.206 und 1.209) beobachten. Darauf liegen in einem Schichtpaket von 1,1–1,6 m sechs Kieskoffer der Reichstrasse des 11.–14. Jahrhunderts. Sie besitzen unterschiedliche Schichtdicken von 10– 30 cm. Vielfach sind die Strassenschichten recht sauber gehalten, d.h. die Strassen wurden immer gereinigt, weshalb auch hier das Fundmaterial VHKU EHVFKHLGHQ DXV¿HO %HPHUNHQVZHUW LVW GLH QXU SXQNWXHOO EHREDFKWHWH lOWHVWH 3ÀlVWHUXQJ DXV der Mitte des 11. Jahrhunderts, die vor dem «Pelikan» (Unterstadt 27) auf dem anstehenden 7HUUDLQ OLHJW $EE (LQ]HOQH 3UR¿OH DQ GHU Nordseite der Gasse zeigen, dass die beiden ältesten Strassenkoffer etwa 1 m vor der heutigen Fassade enden, woraus die Frage resultiert, ob Laubengänge die frühstädtischen Häuser begleiteten.203 Punktuelle Steinsetzungen könnten Pfostenunterlagen für Vordächer sein. Am Munotstieg 203 Vgl. oben, S. 39. 204 Vgl. oben, S. 116. 205 StadtASH A II.05.01.003/46 1402–1403: XXXII s von dem Besetzen nid der Bachbrug; A II.05.01.007/020 1408–1409: IIII s dem Taniel XQG , .QHFKW EHVDW]W HU DLQ 7DJ LQ GHU 1LGUHQ 6WDWW vgl. auch Bänteli 2010c, S. 156f.
NRQQWH HLQ 6WUDVVHQ 4XHUSUR¿O EHREDFKWHW ZHUden. Dabei zeigte sich, dass die ältesten Strassenkoffer gegen das Zentrum hin etwa 20 cm abfallen, die Strasse folglich anfänglich nicht gewölbt war sondern eine leichte Mulde bildete. Im Bereich der Häuser Unterstadt 27, 29, 34 und der ehemals bebauten Hofstätte am Munotstieg, auf die wir unten nochmals eingehen (1.153 und 1.224), lag auf dem dritten Strassenkoffer ein zweiter Brandhorizont. Er überliefert einen lokalen Brand. Ein dritter Brandhorizont schliesslich lässt sich über den ganzen Abschnitt UnterstadtWest verfolgen. Er liegt etwa 60 cm unter dem heutigen Gehniveau auf dem obersten, sechsten Strassenkoffer und könnte zum Grossbrand in der Unterstadt aus der Mitte des 14. Jahrhunderts gehören.204 Bauniveaus zeugen von Renovationsarbeiten nach dem Brand. Darüber folgen nur noch 6FKLFKWHQ YRQ 3ÀlVWHUHUVDQG XQG ZHLWHUH %DXQLveaus, was in diesem Fall auch einen weiteren Brand bedeuten könnte, der spätestens in die Zeit um 1400 gehört, bevor die Unterstadt als erste 6WUDVVH GHU 6WDGW JHSÀlVWHUW ZXUGH 205 Darauf liegt GLH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ QXU FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH GLH ELV LQV -DKUKXQGHUW GDV *HK-
Abb. 485 Unterstadt-West (1.224). In der Baugrube des Abfallcontainers zeigt sich gegen den Bach hin eine Bollensteinmauer M1 (1) des 12./13. Jhs., darüber der starke eisenoxydierte Kieskoffer der Strasse aus dem 15. Jh. (2) und der gemauerte Abwasserkanal (3).
2 3
1
2 1
Abb. 486 Unterstadt-West (1.224). Strassenprofil der Reichsstrasse vor dem «Pelikan» (Nr. 83). Die älteste Pflästerung (1) aus der Mitte des 11. Jhs. liegt auf dem anstehenden Terrain. Darauf folgen in einem Schichtpaket von 1,2 m Stärke sechs Kieskoffer (2) aus dem 11.–14. Jh.
345
6WUDWLJUD¿H 8QWHUVWDGW :HVW 8QWHUÀXUFRQWDLQHU *HUEHUSODW] Schichtaufbau Fundnummer 3ÀlVWHUXQJ Abb. 487 Unterstadt-West (1.224). Das vor 1839 entstandene Bild von unbekannter Hand zeigt den Gerberplatz mit Blick nach Norden gegen das Schutzgatter mit den Aufgängen zu den Bachbrücken. Links vom Brunnen das wohl 1593 erbaute Waschhaus. Es steht isoliert, weil Waschhäuser mit ihren beheizten Sechtkesseln zum Ansetzen der Waschlauge eine dauernde Brandgefahr darstellten. Schliesslich der Gerberbrunnen und die rechts ans «Schalcheneck» anschliessende Häuserzeile der Unterstadt noch im spätmittelalterlichen Gepräge.
346
Strassenkiespaket stark FE oxidiert
Datierung Schichtaufbau
4XHUSUR¿O 0XQRWDXIJDQJ
Fundnummer
Datierung Schichtaufbau
3. Strassenkoffer
2, WS, FZah,TK
11.– 13. Jh.
2. Strassenkoffer
10, TK
1. Strassenkoffer älteste Kulturschicht ältester Brand
9, FZah, TK 3, WS, TK 11.– 13. Jh.
Fundnummer
Datierung
2, Fu DTR 15. Jh. farblos glasiert, WS graue Ware, TK
entfernte Schichten?
Brandschuttpaket über Bollensteinmauer M1
Unterstadt-West 32–42
1, WS, 11.– FZah, Hüt- 13. Jh. tenlehm, Wetzstein, TK
obere 6, WS, Herdstelle TK
11.–13. Jh.
2. Brandschicht
2. H. 12./ 4, 7, 2 x TR 12, 1. H. 13. Jh. Hüttenlehm, TK, FE Schlacke
Aschegrube
5, WS, 11.–13. Jh. Hüttenlehm, TK
B 487).206
niveau bildete (Abb. Vielleicht umfasste GLH HUVWH 3ÀlVWHUXQJ ]XQlFKVW QXU GHQ HLJHQWlichen Strassenbereich. In der Baugrube des Abfallcontainers auf dem Gerberplatz ist nämlich der oberste, 30 cm starke und stark eisenoxidierte Strassenkies (Abb. 485) durch spärliches Fundmaterial ins 15. Jahrhundert datiert. Die ehemalige Hofstatt am Munotstieg Zwischen den Werkleitungen blieb von einem Ständerbau auf Schwellbalken ein meterbreiter Streifen erhalten (Abb. 443). Das Gebäude liegt P KLQWHU GHU *DVVHQÀXFKW VHLQH +DXVWLHIH beträgt etwa 5,5–7 m. Sein festgetrampelter Kiesboden ist teilweise mit Steinen durchsetzt. Er liegt etwa auf der Höhe des dritten Strassenkoffers und ist hinten 80 cm in den Hang eingetieft. Etwa 2 m hinter der Südfassade liegen die Reste eines kleinen, gut 70 cm messenden rechteckigen Sockels einer Herdstelle, an die sich eine mit Asche gefüllte Grube anschliesst. Sie ist mit Lehm abgedichtet. Ihr Durchmesser beträgt 0,8 m, die Tiefe 0,6 m, die Funktion ist unbekannt. Von Fach- oder Flechtwerkwänden zeugen einige große, verbrannte Lehmbrocken mit Rutenabdrücken. Das Haus ist verbrannt. Seine bis zu 10 cm dicke Brandschicht gehört zum oben erwähnten zweiten Brand, der sich hier im Hausbereich durch wenige Scherben in die 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert datieren lässt. Danach wurde das Haus wieder aufgebaut und mit einem Lehmboden ausgestattet (Abb. 488 und 82). An der zu vermutenden Ostwand gegen den abgebrochenen «Zwetschgenbaum» entstand über der ersten eine neue Feuerstelle, die von der HausNRQWLQXLWlW ]HXJW 6LH LVW UXQG JHSÀDVWHUW XQG PLW einer Feuerplatte aus Lehm bedeckt, deren Durchmesser 90 cm beträgt. Senkrecht gestellte, plattige Kiesel mit 15–20 cm Seitenlänge begrenzen den Rand. Brandrötungen und Aschelagen belegen die intensive Nutzung der Herdstelle. Nach der Stadterweiterung durch den Bau des Annot mit den Flankenmauern (1.112) muss das Haus abgebrochen worden sein. An seine Stelle WUDW GDV +|ÀL DOV ]HQWUDOHU =XJDQJ ]XU QHXHQ Wehranlage. Es wird Mitte des 15. Jahrhunderts erstmals erwähnt: $XEHUOL 6DWWOHUV KXV LQ GHU 1LG ren statt anstossend an den Schlüssel und an das +|ÀL DOV PDQ XI GHQ 8QQRWW JDXW.207 Mentzinger ]HLJW DQ 6WHOOH GHV +|ÀLV HLQHQ =ZLQJHU PLW zwei Toren. Östlich schliesst sich das Haus des
Sattlers Auberli an, der spätere «Zwetschgenbaum», der 1938 zugunsten der Vergrösserung des Plätzchens am Munotstieg (Abb. 249) abgerissen wurde. Die punktuell angeschnittenen Mauerreste seiner Kellerräume M2 und M3 sind neuzeitlich. Brücken und Brunnen Unter dem Fussgängerstreifen zwischen VorderJDVVH XQG 8QWHUVWDGW OLHJHQ GLUHNW XQWHU GHU 3ÀlV terung die Reste der zweibogigen Bachbrücke M4 (Abb. 484, 489–491). Die verwendeten Kalkquader sind 20–35 cm breit und 50–90 cm lang. Die erhaltene Brückenbreite beträgt 2,6 m von ursprünglich 7 m, wie der Peyerplan aus dem Jahr 1820 nahelegt. Die Spannweite des Bogens misst 3,3 m; wenn wir für den zweiten Bogen die gleiche Breite annehmen, ergibt sich für den Mittelpfeiler ebenfalls dieses gleiche Mass. Es ist ein Korbbogen, wie ihn auch Harder 1839 darstellt. Dies im Gegensatz zu den halbrunden Bögen der Brücken über die Stadtgräben, etwa jene beim Engelbrechtstor (1.069 und 1.193). Vermutlich stammt die Bachbrücke aus dem 18. Jahrhundert. 1839 wurde die auf dem Mittelpfeiler stehende und nach der Reformation als Laden genutzte Eligiuskapelle abgebrochen.208 Der bislang im Brückenbereich geweitete Gerberbach wurde auf die üblichen 5 m Breite des kanalisierten Bachbettes verschmälert und die Brücke, die nun keinen MitWHOSIHLOHU PHKU EHQ|WLJWH PLW HLQHP ÀDFKHUHQ %Rgen tiefer gelegt. Das nun wieder zu Tage getretene Brückenjoch liegt im Auffüllbereich des Baches, wie die Katasterpläne 1868/72 zeigen. Darauf fehlt das ebenfalls im Zuge dieser Umgestaltung abgebrochene, der Feuergefahr wegen isoliert stehende Waschhaus (1.082) bei der hölzernen Bachbrücke, das Mentzinger 1644 mit
Abb. 488 Unterstadt-West (1.224). Unter dem kleinen Platz vor dem Munotstieg liegen die Reste eines Holzhauses mit festgetretenem Kiesboden (1) und rechteckiger Herdstelle (2). Nach einem Brand (3) in der 2. H. 12./1. H. 13. Jh. wurde es wieder in Holz aufgebaut, mit Lehmboden (4) und runder Feuerstelle mit gepflasterter, mit Lehm überzogener Ofensohle (5). Ostseitig ist der Befund zerstört durch die Fundamente des «Zwetschgenbaum» (6), vgl. Abb. 82.
6 4
5 2
3 1
206 Die Schichtabfolge scheint nicht kontinuierlich über lange Zeit gewachsen sondern macht den Eindruck, dass hier verschiedentlich Terrainabtragungen vorgenommen und neue Schichten abgelagert wurden. 207 Harder 1894, S. 169; Häuserdatenbank. 208 Frauenfelder 1951, S. 209.
347
Treppengiebeln darstellt. Es entstand wohl zusammen mit seinem Pendant auf dem Herrenacker (1.176) im Jahr 1593 (Abb. 487).209 Ob das direkt gegenüber auf der anderen Seite des Bachs liegende Waschhaus bei der «Platte» (Bachstrasse 13) an seine Stelle trat, oder ob dieses schon früher bestanden hat, ist unklar. Es liegt am Ende des zweiten Brauchwasserkanals der Gerber (1.110). Es wurde 1880 abgebrochen, und die Stadt verkaufte das freigewordene Grundstück.210
Abb. 489 und 490 Z/V Unterstadt-West (1.224). Unter dem Fussgängerstreifen zwischen Vordergasse und Unterstadt liegt direkt unter der Pflästerung der Korbbogen der zweibogigen steinernen Bachbrücke. Er stammt vermutlich von einem Neubau aus dem 18. Jh.
Den Katasterplänen von 1868/72 ist zu entnehmen, dass der von Rheinwasser gespiesene Brauchwasserkanal der Gerber (1.109) vor der steinernen Bachbrücke in ein neu angelegtes, gemauertes Becken M5 von 12 x 3 m mündete, das im Zuge dieser Umgestaltungen von 1839 auf der Westseite des Hauses Unterstadt 43 angelegt wurde. Es besitzt einen Boden aus grossen Kalksteinplatten, der im Rahmen der Werkleitungsarbeiten in einer Tiefe von 1,7 m unter dem Strassenbelag angeschnitten und auf einer Länge von knapp 6 m freigelegt wurde (Abb. 491 und 492). Gehört das Becken zum Waschhaus oder diente es als neue Wasserwerkstatt der Gerber, wo die Häute auf dem Schabebaum mit dem Schabeeisen gereinigt und die Abfälle über den Gerberbach entsorgt wurden?211 Zu dem beim «Posthorn» (1.110) angeschnittenen Widerlager des hölzernen Übergangs, später «hintere Bachbrücke» genannt, gehört ein Kalksteinpfeiler M6, der 2011 in der Bachstrasse nur 95 cm unter dem Asphalt angeschnitten wurde. Er liegt genau 10 m östlich der Südostecke des «Posthorns» im Bereich des Widerlagers, wie im Peyerplan von 1820 eingetragen. Es kann sich aber nicht um dieses Widerlager handeln, weil nicht dessen Nordwestecke angeschnitten wurde. Es ist im Gegenteil die Nordostseite eines mindestens 1,2 m breiten Pfeilers aus mächtigen Kalksteinblöcken, die ganz sauber zugehauen
Abb. 491 V Unterstadt-West (1.224). Ansicht der steinernen Bachbrücke P12 mit dem 1839 angelegten Becken M5 (P15/16) auf der Westseite des Hauses Unterstadt 43 (M. 1:50), vgl. Abb. 484. Vordergasse
Unterstadt Ecke Nr. 43
Pflästerung 392.10
391.90 392.00
Leitungsgraben
Asphalt modern Kieselpflästerung kiesig
391.00 Bauschutt Kalkschutt Auffüllung 1839 Mittelpfeiler
Sand, grüner Sandsteinabschlag Widerlager
390.00
Kalkplatten
Kalkplatten
Becken M5
Becken M5
P15 P12 (seitenverkehrt) Bogen der Brücke
348
P16
B
1
Schliesslich wurde zwischen beiden Brücken die |VWOLFKH 8IHUPDXHU GHV *HUEHUEDFKV REHUÀlFKlich aufgedeckt. Gleiches gilt für das Fundament des nicht ganz mittig zwischen den Brücken gelegenen, achteckigen Gerberbrunnens M7 (Abb. 484 und 487). Wie bei den anderen Brunnen in Schaffhausen handelt es sich um ein Plattenfundament aus mächtigen Kalkbruchsteinen in Lagen von 35 bis 40 cm Höhe. Vermutlich ist es jünger als die erste Brunnenerwähnung in den Stadtrechnungen von 1423: zuo der brugg by dem EUXQQHQ YRU GHU *HUZHUVWXEHQ.213
Abb. 492 Unterstadt-West (1.224). Auf der Westseite am Haus Unterstadt 43 wurde im Zuge der Umgestaltungen von 1839 ein grosses Becken angelegt, in das der Brauchwasserkanal der Gerber mündete. Sein Boden aus grossen Kalksteinplatten (1) liegt unter der Gasleitung frei.
1.171 Unterstadt 42 «Weinberg» (Unterstadt 44 «Drei Berge») :RKQKDXV .HUQEDX Literatur: Wipf 2011, S. 57f.; Frauenfelder 1951, S. 432. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Weinberg, März 1993.
sind und glatte Flächen aufweisen (Abb. 484 und 493). Diese Pfeilerostseite dürfte Teil eines unbekannten Seitenkanals des Gerberbachs sein, der ins südlich davon gelegene und eingangs beschriebene Waschhaus abzweigt. Die Steinbearbeitung des Pfeilers passt ausgezeichnet zu jener des Munot212 und zur Datierung des wohl 1593 erbauten Waschhauses.
209 STASH RP 52,364 (1593): GDV ]ZD\ Z|VFKK VHU DQ RUGW XQG HQGHQ GD GLH DOWHQ Z|VFKK VHU JHVWDQGHQ namlichen ains uffm herrenacker und ains by der VWDLQHUQHQ EDFKEUXJN ZLGHU XIIJHULFKW XQG JHEDX ZHQ ZHUGHQ VROOLQGW « ZHOFKHU JHVWDOW XQG PDVVHQ EHPHOWH Z|VFKK VHU LQQV ZHUFN ]XULFKWHQ UDW schlags pflegen sollind. 210 StadtASH C II.01.05/06 1879–1898. 211 Die archivalische Suche nach Schriftquellen zu diesem Becken verlief erfolglos. 212 Dazu oben, S. 200. 213 StadtASH A II.05.01.029/040 1423–1424. 214 Vgl. oben, S. 78. 215 Frauenfelder 1944.
Bei der Gesamtrenovation wurde 1996 auf der westlichen Brandmauer im Zentrum des Hauses der Putz auf einer Breite von 8 m abgeschlagen. Dabei kam im Erdgeschoss die Südostecke eines Kernbaus im Haus «Drei Berge», Unterstadt 44, zum Vorschein. Das Bollensteinmauerwerk war noch 1,7 m hoch und auf eine Tiefe von mindestens 6 m erhalten. Die Ecke waren mit grossen Kieseln gemauert. Der Kernbau zeigt den typischen Mauercharakter des 12./13. Jahrhunderts. Seine Südwestecke fand sich 2012 in der «Gerberstube» (1.241), und die Hauspläne zeigen in der hinteren Haushälfte den vermutlich noch zugehörigen Halbkeller sowie im Erd- und 1. Obergeschoss einen Absatz der spätestens im 19. Jahrhundert abgebrochenen Südwand. Mit seinem Aussenmass von 7 x 9,5 m gehört der Kernbau zum Haustyp B/ST.214 Deutlich wird damit auch eine alte Baulinie, die der sich platzartig auf die beiden Brücken hin weitenden Unterstadt folgt (Abb. 494). Die Verlängerung des Hauses «Zum Weinberg» bis auf die heutige BauÀXFKW HUIROJWH PLW .DONEUXFKVWHLQPDXHUZHUN LQ Lagen von 20 cm Höhe. Dieses Mauerwerk zeigte sich auch im 1. und 2. Obergeschoss, und es scheint, dass es zusammen mit der Fassade und dem Erker 1593 entstand. Am Nachbarhaus «Drei Berge» ist das Datum eines Umbaus von 1554 in einer Kartusche über der Haustüre belegt.215
Abb. 493 Unterstadt-West (1.224). Im Bereich des Übergangs von der Unterstadt in die Brunnengasse liegt ein mindestens 1,2 m breiter Kalksteinpfeiler der hölzernen Bachbrücke, die man später «hintere Brücke» nannte. Er entstand vermutlich 1593 und wurde 2011 durch drei Kernbohrungen für Werkleitungen durchbohrt.
349
1.241 Bachstrasse 8 «Gerberstube» (Bachstr. 10 «Zimmetbaum», Unterstadt 44 «Drei Berge») :RKQKDXV =XQIWKDXV GHU *HUEHU *HUEHUKDQGZHUN /DWULQH 6LFNHUJUXEH Literatur: Pescatore/ Stamm 2010, S. 222–225; Frauenfelder 1961, S. 142–145; Frauenfelder 1960, S. 340; Frauenfelder 1951, S. 245–251. Hausinventar: Guido Faccani, Zur Gerberstube, Februar 2011. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 69f. Im Rahmen der Gesamtsanierung wurde 2012 im Hinterhaus der kleine Keller erweitert und abgeWLHIW WHLOZHLVH GLH 9HUSXW]H DQ GHQ :DQGREHUÀlchen entfernt und eine dendrochronologische Untersuchung durchgeführt. 'LH PLWWHODOWHUOLFKHQ 9RUJlQJHU ©=LPPHWEDXP» XQG ©'UHL %HUJH» Das Zunfthaus der Gerber liegt an jener Stelle, wo sich die Unterstadt platzartig weitet und zu den beiden Brücken führte: die hölzerne Bachbrücke mündete in die Brunnengasse (1.110 und 1.209), die steinerne in die Vordergasse (1.224). Möglicherweise lag zwischen den Brücken am Ufer im Mittelalter eine weitere Häuserzeile (1.224).
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10 m
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5HVWH GHV lOWHVWHQ =XQIWKDXVHV Erst durch die Verlängerung der Brandmauern beider Nachbarhäuser gegen den Platz hin entstand im Spätmittelalter die aktuelle, gerundete )DVVDGHQÀXFKW PLW GHP WUDSH]I|UPLJHQ *UXQGriss des Zunfthauses. Von seiner ursprünglichen Fassade blieb unter der barocken Ansicht noch ein meterhohes Stück Mischmauerwerk aus Bollen- und Kalksteinen erhalten. Ob es zuerst ein Bürgerhaus war, das später wie andere frühe Zunfthäuser zu diesem Zweck umgenutzt wurde, oder ob es erst im späten 14. Jahrhundert als Neubau für die Zunft entstand, ist nicht mehr zu entscheiden. Erwähnt wird die Trinkstube der Gerber erstmals 1376/77 in den Frevelbüchern, 1393 dann als *HUZHU 7ULQNVWXE in einem Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen.217
Kernbau 12. /13. Jh. Zimmetbaum Spätes 13./14. Jh. älteres, tieferes Niveau 1599, neues Zunfthaus
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1732/34, heutiges Zunfthaus
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G1 Zimmetbaum
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Drei Berge 1.171 Gerberstube 1.241 Weinberg
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Abb. 494 «Gerberstube» (1.241). Situation mit Bauentwicklung der «Gerberstube» und der Nachbarhäuser «Zimmetbaum» und «Drei Berge» (M 1:400).
350
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Die nur im Erdgeschoss punktuell vom Verputz befreiten Brandmauern der «Gerberstube» machen deutlich, dass das Zunfthaus erst später zwischen zwei ältere Bauten eingefügt wurde, die etwa 9 m zurückversetzt auf einer alten Baulinie liegen und sicher ins 13., vielleicht noch ins 12. Jahrhundert zurückreichen. Das nordwestliche Gebäude ist das Haus «Zum Zimmetbaum» (Bachstr. 10), dessen Nordostecke noch heute den Grundriss der Gerberstube im Übergang vom Vorder- zum Hinterhaus prägt (Abb. 494). Diese Ecke besteht im unteren Teil aus Kalkquadern, im oberen Teil aus Randengrobkalkquadern mit Höhen von 20–25 cm. Dies ist die typische Gesteinsart für Gewände und Ecken der Bauten des 12.–14. Jahrhunderts.216 Der zugehörige Mauerabschnitt ist mindestens 9 m lang und besteht aus reinem, kleinteiligem und lagenhaftem Bollensteinmauerwerk. Ein kleiner Absatz über dem nur 0,6 m hohen Fundamentkörper zeigt das mittelalterliche Gehniveau etwa 1,2 m unter dem heutigen Boden an. Das südöstliche Gebäude ist das Haus «Drei Berge», das ebenfalls Bollensteinmauerwerk auf der ganzen Höhe des Erdgeschosses aufweist, teilweise mit schräggestellten Lagen in romanischer Manier (opus spicatum). Seine Südwestecke liegt 9,25 m hinter der heutigen Hausfassade in der Brandmauer, die zugehörige Südostecke kam schon 1996 in der Brandmauer zur Unterstadt 42 (1.171) zum Vorschein. Das Mauerwerk ist stark brandgerötet, teilweise weisen die Steine Abplatzungen auf.
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Vom mittelalterlichen Baubestand der «Gerberstube» blieb wenig erhalten. Die ältesten Teile liegen im Hinterhaus. Es sind die Hofmauern gegen den «Zimmetbaum» und den Munothang. Das lagenhafte Mischmauerwerk besteht hauptsächlich aus kleinteiligen Kalkbruchsteinen mit etwas Bollen und wenigen Sandsteinen. In der NordZHVW HFNH JHJHQ GHQ +DQJ KLQ IDOOHQ 1DJHOÀXK-
B tung eines repräsentativen Zunftsaals mit entsprechend breiter Fassade parallel zur Strasse. Die in den Brandmauern erhaltenen Dachlinien zeigen, dass dieses Gebäude nur zwei Obergeschosse besass, aber ähnliche Stockwerkshöhen wie heute, was den Einbau grosser Fenster erlaubte, die viel Licht in den Saal brachten (Abb. 495). Die Rückwand des Zunftsaals im ersten Obergeschoss ruhte im Erdgeschoss auf einem Sandsteinbogen, der unter dem Zunftwappen das Datum 1599 trug. Dies ist die Datierung des Neubaus.218 Zu diesem Zeitpunkt wurde auch das alte Kellergewölbe im Hinterhaus 2 m hoch mit sterilem MaWHULDO DXIJHI OOW 'DUDXI OLHJW HLQ JHSÀlVWHUWHU %Rden. Der Grund für diese Baumassnahme wird durch eine Klage der Gerberzunft von 1603 beim Marchgericht der Stadt verständlich. Darin beklagte sich die Zunft, dass immer wieder Wasser von den Krautgärten hinter der Gerberstube in GLHVHQ .HOOHU JHÀRVVHQ VHL 219 Eine Klage, die erstaunt, weil das noch heute eindringende Hangwasser, wie die aktuelle neue Unterkellerung zeigt, eine logische Folge dieses heute etwa 10 m hoch in den Hang eingetieften Hinterhauses ist. An die rückwärtige Fassade des Zunfthauses und die Nordostecke des «Zimmetbaum» schmiegte sich eine Sickergrube G1 mit einem Durchmesser von gut 2,2 m. Sie war rund und einhäuptig aus Kalksteinen gemauert und rechnete
brocken im Mauerwerk auf, die hier in natürlich anstehenden Bänken vorhanden sind und bei der Abgrabung des Hanges willkommenes Baumaterial lieferten. Das Mauerwerk dürfte wohl ins späte 13./14. Jahrhundert zu datieren sein. Gegen diese Hof- und Hangstützmauer wurde vielleicht im 15. Jahrhundert das noch bestehende, in etwa quadratische Hinterhaus mit einer Seitenlänge um 6 m gesetzt. Es besass einen 5 m hohen und überwölbten Kellerraum. Darüber erhob sich ein zweigeschossiger Aufbau. Tür- oder Fensteröffnungen sind nicht erhalten. Dem Gewölbekeller war ein Kellerabgang vorangestellt. 'DV YHUVFKZXQGHQH QHXH =XQIWKDXV YRQ Einem ersten, repräsentativen Neubau des Zunfthauses ging der Zukauf eines 2,5 m breiten und 10 m tiefen Streifens vom nordwestlichen Nachbarhaus «Zimmetbaum» voran. Der zugekaufte Hausteil und das Vorderhaus wurden abgebrochen und neu in Kalkbruchsteinen erbaut. Erst diese Baumassnahme ermöglichte die Einrich216 Vgl. oben, S. 85f. 217 Ammann 1948, S. 56; Grundzinsrodel 1393: Der *HUZHU 7ULQNVWXE JLOW , OE ,9 DQ GLH -DU]LW 218 Bürgerhaus 1946, S. 36. Der Bogen wurde im späteren 20. Jh. entfernt. 219 STASH Zünfte 6/244, Zunft zun Gerbern: 10.9.1603.
Abb. 495 «Gerberstube» (1.241). Querschnitt mit Bauphasen (M 1:200).
Kernbau 12. /13. Jh. Zimmetbaum Spätes 13./14. Jh. älteres, tieferes Niveau
0
1
2
3
4
1599, neues Zunfthaus
5m
1732/34, heutiges Zunfthaus
Dach 1599 DG
3. OG
Wohnung Stubenknecht Wiederverwendetes Holz
Kachelofen 2. OG
Prunksaal
1. OG
Trinksaal
Vorplatz
Kachelofen Laubengang
Vorplatz
Latrinenturm
Hinterhaus
Laubengang
Wiederverwendete Hölzer Unterstadt Sandsteinbogen Jahreszahl 1599, abgebrochen
Munothang mit Nagelfluhbänken
Kellergewölbe Hof
Kernbau Zimmetbaum Pflästerung 1603
EG Gehniveau Fundament Fundament Vorgängerfassade
Kellerabgang Kellerauffüllung
Sickergrube G1 Latrine G2
G5 G3
G4
Ein- und Auslauf G5 ursprünglicher Kellerboden
351
Dendrodatierung Bachstrasse 8 «Gerberstube»221 Bauphase
Ort
neues Zunfthaus Deckenbalken EG 1732–1734 Deckenbalken EG hinterer Teil Vorderhaus Deckenbalken 2. OG Deckenbalken 3. OG Streben 1. DG Unterzug Laube Hinterhof 1. OG Einbau neuer nachträglicher ZwischenboKachelofen, frü- den unter Kachelofen Decke hestens um 1800 EG, wiederverwendet bereits mit dem aufgefüllten Niveau. Aus der Füllung konnten nur einige Hohlziegel geborgen werden. Die Überreste einer zweiten, runden Latrine G2 mit ähnlichem Durchmesser kamen östlich anschliessend unter dem modernen Betonboden zum Vorschein. Einseitig steckten in der Kellerwand letzte Reste der Bollensteineinfassung. Wahrscheinlich gehört diese zu den ältesten Bauten. Datierendes Material fand sich nicht, hingegen im Grundwasserbereich eine Anzahl Lederverschnitte und einige Hölzchen. 'DV KHXWLJH =XQIWKDXV YRQ ± Reinhard Frauenfelder ging davon aus, dass die beiden Wappen im Sturz des Eingangsportals den Zunftmeistern der Bauzeit zuzuordnen seien. Auf Grund der aufeinander folgenden Amtsperioden von Rudolf Schalch und Andreas Müller datierte er deshalb das Portal und weitere Umbauten in
Abb. 496 «Gerberstube» (1.241). Dachfirstständer von 1732 mit kunstvoll gestalteter Kartusche an der Basis.
352
Holzprobe 14 19
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1731/32 WK Fichte 1730 Fichte
11 8 6, 7 18
1731/32 1731/32 WK 1730/31 WK (55), 1731 WK 1730 WK(?) (67)
Fichte Fichte Föhre Fichte
12
1525 (23)
Föhre
die Jahre 1708 bis 1710.220 Unsere neue Dendrodatierung zeigt jedoch, dass sämtliche Bauhölzer des Zunfthauses aus den Wintern 1730/31 und 1731/32 stammen. Die neue Datierung passt hervorragend zu den Daten im Prunksaal des 2. Obergeschosses: Die -DKUHV]DKO ¿QGHW VLFK DQ GHU 'HFNH GHV 0Dler-Stuckateurs Johann Ulrich Schnetzler und die Jahreszahl 1734 am zugehörigen Täfer von Johann Conrad Speisegger. Dies bedeutet auch, dass das Zunfthaus von 1599 vollständig abgebrochen wurde. Der Neubau besticht durch seine repräsentative, vierachsige Fassade und das prächtige Portal mit zwei Gerberlöwen als doppeltem Zunftemblem. Neu besitzt das Haus zwei Säle, einen Trinksaal im 1. und den Prunksaal im 2. Obergeschoss (Abb. 495). Die Wohnung des Stubenknechts lag im dritten Obergeschoss. Dort zeigt sich ein Hängewerk mit Streben, die an einem Überzug im ersten Dachgeschoss enden und gemeinsam das Gewicht der Decke des 2. Obergeschosses tragen. Auch das steile, dreigeschossige Dach mit seinem liegenden Stuhl stammt aus dieser Zeit. Die Basis des 'DFK¿UVWVWlQGHUV EHVLW]W HLQH NXQVWYROO JHVWDOWHWH Kartusche (Abb. 496). Während Fassade und First gegen die Unterstadt hin ein Geschoss höher zu OLHJHQ NDPHQ EOLHE GLH 7UDXIK|KH KR¿QQHQVHLWLJ unverändert. Das repräsentative Treppenhaus mit Balustergeländern bildet gleichsam das Scharnier zwischen Vorder- und Hinterhaus mit grosszügigen, sandsteinplattenbelegten Vorplätzen, von denen aus die nicht mehr erhaltenen Kachelöfen in den N/O-Ecken der Stuben beheizt wurden. +LQWHUKDXV XQG /DWULQHQ GHV QHXHQ =XQIWKDXVHV Gleichzeitig mit dem Neubau der «Gerberstube» wurde auch das Hinterhaus um 2 m aufgestockt mit Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Biberschwanzziegeln durchsetzt ist. Die Geschosse wurden auf das Niveau des Vorderhauses gebracht und mit Laubengängen verbunden. In de-
B ren Mitte wurde ein Latrinenturm mit Aborten für die Zunftsäle angelegt. Die zugehörige Sickergrube G3 war 1951 zum Teil als Nische in den modernen Betonkeller integriert worden (Abb. 494 und 497). Sie war rechteckig, 1,4 x 2 m breit, mehr als 3 m tief und mit Backsteinen überwölbt. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt eine zweite, rechteckige Sickergrube G4 in der Nordostecke des Hinterhauses, die in die Auffüllung des überwölbten Kellers abgetieft worden war und wohl dem Personal diente. Sie war mit 1 x 2 m etwas kleiner und mit Kalk- sowie randlich mit Backsteinen überwölbt. In der Auffüllung fand sich unter anderem ein vollständig erhaltenes stranggepresstes, frühes, nur innen glasiertes Steinzeugrohr von 4 Fuss Länge (1,2 m) und 6 cm Durchmesser aus der Firma des Winterthurer Industriellen Jakob Ziegler-Pellis (1775–1863), die 1828 unterhalb des Mühlenquartiers in der städtischen Ziegelhütte ihren Betrieb aufgenommen hatte (1.083) (Abb. 499). Ein dritter, ebenfalls in diese Kellerauffüllung abgetiefter Schacht G5 lag in der Südwestecke des Hinterhauses. Er war aus Backsteinen gemauert, gegen das Erdreich mit einem fetten, grauen Lehm abgedichtet und mass 1,15 x 0,87 m mit einer Tiefe von mindestens 2 m. Zwei kleine Wandöffnungen zeigten, dass der Einlauf im Südosten, der Auslauf im Südwesten gegen das Gerberhaus lag. Der Schacht diente zur Aufnahme und Ableitung von immer noch eindringendem Sickerwasser vom Hang her. Vermutlich wurde er als kleine Schöpfzisterne genutzt, sonst hätte seine Lehmabdichtung keinen Sinn. Umbauten um 1800 Bereits einem jüngeren Umbau entstammt die Bodenverstärkung unter dem Kachelofen des Zunftsaals im ersten Obergeschoss. Hier wurden die Zwischenbodenbretter von 1732 in zwei Balkenstreifen auf 2,5 m Länge durch Balken eines abgebrochenen Dachstuhls der Jahre nach 1525 ersetzt. Die Herkunft der Hölzer ist unbekannt (Abb. 498). Auch im dritten Obergeschoss in der :RKQXQJ GHV 6WXEHQNQHFKWV ¿QGHW VLFK LQ GHU LQV Hängewerk eingebauten Bohlenwand teilweise wiederverwendetes Material mit einem Balken, der eine gleiche Blattsasse aufweist wie die Balken der Kachelofenverstärkung im 1. Obergeschoss. 220 Frauenfelder 1951, S. 245; Die Lösung zum Rätsel der zu frühen Datierung der Wappen am Eingangsportal ist in Verbindung mit der Deutung der 23 Wappen der Zunftvorsteher im Festsaal des 2. Obergeschosses zu suchen. Sind es die Sponsoren des neuen Zunfthauses? Vgl. Bericht K. Bänteli vom 4.12.2012, KASH, 1.241. 221 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 906 vom 4.12.2012.
Abb. 497 «Gerberstube» (1.241). Die mit Backsteinen überwölbte Latrinengrube G3 ist 1951 zum Teil als Nische in den modernen Betonkeller integriert worden.
Abb. 498 «Gerberstube» (1.241). Balken eines abgebrochenen Dachstuhls der Jahre nach 1525, eingebaut in der Erdgeschossdecke von 1732 als Verstärkung für den Kachelofen im 1. OG.
Abb. 499 «Gerberstube» (1.241). Markenstempel «ZieglerPellis» im Steinzeugrohr von 4 Fuss Länge (1,2 m) und 6 cm Durchmesser. Der Winterthurer Industrielle Jakob Ziegler-Pellis (1775–1863) hatte 1828 die Ziegelbrennerei in Schaffhausen übernommen.
353
Abb. 500 «Palmzweig» (1.262). Mit Ausnahme des Erkers 1961 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Das in Resten erhaltene Bollensteinmauerwerk im Erdgeschoss der Fassade an der Vordergasse entspricht jenem des Nachbarhauses «Straussen» (1.194) aus dem Jahr 1354. Abb. 501 «Palmzweig» (1.262). Der Erker war ursprünglich asymetrisch von Fenstern flankiert. Links davon gehörte noch ein drittes, schmaleres Fenster zum Gesamtensemble, weiter westlich kam noch ein einzelnes grosses Fenster hinzu. Aufnahme der Fassade Vordergasse von 1960 vor dem Abbruch, links anschliessend der «Straussen», vgl. Abb. 230.
354
1.262 Vordergasse 14 «Palmzweig» )DVVDGH (UNHU )HQVWHU Literatur: Wipf 2011, S. 54; Frauenfelder 1951, S. 275f.; Müller 1942, S. 140. 'HU VSlWJRWLVFKH 6DQGVWHLQHUNHU PLW VHLQHQ ÀDQkierenden Fenstern (Abb. 230) ist leider das einzige Überbleibsel dieses mittelalterlichen Hauses. Der Rest wurde 1961 abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Die damaligen Aufnahmen zeigen im Erdgeschoss das gleiche Bollensteinmauerwerk (Abb.500), wie es im 1354 datierten Nachbarhaus «Zum Straussen» (1.194) noch erhalten blieb. Ganz offensichtlich imitiert dieser ¿OLJUDQH (UNHU VHLQH ZXFKWLJHQ LQ +RO] JHIHUWLJten Vorbilder an der «Neuen Abtei» von 1484 (1.042.4), am «Ritter» von 1492 (1.254) und am Obertorturm von 1513 (1.228). Bereits Wolfgang Müller bemerkte, dass den grossen Fenstern schon früher die Mittelpfosten entfernt worden waren, was heute an den erneuerten Gewänden nicht mehr nachzuvollziehen ist. Zudem gehörte links des Erkers noch ein drittes, langschmales Fenster zum asymmetrischen Gesamtensemble, und weiter westlich kam noch ein einzelnes grosses Fenster hinzu (Abb. 501). So ergab sich, wie die Rekonstruktion zeigt (Abb. 231), ursprünglich ein deutlich reizvolleres Bild als heute. An die Hohlkehlen schliessen aussen Rundstäbe mit Basen und Rautenmuster an, die die gleiche Handschrift zeigen wie das Staffelfenster der «Engelbrechtshalle» im Löwengässchen (1.251). Die beschriebenen Fenster verraten einen Gesamtumbau des 1. Obergeschosses gemeinsam mit dem Erker wohl im früheren 16. Jahrhundert.222 Parallelen dazu sind die zweigeschossige Nische von 1515–17 in der Täuberkapelle der Stadtkirche St. Johann223 oder das Kreuzstockfenster des Hauses «Zum Jakobsbrunnen» von 1508 (1.251). Etwas später, bereits renaissancezeitlich geprägt ist der Erker mit gleichen Rundstäben am «Goldstein» von 1538.224 Und schliesslich stammen vermutlich auch Teile von Fassade und Erker der «Roten Taube» an der Oberstadt 2 aus eben dieser Zeit. Bislang ging man davon aus, dass dieses Haus im Sinne einer Stilverspätung einheitlich aus dem Jahr 1623 stamme.225 Eine Bauuntersuchung der «Roten Taube» würde wohl zeigen, dass die Fassade mindestens im 1. Obergeschoss noch spätgotisch ist und spätere Umbauten Teile dieser Formensprache übernommen und mit barocken Elementen ergänzt haben.
B 1.194 Vordergasse 16 «Straussen» (Brunnengasse 11 «Buche») :RKQKDXV )HQVWHU
1354
Neubau zum Straussen
?
Renovation nach Brand
?
Anbau Buche, Brunnengasse 11
1584
Umbau Straussen 0
17. - 20 Jh.
Literatur: Frauenfelder 1951, S. 276.
Buche
Abb. 502 «Straussen» (1.194). Grundriss EG mit Bauphasen (M 1:200).
N
1
2
3
4
5m
Schnitt eh. Türe modern?
Das Mauerwerk des «Straussen» besteht aus Bollensteinen, vereinzelt noch schräggestellt, was für das 14. Jahrhundert erstaunlich ist. Zudem ist es das bislang jüngste datierte Haus in der Stadt, bei dem noch Lesesteine verwendet wurden. Nach dem Stadtbrand von 1372 und der Eröffnung des Steinbruchs im Mühlenquartier wurden in Schaffhausen nur noch Kalkbruchsteine vermauert.228 Ein Mauerabsatz in der Ostwand verjüngt die Brandmauer im Deckenbereich zum 1. ObergeVFKRVV XQG GLHQW DOV %DONHQDXÀDJHU ,Q EHLGHQ *Hschossen blieben die originalen Deckenbalken erhalten, Rundhölzer aus Nadelholz mit darauf liegenden Bretterböden von 30–40 cm Breite (Abb. 504). In der Nordwand setzt über der Decke des 1. Obergeschosses eine zweigeschossige Flechtwerkwand als Rückwand des ehemaligen Pultdachs an (Abb. 505). Das Haus widerspiegelt damit genau eine Bauvorschrift von 1342, nach der strassenseitig zwei gemauerte Stockwerke gefordert waren.229 An Innenstrukturen liessen sich die ehemaligen Treppenschächte an der Nordwand ausmachen, eine nur rudimentär untersuchte Wandnische in
Palmzweig
Rauchfang Obergeschosse
Straussen
Abb. 503 «Straussen» (1.194). Querschnitt mit Bauphasen (M 1:200).
Nische Türe mit Oblicht
Rundbogenfenster
Türe
Reichsstrasse / JZ 1584 Vordergasse Schnitt 1354 Neubau zum Straussen ?
Renovation nach Brand
?
Anbau Buche, Brunnengasse 11
1584
Umbau Straussen
17. - 20 Jh. 0
1
2
3
4
5m
3. OG Flechtwerkwand
Neubau von 1354 Der Bau von 1354 schliesst direkt an die Strasse an, besitzt einen annähernd quadratischen Grundriss mit Seitenlängen um 8 m und war ursprünglich freistehend (Abb. 502 und 503). Trotzdem rechnete er von Anfang an mit Anbauten, denn nur die Strassenseite wies Fenster auf. Oberhalb schliesst die Zunftstube der Schuhmacher an, die 1434 erstmals an dieser Stelle erwähnt wird und an deren Stelle das 1762 neu gebaute Zunfthaus «Granate» steht.227 Unterhalb schliesst das Haus «Palmzweig» an, das ebenfalls Bollensteinmauerwerk besass (1.262).
Treppe
Schneiderstube, 1762 Granate
Das kleine Haus wurde 2003 umgebaut und baugeschichtlich untersucht. Es ist eines der selten gewordenen Häuser an der Vordergasse, dessen mittelalterliche Struktur noch wenig angetastet war.226
2. OG
Treppe / Rauch Küche 1. OG
Reichsstasse / Vordergasse 1.119
Straussen EG
3. Strassenkoffer 2. Strassenkoffer 1. Strassenkoffer anstehender Malmschutt
Treppe / Rauch Küche
Buche
HV 1837
UG
Abb. 504 «Straussen» (1.194). Originale Balkendecke von 1354 im Erdgeschoss.
222 Frauenfelder 1951, S. 276 datierte den Erker in die 2. H. 15. Jh. 223 Stäheli/Bänteli/Lieb 1994, S. 23f.; Bänteli 1990, S. 70 und Abb. 32 und 34. 224 Wipf 2011, S. 114; Frauenfelder 1951, S. 353f. 225 Wipf 2011, S. 114; Frauenfelder 1951, S. 381f. 226 Bänteli 2010c, S. 89f. 227 Frauenfelder 1961, S. 145f. 228 Vgl. oben, S. 84f.. 229 Vgl. oben, S. 108.
355
der Westwand des Erdgeschosses und im 1. Obergeschoss der Rauchfang mit einem Querschnitt von 65 x 220 cm mit den rauchgeschwärzten Deckenbalken der hinteren Deckenhälfte. Vorne lagen Kammer und Stube mit dem originalen Dreierfenster in der Südwestecke. Es weist breite Fasen und einen abgesetzten, beidseitig gekehlten Auslauf auf (Abb. 506). Dies ist der bislang jüngste dendrochronologisch datierte Vertreter GLHVHV 3UR¿OV GDV HUVWPDOV LP -DKU QDFKJHwiesen ist.230 Ungeklärt blieben ein Versatz in der Nordostecke des Kellers und danebenliegende Bogenansätze in der Nordwand. Gab es hier einen punktuell unsicheren Baugrund, der jeweils mit einem Bogen überbrückt wurde (1.156)? Hat der Versatz mit der Latrine oder einem Kellerhals zu tun oder mussten ältere Bauten berücksichtigt werden? Ein Brand in der Küche im hinteren Drittel des 1. Obergeschosses beschädigte zu unbekannter Zeit die Tragkonstruktion und führte zum Einzug eines weiteren Balkens in der Erdgeschossdecke. $QEDX ]XU ©%XFKHª %UXQQHQJDVVH Zu unbekannter Zeit wurde nordseitig an der Brunnengasse ein Anbau angefügt oder ein bestehendes Gebäude aufgestockt, das 1835 der ErweiWHUXQJ GHV =XQIWKDXVHV ]XP 2SIHU ¿HO +LHU OLHJW das Terrain höher als an der Vordergasse (1.209), und dementsprechend kamen auch die drei unregelmässig angeordneten Deckenbalken einen halben Meter über die Decke des 2. Obergeschosses des «Straussen» zu liegen (Abb. 503). Sie greifen sekundär in die Flechtwerkwand von 1354 ein. Die Balken bleiben das einzige Element, das sich von diesem Gebäude untersuchen liess, konnten aber für eine dendrochronologische Untersuchung nicht gebohrt werden. Abb. 505 «Straussen» (1.194). Im 2. OG kam die Flechtwerkwand von 1354 zum Vorschein, als Rückwand des ehemaligen Pultdaches.
Abb. 506 «Straussen» (1.194). Das Dreierfenster mit breiten Fasen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf von 1354 ist der bislang jüngste dendrodatierte Vertreter dieses Fenstertyps. Die zeittypische Laden-/Werkstattsituation im Erdgeschoss stammt vom Umbau von 1584, wie die Jahrzahl am Stützpfeiler verrät.
356
Dendrodatierung 1.194, Vordergasse 16 «Straussen»231 Bauphase
Ort
Neubau 1354
Decke über EG Decke über EG Decke über 1. OG Fachwerk nördliche Giebelwand Fachwerk nördliche Giebelwand
Wechsel Rauchfang Deckenverstärkung Decke über EG nach lokalem Brand Erweiterung Decke über 2. OG nach Norden Umbau 1584? Decke über UG
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante (?) = unsicher) 7–9, 11 3 x 1352/53 WK, 1353/54 WK 13 14–15 18, 19
undatiert 1351/52 WK, 1352/53 WK 1351/52 WK, 1352/53 WK
Holzart Fichte, Weisstanne Fichte Weisstanne Weisstanne
17, 20, 22 1345(?), 1346(?), 1353/54(?) WK Fichte 21, 23 undatiert 24 undatiert Fichte 10
undatiert
nicht beprobt 1–6
undatiert nicht gemessen
Fichte
B 8PEDX GHV ©6WUDXVVHQª YRQ GXUFK Messerschmied Buggy Im Rahmen eines durchgreifenden Umbaus wurde das kleine Haus umgebaut, um ein Geschoss aufgestockt und bildete anschliessend mit dem bislang höheren Pultdach(?)-Haus an der Brunnengasse ein gemeinsames Walmdach. Dazu gehört die weitgehend neue Fassade mit der noch aktuellen, für das 16. Jahrhundert zeittypischen Laden/Werkstattsituation aus Kalkstein im Erdgeschoss.232 Ein zentrales, gefalztes RundbogenIHQVWHU ZLUG ÀDQNLHUW YRQ ]ZHL PDVVLYHQ 3IHLOHUQ mit je einer Rundbogentüre; innenseitig gehört ein neuer Streifbalken auf einer Sandsteinkonsole dazu. Eine Türe besitzt ein kleines Oberlicht für den Hausgang. Rechts davon steht am Stützpfeiler die Jahrzahl 1584, die einen zeitlichen Hinweis für diesen Umbau gibt (Abb. 502, 503 und 506). Mit der Planung wurde schon drei Jahre früher begonnen. Mit Beschluss vom 26. April 1581 vergab der Rat, wie bei privaten Bauvorhaben üblich, dem Hausbesitzer eine Eiche zur Unterstützung seines Bauvorhabens: 0LFKHO %XJJ\ GHP messerschmid ain ayhe holtz zu sinem vorha benden buw des huses zum strusen.233 Die beiden Fassadenpfeiler stehen im Keller auf zwei massiven, meterbreiten Kalksteinpfeilern mit je einem Backsteingewölbe dazwischen. Auch die Öffnungen im Erdgeschoss und das alte Dreierfenster im 1. Obergeschoss wurden mit Backsteinstürzen überwölbt.234 Eine neue Kellerdecke mit eingenutetem Zwischenboden und zwei gleichzeitigen(?) Unterzügen wurde eingezogen. Der östliche hat zusätzlich eine freistehende Stütze mit Sattelholz. Vormauerungen aus Kalkbruchsteinen verstärkten die alten, wie andernorts auch instabil gewordenen Bollensteinmauern.235 Im Keller war dies die Nordwand, im EG und 1. Obergeschoss die Westwand. Im neu erbauten 2. Obergeschoss sind die gefasten Balken der Decke in N–S-Richtung gespannt. Die Balkenenden liegen im Norden nicht auf der alten Flechtwerkwand auf, sondern enden 10–30 cm davor auf einem Unterzug, der wie ein Stichbalken in den Raum einspringt und durch eine schräge Stütze abgefangen wird, deren Fuss sich an der alten, steinernen Wand absperrt (Abb. 503). Diese Form der Trennung von Decke und Rückwand in Fachwerk ist eine zwar unkonventio230 Vgl. oben, S. 109. 231 UWAD, Felix Walder, Bericht vom 14.10.2003 und Bericht 1387 vom 13.2.2015. 232 Vgl. oben, S. 199. 233 STASH RP 40,310. 234 Eher auffällige Backsteinmasse von 27,5 x 6,5 x 16 cm. Vgl. 1.235, S. 304, 1529/30 datiert: 28–29 x 14– 16 cm bei einer Dicke von 5, oft auch 8 cm. 235 Vgl. oben, S. 84. 236 Frauenfelder 1961, S. 146f.; das Hinterhaus existierte im Peyerplan von 1820 noch.
nelle, aber aus Brandschutzgründen verständliche Lösung. An dieser Stelle legte man auch die Wendeltreppe in den Estrich an. Der Rauchfang kam ebenfalls hier in die Nordostecke zu liegen, wo stark gefaste Balken mit Staketenlöchern der ehemaligen Rauchschürze einen Kamin mit einem Querschnitt von 0,85 x 1,4 m aussparen. Eine .DONVWHLQNRQVROH JHK|UW DOV $XÀDJHU HEHQIDOOV zum Kamin. Vielleicht stammt aus dieser Zeit die *UDXIDVVXQJ GHV )DFKZHUNV PLW ÀlFKLJHU 5RWEHmalung der Fachwerkfüllungen. Schliesslich wurden Teile der Zweier- und Dreierfenster im 2. Obergeschoss in dieser Zeit eingebaut. 8PEDXWHQ LQ M QJVWHU =HLW Der hölzerne Kastenerker mit seinen mit Schuppen belegten Fensterpfosten datiert vermutlich noch ins 17. Jahrhundert. Gleichzeitig erfolgte wohl die Ausstattung des Hauses mit Täfern und einfachen Stuckdecken. Ob der Einbau des dritten Obergeschosses mit der dadurch notwendigen Anhebung der Dachtraufe unter Belassung des Firsts in diese Zeit gehört oder jüngeren Datums ist, bleibt offen. Jedenfalls wählte man zur Auflage der Decke wieder die gleiche brandschutztechnische Lösung wie im 2. Obergeschoss, und ein Rauchfang auf Kalksteinkonsolen wurde an der üblichen Stelle eingebaut. Im Erdgeschoss fand sich in der Nordostecke eine Türe, die über einen Gang zur Brunnengasse führte. Der Gang ist erstmals im Katasterplan 1868/72 eingezeichnet und entstand offenbar 1835 beim Umbau der «Granate», als die grossen Biedermeier-Rundbögen eingebaut wurden und das Zunfthaus durch den Zukauf des Hauses Brunnengasse 11 erweitert wurde.236 Wohl an diese Bauarbeiten erinnert das Datum 1837 mit den Initialen H.V., die mit Kalkfarbe auf die östliche Stütze im Keller aufgetragen wurden.
1.142 Vordergasse 35 «Feuriger Ofen» (Vordergasse 33 «Goldener Sternen», 37 «Samson») :RKQKDXV Literatur: Frauenfelder 1951, S. 282f. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum feurigen Ofen, Juli 1994. Beim Ladenumbau liessen sich 1991 einige Beobachtungen machen. Im Zentrum der östlichen Brandmauer zeigte sich kleinteiliges Bollensteinmauerwerk mit wenigen Kalksteinen des 13./14. Jahrhunderts. Jünger ist die westliche Brandmauer aus lagenhaftem, mittelgrossem Kalkbruchsteinmauerwerk des 15./16. Jahrhunderts. Vielleicht entstand sie im Zuge einer Hausteilung durch die Abtrennung des «Samson». 357
1.119 Untere Vordergasse 10–39 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O .DQDO Literatur: Bänteli 2010a, S. 162–164; IVS SH 8.3; Hauser 1996, S. 363, S. 409f.; Wipf 1992, S. 59; Frauenfelder 1951, S. 275–285. Bildquellen: Grütter 2005, S. 64f., S. 139, Kat. 199, S. 114f., S. 140, Kat. 200, S. 164, Kat. 412. Die Sanierung der Werkleitungen im unteren Abschnitt der Vordergasse erfolgte in zwei Etappen: 1987 vom Tellenbrunnen bis zur «Moosente» und 1989 von der Ostseite der Kirche St. Johann bis ]XP 7HOOHQEUXQQHQ (LQH ZHLWHUH 3UR¿ODXIQDKPH ermöglichte die Installation eines Hydranten bei der «Moosente» an der Ecke Vordergasse/Goldsteinstrasse im Jahr 2011. Abb. 507 V Untere Vordergasse (1.119), Höhe «Vorderer Maulbeerbaum», Vordergasse 23. Der anstehende Boden (1) liegt hier nur 1,1 m tief. Darauf liegen die Kieskoffer der mittelalterlichen Reichsstrasse (2) aus dem 11.–14. Jh. Ihre sieben Kiesschüttungen erreichen hier eine Stärke von 80 cm. Abb. 508 VZ Untere Vordergasse (1.119), Höhe «Moosente». Das anstehende Terrain liegt hier gegen den Bach hin 2,2 m tief. Die Kieskoffer des 11.–14. Jhs. der Reichsstrasse bilden ein 1,4 m mächtiges Schichtpaket (1) aus sieben Aufschüttungen. Darüber zieht eine Sandlage der ersten, um 1410 entstandenen Pflästerung (2).
Die Vordergasse hat in diesem Abschnitt eine regelmässige Steigung von etwa 1,4 m, die etwas geringer ist als jene im mittleren Abschnitt (1.118). Das anstehende und weitgehend abhumusierte Terrain verläuft im Westabschnitt ÀDFKHU (V OLHJW YRU GHU ©*ROGHQHQ 5RVHª 9RUdergasse 39) in einer Tiefe von 1,5 m und noch 1,1 m tief auf Höhe «Granate»/«Vorderer Maulbeerbaum» (Vordergasse 18/23) (Abb. 507). 'DQQ IlOOW HV ZLH GLH QlFKVWHQ 3UR¿ODXIQDKPHQ bei der Einmündung Goldsteinstrasse zeigen, nach Osten zum Bach hin auf 2–2,2 m stark ab. Deshalb bilden die mittelalterlichen Kieskoffer der Reichsstrasse im 11.–14. Jahrhundert hier ein mächtiges Schichtpaket von 1,4 m, in dem sieben Aufkofferungen ausgemacht werden können (Abb. 508). Genau gleich viele Schichten lassen sich im höher liegenden Westabschnitt nachweisen, nur sind sie dort geringmächtiger und bilden ein Schichtpaket von noch 1 m Stärke. Die Qua-
lität der Kiesschüttungen ist unterschiedlich. Sie reicht von sandig-kiesig-humos über sandig-lehmig bis zu kiesigem Schotter, der mit Steinen bis FP *U|VVH GXUFKVHW]W LVW 'LH 2EHUÀlFKHQ GHU Strassenhorizonte sind zum Teil hart gepresst und zeigen manchmal starke Eisenoxydationen. Wie üblich ist zuunterst das Material am stärksten verschmutzt, vereinzelt mit Ästchen und Tierknochen durchsetzt. Holzkohle ist überall vorhanden. %HPHUNHQVZHUW LVW HLQH ORNDOH 3ÀlVWHUXQJ DXV plattigen Kalksteinen und Bollen in 80 cm Tiefe vor der «Lerche» (Vordergasse 27). Die Sandlage GHU HUVWHQ 3ÀlVWHUXQJ OLHJW LP 2VWHQ FP LP :HVWHQ FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH 1DFK GHQ Stadtrechnungen entstand sie zwischen 1402 und 1412.237 ,P 1RUGSUR¿O GHV :HUNOHLWXQJVJUDEHQV ODJ SXQNtuell ein 1840 aus Kalksteinen gemauerter, überwölbter und begehbarer Abwasserkanal frei.238 (LQLJH NXU]H 4XHUSUR¿OH ]XP QHXHQ :HUNOHLtungsgraben machen deutlich, dass er dem mittelalterlichen Stadtbach folgt, den man seit Anbeginn mittig in der Vordergasse angelegt hatte. Der Entwässerungsgraben war ursprünglich gegen einen Meter tief in den anstehenden Boden abgetieft; die Breite dürfte ebensoviel betragen haben, lässt sich aber wegen der modernen Störung nicht mehr eruieren (Abb. 177). Dieser Nachweis ist eine seltene Ausnahme, weil an die Stelle der offenen Gräben die gemauerten Abwasserkanäle getreten sind, denen seit 1900 die modernen Kanalisationsrohre folgten. Rüeger beschreibt diese Bäche als OXWHUH U|VFKH ZDOGZDVVHU YRQ GHQ 5|U EUXQQHQ GXUFK DOOH JDVVHQ À VVHQG GL QLW QXU NHL QHQ E|VHQ OXIW YHUXUVDFKHQG VRQGHUQ RXFK YLOHQ wo nit allen unrat mit inen hinweg in den rhin füerend.239
2 1
2 1
358
B 1.263 Vordergasse 24 «Fortuna» )DVVDGH )HQVWHU
1.246 Ampelngasse 1 «Weisses Eck» (Ampelngasse 3 «Hintere Wasserquelle») )DVVDGH )HQVWHU %RKOHQVWXEH
Literatur: Frauenfelder 1951, S. 276. Literatur: Frauenfelder 1951, S. 338. Die Fassade gegen den Tellenbrunnen zeigt im 3. Obergeschoss ein Rechteckfenster mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/1403240 (Abb. 509). Das bedeutet, dass dieses Haus wohl für ein Jahrhundert das höchste in seiner Umgebung war (1.236 und 1.246). Das spätgotische Kreuzstockfenster im 2. Obergeschoss stammt aus dem früheren 16. -DKUKXQGHUW XQG ¿QGHW 3DUDOOHOHQ HWZD LP ©-Dkobsbrunnen» (1.248). Aus der Zeit der 1599 entstandenen Stützpfeiler im Erdgeschoss kann schliesslich auch das dreifach gestaffelte Fenster im dritten Obergeschoss stammen.
237 StadtASH A II.05.01.003/46 1402–1403: XXXII s von dem Besetzen nid der Bachbrug; A II.05.01.007/020 1408–1409: IIII s dem Taniel und I .QHFKW EHVDW]W HU DLQ 7DJ LQ GHU 1LGUHQ 6WDWW A II.05.01.011/167 1411–12: XL lb V ß IIII d Tanyel und karrern vom besetzen am Vischmarkt. 238 Hauser 1996, S. 363, S. 409f. 239 Rüeger 1884, S. 128. 240 Vgl. oben, S. 123. 241 Vgl. oben, S. 109. 242 Vgl. oben, S. 164f.
Im Rahmen der Werkleitungserneuerungen zeigte sich 2005, dass die untersten 60 cm der 1 m tief fundierten Fassade gegen die Ampelngasse aus auffällig sorgfältigem Kalksteinmauerwerk besteht, das ins 11./12. Jahrhundert zurückreicht (1.206). Darüber zeigt die Fassade im 1. und 2. Obergeschoss (Abb. 511) je ein gut erhaltenes Einer- und Zweierfenster mit Pfosten, unterschiedlich breiter Fase und beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354.241 Ebenfalls aus dieser Zeit stammt auch die Bohlenstube im ersten Obergeschoss der benachbarten «Hinteren Wasserquelle».242 Die Deckenbälkchen sind an den Enden mit Herzblattmustern, in der Mitte mit Rundschildchen verziert. Eine rundbogige Türe aus Randengrobkalk mit Fase und beidseitig gekehltem Auslauf führt in diese Stube. Um die
Abb. 509 YY «Fortuna» (1.263). Die Fassade gegen die Vordergasse besitzt im 3. OG ein Rechteckfenster mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/1403, darunter ein spätgotisches Kreuzstockfenster aus dem frühen 16. Jh. Abb. 510 «Hintere Wasserquelle» (1.246). Blick durch die rundbogige Türe aus Randengrobkalk in die Bohlenstube aus dem 14. Jh.
Abb. 511 «Weisses Eck» (1.246). Die Fenster der Fassade Ampelngasse im 1. und 2. OG mit breiter Fase und beidseitig gekehltem Auslauf stammen aus der Zeit um 1318/1354 und zeigen, dass beide Häuser gleichzeitig entstanden.
359
Ecke ist über dem Kastenerker von 1644243 ein Zweierfenster mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/1403244 vorhanden. Das Staffelfenster über der Stube Seite Ampelngasse besitzt einen Fenstererker der Zeit von 1549/1579245 und datiert die übrigen Fenster mit Hohlkehlen im 2. und 3. Obergeschoss. Letzteres besteht nur auf der Seite Ampelngasse aus einer Fachwerkkonstruktion, die wohl im 18. Jahrhundert verputzt wurde. Noch heute tritt das Eckhaus als Pultdachhaus in Erscheinung.
1.206 Ampelngasse 1–22 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV /DWULQH Literatur: Frauenfelder 1951, S. 338. Die Werkleitungen in der Ampelngasse wurden im Jahr 2005 zusammen mit jenen in der Brunnengasse (1.209) erneuert. Ebenfalls erneuert wurden auch die Leitungen im Innenhof vor den Häusern Ampelngasse 12–16, jedoch ohne das quer dazu verlaufende Verbindungsstück zur Ampelngasse, dessen Leitungen schon früher und ohne archäologische Begleitung erneuert wurden. Die erst nach der Reformation aufgekommene und heute gebräuchliche Bezeichnung Ampelngasse ist eine neuzeitliche Verballhornung des Familiennamens Hampel.246 Heute liegt die höchste Stelle der Ampelngasse in deren Mitte. Gegen die Pfarrhofgasse fällt sie wenig und gegen Süden, zur Brunnengasse hin, etwas mehr ab. Damit folgt sie dem anstehenden Terrain, das im Schnitt etwa 1 m, nur gegen die %UXQQHQJDVVH KLQ QRFK FP XQWHU GHU 2EHUÀlche liegt. Zuunterst liegen älteste Siedlungsreste aus dem 11./12. Jahrhundert, Spuren von Holzbauten, die punktuell und nur wenige Zentimeter stark erhalten sind (Abb. 512). Hierbei handelt es
sich um einen gelben Lehmboden, zwei stark verbrannte aschig-kohlige Flecken, die von Herdplatten stammen können, ganz wenig eingetiefte Gruben mit verbranntem und unverbranntem Lehm, punktuell Kies und Gartenhumus. All diese Befunde scheinen durch einen auf der ganzen Gassenlänge nachzuweisenden Brand zerstört worden zu sein. Danach wurde die Ampelngasse angelegt, das Terrain zum Teil abhumusiert und Teile der ältesten Siedlungsreste entfernt. Darauf liegt der älteste, 10–20 cm starke, schwärzlich kiesige und stark verdreckte Strassenkoffer. Er schliesst aber nicht an die Fassaden an, sondern deutet auf eine Gassenbreite von 3,5 bis 4 m hin. Vor der westlichen Gassenzeile liegt der anstehende Boden 20–30 cm höher und bildet damit ein etwa meterbreites Bankett, das kaum abhumusiert ist. Auch vor der östlichen Häuserzeile ist ein ebensolches, vielleicht 50 cm breites Bankett mit Gartenhumus vorhanden. Die gleiche Situation lässt sich auch in der Unterstadt beobachten (1.240, S. 311). Sie macht deutlich, dass die Gassen später auf Kosten der Hausparzellen verbreitert wurden. Dies bestätigen auch zwei wenig in die Gasse einspringende Latrinengruben. Die eine liegt vor der «Hinteren Wasserquelle» (Ampelngasse 3), die andere vor dem Haus Ampelngasse 8. Diese Grube wurde 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert aufgefüllt. Aus der gleichen Zeit datieren auch das Fundmaterial aus dem ersten Strassenkoffer und die ältesten Funde aus dem 1,2 m tiefer liegenden Innenhof vor den Häusern Ampelngasse 12–16. Zwei bis vier weitere Kieskoffer lassen sich nachweisen, die zum Teil bis zu den Fassaden reichen (Abb. 513) und von einer zweiten Brandschicht EHGHFNW VLQG 'DUDXI OLHJW 3ÀlVWHUHUVDQG 2IIHQbar hängt die Brandschicht mit dem Grossbrand in diesem Quartier in der Mitte des 14. Jahrhunderts zusammen (1.116) und erstreckte sich vielleicht auch in die Unterstadt.247
6WUDWLJUD¿H $PSHOQJDVVH ± Schichtaufbau Fundnummer 3ÀlVWHUHUVDQG 11, Eisen Brandhorizont 1, 12, Bronzefragment feiner sandiger Kies, 9, 10, 14, schulterständige Bandhenkel, einzelne Bollen, 3. Strassenkoffer WS frühe olivgrüne Glasur, braune Glasur, HZ hellerer weisser Kies, 4, FZah 2. Strassenkoffer Innenhof vor Häusern 25, TR 13a, FZah glasiert Ampelngasse 12–16 Latrine vor Haus 20, 21, TR 10b, KR 1b Ampelngasse 8 schwärzlich-grauer Kies, 2, 5, 6, 7, 13, 16, TR 13a, 1. Strassenkoffer abgewinkelter rundstabiger Henkel DTR, FZah älteste Siedlungsreste 3, 8, 15, 17, 18, 19, 22, 23, TR 5, TR 9(?), mit Brand FZah, Schmiedeschlacke brauner anstehender Humus/ockerfarbener Lehm
360
Datierung
14./15. Jh.
2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. 11./12. Jh.
B 1.116 Pfarrhofgasse 1 «Gerbe»/«Versöhnung» (Bachstrasse 27 «Gelbe Kerze») :RKQKDXV .HUQEDX *UXEHQKDXV *HUEHUKDQGZHUN
3
Literatur: Brombacher/Rehazek 1999b; Untermann 1999, S. 231; Hauser 1996, S. 335; Bänteli 1995a, S. 24; Bänteli/Ruckstuhl 1992, S. 420– 424; Frauenfelder 1951, S. 338; Schib 1942, S. 13. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 4. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur gelben Kerze, Bachstrasse 27, Mai 1993. Im Vorfeld des mit Ausnahme der Fassade bewilligten Totalabbruchs wurden im Frühjahr 1988 baugeschichtliche Untersuchungen durchgeführt und die nicht unterkellerten Zonen ausgegraben. Obwohl das westliche Drittel des Gebäudes bereits 1968 einem Neubau hatte weichen müssen, zeigen die gewonnenen Erkenntnisse, dass hier über Jahrhunderte das Gerberhandwerk betrieben wurde und wie sich Haus und Handwerk entwickelten. Bilderbuchartig legen die Befunde dar, wie aus einzelnen freistehenden Bauten des 12. und 13. Jahrhunderts durch An- und Umbauten bis im frühen 16. Jahrhundert die heutigen, geschlossenen Gassenfronten heranwuchsen. Herausragendes Ergebnis ist der Nachweis eines zu drei Vierteln erhaltenen und in mehreren Etappen entstandenen Wohnturms eines Gerbers aus dem Jahr 1299, der in letzter Minute vor dem Abbruch gerettet und in das Neubauprojekt integriert werden konnte (Abb. 121). Die ältesten Siedlungsreste Das Haus «Zur Gerbe», auch «Versöhnung» genannt, ist das erste einer Reihe von neun Gerberhäusern am Bach. Es liegt unmittelbar südlich des Schutztors oder Schutzgatters, das den Durchlass für den Gerberbach bildete (1.191), an der Schnittstelle der Stadtmauern, die vom Schwabentor (1.198) und vom Munot herkommen (1.112). Die Besiedlung des Platzes setzt bereits in den Anfängen der Stadt ein, deren Reste auch in der Pfarrhof- und Ampelngasse zum Vorschein kamen (1.106 und 1.206). In einem Sondiergraben nördlich des Gebäudes zeigte sich eine Grube A mit 2,7 m Seitenlänge, einer Tiefe um 0,8 m und ÀDFKHU 6RKOH YHUPXWOLFK HLQ *UXEHQKDXV RGHU ein Erdkeller (Abb. 514 und 515).248 Auf dem Bo243 244 245 246 247 248 249
Wipf 2011, S. 34. Vgl. oben, S. 123. Vgl. oben, S. 195. Vgl. unten, S. 522. Vgl. oben, S. 116. Vgl. oben, S. 75f. Zoologische Bestimmung Dieter Markert, Tübingen, 1989.
2 1
den lag eine Scherbe aus dem 11. Jahrhundert. In der Auffüllung gefundene Tierknochen stammen von Schwein, Rind, Ziege, Schaf und Haushuhn. Südlich davon, vor dem Kernbau E, lag ein bis zu 0,6 m starkes Paket, das in einer oberen kiesighumosen und einer unteren lehmig-humosen Schicht Keramikscherben aus der Zeit vom 11. bis zum 13. Jahrhundert enthielt. Die Datierung zeigt, wie mehrfach zu beobachten, dass das Material in der Stadt und in den Gärten immer wieder umgeschichtet wurde. Als weitere Hausabfälle fanden sich Tierknochen, die von fünf Schweinen, sieben Rindern, zwei Ziegen, 13 Schafen und je einem Hasen und Haushuhn stammen.249 Vielleicht im 12., spätestens aber 1. Hälfte 13. Jahrhundert entstand der Steinbau C. Erhalten ist auf eine Höhe von 4,5 m einzig seine südöstliche Ecke. Sie ist aus Lesesteinen gemauert, verputzt und weist starke Brandrötungen auf. Gegen den Bach hin kommt die Erweiterung D hinzu, ein halbunterkellertes Fachwerkgebäude auf einem Steinsockel (Abb. 514). Es ist annähernd quadratisch mit Seitenlängen von 5,2 – 5,7 m. Das einhäuptige Mauerwerk ist 0,5 m breit, 1 m eingetieft, und ein Lehmestrich bildet den Boden. Längs des Bachs wurde wohl eine ältere
Abb. 512 Ampelngasse (1.206). Die Gasse wurde 2. H. 12./1. H. 13. Jh. angelegt, wie die ältesten Funde aus den Strassenkoffern (3) zeigen. Darunter liegen durch Brand zerstörte Siedlungsreste aus dem 11./12. Jh. (2) auf dem anstehenden Lehm (1). Abb. 513 Ampelngasse (1.206). Der maschinell eingebrachte Strassenkoffer nach dem Ende der Werkleitungssanierungen 2005 unterscheidet sich nicht grundsätzlich von der Oberfläche der mittelalterlichen Strassenkoffer, bevor die Gasse Anfang 15. Jh. gepflästert wurde.
361
Abb. 514 «Gerbe»/«Versöhnung»/ Ampelngasse (1.116/1.206). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
doppelwulstiger Basis (Abb. 516), das jenen des Allerheiligenklosters IV der Zeit um 1100 entspricht,250 sowie um einen nach 1215 datierten Türsturz aus Eichenholz. Scherben des 13./14. Jahrhunderts, die im Schutt auf der MaueroberÀlFKH ODJHQ JHEHQ HLQHQ ]HLWOLFKHQ +LQZHLV I U den Gebäudeabbruch.
Trockenmauer aus plattigen Kalkbruchsteinen mit einbezogen, das Übrige ist vermörteltes Mischmauerwerk aus Bollen mit etwas KalksteiQHQ XQG 1DJHOÀXK 9RQ GLHVHQ VSlWHU ZHLWJHKHQG abgebrochenen Bauten dürften zwei Spolien stammen, die bei den Umbauten des Wohnturms E wieder verwendet wurden. Es handelt sich dabei um ein romanisches Säulchenfragment mit
Kabishaus
N
Steg
Rotsches Haus
5
10 m
äusserer Graben
Schutzgatter
1.106
0 1
innerer Graben Stadtmauer
e
gass
D
Hof A C
zerstört 1968
E F
27
Gerb
H
1.116
Herdstelle
rach)
Gerbe / Versöhnung
(Du erbach
J
rkanal wasse Brauch
Steg B
G
gelbe Kerze
11. Jh. /1. Hälfte 13. Jh. 12. /1. Hälfte 13. Jh. 1299 Kernbau / Wohnturm 14. Jh. Aufstockungen Kernb
25
1423 neues Gerberhaus 22
5
Abb. 515 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Profil des vermutlichen Grubenhauses A aus dem 11. Jh.
362
Farb
1.247
23
N
Fenster 1318/54
23
Maienburg
12 12
22
1.206
1535 Alle unter einem Dach Fenster 1318/54
17. Jh. Umbauten
B 'HU .HUQEDX YRQ Das herausragende Ergebnis der Untersuchungen bildet zweifellos der noch weitgehend erhaltene Kernbau E. Er ist aus archäologischer Sicht das bemerkenswerteste Gebäude in diesem alten Gerberquartier. Das steinerne Gebäude misst aussen 5,3 x 6,2 m und weist neben einem Keller nur zwei Obergeschosse mit Stockwerkshöhen von 2,8 m auf (Abb. 514, 517–519). Mit 15 m2 *UXQGÀlFKH LVW HU GHU NOHLQVWH .HUQEDX des Haustyps A/ST.251 Das zweihäuptige Mauerwerk aus plattigen Kalkbruchsteinen hat eine Dicke von 90 cm und verjüngt sich durch innere Absätze geschossweise nach oben auf 65 cm. $XVVHQ ¿QGHW VLFK HLQ JUREHU XQJHJOlWWHWHU 3XW] in pietra rasa-Technik, der die Steinköpfe teilweise sichtbar lässt (Abb. 520), innen ein feiner, geglätteter und vollständig deckender Putz (Abb. 120). Die Wohngeschosse wurden von der Westfassade her durch stockwerkweise angebrachte Hocheingänge erschlossen, die entweder über hölzerne Aussentreppen mit Lauben zu erreichen waren, oder über einen zu vermutenden westlich anschliessenden Holzbau.252 Auf der Ostseite, vom Gerberwerkplatz her zugänglich, liegt der Kellerabgang mit Treppe. Seine geschrägte Leibung reicht 60 cm über den Erdgeschossboden, was eine in den Innenraum vorspringende Verschalung notwendig machte. Die gleiche Lösung
2
3
1
0
10
20
30
40
50 cm
Abb. 516 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Im Kernbau E wieder verwendetes romanisches Säulchenfragment mit doppelwulstiger Basis aus der Zeit um 1100 (1). Zum Vergleich Säulen aus dem Kloster Allerheiligen: Kapitelsaal (2) und Kreuzgang (3) von Allerheiligen IV, frühes 12. Jh., vgl. Abb. 58 (M 1:10).
250 Bänteli 1999a, S. 65–74. 251 Bänteli 2010c, S. 87; vgl. oben, S. 78. 252 Vgl. oben, S. 73.
6WUDWLJUD¿H 3IDUUKRIJDVVH lOWHUH 6FKLFKWHQ $EE Ort unter Holzkanal
alter Brauchwasserkanal Haus D südlich Haus D, im gewachsenen Boden *UXEHQKDXV $ 3R¿O -
3UR¿OVWHJ % vor Kellerabgang Kernbau E
Schichtaufbau Latrinengrube G13, oberste 30 cm lehmige Schotterschicht S18 Kanalfüllung Abbruchschicht auf Mauer
Fundnummer 13, Fub
Datierung 1. H. 14. Jh.
12, TR 20b
2. H. 12.–frühes 13. Jh.
S9 S6 S4 S3 alle Schichten bis gewachsener Boden 1. Abstich 2. Abstich 3. Abstich
19 20 21 16, TR 5, 22 17, TR 15a, TR 16a, TR 18a 18/1 18/2, TR 14 18/3, TR 6, TR 7, TR 13a, TR 15b 18/4, SR 1 TR 13a, TR 16a, TR 18a, TR 20a, 18/5, TR 9, TR 10a 18/6, TR 5
4. Abstich 5. Abstich 6. Abstich
11, TR 13a 2. H. 12.– 1. H. 13. Jh. 3, BKR 1, DTR 4, KR 3, 13./14. Jh. LAR 4, TR 20c 14 Latène(?) Mittelalter Bodenkreuz 11./12. Jh. ? 11. Jh. spätes 12.–13. Jh.
2. H. 12.–1. H. 13. Jh. 2. H. 11.– 1. H. 13. Jh. spätes 12./13. Jh. 2. H. 12.–frühes 13. Jh. 11. Jh., Sonderform RS Kanne mit Strich- und Punktverzierungen
363
415.00 414.00 413.00 412.00 411.00 410.00 3.DG 409.00 408.00
Blockstufentreppe
Gerberhaus von 1535 (J) 407.00 2.DG
406.00
Dach 1925
405.00 Sparrennegativ 404.00
Dach angehoben 17. Jh.
1.DG
403.00
Decke angehoben 17. Jh. 2. Aufstockung Kernbau
402.00 401.00
Abgebrochen 1968
400.00
Decke 1535
Sturzbalken um 1220 (wiederverwendet)
3.OG
1. Aufstockung Kernbau
399.00
0
1
2
3
4
5m
Abzugsöffnung 398.00 397.00 396.00
(F) Laube mit Aussentreppe oder Holzbau
Gerberhaus von 1423 (H)
Balken 1299 Nische
Ampelngasse
1299 Kernbau / Wohnturm 14. Jh. Aufstockungen Kernbau, Erweiterungen 1423 neues Gerberhaus 1535 Alle unter einem Dach, Umbauten im Haus 17. Jh. Umbauten
2.OG
Kernbau (E)
1.OG
Decke 1659 Hofüberdeckung 15. / 16. Jh.
Unterzug 1423
393.00 392.00 391.00
Bachstrasse ursprüngliches Terrain zum Kernbau Kellerabgang
EG
ursprüngliches Terrain zum Kernbau
G9
Ziegel-/Backsteinboden Kieselpflästerung 1423
390 .00
jüngerer Kanal
G4
Gerberbach eingedeckt 1937/38
älterer Kanal Grube 15
Abb. 517 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Querschnitt mit Bauphasen, Blick Nord (M 1:200).
Laube oder Holzbau
Bifore
ehemalige Türe zerstört
1299 Kernbau / Wohnturm 14. Jh. Aufstockungen Kernbau, Erweiterungen 1423 neues Gerberhaus 1535 Alle unter einem Dach, Umbauten im Haus 17. Jh. Umbauten
Abzugsöffnung Gang 0
Knechtekammer
Ofenstandort Türe
Lichtnische Herd / Rauchfang
Wandschränke Gang / Knechte
Ofenstandort jüngere Zwischenwand Rest Tonplattenboden Stube
Abb. 518 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Grundriss 2. OG mit Bauphasen (M 1:200).
364
Fenstersäule
Bachstrasse
Lichtnische
Herd / Rauchschürze
jüngere Zwischenwand Kammer
1
2
3
4
5m
B Abb. 519 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Ostfassade des steinernen Kernbaus von 1299 mit Anbau G und Profil (M 1:50).
400.00
jüngere Aufstockung 399.00
Abzugsöffnung
Boden Dachstuhl innen
398.00
Decke 2. OG 1535
397.00
Türe 1968 Boden 1. OG innen 396.00
Zwischenwand 1672 Decke 1. OG 1659
395.00
ältere Hofüberdachung
394.00
Türe EG Boden EG innen 393.00 EG Türe 1968
ursprüngliches Terrain
1. Abstich
Türe Keller
2. Abstich 392.00
kiesig humös
Unterkellerung 1659 ?
lehmig humös
6. Abstich
anstehend
391.00
390 .00 0
1
2
3
4
5m
365
Dendrodatierung 1.116, Pfarrhofgasse 1, Kernbau «Gerbe»/«Versöhnung»256
Abb. 520 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Steinerner Kernbau von 1299. Ostfassade mit originalen SLHWUD UDVD Verputzen, lanzettförmigem, gefastem Zweierfenster mit Abzugsöffnung im 2. OG und jüngerer Aufstockung, vgl. Abb. 119–121.
Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, Holzart WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 40 1298/99 WK Weisstanne
Kernbau 1299
verkohlter Balkenstumpf Laube Nordseite Türsturz 3. OG, 14 wiederverwendet
Aufstockung Kernbau E zum Turm 14. Jh. Umbau originale(?) 38 Kernbau E/Turm Nische im Kernbau E 1. OG
1215 (5)
Eiche
undatiert
Fichte
wurde 1529/30 bei einem Teil der Treppen im neuen Salzhof gewählt (1.235). Ebenfalls auf dieVHU 6HLWH EH¿QGHW VLFK HLQH ZHLWHUH 7 UH PLW HLQHP rundbogigen Gewände aus Randengrobkalk.253 Ihre Schwelle liegt 80 cm über dem Aussenterrain und führt in das als Küche dienende Hochparterre. Halbgeschossig höhenversetzte Türen zur Erschliessung von Erdgeschoss und Keller kennen wir auch vom «Grütli» (1.174). Eine weitere Türe in der Nordwestecke führt zur Laube oder in den zu vermutenden Holzbau. Im Innern dienen zwei Wandnischen zur Aufbewahrung von Geschirr und Gerätschaften. Hinweise auf Herd oder Ofen sind mit der grösstenteils zerstörten Nordwand verlorengegangen. Beide Wohngeschosse erhielten Luft und Licht durch zwei in der Ostfassade liegende spitzbogige, lanzettförmige Zweierfenster (Biforen) aus Randengrobkalk mit breiter Fase und beidseitig geschrägtem Auslauf $EE XQG 9HUJOHLFKVEHLVSLHOH ¿QGHQ
VLFK LP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ LP 2VWÀ JHO JHJHQ den Kräutergarten hin und, mit einem kleinen Oculus, an der Abtspfalz.254 Im Obergeschoss liegt neben dem Fenster unmittelbar unter der Decke eine kleine trichterförmige, sich von innen nach aussen verjüngende Abzugs- oder Belüftungsöffnung, wie wir sie als Querscharten auch von anderen Orten kennen.255 Der Raum diente zweifellos als Schlafraum. Während Deckenbalken und Bretterböden innen nur noch als Negative ablesbar sind, ist aussen auf der Westseite ein Balkenstumpf der ehemaligen Laubenkonstruktion oder des anschliessenden Holzbaus erhalten, der zeigt, dass der Kernbau 1299 errichtet wurde – eine Datierung, die die kunsthistorische Einordnung der frühgotischen Fenster in schöner Weise präzisiert. $XIVWRFNXQJ XQG (UZHLWHUXQJ LP -DKUKXQGHUW Der Kernbau wurde im 14. Jahrhundert um ein drittes Obergeschoss erhöht. Als einzige Öffnung ist ein weiterer Hocheingang mit dem erwähnten, wiederverwendeten Eichensturz vorhanden (Abb. 517 und 520). Im Gegensatz zum Ursprungsbau ist der Innenputz hier zwar deckend, aber rau und nicht geglättet ausgeführt. Die Südwand des Kernbaus wurde nach Osten, vielleicht ELV DXI GLH KHXWLJH )DVVDGHQÀXFKW DQ GHU %DFKstrasse, verlängert (Abb. 514 und 517). Sie gehört zur «Gelben Kerze» auf dem südlichen Nachbargrundstück, übernimmt die ursprüngliche Höhe des Kernbaus und weist nach Osten eine Neigung von 11° auf. Eine Erweiterung nach Nordwesten bringt der Anbau G, der wohl bis zur Ampelngasse reichte. Er weist in der Ostwand ein rundbogiges Türgewände aus Randengrobkalk auf und wurde dreigeschossig bis auf die Höhe der ersten Aufstockung des Kernbaus ausgeführt (Abb. 519). Starke Brandrötungen auf dem Mauerwerk zeigen, dass die bisher beschriebenen Bauten durch einen Brand beschädigt wurden. Auch der 30 cm tief eingemauerte Stumpf des Kragbalkens von
366
B 1299 war aussenseitig stark verkohlt. Wahrscheinlich gehören auch weitere Häuser in der direkten Umgebung und die Brandrötungen in der Gasse dazu (1.141 und 1.206). Die zeitliche Einordnung lässt einen Zusammenhang mit dem neu entdeckten Grossbrand in der Unterstadt um die Mitte des 14. Jahrhunderts wahrscheinlich erscheinen.257 Danach erhielt der Kernbau ein viertes Geschoss, dessen Putze nun innen und aussen sowohl deckend als auch geglättet sind (Abb. 521). Ein Sparrennegativ in der vollständig erhaltenen Südwand belegt ein von Westen nach Osten um 22° geneigtes Pultdach, das auf Schindeldeckung hinweist.258 Nun wird der einstige Kernbau zum eigentlichen Turm eines Gerbers, der allerdings kleiner ist als die mächtigeren Adelstürme. Schon 1392 wurde an dieser Stelle der 0DLJHU *lUZHU LQ GHU +DPSHOJDVVHQ erwähnt.259 Die Gesamthöhe des Turmes beträgt im Westen 14 m ab Terrainoberkante. Etwas später erhielt auch der Anbau G ein viertes Geschoss.
1
253 Vgl. oben, S. 85f. 254 Bänteli 1999a, S. 75, S. 79; Grütter 2005, S. 146, Kat. 252; vgl. oben, S. 110. 255 Bänteli 2010c, S. 44, S. 61, S. 87. 256 UWAD, Mathias Seifert, Bericht vom 29.4.1988; UWAD, Richard Meier, Bericht vom 9.1.1990. 257 Vgl. oben, S. 116. 258 Vgl. oben, S. 108. 259 Häuserdatenbank. 260 Die ursprüngliche Interpretation als Gerbergruben ist hinfällig, Bänteli 2004, S. 120.
Hof
G8
rasse Bachst
Kamin Heizkessel?
G14
Werkplatz 14. Jh. G7
G11
ältere Türe
Kieselpflästerung 1423
G12 G10
G6
G5 G9 G4
asser uchw al, Bra nal, r Kan rer Ka r e ältere g n e jü hwass Brauc
jüngere Türe 18. Jh.
G15
G13
0
1
2
3
4
Etwa 8 m östlich des Kernbaus E, nur wenige Meter vom Bach entfernt, liegt wohl der ehemalige (Gerber?)-Werkplatz. Hier wurde das Terrain etwa 1 m abgetieft, wie fehlende Deckschichten des natürlich entstandenen Terrains sowie ein Stützmäuerchen in Trockenbauweise auf der Nordseite zeigen (Abb. 522). Zum Bach hin lagen unter den jüngeren Brauchwasserkanälen die drei Gruben G12, G13 und G15 (Abb. 522), von denen eine in ihrer Füllung Keramik aus der ersten Hälfte des 14. Jahrhunderts enthielt. Sie reihen sich in die üblichen Latrinengruben der Stadt ein, besitzen die Form einer umgestülpten *ORFNH XQG ]XP 7HLO WRU¿JH ) OOVFKLFKWHQ 260 'DV QHXH *HUEHUKDXV YRQ Vom Kernbau E abgesetzt entstand 1423 ein neues, zweigeschossiges Gerberhaus am Ufer des Baches, auf der heutigen Flucht der Bachstrasse (Abb. 514 und 517). Der 7,5 x 11 m messende Neubau H übernimmt Teile der Bauten C und F. Der Zugang liegt gegenüber dem Tor von Bau G. Eine weitere Türe muss zum Bach hin rekonstruiert werden. Vielleicht wurde etwas später auch der kleine Hof zwischen E und H überdeckt. Vom Dach blieb ein einzelner Streifbalken erhalten, der 5° gegen Osten geneigt war (Abb. 517).
Stützmauer 14. Jh.
Backsteinboden 19. Jh.
Kanal und Latrinen 14. Jh. Gerbergruben 15. Jh. Gerbergruben 16. Jh. Kanal und Gerbergruben 17. Jh. Gerbergruben 19. Jh.
Abb. 521 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Steinerner Kernbau von 1299. Dachlinie des Pultdachs (1) der zweiten Turmaufstockung während der Abbrucharbeiten 1988.
5m
G3
G2
G1
Die 3 m hohe Gerberwerkstatt im Erdgeschoss wird durch einen Längsunterzug mit freistehenden Stützen in zwei asymmetrische Schiffe geteilt (Abb. 522 und 526). Auf die Deckenbalken wurde eine 4 cm dicke Bohlenbretterdecke verlegt, die zumindest auf der Südseite bis zu 17 cm tief in die Wand eingenutet ist. Das benötigte Frischwasser für die Gerberei lieferte ein vom Gerberbach abgezweigter Brauchwasserkanal,
Abb. 522 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Grundriss der Gerberwerkstatt im Erdgeschoss mit Grubenabfolgen (M 1:200).
367
Dendrodatierung 1.116, Pfarrhofgasse 1, Neubau «Gerbe»/«Versöhnung» 1423264 Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) Neubau EG Unterzug 32 1415 (1) Bachstrasse 1423 EG Deckenbalken 26, 28 1390, 1422/23 WK (18) 1. OG nördl. Rähmbal- 39 1402 ken kannelliert, ehem. Bohlenstube 1. OG älteres Fenster- 20 1404 fragment über Viererfenster mit Halberker 1. OG Bodenbretter 36, 37 undatiert
Holzart
Eiche Eiche Eiche
Eiche
Fichte
passen zu gleichartigen Gruben im Gerberhaus am Untergries (1.109). Die Gruben weisen einen Durchmesser von 1,2 m bei einer Tiefe von noch 50 cm auf, was bedeutet, dass die darin eingesetzten hölzernen Gerberbottiche ursprünglich ein Stück weit über den Boden hinausragten.
der mittig ins Haus eintrat, der Ostwand entlang verlief und die südlich anstossenden Gerberhäuser ebenfalls mit Wasser versorgte (Abb. 514, 522 und 533). Die Wände des Kanals waren gemauert und mit Lehm abgedichtet, die Sohle bestand aus einer Lehmschicht. Der Kanal rechnete mit HLQHU .LHVHOSÀlVWHUXQJ GLH LQ GHU :HUNVWDWW LQ Resten erhalten ist. Zugehörig sind auch die beiden Gerbergruben G9 und G10. Original scheint allerdings einzig der etwa 5 cm starke Mörtelboden zu sein, auf dem sie standen. Die Wände aus vermörtelten, abgeschroteten Biberschwanzziegeln gehören zu einer späteren Erneuerung und
Der Gerberkanal wurde 1570 in den Schriftquellen erwähnt: ...GHU %DFK GHQ *DQJ GXUFK GLH +lX ser von alters her gehabt habe....261 Nach dem Bau der neuen Spitalmühle 1590 (1.106) bekamen die Gerber Schwierigkeiten. Weil sie den Gerberbach wie seit alters her stauten, führte der
angehoben 1925
Decke angehoben 17. Jh.
Kaminabdruck
Fachwerk 1535
Spion Backsteinsturz
Rähm Bohlenstube 1423
Fenstersturz 1423, wiederverwendet Spion Fenster 1690
Abb. 523 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Ostfassade von 1423/1535 gegen den Gerberbach, mit Bauphasen (M 1:200).
368
Bacheindeckung 1937/38 0
1
2
3
4
5m
1299 Kernbau 14. Jh. Aufstockungen Kernbau, Erweiterungen 1423 neues Gerberhaus 1535 Alle unter einem Dach, Umbauten im Haus 17. Jh. Umbauten
B Rückstau nun zu Schäden an der Mühle: das die JHUZHU GHQ JHUEHU EDFK GHUPDDVVHQ VFKZ|OOHQ das spittals müllin merklichen schaden besche KHQ « PDLVWHU JHUZHU KDQGWZHUFKV « PLW HUQVW XQGHUVDJHQ GDV VLH GHQ EDFK LQQ LUHQ K VHUQ XQQG GDQQ GXUFK QLGHU GHUPDVVHQ VXEHU KDOWHQ das dem spittal an siner müli khain schaden wi derfhare.262 Im 1. Obergeschoss kam in der Nordwand als letzWHU 5HVW HLQHU JHKHL]WHQ %RKOHQVWXEH GDV SUR¿OLHUWH (LFKHQUlKP GHU KRUL]RQWDOH $XÀDJHUEDOken einer gewölbten Holzdecke,263 zum Vorschein (Abb. 523). Zusammen mit den Erdgeschossbalken ergaben sie das Baudatum 1423. Von diesem Bau stammt auch das gefaste Sturzbrett eines Fensters, wiederverwendet im Bereich des späteren Halberkers im 1. Obergeschoss. Dieser Neubau von 1423 ist Teil einer grösseren Umgestaltung an dieser Stelle, vielleicht einer schon früher einsetzenden (1.247) Neuorientierung der Häuser von der Hampelgasse/Ampelngasse mehr zum Bach hin. 1435 wurde der Wehrgang vom Annot durch das ans Schutzgatter anstossende Haus des Gerbers Conrad Keller geführt und dieser dafür entschädigt.265 In dieser Zeit taucht auch das nördlich ans Gerberhaus von 1423 anschliessende «Krautbad» als vierte städtische Badstube erstmals in den Steuerbüchern auf, wird aber in der Reformation wieder aufgehoben.266 'DV *HUEHUKDXV YRQ alles unter einem Dach vereint 1535 wurden alle bisher beschriebenen Bauten unter einem von der Ampelngasse bis zur Bachstrasse reichenden 25 m weiten Dach vereint. So entstand ein Glied der heutigen Häuserzeile (Abb. 514 und 517). Bau C wurde grösstenteils abgebrochen, die Bauten E und G wurden um ihr oberstes Geschoss gekürzt, H und F aufgestockt und die neue Giebelwand zwischen G und H eingefügt. Weil das westliche Drittel des Gebäudes 1968 einem Neubau hatte weichen müssen, gibt es dazu keine Befunde, abgesehen von einer Renaissancetüre, die in einem Bild von 1865 überliefert ist267. Wie bis anhin lag im Erdgeschoss die 261 262 263 264
Bänteli 2010a, S. 155f.; Bänteli 2009, S. 134. STASH RP 60,164 (1600), auch RP 51,116 (1591). Bürgerhaus 1946, S. 12. UWAD, Mathias Seifert, Bericht vom 29.4.1988; UWAD, Richard Meier, Bericht vom 9.1.1989; UWAD, Richard Meier, Bericht vom 31.7.1989. 265 Vgl. unten, S. 523. 266 Häuserdatenbank; STASH RP7,173 (1529), Nov. 12, Verkauf der ehemaligen Badstube zwischen Schutzgatter und Uli Wettlach, von Hans Seiler, Bader an Hans Gyger, Zimmermann. 267 Grütter 2005, Kat. 256.
Gerberwerkstatt mit einem erneuerten, direkt entlang der Fassade geführten Brauchwasserkanal, von dem sich nur das verrottete 70 cm breite Bodenbrett in gleicher Tiefe erhalten hat (Abb. 517 und 522). Die zwei Gerbergruben G8 und G14 in der Nordostecke mit Durchmessern von 1,2 m bei einer Tiefe von 60 cm waren bereits an die Stelle älterer Vorgänger getreten und gehören wie jene zu diesem Bau. Ihre dickwandige, gemauerte Konstruktion besteht wie bei den Wänden auch bei der Sohle aus vermörtelten Backsteinen, die mit vereinzelten Kalksteinen durchsetzt und durch einen äusseren Lehmmantel abgedichtet sind. Ein Kamin in der erneuerten Nordwand ermöglichte ferner das Aufstellen eines Heizkessels, um das Wasser für den Gerbprozess erhitzen zu können. Das 1. Obergeschoss wurde umgebaut, das 2. Obergeschoss neu errichtet. Beide Geschosse waren durch Fachwerkwände unterteilt und zeigen ein jeweils ähnliches Grundrissschema (Abb. 518). Die Eingangstüren lagen über jener der Gerberwerkstatt und setzen eine vollständig verschwundene Laube an dieser Stelle vor dem Turmhaus E voraus. Ihre Sandsteingewände zeigen eine hoch ansetzende Fase im oberen Drittel (Abb. 524). Vom Gang gelangte man nach Südosten in die geräumige Stube, nach Norden in die Küche mit einem Kaminanschluss, gefolgt von der Schlafkammer an der Bachseite. Im ersten Obergeschoss fehlen originale Fenster, im Gegensatz zum zweiten Obergeschoss (Abb. 523). Hier ist die gesamte Befensterung der bachseitigen Fassade mit zwei gestaffelten Dreierfenstern, überwölbt von Backsteinstürzen, und einer runden Fenstersäule (Abb. 525, 526 und 303), zusammen mit den Innenwänden weitgehend erhalten. Im Gang kommen zwei Wandschränke hinzu sowie ein zweiter Rauchfang in der Südwestecke, mit einem Ofenloch nach Westen. Dies deutet darauf hin, dass der Gang zur Stube als zweite Küche für den Knecht diente, dessen Kammer aussen an der Wohnung in der Nische zum Turmhaus E lag und von der Laube her zugänglich war. An Ausstattung haben sich im Gang um den Herd die Reste eines Tonplattenbodens (Plattenmasse 21 x 21 cm) und eine kleine Lichtnische mit einem aus einem Biberschwanzziegel herausgeschroteten Eselsrücken erhalten. Die Architekturteile sind entsprechend dem reformatorischen Zeitgeist in einfachem Schwarz gefasst, einzig die Stichbögen über den Staffelfenstern zeigen Reste von farbigen Rosetten. Die Fassade bestand im dritten Obergeschoss gegen den Bach aus Fachwerk (Abb. 523). Vermutlich war es – wie bei Gerberhäusern üblich – als offene Galerie gestaltet und entsprach damit dem «Posthorn» (1.110). Wahrscheinlich wurden in 369
Abb. 524 Z «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Wohnungstüre von 1535 im 2. OG (M 1:50). Abb. 525 ZZ «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Fenstersäule von 1535 aus der Stube im 2. OG (M 1:50), vgl. Abb. unten. Abb. 526 V «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Abbrucharbeiten 1988. Blick gegen die Fassade am Gerberbach von 1423/1535. Unten die Gerberwerkstatt mit Längsunterzug und Stützen, vgl. Abb. 303.
Säule 1535, 2. OG Seite Bachstrasse Raum 2.5
2. OG
diesem Geschoss die getrockneten Leder zugerichtet, bevor sie auf dem Markt zum Verkauf kamen. Die Räume des nun zugebauten Turmhauses E waren gefangen und konnten nur noch als Nebenräume genutzt werden. Der mächtige Rofendachstuhl ist 12 m hoch, zweifach liegend (Abb. 517 und 527) und nur im 6. Obergeschoss stehend ausgeführt. Die drei Binder sind mit Kreuzbändern ausgesteift, die Ständer mit Kopfbändern (Abb. 528). Blockstufentreppen verbanden die Geschosse; eine davon war im 2. Dachgeschoss noch erhalten (Abb. 517 und 302).268 Die für Gerberhäuser typischen durchgehenden Gauben dienen der Durchlüftung. Nur im obersten Dachgeschoss sind rofenbreite Gauben vorhanden (Abb. 304). Hier hängten die Gerber ihre Häute zum Trocknen auf. Aufzugstüren in der nördlichen Giebelwand ermöglichten mittels handbetriebener Spindeln den Transport der Häute ins Dach. Die dendrochronologische Datierung von 13 Konstruktionshölzern aus Eiche und Weisstanne zeigt, dass dieser Bau 1535 errichtet wurde. Die Ratsprotokolle des gleichen Jahres liefern eine eindrückliche Bestätigung dieser Datierung: dem Uli Hanser, genannt :HWWDFK, der nach 1515 in den Besitz dieser Liegenschaft mit Gerberei und Gerbergeschirr kam, musste städtisches Flössholz zugesprochen werden, da er zu bauen begonnen hatte, ohne im Vorjahr das dafür benötigte Holz zu bestellen.269 Umbauten des 17. Jahrhundert Die jüngere Bautätigkeit spielte sich in dem 1535 vollendeten Bau ab (Abb. 517, 518 und 523). Die 7UHSSHQODXEH PLW GHQ HLQOlX¿JHQ 7UHSSHQ ZXUGH abgebrochen, die Nordwand versteinert. Sie erhielt Rechteckfenster, die neben dem Ladenfalz ÀDFKH +RKONHKOHQ PLW HLQVHLWLJHP $XVODXI DXIweisen. Eine hölzerne Wendeltreppe am Westende des Gangs ermöglichte die Einrichtung von gross-
370
B Dendrodatierung 1.116, Pfarrhofgasse 1, «Gerbe»/«Versöhnung», Gerberhaus von 1535270 Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, Holzart WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1513, 1518 (2) Eiche Zusammen- Deckenbalken, Fach- 16, 17 werkwand, 2. OG fassung aller Bauten Schwelle 3. OG, De- 15, 74615 1527, 1534/35 WK Eiche, 1535 unter ckenbalken angehoben Fichte einem Dach 1. DG, 2 x Ständer, 11, 12, 13 3 x 1534/35 WK (4, 5, 13) Eiche Kopfband 2. DG, Kopfband, Ge- 8, 10 1512, 1529 Eiche, schossriegel Weisstanne 3. DG, Dachstuhl 1, 2, 4, 7 4x 1534/35 WK Weisstanne
Abb. 527 V «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Gerberhaus von 1535, 2. Dachgeschoss, vgl. Abb. 302.
zügigen Vorplätzen vor der Gerberwerkstatt und den Wohnungseingängen. Das Tor in Haus G wurde verstellt und zugemauert. Im Rahmen dieser Renovation wurde um 1600 das Holzwerk mit den Ausfachungen im 1. und 2. Obergeschoss rot gefasst und mit schwarzen Begleitlinien versehen (Abb. 529). Auch im 3. Obergeschoss zeigte sich diese Farbfassung, was auf eine neue Wohnnutzung hinweist. Die dendrochronologischen Datierungen machen deutlich, dass das Gebäude in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts fortlaufend modernisiert wurde. 1659 ersetzte man das alte Dächlein zwischen Turmhaus E und Gerberhaus durch den Einzug einer neuen Decke. Vermutlich wurde damals auch das Turmhaus E unterkellert. In der Ost- und Westwand des Turmkellers wurden 3 m weite Bogenöffnungen ausgebrochen (Abb. 519). Der Backsteinboden des neuen Turmkellers passt in diese Zeit, wie Scherben aus dem 16./17. Jahrhundert aus seiner Unterlage nahelegen. Wohl erst im 18. oder 19. Jahrhundert wurden die originalen Deckenbalken im Turm entfernt und die Geschosshöhen denen von 1535 angeglichen. 1666 wurde die Gerberwerkstatt umgebaut, die freistehende Stütze ersetzt und der grösste Teil der Deckenbalken erneuert. Die Bodenbretter des Obergeschosses wurden mit Holznägeln in den Deckenbalken befestigt und die Fugen mit Deckleisten abgedeckt, offenbar um die Geruchsimmissionen aus der stinkenden Werkstatt möglichst gering zu halten. Ein Backsteinboden wurde eingebaut. Möglicherweise können die Grube G11 und die sie störende Grube G7 hier zeitlich zuge-
Abb. 528 Y «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Eichenständer von 1535 im 1. und 2. Dachgeschoss (M 1:50).
2. DG
1. DG
1. DG
268 Heute im Ortsmuseum Beringen eingebaut. 269 STASH RP 6,131 (1524) und RP 9,449, 450, 452 (1535), letzteren Hinweis verdanke ich Hans Ulrich Wipf; Häuserdatenbank. 270 UWAD, Mathias Seifert, Bericht vom 29.4.1988; UWAD, Richard Meier, Bericht vom 9.1.1989.
371
Dendrodatierung 1.116, Pfarrhofgasse 1 «Gerbe»/«Versöhnung», jüngste Umbauten271
Abb. 529 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Rotfassung Riegel-Innenwand im 2. OG, um 1600 (M 1:20).
372
Bauphase
Ort
Zwischenbau Turm E/ Haus Bachstr. EG Umbauten im Neubau von 1423 Zwischenbau Kernbau 1299/Neubau 1423 Umbauten im Neubau von 1423 Umbau im Neubau von 1423 3. OG, neue Balkenlage
EG Deckenbalken EG, neue Stütze der Gerberwerkstatt EG Deckenbalken, Wand mit Gang EG Deckenbalken zu Umbau 1666? Einbau Halberker 1. OG, Sturzbalken Deckenbalken
Holzprobe P 33– 35 P 25
Datierung, WK=Waldkante Holz(in Klammern Anzahl Splintjahre) art 1659 WK (20, 2 x 21) Eiche 1665/66 WK (13)
Eiche
P 29
1671/72 WK (19)
Eiche
27, 30
undatiert
Fichte
P 19
1689/90 WK (27)
Eiche
nicht beprobt
ordnet werden (Abb. 522). Erstere ist ebenfalls aus Backsteinen gemauert, letztere mit Biberschwanzziegeln ausgefüttert. Beide liegen im Verkehrsbereich der Türe zur Werkstatt, die in diesem Zusammenhang zugemauert und um Türbreite nach Süden verschoben wurde. Wohl in diese Zeit fällt auch die Erneuerung des Brauchwasserkanals an der bisherigen Stelle. Der Kanal erhielt gemauerte Seitenwände und eine hölzerne Sohle. Vermutlich steht auch ein im Vorplatz neu eingezogener Deckenbalken von 1672 mit dem Umbau in Zusammenhang. Im 1. Obergeschoss wurde die Aussenwand der Bohlenstube gegen den Bach hin versteinert und die ehemalige Bohlenstube mit einem Renaissancetäfer ausgestattet.272 Das Viererfenster mit dem doppelten Halberker auf drei Konsolen wurde mit einem mächtigen Eichensturz überspannt, der diesen Bauabschnitt ins Jahr 1690 datiert (Abb.
523 und 144). Aus dieser Zeit stammt auch der Spion, die Guckscharte, die im zweiten Obergeschoss ein Pendant besitzt und sich auch an den nachbarlichen Gerberhäusern und vereinzelt in GHU 8QWHUVWDGW ZLHGHU¿QGHW 273 Ob die zum Untersuchungszeitpunkt bereits zerstörte alte Erdgeschossfassade mit zwei Rundbögen und der Eingangstüre (Abb. 523, 531 und 144) ebenfalls damals entstand oder bereits 1666 mit dem Werkstattumbau oder gar mit dem Bau von 1535, ist nicht mehr zu entscheiden.274 Ganz grundsätzlich deuten aber alle diese Baumassnahmen darauf hin, dass die Bachseite gegenüber der Ampelngasse immer mehr aufgewertet wurde, ja dass in jener Zeit, zusammen mit den Umbauten am Hampeltor von 1608 und 1662 (1.106 und 1.191), eine Art Quai entlang dem Bach entstand. In der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts wurde das 3. Obergeschoss zu einem repräsentativen Wohngeschoss umgebaut (Abb. 517, 523 und 531). Alle Deckenbalken von 1535 wurden angehoben, die freistehenden Stützen entsprechend verkürzt und auf diese Weise die Raumhöhe von 2,3 auf 3 m erhöht. So liess sich auch der oberste Turmhausteil wieder nutzen, der nach seiner Überbauung von 1535 nur noch 1,1 m hoch war. Mit einer neuen Türe in der Südostecke des Turmhauses E wurde der Raum erschlossen. Drei Zweierfenster und massives, grossformatiges Kalkbruchsteinmauerwerk traten an die Stelle des ehemaligen Fachwerks der Fassade. Zur neuen Stube gehörte ein nördlich anschliessender Saal, der 1739 mit GHQ VLFK GDULQ EH¿QGHQGHQ /DQGNDUWHQ HUZlKQW wurde.275 Ostseitig im Gang wurde ein identisches Doppelfenster mit Sitzbank ergänzt (Abb. 530). Die Dachtraufe wurde gesamthaft um 2 m angehoben. So entstand im ersten Dachgeschoss eine durchgehende Galerie, die der Durchlüftung des Daches diente. Hier wurden die gegerbten Häute getrocknet. Diese Galerie ist ein typisches Kennzeichen für Gerberhäuser und war auch bei
B den nach Süden folgenden Gerberhäusern vorhanden (Abb. 523 und 144). Zu diesem Umbau gehört eine Gelbfassung des Holzwerks mit roten Begleitlinien und schwarzer Rahmung, die die ältere Rotfassung übertüncht (Abb. 532). Die Deckenfelder zeigen ein schwarz gerahmtes rotes Feld mit Halbrundschluss an den Enden, ähnlich jenen der «Unteren Sanduhr» (1.243, S. 576). All diese Umbauten fallen in eine Zeit, in der die Rotgerberfamilie Müller Besitzer dieser Liegenschaft war (1593–1739). Die Müller stellten in jeder Generation den Zunftmeister, und ihr Wappen ziert das Portal der Gerberstube (1.241, S. 352). Im 19. und 20. Jahrhundert In der Werkstatt verdoppelte man den Längsunterzug mit den freistehenden Stützen und legte die Gerbergruben G1–G6 in der Südwestecke an (Abb. 522). Letztere sind aus Kalk- und Backsteinen gemauert, besitzen eine Tiefe von 80 cm bei einem Durchmesser von 1,2 bzw. 1,4 m. Innen gab es eine Holzauskleidung, wie Brettnegative im Mörtel der Wände und Holzreste am Boden belegen. Der letzte aktive Gerber, der sie benutzte, war Bernhard Schelling, der in den Brandkatasterbüchern 1865 und 1895 als Hausbesitzer aufgeführt ist.276
Abb. 530 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Fenster mit Sitzbank im Vorplatz 3. OG, 2. H. 17. Jh.
Abb. 531 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Ostfassade mit Gerberbach im Jahr 1903, vgl. Abb. 144.
Von der Nordwestecke der Werkstatt führte eine neue Türe auf den Hof des früheren «Krautbads»,277 wo der Geometerplan von 1868 vier weitere Gerbergruben zeigt (Abb. 514). Im Pro¿O DP 1RUGUDQG GHU %DXJUXEH OLHVVHQ VLFK ]ZHL davon dokumentieren. Die eine mit einem Durchmesser von 1,4 m war mit zwei Lagen von Biberschwanzziegeln ausgefüttert und besass einen ebensolchen Boden. Die andere mit 1,8 m Durchmesser war gemauert und besass einen Tonplattenboden. Nach den Brandkatasterbüchern gehörten im frühen 19. Jahrhundert sowohl das Haus «Zur Gerbe» als auch das ehemalige «Krautbad» der Rotgerberfamilie Sigrist. Auch das gegenüber an der Stadtmauer gelegene Haus «Zum Talhof» gehörte der gleichen Familie (Abb. 144). Dort ausserhalb an der Stadtmauer lässt sich auf einem 1850 entstandenen Bild von Hans Wilhelm Harder ein interessantes Detail zum Gerberhandwerk 271 UWAD, Mathias Seifert, Bericht vom 29.4.1988; UWAD, Richard Meier, Bericht vom 9.1.1989. 272 Bürgerhaus, 1946, Tafel 4. 273 Frauenfelder 1951, S. 338; Wipf 2011, S. 22. 274 StadtASH J21.01.S, Baustellen 1940, Foto der Fassade. 275 StadtASH Fb. 49,340; auch dto. 234: Zunftmeister Andreas Müllers Erben verkaufen das Haus an Laurenz Stierlin, dazu gehören u.a. die newe Läden und beschläg in die Gerwe gehörig, …die Läderpress und… die im Sahl befindliche Land Charten. 276 StadtASH Brandkataster BK Nr. 142. 277 Vgl. oben, S. 369.
373
1.247 Ampelngasse 12 / Bachstrasse 23 «Farb» Fenster
Abb. 532 «Gerbe»/«Versöhnung» (1.116). Gelb-Rotfassung der Deckenuntersicht im 2. OG, 2. H. 17. Jh. (M. 1:20)
Literatur: Frauenfelder 1951, S. 338. Die Fassade zeigt gegen das von der Ampelngasse abzweigende Stichgässchen im zweiten Obergeschoss ein gut erhaltenes Zweierfenster mit Pfosten, breiter Fase und beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354.280 Ein identisches (LQHUIHQVWHU LP JOHLFKHQ *HVFKRVV ¿QGHW VLFK LQ der Fassade an der Bachstrasse (Abb. 144).
beobachten. Neben dem Schutzgatterbollwerk lehnt sich ein so genannter Lohkäsständer an das Haus an. Die Gerber trockneten hier ihre Lohe (Rindenreste), nachdem sie in Formen zu festen Kuchen, den Lohkäsen, gepresst worden war. Diese liessen sich als Brennmaterial verkaufen.278 1909 war die «Gerbe» dann erstmals nicht mehr in den Händen von Gerbern, sondern im Eigentum des Sattlers Jacob Munz. 1925 wurde auch das vierte Obergeschoss zu Wohnzwecken umgebaut. Dazu hob man die Laubenkonstruktion mit einem Teil des Daches um 80 cm an. Mit der Eindeckung des Gerberbachs 1937/38 und der Anlage der Bachstrasse wurde das Terrain vor dem Haus angehoben und die grossen Schaufenster im Erdgeschoss angelegt.279 Dies waren die letzten grossen Eingriffe bis zum weitgehenden Abbruch und Neubau des Hauses im Jahr 1988. Erhalten blieben die Fassade und das Turmhaus.
278 Grütter 2005, S. 129, Kat. 99–101 und S. 133, Kat. 136–140. Allgemein zum Gerberhandwerk: Cramer 1981. 279 StadtASH J21.01.S/S 76–79. 280 Vgl. oben, S. 109. 281 Rüeger 1884, S. 338 mit Anm. 7; vgl. oben, S. 17.
6WUDWLJUD¿H 3IDUUKRIJDVVH «Gerbe»/«Versöhnung», jüngere Schichten (Abb. 514) Ort neuer Brauchwasserkanal
Fundnummer 6, HZ, Keramik glasiert Schuttfüllung 4, Keramik, Ofenkachel, Steingut humose Benutzungsschicht 5 Gerbergruben G1–G6 Schuttfüllung 1 Schuttschicht unter zugehörigem Mörtel- 8, feuerfeste Juragussboden ware, Spritzdekor Lehm-/Schuttschicht unter Mörtelgussbo- 9, grün glasiert den, 1. Abstich Lehm-/Schuttschicht unter Mörtelgussbo- 10 den, 2. Abstich Gerbergruben G7 und G8 Schuttfüllung 2, Keramik, Ofenkacheln Sondierloch im Turmhaus E unter Tonplattenboden 7 «Krautbad»/Rotsches Haus Kellerfüllung Brandschutt 15, Keramik Ofenkacheln
374
Schichtaufbau Sondierloch
Keramikdat. 16./17. Jh. 19. Jh. 18. Jh. 2. H. 19. Jh. 16.–18. Jh. Neuzeit Mittelalter 17./18. Jh. 16./17. Jh. 18. Jh.
B 1.110 Brunnengasse 2 / Bachstrasse 15 «Roter Hirschen» (Bachstrasse 17 «Posthorn») )DVVDGH 7RU *HUEHUKDQGZHUN
mauer von 1,2 m Breite ersetzt (Abb. 533 und 534). Das Fundament bildete zum einen das Widerlager der hölzernen Bachbrücke, zum andern gab es an dieser Stelle einen innerstädtischen Torbogen (1.209). Er wurde mit seinem Gegenstück am Haus «Zur Platte» bei der steinernen Bachbrücke 1594 entfernt.281 Beide Bögen waren im 16. Jahrhundert noch mit einer abschliessbaren Kette gesichert (1.164).
Heute besteht das Haus Bachstrasse 15 aus zwei zusammengelegten Häusern, die nur noch den Namen «Posthorn» tragen (Abb. 535 und 144). Die Anfänge des markanten Eckhauses reichen ins 12./13. Jahrhundert zurück (1.141). Vermutlich war es damals zur Brunnengasse hin orientiert. Ob das Gebäude schon die ganze Parzelle umfasste, ist unklar. Unter dem Kalksteineckpfeiler läuft das Fundament der bachseitigen Fassade mehr als 80 cm in die Brunnengasse hinein. Es besteht aus einem Mauerkern aus in Lehm verlegten Bollensteinen und wurde wohl in spätgotischer Zeit durch eine vermörtelte Kalkstein-
F
h) (Durac
H
E
rbach
zerstört 1968
11. Jh. /1. Hä
27
Gerbe
Versöhnung 1.116
Herdstelle
rkanal wasse Brauch
Das 3. Obergeschoss ist in Fachwerkbauweise erstellt und stammt nach den Fussbändern an den Ecken aus dem späten 15. oder 16. Jahrhundert. Genauere Hinweise geben die Fenster mit Ladenfalz, Hohlkehlen und einseitigem Auslauf. Die grösseren waren ursprünglich Kreuzstockfenster. Ein weiteres Fenster besitzt einen Fenstererker
gelbe Kerze
12. /1. Hälfte 1299 Kernb 14. Jh. Aufsto
25
11. /12. Jh.
1423 neues 22
5
Ampelngasse
N
0 1
5
10 m
trasse
10
3
Bohlenstube
10 m
8
Brand Fläche Strassen
Bachs
5
12. bis 15. Jh.
17. Jh. Umb
1.247
19
ntere Wasserquelle
0 1
23
N
Farb
12 12
Fenster 1318/54
Fenster 1318/54
23
Maienburg
22
1.206
2. Hälfte 12. /1. Hälfte 13. Jh.
1535 Alle un
Grube/ Latrine
al erkan hwass Brauc
1.110
22
15
weisses Eck
1.240
Posthorn
Herdstelle
Fenster 1318/54
1
Lehmboden
Grube/ Latrine
8
1.141 Stize
Fenster 1318/54
goldene Stize
Nägelibaum
roter Hirschen
6
2
4
Torbogen
Latrine
Brunnengasse
Hausboden verbrannt
Latrine?
1.209 3
9
7
5
1
Abb. 533 «Posthorn»/Ampelngasse/ Brunnengasse (1.110/1.206/1.209). Situation mit Nachbarliegenschaften und Gerbergruben (M 1:400).
375
Abb. 534 «Posthorn» (1.110). Gerberkanal in der Brunnengasse, mit Kalksteinplatte abgedeckt (1), rechts die Reste des kurz vor 1600 abgebrochenen Torbogens (2) mit einem älteren Vorgänger aus Bollensteinen (3) und das Widerlager der hölzernen Bachbrücke (4). Abb. 535 «Posthorn» (1.110). Das ins 12./13. Jh. zurückreichende Gebäude erhielt das heutige Gepräge mit ausladendem Dach, Flugsparren und Kalksteineckpfeiler durch einen Umbau im späteren 17. Jh. Damals hiess es «Roter Hirschen» und besass einen offenen Giebel mit Trockenböden für die Gerberei.
2 1 4 3
Abb. 536 «Posthorn» (1.110). Gerbergruben des letzten aktiven Rotgerbers Leonhard Meyer aus den 1850er-Jahren.
376
B 1549/1579.282
aus der Zeit von Das heutige Gepräge des giebelständigen Hauses mit ausladendem Dach und Flugsparren entstammt einem weiteren Umbau des späteren 17. Jahrhunderts, bei dem an der Ecke der Stützpfeiler aus Kalksteinen angefügt wurde. Der bachseitige Giebel war offen und beherbergte Trockenböden, in denen man die gegerbten Häute trocknen liess. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt die jüngere Gruppe der Staffelfenster an der Brunnengasse. Ihre Hohlkehlen laufen in Voluten aus. *HUEHUZHUNVWDWW Bei der Anlage einer neuen Kanalisationsleitung kamen 1986 im nördlichen Hausteil, dem ehemaligen «Posthorn», direkt unter dem Zementboden vier Gerbergruben in einer Reihe zum Vorschein (Abb. 533 und 536). Sie sind zylindrisch gemauert mit einem Durchmesser von 1,2 m bei einer etwas geringeren Tiefe. Bei zweien sind Holzabdrücke und Eisenreifen als letzte Reste der inneren Auskleidung vorhanden. Der Boden besteht aus einer 15–20 cm dicken Lehmschicht, die mit Steinen durchsetzt ist. Im Hinterhof lagen gemäss den alten Katasterplänen von 1868/72 drei weitere Gruben mit 2 m Durchmesser. Gemäss den Brandkatasterbüchern war der letzte aktive Rotgerber Leonhard Meyer in den 1850er-Jahren tätig. Die beiden Häuser bilden den südlichen Abschluss einer Zeile von acht Gerberhäusern, die direkt am gleichnamigen Bach liegen. Sie können zum Teil bereits ab 1392 als Gerberhäuser in den 6WHXHUE FKHUQ LGHQWL¿]LHUW ZHUGHQ XQG EHVLW]HQ noch Bauteile aus dieser Zeit (1.116 und 1.247).283 Ein Gewerbekanal führte im Inneren längs der bachseitigen Fassaden Frischwasser vom Haus «Gerbe» (1.116) durch diese Häuser, querte die %UXQQHQJDVVH ÀRVV GDQQ LQ HLQ ZHLWHUHV (FNKDXV und mündete direkt vor dem andern Eckhaus «Platte» (Bachstr. 13) wieder in den Bach. Dort war bis 1880 ein städtisches Waschhaus vorhanden (1.224). Der Kanal wurde bei den Werkleitungserneuerungen 2005 in der Brunnengasse (1.209) unmittelbar beim Austritt aus dem «Posthorn» angeschnitten (Abb. 533 und 534). Hier ist er gemauert, 75 cm breit und mit einer Kalksteinplatte abgedeckt, die 80 cm unter der StrassenSÀlVWHUXQJ OLHJW 9RQ GHU 0DFKDUW KHU VWDPPW HU aus dem 18./19. Jahrhundert, geht aber zweifellos auf ältere Vorgänger zurück. Bachseitig schliesst er ans Widerlager der hölzernen Bachbrücke an (1.209).
1.141 Brunnengasse 4 «Stize» (Brunnengasse 2, 6 «Posthorn», «Goldene Stize») :RKQKDXV 6LFNHUJUXEH
Abb. 537 V «Stize» (1.141). Bollensteinmauerwerk mit opus spicatum des 12./13. Jhs., 1938 im 1. OG des «Posthorns» freigelegt.
Literatur: Dagmar Hackländer: Gotisches Handwerkerhaus neu belebt, in: SN, 3.11.1999. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur Stize, Februar/ Dezember 1996. Bei der sanften Gesamtsanierung von 1997 liessen sich in den zum Teil vom Verputz befreiten Brandmauern in den Obergeschossen einige Baubeobachtungen machen. 9RUJlQJHUEDX ©3RVWKRUQ» 'HU lOWHVWH %HVWDQG ¿QGHW VLFK LQ GHU |VWOLFKHQ Brandmauer. Es handelt sich um kleinteiliges Bollensteinmauerwerk in Lagen von 11 cm Höhe. Einzelne Lagen sind in der Art des opus spicatum
Abb. 538 VV «Stize» (1.141). Östliche Brandmauer im 2. OG, Kalkbruchsteinmauerwerk des 14. Jhs. (2). Rechts unten im Treppenhaus Brandrötungen und Übergang zum Bollensteinmauerwerk des 12./13. Jhs. im 1. OG (1).
2
1 282 Vgl. oben, S. 109. 283 Häuserdatenbank.
377
schräggestellt. Dieses Mauerwerk reicht bis zur Oberkante des 1. Obergeschosses, ist mindestens in den hinteren 8 m vorhanden und reicht wahrscheinlich bis an die Brunnengasse. Der Mauercharakter passt ins 12./13. Jahrhundert. Die Mauer gehört offenbar zum «Posthorn» (1.110), wo die andere Seite der Mauer bereits 1938 freilag, es sei denn, das damalige Foto zeige die Nordmauer des «Posthorns» (Abb. 533 und 537). Das Mauerwerk weist starke Brandrötungen auf, die vielleicht mit dem Grossbrand aus der Mitte des 14. Jahrhunderts zusammenhängen.284 Nach dem Brand wurde das Haus mit Kalkbruchsteinmauerwerk um das 2. Obergeschoss aufgestockt. Das Mauerwerk ist mit einzelnen Bollensteinen durchsetzt ist und weist ähnliche Lagenhöhen wie der Vorgängerbau auf (Abb. 538). Der Mauercharakter passt ins 14. Jahrhundert. Das Negativ des Dach¿UVWHV EHOHJW HLQ HKHPDOV ]XJHK|ULJHV 6DWWHOGDFK «Stize» Spätmittelalterlich ist die westliche Brandmauer einzustufen. Erst mit ihr entstand vermutlich das Haus «Zur Stize». Beim alten Bollensteinmauerwerk wurde ein Teil der Mauerschale durch Kalkbruchsteine ersetzt, so wie es bei diesem instabilen Mauerwerk immer wieder zu beobachten ist.285 Das gassenseitige Doppelfenster im 2. Obergeschoss mit Ladenfalz, Hohlkehlen und einseitigem Auslauf datiert ins späte 15. oder in die erste Hälfte des 16. Jahrhunderts.286 Die Obergeschosse besitzen die typischen dreiraumtiefen Grundrisse mit Stube an der Gasse, Vorraum, Treppe und ehemaliger Rauchküche im Zentrum und Kammer gegen den Hinterhof. Auch die im Keller freigelegte und begehbar gemachte Sickergrube dürfte aus dieser Zeit stammen. Die Aufstockung mit dem 3. Obergeschoss und Anhebung GHV 'DFK¿UVWV XP NQDSS P HUIROJWH VFKOLHVV lich im 19. Jahrhundert.
378
1.209 Brunnengasse 1–9 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O K|O]HUQH %DFKEU FNH 7RU .DQDO Literatur: Hauser 1996, S. 348, S. 350; Frauenfelder 1951, S. 61. Die Werkleitungen in der Brunnengasse wurden zusammen mit jenen in der Ampelngasse (1.206) im Jahr 2005 erneuert. Das oberste Stück der Gasse bis zum Tellenbrunnen wurde bereits 1989 ausgeführt. Heute besitzt die Gasse nach Osten zum ehemaligen Bach hin ein Gefälle von etwa 1,2 m. Das anstehende Terrain liegt um 80 cm unter der OberÀlFKH XQG IlOOW GDQQ DXI +|KH GHU +lXVHU 1U und 4 gegen den Bach stark ab auf mehr als 1,6 m unter die Sohlen der Werkleitungsgräben. Vor der «Goldenen Stize» (1.141) zeigt sich auf eine Breite von etwa 7 m, dass die ursprüngliche Hausparzelle mindestens 0,8 m weiter in die Gasse hineinragte. Das anstehende Terrain liegt hier in 60 cm Tiefe. Darauf liegt ein verbrannter, sandiger Boden, der vielleicht von einer Scheune stammt. Er wird von einem gebänderten, 20 cm dicken Siedlungsschichtpaket aus dem 12. Jahrhundert bedeckt (Abb. 541).287 Ein vergleichbarer Befund kam längs der Hausfassaden in der Ampelngasse zum Vorschein (1.206). Ostseitig sinken die Schichten 40 cm tief in eine Grube ab, was auf eine alte Latrinengrube hindeutet. Auf diesem Schichtpaket steht die spätgotische, auf die heutige Flucht zurückversetzte Fassade. In der Gasse liegt zuunterst auf dem nur zum Teil abhumusierten Terrain der schwärzliche, stark verdreckte und etwa 20 cm starke Kieskoffer der ältesten Strasse. Wie beschrieben schliesst er nur zum Teil an die Hausfassaden an. Er dürfte, entsprechend dem noch heute ebenso schmalen Ostende der Gasse, ursprünglich etwa 3,5 bis 4 m breit gewesen sein. Demnach scheint die Nordseite der Brunnengasse ursprünglich dem südseitigen Fassadenverlauf gefolgt sein. Der älteste Kieskoffer ist mit Keramikscherben durchsetzt. Geborgen wurden allerdings nur Wandscherben, die nicht näher als ins 11.–13. Jahrhundert datiert werden können. Hinzu kommen Fragmente der frühen Allerheiligenziegel, wenige Hüttenlehmbrocken und Tierknochen. Bemerkenswertester Einzelfund ist eine mittelalterliche Bügelschere, die vor dem «Hinteren Palmzweig» (Brunnengasse 9) zum Vorschein kam (Abb. 540). Sonst kennen wir solche Scheren in unserer Gegend verschiedentlich aus Gräbern.288 Vor dem Hauseingang der «Hinteren Platte» (Brunnengasse 1) scheint eine weitere Latrine zu liegen. Sie wurde QXU REHUÀlFKOLFK DQJHVFKQLWWHQ 'DUDXI OLHJW LQ etwa 1 m Tiefe der älteste Strassenkoffer. Vor der
B gassenseitigen Fassade des «Posthorns» wurde das Widerlager der ehemaligen hölzernen Bachbrücke und des innerstädtischen Torbogens289 zusammen mit dem Gewerbekanal der Gerber (1.110) punktuell angeschnitten.
Abb. 539 Brunnengasse (1.209). Die Kanalisation aus dem frühen 20. Jh. (2) folgt hier wie vielerorts dem alten Stadtbach, dem gemauerten Kanal, dessen nördliche Seitenwange (1) erhalten ist.
Die jüngeren Strassenkoffer und der ihnen vom -DKUKXQGHUW DQ IROJHQGH 3ÀlVWHUHUVDQG VLQG nur in Fragmenten erhalten. Die Kanalisation aus dem frühen 20. Jahrhundert folgt hier wie vielerorts dem alten, etwa strassenmittig angelegten Stadtbach. Dieser verlief in einem gemauerten Kanal, von dem die nördliche Seitenwange abschnittweise erhalten ist. Ausnahmsweise wurde hier kein Kalkstein sondern altes Baumaterial wiederverwendet, u. a. ein grosser Randengrobkalkblock mit Türfalz sowie grosse Bollensteine (Abb. 539). 284 285 286 287 288 289
2
1
Vgl. oben, S. 116. Vgl. oben, S. 84. Vgl. oben, S. 161f. TR 9, 12. Jh. Ex Terra Lux 2002, S. 238–241. Vgl. oben, S. 17.
Abb. 540 Brunnengasse (1.209). Bügelschere aus dem mittelalterlichen Strassenkoffer des 12./13. Jhs. (M 1:2), vgl. Abb. 192.
3 2 1
Abb. 541 Brunnengasse (1.209). Auf dem anstehenden Humus (1) liegt der verbrannte Sandboden einer Scheune (2) mit einem 20 cm starken, gebänderten Siedlungsschichtpaket (3) aus dem 12. Jh. Dies macht deutlich, dass die ursprüngliche Parzelle der «Goldenen Stize» (Brunnengasse 6) mindestens 80 cm weiter in die Gasse hineinreichte.
379
380
C
C. Quartier Fischerhäusern und Munot ,P -DKUKXQGHUW HQWVWDQGHQHV YRUVWlGWLVFKHV 4XDUWLHU GHU )LVFKHU XQG 6FKLIÀHXWH PLW GHQ XP 1360 entstandenen Flankenmauern zum Munot, der letzten Erweiterung des städtischen Mauerrings.
Abb. 542 V Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Fischerhäuser und Rheinquai mit Schlachthaus (links) und «Fischerzunft» im Hochwasser 1890. Bis zum Bau des neuen Kraftwerks und dem Höherstau des Rheins 1961–67 war der am tiefsten gelegene Teil der Stadt häufig überschwemmt.
1.221 Fischerhäuserstr. 4–10, Rheinquai Ufermauer, Auffüllung, Wohnhaus, GerberhandZHUN 6FKODFKWKDXV 6LFNHUJUXEH 6FKLFKWSUR¿O Literatur: Historische Fundamente hinter dem Güterhof, in: SN 11.4.2008; Hauser 1996, S. 353, S. 394; Reinhard Frauenfelder: Das Alte fällt, in: SN 17.6.1967; Reinhard Frauenfelder: Der Bretterhof, in: SN 7.3.1966; Frauenfelder 1951, S. 433. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 70, Kat. 117, S. 103, Kat. 209. Die historisch bedeutsame Häusergruppe zwischen Güterhof- und Fischerstubengässchen wurde 1967 abgerissen, um einen altstadtnahen Parkplatz zu schaffen. Die seither klaffende Baulücke wurde erst 2008/09 wieder durch einen Neubau mit Autoeinstellhalle geschlossen. In einer ersten Etappe wurde die östliche Hälfte der Parzelle untersucht, soweit dies möglich war, da der Grundwasserspiegel nur 1,5 m unter der OberÀlFKH OLHJW 'LH ZHVWOLFKH +lOIWH ZXUGH ZlKUHQG der Aushubarbeiten skizzenhaft begleitet. Nach der Grundwasserabsenkung zeigte sich auf der Baugrubensohle in etwa 3 m Tiefe sehr schön die alte Sohle des Rheins. Nur die neuzeitlichen Latrinen wurden zum Teil bis auf dieses Niveau abgetieft (Abb. 543).
Abb. 543 V Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Nach der Grundwasserabsenkung zeigt sich in etwa 3 m Tiefe auf der Baugrubensohle sehr schön die alte Rheinoberfläche. Gegen den Rhein hin liegt darüber die Aufschüttung des Rheinquais, das 1865–66 mit dem Schlachthaus entstand.
Anfänge im 13. Jahrhundert Die Fischerhäuserstrasse ist der am tiefsten liegende Abschnitt der Stadt. Deshalb war das Quartier bis zum Bau des neuen Kraftwerks mit dem Höherstau des Rheines (1.080) oft überschwemmt (Abb. 542). Erstmals werden die Fischerhäuser 1298 erwähnt.1 Der Zinsrodel von 1299 zählt 18 Häuser extra portam in vico piscatorum auf. Ältester archäologisch nachgewiesener Bestandteil des Quartiers ist die Ufermauer M6 mit vereinzelten, 40–60 cm grossen Bollensteinen auf 389,90 m ü. M. (Abb. 544, 546). Ihren Anfang 1
STASH UR 1/267.
381
Abb. 544 Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Situation mit ausgegrabenen Mauerbefunden und Bauphasen (M 1:400).
Fischerhäuserstrasse um 1200 Ufermauer
Pflästerung
um 1500 Bretterhof
Gerbergrube
1575 Treppenturm
Sickergrube
19. Jh.
M51
Gerberhof / Bretterhof 1501
Handwerksbude
Holzhaus
M54
hintere Beckenbur g
Frohsinn
4
M52
M12
Halbkeller
M14
M15
M13
1.221 M12
Güterhofgäss chen
Treppenturm M18
G1 G2
M11
Kanal M19
M10
Metzgerei
M16 M17
Tor M9
M8 M7
Schlachthaus
M3
M1
M4 G3
G4
M6 M5
M2 N
0 1
5
10 m
Rheinquai
Rhein
Abb. 545 Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Der 1501 erbaute «Bretterhof» im Vordergrund mit der anschliessenden Häuserzeile kurz vor dem Abbruch 1967.
382
C nimmt diese Mauer mit gleichem Steinmaterial und identischer Höhe als Mauergrube M24a im Schweizerhof (1.235). Sie gehört zur Stadterweiterung der Zeit um 1200. Parallel dazu erfolgte die Teilaufschüttung des Geländes mit mindestens 1 m starkem schwärzlichem, fettem Lehm. Zum Teil sind auch Humus und Überschwemmungsablagerungen vorhanden, was einen längeren Prozess deutlich macht. Der ehemalige «Bretterhof» von 1501 Das in einer Kartusche zwischen zwei Rundbogenportalen datierte spätgotische Haus wurde von Reinhard Frauenfelder als eines von nur drei Häusern des bedeutenden Quartiers beschrieben. Gemäss den Fotos passt die Befensterung im 2. Obergeschoss ausgezeichnet in diese Zeit, während das Kreuzstockfenster im 1. Obergeschoss mit dem unten besprochenen Umbau von 1575 entstand (Abb. 545). Die ausgegrabenen Fundamente machen deutlich, dass das Gebäude mit dem schmalen Nachbarhaus, dem «Holzhaus», in einem Guss entstanden war (Abb. 544 und 547). Seine Aussenmauern M12 bestehen im Fundament aus Bollensteinen, im noch 80 cm starken Aufgehenden aus Kalksteinen. Das östliche Drittel wird durch die massive Wand M15 abgetrennt und mit M14, einer schmalen Unterlage für eine Fachwerkwand, nochmals unterteilt. Beide 5lXPH EHVLW]HQ HLQH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ GLH 1 m unter dem heutigen Strassenniveau liegt. Im Eckraum wurde später ein Backsteinboden eingebaut, den man um 0,5 m angehoben hat. Auf diesem höheren Niveau von etwa 390,60 m ü. M. OLHJW DXFK GLH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ LP EULJHQ Hausbereich. In dieser Zeit wurde die Parzelle durch weitere Aufschüttungen etwa 6 m in den Rhein hinein vergrössert. Die neue Ufermauer wurde nicht untersucht, weil sie im Gegensatz zur Parzellenmauer M4, die vom Vorderhaus zum Rhein hin verläuft, am Rand der Baugrube am Rheinquai liegt. M4 ist im Aufgehenden nur 55 cm stark, besteht aus Mischmauerwerk, hauptsächlich aus Bollensteinen mit einzelnen Kalk- und Sandsteinen. Der Anschluss der Mauer an das Vorderhaus ist zerstört. Der nicht mit dem Vorderhaus übereinstimmende Mauercharakter dürfte darauf hindeuten, dass M4 einige Jahre älter ist und zunächst den Weingarten mit Trotte umfriedete, den Conrad von Waldkirch 1490/95 in diesem Quartier erworben hatte. Hinweise auf eine ältere Bebauung fehlen, sieht man von einem an M4 angelehnten, rheinseitigen Häuschen ab, dessen Mauer M5 den gleichen Charakter wie die Hofmauer besitzt. Zu 0 JHK|UW HLQH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ GDU EHU 2
OLHJW JHOEHU 3ÀlVWHUHUVDQG GHU YRQ HLQHP ZHLWHren, höhergelegten Boden stammt. Es handelt sich wohl um die Reste des im Brandkataster genannten Waschhauses, das durch das unten zu besprechende Schlachthaus zerstört wurde. Im Hof sind beidseits an die Parzellenmauern langschmale Nebengebäude angelehnt (Abb. 544 und 547), deren Mauern M16 und M17 sich kaum vom Mauerwerk des Hauptbaus unterscheiden. Ihre Mauerstärken zeigen, dass ostseitig ein steinernes Gebäude vorhanden war, das bereits im Peyerplan 1820 fehlt, westseitig ein hölzernes. Die Funktion des letzteren macht der Brandkataster Anfang des 19. Jahrhunderts deutlich.2 Es sind Holzschuppen und ein Latrinengang, zu dem die in jüngster Zeit umgestalteten Sickergruben G1und G2 gehören. Zu einem grösseren Umbau gehört die Fundamentplatte des Treppenturms M18 aus Kalkbruchsteinen, die mit etwas Hohl- und Biberschwanzziegeln durchsetzt ist (Abb. 547 und 548). Frauenfelder beschrieb noch das zugehörige Kleeblattportal mit der Jahrzahl 1575. Dazu
Abb. 546 Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Die 40–60 cm grossen Bollensteine stammen von der ersten Ufermauer M6 (1) um 1200, die mächtigen Bodenplatten aus Rorschacher Sandstein (2) gehören zum 1865–66 erbauten Schlachthaus. Abb. 547 Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Im Vordergrund die Fundamente des 1501 erbauten «Bretterhofs» (1) mit dem 1575 von Ursula Waldkirch angebauten Treppenturm (2), den Parzellenmauern mit den beiden Nebengebäuden im Hof (3, 4) und dem Schlachthaus von 1865– 66 (5).
2
2
1
5 3
4 2 1
StadtASH Brandkataster BK Nr. 753.
383
gibt es einen Eintrag im Ratsprotokoll desselben Jahres, demzufolge der Rat frow Ursula Waldkirch ain karren mit erlen zu ihrem buw zu vischenhüseren geschenkt hat. Die Erlen dienten wohl zur Ausfachung von Flechtwerkwänden.3 Gerbereien und Schlachthaus Die rudimentäre Beobachtung des Aushubs der westlichen drei an den «Bretterhof» anschliessenden Parzellen machte deutlich, dass sich hier Gerbereien angesiedelt hatten. Sie existierten nur kurze Zeit von den 1850er- bis zur Mitte der 1870er-Jahre. In dieser Zeit trug der «Bretterhof» auch den Namen «Gerberhof». Es war gleichsam ein letztes Aufbäumen der Handwerker, bis sie durch die industrielle Gerberei verdrängt wurden (1.180). Zu erkennen sind die üblichen aus Bollensteinen gemauerten runden Gruben mit einem Durchmesser von 1,3 bis 2 m. Teilweise sind sie mit Tonplatten oder Ziegeln belegt und mit Zementmörtel ausgestrichen. Zum Teil sind die Eisenreifen der Holzausfütterung vorhanden, und einzelne Gruben waren noch mit Gerberlohe gefüllt. Die Befunde decken sich mit den detailliert untersuchten Gerberwerkstätten im «Hinteren grünen Klee» oder im «Posthorn» (1.109 und 1.110). Hinzu kommen Sickergruben der älteren Wohnhäuser, alle rechteckig und aus Backsteinen gemauert. Sie wurden, wie an vielen anderen Orten in Schaffhausen beobachtet, im späteren 19. Jh. mit Zement verputzt (z.B. 1.189 und 1.243).
Abb. 548 Fischerhäuserstrasse 4–10 (1.221). Der südseitige Treppenturm des «Bretterhofs» wurde 1575 von Ursula Waldkirch angebaut. Aufnahme von 1965.
384
In diesem Gerbereiumfeld wird auch die Ansiedlung des Schlachthauses im rheinseitigen Parzellenabschnitt des «Bretterhofs» direkt neben der Fischerzunft verständlich (Abb. 542). Der Schlachthof für Grossvieh konnte einen Teil seiner Häute direkt bei seinen Nachbarn absetzen, die mit ihrem Gerberhandwerk ähnliche Geruchsimmissionen erzeugten. Die Schlachtabfälle wurden zunächst wohl in den Rhein entsorgt. Stadtbaumeister Johann Gottfried Meyer errichtete 1865–1866 das Gebäude des Schlachthofs mit der Stilvermischung, die Reinhard Frauenfelder mit «halb romanisch, halb byzantinisch, ja mit Anklängen an jüdische Synagogenbauten» beschrieb. Beim Abbruch weinte Frauenfelder diesem Bau «keine Träne nach».4 Die Aufschüttung des Rheinquais ermöglichte erstmals den Zugang zum Fluss (Abb. 543, 544 und 546). Das Schlachthaus war bis zu seiner Verlegung auf den Ebnat im Jahr 1941 in Betrieb. Die mächtigen Kalksteinmauern M1–M3 und M9 sind 1,15 m breit. Das Terrain wurde erneut um etwa 60 cm aufgefüllt, so dass der Boden aus mächtigen Rorschacher Sandsteinplatten auf das gleiche Niveau von 391,20 m ü. M. zu liegen kam wie der neue Betonboden im strassenseitigen Gebäude. Mittig in der Nordwand lag das Eingangstor. Daneben, im Hof längs der östlichen Parzellenmauer, wurde mit den Mauern M11 die «kleine Metzg» eingefügt, wie sie im Brandkataster genannt wird. Die bis in die jüngste Zeit genutzten Latrinengruben G1 und G2 wurden bereits erwähnt. Weil die Letztere dreiseitig gegen innen abgeschrägte Zementkanten besitzt, dürfte sie zur Sammlung der Schlachtabfälle gedient haben. Auf der Nachbarparzelle wurde schliesslich ein Backsteinkanal M18 und die ebenfalls aus Backstein gemauerte Latrine G3 aufgedeckt.
C 1.112 Munot Stadtmauer, Römerturm, Munot, Wehrgang, Zinne
Abb. 549 Munot (1.112). Blick zum Rhein mit östlicher Flankenmauer und Undurft (Römerturm) aus der Zeit um 1360 und der um 1630 angebauten Courtine.
Literatur: Wipf/Meyer 2014; Hauser 1996, S. 385; Der Munot gibt weitere Geheimnisse preis, in: SN 13.6.1996; Damit das Wasser draussen bleibt, in: SN 26.12.1994; Bänteli 1996, S. 238f.; Bänteli 1994, S. 90–91; Bänteli 1989, S. 93–140; Frauenfelder 1960, S. 341; Frauenfelder 1951, S. 41–60. Bildquellen: Hasler 2010, Abb. 5 und 117, Darstellung des Annot, um 1565; Grütter 2005, S. 48– 53, S. 57, S. 127, Kat. 74–83, S. 128, Kat. 84–93, S. 134, Kat. 141–149, S. 150, Kat. 288–289, S. 163, Kat. 405, S. 166, Kat. 426, S. 167, Kat. 435. Im Zuge der Restaurierung wurde der östliche Wehrgang 1986 baugeschichtlich untersucht. Weitere Hinweise ergaben sich durch dendrochronologische Datierungen und optische Untersuchungen der westlichen Flankenmauer sowie durch Begehungen im Munot selbst. Dies ermöglichte, die Ergebnisse zeitnah mit dem 400-JahrJubiläum des Munot zu publizieren. Die wichtigsten Befunde sind hier mit den entsprechenden Bezeichnungen aus der damaligen Publikation zusammengefasst (Abb. 550, 553 und 554). Sie werden ergänzt und zum Teil auch neu datiert durch die Erkenntnisse späterer Untersuchungen in der Umgebung. Hinzu kommt eine überraschende Einsicht, die im Rahmen der Sanierung der Sockelabdeckung 1992–1994 gewonnen werden konnte. Die Ergebnisse der Restaurierung der westlichen Wehrmauer von 2015/2016 wurden nicht mehr miteinbezogen. 3 4 5 6
STASH RP 34,242. Schaffhauser Zeitung 17.6.1967. Bänteli 2010c, S. 80. UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 20.7.1986 und Felix Walder, Korrektur/ Ergänzung 20.9.2012
Flankenmauern mit Undurft als jüngste Stadterweiterung Noch ist der Verlauf der Stadtmauer vom Hampeltörli (vgl. Pfarrhofgasse 1.106) weiter in die Unterstadt nicht geklärt. Dagegen sind wir über die Befestigung am Schwarztor informiert, die in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand (1.124). Die Flankenmauern zum Munot bilden die jüngste Stadterweiterung der Jahre um 1360 (Abb. 549 und 552). Passend zur späten Datierung dieser Ringmauern beträgt ihre Mauerstärke nur noch 80 cm. Mit 11 m gewinnt die Wehrmauer in einem Guss die volle Höhe, während sie bei den älteren Stadtmauerabschnitten in Etappen erreicht wurde, wie dies etwa die Befestigungsmauer beim «Adler» verdeutlicht (1.111).5 Der Römerturm (1a) auf halber Höhe des Emmersbergs (Abb. 550)
Dendrodatierung 1.112 Munot, östlicher Wehrgang6 Bauphase
Ort
Römerturm und östliche Flankenmauer 1358
Turminneres, Schartenstürze, Schwellen Decke 3. OG
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (Zahl in Klammern Anzahl Splintjahre) 1–7 1296, 1341 (10), 1350 (12), 1353 WK? Eiche (11), 1357 WK? (19), 1357/58 WK (25)
Umbau Römerturm Treppenhaus 8, 9 1390 (4), 1413 (20) Eiche um 1415 Deckenbalken Dach Römerturm noch nicht beprobt Schwellen, 12–17 1580, 1605 (6), 1606, 2 x 1625 WK? Eiche Wehrgang auf (18, 19), 1629 WK? (25) Courtine unterhalb Ständer, Querhölzer Dach des Römerturms um 1630 385
14
816
91
90
41
4817
43
53
10
1
821
3
844
88
8
818
89
39
5
37
4
87
822
12
35
823
86
33
t
85
31
824 10
40
Unterstad
42
84
825
29
38 36
826
83
27
34
weg halden Munot
63
44
1f
25
7
1i
5
1 3 838
63A
2704162
Munot stieg
16
2 23
32
4
880
Hir sch we g
37
884
883
19
26 24
M un ot st ie g
38
21
28
6
4d
14
1h
36
17
22
36A
20
886
15
1g
Unterstadt
18
33
13
16
888
11
14
Munot
5
10 m
2a
1e
1h
2a
Umbauten 1. Hälfte 15. Jh. 1563 bis 1589 Munot 1599 Unterfangung Kasemattengewölbe um 1630 Courtine 1659 bis 1665 Kontermauer / Graben
7
10
8
5
6
23A
3
1721 Neubau westliche Flankenmauer
1h
1
2
3e
1d
5
3f
innerer Graben
um 1360 Vorgängeranlage Annot / Undurft um 1400 Zwingolf
01
12
889
7
N
10320408
Annot
Zwingolf
Verbindungstreppe Kasematte – Caponniere
1a
2a
6
1b
Undurft/Römerturm
1i
äusserer Graben
2704130
Munot Wehrgang
1c
Königsstuhl 7
A
F
2c
H B
G
C
1.124
E
I
8
A Berme
N
Katze 1634
Eulenburg
Rö me rsti eg
32
Güterhof
0 1
5
Paradieserhaus
M38
innerer Stadtgraben
10 m
6
Erweiterung Kernbau, Steinkeller 2703158
1.106
M44
1.124 M49 M48 Brücke
äusserer Stadtgraben
M47
M46
M49
äusserer Stadtgraben / Katze
äusserer Graben
1628-34
um 1445 Schildmauer / Verstärkung Kontermauer Neubau inneres Schwarztor Mitte 16. Jh. Neubau Silberberg
14. Jh.
Mitte 13. Jh. Stadtmauer um 1360 Flankenmauer Annot
11. Jh. / 12. Jh. Grubenhäuser 12. / frühes 13. Jh. Kernbau
M43
M
N
äusseres innerer Schwarztor M42 äusseres inneres Stadtgraben M45 Schwarztor Schwib- Schwarztor M41 bogen M46 M43
K
D
L
innerer Graben
24
20
17
12
Berme
386 2a
Abb. 550 Munot (1.112). Situation mit Bauphasen (M 1:1000). Silberberg
4
Paradieserhaus
4 2
4
schen Läufergäs
1
4
C steht im Verband mit dem östlichen Mauerabschnitt (1b, 1d), der ursprünglich (1c) an den Kernbau beim Schwarztor anschloss (1.124). Der kleine Rechteckturm ist als Schalenturm konzipiert, der zur Vermeidung von toten Winkeln aus der Mauer vorspringt, wie wir dies vom Neuturm her kennen (1.198), der gut zwei Jahrzehnte früher entstand. Eine Nachkontrolle der dendrochronologischen Proben des Turms von 2012 lieferte erstmals eine sichere Datierung ins Jahr 1358. Auch die westliche Wehrmauer stammt in ihrem obersten und untersten Abschnitt (1f, 1g) aus dieser Zeit (Abb. 552). Der umlaufende Wehrgang gehört ebenfalls dazu, wie schon beim «Adler» gesehen (1.111). Originale Teile aus dieser Zeit fehlen aber in diesem Abschnitt. In den Sturm- und Wachenordnungen der Zeit um 1460 wird mit dem «Undurft» ganz eindeutig der ursprüngliche Name des Römerturms überliefert. Er wurde aber bereits im 17. Jh. Pulverturm genannt.7 Der Römerturm ist wie dargelegt ein integraler Bestandteil der Stadtmauer mit ihrem Umlauf für die Wachtmannschaft. Hans Wilhelm
7
Bänteli 2011, S. 65f. und Anm. 26; Zimmermann 1989, S. 28; Schmuki 1989, S. 171; 8 z.B. SN 17.6.2016, 14.9.2015, 5.5.2015; Zimmermann 1989, S. 28; Frauenfelder 1951, S. 59; Frauenfelder 1945b. 9 Meyer 1989, S. 17; Bänteli 1989, S. 96. 10 STASH RP 30,141r, 1571 März 23: min herren gmainlich uff den Unnott komen unnd rathschlagen, ob der wachter thurn abzeheben. Mögen kriegs lütt zu inen nehmen; Schmuki 1989, S. 144f. 11 Hasler 2010, Abb. 5 und 117. 12 Zimmermann 1989.
Harder übertrug den historisch überlieferten Namen «Undurft» auf den kleinen Turm westlich vom Munot, der als einer von mehr als einem Dutzend namenloser Schalentürme zum Wall zwischen innerem und äusserem Graben gehört. Dieser Fehldeutung ist man in jüngster Zeit weiter gefolgt.8 Der Pseudo-«Undurft», der zwei Entsprechungen im östlichen Munotgraben hat, wurde 2015/16 restauriert. Neue Hinweise zu Annot und Zwingolf aus den Schriftquellen Ob in der Kasematte noch Reste der Vorgängeranlage vorhanden sind, wissen wir nicht. Die früher an dieser Stelle vermutete nellenburgische Stadtburg ist mittlerweile im «Oberhaus» lokalisiert (1.196).9 Der Annot, der Turm am Schnittpunkt der Flankenmauern, wird in den Schriftquellen überliefert. Er wurde 1571 abgebrochen, nachdem die Bastion schon weit gediehen war.10 Zudem ist er bei Stumpf 1548 abgebildet, ebenso auf einem Scheibenriss von 1565.11 Aus der schriftlichen Erwähnung kennen wir auch den Zwingolf, die dem Turm vorgelagerte runde Geschützplattform, ebenfalls bei Stumpf 1548 abgebildet (Abb. 551). Zu den von Jürg Zimmermann vorgelegten Auszügen aus den Sturm- und Wachenordnungen12 liegen mittlerweile eine Fülle noch älterer Quellen vor. Nur einige wichtige seien hier aufgeführt. Der Zwingolf erscheint erstmals 1415 bei der Belagerung Schaffhausens durch den Städtebund (vgl. S. 129). Hier standen bereits 1408 Buchsen, kleinere Geschütze, und ein Springolff, eine Wurfmaschine. Diese Bewaffnung wird 1453 präzisiert als ettlich büchssen und dann 1480 mit 1 Stainbüchss, 2 Taressbüchssen und 1 Bögkli. Ihre Funktionen werden beim Zeughausinventar unter der Fundstelle
Abb. 551 YV Munot (1.112). Die Stadtansicht der Stumpf-Chronik von 1548 zeigt den «Zwingolf»am rechten Rand. Diese runde Geschützplattform war dem Turm Annot, dem Vorgänger des Munot, vorgelagert, vgl. Abb. 284. Abb. 552 V Munot (1.112). Westliche Flankenmauer der Zeit um 1360. Links mit grossformatigem Mauerwerk der 1721 erneuerte Mauerabschnitt, vgl. Abb. 161.
387
15 m vor der westlichen Flankenmauer in 0,7–1 m Tiefe liegt und dann gegen Norden auf 0,4 m ansteigt – ein offensichtlicher Hinweis auf den alten, schmaleren Graben, der erst 1659–1665 auf die heutige Breite ausgeweitet wurde.16
Werkhaus erläutert (1.186).13 Diese frühe Anlage wurde immer wieder umgebaut: 1408/09 wurde schon ein Wehrgang, Umblouff am Emersperg, abgebrochen; Steine wurden 1430/31 und 1445 zum Zwingolf geführt, der in dieser Zeit schon eine Latrine, profett, besass, während die Wächterwohnung auf dem Annot durch eine Feuerstelle indirekt erwähnt wird.14 In den Plateaus beidseits des Munot stecken noch Reste dieser Vorgängeranlage (1h), die vermutlich in ein Rondell übergeht, den eigentlichen Zwingolf. Ihn dürfen wir uns wohl in seiner Endausführung wie das Augusta-Rondell vorstellen, das wir vom nahen Hohentwiel bei Singen kennen. Mit seinem Durchmesser von 25 m ist dieses Rondell die mächtigste Rundbastion Südwestdeutschlands.15 An die Plateaus des Zwingolf schliessen sich nach unten die Zwinger an (1i), deren Mauern ebenfalls vielfach umgebaut wurden. Die westliche Zwingermauer ist unterhalb des Schalenturms noch auf dem Peyerplan von 1820 eingezeichnet. Der Ersatz der Wasserzuleitung zum Turm, im Jahr 2013 quer zum Munotgraben angelegt, machte deutlich, dass der anstehende Boden auf einer Breite von
Umbauten im 15. Jh. Um 1415 wurden im Undurft die noch bestehenden Geschossböden eingezogen (2b). Dazu gehört auch die nachträgliche Ausmauerung (3a) der anfänglich bis zum Zinnengeschoss offenen Stadtinnenseite des Römerturms (Abb. 554). Das Mauerwerk besitzt viel Hohlziegeldurchschuss. Das gilt auch für die stadtaussenseitige Ausmauerung des entfernten Wehrerkers im Zinnengeschoss (Abb. 553). Aus dieser Zeit stammt schliesslich der Dachstuhl des Turms, der bislang nicht dendrochronologisch datiert ist (Abb. 172). Er passt mit zwei angeblatteten Fussbändern aber gut zu den Dachstühlen der Burg Hohenklingen aus dieser Zeit.17 Die östliche Flankenmauer begann sich wahrscheinlich schon bald nach ihrer Errichtung zu senken und musste deshalb innenseitig durch Mauerpfeiler (2a) in gleichmässigem
um 1360 Vorgängeranlage Annot / Undurft um 1415 Umbau Undurft / Römerturm um 1630 Courtine
Wehrerker
1a
3g
Abb. 553 Munot (1.112). Undurft (Römerturm) und Flankenmauer stadtgrabenseitig, mit Bauphasen (M 1:200).
388
0
5
10 m
C 13 StadtASH A II.05.01.015/061 1415: Als si im Tzwingolf huotten und wacheten im krieg; A II.05.01.007/081 1408–1409: III s verzarten der Armbroster, Uolrich Murer uff dem Onnot, as si Büchsen besuochten und den Springolff; A II.05.01.109/170 1453–1453: I lb Hainrich Murer schanckung umb dz er zuo ettlich büchssen uff dem Zwingolff gesehen und geschossen hat. STASH Ordnungen A3. Vgl. auch Schultheiss 2006, S. 238–239. 14 StadtASH A II.05.01.007/020 1408–1409: IIII s Hügillin und Martin Grillen brauchen den Umblouff am Emersperg ab; A II.05.01.047/006 1430–1431: VIIII ß Steffan von stain füeren an den Zwingolff; A II.05.01.084/102 1445–1445: XVI ß II knechten VI tag stain zu tragen uff den Zwingolff; A II.05.01.080/068 1444–14: V ß von der herdstatt uff dem Aunnot ze machen. 15 http://www.festungsruine-hohentwiel.de/festung/anlage/ 16 Schmuki 1989, S. 176–181. 17 Bänteli 2010c, S. 70–79. 18 Bänteli 2010c, S. 80–82. 19 Vgl. oben, S. 187. 20 Schmuki 1989, S. 143–148. 21 Schmuki 1989, S. 166.
Abstand gestützt werden. Im Zuge des grossen Stadtausbaus 1443/45 wurde der unterste Abschnitt (1c) der östlichen Flankenmauer abgebrochen und als nördliche Schildmauer (2c) vor den alten Kernbau im Haus «Zum Silberberg» (1.124) nach Osten verschoben. Die Zinnen dieser Mauer gehören zu den jüngsten in der Stadt Schaffhausen.18 Die ursprünglich kreisrunde Kasematte Der Munot als Renommierbau und Wahrzeichen der Stadt19 entstand in Etappen; sein Gesamtkonzept reifte erst im Bauverlauf heran. Hauptelemente waren 1563–1577 die Bastion als Rundbau mit offenem Innenhof, 1572/73 der Turm und 1578/79 das Gewölbe über dem Innenhof.20 Ein Gutachten von 1599 macht deutlich, dass erst damals die Mauern auf der Nord- und Westseite in die Kasematte eingezogen wurden. Sie dienten zur Unterfangung und Stützung des Gewölbes und gehören zur Sanierung eines Baupfuschs, 20 Jahre nach der Erstellung des Gewölbes und 10 Jahre nach dem Bauabschluss des Munot.21 Während der Sanierungsarbeiten an der um 1360 Vorgängeranlage Annot / Undurft um 1415 Umbau Undurft / Römerturm
Aussenansicht Schiessscharte 3c
um 1630 Courtine
Aussenansicht Schiessscharte 3c
1a
3c
3e
0
5
10 m
Abb. 554 Munot (1.112). Undurft (Römerturm), Flankenmauer und Courtine von der Stadtinnenseite, mit Bauphasen (M 1:200).
389
Dendrodatierung 1.112 Munot, westlicher Wehrgang22 Bauphase
Ort
Holzprobe
Datierung, WK=Waldkante Holzart (Zahl in Klammern Anzahl Splintjahre)
westliche Flankenmauer, Untersuchung unterer und oberer 2015/2016 Abschnitt westliche Flankenmauer, Balkenstümpfe, 1–4 2 x 1640, 1690, 1697 (6) mittlerer Abschnitt, Neu- Wehrgang in alter bau mit Wehrgang 1721 Flankenmauer Sockelabdeckung im Jahr 1994 kam ein blinder Gang mit Treppe zum Vorschein, dessen Einstiegsöffnung heute sichtbar ist. Er liegt über der Decke des Zugangs, der vom Grabengeschoss, vom sogenannten unterirdischen Gang, in die westliche Caponniere führt (Abb. 550). Der neu entdeckte blinde Gang diente als Direktverbindung von der Kasematte über eine Treppe zur Caponniere und war von dieser aus nur über eine Leiter zu erreichen. Dieser Befund bestätigt die übrigen Beobachtungen am Bauwerk selbst, denen gemäss die Kasematte ursprünglich vollständig rund war.
Neubau der westlichen Flankenmauer Der Mittelabschnitt der westlichen Flankenmauer (4d) fällt durch sein grossformatiges Mauerwerk auf (Abb. 550 und 552) auf. Er war im heftigen Sturm vom 28. Dezember 1720 eingestürzt und danach neu aufgebaut worden. Neben der auf beiden Seiten der Mauer angebrachten Jahrzahl 1721 mit einer Kanonenkugel zeigt die dendrochronologische Datierung, dass der Wehrgang nicht nur in diesem Bereich, sondern darüber hinaus ein Stück weit bis in die alten Mauerabschnitte (1f, 1g) erneuert worden ist.
Die Courtine an der östlichen Flankenmauer Nach dem Bau des Munot wurden die Flankenmauer (1d, 1e) oberhalb des Römerturms zum grössten Teil abgerissen und die Courtinenbögen (Abb. 549, 550, 553 und 554) zusammen mit der Stadtmauer neu gebaut (3e). Dazu gehören die Schiessscharten aus Kalkstein (3c) mit ihren gerundeten Leibungen, die einen möglichst grossen Schusswinkel für die Hakenbüchsen erlaubten. 'HU JOHLFKH 7\S ¿QGHW VLFK DP 'LHEVWXUP XQG beim Webertor (1.136 und 1.238). Auch der neue, YROOÀlFKLJH 9HUSXW] GHV 5|PHUWXUPV PLW VHLQHU eingeritzten Eckquadrierung stammt aus dieser Zeit. Gleichartig sind auch die Scharten der neuen Courtine eingefasst. Die ehemalige Wetterfahne des Turms datiert diesen Bauabschluss ins Jahr 1601.
1.057 Fischerhäuserstrasse 19 «Reblaube» Teuchel
In einer zweiten Bauetappe entstand die Courtine (3f) unterhalb des Römerturmes. Sie wurde an die alte Flankenmauer (1b) angelehnt. Deren Zinnenöffnungen wurden zugemauert und durch die etwas tiefer liegenden Schiessscharten (3g) ersetzt, die kantige Leibungen besitzen. Teile des zugehörigen Wehrgangs aus dieser Zeit sind erhalten und datieren die Vollendung der Courtine in die Jahre um 1630. Sie gehört zum Ausbau der Befestigung vor dem Schwarztor (1.124). Die Verstärkung der östlichen Flanke der Stadt wird so als Gesamtkonzept in den Wirren des Dreissigjährigen Kriegs verständlich.
390
Eiche
Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1942, S. 37. 1942 kam vor dem Haus in 1,5 m Tiefe ein stattlicher Teuchel zum Vorschein.
1.201 Fischerhäuserstrasse 62 «Salzstadel» Lagerhaus Literatur: Zur Renovation des Salzstadels, in: SN 16.10.1954. Der «Alte» oder auch «Äussere Salzstadel» wurde im Jahr 2003 einer Aussenrenovation unterzogen. Dabei wurde etwa ein Drittel des 1954 aufgetragenen Zementverputzes entfernt. Daher waren nur beschränkte Untersuchungsmöglichkeiten gegeben. Es zeigte sich, dass man 1954 an den Längsfassaden alle originalen Fenstergewände aus Sandstein ersetzt hatte. Grundsätzlich sprechen die weiteren Beobachtungen nicht dagegen, dass das Gebäude in einem Guss entstanden war. Das Mauerwerk ist allerdings unregelmässig. Es gibt Abschnitte aus kleinteiligem Kalksteinmauerwerk und solche aus grossteiligem Quadermauerwerk. Dies könnte darauf hindeuten, dass es sich um wiederverwendetes Steinmaterial handelt. Rheinseitig sind zudem einige Fugen und
C pfeilerartige Ausmauerungen vorhanden, bei denen es sich um die Sanierung von Hochwasserschäden handeln könnte. Tatsächlich fällt das in der Literatur überlieferte Baujahr 1673 mit einem Rheinhochwasser zusammen, das ebenfalls aus Basel überliefert ist.23 Sehr gut in diese Zeit passen auch die noch im Originalzustand erhaltenen Oculi an den Giebelseiten. An die Ostseite schloss bündig das äusserste Stadttor mit dem gegenüberliegenden Torwächterhaus an, wie es der Peyerplan noch 1820 zeigt. Der auf dem Mentzingerplan von 1644 in vollem Umfang dargestellte «Salzstadel» dürfte im 16. Jahrhundert entstanden sein. Sein Baujahr könnte durch eine dendrochronologische Untersuchung ermittelt werden. 22 UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 06.10.1987. 23 e-HLS, Artikel «Überschwemmungen», Christian Pfister, 23.2.2015.
1.180 Fischerhäuserstrasse 57 «Ochsen» (Fischerhäuserstr. 53 «Weingarten») Labor, Industrie, Latrine Literatur: SN 29.10.1999 und SN 14.3.2000. Im Zuge der Neuüberbauung des Grundstücks kamen 1999 ausserhalb der Baugrube im Randbereich der Bauinstallation drei Gruben zum Vorschein. Sie lagen vollständig isoliert im umfangreichen Baugelände auf einer kleinen Fläche von 5 x 5 m (Abb. 555). Während die Grube 1 nichts von Interesse barg, lag in den Gruben 2 und 3 ein grosser, zum Teil merkwürdiger Komplex mit technischer Keramik aus dem 19. Jahrhundert. Der Befund lag direkt an der Nordwestecke der Parzelle der früheren Wirtschaft «Zum Ochsen», was für die historische Zuordnung und funktionale Interpretation von Bedeutung ist.
Abb. 555 «Ochsen» (1.180). An den kleinen Lustgarten der Wirtschaft «Zum Weingarten» schliessen Gartenlaube und Latrine an, in denen das rätselhafte Fundmaterial des 19. Jhs. gefunden wurde (M 1:500).
Buchthalerstrasse 2711574
2711037
geplante Fabrik des Fabrikanten Johann Heinrich Bek um 1910 G3 Laube/Gartenhaus G2 Latrine
Lustgarten nach Kataster 1872
G1 1.180
2722091
We inga rten
Oc hse n
N 0
1
2
3
4
5m
Grabung 1999
391
Bruchstückhafte Befunde Grube 2 ist rund und besitzt einen Durchmesser von ca. 2,3 m. Im oberen Meter war sie mit Planiematerial aufgefüllt, darunter lagen, bereits im Grundwasser, bis in eine Gesamttiefe von etwa 2 m typische Fäkalienschichten, die sie als Latrinengrube ausweisen. Grube 3 besteht aus einer quadratischen Mulde von bis zu 0,5 m Tiefe und etwa 2,5 m Seitenlänge. Die Sohle wurde mit Sand nivelliert. Darauf war ein Mörtelboden gegossen, der noch halbmondförmig erhalten war. Er schloss ursprünglich an eine unbekannte Struktur an. Mittig auf der Südseite setzt ein kleiner, aus Backsteinen gemauerter und mit Mauerwerk ummantelter Abwasserkanal an. Er besitzt Ge-
fälle gegen Süden und einen Querschnitt von 15 x 19 cm. Dies zeigt, dass hier anschliessend an den Mörtelboden entweder ein einzelner Brunnentrog oder ein Trog als Teil eines grösseren Korpus gestanden hat. Nordseitig mit Zentrum etwa 1 m ausserhalb von G3 gab es eine weitere Backsteinstruktur mit etwa 45 cm Seitenlänge, die wiederum von Mauerwerk umgeben und mit dem Mörtelboden verbunden war. Sie war westseitig zerstört, weshalb unklar blieb, ob es sich um eine geschlossene Struktur handelte, etwa ein Kaminsockel, oder ob sie nur dreiseitig geschlossen war und beispielsweise als Unterlage für einen massiven Steintisch diente. Es ist davon auszugehen, dass diese Überreste in einem Holzschuppen lagen. Ein Baluster aus Sandstein blieb ein zusammenhangloser Einzelfund. Rätselhaftes Fundmaterial aus dem 19. Jahrhundert. Das umfangreiche Fundmaterial lag dicht an dicht in den Gruben 2 und 3 (Abb. 556). Seine Bergung in Sektoren und Schichten machte deutlich, dass zusammengehörende Scherben auf beide Gruben verteilt waren und deshalb ihre Auffüllung gleichzeitig erfolgte. Zum Teil sind die Funde in viel kohligem Material eingebettet, das wohl als Reste von Arbeiten mit Feuer oder als Ofenabraum anzusehen ist. Von einem allfälligen Brand des posWXOLHUWHQ +RO]VFKXSSHQV ¿QGHW VLFK QLFKWV LQ GHQ Zeitungsarchiven. Unter den mehr als 500 geborgenen Objekten gibt es ein kleineres Scherben- und Glasinventar von Gefässen, wie sie in einem Haushalt des 19. Jahrhunderts üblich waren. Aus der Latrine stammen etwa auch Lederschuhe, ein Wecker und anderes Altmetall. Weiter fand sich ein Kreuzer mit der Jahrzahl 1773. 24 Hinzu kommen einzelne Scherben, die älter sind und teilweise bis ins Mittelalter zurückreichen. Diese Funde stammen aus allen Planie- und Deckschichten und kamen grösstenteils als Bestandteil der als Dünger genutzten Latrinenfäkalien aus der Stadt in die Rebhänge (1.037). Der Peyerplan von 1820 weist das Grundstück bis zur Buchthalerstrasse als Rebland aus, mit einem schmalen Gartenstreifen längs den Grundstücken an der Fischerhäuserstrasse im Bereich unseres Grabungsbefundes. All diese Funde interessieren hier nicht weiter.
Abb. 556 «Ochsen» (1.180). Dicht an dicht liegendes Fundmaterial des 19. Jhs. im Profilsteg der Grube 3 bei der Freilegung.
392
Unter den jüngeren Funden aus Porzellan und 6WHLQJXW EH¿QGHQ VLFK DXFK ]ZHL PLW GHU EUDXQHQ Marke «OPAQUE SCHAFFHAUSEN», die die Ziegler’sche Tonwarenfabrik in Schaffhausen für ihre Geschirre verwendete (1.083).25 Leider ist der genaue Beginn der Verwendung unklar (mit dem Neubau der Steingut-Fabrik 1876?).26 Da sich die Marke jedoch eindeutig an derje-
C nigen der Steingutfabrik von Saargemünd von 1855/1856 orientiert, dürften wir einen verwertbaren chronologischen Hinweis darauf haben, dass das keramische Abfallmaterial zusammen mit der zahlreichen «Laborkeramik», den Röhren und den Abtritt-Trichtern in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, vielleicht auch erst in den Jahren um 1900 in die Gruben 2 und 3 einplaniert wurde. Dieser einzigartige Komplex von zum Teil sehr ungewöhnlicher Keramik verdient besondere Aufmerksamkeit. Bei seiner Entdeckung dachte man zuerst an ein Alchemistenlabor, dann an keramische Masse- und Glasurexperimente als Vorstufe einer seriellen Produktion, schliesslich an die Herstellung von Prototypen zur Produktion von Laborkeramik im Umfeld der Anfänge der Ziegler’schen Tonwarenfabrik am Rhein nach 1828.27 Aus dem uns interessierenden Material liessen sich etwa 150 mehr oder weniger vollständige Gefässe zusammensetzen (Abb. 557). Sie zeigen eine erstaunliche Variabilität. Ein Teil von 24 25 26 27
KASH Inv. 32929; Bulletin IFS 22, 2015, S. 34. Zur Firmengeschichte: Ziegler-Keramik 1993. Zur Marke von Schaffhausen vgl. Heege 2010, S. 82. Voruntersuchungen des Fundmaterials (noch in Unkenntnis der hier vorgelegten Befund- und Aktenlage) durch Andreas Heege, Aktennotiz Herbst 2011 sowie Peter Kurzmann, Bericht vom 14.11.2012.
ihnen besteht aus einer Art feuerfestem Ton bzw. selten Graphitton. Der Rest kann als normale, glasierte oder unglasierte Irdenware, wohl kalkfreie, grob gemagerte Irdenware (feuerfestes Kochgeschirr) oder als grob gemagerte Irdenware (für Röhren und Abtritt-Trichter) eingestuft werden. Unter den Formen sticht vor allem ein weitgehend erhaltener mehrteiliger, zylindrischer Ofen hervor (Abb. 558). Er besteht aus einem unten geschlossenen, nach oben offenen Unterbau auf drei Füssen mit rechteckiger Aussparung der Seitenwand für die Einfeuerung, einem ringförmigen Mittelteil (ohne Boden oder Deckel) mit vier schräg eingesetzten Öffnungen, und einem umgedreht trichterförmigen, nach oben offenen Aufsatz. Zwischen Unterteil und Mittelteil konnte in eine Nut des Unterteils zusätzlich eine gelochte Platte mit einem zentralen Zugloch eingelegt werden (Abb. 559). Die beiden oberen Teile sind im 6WLO GHU 1HRUHQDLVVDQFH PLW $XÀDJHQ LQ )RUP YRQ %OlWWHUQ %O WHQ XQG /RUEHHUJHKlQJHQ VRZLH ¿xierten Ringgriffen verziert, die typisch sind für Gartenkeramik des 18. und 19. Jahrhunderts. Beide Teile tragen die Marke «H&B» (Abb. 569). Fragmente von mindestens zwei weiteren solchen Öfen sind vorhanden. Da in der wissenschaftlichen Literatur keinerlei Vergleichsobjekte veröffentlicht sind, ist die exakte Funktion dieser Öfen diskutabel (mobiler Warmluftofen für Raum-,
Abb. 557 «Ochsen» (1.180). Depotsituation der etwa 150 Gefässe aus dem 19. Jh.
393
Werkstatt- oder Gewächshausheizung?). Intensive Feuerungsprozesse haben, nach der ErhalWXQJ XQG GHQ 2EHUÀlFKHQ GHU 6FKHUEHQ ]X XUWHLlen, in den Öfen jedenfalls nicht stattgefunden.
Abb. 558 «Ochsen» (1.180). Kleiner, zylindrischer Ofen, bestehend aus einem Unterbau auf drei Füssen, Mittelteil mit vier schräg eingesetzten Öffnungen sowie oberem Abschluss mit umgedreht trichterförmiger Haube. Die beiden oberen Teile sind im Stil der Neorenaissance verziert und zeigen die Marke «H&B». Abb. 559 «Ochsen» (1.180). KASH 32470, flacher Lochdeckel mit Rohransatz, vermutlich zum Ofen Abb. 558 gehörend.
Abb. 560 «Ochsen» (1.180). KASH 32460, flacher Deckel mit Griff, vermutlich zum Ofen Abb. 558 gehörend.
394
In ein vermutlich ganz anderes Umfeld passt eine Muffel, ein halbzylindrisches, keramisches Objekt mit runden Löchern in der Oberseite. Hinzu kommen Teile von 5 Destillierhelmen, von denen zwei noch weitgehend erhalten sind (Abb. 561). Weiter gibt es über 30 Tiegel, einmal aus Graphitton, sonst grob gemagerte Irdenware, oft mit vor dem Brand eingeritzter Zahl (Abb. 565), 18 zentral gelochte Tiegelabdeckungen, 37 becherartige Gefässe aus Irdenware, die teilweise vor dem Brand eingeritzte Zahlen und teilweise den Stempel «H&B» tragen (Probebrände für keramische Massemischungen?), 23 Stöpsel unterschiedlicher Form, wie sie meistens zum Verschluss von &KHPLHÀDVFKHQ 9HUZHQGXQJ IDQGHQ $EE acht teilweise gehenkelte Trichter in verschiedenen Grössen (Abb. 562), kleine Flaschen mit viereckigem Querschnitt, die an zeitgleiche BitWHUZDVVHUÀDVFKHQ DXV 6WHLQ]HXJ HULQQHUQ $EE 567) und sieben konische Spezialkörper mit Schlitz, von denen zwei die Marke «H&B» und eine vor dem Brand eingeritzte Zahl «58» tragen (Abb. 566). 19 spitzkonische, teilweise auf der Innenseite glasierte Röhren dienten vielleicht als Düsen (Abb. 568). Schliesslich gibt es Teile von über 30 Röhren, oft gerade, seltener gebogen. Einige haben seitlich einen Ansatz, an dem eine abzweigende Leitung angesetzt werden konnte. Steckmuffen lassen sich dreimal belegen. Dazu kommen Fragmente von mehr als 30 aus sehr grob gemagertem Ton gearbeiteten, konisch zulaufenden, unglasierten oder innen glasierten Abtritt-Trichtern mit seitlich angesetzer Röhre (Wasserzulauf?). Neun Apothekenabgabgefässe (teilweise mit eingeritzten Zahlen auf dem Boden), Schüsseln, Schälchen, Caquelons, Dreibeinpfännchen, Dreibeintöpfe, Hohl-, Flach- und Steckdeckel, Kochtöpfe, Einhängetöpfe für Herde mit Ringeinsätzen, Krüge, Tassen und TelOHU JHGUHKWH 0LQHUDOZDVVHUÀDVFKHQ DXV 6WHLQzeug, feuerfestes Kochgeschirr aus dem Jura (Region Bonfol) sowie nicht unerhebliche Mengen von Blumentöpfen und Blumentopfuntersetzern runden das Ensemble ab. Singulär ist ein kelchförmiger Becher aus Bronze. Zahlreiche Stücke wirken, vor allem wenn Bleiglasuren oder dünne Fayenceglasuren vorliegen, merkwürdig fehlbrandartig. Verschiedene Stücke tragen nur Grundengoben. Die bereits erwähnte Herstellermarke «H&B» erscheint 31 Mal auf verschiedensten Gefässtypen: konische Becher (evtl. Masseproben?), Blumentopf-Untersetzer, Destillierhelme, Flachdeckel, Flaschen, Schalen,
C Abb. 561 Y «Ochsen» (1.180). KASH 32545, weitgehend erhaltener Destillierhelm, Laborkeramik. Abb. 562 Y «Ochsen» (1.180). KASH 32448, Trichter, Laborkeramik.
Abb. 563 Y «Ochsen» (1.180). KASH 32539. Auf dem Boden eines konischen Blumentopfs sammelte sich die beim Brand herabfliessende Glasur. Der Boden trägt auf der Unterseite die Marke «H&B» sowie vor dem Brand eingeritzt die Zahl «25». Abb. 564 U «Ochsen» (1.180). KASH 32474–32484b, Auswahl an Flaschenstöpseln. Solche fanden normalerweise bei Lagerflaschen für Chemikalien Verwendung, die sich mit wenigen Fragmenten ebenfalls im Fundgut befinden.
Abb. 565 Z «Ochsen» (1.180). KASH 32612, Graphittontiegel mit Spuren von starker Feuereinwirkung, Laborkeramik.
5
10 cm
Abb. 566 YY «Ochsen» (1.180). KASH 32497–32507a, Auswahl von konischen Spezialkörpern mit seitlichem Schlitz. Die meisten tragen auf der Unterseite die Marke «H&B» sowie eine vor dem Brand eingeritzte Zahl. Funktion unklar, evtl. Laborkeramik oder Brennhilfen? Abb. 567 Y «Ochsen» (1.180). KASH 32447, kleine Flasche mit eckigem Querschnitt in der Form der SteinzeugBitterwasserflaschen des 19. Jhs., auf der Schulter Ritzmarkierung «N 1». Fehlbrand, stark überfeuertes Exemplar, Glasur im Inneren nicht ordentlich aufgeschmolzen.
395
Abb. 568 U «Ochsen» (1.180). KASH 32491–32514, Auswahl von spitzkonischen Röhren, die vielleicht als Düsen dienten, evtl. Laborkeramik?
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Abb. 569 V «Ochsen» (1.180). KASH 32560. Die Marke «H&B» erscheint etwa 20 mal auf verschiedensten Gefässtypen, hier ergänzt mit einer gestempelten Rosette. Die nicht sicher lesbare Bleistiftbeschriftung «Schla...» erfolgte nach der Herstellung.
5
10 cm
C Schüsseln, Töpfe, Trichter, Rohre mit Steckmuffe, Ofenteile und primitive Abtritt-Schüsseln, manchmal ergänzt durch eine gestempelte Rosette (Abb. 569), ein Kreuz oder eine Zahl. Bei 64 Stücken fanden sich vor dem Brand von Hand eingeritzte Buchstaben und Zahlen in den Böden oder auf den Gefässaussenseiten. Weitere Gefässe ohne Marken oder in auffallend abweichender Qualität scheinen von anderen Herstellern zu stammen. Hinzu kommen weitere Beschriftungen und Nummerierungen, die mit Bleistift auf den fertigen Gefässen angebracht sind (Abb. 569). Schliesslich gibt es in einer ganzen Anzahl von Gefässen Rückstände von Chemikalien und anderem, die zwar beprobt, aber nicht analysiert wurden (Abb. 563). Hinweise zur Herstellermarke «H&B» und zur Parzellengeschichte Das Rätsel dieses Fundkomplexes lässt sich an dieser Stelle nicht abschliessend lösen. Einige Hinweise dazu sollen aber nicht unerwähnt bleiben. Die Marke «H&B» dürfte mit der Firma «Hottinger Billeter u. Comp.» zusammenhängen. Diese stellte Soda, Holzessig, Salzsäure und «das ächte köllnische Wasser» her, und auch ein Mittel, um «Weine, welche in Essiggärung übergehen, …dauerhaft davon zu befreien». Die «Chemische Fabrik» begann ihre Produktion um 1820 im «Generalengut»28 im Mühlental, brach nach kurzer Zeit auseinander und spaltete sich auf: Johann Jacob Hottinger bezog 1829 einen Neubau im Reiatdorf Hofen; 1832 ging seine Firma Konkurs und wurde versteigert. Die übrigen Gesellschafter Billeter, Süsstrunk und Schwarz verlegten ihr Geschäft in die Fischerhäuser und mussten nach kurzer Zeit ebenfalls aufgeben.29 Der kurzzeitige Produktionsstandort Fischerhäusern stellt demnach die Verbindung zur Marke «H&B» her. Als Produzent der Keramik (oder von Teilen davon) kommt die Ziegler’sche Tonwarenfabrik in Frage, die ihren Betrieb ebenfalls 1828 aufgenommen hatte.30
Die Parzellengeschichte gibt weitere Hinweise. 1907 kaufte der Fabrikant der Tuchfabrik im Mühlenquartier, Johann Heinrich Bek-Kirchhofer, das Gasthaus «Zum Weingarten» an der Fischerhäuserstrasse. Er reichte Ende des Jahres das Baugesuch für ein neues Fabrikgebäude mit Hochkamin für einen Dampfkessel ein. Es sollte auf das zur Wirtschaft gehörende freie, bis zur Buchthalerstrasse reichende Landstück hinter dem Nachbarhaus, dem Gasthaus «Zum Ochsen», zu stehen kommen. Einsprachen von Anwohnern und Villenbesitzern oberhalb des geplanten Bauwerks führten zu Expertisen über die seit Jahrzehnten angewandten Produktionsprozesse in Beks Fabrik in den Mühlenen. Trotz der Baubewilligung durch den Stadtrat und eines positiven Urteils des Bezirksgerichts im Mai 1909 wurde die Fabrik nicht gebaut.31 Unser kleiner Grabungsbefund, der auf einen Schuppen oder eine Gartenlaube mit Wassertrog, Abwasserkanal, Kamin/Steintisch und Latrine hindeutet, lag direkt an der Nordwestecke der Parzelle der Wirtschaft «Zum Ochsen» (Abb. 555). Er schliesst sich gemäss dem Katasterplan von 1868/72 unmittelbar östlich an einen kleinen rechteckigen Lustgarten an. Dieser war von Wegen durchzogen, hatte einen Brunnen im Zentrum und gehörte zur Wirtschaft «Zum Weingarten», die Bek 1907 gekauft hatte. Der Schuppen entstand offenbar ohne Baubewilligung, bestand nur kurze Zeit und erscheint deshalb, im Gegensatz zum Pärklein, auch nicht in den Katasterplänen des frühen 20. Jahrhunderts.
28 Hauser 1996, S. 381. 29 Den Hinweis auf die Firma verdanke ich Hans Ulrich Wipf. Vgl. Schaffhauser Kantonsgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts, Band 1, Schaffhausen 2001, S. 325; Max Ruh: Das Mühlental, in: Schaffhauser Magazin 1/87, S. 29; Adreßbuch der Kaufleute & Fabrikanten von ganz Deutschland, so wie der Haupt-, Handels- und Fabrikorte des übrigen Europa und der anderen Welttheile. Erster Theil, Bayern, Württemberg, Baden, Hessen, Hessen-Darmstadt, Nassau, Frankfurt und die Schweiz enthaltend, Nürnberg 1828, S. 171: Schaffhausen, Fabriken, Hottinger Billeter u. Co., Fabrik von Soda, Holzessig ic. 30 Hauser 1996, S. 376; vgl. zur Firmengeschichte: Ziegler-Keramik 1993. 31 StadtASH D IV.06.02/Fischerhäuserstrasse 49 und Brandkataster; Hauser 1996, S. 371, Nr. 2.1; SN 15.4.1907, 29.7.1908, 3. und 12.8.1908, 18. und 19.3.1914, 24.1.1961.
397
398
D
D. Quartier Kloster Allerheiligen 1049 durch Eberhard und Ita von Nellenburg gegründetes Benediktinerkloster, um 1100 weitgehend neu gebaut als hirsauisches Reformkloster.
1.040 Moserstr. 27, Quaistr. 3–11, ehemaliges Strickmaschinenareal 6WDGWPDXHU /DQGJHZLQQXQJ 6FKLIÀlQGH Gerberhandwerk, Industrie Literatur: Bänteli 2013a, S. 372–373; Bänteli 2002, S. 40, S. 45; Bänteli 1999b, S. 13; JbAS 82, 1999, S. 315f.; JbAS 80, 1997, S. 271; Ein Puzzlestein aus der Stadtgeschichte, in: SN 1.11.1996; Hauser 1996, S. 369f., S. 391. Bereits 1920 dokumentierte der Pfahlbauforscher -DNRE +HLHUOL HLQ .DQDOLVDWLRQVJUDEHQSUR¿O LP Hof der Strickmaschinenfabrik. Diese wurde 1996 abgebrochen, um einem Wohn- und Gewerbehaus mit öffentlichem Parkhaus Platz zu machen. In diesem Zusammenhang war bereits 1995 die Unterführung zur Rheinbadeanstalt stillgelegt worden. 1997 wurde die Gerberlaube an der Quaistrasse 3 unterkellert, und 1998 wurde die Kanalisation in der Quaistrasse erneuert. 2008 entstand der Neubau Quaistrasse 11. Die Erkenntnisse zur Stadtmauer aus den benachbarten Fundstellen 1.227 und 1.229 werden ebenfalls hier vorgelegt.
bis zu 90 cm und Höhen von 10–30 cm. Im Aufgehenden verjüngt sich die Mauer beidseitig auf rund 1 m; vereinzelt sind Mörtelreste vorhanden. Diese Mauer gehört zweifellos zur ältesten Stadtbefestigung, zur Stadt- und Klostermauer, die mittlerweile auf etwa 250 m Länge nachgewiesen ist.1 1998 wurde 38 m weiter östlich unter einer 2,5 m mächtigen Planieschicht ein weiteres Teilstück von 6 m Länge aufgefunden (Abb. 571, 574 und 576). Es ist gleichartig gemauert und bis zu 1,2 m hoch erhalten. Zwei letzte Abschnitte wurden 2009 nordöstlich davon in der Moserstrasse dokumentiert. Sie waren 0,7 m bis 1,4 m hoch erhalten und wiesen absolut identische Konstruktionsmerkmale auf. Das Teilstück in der Strassenkreuzung von Moserstrasse, Quaistrasse und Fischergässchen (1.227) ist durch die Kanalisationen stark gestört (Abb. 571 und 573). Das weiter nach Westen verlaufende Mauerstück (1.229) ist hingegen noch sehr gut erhalten. Im 1,9 m tiefen Leitungsgraben konnte es auf 4,5 m Länge ÀlFKLJ IUHLJHOHJW ZHUGHQ $EE XQG
Abb. 570 Moserstrasse 27 (1.040). Baugrube der ehemaligen Strickmaschinenfabrik. Im Vordergrund die erste, nellenburgische Stadtund Klostermauer um 1050, dahinter die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207 mit Blick gegen den Rhein, vgl. Abb. 34.
Erste, nellenburgische Stadtmauer um 1050 1996 wurde erstmals ein rheinseitiges Teilstück der ältesten Stadtbefestigung gefunden. Es liegt 17 m nördlich von der im Peyerplan überlieferten dritten und jüngsten Stadtmauer. Das Teilstück ist 15 m lang; sein weiterer Verlauf nach Osten konnte wegen der Tiefe und der Lage im Grundwasser nicht weiter freigelegt werden (Abb. 571). Die noch 1 m hoch erhaltene Mauer war direkt auf dem Rheinschotter errichtet worden. Sie ist im Fundament 1,7 m breit und besteht aus lagenhaft verlegten, plattigen Kalkbruchsteinen. Zum Teil sind auch Kiesel vorhanden. Innen ist eine Steinlage in der Art des opus spicatum schräggestellt (Abb. 570 und 34). Die Steine sind trocken, d. h. in Erde bzw. einem Gemisch aus Lehm und Kies verlegt. Sie besitzen Längen von 1
Vgl. oben, S. 40f.
399
1.109
G8
12
36
Abb. 571 Moserstr. 27/Quaistrasse (1.040). Situation mit 12./13. Jh. Kernbau Bauphasen (M 1:400). jüngere Erweiterung
hin t grü erer ner Klee
32
Bau
11
linie
hint e Pelik rer an
ältere Gerberei
Joppenloch alte
10
hint e Tan rer nwa ld
G7
34
Un ter g
Haumesser
28
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9
jüngere Gerberei
1.229
am Bach
Moserstrass
7
Neueneck
M13 Ende Kieskoffer Schifflände/ Törchen Rampe
20
e
Wagen
1.229 Grundriss F
1.230
27
Hölzer nach 1200
Rosenblatt
M17 M16
N M15
0
5
Rosenstock
10 m
M14 1.040
3
G er
ber
lau
be
Quaistrasse
ehemaliges Strickmaschinenareal
Profil D Um 1050 1. nellenburgische Stadt- und Klostermauer / Wall 1207 2. zähringerzeitliche Stadtmauer 15. Jh. 3. Stadtmauer Ansicht E 11
1.040
rI aue tm d a St
Profil C
II er au tm d a St
re
Tü
r aue dtm Sta
400
III
M18
D Abb. 572 YY Moserstrasse (1.229). Grundriss F. Die nellenburgische Stadtmauer der Zeit um 1050 verläuft nach Westen Richtung Untergries, (M. 1:50), vgl. Abb. 571 und 575 (M. 1:50).
1.229 Unt Grundriss 1:20 Wasserleitungsgraben 389.81
M2
1
N
389.59
2
Abb. 573 Y Moserstrasse (1.227). Im Kreuzungsbereich der Moserstrasse mit Quaistrasse und Fischergässchen liegen die stark gestörten Reste der nellenburgischen Stadtund Klostermauer der Zeit um 1050. Ihre Aussenschale (1) biegt nach Westen ab (2).
Untergries
389.36
Abb. 574 U Quaistrasse 3 (1.040). Bei der spektakulären Unterkellerung der Gerberlaube von 1829/64 kamen die mittelalterlichen Stadtmauern zum Vorschein, vgl. Abb. 576.
1 2
Abb. 575 YY Moserstrasse (1.229). Die nellenburgische Stadtund Klostermauer, um 1050, verläuft in der Moserstrasse nach Westen und lebt in der Häuserflucht am Untergries weiter, vgl. Abb. 572. Abb. 576 Y Quaistrasse 3 (1.040). Die ehemalige Gerberlaube an der Quaistrasse steht auf der zweiten, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207, die noch bis zu 6 m hoch erhalten ist (1). Davor die Reste der nellenburgischen Stadtmauer um 1050 (2), vgl. Abb. 574, 72 und 77.
401
6WUDWLJUD¿H 0RVHUVWU $EE Schichtaufbau Fundnummer Datierung Schichtaufbau Fundnummer Dat. innerhalb Stadtmauer III neuzeitliche Planien Klosterbaumgarten zu Stadtmauer III: braun, kiesige Gartenerde S14 9, KR 3, Blattka- 13.– und siltig, sandig S17 chel grün gla- 15. Jh. siert auf weisser Engobe, Fu, 10, TR 10b, 12 Fub LQQHUKDOE 6WDGWPDXHU , XQG ,, 3UR¿O 7% XQG 7% $EE ausserhalb Stadtmauer II, Quaistrasse P14 und P15 Klosterbaumgarten zu 1, 4, KR 3, 5, TR 15b, 13./14. Jh. Planien: 17, 18 13./ Stadtmauer II: S6 und S12, 7, 11, SR 9 frühe schwärzlich 14. Jh. braun humoser Kies mit olive Glasur, 14, kiesig, etwas etwas Brandschutt und HZ Mörser aus Stein Brandschutt Abbruch Stadtmauer I, 2, 3, 8 ? Planien: Neubau II mit Planien: Sand, Kies, Silt und Kies S4 und S5 etwas Kalksteine Neubau Stadtmauer I 6, 13, BKR 2a 11./12./13. mit Planien: Kalkbruchschutt Jh.?, mit Abbruchmörtel S3, roter Abbruch AllerSandsteinschutt S8, sandiger heiligen/ Kies S11, grauer Lehm S13 St. Johann I/II? Rheinbett
Abb. 577 Moserstrasse 27 (1.040). Mörser aus hellgelbem Molassesandstein, 13./14. Jh. (Zeichnung M 1:2).
402
Die nellenburgische Stadtmauer lief also nicht, wie früher vermutet, gerade nach Norden ins Fischergässchen weiter, sondern bog um 80° nach Nordwesten ab. Ihr Verlauf deckt sich mit dem Knick des merkwürdig abgewinkelten Hauses «Am Bach» (Fischergässchen 7), das 1963 dem Strassenverkehr weichen musste. Seine Fortsetzung dürfte unter den Hausfassaden am Untergries liegen und prägte deren im Stadtgrundriss PHUNZ UGLJ DQPXWHQGH %DXÀXFKW 'DPLW übernimmt die nellenburgische Stadt- und Klostermauer zweifellos die Form der Spitze des Kreuzhofes von Allerheiligen (1.042) und wird gegen die Unterstadt hin zur innerstädtischen Klostermauer.2 Der südöstliche Abschnitt der Unterstadt wurde mit einem separaten Mauerast befestigt, wie der Fund des gleichartigen Mauerstückes M24 im Läufergässchen zeigt (1.240).
D 6WUDWLJUD¿H XQG lOWHVWH 6FKLFKWHQ Das ganze Gelände liegt im Bereich des ehemals doppelt so breiten und seichten Rheins, dessen Ufer in den benachbarten Fundstellen im Westen und Osten nachgewiesen ist (1.048 und 1.235). Die ehemalige Sohle des Rheinbetts liegt auf 388,90–389,10 m ü. M. Im Zuge der mittelalterlichen Landgewinnungsmassnahmen für den Klosterbaumgarten und als Hochwasserschutzmassnahme füllte man es hinter der Stadt- und Klostermauer schrittweise 2–2,5 m bis auf etwa 391,20 m ü. M. auf. Zuunterst liegt auf der ganzen Fläche eine 30–40 cm starke Planie von Bauschutt und Sandsteinbrocken als Steinmetzabfall, die sich nach den Befunden von 20093 weiter nach Norden bis an die Häuser im Untergries erstreckt. Diese grosse Menge an Bauschutt deutet auf einen Zusammenhang mit dem Abbruch und dem Neubau des 150 m entfernten Klosters zu Allerheiligen im ausgehenden 11. Jahrhundert hin (1.042).4 Vielleicht ist es auch Schutt vom Abbruch und Neubau der Stadtkirche St. Johann I/II (1.092).5 Jedenfalls gehört ein Teil dieser Auffüllungen zur ältesten Stadtmauer. Die jüngeren Planien entstanden nach dem Bau der zweiten Stadtmauer im 13./14. Jahrhundert. Bemerkenswertester Fund daraus ist ein Mörser aus hellgelbem Molassesandstein, der beim Ausbaggern zum Vorschein kam (Abb. 577).6 2 3 4 5 6 7
Vgl. oben, S. 41. KASH Fdst. 1.229/P34. Bänteli 1999a, S. 52–74. Bänteli 1990, S. 27f. Peter W. Frey: Meienberg – eine mittelalterliche Stadtwüstung im oberen Freiamt, Zürich 2013, S. 170, Kat. 119 mit weiteren Beispielen. Vgl. oben, S. 65f.
=ZHLWH ]lKULQJHU]HLWOLFKH 6WDGWPDXHU YRQ Die nellenburgische Stadt- und Klostermauer wurde durch ein Hochwasser auf mindestens 250 m Länge zerstört (Abb. 578, 581 und 34), so dass nur noch die Reste der inneren, stark geneigten Mauerschale stehen blieben (1.040; 1.048 und 1.211). Die Überschwemmungsablagerungen im «Schweizerhof» (1.235) und die Sanierung des Hauses «Jungfrau» im Jahr 1207/08 lassen vermuten, es habe sich um das Dezemberhochwasser von 1206 gehandelt (1.153).7 Deshalb wird wohl 1207 die zähringerzeitliche, die zweite Stadtmauer direkt vor der Stadtmauer I auf dem anstehenden Rheinkies neu gebaut. Das ebenfalls 1996 neu entdeckte und auf einer Länge von 40 m freigelegte Mauerstück ist im Fundament 1,3 m, im Aufgehenden bis zu 1 m hoch erhalten. Gegen Osten folgt in der Gebäudeaussenmauer (Quaistrasse 3) ein 20 m langes Stück Mauer, das noch bis zu 6 m hoch erhalten ist (Abb. 574, 576 und 581). Ihr trocken gemauertes Fundament ist 1,50– 1,70 m breit und zeigt rheinseitig die charakteristischen, grossen Steinblöcke 50–60 x 60 x 60– 150 cm (Abb. 580 und 77), genauso wie wir sie von der Mauer auf dem IWC-Gelände kennen (1.048 und 1.211). Das Fundament verjüngt sich durch innere Absätze, die Fundamentoberkante steigt von 389,80 m ü. M. im Westen auf 390,30 m ü. M. im Osten an. Im vermörtelten Aufgehenden beträgt die Mauerstärke um 90 cm und das lagenhaft verlegte Steinmaterial ist kleiner. Auch hier gibt es innen und aussen Lagen von schräggestellten Steinen in der Art des opus spicatum, ganz selten wurden Ziegelfragmente verwendet. Einen ersten Gerüstlauf belegen Rüstlöcher wenig über dem Fundamentabsatz bzw. 1,5 m über der Mauerunterkante.
392.00
Profil C Stadtmauer I und II Blick West 1 : 20 S14
391.00
S19
Rhein
S17
S16
S20 390.00
S18
S6
S15
S4
S13 S11 389.00
Stadtmauer II Grundwasserspiegel
Stadtmauer I
S3 S1 Grundwasserspiegel
Abb. 578 Moserstrasse 27 (1.040). Profil C durch die nellenburgische Stadt- und Klostermauer, um 1050, und die zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207, Blick West, (M 1:50), vgl. Abb. 571 und 71.
403
Ein letztes Teilstück dieser Mauer wurde in der Quaistrasse bei den Kanalisationsarbeiten angeschnitten. Sein Fundamentabsatz korrespondiert präzise mit dem Ansatz des aufgehenden Mauerwerks unter der Gerberlaube. Ziemlich rechtwinklig zu ihrer rekonstruierten Fortsetzung, am heutigen Ausgang des Fischergässchens, liegt an GHU 6FKLIÀlQGH GHU )LVFKHU HLQH 5DPSH YHUPXWlich eine Löscheinrichtung für die Schiffe (1.227 und 1.230), die auch chronologisch ausgezeichnet in diese Zeit passt. Dann verliert sich die Spur der zweiten Stadtmauer, und sie taucht erst wieder im «Schweizerhof» als Ufermauer M24a auf (1.235).
Abb. 579 Moserstrasse 27 (1.040). Nachträglich in die Stadtmauer von 1207 eingebaute Türschwelle aus Randengrobkalk. Das neue Törchen diente nun als klösterliche Schifflände östlich des Gerberbachs, vgl. Abb. 571.
Abb. 580 Quaistrasse 11 (1.040). Aussenansicht E der zweiten, zähringerzeitlichen Stadtmauer von 1207 mit den an der Rheinseite charakteristischen mächtigen Steinblöcken im Fundament (M 1:50), vgl. Abb. 571 und 77.
Dritte Stadtmauer und Haus «Wagen» Im Zuge einer weiteren Landgewinnungsmassnahme entstand die dritte Stadtmauer. Dabei ZXUGH GLH 6WDGWÀlFKH XP ZHLWHUH ELV P nach Süden verschoben. Die Mauer liegt zwar ausserhalb des Untersuchungsperimeters; verschiedentlich konnten aber die bis zu 3 m hohen Auffüllschichten zwischen der zweiten und dritten Stadtmauer dokumentiert werden. Mangels aussagekräftiger Funde fehlt auch hier, wie im Bereich der IWC (1.048) und an der Moserstrasse (1.230), eine präzise Datierung dieser Stadterweiterung in den Rhein hinein. Vermutlich entstand sie im Zuge des Ausbaus der Stadtbefestigung in der Mitte des 15. Jahrhunderts.
Putz
391.00
In die zweite Stadtmauer wurde nachträglich eine gut meterbreite Türe eingebaut, die als klösterOLFKH 6FKLIÀlQGH GLHQWH $EE XQG (Uhalten ist die aussen mauerbündige Schwelle aus Randengrobkalk, unmittelbar über dem Fundamentabsatz. Ebenfalls sekundär wurde in die Stadtmauer ein Kanaldurchlass mit einem Quer-
390.00
389.00
Gerberlaube 392.00
Quaistrasse
Profil D 1 : 20
Terrain bis 2008 ehemaliger Boden
391.00
Gartenerde
S6 S8 390.00
Abb. 581 Quaistrasse 3 (1.040). Profil D durch die nellenburgische Stadt- und Klostermauer, um 1050, und die zähringerzeitliche 389.00 Stadtmauer von 1207, Blick Nordost (M 1:50), vgl. Abb. 571, 576, 72 und 77.
404
S6
gemörtelt
siltig-lehmige Planie
S7 trocken gemauert S1a
Stadtmauer I
Stadtmauer II
Grundwasserspiegel
Rheinkies
D schnitt von 15 x 35 cm eingefügt. Er liegt 60 cm unter dieser Schwelle und stammt wohl noch aus der Zeit, als hier das Rheinufer lag. Die Türe diente nach dem Bau der dritten Stadtmauer als Zugang zu diesem neu geschaffenen, aufgefüllten Landstück. Sie hatte lange Bestand, denn unmittelbar westlich davon setzt rechtwinklig eine Hofmauer mit 80 cm Breite an, die zur dritten Stadtmauer hin läuft. Sie wurde beim Abbruch der aufgehobenen Unterführung dokumentiert. Bis zur Reformation diente sie wohl als östliche Abschlussmauer des Klosters.
1.229 Untergries 22–40 Stadtmauer, Auffüllung
Die gesamte Situation der Fundstelle stellt Mentzinger 1644 kaum verändert dar. Das Gelände war immer noch wie im Mittelalter ein umfriedeter Garten, der sich gegen Osten an die zweite Stadtmauer anschloss. Gegen das Untergries hin (heute in der Moserstrasse) liegt das Haus, das «Wagen» genannt wurde. Es wird erstmals 1420 erwähnt, als Konrad von Fulach das Haus an dem rin, das man nempt den Wagen, aus der Erbschaft des Ulrich Grünenberg von Konstanz kaufte.8 Die modernen Fabrikbauten haben alle Spuren davon getilgt.
Die Erkenntnisse zur Stadtmauer sind unter Fundstelle 1.040 beschrieben.
Gerberei im 19. Jahrhundert Beim Aushub im nordöstlichen Bereich des Strickmaschinenareals wurden gemauerte Gruben mit eingelassenen Fassringen beobachtet. Sie passen zu den übrigen Gerbereibefunden im Untergries (1.109) und stammen gemäss Brandkataster von der ab 1869 hier angesiedelten Werkstatt des Weissgerbers Alexander Schalch.9 Auch bei der Unterkellerung des Altdorfer'schen Gerberhauses Quaistrasse 3 kamen unter der noch erhaltenen Gerberlaube von 1829/6410 (Abb. 574) über den Fragmenten der nellenburgischen Stadtmauer Reste von gemauerten Gerbergruben mit eckiger und runder Form zum Vorschein.
8 9 10 11 12
Rüeger 1884, S. 375, Anm. 1. StadtASH Brandkataster BK Nr. 52. Hauser 1996, S. 370 und S. 391. KASH 55851–55852. Vgl. oben, S. 40f.
Literatur: Bänteli 2013a, S. 363f.; Erstmals lokalisiertes Stadtende, in: SN 13.5.2009; Hauser 1996, S. 369f.; Frauenfelder 1966, S. 10. Im Untergries wurden 2009 kleinere Anpassungen an den Werkleitungen durchgeführt, zusammen mit denen in der Quai- und Moserstrasse und der Gesamtsanierung der Leitungen im Fischergässchen (1.227/1.230).
1.048 Baumgartenstrasse 7 IWC-Ost Stadtmauer, Landgewinnung, Buntmetallhandwerk, Schuhmacherhandwerk, Kloster Allerheiligen, Friedhof, Industrie Literatur: Wipf 2004, S. 58–59; «Mauerspechte» in der IWC-Baugrube, in: NZZ 29.7.2003; Friedhof und 1000 Jahre alte Mauer, in: SN 24.7.2003; Im grossen Querschnitt der Geschichte, in: AZ 24.7.2003; Hauser 1996, S. 343, S. 370. Bereits 1877, beim Bau des Fabrikkomplexes Frey & Peyer, wurden an der Baumgartenstr. 5 Scherben aus den Jahrzehnten um 1200 zusammengelesen.11 Für den Neubau eines Fabrikationsgebäudes für die Uhrenmanufaktur IWC wurde 2003 das 1875 erstellte Gewerbe- und Wohngebäude abgebrochen. Die Baugrube für den Neubau liess sich im Vorfeld der BauarbeiWHQ ÀlFKLJ XQWHUVXFKHQ 6LH EHLQKDOWHWH DXFK GHQ rheinseitigen Abschnitt der Goldsteinstrasse, der nun aufgehoben wurde. Nicht näher beschrieben, aber im Situationsplan eingezeichnet sind die Stadtmauern in der Baugrube für den unterirdischen Verbindungstrakt, der 2014 zwischen dem Neubau IWC-Ost und dem alten, mittleren Fabrikationsgebäude erstellt wurde. Die Beschreibung der Stadtmauern beinhaltet hingegen die Befunde aus der Fundstelle IWC-West (1.211). Erste, nellenburgische Stadt- und Klostermauer XP XQG lOWHVWH 6FKLFKWHQ Erstmals liess sich hier das seichte, wohl schilfbewachsene Rheinufer feststellen, das im 11. Jahrhundert etwa 50 m weiter landeinwärts lag als heute (Abb. 582 und 584). Aus den Anfängen des 1049 gegründeten Klosters Allerheiligen stammt auch die erste Stadt- und Klostermauer, die 20 m in den Rhein hinein, direkt auf die Flusssohle gebaut war.12 Von der ursprünglich 1,6 m breiten Stein-Erde-Mauer aus Kalkstein blieb die meterbreite Innenschale erhalten (Abb. 585, 587 405
Abb. 582 IWC-Ost (1.048). Situation mit Bauphasen, (M 1:400), vgl. Abb. 593. 4
Friedhof im Baumgarten ab 1541
6
Baumgartenstrasse
5
2703162
11
Frie
na
l
dh
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re r
Ka
au
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159
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4
Sc hi
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ein
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Rh
Herren Baumgarten / Klostergarten
nd nsta hützen eibe Sch o g e n s c B der
IWC Ost 1.048
er au dtm Sta
F.-A.-Jones-Weg
Eisenschlackenschicht S19
I
er au dtm Sta
N
Profil B II
0
2
4
6
8
10 m
um 1050 erste nellenburgische Stadt- und Klostermauer 2. Hälfte 11. Jh.
2014
1207 zweite zähringerzeitliche Stadtmauer r III aue dtm a t S
m Vor
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15. Jh. dritte Stadtmauer
r ein
Rh
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406
uer ma Profil B Vor
D
Abb. 583 U IWC-Ost (1.048). Keramikscherben aus dem Klostergarten, 11.–13. Jh (M. 1:2). Abb. 584 Z IWC-Ost (1.048). Sondierschnitt in Längsrichtung der Baugrube gegen den Rhein. Ein aufstehender Lehmkamm (1) markiert das seichte Rheinufer, das im 11. Jh. etwa 50 m weiter landeinwärts lag als heute. Landseitig schliesst sich der etwa 4 m breite schiffbare Kanal für den Materialtransport zum Kloster an (2). Rheinseitig die Auffüllungen zur Landgewinnung (3).
Abb. 585 V IWC-Ost (1.048). Profil B–B durch die nellenburgische Stadt- und Klostermauer, um 1050, und die zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207, Blick West (M. 1:50), vgl. Abb. 582.
3 1 2 Profil B Blick West 1 : 20
OK Asphalt
392.00
391.00
Muschelkalkblock
Klostergarten S10 S9
Beton 19. Jh.
S9
S8 S7 Planien
Planien
Stadtmauer III Sand
Rheingeschiebe etwas Kalksteinsplitt, Keramik, Hohlziegel
390.00
S7
II, Bau III h, Abbruch Kalksteinbruc
S6
S12
S22 Rheingeschiebe
Mörtel
Kies mit kleinen Kalksteinen und Hohlziegeln
S4 389.00
S5
Sand Rheingeschiebe etwas Kalksteinsplitt, Keramik, Hohlziegel
389.82
S8
Stadtmauer II
trocken gemauert Stadtmauer I S3
S2
Grundwasserspiegel S1 388.00
anstehender Rheinkies
407
Abb. 586 IWC-Ost (1.048). Keramikscherben aus dem Kanal, 11.–13. Jh (M. 1:4).
408
D und 71). Die Höhe des Fundamentes beträgt etwa 0,5 m, vom Aufgehenden ist noch ebenso viel erhalten. Als erstes Handwerk hinterlässt die klösterliche Lederwerkstatt direkt an der Stadtmauer ihre Abfälle (S2): Lederverschnitte des Schusters, die mehrheitlich vom Kalb, oft von der Ziege und selten vom Rind stammen.13 Dann wird die Senke zwischen Stadtmauer und altem Rheinufer gut 1 m hoch bis aufs Uferniveau mit Schutt aufgefüllt (S4/S16). Darauf liegt der wenig mächtige Benutzungshorizont (S12), zu dem auch eine PXOGHQI|UPLJH 7HLOÀlFKH 6 JHK|UW ZR VLFK etwa 20 kg Eisenschlacke aus einer Schmiede bergen liessen (Abb. 583).
.DQDO LP -DKUKXQGHUW Hinter dem alten Rheinufer war ein etwa 4 m breiter Kanal angelegt, der bis ins Grundwasser reichte (Abb. 582 und 584). Er endet auf Höhe der westlichen Baugrubengrenze und verläuft nach Nordosten Richtung Gerberbach. Seine ÀDFKH 6RKOH HUP|JOLFKWH GHQ * WHUWUDQVSRUW PLWWHOV /lGLQHQ ÀDFKERGLJHQ /DVWVFKLIIHQ YRP Rhein direkt zum Kloster hin. Eine schwärzliche modrige Schicht (S20) zeigt, dass der Kanal längere Zeit offen stand und von den Klosterhandwerkern als Entsorgungsplatz genutzt wurde $EE XQG 'DULQ ¿QGHQ VLFK ZHLWHUH 26 kg zum Teil ebenfalls kalottenförmiger Schlacken, die das Schmiedehandwerk belegen. Hinzu kommen kleine Gussformreste aus Ton, eine gedrechselte Holzschale und der Fuss oder Aufsatz eines Möbelstücks o.ä. (Abb. 588), Holzschindeln, bearbeitetes und unbearbeitetes Holz, Holzschnitzel sowie ein Eichenbrett, das in den Jahren nach 1070, also noch zu Lebzeiten Eberhards von Nellenburg (†1078/79), verarbeitet wurde (Tabelle S. 410).
2 1
Abb. 587 U IWC-Ost (1.048). Von der nellenburgischen Stadtund Klostermauer blieb nach dem Dezemberhochwasser von 1206 nur die Innenschale erhalten (1). Dahinter die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer (2) mit Blick gegen den Rhein, vgl. Abb. 71.
Abb. 588 Y IWC-Ost (1.048). Gedrechselte Holzschale und Fuss oder Aufsatz eines Möbelstücks o.ä. aus dem Kanal, 12./13. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 86.3/4.
Die Funde machen deutlich, dass dieses Klosterareal wahrscheinlich jeweils im Zusammenhang mit temporären Bauarbeiten von Handwerkern genutzt wurde; belegen lassen sich Schmied, Buntmetallhandwerker sowie Holzhandwerker wie etwa Schreiner, Drechsler und Zimmermann. Die Keramik datiert sowohl in der Auffüllung als auch im Graben vom späten 11. bis zum frühen 13. Jahrhundert. Auffällig sind vor allem die vielen Schüsseln und eine ganze Reihe von seltenen Formen oder Sonderformen sowie einige besonders dickwandige Gefässscherben, wie sie sonst in der Stadt nicht zu beobachten sind (Abb. 586).
13 Volken 2004, S. 7.
409
Dendrodatierung 1.048 Baumgartenstrasse 7, Hölzer aus dem Kanal14 Ort 63265, Brett 63270, Holz 63271, Holz 63274, Holz 63267, Holz
'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1070 WK? (19) 1019 999 956 889
Abb. 589 V IWC-West (1.211). Profil A durch die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207, Blick Ost, vgl. Abb. 593 (M. 1:50).
Abb. 590 VV IWC-Ost (1.048). Die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207 rheinseitig, mit den charakteristischen, mächtigen Kalksteinblöcken im Fundament.
Holzart Eiche Eiche Eiche Eiche Eiche
=XU 6WUDWLJUD¿H 7DEHOOH 6 Der Schichtaufbau entspricht den Beobachtungen der Fundstelle IWC-West (1.211). Das ehemalige Rheinbett liegt auf 388,30–388,50 m ü. M. Darauf folgen bis OK 390,30–390,50 m ü. M. die in Etappen entstandenen Aufschüttungen der Landgewinnung für den Klosterbaumgarten aus dem späten 11. bis frühen 19. Jahrhundert. Im 1541 angelegten Friedhofsbereich erreichen die zeitgenössischen Aufschüttungen ein Niveau von OK 391,00 m ü. M. Zuoberst liegt die Auffüllung von 1866/67 bis OK 391,90 m ü. M. auf das heutige Niveau. Diese entstand mit der Anlage der Baumgartenstrasse und dem Industriequartier nach der Inbetriebnahme des 1863–1866 erbauten Moserdammes.
Klostergarten
Rhein
=ZHLWH ]lKULQJHU]HLWOLFKH 6WDGWPDXHU YRQ und Auffüllung 13.–15. Jahrhundert Die nellenburgische Stadt- und Klostermauer wurde durch ein Hochwasser auf mindestens 250 m Länge zerstört, so dass nur noch die Reste der inneren, stark geneigten Mauerschale stehenblieben (Abb. 585).15 Wohl 1207 baute man die zweite, zähringerzeitliche Stadt- und Klostermauer direkt vor der Stadtmauer I auf dem anstehenden Rheinkies neu auf. Sie ist in Teilstücken von 24 m (1.048, Abb. 582) bzw. 30 m Länge (1.211, Abb. 589, 591 und 593) nachgewiesen. Das 1,5 m breite und trocken gemauerte Fundament zeigt rheinseitig die für diese Mauer charakteristischen grossen Kalksteinblöcke von 60– 95 x 60 x 40–45 cm (Abb. 585, 589, 590 und 591). Im vermörtelten Aufgehenden verjüngt sie sich durch innere und äussere Absätze auf 0,95 m. Die beiden Stadtmauern wurden als archäologische Station (AST 8) sichtbar gemacht. Wie die jüngsten Scherben belegen, wurde der nicht mehr benötigte Kanal im frühen 13. Jahrhundert aufgefüllt (S18, S21, S25), wahrscheinlich eine weitere Folge des Hochwassers von 1206.16 Das innerhalb der Stadtmauer liegende Gelände, das die Benediktinermönche bis zur Reformation als Garten und Klosterbaumgarten nutzten, wurde vermutlich in mehreren Schritten
Klostergarten / schwärzliche Gartenerde 390.00
Kalkbruchschutt mit Humus
brauner humöser Malmschutt
Brandschutt
Steinbruchschutt humöse Planie mit Kalkbruchschutt
trocken gemauert
Steinbruchschutt
389.00
Abb. 591 V IWC-West (1.211). Aufsicht auf die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207 (1). Sie wurde in der Mitte des 15. Jhs.(?) durch die dritte Stadtmauer (2) ersetzt. Quer dazu das Fundament des 2006 abgebrochenen alten IWCGebäudes (3), Blick Ost.
grauer Lehm feiner grauer Sand
Stadtmauer II
Kies, Rheingeschiebe
Kies, Rheinbett Profil A Blick Ost 1 : 20
388.00
2 3
1
410
D um weitere 20 cm aufhumusiert (S6). Aussen an GHU 6WDGWPDXHU ODJHUWH GHU VFKQHOOÀLHVVHQGH Rhein in dieser Zeit Kiesschichten (S22) von bis zu 1,5 m Höhe ab. Dritte Stadtmauer und Haus der Bogenschützen Die dritte und jüngste Stadtmauer am Rhein wurde auf Kosten des Flusses erneut gut 10 m (1.048) bzw. noch 5 m weiter (1.211) gegen den Rhein hin verschoben (Abb. 582, 585, 591 und 593). Sie wurde im Zuge der Industrialisierung des Rheinufers in den 1860er-Jahren abgebrochen, lebt aber noch heute in den alten GebäudeXQG *UXQGVW FNVÀXFKWHQ OlQJV GHU 5KHLQXIHUstrasse weiter. Erhalten sind in diesen beiden Abschnitten meistens nur noch die 0,85 m breiten Kalksteinfundamente. Punktuell gibt es bis zum Erdgeschossniveau aufragende Abschnitte. Weshalb die dritte Stadtmauer neu erbaut wurde, wissen wir nicht. War auch hier ein Hochwasser die Ursache für den Neubau? Eigentliche Zerstörungen waren an der zweiten Stadtmauer nicht zu erkennen. Möglicherweise wurde sie abgebrochen, um das Steinmaterial wieder zu verwenden. Denkbar ist auch, dass eine Zeitlang beide Mauern gleichzeitig als Zwinger am Rhein bestanden haben. 1447 sind Ausgaben für den Wächter im Herren-Baumgarten aufgeführt, und 1456 gab es ein wachter hüsli im Herren Bongarten.17 Auf Grund der Funde in der Brandschuttschicht über der zweiten Stadtmauer im Abschnitt IWC-West (1.211) datiert die Beseitigung dieser Mauer und damit vermutlich der Neubau der dritten Stadtmauer frühestens in die 1. Hälfte des 15. Jahrhunderts. Im Abschnitt IWC-Ost datiert das Fundmaterial der Rheinablagerungen S22 direkt vor der Stadtmauer II ins späte 12.–15. Jahrhundert. Aus all diesen Gründen spricht wenig dagegen, dass die dritte Stadtmauer zum Ausbau der Befestigung von 1443–1445 gehört.18 Trotzdem benötigen diese punktuellen Befunde weitere Bestätigung. Die jüngste, dritte Stadtmauer existierte aber ganz eindeutig 1574, als man das neue Gesellschaftshaus der Bogenschützen darauf erbaute, das in der benachbarten Fundstelle IWCWest (1.211) besprochen wird. Der zugehörige Scheibenstand, der so genannte Rahn, lag im Grabungsbereich IWC-Ost, davon ist nichts erhalten. 14 UWAD, Felix Walder, Bericht 305 vom 31.10.2003, Nr. 63265–63280, und Bericht 1387 vom 13.2.2015. 15 Vgl. oben, S. 65f. 16 Zum Hochwasser 1206 siehe oben, S. 65f. 17 StadtASH A II.05.01.090/137 1447–1447, A II.05.01.115/167 1456–1457. 18 Vgl. oben, S. 150. 19 Bächtold 1906, S. 88f.; Steinegger 1938, S. 114f.; Lieb/Waldvogel 1990, S. 137–138. 20 Bächtold 1906, S. 88–90; Steinegger 1938, S. 101. 21 STASH RP 53,334–335 und 53,338. 22 STASH RP 36,203 und 36,229.
Friedhof 1541–1864 Im Pestjahr 1541 wurde der Friedhof von der Stadtkirche St. Johann in den Klosterbaumgarten (1.130) verlegt.19 Starben 1541 alleine 500 Personen, gab es 1542 erneut hunderte Opfer, 1564 wiederum 400 und 1566 nochmals 700 Tote.20 Trotz der Anlage zweier weiterer Friedhöfe zwischen Agnesen- und Webertörli und im ehemaligen Kloster St. Agnes (1.045 und 1.064) wurde auch im neuen Friedhof der Platz knapp. Man erweiterte ihn 1594 um die beiden Krautgärten des deutschen und des lateinischen Schulmeisters und umfriedete ihn mit einer Mauer.21 Die knapp 70 cm breite Friedhofmauer kam am Nordostrand der Baugrube der IWC zum Vorschein und trennte den Totengarten vom Gelände der Bogenschützen ab (Abb. 582). Der Friedhofsbereich liess sich auch ausserhalb der Baugrube in den Werkleitungsgräben beobachten. Auffällig ist das massive, mindestens 50–80 cm starke Lehmpaket, auf dessen Unterkante die Skelette ruhen, direkt DXI GHU 2EHUÀlFKH GHV VSlWPLWWHODOWHUOLFKHQ .ORV terbaumgartens. Heute liegen sie noch einen guWHQ 0HWHU XQWHU GHU 2EHUÀlFKH GHV |VWOLFKVWHQ Abschnittes der Baumgartenstrasse (Abb. 592). Dieses Lehmpaket war zwingend notwendig, damit die Gräber über dem Grundwasser zu liegen kamen, wie auch zwei Ratsprotokolleinträge von 1577 bestätigen: ob die greber one verhindert dess wassers vom rhyn gemacht werden mögen oder nitt. Man hatte offenbar negative Erfahrungen gemacht, und auch bei der Wahl des Planiematerials suchte man noch nach der richtigen Lösung: den burgern gutten grund in den gots acker zu schütten. Sollen doch kainen ruhen grundt hinin tragen noch füren lassen.22 Im neuen Industriequartier war kein Platz mehr für den Friedhof. Er wurde 1864 geschlossen und 1893 in einen Park umgewandelt, der zu Ehren des Industriepioniers Heinrich Moser «Mosergarten» genannt wurde.
2 1
Abb. 592 IWC-Ost (1.048), Baumgartenstrasse. Friedhofmauer von 1594 (1) mit der Lehmaufschüttung des Friedhofs (2). Dieser war notwendig, damit die Gräber nicht ins Grundwasser zu liegen kamen.
411
6WUDWLJUD¿H %DXPJDUWHQVWUDVVH ,:& 2VW $EE SchichtFundnummer Dat. aufbau LQQHUKDOE 6WDGWPDXHU ,,, 3UR¿O 3 Industrieauffüllung 1866/67 Planie Ziegel, Mörtel, Kalk, Humus
Schichtaufbau
Fundnummer
Dat.
Schichtaufbau
Fundnummer
2, viel Fundmaterial
Friedhofbereich P2, P8 18./ Mosergarten 19.Jh. Friedhof 41, BS/FZ
Dat.
ab 1893
1541– 1864/1892 Lehmplanie für Friedhof ab 1541 Klosterbaumgarten: schwärzlich humos S9w 4, 6, graue Ware, 15.– 19. Jh. Blattkacheln, grüne/braune Glasuren, Borstenzug etc., HZ, FZ, FE-Schrott, Bronzering 16./ 42, LAR 6, Klosterbaumgarten: humos mit Kies, Kiesel S8 7, 9, WS stark 14./ jüngerer Kanal verschliffen, 15. Jh. O–W in Baumgar- SR 12b, SR 14a, 17. Jh. TLR 2, FZah, ten Strasse FE-Schrott (1,1m tief, ca. 1,3 Bartmannskrug, m breit, Sohle WS grüne Glasur 389,00 m ü. M.), auf weisser Engobe schichtweise gefüllt Abbruch Stadtmauer II, Neubau und Planie zu Stadtmauer III, Kalkbruchschutt S7 – ausserhalb Stadtmauer II innerhalb Stadtmauer I und II 3UR¿O 3 XQG 3 3UR¿O 3 13.– 8, 11, spätes Abbruch Stadtmauer I mit S3 und S5, Neubau und Planie zu 5, KR 1, 20, RheingeStadtmauer II, humoser Klosterbaumgarten S6 Nuppenglas, 17, 15. Jh. KR 3, LAR 6, 12.– schiebe 19, HZ, 26, 15. Jh. TR 16a, vor StadtFE-Schrott, Boden mauer II, Bronzenagel, Nuppenbecher, S22 graue Ware HZ Schiffskanal wird 14, WS, 24, TR frühes Klosterbaumgar- 2, 10, 12, 13, 18, 22, 11.– 13. Jh. 12, 13. Jh. aufgefüllt mit 23, TR 4, TR 6, ten: SR 1, WS, 29, WS, Lehm S25, 2 x TR 12, SR 1, 34, humoser Steinbruchschutt 33, 36, TR 8, LeistenBenutzungshoriWS, S21 und gefässe wie Allerzont zur gedrechselte Abbruchschutt heiligen 1999 Kat. Stadtmauer I, Holzschale S18 155, Kat. 280–289, S12, S19 mit viel FEPlanie im Schiffs- 25, TR 5, 2 x SR?, Holzbrett SchmiedeschlakPFR Griff, 28, 1070d kanal mit viel ken, Hüttenlehmbearbeitetem und WS, 30, WS, 31, WK?; brocken, WS, 32, 3x SR 1, 11.–13. Jh. unbearbeitetem FE-Schrott, SR 2, TR 18d, Holz, kl. Bronzeblech Siebdeckel, HTR? Abbruchmörtel mit Nieten, Schulterst. BandS27 Bronzenägel, bearhenkel, WS, Fuss/ beitete SandsteinAufsatz Holzmöfragmente bel, FE-Schrott, FE-Schlacke, Gussformteile, FZah, TK 15, TR 12, Hütten- 2. H. 12./ 12, 21, 37, – Anlage und BeNeubau Stadtnutzung Schiffs- lehm, Sandsteine spätes mauer I mit sandig Lederabfall bearbeitet 13. Jh. kanal (Sohle durchsetztem Be388,1 m ü. M.) mit nutzungshorizont natürlicher S2 und Planien sandiger, fäkaler Kalkschotter S16, EinsedimentieSteinbruchschutt rung S20 S4 partiell mit rotem Sandstein, Mörtel, Ofenlehm, Abbruchmaterial Allerhl. I/ II Rheinbett/Rheinufer mit Kies S1, Sand S11, S26, Malmschutt S13, Lehm S15 und 16 – anstehender Humus S17
412
D 1.211 Baumgartenstrasse 15 IWC-West Stadtmauer, Landgewinnung, Kloster Allerheiligen, Sodbrunnen, Bogenschützenhaus, Industrie Literatur: Bänteli 2010a, S. 144–147; Bänteli 2009, S. 130; Wipf 2004, S. 58–59; Hauser 1996, S. 343–345. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 131, Kat. 304–306. Im Jahr 2006 wurde das alte Fabrikationsgebäude der Uhrenmanufaktur IWC abgebrochen. Trotz der alten Unterkellerung kamen in der Baugrube für den deutlich grösseren Neubau weitere Befunde aus den Anfängen der Stadt zum Vorschein. 2009 ergab die kleine Baugrube für Foyer und Toilettenanlage des Kulturzentrums Kammgarn weitere Informationen. Die Befunde zu den Stadtmauern werden unter der Fundstelle IWC-Ost (1.048) vorgelegt.23
=XU 6WUDWLJUD¿H 7DEHOOH 6 Die Fundstelle liegt direkt oberhalb der «Lächen», der Stromschnellen, die die Schifffahrt vom Bodensee in früherer Zeit blockierten.24 Seit dem Bau des Kraftwerks zwischen 1960 und 1967 mit Höherstau des Rheins sind sie nicht mehr sichtbar oder wurden abgetragen (1.080). Der Schichtaufbau entspricht den Beobachtungen auf der Fundstelle IWC-Ost (1.048). Das ehemalige Rheinbett liegt auf 388,40 m ü. M. Darauf folgen bis OK 390,00 m ü. M. die in Etappen entstandenen Aufschüttungen aus dem späten 11. bis zum frühen 19. Jahrhundert zur Landgewinnung und Nutzung als Klosterbaumgarten. Die Auffüllung von 1866/67 bis OK 392,00 m ü. M. schloss diesen Prozess mit der Anlage der Baumgartenstrasse und des Industriequartiers nach Inbetriebnahme des Moserdamms ab. Abb. 593 IWC-West (1.211). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
23 Vgl. oben, S. 405f. und 410f. 24 Vgl. oben, S. 15.
2014
Sodbrunnen
IWC West 1.211 en
eib
m g zu
Profil A
ihe
hlre
Pfa
Sch
d stan
m Vor
r aue Profil
Gan
Gräbchen
se ras rst e f u ein Rh
Bogenschützenhaus 1574/75
N
0 1
5
10 m
413
6WUDWLJUD¿H %DXPJDUWHQVWUDVVH ,:& :HVW $EE
Abb. 594 IWC-West (1.211). Gut 4 m innerhalb der ältesten Stadtmauer verläuft eine Reihe von Eichenpfählen, die frühestens in den 1080er-Jahren eingeschlagen wurden.
Schichtaufbau Funde Datierung Schichtaufbau Funde Industrieauffüllung Klosterbaumgarten zur Stadtmauer III: schwärzlich humos 2 innerhalb 1. und 2. Stadtmauer ausserhalb 2., innerhalb 3. Stadtmauer 1 und 5, 6x KR 3, 7x Abbruch 2. und Planien mit 1. und KR 5b, WS farblos/ Neubau 3. Stadt2. Stadtmauer: mauer: Brandschutt- braun glasiert, Kalkbruchschutt FZah frühe olive planie mit Steinen aus Steinbruch, Glasur, HZ, 2 BS, und Ofenabbruch, Kies, verbr. Steine, Ofenlehm Steine Hohlziegel Auffüllung 3, 4, FZah 1080er-Jahre Planie Sodbrunnen mit rot bis 13. Jh. Kalkbruchschutt Bauschutt engobiert, aus Steinbruch, HZ, TK Lehm 6 Dendro Rheingeschiebe 8, stark Benutzungshorizont 2. H. 11. Jh. verschliffen, zur Stadtmauer I mit WS braune Pfostengräbchen: Glasur grau, lehmig, kohlig, Sodbrunnen dazugehörend Rheinbett
Datierung 1866/67 11.–19. Jh. 2. H. 13.– 1. H. 15. Jh.
13./15. Jh.
Dendrodatierung 1.211 Baumgartenstrasse 15 IWC-West, Pfahlreihe25 Ort Datierung, Holzart :. :DOGNDQWH KASH 39968 1076 Eiche KASH 39967 1057 Eiche KASH 39969 1090? Eiche $QIlQJH LP -DKUKXQGHUW Die nellenburgische Stadtmauer fehlt in diesem Abschnitt, weil die zähringerzeitliche Stadtmauer von 1207 präzise ihre Stelle eingenommen hat (1.048). Gut 4 m innerhalb dieser Mauern und parallel dazu verlaufend liegt ein 30–40 cm breites und 20 cm in den anstehenden Rheinkies abgetieftes Gräbchen. Darin fanden sich im Abstand von 40–50 cm neun Pföstchen mit einem Durchmesser von 15 cm (Abb. 593 und 594). Von den meisten sind nur die Löcher mit den verrotteten Hölzern erhalten, von dreien aber die unten zugespitzten Pfahlreste, deren Dendrodatierung frühestens in die 1080er-Jahre fällt. Das Gräbchen gehört zum ersten Benutzungshorizont, läuft aus der Baugrube weiter nach Westen und schliesst im Osten an ein rechtwinklig dazu verlaufendes, etwas breiter und tiefer ausgebildetes Gräbchen an. Die Funktion dieser isolierten Reste ist unklar, weil die zugehörige erste Stadtmauer an dieser Stelle fehlt. Auffallend ist, dass die Pfahlreihe zusammen mit dem unten besprochenen Sodbrunnen in einer Flucht liegt, die auf einen Weg hindeutet, der vom Rhein durch den Klosterbaumgarten zum östlichen Ende der Refektorien der 2. Hälfte des 11. und frühen 12. Jahrhunderts im Kloster Aller414
D führt.26
heiligen Denkbar wäre hier am Rhein HWZD GHU 6WHJ HLQHU NOHLQHQ 6FKLIÀlQGH ZLH ZLU sie z.B. vom Fischer- oder Läufergässchen her kennen (1.227, 1.230 und 1.240). Es könnten auch die Reste der Flechtwerk-Einfassung eines Wasser- oder Fischbeckens sein, das der Rhein problemlos durch die Mauer hindurch hätte speisen können.
Dendrodatierung 1.211 Baumgartenstrasse 15, Hölzer im Sodbrunnen28 Ort 1. Boden Daubeneimer KASH 39974 2. Boden Daubeneimer KASH 39973 verschiedene Wandfragmente eines Daubeneimers KASH 39975
Datierung 1042 921, 1035 906, 969
Holzart Eiche Eiche Eiche
Nur unweit des heutigen Durchgangs vom Kammgarnhof zur Baumgartenstrasse kam ein gut erhaltener Sodbrunnen zum Vorschein (Abb. 593 und 47). Er ist aus Kalksteinen gemauert und noch 1,8 m hoch erhalten. Vom ehemaligen Niveau des Klosterbaumgartens aus gerechnet müsste er ursprünglich mindestens 2,8 m tief gewesen sein. Seine Sohle liegt tief im Grundwasser auf Kote 387,20 m ü. M., deshalb sind hier viele Hölzer erhalten geblieben. Es handelt sich um Dinge, die im Lauf der Zeit in den Brunnen ¿HOHQ RGHU QDFK GHVVHQ $XIJDEH KLHU HQWVRUJW wurden. Bemerkenswert sind vor allem zwei Böden und verschiedene Wandfragmente von Daubeneimern, die auf der Sohle lagen und sich zusammensetzen liessen (Abb. 595 und 48). Dendrochronologisch lassen sich die Hölzer frühestens in die Jahre um 1050 datieren. Ausserdem fand sich ein Beitel, wie ihn etwa die Küfer zur Herstellung der Daubengefässe verwendeten,27 sowie der Metallhenkel eines Wasserkübels (Abb. 595 und 48). Nach seiner Ausserbetriebnahme füllte man den Brunnen mit Steinen, die vor allem vom Abbruch des oberen Brunnenabschnitts stammen. Neben frühen Ziegeln sind auch Hohlziegel vorhanden, die zeigen, dass die Aufgabe des Brunnens nicht vor das 13. Jahrhundert zurückreicht.
25 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 588 vom 6.12.2006 und Bericht 1387 vom 13.2.2015. 26 Bänteli 1999a, S. 24, S. 27f., S. 68, S. 73. 27 Schaltenbrand Obrecht 2006, S. 106–108. 28 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 589 vom 6.12.2006 (65378–65382) und Bericht 1387 vom 13.2.2015.
Abb. 595 Baumgartenstrasse, IWCWest (1.211). Aus dem Sodbrunnen stammen zwei Böden und das Wandfragment eines eichenen Daubeneimers, die frühestens in die Jahre um 1050 datieren. Hinzu kommt der Metallhenkel eines Wasserkübels (M 1:4), vgl. Abb. 48.
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Abb. 596 V IWC-West (1.211). Kalksteinspolie von 1574/75 aus der offenen Säulenhalle des Bogenschützenhauses im Betonfundament des 1885 errichteten Verwaltungsgebäudes mit Wollsortiererei der ehemaligen Kammgarnspinnerei. Abb.597 VV IWC-West (1.211). Die Vielfalt der Basen, Kapitelle und Säulentrommeln zeugen von einer bemerkenswerten Verspieltheit des 1574/75 errichteten Bogenschützenhauses. Sie sind heute an Ort und Stelle an der Rheinuferstrasse aufgestellt (AST 20).
Die Bogenschützen im Baumgarten Nach der Einführung der Reformation und der Aufhebung des Klosters Allerheiligen verlegten die Bogenschützen 1532 ihren Schiessplatz in den freigewordenen Klosterbaumgarten. Ihr Schiessplatz lag ursprünglich im Schützengraben, wo noch heute ihr ehemaliges Gesellschaftshaus steht (1.220). Weshalb die Bogenschützen 1542/43 auch ihr wenige Jahrzehnte altes Gesellschaftshaus aufgegeben und während über dreissig Jahren nur ein Provisorium im Baumgarten belegt haben sollen, ist allerdings noch ungeklärt und wird unter der «Schützenstube» diskutiert (1.220). Hans Ulrich Wipf beschreibt diese Vorgänge in seiner umfassenden Geschichte der Bogenschützengesellschaft, der ältesten Gesellschaft der Stadt Schaffhausen.29 Erst 1574/75 wurde ein neues Bogenschützenhaus im Baumgarten errichtet. Die Bauleitung hatte der städtische Oberbaumeister Heinrich Schwarz, der zur selben Zeit auch den Bau des Munot leitete (1.112).30 Der Neubau tritt auf dem
um 1600 entstandenen Aquarell von Hans Conrad Lang markant in Erscheinung (Abb. 218). Im lichten Fachwerkaufbau befanden sich die Gesellschaftsräume und darüber die Wohnung des Armbrusters oder Bogners, der die Waffen in Stand hielt. Gut zu erkennen ist auch die offene Säulenhalle im Erdgeschoss, die als Schiessstand diente. Langs Aquarell zeigt auch den gedeckten Gang, der entlang der rheinseitigen Stadtmauer zum 280 Fuss (83 m) entfernten Scheibenstand führte. Dieser wurde «Rahn» genannt und stand in der Parzelle IWC-Ost (1.048).31 Diese Distanz wird durch den Peyerplan von 1820 genau bestätigt, der die ganze Anlage mit dem an die Stadtmauer anschliessenden Bogenschützenhaus, Gang und Rahn unverändert zeigt. Der Peyerplan GLHQW DXFK GHU ,GHQWL¿]LHUXQJ HLQHU 7URFNHQPDXHU die in der Baugrube des Kammgarn-Foyers zum Vorschein kam. Sie gehört zur östlichen Einfriedung des Gartens beim Pfrundhaus, nordwestlich des Bogenschützenhauses und südseitig des Klosters. Der Baumgarten wird in der Folge oft zum Mittelpunkt des gesellschaftlichen und kulturellen Lebens der Stadt. Legendär war die berühmte Schützenlinde mit ihrer Wirtschaft in der Baumkrone. Bis zu 18 Tische und sogar ein kleiner Springbrunnen fanden darin Platz, bis sie 1738 HLQHP 6WXUP ]XP 2SIHU ¿HO Beim Abbruch von massiven Betonfundamenten in der Südwestecke der Baugrube kamen unterschiedlich bearbeitete Kalksteine zum Vorschein, die als Füllmaterial in den Beton eingebaut waren (Abb. 596). Das gute Dutzend Basen, Kapitelle und Säulentrommeln in unterschiedlichsten Formen und Massen zeugt von einer bemerkenswerten Verspieltheit der Säulenhalle und des ganzen Gebäudes, wie auf Langs Darstellung gut zu erkennen ist.32 Die Steine sind heute als letzte Erinnerung an das Bogenschützenhaus an Ort und Stelle aufgestellt (Abb. 597, AST 20). Die Betonfundamente stammen vom 1885 errichteten Verwaltungsgebäude der ehemaligen Kammgarnspinnerei. Es war am Standort des damals abgebrochenen Bogenschützenhauses errichtet worden, das bis dahin selber als Industriegebäude gedient hatte.33 Die Bogenschützen hatten im Zuge der industriellen Umwälzungen am Rheinufer das stattliche Haus verlassen müssen und waren 1871 an ihren heute noch bestehenden Standort auf dem Emmersberg gezogen.
416
D 1.082 Schmiedetörli, Rheinstrasse 5/7 6WDGWPDXHU 7RU 3DOLVDGH 6FKZLUUHQ :DVFKKDXV Literatur: Frauenfelder 1951, S. 36; Schib 1938. Beim Bau des ersten Rheinuferkanals wurden 1937 unmittelbar ausserhalb der Quaimauer mindestens 12 Eichenpfähle und darüber die unterste Fundamentlage eines halbrunden Schalenturms freigelegt. Dieser springt gut 5 m gegen den Rhein vor. Ausserdem deckte man 8,5 m hinter der Quaimauer einen Quaderstein auf, der auf einem Findling mit abgerundeten Ecken ruhte. Dort setzte ein gemauerter Kanal an, der innen an der Quaimauer in einen Schacht mündete und sich von dort Wipf 2004, S. 58f. Wipf 2004, S. 60–62. Wipf 2004, S. 58–62, S. 92. Auch die Schützenlinde war von 12 steinernen Säulen gestützt. Weil diese ja bereits 1738 umstürzte, ist ein Zusammenhang mit diesen Steinen nicht schlüssig. Vgl. Wipf 2004, S. 60, 33 Hauser 1996, S. 344, Nr. 1.3.2. Eine um 1880 datierte Aufnahme des Industriequartiers bei Hauser S. 292, Abb. 32 zeigt das Bogenschützenhaus unmittelbar hinter dem Hochkamin. Vgl. auch Wipf 2004, Abbildungen S. 63, S. 69 und S. 77. 34 Rüeger 1884, S. 359.
Müligässli
29 30 31 32
nach aussen zum Rhein hin fortsetzt. Die Anlage wurde damals als zusammengehörig interpretiert. Aus heutiger Sicht ist aber von mindestens vier Bauphasen auszugehen. Der als Schwelle eines Tors interpretierte Steinquader mit dem Findling dürfte Teil der zweiten, zähringerzeitlichen Stadtmauer von 1207 sein, die letztmals 100 m weiter im Osten beim Neubau des Gebäudes IWC-West (1.211) gefasst wurde. Vermutlich ist in dieser Zeit auch das ältere Kolbentor entstanden (1.184; Abb. 602, 1.184). Die Pfähle sind sicher nicht als Turmfundamentierung zu interpretieren, da die Fundamente der Stadtmauern immer direkt auf dem anstehenden Kies gründen (1.040; 1.048; 1.211; 1.229 und 1.235). Die Stumpfsche Darstellung von 1548 zeigt unweit dieser Stelle eine Öffnung in der Stadtmauer mit einer halbrunden Pfählung (Abb. 284). Und Rüeger als Zeitzeuge schreibt: …welche Hüser türen uf den Rhin hinuss ghan, sind vermuret worden, wie dann auch grad die Rosswette in der Gruob selber, so zuoYRU QXQ PLW HLFKLQHQ SIlOHQ YHUPDFKW JHZHVHQ.34 Diese so genannten Schwirren, die Palisaden, sicherten demnach zuerst das einzige mit dem Schiff zu bedienende Tor des Klosters an der Rosswette, geschützt vor den Stromschnellen
Abb. 598 Schmiedetörli Rheinstrasse/Klosterstrasse (1.082). Schmiedetörchen mit zugehöriger Palisade, deren Schutzfunktion später ein Halbrundturm übernahm (M 1:400).
1
Klosterscheune „altes Zeughaus“
12. Jh. Klosterscheune / Stall 4
3
5
Kolbentor 1.184
2
um 1200? erstes Kolbentor 1592 zweites Kolbentor
Schmiedetörchen 1.082
?
f um 1200
erverlau
Stadtmau
erverlauf?
Stadtmau
Quaimauer um 1870
Halbrundturm
Waschschiff N
0 1
5
ältere Eichenpfähle der Rosswette
10 m
417
Abb. 599 Schmiedetörli (1.082). Grün glasierter Zwillingstopf mit mittigem Bandhenkel, vgl. Abb. 600 (M. 1:2).
Abb. 600 Schmiedetörli (1.082). Das Keramikensemble zeigt die Variabilität typischen Stadtmülls und dürfte überwiegend aus der Zeit der Aufschüttung vor dem Tor Ende der 1580er-Jahre stammen. Es gibt jedoch auch jüngeres Fundmaterial.
418
D auch durch das an dieser Stelle ansetzende Mühlenwuhr, wie dies der Peyerplan 1820 anschaulich zeigt. Seinen Namen «Schmiedetörli» erhielt das Törchen von der hier gelegenen, 1486 erstmals genannten Schmiede des Klosters.35 Nachdem bereits 1585 das Vorgelände im Rhein mit Steinen aufgeschüttet worden war, baute man 1592 das Törchen um. Es ist das Jahr, in dem auch das jüngere Kolbentor entstand (1.184).36 Damals wurden wohl auch die Pfähle abgesägt und durch den Halbrundturm überbaut, der seitlich das SchmieGHW|UOL ÀDQNLHUWH XQG GHVVHQ 6FKXW] EHUQDKP 37 Die Situation ist auf dem Aquarell von Lang um 1600 und bei Mentzinger 1644 sehr anschaulich dargestellt (Abb. 218 und S. 676). Auf dem Peyerplan von 1820 ist der Turm nicht mehr vorhanden. An seine Stelle ist ein fest verankertes Waschschiff getreten, das in der Tradition des schon 1536 erwähnten und 1577 neu gebauten Waschhauses an dieser Stelle steht. Wie Ratsprotokolleinträge von 1580 und 1591 zeigen, bildeten diese Waschhäuser mit ihren beheizten Sechtkesslen für die Waschlauge eine latente Feuergefahr, welcher der Rat mit entsprechenden Weisungen an die Feuerschauer vorzubeugen suchte.38 Der 1937 aufgedeckte Kanal schliesslich passt zu den anderen Befunden des 19. Jahrhunderts in der Stadt. Gemäss der Aufnahme von 1937 stört er den Rundturm auf der Ostseite und datiert wie die Quaimauer in die Zeit des Moserdamms Mitte der 1860er-Jahre.
35 STASH UR 1/3271. 36 STASH RP 44,221 (1585), RP 52,115 (1592): Buwmaister soll anordnung thun, das das staini thor desz schmitten thörlinsz, so schon alberait im werckh sin solle, fürderlicher zyt gemacht werde, damit die mur an closters garten ouch widerumb durch herrn pfleger gemacht werde. 37 1970 sollen im Bereich des Schmiedetörlis menschliche Knochen gefunden worden sein, die von mindestens drei Personen stammen, aber ohne weitere Angaben in zwei Kartonschachteln der KASH liegen. Ob diese Angaben stimmen, wissen wir nicht. Ein Friedhof an dieser Stelle ist unbekannt. 38 STASH RP 10,30 (1536), RP 37,70 (1577): Die wöschhüser, namlich uff dem herrenacker, bim gerwerbrunnen unnd Repfengassen soll her buwmaister unverzogenlich hinweg thon unnd vor dem schmittentor, im saltzhoff und vor dem weberthürli dry ander kessel machen unnd ordnen. STASH RP 39,169: Allen fürbeschowern zedel machen, das sy das fürh ordentlich beschowen. Sy sollen ouch alle secht kessel besehen, sollen fürderlich verrichtet werden; STASH RP 51,105: whur am schmidtenthörlin und das darvor stehend wöschhüszlin fürderlich gelegener tagen besichtigen und wie der enden verpesserung zethun, damit die statt daselbst notturfftigklich verwartt und des closters anstossende schüwren vorm fühwr gedachts wöschhüszlins beschirmpt werdint.
Aus den Untersuchungen von 1937 ist aus unklarem Zusammenhang ein Keramikensemble überliefert. Es zeigt die Variabilität eines ganzen Haushalts und stammt archäologisch aus dem späteren 16. bis frühen 19. Jahrhundert, überwiegend aus der Zeit der Aufschüttung vor dem Törchen Ende der 1580er-Jahre. Die Gefässe sind fast ausschliesslich innen glasiert und zeigen das ganze Farbenspiel der damals üblichen Glasuren (Abb. 600). Bemerkenswert ist ein grün glasierter Zwillingstopf mit mittigem Bandhenkel (Abb. 599).
1.184 Kolbentor, Rheinstrasse 2–25 .ROEHQWRU 6WDGWPDXHU 6WUDVVHQSUR¿O 6FKHXQH Literatur: Lieb 1994; Hauser 1996, S. 394; Frauenfelder 1951, S. 33. Bildquellen: Grütter 2005, S. 140, Kat. 206. Bei der Erneuerung der Werkleitungen in der Rheinstrasse liess sich im Jahr 2000 erstmals das Kolbentor genau lokalisieren. Dieses zweite, hintere oder untere Klostertor schloss im Westen das Kloster Allerheiligen gegen den Steinbruch, die Grueb, ab (1.086; 1.091; 1.139; 1.162; 1.185 und 1.200). Nach Aufgabe des Steinbruchs im späten 14. Jahrhundert diente das Gelände zunehmend Kleinhandwerkern als Wohnquartier, war aber nach wie vor Standort einer Ziegelhütte (1.083). .O|VWHUOLFKHV gNRQRPLHJHElXGH XQG lOWHUHV Kolbentor Hinweise zum Verlauf der ältesten Stadtmauer und zu den Auffüllungen des Rheinufers fehlen; sie liegen an dieser Stelle tiefer als die Leitungsgräben. Ältester Befund in diesem Untersuchungsbereich ist die südliche Mauer eines Gebäudes mit einem Mauerwerk aus kleinteiligen, lagenhaften Kalkbruchsteinen (Abb. 601–603), das gut zu den noch bestehenden Ökonomiegebäuden an der Klosterstrasse, dem Klosterkeller mit Bindhaus passt, die noch ins 12. Jahrhundert zurückreichen (1.042.5). Im Aquarell von Lang wird um 1600 das Gebäude als grosse Schür und Vich- oder Rinderstall bezeichnet (Abb. 218). Wahrscheinlich war es in dieser Zeit zugleich auch die südwestliche Ecke des Klostergevierts. Nahe der Südostecke des Gebäudes wurde in einer zweiten Phase und mit etwas grösseren Steinen das ältere Kolbentor angebaut. Untersucht ist sein nördlicher Pfeiler bis in eine Tiefe von 1,6 m unter Strassenniveau. Er besitzt eine Seitenlänge von etwa 1,4 m mit aufgehendem Mauerwerk von 0,7 m Höhe. Wahrscheinlich hängt die Anlage des Klostertors mit dem Ausbau der zähringerzeitlichen Stadtbefesti419
gung um 1207 (1.082)39 und mit der Strasse in den Steinbruch zusammen. In den Urkunden erscheint das Tor erstmals 1391.40 - QJHUHV .ROEHQWRU XQG =HXJKDXV In einer dritten Phase wird an die Südwestecke von Scheune/Stall aus dem 12. Jahrhundert ein neues Tor angebaut (Abb. 602 und 603). Die Pfeilerbreite beträgt ebenfalls 1,4 m, die weitere Ausdehnung nach Süden in die Rheinstrasse ist zerstört. Die Verschiebung des Kolbentors acht Meter weiter nach Westen hängt mit dem Einbau eines grossen Tors in die Scheune zusammen, das, wie eine Zeichnung aus dem 19. Jahrhundert zeigt, 41 genau an der Stelle des ersten Kolbentors zu liegen kam. Dadurch wollte man die Scheune klosterinnenseitig von der Strasse her neu erschliessen. Das Mauerwerk des neuen Kolbentors besteht aus mächtigen Kalksteinen und passt so
1
2
Müligässli
Abb. 601 U Kolbentor (1.184). Im Vordergrund das Mauerwerk des wohl um 1200 entstandenen älteren Kolbentors (2) vor dem regelmässigen, kleinteiligen Mauerwerk der Klosterscheune aus dem 12. Jh. (1). 1
Klosterscheune „altes Zeughaus“
12. Jh. Klosterscheune / Stall
Abb. 602 Z Rheinstrasse/Klosterstrasse (1.184). Situation des Kolbentors mit Bauphasen (M 1:400).
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3
5
Kolbentor 1.184
2
um 1200? erstes Kolbentor 1592 zweites Kolbentor
Abb. 603 V Kolbentor (1.184). Profil Blick Nord mit Ansicht der beiden Tore und der Strassenprofile (M 1:50).
N
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0 1
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392.00
Strasse
Klosterscheune/Stall Strasse Strasse
391.00
Strassenkoffer, Kies
lokaler Brand Strassenkoffer, Kies
Strassenkoffer
390.00 zweites Kolbentor
Fels
12. Jh. Klosterscheune / Stall um 1200? erstes Kolbentor
389.00 1592 zweites Kolbentor
420
5
10 m
D gut mit der Jahrzahl 1592 am neuen Scheunentor zusammen. Im gleichen Jahr entstand auch der Halbrundturm beim Schmiedetörli (1.082). Eine weitere Jahrzahl von 1753 war an einer der beiden Scheunenecken angebracht und belegt zusammen mit den Ratsprotokollen den Abbruch dieses nicht mehr benötigten underen Closterbogens und die dadurch notwendige Reparatur der Abrisswunde in der Gebäudeecke. So fehlt das Kolbentor auch im Peyerplan von 1820. Unser Ökonomiegebäude wurde nun aus nicht mehr nachvollziehbaren Gründen auch als «altes Zeughaus» bezeichnet, diente schliesslich als Steinmetzhütte und wurde 1875 abgebrochen.42
1.075 Baumgartenstrasse 19–23 Kloster Allerheiligen, Ziegelei, Handwerk Literatur: Frauenfelder 1966, S. 6. Bildquellen: Grütter 2005, S. 169, Kat. 450. Die Untersuchungen von 1991 und 1995 wurden bereits 1999 in der Schrift über das Kloster Allerheiligen publiziert.43 Ergänzend ergab sich 2001 die kleine Baugrube für einen neuen Liftschacht mit Treppenhaus zum Dachgeschoss des Kammgarngebäudes. Dabei zeigte sich die unsorgfältig gemauerte, nordseitige Umfassungsmauer des Klosterbaumgartens, die aus der Neuzeit stammt XQG PLW GHU 1RUGÀXFKW GHV QHXHQ %DXN|USHUV ]Xsammenfällt.
39 40 41 42 43
Vgl. oben, S. 70. STASH UR 1/1261. Lieb 1994, S. 72. Lieb 1994, S. 71. Bänteli/Gamper/Lehmann 1999, darin Bänteli 1999a, S. 29, S. 78f. 44 Bänteli 1999a. 45 Bänteli/Mathis 2004.
2
1.042 Kloster Allerheiligen, Klosterstrasse, Baumgartenstrasse .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ .LUFKH 7XUP .UHX]JDQJ Klausur, Steinbruch, Kalkbrennofen, Strasse, 6WUDVVHQSUR¿O /DWULQH 6LFNHUJUXEH 6RGEUXQQHQ *ORFNHQJXVVJUXEH 3DWHUQRVWHUKDQGZHUN )ULHGKRI $UFKlR]RRORJLH $UFKlRERWDQLN Literatur: SPM VII 2014, S. 184–186, S. 406– 408, S. 493; Bänteli 2014c, S. 493; Bänteli 2013a, S. 363–367; Bänteli 2013b, S. 25–33; Sennhauser 2012; Bänteli 2010a, S. 167; Bänteli 2009, S. 130; Sennhauser 2008, S. 283f.; Lüttgen 2006; Bänteli/Mathis 2004; Bänteli 2004; Bänteli 2002, S. 40–43; Ex Terra Lux 2002, S. 198–204; Bänteli/Zubler 2001; Beck/Senn 2000, S. 250–253; Bänteli/Gamper/Lehmann 1999; Brombacher/ Rehazek 1999b. Bildquellen: Grütter 2005, S. 110; S. 116–119; S. 121, Kat. 2–11, S. 122, Kat. 12–16, S. 135, Kat. 154–162, S. 136, Kat. 163–171, S. 137, Kat. 172– 173, S. 140, Kat. 202–204, S. 146, Kat. 252, S. 148, Kat. 276, S. 162, Kat. 398, S. 171, Kat. 468– 469. Zum 950-jährigen Jubiläum der Klostergründung wurde 1999 die Geschichte des Klosters publiziert, nachdem während Jahren die an vielen Orten verstreuten Untersuchungsakten aus der Zeit von 1902–1998 zusammengetragen und ausgewertet worden waren.44 In den Übersichtsplan im Kloster-Kunstführer von 2004 konnten bereits erste Nachträge eingearbeitet werden.45 Im Rahmen der aktuellen Arbeit wurden schliesslich sämtliche bislang noch undatierten Holzproben aus den verschiedenen Untersuchungskampagnen im Kloster überprüft, da aus anderen Fundkomplexen in Schaffhausen mittlerweile eine ganze Anzahl datierter Hölzer des 11./12. Jahrhunderts vorliegen und so die Hoffnung bestand, auch dendrochronologisch neue Erkenntnisse ge-
1
392.00
Strasse
Strasse 391.00
Strassenkoffer, Kies
Planien, Auffüllungen
erstes Kolbentor
421
winnen zu können. Es haben sich marginale Ergänzungen und vor allem unsichere Datierungen zu den Hölzern der Jahrzehnte um 1100 ergeben, da die Proben wegen ihres sehr gleichmässigen Wachstums zum Teil schwer zu korrelieren waren. Neudatierungen, die die bisherigen Untersuchungsergebnisse entscheidend ergänzen oder verändern würden, liegen aber nicht vor.46 Nachfolgend werden die seit dem Jahr 2000 neu hinzugekommenen Untersuchungen mit den wichtigsten Erkenntnissen als Fortführung der Zusammenstellung der früheren Untersuchungen stichwortartig aufgelistet.47 Die wichtigsten Befunde sind nachfolgend ausgewertet und werden dementsprechend mit einer zusätzlichen Fundstellennummer gekennzeichnet. $UFKlRORJLVFK NRQWUROOLHUWH %DXPDVVQDKPHQ • 2000 Blitzschutzanlage Kräutergarten Südseite. Mörtelbodenreste des Kreuzgangs beobachtet. • 2002 Werkleitungssanierung des Mittelabschnitts der Klosterstrasse nach Leitungsbruch, Höhe Klosterkeller (1.042.1). Steinbruch, Kalkbrennöfen sowie Teile des Nordwesttrakts des Gästehauses, das grösser ist als 1999 angenommen. • 2003 Werkleitungssanierung Klosterbogen, Münsterplatz 38 und Klosterstrasse Nordabschnitt (1.042.2). Strassenkoffer, verschiedene Umfassungsmauern des Klosters auf der Nordund Ostseite, mit einem Nebengebäude beim Klostertor und den Resten einer Paternostererwerkstatt. • 2006 Beginn der grossen Museumsrenovation, die aber kaum in die Grundstrukturen des ehemaligen Klosters eingriff. Der bemerkenswerteste Befund ist anschliessend an die kleine Liftschachtgrabung von 1980 bei der Museumsanlieferung zum Vorschein gekommen: Ein Backofen im Refektorium neben der Klosterküche (1.042.3). Sanierung der Stützmauer entlang des Klosterbogens (1.042.2). • 2007 Kanalisationssanierung vor der öffentlichen Toilettenanlage am Klosterplatz. Umfassungsmauer des Klosters und weitere Gräber (1.042.2). Sickerleitungsgraben entlang der südlichen Kreuzgangmauer mit Resten des bereits 1902/03 aufgedeckten gotischen Brunnenhauses. $XVKXE I U HLQHQ 8QWHUÀXUFRQWDLQHU DP Münsterplatz 31. Nordwestecke des ursprünglichen Beginenhauses, zusammen mit der Klosterumfassungsmauer der Bauphase IV (1.042.2). Bei Inventarisierungsarbeiten entdeckte Guido Faccani, dass das südlich ans Bindhaus anschliessende Gebäude ebenfalls noch romanischen Ursprungs ist (1.042.5). 422
• 2010 Beim Anlegen einer Behindertenrampe zur öffentlichen Toilettenanlage zeigte sich REHUÀlFKOLFK HLQH VSlWPLWWHODOWHUOLFKH *ORckengussgrube (1.042.2). • 2012 Eine weitere Behindertenrampe vom Münsterplatz zum Münster legte Fundamente des «Bückiträgerhauses» und einer Sickergrube frei, die jünger sind als ein weiteres Grab des Mönchsfriedhofes (1.042.2). • 2013 Die Aussenhaut der Neuen Abtei wurde umfassend restauriert und die Fassaden baugeschichtlich untersucht (1.042.4). • 2016 Andreas Heege macht im Rahmen der vorliegenden Arbeit auf Folgendes aufmerksam: Die Objekte mit Fayenceglasur der Töpferei an der Vordersteig 2 (1.093) deuten darauf hin, dass für einen Teil der Fayencefunde aus der Abtslatrine des Klosters Allerheiligen, die vor 1639 in den Boden gelangten, mit lokaler Produktion in Schaffhausen gerechnet werden kann.48
1.042.1 Klosterstrasse Mittelabschnitt Von der Südwestecke des Museumskomplexes bis zum Knick in der Fassadenlinie des Klosterkellers verläuft die südlichste Steinbruchkante. Die Baumgartenstrasse liegt auf Steinbruchabraum (Abb. 38). Die Befunde sind Teil des innerstädtischen, mittelalterlichen Steinbruchs, der sich über den ganzen Südabhang des Herrenackers bis zur Neustadt hin fortsetzt (1.086; 1.091; 1.139; 1.162; 1.185 und 1.200). Nördlich davon kamen zwei Kanten des kleinen, ältesten Steinbruchs aus dem 10. Jahrhundert zum Vorschein, der bereits 1994 in der Südwestecke des Pfalzhofs angeschnitten wurde.49 In seine Nordwestecke war ein weiterer Kalkbrennofen HLQJHEHWWHW GHU ]ZDU QXU REHUÀlFKOLFK DQJHschnitten wurde, aber seinem Gegenstück (I, D) im Pfalzhof entspricht. Er ist rund, hat einen Durchmesser von etwa 1,7 m und besitzt einen 60 cm starken Mauermantel aus Bollensteinmauerwerk, das in der ganzen Tiefe brandgerötet und innenseitig von einer 5 cm dicken Kalkschicht bedeckt ist. Unmittelbar nördlich des Ofens geht der anstehende, mit ockerfarbenem Lehm überdeckte Kalkfels in die alte, mit Kies gefüllte Rinne des Rheins über, die als Kiessandgrube für den Klosterbau diente (1.234). Gegen den Klosterbogen hin reicht der anstehende Boden bis knapp unter GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH XQG PDFKW GDPLW GHXWOLFK dass der Abhang des Herrenackers anfänglich weiter nach Osten bis an die ältesten Klostergebäude reichte, und dass die von der Münstergasse her kommende Strasse erst im Verlauf des Mittelalters in den zurückgearbeiteten Hangfuss hinein verschoben wurde (1.140). Ferner wurden 1839
D die ursprünglichen Strassenhorizonte entfernt, als die Durchfahrt im Klosterbogen zwei Schuh tiefergelegt wurde, um auch geladenen Güterwagen diese Durchfahrt zu ermöglichen (1.042.2).50 Die Westmauer des Hauses der Gäste und Laienbrüder des Klosters Allerheiligen wurde in die Auffüllung des Steinbruchs bzw. in den anstehenden Kiessand hineingebaut. Der romanische Baukörper ist grösser als ursprünglich angenommen und scheint bereits in der Bauphase Allerheiligen ,, ELV DXI GLH 6 GÀXFKW GHU .ODXVXU ]X UHLFKHQ (Abb. 38).51 Das nur punktuell angeschnittene Mauerwerk ist allerdings nur bedingt homogen; sein nördlicher Abschnitt ist 65 cm stark und besteht aus Kalkbruchsteinen mit einem Bollensteinanteil von etwa einem Drittel. Der südliche Teil ist reines, 72 cm breites Kalksteinmauerwerk und zum Teil in opus spicatum gemauert. Es entspricht den Mauerbefunden Allerheiligen IV (Abb. 604). Andererseits ist der Mauermörtel in beiden Abschnitten identisch. Ein längs der Westmauer angeordneter und mit dieser im Verband stehender, aber 70 cm weniger tief fundamentierter Mauerklotz stammt von der Treppe zum Obergeschoss (Abb. 605). Gleiche Treppenfundamente kennen wir in Allerheiligen etwa aus Atrium und Kreuzgang.52 Der tonnenüberwölbte Gang zwischen den beiden Baukörpern besass ursprünglich mit 1,8 m ein erhebliches Gefälle vom gekiesten Klostervorplatz bis zum Pfalzhof hinunter. Sicher mehrphasig entstand schliesslich die Nordwand des Gästehauses (Abb. 607). Auf zwei romanische Bauphasen, in deren Bauschuttschichten frühe Allerheiligenziegel liegen, folgte 1484 der Neubau der Mauer als Rückwand des Pfaffengangs, der hochliegenden Verbindung zur Neuen Abtei.53
1.042.2 Klosterstrasse Nordabschnitt, Klosterbogen und Münsterplatz 38 Im Nordabschnitt der Klosterstrasse liegt das anstehende Terrain in einer Tiefe von 1,6 m und damit 1 m über der Schwelle des Klostertors von Allerheiligen I. Die humosen Schichten belegen ein mehrfach aufgeschüttetes Klostergartenareal (1.203). Gartenkies stammt von Wegbereichen,
UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015. Bänteli 1999, S. 15. Vgl. oben, S. 199; Lehmann 1999, bes. S. 180–183. Bänteli 1999a, S. 22. Wipf 1992, S. 58. Bänteli 1999a, S. 36f., S. 78, mit Beilage 2, Nr. 22 und 23 und Beilage 5, Nr. 78–80. Im südlichsten Abschnitt lag die Mauer nicht frei, Bänteli 1999a, S. 98 mit Beilage 6, Nr. 95. 52 Bänteli 1999a, S. 66, S. 69. 53 Bänteli 1999a, S. 97f.
3
2 1
Abb. 604 Klosterstrasse (1.042.1). Die Westmauer des Hauses der Gäste und Laienbrüder aus dem ausgehenden 11. Jh.
Abb. 605 Klosterstrasse (1.042.1). Der längs der Westmauer (1) des Hauses der Gäste und Laienbrüder angeordnete und mit dieser im Verband stehende Mauerklotz (2) stammt von der Treppe zum Obergeschoss. Im Hintergrund das Vordach des Kellers (3), den vermutlich die österreichischen Herzöge 1405/06 ausbauten, vgl. Abb. 166.
4
46 47 48 49 50 51
3 2 1
Abb. 607 Klosterstrasse (1.042.1). Nordwand des Hauses der Gäste und Laienbrüder. Auf zwei romanische Bauphasen (1, 2) mit einer alten Türschwelle (3) folgt die Rückwand des Pfaffengangs (4) als Verbindung zur Neuen Abtei von 1484.
423
Abb. 608 Klosterstrasse beim Übergang zum Münsterplatz (1.042.2). Die ältere nördliche Umfassungsmauer des Klosters (1) stammt aus dem frühen 12. Jh. Sie wurde nach 1392 von der jüngeren Mauer (2) abgelöst, als der Abt begann, Bauparzellen am heutigen Münsterplatz zu verkaufen.
punktuelle Bauniveaus von Kalksteinabschlag, Mörtelabbruch und Sandsteinbrocken belegen die temporäre Nutzung durch Bauhandwerker. Gegen die Toilettenanlage hin kam 2007 die älteste Klosterwestmauer zum Vorschein (Abb. 38). Sie besteht aus 80 cm breitem Bollensteinmauerwerk, das zu Allerheiligen I oder II gehören muss, und ist die Fortsetzung des bereits 1937 vor der Neuen Abtei abgedeckten Mauerastes. 'DU EHU KHXWH QRFK FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH lag ein Skelett, das zum ebenfalls 1937 angeschnittenen Friedhof gehört. Damals wurden im Zuge der Anlage des heutigen Platzes die jüngeren Deckschichten abgetragen.54 Am Ende der Klosterstrasse gegen den Münsterplatz, ehemals Hintergasse, wurden zwei nördliche Klosterumfassungsmauern angeschnitten (Abb. 608). Die ältere Mauer verläuft parallel 2,2 m nördlich des ehemaligen Beginenhauses am Münsterplatz 31 (1.203). Das sorgfältige Kalksteinmauerwerk ist 80 cm breit, besitzt zum Teil einen 0,5 m hohen und 1 m breiten Fundamentkörper, der einen älteren Klostergartenhorizont durchschlägt. Die Mauer gehört ins frühe 12. Jahrhundert, in die Zeit des Klosterneubaus Allerheiligen IV. Sie wurde 2008 auch in der Baugrube für einen Abfallcontainer angeschnitten. Dabei zeigte sich auch, dass die erstmals gefasste Westwand des Beginenhauses 2,5 m weiter westlich liegt als bislang angenommen. Das kleinteilige Kalksteinmauerwerk, teilweise in opus spicatum gemauert, reicht bis 1 m unter die Oberfäche. Darauf setzt der 1526 weitgehend neu gebaute Westabschnitt des Beginenhauses an, der vom Umbau für Münsterpfarrer und Klosterschreiber stammt.55 Auf Höhe der Nordwestecke der Münsterkirche liegt das «Bückiträgerhaus», das ebenfalls an diese ältere Umfassungsmauer anschliesst, die hier einen Versatz nach Norden aufweist (1.203).56 Reste seiner Ostwand kamen 2012 zusammen mit dem Ansatz einer gemauerten, runden und überwölbten Sickergrube zum
2 1
424
Vorschein. Diese durchschlägt ein älteres, in 1,5 m Tiefe liegendes Grab. Ein weiteres Grab kam im Zuge der Werkleitungsarbeiten am Münsterplatz auf Turmhöhe zum Vorschein (1.203). So stellt sich die Frage, ob diese isolierten Gräber ebenfalls zum ostseitig des Münsters festgestellten Mönchsfriedhof gehören.57 Die jüngere Umfassungsmauer ist um 7 m nach Norden verschoben. Sie eliminiert den Absatz in der alten Umfassungsmauer auf Höhe des Hauses Münsterplatz 31, der vermutlich mit einem Tor an jener Stelle zusammenhängt, und bildet so eine gerade Flucht bis zur Nordwestecke (Abb. 38). Jeweils nördlich der älteren und auch der M QJHUHQ .ORVWHUPDXHU ¿QGHQ VLFK PHKUHUH %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJHQ 2E GLH M QJHUH .ORVWHUmauer 1392 entstand, als der Abt begann, in seinem Baumgarten Bauparzellen am heutigen Münsterplatz zu verkaufen,58 oder noch später, ist unklar. Wie üblich im Spätmittelalter ist das Kalksteinmauerwerk deutlich weniger sorgfältig gemauert, unregelmässiger und noch mit einzelnen Bollensteinen durchsetzt. An dieser jüngeren Klostermauer wurde 2010 bei der ToilettenanODJH HLQH PlFKWLJH *UXEH REHUÀlFKOLFK DEJHdeckt. Holzkohle, Brandrötungen und Bronzegussreste deuten darauf hin, dass es sich um eine weitere Glockengussgrube handeln dürfte. Fragmente von Hohl- und Biberschwanzziegeln sowie Backsteinfragmente datieren sie ins ausgehende Mittelalter oder in die frühe Neuzeit. Vielleicht wurde hier 1486 die von Abt Konrad Dettikofer gestiftete, heute so genannte Schillerglocke, oder 1516 die vom letzten Klosterabt Michael Eggenstorfer gestiftete Hochzeitsglocke gegossen.59 Wie bereits festgestellt, wurde die von der Münstergasse her kommende Strasse erst im Spätmittelalter um Strassenbreite gegen den Abhang des Herrenackers hin verlegt und 1839 zudem zwei Schuh tiefergelegt (1.042.1). Deshalb sind im Bereich des Klosterbogens, wie dieser Strassenabschnitt heisst, nur drei der älteren Strassenkoffer vorhanden, die in einer Tiefe von maximal 60 cm XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH OLHJHQ +LQ]X kommt ostseitig die von der Münstergasse (1.140) her kommende alte Hangstützmauer, deren Flucht 1484 die Durchfahrt der Neuen Abtei übernahm (Abb. 38). Sie reicht bis in eine Tiefe von 1,4 m unter die Strasse, besteht aus kleinteiligem Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit einzelnen Bollensteinen und roten Sandsteinbrocken durchsetzt ist und wohl noch ins 12. Jahrhundert gehört (Abb. 609). Ostseitig im Bereich der ehemaligen Strasse liegend, wurde ein unsorgfältig gemauerter Mauerwinkel angebaut. Er stammt von einem kleinen, 2 m breiten Nebengebäude
D mit unbekannter Länge, das 15 m vor der Neuen Abtei liegt. Es übernimmt die Unterkante der Hangstützmauer und besitzt auf diesem Niveau einen feinen Benutzungshorizont. Darin fand sich etwas Keramik aus dem 13./14. Jahrhundert und ein nicht näher bestimmbarer Rechenpfennig.60 In der Hangstützmauer vor der Neuen Abtei stecken auf einer Länge von etwa 13 m noch 1,5 m hohe Mauerreste, die zu Allerheiligen V gehören dürften, vielleicht von einem älteren Torgebäude stammen, aber auch zum Wirtschaftshof gehören müssen, den möglicherweise die österreichischen Herzöge ausbauten (1.042.5; 1.049 und 1.234).
Barfüsserklosters Möglicherweise stammt dieser Brandschutt vom unweit gelegenen Haus von Hans Egli, das 1422 niederbrannte (1.195). Eglis Nachbar war seit 1416 Jäckli Paternoster, von dem wir allerdings nicht wissen, ob Name und Beruf tatsächlich übereinstimmen.63 Aus der Neuzeit stammt schliesslich der gemauerte und überwölbte Abwasserkanal (Abb. 178), GHU VLFK QXU ZHQLJ XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH auf der ganzen Länge des Münsterplatzes nachweisen lässt. Er wurde bereits 1926 angeschnitten und als unterirdischer Gang gedeutet.64
Vor dem «Thiergarten» am Münsterplatz 38 liegt der anstehende Humus regelmässig 1,4 m unter GHU 2EHUÀlFKH XQG VSLHJHOW GDV PLWWHODOWHUOLFKH in diesem Abschnitt etwa 3 m abfallende Terrain wider. Im Übergang zur Münstergasse kam punktuell die westliche, spätgotische Hofmauer der Parzelle des «Thiergarten» zum Vorschein. 10 m weiter östlich zeigte sich eine Brandschuttschicht ± FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 6WUDVVHQREHUÀlFKH XQG GLUHNW XQWHU GHP 3ÀlVWHUHUVDQG GHU ZRKO 1429 angelegten Hintergasse, heute Münsterplatz 6LH OLHVV VLFK LP *UDEHQSUR¿O EHU HLQH Länge von 5 m verfolgen. Daraus stammt ein kleiner Scherbenkomplex aus dem späten 13. bis frühen 15. Jahrhundert.61 Einzigartig sind vor allem die Langknochen von Tieren, Abfall aus der Werkstatt eines Paternosterers, eines Rosenkranzmachers (Abb. 200). Da sind zum einen die unbrauchbaren und deshalb abgehackten Knochenenden, wie sie im Herrenacker Süd ebenfalls zum Vorschein kamen (1.200). Die Knochenschäfte andererseits wurden in einzelne Späne zerlegt, aus denen die Rosenkranzringe oder -perlen herausgebohrt wurden. Davon sind als Produktionsabfall über 80 Rosenkranzrohlinge mit Bohrlöchern verschiedenster Grössen geborgen worden. Die Endprodukte, vollständige Rosenkränze, haben wir oft schon in spätmittelalterlichen Gräbern gefunden, etwa im Friedhof des
.ODXVXUV GÀ JHO Unmittelbar neben der Klosterküche, am Westende des Refektoriums von Allerheiligen IV aus dem frühen 12. Jahrhundert,65 kam 2006 ein Backofen zum Vorschein (Abb. 38 und 196). Er ist vielleicht noch zur Hälfte erhalten, war oval bzw. birnenförmig mit Längen von 3–4 m, die Einfeuerungsöffnung fehlt. Die Feuerplatte bestand aus hochkant gestellten Backsteinen, die in Mörtel verlegt sind (Abb. 610). Sie liegt auf einer 15 cm starken Kiesschicht, die mit Kalksteinsplittern durchsetzt ist und an eine Drainierungsund Trockenhalteschicht erinnert, wie wir sie von der Feuerplatte des Kalkbrennofens C Herrenacker Süd (1.200) oder vom Töpferofen 3 in der Vorstadt kennen (1.218). Die Brandrötung der Feuerplatte nimmt vom Rand gegen das Zentrum hin massiv zu. Hier sind die Steine von der Hitze geschwärzt und teils zersprungen. Auch die Kiesunterlage ist brandgerötet. Die noch 40 cm hoch erhaltene Mauer des Ofengewölbes besteht aus Kalksteinen und einzelnen Backsteinbruchstücken. Sie ist innenseitig gerundet und misst 25
54 55 56 57 58 59 60 61
62 63 64 65
Bänteli 1999a, S. 81, S. 98. Bänteli 1999a, S. 83–86, S. 98. Bänteli 1999a, S. 106. Bänteli 1999a, S. 67f., S. 73. Bänteli 1999a, S. 32. Bänteli 1999a, S. 66, S. 87–90, S. 106. DTR 1, BS DTR; Rechenpfennig KASH Inv. 81998, Lit. Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. DTR 2, KR 2, KR 5a (7x, eine davon innen farblos glasiert), TR 20h, SR?, DTRFu, DEf, Bandhenkel, WS rot engobiert, WS frühe olive Glasur, graue Ware, braune Glasur, WS grüne Glasur auf weisser Engobe, ein grün glasiertes Blattkachelfragment und einige Hohlziegelfragmente. Dazu etwa Ex Terra Lux 2002, S. 223–229. Häuserdatenbank. Frauenfelder 1945b. Bänteli 1999a, S. 68, S. 73 mit Beilage 4, Nr. 51.
(1.090).62
2
2
1 Abb. 609 Klosterbogen (1.042.2). Stützmauer der Strasse zum Kloster (1) aus dem 12. Jh. mit innenseitig angelehntem Nebengebäude aus dem 13./14. Jh. (2).
425
bzw. bis zu 50 cm an den Rändern, wodurch aussen eine jochförmige Linie entstand. Ostseitig schliesst sich ein Schwellbalkengräbchen an, und daran nach Osten eine direkt auf den Resten des romanischen Mörtelgussbodens liegende Sandschicht mit Resten vom neu eingebauten Holzboden des Refektoriums. Mit seiner Abwärme diente der Ofen gleichzeitig der Erwärmung des Refektoriums. Es spricht nichts dagegen, dass Ofen und Holzboden aus der Zeit des teilweisen Neubaus GHV 6 GÀ JHOV LP -DKU VWDPPHQ 66 Unter dem Mörtelgussboden sind noch bescheidene, dünne Planieschichten vorhanden, die auf dem schwärzlichen Gartenhumus aus der Klosterzeit liegen. Darin kamen kleine Scherben aus dem 11. Jahrhundert zum Vorschein.67
1.042.4 Neue Abtei Hausinventar: Guido Faccani/Ulrike Gollnick, Neue Abtei Beckenstube 1, Dezember 2010. Abt Konrad Dettikofer (1466–1488) liess die Neue Abtei als seinen neuen Amtssitz errichten.68 Das über der Durchfahrt angebrachte Baudatum 1484 wird durch die dendrochronologische Untersuchung bestätigt, die vorgängig der Restaurierungsarbeiten am weitgehend erhaltenen Dachstuhl durchgeführt wurde (Abb. 263).69 Die Fassadenuntersuchung der Neuen Abtei zeigte 2013 deutlich, dass der ganze Baukörper einheitlich aus dem Jahr 1484 stammt (Abb. 38). Die originalen Kreuzstockfenster aus graugrünem Rorschacher Sandstein zeigen ein bemerkenswertes Formenspiel. Allerdings wurde etwa die Hälfte davon bei Renovationsarbeiten im 19. und 20. Jahrhundert kopiert und ersetzt. Das nordseitige Sechserfenster über dem Klosterbogen stammt vom Umbau von 1535.71
Abb. 610 Kloster Allerheiligen (1.042.3). Schnitt durch die Ofensohle des Backofens von 1496 im Klausursüdflügel. Sie besteht aus hochkant gestellten Backsteinen, die in Mörtel verlegt sind. Darunter liegt eine ebenfalls brandgerötete Kiesschicht, die mit Kalksteinsplittern durchsetzt ist und der Drainierung und Trockenhaltung diente, vgl. Abb. 196.
Dendrodatierung 1.042.4 Kloster Allerheiligen, Beckenstube 170 Bauphase
Ort
Neue Abtei, originaler Dachstuhl Dachumbau Neue Abtei, in Hängewerk 1837 Dachstuhl Überzug Bau Neue Abtei 1484
426
Holzprobe
'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre)
P1–P6 und 1483/84 WK 10x (9, 11, 13, 15, 16, Eiche P13–P16 17, 18, 20, 2 x 21) P11–P12
2 x 1836/37 WK
Fichte
D Bemerkenswert ist vor allem der Abdruck des Fusses des grossen dreiseitigen Erkers hoch über dem Klostertor, den Lang auf seinem Aquarell um 1600 eindrucksvoll darstellt (Abb. 218). Die Fehlstelle im Dachgesims, die der Erkerbreite entspricht, beträgt 4,3 m (Abb. 219), ein hochkant eingebauter Block von 45 x 100 cm auf Höhe der Fenstersimse des 2. Obergeschosses war ehemals YRUNUDJHQGHV $XÀDJHU I U GHQ (UNHUIXVV $XI GHU Südseite des Gebäudes besass dieser Erker ein einfacheres, halb so breites Gegenstück, wie auch hier eine Fehlstelle von 2,07 m Breite im Dachgesims zeigt. Dieser Erker ist auf einer Zeichnung von Hans Wilhelm Harder überliefert.72 Die ErNHU VSULQJHQ DXV GHQ 'DFKÀlFKHQ KHUYRU XQG ZDren vom Dachboden aus zugänglich, es sei denn, eine Treppe oder Leiter hätte von den Wohnräumen im 2. Obergeschoss direkt in einen dieser Erker geführt. Sie stehen in der Tradition der mittelalterlichen Wehrerker.73 Südseitig war so das 6FKPLHGHW|UOL PLW VHLQHU 6FKLIÀlQGH LP %OLFNIHOG des Abts (1.082), nordseitig das Klostertor bzw. der Zugang von der Stadt her. Früher hatte der Abt das Recht, sein Kloster zu schliessen und die Zufahrt über die Landstrasse ins Mühlenquartier zu blockieren, wovon er zum Unwillen der Bürger auch Gebrauch machte.74 Der Bauherr Abt Konrad Dettikofer hatte genau dieses Recht nebst 54 anderen Beschwerdepunkten 1480 gegenüber dem Rat erfolglos durchzu66 Bänteli 1999a, S. 93 und S. 100f. 67 TR 5/6 und TR 7. 68 Bänteli 1999a, S. 97f.; Frauenfelder 1951, S. 146– 148. 69 Bänteli 1999a, S. 108. 70 dendron, Bericht vom November 2010. 71 Frauenfelder 1951, S. 147. 72 Bänteli 1999a, S. 98, Abb. 115. 73 Vgl. die Nachweise auf der Burg Hohenklingen von 1232–1644: Bänteli 2010c, S. 25, S. 33, S. 35, S. 75, S. 80f., S 104f. 74 Vgl. oben, S. 107. 75 Walter 1906, S. 29. 76 Bänteli 2004, S. 17; Schudel 1986, S. 1531f. 77 Bänteli 1999a, S. 81, S. 108; neuer Befund bereits angepasst in Bänteli/Mathis 2004, Plan Umschlagklappe und ergänzte Rekonstruktion von Allerheiligen V, S. 14. 78 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 657 vom 15.5.2008, P13. 79 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 902 vom 2.8.2012.
versucht.75
setzen Mit seinen an die mittelalterlichen Buckelquader erinnernden Eckquadern und den beiden Wehrerkern, einer davon völlig überdimensioniert, und mit der Positionierung des Neubaus direkt über der Landstrasse, dem heutigen Klosterbogen, war der Neubau von 1484 eine architektonische Machtdemonstration des nicht unumstrittenen Abts Konrad Dettikofer76 gegenüber der Stadt.
1.042.5 Klosterkeller Hausinventar: Guido Faccani, Kellerräume unter dem Untersuchungsgefängnis und Vorplatz Beckenstube 3, Dezember 2010; Guido Faccani, Klosterstrasse 13, Februar 2009; Guido Faccani, Klosterstrasse 15, Februar 2009; Guido Faccani, Klosterstrasse 19, Ehem. Bindhaus, Juni 2008 mit Nachtrag anlässlich des Umdeckens vom November 2011. Bereits im Rahmen der Werkleitungsarbeiten von 2002/03 wurde deutlich, dass der längs der Klosterstrasse liegende, tonnengewölbte Keller unter dem Bindhaus von 1465 älter ist als angenommen und aus romanischer Zeit stammt (Abb. 38). Er besteht aus einem Guss; in der Süd- und Westwand ist im Erdgeschoss Mauerwerk mit Ährenverband in opus spicatum vorhanden, so dass er zu Allerheiligen IV oder V zu rechnen ist.77 Leider lässt sich der Eichensturz eines kleinen, quadratischen Fensters in der Südwand nicht datieren.78 Ebenfalls zum Keller gehört ein südlich anschliessendes, kleines, trapezförmiges Gebäude von 10 x 5,5–7,5 m. Es ist Teil des Hauses Klosterstrasse 15, das gegenüber dem Klosterkeller leicht nach Südwesten abwinkelt. Erhalten ist ein etwa 3 m hoher Raum, der halbkellerartig etwa 1 m eingetieft ist. Sein Mauerwerk besitzt einen Verputz mit horizontalem Fugenstrich. Zwei Deckenbalken sind alt. Sie datieren in die Zeit um 1100 bzw. um 1250 und machen zusammen mit den Mauerbefunden zumindest deutlich, dass wir hier unter dem Bindhaus den ältesten erhaltenen Keller der Stadt Schaffhausen vor uns haben!
Dendrodatierung 1.042.5 Kloster Allerheiligen, Klosterstrasse 1579 Bauphase
Ort
Holzprobe
'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Westabschnitt, Deckenbalken 1091 (5) Eiche Gang West P2
trapezförmiges Gebäude, südlich an Klosterkeller Umbau trapezförmiges Westabschnitt, Deckenbalken 1239 (3) Gebäude, südlich Gang Ost P1 an Klosterkeller
Eiche
427
Abb. 611 Beckenstube 3/5 (1.234). Im anstehenden Wandkies zeichnet sich im Vordergrund die Kante der mit humösem Material aufgefüllten Materialentnahmegrube ab (1). Sie diente Eberhard von Nellenburg ab 1050 zum Abbau von Sand, Kies und Steinen für den Klosterbau.
Vorgängig der Restaurierungsarbeiten an der Neuen Abtei wurden Teile des Klosterkeller-Vordachs datiert, das ans Gebäude anschliesst. Bislang war dieses Dach undatiert.80 Die neuen Daten machen deutlich, dass die komplexe Konstruktion in ihren Ursprüngen aus den Jahren 1405/06 stammt. Wenn auch einzelne Hölzer wiederverwendet sind, passt die noch undatierte Ständerkonstruktion an der Rückwand mit den Kopfbändern gut dazu. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt der Kellerhals mit dem grossen gefasten Bogen aus rotem Sandstein. Dieser passt mit dem eigentlichen Kellertor zusammen, das aus rotem Sandstein besteht und ebenfalls eine Fase aufweist (Abb. 166). Beides passt formal sehr gut zu den entsprechenden Bauteilen am Chor von St. Johann IV aus dem Ende des 14. Jahrhunderts.83 Der Sturzbalken des Kellertors wurde ohne Splint ins Jahr 1343 datiert. Er kann also gut zu dieser ältesten Bauphase des Vordachs gehören, weshalb nichts dagegen spricht, dass GLHVHU ]ZHLVFKLI¿JH ]ZHLJHVFKRVVLJH PLW 7RQnengewölben ausgestattete Keller ebenfalls 1405/1406 datiert werden kann. Unklar ist im jetzigen verputzten Zustand, ob die im unteren Keller vorhandene vierbogige Arkadenreihe aus graugrünem Rorschacher Sandstein auch im oberen Geschoss vorhanden ist. Mit dieser Bogenstellung und dem Vorplatz erinnert der Keller sehr an jenen im Unterhof von Diessenhofen, der 1329, im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Aktivitäten der Truchsessen, vielleicht für Transitgüter erbaut wurde.84 Unser Keller entstand in der Zeit Abt Berchtolds von Sissach (1395–1425), einem Zeitabschnitt, der bislang in Allerheiligen baugeschichtlich nicht in Erscheinung trat, weil die notorische Finanznot des Klosters schon mehr als ein Jahrhundert andauerte.85 Vermutlich haben auch nicht die Mönche ihre Kelleranlagen erweitert. Möglicherweise waren es vielmehr die österreichischen Herzöge, die diesen schon länger bestehenden Wirtschaftshof ausbauten (1.042.2; 1.049 und 1.234).86
1.234 Beckenstube 3/5 Kiesgrube, Sandgrube, Kloster Allerheiligen Bei der Erneuerung der Wasserleitung von der Beckenstube zum Gefängnis kam 2010 eine Kiesgrube zum Vorschein, ein kleiner, aber äusserst wichtiger Befund. Es ist jenes Grundstück, aus dem Eberhard von Nellenburg 1050 Sand, Kies und Steine für den Bau des Klosters zu Allerheiligen holen liess und dessen Lage bislang auf der Ostseite des Klosters direkt am Rheinufer vermutet wurde. Das Grundstück gehörte aber dem Stift Bamberg. Es kam zu einer Klage, die mit einem Gütertausch aus dem Weg geräumt wurde, so dass die Grube weiterhin für den Klosterbau genutzt werden konnte.87
1
Dendrodatierung 1.042.5 Kloster Allerheiligen, Beckenstube 381 Bauphase
Ort
Neubau 1405/06 Keller, Türsturz Klosterkeller und Vordach unter Kellervordach, Beckenstube 3 Überzug, Unterzug, Strebe 1. Umbau 1519 Kellervordach, Kellervorplatz Strebe Klosterstrasse 2. Umbau 1541 Kellervordach, Kellervorplatz Stütze, Ständer Klosterstrasse 428
Holzprobe 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Keller 1341 bzw. 134382 Eiche Sturz P2 P12, P13 1404/05 WK (11), 2 x 1406 WK (14, 18) Eiche und P15 P14 und P16
2 x 1518/19 WK (18, 19)
Eiche
P11 und P17
1539/40 WK (17), 1540/41 WK (17)
Eiche
D Im 1,4 m tiefen Aufschluss in der Rasenterrasse vor der Ostseite des Regierungsgebäudes zeichnete sich unter 40 cm Humus im anstehenden Wandkies eine riesige Grube von 53 m Ausdehnung in Nord-Süd-Richtung ab. Sie endete direkt DQ GHU 1RUGÀXFKW GHU 0DXHU GHV *HIlQJQLVKRIHV die mit der alten Grenze des Klosters Allerheiligen zusammenfällt (Abb. 38, 611 und 894). Die Grube liegt etwa 50 Meter vom Eingangstor der ersten Klosteranlage entfernt in der alten Rinne des Rheins, die mit Kies, Sand und Bollensteinen aufgefüllt ist, direkt neben dem klösterlichen Kalksteinbruch am Ostabhang des Herrenackers. Noch im Mittelalter wurde die ausgebeutete Grube mit sterilem, kiesig-lehmig-humosem Aushubmaterial aufgefüllt, das auch etwas Abbruchmörtel enthält. Das Gelände diente in der Neuzeit als Baumgarten, wie die verschiedenen Bildquellen zeigen. Keine Hinweise gab es in diesem Graben zum 1617/18 abgebrochenen Ochsenhof. Dieser hatte die Stelle des nördlichen Hofabschlusses eingenommen (1.049 und 1.195) und war Teil des Wirtschaftshofs des Klosters, den möglicherweise die österreichischen Herzöge ausbauten.88
1.203 Münsterplatz 4–34 Kloster Allerheiligen, Friedhof, Strasse, 6WUDVVHQSUR¿O +DIQHUKDQGZHUN .DQDO Literatur: Homberger/Zubler 2010, S. 106, S. 172–175, S. 229–239; Bänteli 1999a, S. 82, S. 95, S. 98, S. 105f.; Hauser 1996, S. 384; Frauenfelder 1966, S. 8; Frauenfelder 1951, S. 21, S. 374. Bildquellen: Grütter 2005, S. 140, Kat. 204, S. 170, Kat. 457. Die Werkleitungen am Münsterplatz wurden 2004 vollständig erneuert und die Arbeiten archäologisch begleitet.
80 Bänteli 1999a, S. 108. 81 dendron, Bericht vom November 2010. 82 Gleiches Holz bereits 1999 datiert UWAD, Felix Walder, Bericht vom 27.4.1999, Nr. 17722 mit Endjahr 1343. 83 Bänteli 1990, S. 59f. 84 Baeriswyl 1995, S. 120–126. 85 Bänteli 1999a, S. 95; Schudel 1986, S. 1529. 86 Vgl. oben, S. 126. 87 Bänteli 1999a, S. 20 und S. 29; Gamper 1999, S. 131. 88 Vgl. oben, S. 125f. 89 Bänteli 1999a, S. 83–86, S. 98. 90 Frauenfelder 1945b. 91 Bänteli 1999a, S. 67f., S. 73. 92 Rüeger 1884, S. 374; Bänteli 1999a, S. 32 und S. 98.
Nördliche Umfassungsmauer und Friedhof Die nördliche Klostermauer kam vor dem alten Beginenhaus,89 Haus Münsterplatz 31, vor dem Münsterturm und vor den Häusern Münsterplatz 4 und 10 zum Vorschein (Abb. 38). Das sorgfältige Kalksteinmauerwerk ist gut 80 cm breit, besitzt einen 0,5 m hohen, 1 m breiten Fundamentkörper und gehört ins frühe 12. Jahrhundert, in die Zeit des Klosterneubaus von Allerheiligen IV. Die Mauer ist identisch mit jener Mauer, die der Peyerplan von 1820 zeigt, allerdings nicht in ihrem westlichen, ebenfalls ergrabenen Abschnitt, der 1392 oder etwas später entstand (1.042.2). Das gegen Westen zugehörige Stück der Umfassungsmauer liegt 7 m weiter südlich, weshalb hier, vor dem Haus Münsterplatz 31 ein markanter Mauerversatz vorhanden sein muss. Er deutet auf ein altes Klostertor als weiterer Zugang zum Münster an dieser Stelle. Bereits das Aquarell von Lang um 1600 zeigt eine schnurgerade Klostermauer mit einem Tor an dieser Stelle, genauso der Peyerplan 1820. Die beiden östlichsten Abschnitte der Mauer verlaufen in der Mitte des heutigen Münsterplatzes und zeigen unterschiedliche Mauercharaktere. Sie sind aber zum grössten Teil durch den neuzeitlichen gemauerten und überwölbten Abwasserkanal zerstört, der auf der ganzen Länge des Münsterplatzes nachgewiesen werden konnte (Abb. 178). Er wurde bereits 1926 angeschnitten und als unterirdischer Gang gedeutet.90 An der Innenseite der Mauer, im Humus des einsWLJHQ .ORVWHUEDXPJDUWHQV ¿QGHQ VLFK DXI GHU ganzen Mauerlänge immer wieder Fragmente der frühen Allerheiligenziegel, die teilweise auch engobiert sind. Ein geostetes Skelett lag auf Höhe GHV 7XUPV P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH XQG P LQnerhalb der Umfassungsmauer. Zusammen mit dem 2012 beim «Bückiträgerhaus» angeschnittenen Skelett (1.042.2) macht es deutlich, dass sich der Mönchsfriedhof in lockerer Belegung über die ganze Nordseite des Münsters erstreckte.91 Keine neuen Erkenntnisse gibt es zum 1541 weiter östlich im Klosterbaumgarten angelegten Friedhof (1.048). Strasse Der heutige Münsterplatz, die frühere Hintergasse, gehört zu den jüngsten Gassen der Stadt. Sie war bis 1392 Teil des Klosterbaumgartens. Erst danach begann der Abt, daraus einzelne Bauparzellen zu verkaufen.92 Der erste Hinweis für GLH $QODJH GHU *DVVH ¿QGHW VLFK LQ GHQ Stadtrechnungen. 1467 wird die Gasse erstmals erwähnt, und Abt Konrad Dettikofer (1466–1488) beklagt sich in seiner Beschwerdeschrift an den Rat, dass die Gasse von den Bürgern durch Düngergruben, Schweinestiegen und Holzstapel ent429
Abb. 612 Münsterplatz 8 (1.203). Typischer Töpfereiabfall mit zahlreichen Fehlbränden von Töpfen, Dreibeintöpfen, Flaschen, Schüsseln, Napfkacheln usw. Graue und rötliche Ware, teilweise glasiert, aus der Töpferei, die 1468 vom Hafner Peter Ruof in diesem Haus begründet wurde.
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stellt werde.93 Heute fällt die Strasse in diesem Abschnitt nach Osten etwa 1,5 m ab, im Gegensatz zum Gefälle des ursprünglichen Terrains, das etwa 70 cm betragen hat. Dieser Unterschied ergibt sich durch die massiven, spätmittelalterlichen Aufschüttungen im westlichen Klosterbereich am Hangfuss des Herrenackers (1.042.2). Entsprechend liegt der älteste, wie üblich gekieste Strassenkoffer der Zeit um 1400 im Osten 0,5 m, im Westen 1,2 m unter der heutigen StrassenoberÀlFKH $EE ,P $EVFKQLWW 0 QVWHUSODW] ± 34 sind die Sandunterlagen von mindestens drei 6WUDVVHQSÀlVWHUXQJHQ HUKDOWHQ JHEOLHEHQ GLH XQteren zum Teil mit kleinen Keramikscherben und Hohlziegeln aus dem 15./16. Jahrhundert durchsetzt.
Hafnerei Direkt vor dem Haus Münsterplatz 8 bargen die Bauarbeiter aus einer Grube einen kleinen Keramikkomplex. Weil er zahlreiche Fehlbrände enthält, kann er als typischer Töpfereiabfall gedeutet werden (Abb. 612). Die durch Kurt Zubler und Valentin Homberger publizierte Materialvorlage schlägt eine Datierung des Materials in die Mitte oder die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts vor.94 Die bis dahin unbekannte Hafnerei lässt sich nun auch in den Schriftquellen fassen. Sie wurde 1468 durch Peter Ruof, den Hafner, begründet, der damals das Bürgerrecht erhielt und später nur noch «Peter Hafner» genannt wurde. Nach seinem Tod übernahm Anfang der 1480er-Jahre sein Sohn Hans Berchtold Fryburger den Betrieb. 1496 kaufte ihn Ulrich Hafner, an dessen Stelle Wilhelm Ackermann von Stein am Rhein trat, der 1517 das Bürgerrecht erhielt. Letztmals trat Wilhelm 1546 als Hausbesitzer auf; dabei wurde erstmals auch der zum Haus gehörende Brennofen erwähnt.95
D 1.204 Münsterplatz 6 «Hinterer blauer Himmel» Wohnhaus Literatur: Frauenfelder 1951, S. 275. Bildquellen: Grütter 2005, S. 112–115, Kat. 115, 201. Einzelne Abschnitte der Innenwände im Erdgeschoss wurden beim Umbau 2004 vom Verputz befreit. Es zeigte sich Mischmauerwerk aus Kalkbruchsteinen mit etwas Bollensteinen, einzelnen Flachziegeln und Backsteinen, vermauert mit hellem, weissem Mörtel. Die Decke besitzt einen eingeschobenen Zwischenboden, das Holzwerk ist rot gefasst. Der Gesamtcharakter der sichtbaren Teile deutet in die 2. Hälfte 16./1. Hälfte 17. Jahrhundert. Das Vorderhaus besitzt einen Kalksteinpfeiler von 1569.
1.155 Stadtbibliothek, «Kabishaus» Kloster Allerheiligen, Oswaldkapelle, Wandmalerei, Friedhof, Latrine, Sodbrunnen, Anthropologie, Kabishaus Die Untersuchungen von 1993 wurden bereits in der Publikation zum Kloster Allerheiligen von 1999 veröffentlicht.96 Im Jahr 2001 wurde die so genannte Oswaldkapelle mit der Wandmalerei zur ars moriendi restauriert. Von kunsthistorischer Seite wurden die Ergebnisse dazu vorgelegt.97 Baugeschichtlich lässt sich die Erbauung der Kapelle am Vorabend der Reformation erneut bestätigen. Ostseitig ist sie an die mittelalterliche Klostermauer angebaut; das Fenster dort wurde 1554 mit der Integration der Kapelle ins neue «Kabishaus» angelegt. In der Nordwand gibt es Hinweise für Einbauten, wahrscheinlich für einen Sarkophag und weitere Nischen oder eine Türe nach Norden (Abb. 38).
93 StadtASH A II.05.01.041/047 1429: II ß hand wir geben Clewin Wirtlin, grund ze tragen an den weg by dem Münster Item V lb XV ß um die kübell, und sint im IIIC kübel bezalt Item und XVI ß davon, von Stüelingen herinzefüeren; STASH UR 1/2669; Walter 1906, S. 30. 94 Homberger/Zubler 2010, S. 106, S. 172–175, S. 229– 239. 95 STASH RP 1,38*–40* (1469); RP 2,225 (1484); RP 4,5* (1496); RP 6,73 (1523); RP 13,136* (1546); StadtASH Bürgerbuch der Stadt Schaffhausen; Häuserdatenbank. 96 Bänteli/Mathis 2004, S. 45–48; Bänteli 1999a, S. 15, S. 40, S. 67f. S. 86f., S. 105f., S. 201f., S. 334f. 97 Die «Oswaldkapelle» in der Stadtbibliothek Schaffhausen, Sturzenegger Stiftung Schaffhausen (Hrsg.), Schaffhausen 2004.
Abb. 612a Stadtbibliothek (1.155). In der kurz vor der Reformation 1522 entstandenen «Oswaldkapelle» zeugt das Wandbild ars moriendi (die Kunst zu sterben) von der Funktion des Raums als Friedhofskapelle oder Aufbahrungsraum.
431
432
E
E. Quartier Markt, Oberstadt und Spital Wirtschaftliches Zentrum um Markt und Reichsstrasse in der durch die nellenburgischen Stadtgründer Mitte des 11. Jahrhunderts befestigten Stadt. Im 13. Jahrhundert kommt das Armenspital zwischen Stadtmauer und Markt hinzu.
1.199 Kauf- und Rathaus, Vordergasse 73 / Rathausbogen 10 Kaufhaus, Rathaus, Kornhaus, Zeughaus, Festsaal, Bohlenstube Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 20, S. 75f. Literatur: Bänteli 2014a; Bänteli 2014b, S. 76– 77; Bänteli 2011, S. 40–48; Hofer 2011, S. 97– 100; Hauser 1996, S. 392; Ziegler 1995, S. 26, S. 379–384, S. 549–552; Frauenfelder 1951, S. 214– 223; Frauenfelder 1945a, S. 5–76. Lange Zeit fristete das Rathaus in der Wahrnehmung der Stadtarchäologie ein Schattendasein. Reinhard Frauenfelders ausgezeichnete Vorlage der Quellen liess auch keine weiterführenden Ergebnisse für das Mittelalter erwarten. Erst die dendrochronologischen Untersuchungen von 2003 bis 2006 und das Interesse, das dem Rathaus im Jubiläumsjahr der Einführung der Zunftverfassung 2011 und im Rahmen der Turnierausstellung im Museum zu Allerheiligen 20141 entgegengebracht wurde, führte zu weiteren Forschungen und Rekonstruktionen, die das wichtigste Profangebäude der mittelalterlichen Stadt in einem neuen Licht erscheinen lassen. Ein Ladenumbau von 2007 und die Gesamtrenovation von 2011 erbrachten hingegen nur wenige neue Erkenntnisse. Die 2014 erschienene Publikation2 wird an dieser Stelle mit kleineren Ergänzungen nochmals vorgelegt, weil das Gebäude in diesem Zusammenhang eine zentrale Bedeutung besitzt und die Pläne und Rekonstruktionen dort nicht farbig wiedergegeben werden konnten.
1 2 3 4
Diskret und wenig beachtet fügt sich das Gebäude mit seiner Schmalseite in die südliche Häuserzeile der Vordergasse ein, die heute Hauptgeschäftsstrasse der Stadt ist. Damit präsentiert sich das Rathaus dem Betrachter nicht mit seiner Längsseite, wie dies seinem Status als Sitz der heutigen Parlamente von Stadt und Kanton Schaffhausen angemessen wäre (Abb. 613). Zusätzlich schafft die 1922 eingeführte und eher unverständliche Bezeichnung «Rathauslaube» immer wieder Verwirrung bei weniger Ortskundigen. Dieser Name gilt eigentlich nur für den damals stützenfrei umgestalteten Saal im Obergeschoss. Bis vor wenigen Jahren galt die Ansicht, das Gebäude sei von Anfang an als Rathaus und in Etappen über Jahrzehnte hinweg erbaut worden. Die erste Nachricht über das Gebäude stammt traditionellerweise von 1382, als in einer Vereinbarung zwischen dem Rat und dem Nachbarn Heinrich von Mandach die Nutzung von Mandachs Brandmauer und die Ableitung des Dachwassers geregelt wurden.3 Das Datum der Einweihung setzte man mit der ersten Ratssitzung des Grossen Rates im Frühjahr 1412 gleich.4
Abb. 613 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Ansicht Nordfassade von der Reichsstrasse (heute Vordergasse) des Kaufhauses von 1394/95 mit der Rathaus-Erweiterung von 1412/13, vgl. Abb. 168 und 170.
Jezler/Niederhäuser/Jezler 2014. Bänteli 2014a. Frauenfelder 1945a, S. 11; STASH Häuser und Liegenschaften, Abteilung Häuser B, Rathaus, 20. September 1382. Bänteli 2011, S. 42f.
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Erst dendrochronologische Untersuchungen machten deutlich, dass das Gebäude in den Jahren 1394/95 errichtet wurde und damit die Quelle von 1382 nur als Absichtserklärung zu verstehen ist. Aus den Stadtrechnungen geht eindeutig hervor, dass das Gebäude zunächst als Kaufhaus erbaut wurde. Es hatte der Warenlagerung für den Handel und dem Jahrmarkt zu dienen. Erst durch die Einbauten und Erweiterungen der Jahre 1411– 1413 kam die Funktion als Rathaus hinzu. Anhand von Steuerbüchern, Stadtrechnungen und weiteren Schriftquellen lassen sich die mittelalterliche Einrichtung rekonstruieren und Porträts der Bauhandwerker, Amtsleute, Räte, Richter, Gefangenen, Besucher der Stadt und vieler anderer nachzeichnen.5 Weiter überliefern die Quellen die Nutzung des Gebäudes als Kornhaus, Zeughaus, Ausstellungsraum und als Festsaal beim Turnier. Durch ihre grossen Hallen wurden die Kaufhäuser der mittelalterlichen Städte zu multifunktional nutzbaren Gebäuden der Bürgerschaft.6 Neubau als Kaufhaus 1394/95 0LW VHLQHU *UXQGÀlFKH YRQ [ P ZXUGH GHU zweigeschossige Hallenbau zum grössten und wichtigsten Profangebäude der Stadt (Abb. 614– 619 und 621). Trotzdem war das Kaufhaus kaum halb so gross und um ein Geschoss niedriger als sein Vorbild am Konstanzer Hafen, das 1388– 1391 für den Leinwandhandel errichtete Kaufhaus (heute: Konzilsgebäude). Es diente als diebVWDKOVLFKHUHU 5DXP I U IUHPGH .DXÀHXWH XP Waren zu stapeln und zu beschauen, generell für den Handel, und vor allem auch für den Jahrmarkt im Herbst an Martini, nachdem die Ernte eingefahren war. Die benk oder stett im oder uffem kouffhus, die Marktbänke, tauchen ab 1402 regelmässig in den Stadtrechnungen auf. Sie waren abJDEHSÀLFKWLJ XQG ZHLWJHKHQG IHVW DQ HLQ]HOQH Händler vergeben. Weitere Marktstände under dem Kouffhuse oder under dem Rathuse kamen später hinzu. Sie lagen geschützt unter dem Rathausbogen.7 Der Werkmeister und seine Knechte lieferten jeweils die tiln, die Dielen zu den Bänken am Jahrmarkt.8 Je sechs mächtige Säulen teilten die beiden steinernen Geschosse des Kaufhauses in zwei Schiffe (Abb. 167). Im Erdgeschoss besitzen sie eine Höhe von 4,75 m. Die beiden südlichen Säulen wurden 1922 entfernt, als der hintere Teil für neue Nebenräume zu den Ratsstuben abgetrennt und umgestaltet wurde. Damals wurde auch der Erdgeschossboden auf zwei unterschiedlichen Ebenen ausnivelliert. Er war bis dahin von der Vordergasse nach Süden um etwa einen Meter angestiegen. Dementsprechend wurden die vorne mächtigen Sandsteinsockel der Säulen nach Sü434
den in den Hang hinein zunehmend kleiner bzw. erübrigten sich. Einfache Rechteckfenster belichteten den Raum von der Westseite. Im Obergeschoss wurden die letzten vier noch erhaltenen Säulen ebenfalls 1922 entfernt, um einen stützenfreien Saal, die heutige Rathauslaube, zu schaffen. Sie misst 13 x 27,7 m und umfasst eine Fläche von 360 m2. Die Säulen waren etwas schlanker und mit 5 m leicht höher als die des darunterliegenden Geschosses. Ihre ehemaligen Ansatzstellen markieren vier bemalte Holzzapfen am Längsunterzug in der Kassettendecke von 1586. Original scheinen drei Kreuzstockfenster in der Westfassade zu sein. Sie haben eine Hohlkehle mit einseitigem Auslauf, zum Teil mit (originalem?) Ladenfalz in der unteren grösseren Fensteröffnung. Nur das zweite Fenster vom Bogentrakt her ist neu. Hier lag die Eingangstüre mit der grossen Aussentreppe und einem Brunnen darunter.9 1835 wurde die Treppe ins Hausinnere verlegt. Bei der kürzlichen Renovation der Südfassade kam unter den ebenfalls 1835 erneuerten Fenstern die originale, 10 m lange Sandsteinbank zum Vorschein. Demnach belichtete von Anfang an ein Fensterband mit grossen Fenstern das Obergeschoss. Vom mächtigen Satteldach blieb etwas mehr als die Hälfte erhalten. Es ist ein längsgebundenes Rofendach mit ursprünglich 9 Bindern. Nach den Abbundzeichen wurde es von Süden, vom Treppengiebel her aufgerichtet. Der Nordabschnitt ist abgewalmt und endet entsprechend den übrigen Häusern traufständig zur Strasse hin.10 Die Kopfbänder sind mit Symbolzeichen markiert, die in Schaffhausen singulär sind, aber in Konstanz oft vorkommen (Abb. 149 und 618.4).11
5 6 7
8 9 10 11
Bänteli 2011, S. 40–48; Bänteli 2014b, S. 76–77. Untermann 2009, S. 211. Z.B. StadtASH A II.05.01.004/19 1402–1403; A II.05.01.116/114 1455–1456: Stett under dem Rathuß; A II.05.01.116/099 1455–1456: Stett uff dem Kouffhuß. Z.B. StadtASH A II.05.01.034/065 1428. Eine Zeichnung von 1828 zeigt diesen Zustand. Dach und auch die verbretterte Brüstung sind jüngere Zutaten von 1555, in: Grütter 2005, S. 162, Kat. 402. Der aktuelle strassenseitige Walm wurde weitgehend nach der Bombardierung 1944 erneuert, während das Satteldach über der Ratsstube von 1815 stammt. Freundliche Mitteilung von Stefan King, D-Freiburg i. Br.; für Hinweise danke ich auch Burghard Lohrum, D-Kenzingen.
2703215
E Vordergass
Brandmauer Heinrich von Mandach, zum Hecht
e
Kleine Ratsstube 1412/13
„Kassenzimmer“ 1412/13 Rathauslaube
Säulen entfernt 1921/22
Treppe bis 1835
Rathausbogen Archäologischer Stadtrundgang Nr. 14
Portal 1624
Grosse Ratsstube 1411/12 Wand 1411
Täfer 1624
1394/95 Kaufhaus 1409 repräsentative Fassade 1411–13 Grosse Ratsstube und Bogen mit kleiner Ratsstube 1586 Decke Rathauslaube 1624 Umbau Ratsstube
Abb. 614 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Grundriss OG des Kaufhauses von 1394/95 mit den Einbauten und Erweiterungen für das Rathaus von 1411–1413 (M 1:200).
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Dendrodatierung 1.199 Vordergasse 73 Kaufhaus/Rathaus Bauphase
Datierung Holzart Nennung in den (Anzahl Splintjahre) Stadtrechnungen Kaufhaus EG Säule, 1386 (8), 1394/95 WK Eiche bis 1409: Kouffhus; 1394/9512 Unterzug EG (17) 1410: alt buw, Kouffhus; (EKS Laden) ab Juli 1411: Rautsstube; Kaufhaus Pfette, Ständer, 31, 33, 2 x 1384, 1391 WK, Fichte, ab 1412: Nüw Rathus, Dachstuhl Kopfstrebe, 35, 38, 1392 WK?, 1393 WK, Weiss- grosse Ratsstube 1394/9513 Rofen 40, 42 1393/94 WK tanne Erweiterung Deckenbalken 2–5, 8 1391 (1), 2 x 1405 (4, Eiche 1412: Bogen am KouffRathausbo(Boden Kas14), 1407 (14), 1409 hus; ab 1413: Nüw Hus, gen 1412/1314 senzimmer) (18), 1413 WK? (14) Nüw Stube
Abb. 615 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Querschnitt Blick Nord (M 1:200). 0
1
Ort
Holzprobe 1, 2
Repräsentativer Umbau von 1409 Als erste Veränderung, die sich über die Stadtrechnungen rekonstruieren lässt, wurde dem Kaufhaus als wichtigstem Gebäude der Bürgerschaft eine Sandsteinfassade vorgeblendet (Abb. 617). In ihrem Zentrum steht das Schaffhauser Wahrzeichen, der aus der Wand vorspringende Widder (Abb. 168) von Meister Ulrich Schriber, dem Murer (Stadtmaurermeister). Er wurde bis anhin wegen einer später überlieferten Renovation hundert Jahre jünger datiert.15 Zu dieser Baumassnahme gehören auch die vier Kreuzstockfenster darüber mit Hohlkehle und einseitigem Auslauf, welche die Rathauslaube belichten. Sie sind in den Stadtrechnungen erwähnt: stain ze houwen zuo stubenvenstern und payen.16 5
10 m
1394/95 Kaufhaus (Teilerneuerung 1944/45) 1586 Decke Rathauslaube und Dachstuhl?
1586
Rathauslaube
Laden EKS Süd ursprüngliches Terrain Nord
Treppe bis 1835
Boden 1921/22
436
Brandmauer Heinrich von Mandach, zum Hecht
1586?
Diese an Hilari Anfang Januar begonnene und rechtzeitig auf den Markt an Martini beendete Baumassnahme diente der repräsentativen Aufwertung des Gebäudes.17 Ihre Umsetzung folgte unmittelbar auf den Abschluss eines Bündnisses der österreichischen Stadt Schaffhausen Ende 1408 mit dem Sankt Jörgenschild. Diese hegauische Adelsgesellschaft war im Gefolge der Appenzellerkriege entstanden. Sie verband sich mit Herzog Friedrich von Österreich und bezweckte die Wahrung des Landfriedens.18 Hielten die österreichischen Herzöge im nur an Jahrmarkttagen vollständig genutzten Kaufhaus mit seinen EHLGHQ ZHLWOlX¿JHQ +DOOHQ +RI" 2GHU NRPPW GDfür nicht vielmehr ein Gebäude beim Kloster Allerheiligen in Frage?19 Erweiterung zum Rathaus 1411–1413 Einige Wochen nach dem 1. Juli 1411, dem Tag der Einführung der Zunftverfassung, begannen die Arbeiten zur Nutzung des Kaufhauses auch als Rathaus. In seine Südostecke wurde die quadratische Ratsstube eingefügt. Es handelt sich um eine Bohlenstube mit Stabwänden, senkrechten, um halbe Brettstärke zueinander versetzten Hölzern (Abb. 169, 171 und 618.3). Diese repräsentative Konstruktionsart führte Walther VII. von Hohenklingen 1401 auf seiner Burg ob Stein am Rhein erstmals in der Gegend ein.20 Sie steht im Gegensatz zu den Stuben mit liegenden Bohlen in den Häusern der Stadtbürger. 12 13 14 15
16 17 18 19 20
UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 277 vom 5.8.2003. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 575 vom 6.12.2006. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 336 vom 13.1.2004. StadtASH A II.05.01.008/193 1409–1410: oell zum wider am Kouffhus. Das schwarz geölte und bemalte Original wurde 1939 ins Museum versetzt, vor Ort EH¿QGHW VLFK KHXWH HLQH .RSLH StadtASH A II.05.01.008/116 und 117 1409–1410. Bänteli 2011, S. 41f. mit den weiteren Quellen. Niederhäuser, Peter: Adel und Turnier. Der Hochrhein als spätmittelalterliche Adelslandschaft, in: Jezler/ Niederhäuser/Jezler 2014, S. 83–91, bes. S. 84. Vgl. oben, S. 125f. Bänteli 2010c, S. 74–76.
1624 Umbau Ratsstube
Einbau 1921/22
1586 Decke Rathauslaube und Dachstuhl?
1944/45
Gefängniszellen
alte Dachlinie
1411–13 Grosse Ratsstube und Bogen mit kleiner Ratsstube
1409 Repräsentative Fassade
1394/95 Kaufhaus (Teilerneuerung 1944/45)
Laden EKS
Rathauslaube 1921/22
Boden 1921/22
1586
Aussenterrain Rathausbogen
1586?
0
1
Kamin
5
10 m
Täfer 1624
Grosse Ratsstube 1411/12
Decke 1883
Dach 1814/15
E
Abb. 616 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Längsschnitt Blick Ost des Kaufhauses von 1394/95 mit den Einbauten und Erweiterungen für das Rathaus von 1411–1413 (M 1:200).
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Die Schriftquellen geben Informationen zu den verwendeten Materialien, von den Backsteinen für die noch heute sichtbare Abschlusswand über der Stubendecke zum Saal, die den Hohlraum bis zur Kaufhausdecke feuersicher abschliesst, über den neuen Ofen und verschiedene Schlosserarbeiten bis hin zu den Fensterrahmen, die mit Harz verleimt und mit Tuch verschlossen waren.21 Am 1. März 1412 tagte der Grosse Rat erstmals in der neuen grossen Ratsstube. Stadtadel, reiche BürJHU .DXÀHXWH XQG GLH ]HKQ +DQGZHUNV] QIWH teilten sich paritätisch die politische Macht im Kleinen Rat mit seinen 24 Mitgliedern und dem Grossen Rat mit 84 Mitgliedern.22
Abb. 617 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Nordfassade mit Bauphasen (M 1:200), vgl. Abb. 170.
Schliesslich wurde 1412/13 westseitig am Kaufhaus an Stelle eines abgebrochenen Wohnhauses (1.205) das neue Haus über dem Bogen und die darüber liegende Wohnung für den Verwalter errichtet.23 Durch den Schwibbogen wurde eine neue Gasse geschaffen (heute Rathausbogen), die erstmalig eine direkte Verbindung von der Reichsstrasse (Vordergasse) zum klösterlichen Acker (Herrenacker) schuf (Abb. 621 und 170). Zwischen zwei Schwibbögen aus Sandstein wurden an den Nachbarhäusern Streifbalken auf Sand-
1394/ 95 Kaufhaus 1409 Repräsentative Fassade (Teilerneuerung 1944/45) 1412/13 Bogen mit kleiner Ratsstube 1743 Aufstockung (Teilerneuerung 1944/45)
VWHLQNRQVROHQ DOV $XÀDJHU I U GLH %RKOHQ %lONchendecke der Ratsstube angebracht. Ein identisches Detail war 60 Jahre früher, 1343, am Gesellschaftshaus der niederen Adelsgesellschaft (heute «Schneiderstube») ausgeführt worden.24 Trotz der Bombardierung des Hauses am 1. April 1944 (Abb. 619) blieb diese Decke unversehrt erhalten, wie die Dendrodatierung zeigte. Dagegen mussten Teile der darauf stehenden Bohlenstube rekonstruiert werden. Auf die jüngeren Veränderungen soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, sie sind ausführlich in der Literatur beschrieben. Ein baugeschichtlich wichtiges Detail soll aber erwähnt werden: Gemäss den Stadtrechnungen wurden die Leintücher, mit denen die Fenster anfänglich verschlossen waren, schon ab 1425 durch Glas ersetzt. Glasfenster erscheinen in den Rechnungen in Schaffhausen bereits ab 1418.25 Heute kann man im Treppenhaus in einem Hohlraum zwischen Ratssaal und Rathauslaube durch ein modernes Glasfenster Teile der alten Ratsstube von 1411/12 sehen (AST 15). Sichtbar ist die Aussenseite, die Nordwestecke mit der Stabwand, welche mehr als 600 Jahre Schaffhauser Politik repräsentiert. Eine Wand, die Hunderte vom Volk gewählte Repräsentanten unseres Standes erlebte, ihre Diskussionen, ihre Streitereien, ihre Freude und ihr Leid. Sie hat die ganze Palette politischen Wandels miterlebt: Schaffhausen als österreichische Landstadt, als reichsfreie Stadt im Heiligen Römischen Reich Deutscher Nation, als Teil der Eidgenossenschaft von der Helvetik bis zum modernen Bundesstaat. Miterlebt hat sie auch die verschiedenen Pestzüge und die Kriege: vom Schwaben-/Schweizerkrieg über den Dreissigjährigen Krieg bis zum Einmarsch Napoleons und die beiden Weltkriege; und schliesslich die Trennung von Kanton und Stadt 1831, deren beider Parlamente Sitzungssaal die Ratsstube noch heute ist. 21 22 23 24 25
0
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1
5
10 m
Bänteli 2011, S. 42f. Zu Bürgermeister und Rat Schultheiss 2006, S. 53f., S. 65–83, bes. S. 76f. Bänteli 2011, S. 44. Bänteli 2011, S. 37f. StadtASH A II.05.01.005/33 1403–1404: VIII s IIII d umb Linlachen zun Venstern in die Ratstuben; A II.05.01.023/035 1420: VI ß um ain lilachen [Leintuch] zuo den venstern in der grossen stuben [Ratsstube]; A II.05.01.020/06 1418–1419: III ½ ß Hennin Hünen von dem glasfenster ze bessern und holtz ze howen; A II.05.01.021/071 1418: VI ß Hainrichen Sprung von schiben inzusetzen und den venstern zu wäschen; A II.05.01.027/ 055 1422: I lb IIII ß maister Hansen Maler, als er die glaßvenster und andre gewäschen und geblyet, und sust och gebessert haut; A II.05.01.032/077 1425: X ß Hannsen Maler von den glasvenstern ze machenn uff daz Rauthus.
E Abb. 618 Kaufhaus/Rathaus (1.199). Details: 1. Eichensäulen Kaufhaus 1394/95, 2. Kreuzstockfenster Kaufhaus 1394/95, 3. Ratsstube 1411/12, 4. Dachkonstruktion Kaufhaus 1394/95 (alle M 1:50).
4 Kein Zapfloch
Ansicht 3. Binder von Nord
Putz
Nordwand Ratsstube 1411 1:20
Stabwand Schwelle
Ständer
3
2
1 0
1
2
3m
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Abb. 619 Kaufhaus/Rathaus (1.199) mit Bogentrakt nach der Bombardierung vom 1. April 1944.
Festsaal im Turnierjahr 1436 Der ausführliche Bericht eines spanischen Gesandten über das Turnier in Schaffhausen im Jahr 1436 stellt die Stadt in den Rang eines bedeutenden Turnierorts. Beeindruckt beschreibt er den Festsaal, bei dem es sich nur um den riesigen Saal im ersten Stock des Kauf- und Rathauses handeln kann. Trotz seiner nur bedingt zutreffenden Massangaben bemerkte schon Ferdinand Vetter 1921 eine offensichtliche Übereinstimmung mit der Rathauslaube. «Dann gingen Damen und Herren zum Mahl, auf die Stunde nach Sonnenuntergang trafen sie sich in einem sehr grossen Saale, der war siebzig Schritte lang und zweiundzwanzig breit und wurde in der Mitte wegen der grossen Breite durch Pfeiler gestützt. Von der Decke hingen an Drähten bei zwanzig Fackeln, deren es freilich nicht bedurft hätte, weil nachher jeder der Herren mit Fackeln versehen wurde. Den Wänden entlang lief um den ganzen Saal in drei Stufen ein hölzernes Gerüst, wo die einen Damen
ausruhen konnten, während die andern tanzten. Im ganzen Saal fanden sich keine Arrasteppiche noch irgend ein andrer Schmuck oder Wandbehang.»26 Die bisher beschriebenen Elemente ermöglichen die Rekonstruktion des Festsaales, so wie ihn die Turnierteilnehmer 1436 angetroffen haben (Abb. 171). Kornhaus und Salzlager Nach der Einführung der Zunftverfassung 1411 begann die Stadt, im Kaufhaus mit Korn zu handeln. Zuvor hatte sie das «Kornmess», das Recht, Korn zu verkaufen, für 340 Gulden vom Kürschner Hans Lean und seiner Ehefrau Elsbeth Engelman erworben. Bis dahin waren Korn, Vesen (Dinkel) und Haber nur in Leans beiden Häusern bei der Spitalkirche am Markt feilgeboten worden. Dies war seit alters her das einzige Kornhaus der Stadt (1.060).27 Das kornmess in dem Kouffhus und das kornmeß in des Le[a]n hus, auch usser kornmess genannt, wurde in der Folge jeweils für beide Häuser verliehen.28 Nach einer Ordnung von 1438 durfte schliesslich Korn nur noch im Kaufhaus gekauft, verkauft und gemessen werden, und die Bürger erhielten vor den Bäckern das Vorkaufsrecht.29 Dies zeigt, dass die Grundversorgung der Bevölkerung für den Rat oberste Priorität hatte. Gelagert wurde das Korn nicht nur im Dachraum des Kaufhauses, sondern auch am Rhein im «Paradieserhaus» und im Salzhof (1.164 und 1.235).30 Das Krisenjahr 1443 führte allerdings dazu, die Kornlager auf den alten Schultheissenturm (1.059), die «Schneiderstube» (1.217) und drei Bürgerhäuser zu verteilen (S. 153). 1448 wurden dann wieder zwei Kornhäuser genannt, zu denen Hainrich Rat, der Binder des Salzhofs, Zuber lieferte.31 Ebenfalls in jener Zeit lagerte der Salzmesser Dietrich Hagspan Salz im Kaufhaus in verschiedenen Behältern: …galvensaltz, so unden im Kouffhus lit in rörlin und in winvassen oder rörlin.32 Ob dies eine Ausnahme war oder ebenfalls eine dauerhafte Sicherheitsmassnahme, wissen wir nicht. Ausstellungslokal und Zeughaus 1449 eroberten die Schaffhauser die Burg Balm bei Rheinau (heute Ortsteil von D-Lottstetten), die den Grafen von Sulz gehörte (1.215). Die umfangreiche Beute wurde im Rathaus ausgestellt und übers Jahr hindurch Stück für Stück verkauft. Einzige Ausnahme war das Glöckchen, das heute noch in der Laterne des Fronwagturmes hängt (1.059). Schliesslich wurde die grosse Stube (die heutige Rathauslaube) gereinigt und die Kosten dafür der Stadtrechnung belastet: von der grossen stuben ze sübren, als der blunder von Balb darin gelegen wz.33
440
E Erstmalig wird 1484 das offensichtlich neu gebaute Zeughaus an der Ecke zur Frauengasse am Herrenacker 5 erwähnt. Dort hatte die Stadt ein gutes Jahrzehnt zuvor ein kleines Haus gekauft.34 Bis dahin lagerte man Teile des Statt Züg, die schweren Artilleriegeschütze, im städtischen Werkhaus am Herrenacker (1.186). Darunter waren auch zwei Schlangenbüchsen, die man 1476 den Burgundern in der Schlacht bei Grandson abgenommen hatte.35 Ein weiterer Teil des Statt Züg, die leichteren Handwaffen, waren im Rathaus untergebracht, wie das Inventar von 1479 deutlich macht: Item 1 guoter Haugken Büchssen, Item XLIII guoter gefasseter handbüchssen, Item XIII guoter ungefasseter handbüchssen, Item LIII böss handbüchssen und vil Stugk, Item LXXVIII Armbrost, Item 2 Winden, Item XXVII guoter Helenbarten, Item VIII Mordaxen, Item bi IIII Zentner Salbeter, Item bi 2½ Zentner Swebel, Item XLIII Lantzen, Das ist alless uff dem Rauthuss.36 Zusätzlich waren einsatzbereite Geschütze auf den Stadttürmen positioniert. Dort standen auch die meisten Böckli, auf denen die Armbrüste eingespannt wurden, die nicht im Zeughaus lagerten, sondern von den Bürgern zu Hause aufbewahrt wurden.37
26
27
28 29 30
31 32 33
34 35 36 37
Stehlin 1915, S. 158; Bänteli 2014b, S. 76–77; Ferdinand Vetter, Tagblatt für Schaffhausen 19, 21.–24. und 28./29. Nov. 1921; auch: Frauenfelder 1945a, S. 21f. STASH UR 1/166 von 1273; Bänteli 2011, S. 45; Schultheiss 2006, S. 108–109, S. 191–195, S. 320– 322 und S. 168, Anm. 638 (Zusammenstellung der verschiedenen Kornhäuser). StadtASH A II.05.01.036/102 1422–1432; A II.05.01.036/106 1422–1432. STASH Abschrift: Korrespondenzen, Bd. 1, Nr. 40. StadtASH Salzhof: A II.05.01.016/065 1416; A II.05.01.016/067 1416; A II.05.01.017/065 1416– 1417 etc.; StadtASH Paradieserhaus: A II.05.01.025/032 1420; A II.05.01.066/031 1438– 1439; A II.05.01.077/094 1442–1443; etc. StadtASH A II.05.01.092/024 1448–1448. StadtASH A II.05.01.081/080 1444–1445; A II.05.01.082/ 089 1444–1444. Zum Salzmesser: Schultheiss 2006, S. 189f. StadtASH A II.05.01.100/071 1450–1450; allgemein zum blunder von Balb: StadtASH A II.05.01.097/028 1449–1450 bis A II.05.01.098/057 1450–1451; Frauenfelder 1945a, S. 22. STASH UR 1/2805, 1/3235; Häuserdatenbank. STASH Ordnungen A 3, Aller Amtlüten Ordnungen Buch 1480; Schultheiss 2006, S. 239. STASH Ordnungen A 3, Aller Amtlüten Ordnungen Buch 1480. Bänteli 2011, S. 63–65.
1.205 Rathausbogen 7–17 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV /DWULQH Literatur: Frauenfelder 1951, S. 405f. Ein Wasserleitungsbruch führte im Winter 2004/2005 zum Ersatz der Werkleitungen von der Vordergasse bis zum «Hinteren Schwanen». Älteres Steinhaus mit Latrinen Das anstehende Terrain liegt hier 60 cm unter der 2EHUÀlFKH 'DULQ LVW GLH 0DXHU 0 HLQgetieft. Sie verläuft in 1,5 m Abstand parallel zur Westwand des Kaufhauses von 1394/1395. Das Mauerwerk ist 75 cm breit, besteht aus plattigen Kalksteinen mit einzelnen Bollen, die mit einem sandigen, weichen Mörtel vermauert sind. Es erinnert an die frühen Bauten beim «Turm am Ort» und an der «Beckenstube» (1.189 und 1.195). Die ansatzweise gefasste Südwestecke zeigt, dass die Haustiefe dieses ältesten Wohnbaus 13 m betragen hat. Bei der Ecke sind einige zugespitzte, vierkantige Staketenlöcher eines Gartenzaunes vorhanden (Abb. 620 und 621). Oberhalb davon, in gut 2 m Abstand von M1, verläuft hangparallel die gleichartige, nur punktuell angeschnittene Mauer M2. Ob sie zum Gebäude M1 gehört oder eine freistehende Hof- oder Terrassenmauer war, ist unklar. Weiter gehören zwei Latrinen zu diesem Wohnhaus. Etwas weiter entfernt lag die Grube G2, die VLFK FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH LP DQstehenden Boden abzeichnete und deutlich macht, dass auch hier wie bei M1 und M2 die einst höherliegenden Gehhorizonte fehlen. Die Grube besass einen Durchmesser von knapp 2 m. Nur ein kleiner Teil der Füllung konnte im Leitungsgraben untersucht werden (Abb. 622 und 623). Einige Keramikscherben datieren sie in die 2. Hälfte des 12. bis zur 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts. DiUHNW DP *HElXGH FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH ODJ
2
Abb. 620 Rathausbogen (1.205). Vierkantige Staketenlöcher (1) im gewachsenen Boden stammen von einem Gartenzaun. Das 40 cm dicke Schichtpaket (2) aus Brandschutt und Abbruchmörtel, das westseitig die Mauer M1 begleitet, stammt von deren Brandzerstörung in der 2. H. 13./1. H. 14. Jh. Das mehrlagige Schichtpaket mit Gehniveaus (3) gehört zum nachfolgenden Neubau, der seinerseits 1412/13 dem Bogentrakt des Rathauses weichen musste.
3 1
1
441
Abb. 621 Rathausbogen (1.205). Situation mit Kaufhaus/ Rathaus (M 1:400).
Vordergasse 2703215 77
M3
73
M1
69
1.205
Zaun 0
M2 Latrine G1
10 m
N
11. /12. Jh. älteres Steinhaus und Latrinen
Latrine G2
1.199
13. /14. Jh. jüngeres Steinhaus und Latrine Kaufhaus 1394/95
Rathausbogen 1412/13
1409 repräsentative Fassade
27
17
5
15
3
Rathaus bogen
7
15
10
Treppe
Rathaus 1412/13
Abb. 622 ZZ Rathausbogen (1.205). Boden eines Topfs mit Bodenkreuz, 11./12. Jh., aus der Latrine G1.
Abb. 623 Z Rathausbogen (1.205). Schwierige Untersuchung der Latrine G2 aus der 2. H. 12./1. H. 13. Jh. durch Ausgräber Andreas Vogelsanger.
442
die Latrine G1. Sie war annähernd quadratisch und hatte eine Tiefe von 1,5 m. Ihre Seitenlängen betrugen oben 1,2 m und unten noch 1 m. Obwohl sie vollständig nach Schichten ausgegraben werden konnte, erbrachte sie nur eine bescheidene Fundausbeute. Es machte den Anschein, dass in den unteren drei Abstichen eine ältere Füllung aus dem 11./12. Jahrhundert vorhanden war. In den oberen Schichten lag ähnliches Material wie in einem 40 cm dicken Schichtpaket S2–S4 aus Brandschutt und Abbruchmörtel, das westseitig die Mauer M1 begleitete (Abb. 620). Dieses Material stammt von einer Brandzerstörung der bisher beschriebenen Befunde und stammt aus dem 12. –1. Hälfte 14. Jahrhundert.
E 6WUDWLJUD¿H 5DWKDXVERJHQ Schichtaufbau
Fundnummer
REHUHU 3ÀlVWHUHUVDQG 6 Rathausbogen XQWHUHU 3ÀlVWHUHUVDQG 6 Rathausbogen Planie S5, S6 mit Bauniveaus Rathausanbau 1412/13 Schichtpaket S9 mit Trampelhorizonten, Bauniveaus und Lehmestrich zu M3 SchichtaufFundDatiebau nummer rung 12.– Paket S2–S4 6, TK, 1. H. aus 7, HZ, 14. Jh. Brandschutt 8, WS und Abbruch- frühe mörtel olive Glasur, Hüttenlehm, TK
3, dunkelbraun-schwärzliche Glasur 18./19. Jh.
Datierung
4, 9, TK
ab 1412/13
5, 10 KR 5a, TK
14.– frühes 15. Jh.
11 DTR 3, TK
2. H. 13./1. H. 14. Jh.
Schichtaufbau Latrine G2, dünne Sumpfkalkschicht, feiner Humus und einzelne Lehmbrocken, Kalkund Bollensteine
Fundnummer 1, TR 10a, 2x TR 10b, KR 1a, TK
Datierung 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh.
.
Schichtaufbau G1, 1.–3. Abstich
G1, 4.–6. Abstich, ockergelber Lehm und Fäkalien
Fundnummer 12, 13, 14 RS Flachdeckel, Bandhenkel, WS, WS mit Bronzeresten, FZah, HZ, 15, 16, Hüttenlehm, TK 17, 18 Topfboden mit Bodenkreuz, Hüttenlehm, TK, kleine Gussform, 19 WS
Datierung 12.– 14. Jh.
11./ 12. Jh.
Jüngeres Steinhaus Nach diesem Brand in der 2. Hälfte 13./1. Hälfte 14. Jahrhundert wurden die Mauern M1 und M2 bis in die beschriebenen Fundamente abgebrochen, damit die Steine wieder verwendet werden konnten. An der Vordergasse unter dem Bogen wurde die Mauer M3 gebaut. Sie ist 1 m breit und besteht aus Mischmauerwerk; etwa zwei Drittel sind Kalk-, ein Drittel Bollensteine, die mit einem harten, weissen Mörtel vermauert sind. Dazu gehören über dem Brandschutt liegende Bauniveaus und der Rest eines Lehmestrichs. Letzterer liegt wenig höher als die Oberkante des Sockels beim Eingang zum Rathausbogen und zeigt, dass hier in der Neuzeit das Terrain zur Schaffung der gleichmässigen Rampe an der Vordergasse etwa 70 cm abgesenkt wurde (1.215).
443
Abb. 624 «Glücksrad» (1.128). Eines der seltenen fünfgeschossigen Häuser in der Schaffhauser Altstadt. Der Umbau von 1723 mit dem Erker prägt die Befensterung der Obergeschosse mit Ausnahme des 4. OG. Dorthin wurden beim gleichen Umbau die alten Fenster der Zeit von 1318/1354 versetzt.
Rathausbogen als Zugang zum Herrenacker Durch die Erweiterung des Rathauses mit dem Haus über dem Bogen (1.199) wurde 1412/13 erstmals eine direkte Verbindung von der Reichsstrasse (Vordergasse) zum klösterlichen Acker (Herrenacker) geschaffen. Ein Haus, dessen Fundamente die Mauern M3 bilden, wurde abgebrochen, das Terrain abgesenkt und der RathausboJHQ JHSÀDVWHUW PLW HLQHP JHPDXHUWHQ .DQDO LQ der Strassenmitte. Unmittelbar am Ende des Bogens wurde die Rathaustreppe angelegt, deren Fundamente bei den archäologischen Untersuchungen ebenfalls zum Vorschein kamen. Oberhalb davon reicht das anstehende Terrain bis unWHU GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH 'LHV LVW HLQH )ROJH erheblicher neuzeitlicher Terrainabtragungen zur Schaffung der heutigen gleichmässigen Rampe zum Herrenacker. Vergleichbares ist auch an den übrigen Zugängen zum Herrenacker festzustellen.
1.128 Vordergasse 76 «Glücksrad» Wohnhaus, Fenster Literatur: Wipf 2011, S. 88f, S. 116. Das «Glücksrad» ist Teil einer Gruppe der in Schaffhausen seltenen fünfgeschossigen Häuser, die sich durch ihre Lage am Markt auszeichnen (1.151). Bei der Gesamtrenovation der Obergeschosse im Jahr 1989 wurde der Verputz nur im Zentrum des Hauses abgeschlagen. Die Brandmauern bestehen im 1. und 2. Obergeschoss aus kleinteiligem Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Bollensteinen gemischt ist. Gut dazu passen die beiden Doppelfenster im obersten, 4. Obergeschoss der Fassade Vordergasse, mit Fase und beidseitig gekehltem Auslauf der Zeit um 1318/1354.38 Sie wurden beim Umbau von 1723 an ihre heutige Stelle versetzt und lagen ursprünglich im 1. oder 2. Obergeschoss (Abb. 624). Die zugehörige Dachlinie dieses ältesten Hauses zeigt sich in der Westwand des 3. Obergeschosses mit einer Neigung von nur 20° gegen die Vordergasse. Die Proben einiger im vorderen Hausteil entfernter Deckenbalken des 2. Obergeschosses stammen von einem Umbau im Jahre 1568. Reste von Rauchfängen, verschiedene Schranknischen, meist glatte Verputze sowie gelb gefasstes Holzwerk usw. lassen sich zeitlich nicht genauer einordnen. Der Gebäudeerker von 1723 ist Bestandteil einer umfassenden Gebäudeerneuerung. Damals erhielt Grossrat und Lieutenant Bernhardin Ziegler die obrigkeitliche Bewilligung, «einen Erker an seinem Haus Zum Glücksrad auszuladen».40 Ob das Hauszeichen am Erker wirklich aus dieser Zeit stammt oder an dieser Stelle wiederverwendet wurde, wäre noch zu untersuchen. Das Haus wurde weitgehend ausgekernt und in der Hausmitte eine gemauerte Binnenwand zwischen Vorder- und Hinterhaus entfernt, die nur noch als Trennmauer der beiden Gewölbekeller weiterbesteht. Die spätgotischen Decken wurden um 30 cm angehoben. Zur Fassade hin wurden teilweise neue Balken eingebaut und die Zwischenbodenbretter neu angeordnet. Die bestehende Befensterung mit dem Erker wurde eingebaut. Die oberen beiden Geschosse wurden aufgestockt, und auch der Dachstuhl dürfte aus dieser Zeit stammen.
Dendrodatierung 1.128 Vordergasse 76 «Glücksrad»39
444
Bauphase
Ort
Umbau 1568
Deckenbalken 2. Obergeschoss
Datierung (WK=Waldkante) 3 x 1567/68 WK
Holzart Fichte
E 1.151 Vordergasse 80/82 «Rotes Wegeisen»/«Affen» Einzelfund, Fenster
Abb. 625 Vordergasse 80/82 (1.151). Ungewöhnlicher Dreibeintopf mit Grifftülle und Röhrenausguss aus dem späteren 13. Jh.
Literatur: Frauenfelder 1951, S. 302. Die umfangreichen Renovierungsarbeiten von 1978/79 wurden noch ohne baugeschichtliche Untersuchungen durchgeführt. Von Bauleiter Eugen Sommerhalder wurde der Kantonsarchäologie ein Dreibeintopf mit Griff und Ausguss aus dem späteren 13. Jahrhundert übergeben, der in einer Nische in der Brandmauer gefunden worden war (Abb. 625).41 Die Fenster im 3. und 4. Obergeschoss des «Affen» besitzen Hohlkehlen mit geschrägtem Auslauf, wie ihn die Fenster des Konventhauses am Platz von 1457 (1.062) aufweisen (Abb. 229). Sie machen damit deutlich, dass diese in Schaffhausen seltenen fünfgeschossigen Häuser, die sich auch durch ihre prominente Lage am Markt auszeichnen, ihre heutige Höhe bereits im 15. Jahrhundert erreicht hatten (1.128).
1.096 Vordergasse 81 «Goldene Waage» Wohnhaus, Mauer, Eselsrücken Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1960, S. 37; Frauenfelder 1951, S. 302. Wegen des ursprünglichen Hausnamens, dem 1512 erwähnten «Alten Thor», wurde an dieser Stelle immer ein altes Stadttor vermutet.42 1960 wurde das Haus abgebrochen. Dabei wurde im Westen in dem nicht unterkellerten Bereich eine schön geschichtete Kalksteinmauer festgestellt, die man als Teil dieser alten Toranlage interpretierte. Diese Interpretation ist heute obsolet geworden, weil nun die Stadt archäologisch erforscht ist und das Haus im Zentrum der nellenburgischen Stadtanlage des 11. Jahrhunderts liegt.43 Aus der Zeit vor dem Abbruch gibt es auch ein Bild der inneren Ladeneingangstüre mit einer Kielbogeneinfassung, die über dem Sturz ins Jahr 1519 datiert ist (Abb. 258).
38 39 40 41 42 43 44
Vgl. oben, S. 109. UWAD, Richard Meier, Bericht vom 14.8.1989, Mittel 752, 753. STASH RP 180,643f. Den Hinweis verdanke ich Hans Ulrich Wipf. KASH 36560. StadtASH A I/1633; Rüeger 1884, S. 343: Die Nennung des «Domus B. ad Portam» im Grundzinsrodel von 1299 wurde gleichgesetzt mit diesem Haus. Vgl. oben, S. 37f. Bänteli 1999a, S. 49 und Anm. 374.
1.059 Fronwagplatz 3/4 «Herrenstube»/Fronwagturm Zunfthaus Herren, Wohnturm, Geschirr Literatur: Pescatore/Stamm 2010, S. 242–247; Ex Terra Lux 2002 S. 180–183; Frauenfelder 1966, S. 7; Frauenfelder 1961, S. 176–183; Frauenfelder 1951, S. 40, S. 231–233, S. 261–263; Schib 1942, S. 13; Das Haus zur Herrenstube am Fronwagplatz, in: SHM 4, 1936, S. 7–10; Karl Schib: Die Herrenstube in Schaffhausen, Hrsg. Schaffhauser Kantonalbank, Schaffhausen 1935, S. 21– 25; Geschäftsbericht Stadtrat Schaffhausen 1934, S. 19. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 72. Bildquellen: Grütter 2005, S. 84–87, Kat. 54 und 428, S. 141, Kat. 211; Elsener/Weigele 2005, S. 157, Kat. 394–397. Bei der Umnutzung des Hauses für die Kantonalbank wurden 1934 die hinteren zwei Drittel des Hauses abgebrochen und durch einen Neubau ersetzt. Für die Montage einer Blitzschutzanlage wurden 2013 tiefe Gräben an den Turmfundamenten ausgehoben. Schultheissenturm und Hinterhäuser Bei den tief reichenden Eingriffen kamen die 2 m unter das Niveau des Fronwagplatzes reichenden Fundamente des Fronwagturms, des ehemaligen Schultheissenturms, zum Vorschein. Weitere Aufzeichnungen dazu fehlen. Erst 2013 konnten aussen Teile dieses Fundaments kurzzeitig untersucht werden. Es besteht zum grössten Teil aus Bollensteinen, nur die Ecken und die oberste Fundamentlage sind mit Kalksteinen gemauert. Die auffallende, sorgfältige Maurerhandschrift kennen wir bereits von St. Johann II und vom heutigen Münster.44 Demnach stammt das Mauerwerk aus der 2. Hälfte des 11. Jahrhunderts. Der Schultheissenturm wird erstmals im Grundzinsrodel 1253 als Domus eiusdem sculteti, que est lapidea, als steinernes Haus, bezeichnet und im folgenden Rodel 1299 als Turris Sculteti (S. 57) 445
bezeichnet.45 Nach einer Urkunde von 1294 tagte hier vermutlich der Rat vor der Einrichtung eines eigentlichen Rathauses: …so sol der rat doch zeseimine löfen…fur des schulthaizen hus.46 Daraus ist wahrscheinlich die danebenliegende «Obere Trinkstube» hervorgegangen, die um 1380 erstmals erwähnt wird.47 1436 kam der Turm in den Besitz der Stadt.48 Das Gehniveau zur Zeit des Turmbaus liegt bereits 40 cm (im Osten) bzw. 90 cm (im Westen) über dem ersten Strassenkoffer und belegt eine in den Anfängen dynamische Strassenerneuerung (1.215). Das anstehende Terrain vor dem Turm liegt gut 1 m höher als etwa 2,5 m nördlich davon. Das heisst, es war dem Turm gleichsam eine Berme vorgelagert, die erst im Spätmittelalter nach und nach durch die Strassenaufschüttungen egalisiert wurde. An der Nordostecke haben sich zwei glatte Randengrobkalkblöcke des ehemaligen Turmsockels erhalten (Abb. 633 und 59), den Lang auf seinem Aquarell um 1600 abbildete (Abb. 60). Dieses zeigt den wohl fünfgeschossigen Turm mit romanischen Zweierfenstern (Biforen), wie wir sie nun auch von der Stadtburg im «Oberhaus» kennen (1.196). Im 14. oder 15. Jahrhundert wurde der Turm vermutlich um zwei Geschosse aufgestockt. Treppengiebel mit Satteldach traten an die Stelle des einstigen Pyramidendaches. Rüger beschreibt um 1600 den Turm auf folgende Weise: Dieser turn ist zuo unseren ziten gar zierlich und schön gebuwen und gmalet, hat ein schön und kunstlich urwerk mit den planeten und stunden, ouch mit der sonnen und des mons louf, durch das ganze iar.49 Der sonst sehr zuverlässige Chronist hat allerdings die ursprünglichen Bezeichnungen und Örtlichkeiten der beiden Türme am Fronwagplatz miteinander verwechselt: der Fronwagturn, bi den alten gnamset der Salzturn oder der turn an dem Salzmarkt und der turn bi der metzg, bi den alten gnamset der turn am ort oder am markt (1.189),50 und an anderer Stelle: An dieser metzg ist bi den alten die brodlouben und das Saltzhus gestanden, die beide ietz nit wit darvon an dieser gassen an dem ort stond, da des alten spitals kilchen gewesen (1.134).51 1934 kam südlich des Turms eine nochmals 2 m tiefer als der Turm reichende Frontmauer eines Gebäudes zum Vorschein, die von einem torartig gewölbten Durchgang unterbrochen war. Das nur durch ein Foto dokumentierte Bollensteinmauerwerk mit schräggestellten Steinen in der Art des opus spicatum weist ins 12. Jahrhundert.52 Der erwähnte Durchgang war vermutlich der Kellerzugang über einen Kellerhals. Die nur summarisch überlieferte Beschreibung verunmöglicht ein ge446
naueres Verständnis dieses Bauwerkes. Deshalb sind auch die Zusammenhänge mit dem Turm und dem kleinen Haus unklar, das südseitig an den Fronwagturm angebaut war und in spätmittelalterlichen Urkunden erwähnt wird.53 /HW]WHUHV ¿HO am 1. April 1944 der Bombardierung zum Opfer und wurde durch einen Neubau ersetzt.54 Zugunsten eines neuen Zugangs zum Herrenacker wurde 1612 in der bis dahin geschlossenen Häuserzeile das «Sulzsche Haus» abgebrochen (1.215). Dies führte zur Instabilität des nachträglich aufgestockten Turms und schliesslich 1746 zu seinem Einsturz mit Demolierung der «Herrenstube». Beide wurden daher 1747/48 auf den eingangs beschriebenen und noch intakten Fundamenten neu erbaut.55 Geschirrschrank in der «Herrenstube» 14./frühes 15. Jahrhundert Unter dem Steinplattenbelag der Vorhalle des ehemaligen Gesellschaftshauses stiess man 1934 beim Umbau des Hauses für die Kantonalbank in einer Planierschicht auf ein «Nest» von etwa 50 Keramikgefässen. Vorhanden sind Kochtöpfe (TR 20h2) und Dreibeintöpfe (DTR 4) mit Deckeln (De a+b), Pfannen (Pfr 2gs), Bügelkannen (BKR 1b), Flaschen (FR 1b) und Schüsseln (SR 3, SR 7), Lämpchen (LAR 4), aber auch ungewöhnliches Spielzeug. Sie bestehen aus rötlichem bis gelblichem Ton, sind meist unglasiert, wenige auf der Innenseite glasiert. Zum Teil sind sie noch vollständig erhalten, zum Teil zerscherbt, liessen sich aber zu weitgehend ganzen Gefässen zusammensetzen (Abb. 186). Vereinzelt sind sie durch Brandeinwirkung deformiert, oder die Glasur ist verbrannt.56 Ausserdem fanden sich wenige Ofenkacheln: Eine verbrannte Blattkachel aus dem mittleren Drittel des 14. Jahrhunderts zeigt die (Jagd-)Darstellung eines Hirschs oder Steinbocks,57 wie sie auffallend ähnlich 1986 in einem YHUEUDQQWHQ +DXV LQ 2VWHU¿QJHQ 2EHUGRUI ]XP Vorschein kam.58 Zudem fand sich verkohlte Leinwand mit Rautenmuster, ein teures Gewebe, wie es für Tischwäsche verwendet wurde (Abb. 199.3).59 Die Funde wurden zuerst als Fehlbrand eines Hafners, dann als Geschirrladen interpretiert. Zweifellos auffällig ist die Einheitlichkeit des Gefässensembles, das ins 14., eventuell noch frühe 15. Jahrhundert datiert werden kann.60 Die Funde können durchaus auch den Inhalt eines Geschirrschranks repräsentieren. Haben wir hier etwa das Küchen-Inventar der Zunftstube der Herren vorliegen, die durch einen Brand ganz oder teilweise zerstört wurde und deren Brandschutt bei den nachfolgenden Baumassnahmen zum Teil an Ort und Stelle einplaniert wurde? Die «Obere Stube»,
E die Trinkstube der Herren, wird 1335 erstmals erwähnt.61 Wahrscheinlich zeitgleiche Brandhorizonte sind auch im «Sulzschen Haus» nachgewiesen (1.215, S. 450). Die Datierung des Fundmaterials lässt den Stadtbrand von 1372 als mögliches Katastrophendatum erscheinen. Bei der langen Laufzeit der Gefässformen ist aber auch ein wenige Jahrzehnte jüngerer oder älterer Brand nicht auszuschliessen.
1.258 Tanne 7 «Obere Tanne» (Oberstadt 3 «Roter Bären») Wohnturm, Wohnhaus, Kernbau, Buckelquader, Fenster
45 46
In unserem Zusammenhang ist die westliche Brandmauer der «Oberen Tanne» gegen die Bäckerei «Zur Tanne», den ehemaligen «Roten Bären», bemerkenswert. Im Erdgeschoss bildet das nördliche Drittel der Brandmauer den ältesten Teil. Er beginnt mit einem Buckelquaderverband aus Sandstein (Abb. 626). Aufgrund dieses Sachverhalts handelt es sich um die Südostecke eines bislang unbekannten adligen Steinbaus oder eines Wohnturms mit Mauerstärken um 1 m, der aus dem 12./13. Jahrhundert stammt. Seine Nordwand fehlt bereits auf den Plänen aus der Zeit um 1900; die Südwand war damals noch die Fassade des viergeschossigen «Roten Bären». Sie wurde später zum Teil entfernt. Erstaunlicherweise ist dieses Gebäude aber nicht wie alle anderen Adelsbauten in der Stadt direkt an die Strasse gebaut,
Literatur: Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 430. Hausinventar: Guido Faccani/Caroline Diemand, Zur oberen Tanne, Januar 2013.
Bänteli 2013a, S. 376f. Mommsen 1989, S. 56; Schultheiss 2006, S. 39f.; Landolt 2004, S. 468, Anm. 2041; vgl. unten, S. 106. Mommsen 1989, S. 215; Frauenfelder 1961, S. 155. STASH UR 1/1951. Rüeger 1884, S. 56. Rüeger 1884, S. 56, S. 354, S. 1012 und S. 1018, Anm. 8. Rüeger 1884, S. 376. Schib 1942, S. 13. STASH Zünfte 22/1419, 1.08.1404, im Zusammenhang mit dem Einbau eines Kamins «kleines Haus» genannt. Bild der Baulücke: StadtASH J01/008/1944. Frauenfelder 1951, S. 261–263. KASH Inv. Nr. 6338–6371. KASH Inv. 6368. Hermann/Räber 2010, S. 279–281. Rast-Eicher 2006, S. 138–139. Materialdurchsicht Andreas Heege, 25.8.2016. STASH Zünfte 42/2449; Frauenfelder 1961, S. 176.
47 48 49 50 51 52 53 54 55 56 57 58 59 60 61
Abb. 626 Fronwagplatz (1.215), «Herrenstube»/Fronwagturm und «Obere Tanne» (1.258). Situation mit Bauentwicklung der Nachbarhäuser. Das «Sulzsche Haus» wurde 1612 zur Anlage der Gasse zwischen Fronwagplatz und Herrenacker abgebrochen.
1100 / frühes 12. Jh. 8 / 54, verbrannt 12. / 13. Jh. h. nach Stadtbrand 1372? 13. Jh. 14. Jh. x
5
Buckelquader P42
3
N
P43A P46
x Buckelquader
Wass e
Profil A
rleitu
ng
3
e
4
nstub
12
Profil B 1.258
P47
Herre
Doppelfenster 2. OG frühes 14. Jh.
Sulzs c Haus hes abge broc hen 1 6
11
P43
P41
P45
Schu lt Fron heissentu wagt urm rm/
untere Tanne
1.059
1.261 2. Hälfte 11. Jh. Schultheissenturm „Kühlschrank“
Nische im Keller mit 21 Töpfen 14./15. Jh.
frühes 12. Jh. Wasserleitung 12. Jh. Lehmestrich 13. Jh. Sulzsches Haus
Tanne
10 m
15. Jh. Anbau an Schultheissenturm, Fronwaage?
obere Tanne 7
5
Profil A P44
Profil B
roter Bäre n
0
Lehmestrich
1
Grabung 2014
447
sondern liegt genauso zurückversetzt von der Strasse wie die Kernbauten der Stadtbürger.62 Im 2. Obergeschoss gehört zu diesem Bau ein jüngeres, lanzettförmiges Doppelfenster mit Dreipässen und einer Rosette dazwischen, dessen Aussenseite bislang die vermauerte Zierde eines Badezimmers war (Abb. 141). Seine breite Fase mit beidseitig geschrägtem Auslauf (1.116) datiert das Fenster ins frühe 14. Jahrhundert. Diese Befunde machen deutlich, dass die nördliche Hälfte der «Oberen Tanne» diese Fassade des «Roten Bären» frühestens im 15. Jahrhundert verbaute. Die südliche Hälfte der «Oberen Tanne» kann hingegen ein ähnlich hohes Alter aufweisen wie der Wohnturm. Sie besitzt im Erdgeschoss eine sichtbare Balkendecke mit Unterzug und freistehender Stütze, deren dendrochronologische Datierung noch aussteht, genauso wie die Vorlage der Baugeschichte des Hauses. Es wurde während der Abfassung dieser Publikation renoviert und ist deshalb nicht mehr Gegenstand dieser Darstellung. Lediglich ein Baudetail im Keller sei erwähnt. In der östlichen Kellerwand ist eine stichbogige und mauerbreite Nische ausgespart, in deren Rückwand 21 Töpfe unterschiedlicher Grösse aus dem 14./15. Jahrhundert eingemauert sind (Abb. 184). Sie sind in je zwei annähernd gleich grossen Gruppen und Reihen übereinander angeordnet, was durch die aktuelle Regaleinteilung in der Nische noch immer respektiert wird. Ihre Öffnungen zeigen gegen das Nischeninnere, die Böden gegen das Erdreich. Die Keramik ermöglichte einen idealen AusWDXVFK GHU (UGIHXFKWH ZLH GLH YHUÀHFNWHQ 9HUputze in der Nische anzeigen. Zweifellos ist diese singuläre Nische als früher Kühlschrank zu interpretieren. Solche Nischen sind ja grundsätzlich immer wieder in Kellern anzutreffen (1.220 und 1.257). Vielleicht besassen sie zum Teil ebenfalls solche Töpfe, die aber nicht mehr erhalten oder vermauert sind.
1.215 Obere Vordergasse 56–86 / Fronwagplatz 2–4 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV %UXQQHQ Wasserleitung, Kanal Literatur: Bänteli 2013a, S. 378f.; Bänteli 2010a, S. 146–151; Bänteli 2009, S. 130–132; Bierbrauer förderten Wasserversorgung, in: SN 10.9.2009; JbAS 91, 2008, S. 231; Belege für bereits hochentwickelte Bautechnik, in: SN 14.8.2007; Die Bauarbeiten in der Vordergasse machten ein altes Brunnenfundament sichtbar, in: SN 26.4.2007; IVS SH 8.3; Hauser 1996, S. 409f.; Wipf 1992, S. 59; Frauenfelder 1951, S. 231–233, S. 293– 304; Rüedi 1945, S. 206–208. Bildquellen: Grütter 2005, S. 84–91. Die Sanierung der Werkleitungen in der oberen Vordergasse, von der «Schmiedstube» über den Fronwagplatz bis zur Tanne, fand im Jahr 2007 statt. Die älteste Strasse der Stadt erhielt ihren Namen erst im 18. Jahrhundert.63 Mittelalterliche Reichsstrasse Die heute am meisten frequentierte Geschäftsstrasse bildete im Mittelalter jenen Abschnitt der Reichsstrasse, der mit etwa 5,5 m die grösste Steigung der Vordergasse aufweist. Der Ostabschnitt LVW GHXWOLFK ÀDFKHU XQG %HLP hEHUgang zum Fronwagplatz ist ein Knick vorhanden, von hier steigt das Terrain nur noch 80 cm bis zum Anfang der Oberstadt. Gegenüber der jetzigen, gleichmässigen Rampe der Vordergasse zeigt das anstehende und weitgehend abhumusierte Terrain einen ganz anderen, gestuften Strassenverlauf (Abb. 627). Er liegt im Osten bei der «Schmiedstube» in einer Tiefe um 2 m, steigt dann auf Höhe des Weissen Hauses (Vordergasse 63) stark an und verläuft regelmässig um 1,3 m tief bis zum «Trauben» (Vordergasse 70). Auf Höhe der «Stokarburg» (Vordergasse 72) liegt das Stras-
403.00
Schultheissenturm Fronwagturm 1. 059
Kaufhaus Rathaus 1.199
402.00 heutiges Terrain
401.00 400.00 399.00
1.215 ursprüngliches Terrain 11. Jh.
398.00
Sc st
397.00 396.00 395.00 394.00 393.00
448
Sporrengasse 1.207
Fronwagplatz 1.061 Tanne 1.258
0
10
20 m
E senniveau 1 m tief, bei den Häusern «Gelbes Horn»/«Engelburg»/«Wegeisen» (Vordergasse 77/78/80) noch 60 cm. Danach verläuft das urVSU QJOLFKH 7HUUDLQ YLHO ÀDFKHU DOV KHXWH XQG OLHJW beim «Kranich» (Vordergasse 84) bereits wieder in einer Tiefe von 1 m, erreicht am Anfang des Fronwagplatzes 1,8 m und schliesslich bis an den Anfang der Oberstadt 2,4 m. Darauf liegen die mittelalterlichen Strassenkoffer, die eine unterschiedliche Qualität aufweisen. Manchmal sind sie hart gepresst und zeigen abschnittsweise starke Eisenoxydationen. Farblich reicht das Spektrum von fast weiss über graubraun bis ganz schwarz. Das Material ist sandig über kiesig-sandig bis ganz kiesig. Im letzten Fall ist der Strassenkoffer zum Teil mit Kieseln bis zu 10 cm Grösse durchsetzt. Das Ganze bildet ein gut 1 m GLFNHV 3DNHW LQ GHP VLFK ELV ]XU ÀlFKLJHQ 3ÀlV terung der Gasse 5 bis 8 Aufkofferungen feststellen lassen (Abb. 628). Wo der anstehende Boden in geringer Tiefe liegt, wurden in der Neuzeit Schichten abgetragen, um die heute regelmässige Steigung zu schaffen, wie dies etwa auch der Übergang zur Sporrengasse deutlich macht (1.207). Im Bereich des Fronwagplatzes erreicht dieses Schichtpaket eine Stärke von 1,4 bis 1,7 m. Darin sind bis zu 8 Strassenniveaus feststellbar, GLH DQ GHU (FNH ]XU 2EHUVWDGW ÀlFKLJ XQWHUVXFKW werden konnten (1.225). Die untersten Schichten sind am meisten verschmutzt. Sie sind schwärzOLFK WHLOZHLVH WRU¿J KXPRV OHKPLJ ]XP 7HLO PLW Holzkohle, einigen Hölzchen und Tierknochen GXUFKVHW]W 'DV )XQGPDWHULDO ¿HO PLW HLQLJHQ PLWtelalterlichen Wandscherben, Ziegelfragmenten des frühen Allerheiligentypus und wenigen Schmiedeschlacken bescheiden aus.
65
Fronwaage und Metzg Die Schriftquellen, allen voran die Stadtrechnungen, haben es erstmals ermöglicht, eine Vorstellung des geschäftigen Marktplatzes zu entwickeln.65 Die archäologische Untersuchung des
Abb. 628 V Obere Vordergasse (1.215). Höhe «Goldener Löwe». Die mittelalterlichen Strassenkoffer bilden ein gut 1 m dickes Paket, in dem sich 8 Aufkofferungen vom 11. bis zum frühen 15. Jh. feststellen lassen.
Bänteli 2010c, S. 82–84. Frauenfelder 1966, S. 10. Bänteli 2013a, S. 378f.; Bänteli 2010a, S. 146–151; Bänteli 2009, S. 130–132. Vgl. oben, S. 143f.; zur Organisation des Marktplatzes: Bänteli 2011, S. 48–50.
Strassenkoffer 11. bis 19 Jh.
Kaufleutestube 1.237 Schmiedstube
Krone 1.212
Fischmarkt 1.118
Kronengässchen
62 63 64
Älteste mittelalterliche Wasserleitung der Schweiz Bereits verschiedentlich wurde die einzigartige Wasserleitung aus dem frühen 12. Jahrhundert (Abb. 626, 45 und 46) publiziert.64 Der untersuchte Abschnitt von der Tanne bis zur Münstergasse ist 100 m lang und liegt 2–3 m von den südseitigen Hausfassaden entfernt. Anfang und Ende der Leitung sind noch unbekannt. Bemerkenswerterweise besteht ihre Sohle aus einer Ziegelrinne mit mächtigen, stumpf gestossenen, 63 cm langen und 26 cm breiten Hohlziegeln des frühen Allerheiligentypus. Sie sind in Lehm eingebettet, werden beidseits von einer Kalksteinreihe begleitet und sind mit grossen Kalksteinplatten abgedeckt. Die Leitung liegt auf älteren Strassenkoffern auf (West) oder durchschlägt diese (Ost) und wurde im Zuge einer weiteren, 40 cm starken Kiesschüttung in die Strasse eingebaut.
anstehend
St. Johann 1.092
Abb. 627 Y Obere Vordergasse (1.215). Das überhöhte Längsprofil macht deutlich, dass das ursprüngliche Terrain und die darauf ansetzenden mittelalterlichen Strassenoberflächen gestuft verliefen. Die jetzige moderne Rampe entstand erst in jüngster Zeit, (Längen M 1:400, Höhen M 1:200).
449
Abb. 629 Obere Vordergasse/Fronwagplatz (1.215). Neben dem gemauerten Abwasserkanal von 1840 (3) liegt etwa 6 m nördlich des Fronwagturms, eingebettet in den mittelalterlichen Strassenkoffern (1), der etwa 10 cm starke Lehmestrich (2) eines Holzgebäudes von 11 m Länge aus dem 12. Jh. Sind es die Reste der Metzg mit den Fleischbänken, oder stand hier die Fronwaage, die dem Platz den Namen gab?
gesamten Platzes bleibt hingegen ein Desiderat (1.061). Erste Hinweise geben uns die Werkleitungsgräben auf der Südseite des Platzes. Ausserhalb der Fahrbahn der Reichsstrasse liegt etwa 6 m vor dem Schultheissenturm (heute Fronwagturm) ein etwa 10 cm starker Lehmesstrich eines Holzgebäudes von 11 m Länge in Ost-West-Richtung (Abb. 626, 629 und 630). Er ist in die mittelalterlichen Strassenkoffer eingebettet, liegt P XQWHU GHU 3ÀlVWHUXQJ XQG JHK|UW YRP 1Lveau her ins 12. Jahrhundert, d.h. in die Anfangszeit von Schultheissenturm (1.059) und früher Wasserleitung. Vor dem Eckhaus Oberstadt/ Tanne und ebenfalls am Rand der Fahrbahn liegt in 1,5 m Tiefe ein weiterer, 10 cm starker Lehmestrich aus der Frühzeit der Stadt. Dem Schultheissenturm (1.059) ist ein 2,8 m tiefer Anbau auf der ganzen Breite vorgebaut (Abb. 626 und 630). Von diesem ist eine gut 60 cm breite und ebenso hohe Mauer aus Kalksteinen mit gotischem Charakter erhalten. Innenseitig liegt auf dem älteren, 20 cm starken Strassenkiespaket ein feiner Lehmboden. Aussen auf etwa gleichem Niveau fanden sich Reste der ersten
1 2
3
1
3ÀlVWHUXQJ FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH /HW]WHUH entstand nach den Schriftquellen um 1430. Wahrscheinlich wurde dieser Anbau nach 1436 erstellt, als Turm und Fronwaage in den Besitz der Stadt übergegangen waren. Er diente möglicherweise zur Unterbringung der öffentlichen Waage, die dem Platz den Namen gab.66 «Sulzsches Haus» Wenige Jahre nach der Zerstörung ihrer Burg durch die Schaffhauser und der Gefangennahme GHU *Ul¿Q 8UVXOD YRQ 6XO] NDXIWH GLH *Ul¿Q das Haus an bester Lage und richtete hier den Stadthof ihrer Familie ein. Neben dieser Ironie der Geschichte hatte die Brandschatzung erkleckliche Schadenersatzzahlungen für die Schaffhauser zur Folge (1.199).67 1611 kaufte die Stadt das Haus von Carl Ludwig Graf zu Sulz. Mit dem anschliessenden Hausabbruch schuf die Obrigkeit 1612 den neuen Strassenzugang (heute Tanne) zum Herrenacker (1.059).68 Freigelegt wurde das Fundament der ehemaligen Nordfassade, das eindeutig sekundär an den Schultheissenturm (1.059) anstösst, wie sich 2013 zeigte. Das mächtige Bollensteinfundament verjüngt sich durch Absätze von 1,1 m auf 0,95 m. Vom Aufgehenden hat sich nichts erhalten (Abb. 626, 632 und 633). Die aussen anschliessenden Strassenhorizonte machen mit dem Mauercharakter deutlich, dass dieses Gebäude durchaus ins 13. Jahrhundert zurückreichen kann. Möglicherweise gehörte es als Palas zum Schultheissenturm (1.059), eine Vermutung, die die Steuerbücher stützen könnten. In ihnen taucht das Haus erst in den 1430er-Jahren auf.69 Innenseitig im «Sulzschen Haus» liegt der gewachsene Boden etwa P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH E]Z FP XQWHU GHP Sockel des Schultheissenturms, was auf ein leicht eingetieftes Erdgeschoss hindeutet. Im gewachsenen Boden ist in Fallrichtung des Geländes zum Herrenacker eine V-förmige Rinne aus hochkant 403.00
Abb. 630 Vordergasse/Tanne Profil A 1 : 20 vor (1.215). Profil A–A dem Fronwagturm (M 1:50), Lage vgl. Abb. 626.
Kies, Strassenkoffer anstehend
Anbau an Schultheissenturm, Fronwaage
OK Pflästerung OK Pflästerung
aussen: Pflästerung 15. Jh.
OK Pflästerung
Fronwagturm 1747/48
innen: gelber Lehmboden
402.00
Schultheissenturm 2. H. 11. Jh.
OK Pflästerung
401.00
Abwasserkanal 1840 Zementrinne
Lehm
Lehmestrich 12. Jh.
Lehm
400.00
Lehmestrich
Lehm Lehm
P14/(P24)
450
P44
P45
Profil A
E gestellten Kalksteinen eingebaut, wie sie auch im «Rüden» zum Vorschein kam (1.152). Sie dient dem Abzug des ins Gebäude einsickernden Hangwassers, führt durch die Mauer und mündet vor der älteren Wasserleitung in eine Sickerpackung aus Bollensteinen (Abb. 631). Auf dem anstehenden Boden liegt ein 0,5 m dickes Paket mit zwei Brandschichten und einem Lehmestrich dazwischen, darauf eine Planie und ein weiterer Lehmestrich, der sich bis auf Höhe der Südwestecke des Schultheissenturms fortsetzt. Dort liegt in HWZD P 7LHIH HLQH %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ GLH noch aus der jüngsten Zeit des Hauses stammen dürfte. Oberhalb des Turms liegt in der heutigen Gasse noch ein Keller des Hinterhauses, der durch einen Schachtdeckel zugänglich ist.
Abb. 631 Obere Vordergasse/Tanne (1.215). Eine Rinne aus Vförmig gestellten Kalksteinen (1) entwässerte das Hausinnere des «Sulzschen Hauses» gegen den Fronwagplatz. Darüber liegen je zwei Brandschichten (2) und Lehmestriche (3) des leicht eingetieften Erdgeschosses.
3 3 2 2 1
Mittelalterliche und frühneuzeitliche Einzelbefunde %HPHUNHQVZHUW VLQG DOWH ORNDOH 3ÀlVWHUXQJHQ am ehemaligen Fischmarkt, bei der «Schmiedstube» und dem «Weissen Haus» (Vordergasse 61/63). Sie liegen in Tiefen von 0,7 m, 1,6 m und 1,9 m. Ein Brandhorizont fand sich in 1,2 m Tiefe an der Ecke der «Schmiedstube». Eine sehr alte 3ÀlVWHUXQJ NRQQWH DXI +|KH GHV )URQZDJSODW]HV in 1,5m bis 1,8 m Tiefe, wenig über dem gewachsenen Boden, gefasst werden. Sie stammt aus den Anfängen der Stadt, wie ihre erstmalige Flächenuntersuchung an der Ecke zur Oberstadt deutlich macht (1.225). Eine Hauszuleitung bei der nicht unterkellerten «Goldenen Kugel» (Vordergasse 74) zeigt, dass innen etwa 1 m unter dem Erdgeschossboden ein alter Lehmestrich liegt, der von 66 67 68 69
StadtASH A II.05.01.036/079 1422–1432: XXX ß von besetzen under der Metzig; STASH UR 1/1951. Vgl. oben, S. 154. Niederhäuser 2006, S. 74, Anm. 10 und S. 77, Anm. 26; Rüeger 1884, S. 360f., Anm. 14. Häuserdatenbank.
Fronwagturm 1747/48
Profil B -B Blick Ost 1 : 20 403.00
Abb. 632 Obere Vordergasse/Tanne (1.215). Nordmauer (1) des «Sulzschen Hauses», das die Stadt 1612 abbrechen liess, um den neuen Zugang zum Herrenacker zu schaffen.
1
OK Pflästerung
= OK Strassenkoffer 11. bis 14. Jh.
OK Pflästerung 402.78
OK Pflästerung Fronwagplatz
Pflästerung zu Haus 402.00 Lehmestrich
Lehmestrich
V-förmiger Kanal (Entwässerung)
401.00 Lehm Humus Sulzsches Haus abgebrochen 1612 Schultheissenturm 2. h. 11. Jh. 400.00
Sickerpackung für Hangwasser aus Sulzschem Haus
Lehm Wasserleitung frühes 12. Jh.
Abb. 633 Vordergasse/Tanne (1.215). Profil B–B an der Tanne (M 1:50), Lage vgl. Abb. 626.
451
einer 20 cm starken Brandschicht bedeckt ist, die sich gassenseitig noch etwas fortsetzt (Abb. 634). Jünger scheint die meterdicke Bollensteinmauer unter der jetzigen Fassade zu sein, an die sich der älteste Strassenhorizont anschliesst. 6FKOLHVVOLFK ¿QGHQ VLFK HLQJHEHWWHW LQ GLH 6WUDVsenkoffer und zum Teil auch auf den obersten Schichten punktuelle Bauniveaus des fortschreitenden Stadtbaus. Hierbei handelt es sich um Lagen von Mörtelabbruch von der Reinigung wiederverwendeter Steine; Sumpfkalk-Lagen deuten auf Mörtelanmachplätze der Maurer, und Kalksteinsplitt und Brocken von rotem und graugrünem Sandstein sind als Steinmetzabfall zu lesen.
Abb. 634 Obere Vordergasse (1.215). Hausanschluss «Goldene Kugel» (Vordergasse 74). Innenseitig liegt 1 m unter dem Boden des EG ein Lehmboden, der von Brandschutt bedeckt ist (im Bild nicht sichtbar). Der Brand setzt sich aussen fort (1). Jünger ist das 1 m breite Bollensteinfundament (2) unter der jetzigen Fassade, daran anschliessend die ältesten Strassenhorizonte (3).
«Silberbrunnnen» und Kanal Der Brunnen hat dem davorliegenden Eckhaus den ursprünglichen Namen gegeben. Sein Erker wurde 1980 beim Neubau des Warenhauses EPA (heute Coop) gassenaufwärts versetzt (Abb. 323). Wie bei den anderen Brunnen besteht auch hier das Fundament aus massivem Kalkbruchsteinmauerwerk, das zum Teil freigelegt wurde (Abb. (V OLHJW KHXWH FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH und reicht von dort mindestens 1,7 m weiter in die Tiefe. Die Steine sind in Lagen von 40 cm gemauert und besitzen Längen von bis zu 1,2 m. Das Fundament misst 5,1 m in der Länge; der Trog reichte bis in die Strassenmitte, wie der Peyerplan von 1820 zeigt. Rund um das Fundament war die Baugrube 40 cm breiter ausgehoben worden. Dieses Gräbchen füllte man mit Bollen- und Kalksteinen als Sickerpackung für das überschwappende Wasser. 1834 wurde der Trog als Verkehrshindernis entfernt und der Brunnen aufgehoben. Nordseitig geht der Fundamentklotz direkt in einen eingewölbten Kanal über, der innen 80 cm breit und 1,1 m hoch ist. Der 1840 angelegte Kanal hatte also das stillgelegte Brunnenfundament seitlich einbezogen.70
3 1
452
2
1.061 Fronwagplatz Markt, Metzg Literatur: Frauenfelder 1966, S. 7; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1955, S. 45; Frauenfelder 1951, S. 20, S. 22, S. 64–68. Leider ist von der grossen, 10 x 17 m messenden und 5 m tiefen Baugrube der 1955 erstellten Transformatorenstation auf dem Fronwagplatz nur bekannt, dass man in einer Tiefe von 1,35 m auf die ausserordentlich starke Brandschicht des Stadtbrandes von 1372 gestossen sei. Die Schwierigkeiten für die Interpretation und Datierung dieser Brandschicht werden in der Schwertstrasse und beim «Turm am Ort» diskutiert (1.134 und 1.189).71 Undokumentiert wurden auch die Fundamente der mittelalterlichen Metzg (1.104 und 1.215) angeschnitten. Die Werkleitungen stammen zum Teil noch von 1901; nur ein Teil wurde 1976 noch ohne archäologische Begleitung erneuert. So überliefern uns bislang nur die schriftlichen Quellen des ausgehenden 14. und 15. Jahrhunderts die Struktur des wichtigsten Platzes der mittelalterlichen Stadt und das geschäftige Treiben darauf.72
1.225 Oberstadt 2, vor Haus «Rote Taube» 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O Literatur: Bänteli 2013a, S. 361f.; Bänteli 2010a, S. 156f.; Bänteli 2009, S. 166f.; Wo einst ein Papst wandelte, in: SN 18.12.2008; IVS SH 8.3; Frauenfelder 1951, S. 381f. 'LH $QODJH HLQHV 8QWHUÀXUFRQWDLQHUV HUP|JOLFK WH im Jahr 2008, am Anfang der Oberstadt vor der ©5RWHQ 7DXEHª LQ HLQHP QLFKW YRQ WLHÀLHJHQGHQ Werkleitungen gestörten Bereich, einen mittelalterlichen Strassenabschnitt auf etwa 7 m2 vollÀlFKLJ ELV ]XP JHZDFKVHQHQ %RGHQ ]X XQWHUVXchen. Ähnlich wie im anschliessenden Abschnitt am Fronwagplatz (1.215) lassen sich hier in einem Schichtpaket von 1,4 m neun Strassenhorizonte der ehemaligen Reichsstrasse aus dem 11. –14. Jahrhundert beobachten (Abb. 636). Im Unterschied zu den übrigen, jeweils nur in den 3UR¿OHQ EHREDFKWHWHQ 6WUDVVHQDEVFKQLWWHQ ODVVHQ sie sich hier zum Teil in sterile Aufkiesungen und bis zu 10 cm starke Benutzungshorizonte trennen, deren Strassendreck aus ganz feinem Material beVWHKW 'LH %HQXW]XQJVREHUÀlFKHQ VLQG PDQFKPDO sehr sauber gehalten, manchmal aber auch stark verschmutzt und mit vielen Tierknochen und Schlacken durchsetzt. Ob diese Materialien bewusst als drainierendes Strassenmaterial auf die Strassen geworfen wurden, oder ob es sich nur um entsorgten Abfall handelt, ist unklar.
E Abb. 635 Oberstadt, vor «Roter Taube» (1.225). Eisenteile der Fuhrwerke o. a. und Kamm- oder Futteralfragment (1; M 1:1) aus den Strassenkoffern des 13./14. Jhs. (M 1:2).
Zur grossen Überraschung zeigte sich zuunterst in 2,1 m Tiefe direkt auf dem gewachsenen BoGHQ HLQH 3ÀlVWHUXQJ ZLH VLH LQ 5HVWHQ DXFK EHLP Obertor und in der Vordergasse (1.108 und 1.115) IHVWJHVWHOOW ZXUGH $EE ,P 3UR¿O LVW VLH DEHU viel unsicherer zu beobachten als in der Fläche, ZHLO GLH 3ÀDVWHUVWHLQH KHUDXVIDOOHQ XQG RKQH 1DFKJUDEXQJHQ RIW QXU GHU 3ÀlVWHUHUVDQG EHRE DFKWHW ZLUG 'LHVHV 3ÀDVWHU JHK|UW LQ GLH $QIlQJH der Stadt, in die nellenburgische Zeit. Trotz FeinDUEHLW ¿HO GDWLHUHQGHV )XQGPDWHULDO ]X GHQ HLQzelnen Strassenniveaus eher kärglich an. Aus archäologischer Sicht wünschte man sich eine unordentlichere Stadtbevölkerung, die aber in Schaffhausen, wie vielerorts in der Stadt nachgewiesen, vor allem ihre privaten Latrinen zur Entsorgung benutzt hat. Bemerkenswert sind vielleicht das kleine Stück eines Knochenkamms oder eines Futterals sowie die Eisenteile der Fuhrwerke, die die Reichsstrasse benutzt haben (Abb. 635).
70 71 72
1
Abb. 636 Oberstadt, vor «Roter Taube» (1.225). Im Schichtpaket von 1,4 m Stärke lassen sich neun Strassenhorizonte der ehemaligen Reichsstrasse aus dem 11.–14. Jh. beobachten. Zur besseren Visualisierung wurden sie treppenartig ausgegraben durch Ausgräber Ruedi Büeler, vgl. Abb. 29.
Hauser 1996, S. 363, S. 409f. Vgl. oben, S. 71f. Häuserdatenbank und Bänteli 2011, S. 48–50; vgl. oben, S. 143f.
453
6WUDWLJUD¿H 2EHUVWDGW YRU +DXV ©5RWH 7DXEHª Fundnummer
6FKLFKWDXIEDX 7LHIH XQWHU MHW]LJHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH
Datierung
0–65 cm 65–75 cm grau kiesig-sandig, OK 10. Strassenniveau
gestört, moderner Strassenaufbau 1, HZ, TK, viel Eisenschlacken, Kamm- oder Futteralfragment aus TK mit zwei Nietlöchern 77171, Eisen 77172 75–82 cm, feiner grauer Sand mit etwas Kies, OK 9. 2, SR 3, Fuss DTR, viel HZ, FZah, 2. H. 13./ Strassenniveau Eisenschlacken, Eisen 77173.01 1. H. 14. Jh. Radsplint?, 77173.03 Ring, 77173.04 82–95 cm weisser Kies mit Mörtellinse als Bauniveau, OK 8. fundleer Strassenniveau 95–120 cm grober Kies Ø bis 5 cm, mit feinsandigem Benut- 3, WS, viele TK, Eisenschlacken 12./13. Jh. zungshorizont, OK 7. Strassenniveau 120–137 cm grauer Kies, stark FE oxidiert, hart, OK 6. 4, viele TK, Eisenschlacken Strassenniveau, oberer Abstich 137–147 cm grauer Kies, stark FE oxidiert, 6. Strassenniveau, 5, WS, TK, Eisenschlacken 12./13. Jh. unterer Abstich 147–162 cm, braunschwärzlicher Kies mit Benutzungshori- 6, FZah, TK, Bronzestreifen 12./13. Jh. zont, nass, OK 5. Strassenniveau 162–169 cm Kalksteinabschlag als Bauniveau 7, FZah, TK, Kalottenschlacken 12./13. Jh. 169–171 cm grau-braun humoser Benutzungshorizont 8, WS, TK 12./13. Jh. 171–189 cm bräunlicher Kies, OK 3. und 4. Strassenniveau 9, TK 189–201 cm feiner, braunoxydierter Kies, OK 2. 10, TK, Holzstückchen Strassenniveau 201–210 cm grauer, fein sandiger Benutzungshorizont der 11, viele TK, viele Holzstückchen, 3ÀlVWHUXQJ FE-Nagel ± FP 3ÀlVWHUXQJ NOHLQH %ROOHQVWHLQH ± FP 12, vereinzelte Hölzchen/ Mitte 11. Jh. Knochensplitter gewachsener Boden ockerbrauner Lehm/Malm, abhumusiert
1.160 Oberstadt 9/11 «Laterne»/«Palme» Wohnhaus, Kernbau, Glaserhandwerk, Altglasdepot, Sickergrube Literatur: Hauser 1996, S. 386f.; Frauenfelder 1951, S. 384. Hausinventar: Norbert Kaspar, Zur Laterne und Zur Palme, 1989. Die beiden Häuser dienten während fast einem Jahrhundert als Domizil der Eisenwarenhandlung Stierlin. Dementsprechend waren sie weitgehend umgebaut, ausgekernt und durch frühneuzeitliche *HZ|OEHNHOOHU DXFK YROOÀlFKLJ XQWHUNHOOHUW %HL den Umbauarbeiten 1993 zum Sozialversicherungsamt waren deshalb nur noch punktuelle Beobachtungen in den Brandmauern und im Boden möglich. «Laterne» Im hinteren Teil des Hauses «Laterne» liegen in der östlichen Brandmauer die Reste eines quadratischen steinernen Kernbaus des Typs A/ST von etwa 6,5 x 7,5 m Seitenlänge (Abb. 637).73 Das kleinteilige Kalkbruchsteinmauerwerk besitzt schräggestellte Lagen in opus spicatum und Ver454
putzreste mit Fugenstrich. Es datiert nach den Erkenntnissen im Kloster Allerheiligen74 in die Zeit um 1100 oder ins frühe 12. Jahrhundert. Eine horizontale Nut einen Meter über dem Boden des ersten Obergeschosses stammt von der ursprünglichen Decke; eine kleinere quadratische Nische unter dieser Decke wurde später eingebaut. Das Ganze ist sehr stark verbrannt (Abb. 638). Danach wurde der Kernbau teilweise abgebrochen, das Haus vermutlich bis an die Oberstadt erweitert, versteinert und das 2. Obergeschoss mit einer neuen Giebelwand in mittelgrossem Kalkbruchsteinmauerwerk aufgesetzt. Das 3. Obergeschoss zeigt grossteiliges Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Hohlziegelbruch und Backsteinen durchsetzt ist und deshalb vielleicht ins 15. Jahrhundert datiert werden kann. Damit zusammenhängend wurde die Raumhöhe im 2. Obergeschoss durch Höherlegung der bestehenden Deckenbalkenlage um 0,5 m angehoben. Vergleichbare Änderungen wurden verschiedentlich beobachtet, etwa im «Adler» und im Haus «Zur Gerbe» (1.111 und 1.116). 73 74
Vgl. oben, S. 78. Bänteli 1999a, S. 66.
E
Oberstadt
Abb. 637 «Laterne»/«Palme» (1.160). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
um 1100 / frühes 12. Jh. 1318 / 54, verbrannt 3. OG Fenster 1318
14. Jh. nach Stadtbrand 1372?
/54
13 11 9
Laterne
Palme
5 3
0
5
10 m
roter Bäre n
N 1.160
Kernbau
G2
Doppelfenster 2. OG frühes 14. Jh.
G4
1.2 x Buckelquader
G3 G5 G1 Altglasdepot 16. Jh.
obere Tanne
Abb. 638 «Laterne» (1.160). Östliche Brandmauer, 1.OG. Kleinteiliges, stark verbranntes Kalkbruchsteinmauerwerk mit schräggestellten Lagen in opus spicatum des steinernen Kernbaus aus der Zeit um 1100 und dem frühen 12. Jh. Der horizontale Streifen über der Nische ist die Nut der ehemaligen Decke, vgl. Abb. 93.
455
«Palme» Die oberstadtseitige Fassade des Hauses «Zur Palme» zeigt im dritten Obergeschoss zwei Zweierfenster mit Mittelpfosten, breiter Fase und beidseitig abgesetztem gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354 (Abb. 639).75 Es sind Kopien; Teile eines identischen Fensters aus graugrünem Sandstein und Randengrobkalk sind aber in Zweitverwendung auch in der Fassade gegen den Hinterhof im 1. Obergeschoss vorhanden. Von der 1. Hälfte des 14. Jahrhunderts an überragte die «Palme» die «Laterne» wohl etwa 200 Jahre lang, im Gegensatz zum heutigen Zustand. Wahrscheinlich stammt aus der Zeit dieser Fenster auch die westseitige Brandmauer, die im ersten Obergeschoss in der ganzen Haustiefe beobachtet werden konnte. Sie besteht aus grossteiligem, stark brandgerötetem Kalkbruchsteinmauerwerk in Lagen von 15–20 cm. Das deutet wohl auf den gleichen Brand wie in der «Laterne», möglicherweise der Stadtbrand von 1372, aber auch ein jüngerer Brand ist denkbar.76 Das Mauerwerk endet 1 m über dem Boden im 3. Obergeschoss und geht dort in eine jüngere Aufstockung über. Altglasdepot und Sickergruben Im Haus «Zur Laterne» fand sich eine einzige, runde, gemauerte Latrine G5 hinten an der Südwand des Hofes. Sie war mit einem Betondeckel verschlossen und etwa 7–8 m tief. Die Neuunterkellerung von Hinterhof und Hinterhaus «Zur Palme» machte deutlich, dass das ursprünglich gegen den Herrenacker stark ansteigende Terrain bereits frühneuzeitlich bis auf das Niveau der Oberstadt abgesenkt worden war. Deshalb blieben nur noch vier tief greifende, iso-
Abb. 639 «Palme» (1.160). Die Fenster im 3. OG stammen noch aus der Bauzeit des Hauses 1318/1354. Links die ältere «Laterne».
456
lierte, gemauerte Sickergruben erhalten. G2 lag in der Südwestecke des Hofes, G1, G3 und G4 waren entlang der östlichen Hofmauer aufgereiht (Abb. 637). Darüber lag ehemals ein Laubengang. Die Gruben waren gemauert, zum Teil mit Bauschutt aufgefüllt und teilweise bis um 1900 in Betrieb. G4 war verputzt und besass einen Backsteinboden (vgl. 1.189). Einzigartig ist ein umfangreiches Depot von etwa 18 kg Altglas, das bislang unbearbeitet ist. Ein ganz kleiner Teil davon lag in der mittleren Sickergrube G3 im Latrinenschutt. Der überwiegende Anteil fand sich unter der Südwand des im 18./19. Jahrhundert entstandenen Hinterhauses. Das Glas lag in einer sich im anstehenden Lehm abzeichnenden Grube von etwa 2,5 m Durchmesser ohne weitere Verunreinigungen, eingebettet in Sand in einer Tiefe von 1,8 bis 2,8 m unter dem DNWXHOOHQ *HKQLYHDX (LQH REHUÀlFKOLFKH 'XUFKsicht zeigt einige grössere und mit 2–3 mm dickere Stücke von dunkelgrünem Waldglas; nur vereinzelt handelt es sich um Fensterglas. Teilweise scheinen die Fragmente von grossen Gefässen zu stammen (Abb. 640). Hauptsächlich umfasst das Fundgut dünnes, meist farbloses, selten blaues und grünes Hohlglas, das zum grossen Teil in Stücke von unter 5 cm Grösse zerscherbt ist (Abb. 641). Erkennbar sind stabilere Teile wie Böden von Stengel- und Stangengläsern, Bechern, Flaschenhälsen in verschiedensten GrösVHQ VRZLH )DGHQDXÀDJHQ 1XSSHQ HWF (LQ 7HLO des Materials passt zum neuzeitlichen Bestand der Abts- und Gästelatrine des Klosters Allerheiligen.77 Von der Zeitstellung her erscheinen die Funde recht einheitlich und dürften aus dem 16. Jahrhundert stammen. Etwas unterhalb des Hauses erscheint auf der anderen Strassenseite 1525 Felix Lindtmayer, der Glaser aus der berühmten Glaserfamilie, als Käufer des Hauses «Zum Eichbaum».78 Unser Fundmaterial ist aber als Altglasdepot zu interpretieren, das nicht mehr seinen Weg zurück in die Glashütte fand.79 Glasträger oder auch Grempler, später Hausierer genannt, versahen diesen Dienst. Eine detaillierte Schilderung dieses Berufes aus dem Glashüttenstandort Hergiswil aus dem Jahr 1849 dürfte sich kaum von den nicht überlieferten Verhältnissen im frühneuzeitlichen Schaffhausen unterscheiden. Der 12-jährige Andreas Bucher und sein Vater holten die Glasprodukte in der Glashütte ab, verkauften sie, nahmen Altglas und Altmetall in Zahlung und brachten letzteres wiederum in die Glashütte. Die Kunden schätzten sowohl die Hauslieferung als auch die Rücknahme der Glasscherben. Interessant ist auch der unterschiedliche Wert des Glases. So zahlte die Hütte für schwarze Glasscherben drei, für halbweisse fünf und für weisse zehn Rappen.80
E Abb. 640 «Palme» (1.160). Altglasdepot aus Scherben von Flaschen aus dunkelgrünem Waldglas, wohl 16. Jh.
75 76 77 78 79 80
Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 124. Lehmann 1999, S. 188–193. STASH UR 1/4311; e-HLS, Artikel «Lindtmayer, Felix», 27.6.2006. Allg. dazu: Maus/Jenisch 1997/98. Horat, Heinz: Flühli-Glas, Bern 1986, S. 70–72.
Abb. 641 «Palme» (1.160). Altglasdepot aus hochgestochenen Böden von Bechern, Flaschen und Stangengläsern, 16. Jh.
457
1.183 Neustadt 62–87 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV /DWULQH Archäozoologie Literatur: Wipf 1992, S. 58f.; Frauenfelder 1966, S. 8; Rüedi 1945, S. 211.
Abb. 642 V Neustadt 62–87 (1.183). Stark gestörte Südmauer (1) des ältesten Gebäudes mit nordseitig anschliessendem, verbrannten Hausboden (2). Abb. 643 VV Neustadt 62–87 (1.183). Latrine am Eckhaus «Goldene Eichel» (1) mit dem älteren, verbrannten Hausboden (2), der Planieschicht (3) und den Kieskoffern der mittelalterlichen Gasse (4).
Hier wurden die Werkleitungen im Jahr 2000 erneuert. Dabei zeigte sich, dass im engsten Abschnitt (Neustadt 68–81) das Terrain bis in den gewachsenen Boden hinein abgetragen war (1.159), um die Steigung dieser Rampe von der 2EHUVWDGW LQ GLH 1HXVWDGW ÀDFKHU ]X OHJHQ 6HLWher führen Treppenstufen zu den höherliegenden Erdgeschossböden der Häuser 75–79. Die Bezeichnung Kesslergasse für diesen Strassenabschnitt wurde erst nach der Reformation gebräuchlich. Ob die Flacherlegung der Steigung im Rahmen der vielen Strassenkorrekturen in den 1830er-Jahren oder schon früher erfolgte, ist unklar. Geschlossene Häuserfront Erstmals belegen die Untersuchungen, dass die Häuserzeile an der Oberstadt anfänglich geschlossen war und dass ein Haus entfernt wurde, um die Neustadtgasse anzulegen (Abb. 649). Die LQ 5HVWHQ HUKDOWHQHQ 3UR¿OH ]HLJHQ WHLOZHLVH DXI dem anstehenden, ockergelben Lehm die ursprüngliche Humusschicht, die mit viel Holzkohleresten durchsetzt ist und demnach als Garten-
2 1
4 2
3 1
458
land genutzt wurde. Partiell liegen an gleicher Stelle auch dünne, gelbe Lehmhorizonte, wie wir sie von Hausböden kennen. Ihre starken Brandrötungen belegen einen Brand (Abb. 643). Quer zur Gasse und 10 m zurückversetzt von der FasVDGHQÀXFKW 2EHUVWDGW OLHVV VLFK HLQ ZHQLJ IXQdiertes, vermörteltes Mäuerchen von noch gut 40 cm Höhe und unbekannter Breite nachweisen. Jüngere Störungen haben es stark in Mitleidenschaft gezogen (Abb. 642). Nordseitig schliesst ein Rest des verbrannten Lehmbodens an, der zu den oben beschriebenen Horizonten gehört. Die Gebäudereste passen gut zu den frühen Häusern im Posthof und beim «Turm am Ort» (1.239 und 1.189). Direkt anschliessend ans Eckhaus «Goldene Eichel» (Oberstadt 17/Neustadt 74) liegt in der Gasse eine Latrinengrube mit einem Durchmesser von 2 m, die bis 3 m unter die StrassenoberÀlFKH UHLFKW $EE 6LH GXUFKVFKOlJW GHQ Brandhorizont zum ältesten Haus und ist deshalb jünger als dieses Ereignis. Die Füllschichten wurden soweit als möglich von Hand ausgegraben. Dabei kam ein bemerkenswertes Fundstück zum Vorschein: Ein vermeintlicher Streifen Goldblech von 7–8 mm Breite und etwa 12 cm Länge. Deshalb wurde das Restmaterial ausgebaggert und die Füllung auf einer Deponie weiter untersucht. Das dunkle und stark mit Holzkohle und Bollensteinen durchsetzte Material roch zwar noch stark nach Fäkalien, war aber weitgehend verrottet und erbrachte eine bescheidene Fundausbeute. Nach der Untersuchung des Blechstreifens durch einen Goldschmied81 zeigte sich, dass es sich um Bronzeblech handelte, das merkwürdigerweise keine Patina aufwies. Einige Keramikscherben datieren die Grube in die Zeit von der Mitte des 13. bis ins frühe 14. Jahrhundert (Abb. 644), was mit der Entstehungszeit der Neustadt zusammenpasst (vgl. S. 102).82 Weiter sind kleine Hölzchen und Schindelfragmente, ein Fragment eines frühen Allerheiligenziegels und Eisenschlacken vorhanden. Das Skelettspektrum von 46 Tierknochen deutet auf unterschiedliche Verwendungszwecke hin. Während Schwein und Huhn wohl Küchenabfall darstellen, sind Schädelfragmente und einige abgeschlagene Hornzapfen von Rind, Schaf und Ziege ein Beleg für gewerbliche Nutzung.83 Anfänge der Neustadt Die Neustadt ist in mehreren Abschnitten entstanden: Sie begann Ende des 13. Jahrhunderts als Stadterweiterung mit dem Stadthof der Roten von Randenburg (1.073) und schrittweiser Erschliessung des Herrenackers vom Obertor her (1.136 und 1.159). Dies führte schliesslich im früheren 15. Jahrhundert mit der unteren Neustadt (1.091) zur Ausbildung einer durchgehenden Gasse.
E Im Zuge der Anlage der Sackgasse zum Hof der Roten von Randenburg wurde die beschriebene Latrine mit einer bis zu 40 cm starken Planie überdeckt und das zugehörige Gebäude abgebrochen. Die Steine wurden andernorts wiederverwendet. Den Mörtelschutt planierte man an Ort und Stelle über dem Mäuerchen ein. Über diesen Schichten liegt 40 cm unter der heutigen Strasse der bis zur «Halben Lilie» (Nr. 70) partiell erhaltene und gut 20 cm starke Kieskoffer der mittelalterlichen Gasse. Er ist lose mit Bollensteinen von bis zu 10 cm Durchmesser durchsetzt. Zuunterst über der Latrine (Abb. 643) ist dieses Schichtpaket fast 0,5 m stark, in der Mitte getrennt durch einen humos-kohligen Brandhorizont, der vom StadtEUDQG VWDPPHQ N|QQWH 1XU LP 3UR¿OVWHJ 81 82 83 84
über dem abgebrochenen Mäuerchen ist noch ein 6DQGEDQG YRUKDQGHQ GDV YRQ GHU lOWHVWHQ 3ÀlV terung der Neustadt im früheren 15. Jahrhundert stammt (1.159).84 Das Brunnenfundament des 1540/50 neu angelegten Brunnens am Ausgang der Kesslergasse wurde nicht aufgedeckt; der Brunnen ist im Peyerplan 1820 eingezeichnet. Ein mächtiger Kalkstein, der an der Hausecke der «Goldenen Eichel» HLQHQ KDOEHQ 0HWHU XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH liegt und 60 cm in die Strasse vorspringt, ist das Fundament des wohl nachträglich angebrachten Stützpfeilers der Hausecke, der wie seine vielen Entsprechungen in der Stadt im späten 16. oder im 17. Jahrhundert entstand (vgl. S. 199).
Die Untersuchung mit dem Probierstein verdanke ich dem Goldschmied Martin Lanter, Schaffhausen, 21.1.2016. AKR, DTR 2, TR 10a, 16b. Bericht André Rehazek, IPNA Basel, April 2002. Vgl. oben, S. 130.
Abb. 644 Neustadt 62–87 (1.183). Keramikscherben M. 13. bis frühes 14. Jh. und Buntmetallblech aus der Latrine am Eckhaus «Goldene Eichel».
459
1.073 Neustadt 81 «Alter Turm» (Neustadt 83 «Winkel») Wohnturm, Wohnhaus, Fassade, Buckelquader Literatur: SN 14.6.1979; Frauenfelder 1951, S. 38f.; Frauenfelder, Reinhard: Der alte Turm in der Neustadt, in: SHBG 25, 1948, S. 330–337. Bildquellen: Grütter 2005, S. 96, Kat. 209. Der ganze Gebäudekomplex wurde 1978/1979 in vorbildlicher Weise sanft saniert, leider damals noch ohne archäologische Begleitung (Abb. 648). Im Zentrum steht der eindrückliche Wohnturm, der heute teilweise durch jüngere Anbauten verdeckt ist. Ursprünglich war der rechteckige Baukörper freistehend und deutlich höher. Er lag direkt an der Gasse und gehört zum Bautyp C/AD.85 Im Hinterhof dagegen sind die Süd- und Westfassade mit dem Buckelquaderverband aus graugrünem Sandstein und Randengrobkalk noch sehr schön ablesbar (Abb. 127). Wie Rüeger festhält, war dies der Stadthof der Roten von Randenburg. Im Zinsrodel von 1299 wird er als 7XUULV 5X¿ LQ Nova civitate erwähnt. Weshalb Rüeger auch die Im Thurn als Besitzer in Erwägung zieht, ist unklar.86 An gleicher Stelle wird vermutet, der Turm sei durch die Aufhöhung des Gartens um 8 Schuh eingedeckt worden, ein Zustand, wie er sich noch heute im Hinterhof präsentiert.87 Unser neues Wissen um die Stadtgenese deutet aber viel mehr darauf hin, dass sich unter dem heutigen Hinter-
hofniveau noch der Stadtwall des 11. Jahrhunderts verbirgt, der im «Rüden» aufgedeckt wurde (1.152).88 Sonst gibt es kaum weiterführende Ergebnisse, die über die sorgfältige Beschreibung von Reinhard Frauenfelder hinausgehen.89 Es scheint, dass in den Fassaden keine originalen Tür- oder Fenstergewände mehr vorhanden sind. Das gleiche dürfte für die Balkenlagen der Innenräume zutreffen, die auf einem Unterzug mit freistehender Stütze liegen. 1999 zeigte sich bei der Anlage einer Sickerleitung an der Westseite des Turms der im Boden steckende und deshalb noch weitgehend unversehrte Buckelquaderverband mit Kissen, die 3–8 cm vorstehen (Abb. 646 und 99). Das Mauerwerk besteht aus Mischmaterial aus Kalk- und Bollensteinen; opus spicatum wurde in diesem kleinen Ausschnitt nicht angetroffen (Abb. 647). Der Mörtel ist mit etwas Ziegelschrot durchsetzt, wie wir es am «Grütli» 1268 antreffen (1.174). Andererseits kommt ein solcher Mörtel auf Hohenklingen bereits in den ersten beiden Bauetappen 1218–1226 vor.90 Das nördliche Gebäude schliesst nachträglich an den Buckelquaderverband an und besteht aus reinem Kalkbruchsteinmauerwerk in Lagen von 7–15 cm Stärke. Sein Mörtel unterscheidet sich nur unwesentlich von jenem des Turms. Auch hier ist wenig Ziegelschrot vorhanden, so dass das
x
Tor
74
1.183
72
85
Ansicht
N
0 1
5
83
Winkel 1.122
x
10 m
Spätes 13. Jh. Alter Turm
1.073
um 1300 Alter Turm
81
x
Alter Turm
1. Hälfte 14. Jh. Winkel 1. Hälfte 16. Jh. Alter Turm, Anbau
Abb. 645 «Alter Turm» (1.073). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
460
E Mauerwerk höchstens Jahrzehnte jünger sein kann als der Turm. Der Übergang dieses Anbaus «Zum Winkel» ist nicht untersucht (1.122). Dort besteht der vordere, ältere Hausteil aus Bollensteinen und datiert damit spätestens in die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts (1.194). Die Fassade des jüngeren Anbaus gegen die Neustadt zeigt eine Fenstervielfalt, die grösstenteils aus dem späten 15. und 16. Jahrhundert stammt. Teils handelt es sich um gestaffelte Fenster mit Hohlkehlen und einseitigem Auslauf, ferner drei doppelt gekehlte, ehemalige Kreuzstockfenster, wie wir sie beim «Süssen Winkel» oder beim «Ritter» 1567/1575 antreffen (1.060 und 1.254). Gut in diese Zeit passen auch die Erdgeschosstüre aus Kalkstein mit einem Oberlicht, das den ehemaligen Gang belichtete, und der Stützpfeiler aus Kalkstein an der Nordostecke (vgl. S. 199). Dazu gibt es eine Quelle von 1576, die zeigt, dass die Stadt die offenbar dringende Sanierung des bösz bresthafft egh durch ihre Besitzer subventionierte.91 85 86 87 88
89 90 91
Gehniveau heutige Türe
ursprüngliche Türe
Alter Turm Maueransicht Blick Ost 1 : 20
Ansicht
Abb. 646 «Alter Turm» (1.073). Nordwestecke, Ansicht von 1999 des Buckelquaderverbandes aus graugrünen Sand- und Randengrobkalksteinen (M 1:50), vgl. Abb. 99.
Bänteli 2010c, S. 83f. Rüeger 1884, S. 354. Rüeger 1884, S. 354 und Anm. 3. Bei Bauarbeiten auf Seite Grabenstrasse im Keller, der für einen Transformator genutzt wird, kam der anstehende Lehm 4,5 m unter der neustadtseitigen 2EHUÀlFKH ]XP 9RUVFKHLQ Frauenfelder 1948. Bänteli 2010c, S. 24, S. 29f. STASH RP 36,1; Häuserdatenbank.
Abb. 647 U «Alter Turm» (1.073). Westfassade, Ansicht von 1999. Originales Mauerwerk, Mischmaterial aus Kalk- und Bollensteinen, spätes 13. Jh.
Abb. 648 Y «Alter Turm» (1.073). Das 1978 vom Verputz befreite Mauerwerk entpuppt sich als Flickenteppich aus sieben Jahrhunderten.
461
1.196 Oberstadt 21 «Goldfasan» (Oberstadt 23 «Oberhaus») Stadtburg, Wohnhaus, Wohnturm, Wehrerker, Buckelquader
1.122 Neustadt 83 «Winkel» Kernbau, Wohnhaus, Sickergrube
Abb. 649 Oberstadt 19–26 (1.108), Neustadt 62–87 (1.183) und Situation der Stadtbefestigung mit Obertorturm (1.228) und «Oberhaus» (1.196) mit der 1098 erwähnten Stadtburg, mit Bauphasen (M 1:400).
Beim Umbau von 1988 lag das Mauerwerk im Erdgeschoss und im 1. Obergeschoss kurzzeitig frei. Dabei zeigte es sich, dass die vordere, strassenseitige Hälfte des kleinen Hauses älter ist und grösstenteils aus Bollensteinen besteht. Die hintere Hälfte aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk kam später hinzu. Die Abfolge zum «Alten Turm» ist ungeklärt (1.073). Hinten in der Südwestecke wurde eine Sickergrube festgestellt.
Literatur: SPM VII 2014, S. 165; Bänteli 2013a, S. 369–371; Ältestes Wohnhaus der Stadt Schaffhausen entdeckt, in: SN 30.8.2003; Frauenfelder 1951, S. 393–397. Hausinventar: Vestigia GmbH, Oberhaus, 2012. Bildquellen: Grütter 2005, S. 94, Kat. 345. Ostfassade «Oberhaus» und «Goldfasan» Im Dachgeschoss des Hauses «Zum Goldfasan» fand sich 2003, bei einer Begehung aus Anlass des Umbaus, in der Brandmauer eine vermauerte und nur leicht überputzte Bifore aus Randengrobkalk. Gross war die Überraschung, als unter dem Verputz eine intakte Halbsäule mit Würfelkapi-
1098 erwähnte Stadtburg Oberhaus 12. Jh. Erweiterung Stadtburg 1150 Obertorturm 12./13. Jh.
innerer Graben
x
x
x
Buckelquaderverband
N 17. / 18. Jh.
9031829.8 Obertorturm 1.228
0 x
x
5
10 m
26
24
638/39
Baugrube Oberhaus
Pflästerung
22
Strasse 20
x
x
1.108 Zwinger 23
x
21 19
1.196 Biforen
Oberhaus
Rundbogenfenster 1864
2703214
Obersta dt
Gewölbekeller
Tor
17
Latrine
Goldfasan 1.196
Grube
x
74
1.183
72
85
462
83
Winkel 1.122
«Oberhaus» Die im «Goldfasan» untersuchte Brandmauer bildet die 8,6 m breite Ostfassade des heutigen «Oberhauses» (Abb. 649). In dessen Erdgeschoss führt noch heute ein grosser Torbogen aus Randengrobkalksteinen durch die Südfassade in den Hinterhof. Diese Durchfahrt dürfte zum originalen Bestand gehören, wurde aber in jüngerer Zeit überarbeitet. Im 1. Obergeschoss liegt anschliessend an die Brandmauer ein hausbreiter Raum von 5,3 x 6,5 m mit einer bemerkenswerten, spätgotischen Eingangstüre aus dem frühen 16. Jahrhundert in der gegenüberliegenden Wand. Das Sandsteingewände ist doppelt gekehlt mit Rundstäben, deren Basen verschieden gemustert sind, wie jene der Fenster im Löwengässchen und an der unteren Vordergasse.93 Sie laufen oben in 92 93
Da
chl
inie
Buckelquaderverband
3. OG
moderner Kamin
Das Haus «Zum Goldfasan» besitzt in der hinteren Hälfte einen zweigeschossigen Kernbau von 8 x 5,8 m Breite, der an die Hof- oder Ringmauer angefügt wurde (Abb. 649). Letztere wurde noch um etwa 90 cm erhöht und diente als Rückwand des nach Osten abfallenden Pultdaches. Das kleinteilige Bollensteinmauerwerk kann im 12. oder 13. Jahrhundert entstanden sein, während das übrige Mauerwerk des Hauses aus unregelmässigem Kalkbruchsteinmauerwerk besteht und deutlich jünger ist.
alte
2. OG ehemaliger Rauchfang
Hof- / Ringmauer
tell zum Vorschein kam (Abb. 650, 651, 56 und 58.1). Die Bauuntersuchung der gesamten Brandmauer zeigte, dass die zugehörige Fassade noch original auf etwa 14,5 m Höhe erhalten war. Sie besteht aus Bollensteinmauerwerk mit einer Stärke von 1–1,2 m und einem Buckelquaderverband aus Randengrobkalk an den Ecken, der aber erst ab einer Höhe von 6 m beginnt. Neben der ersten Bifore kam eine zweite, identische zum Vorschein (Abb. 650 und 651). Sie machte deutlich, dass diese beiden Doppelfenster einen gut 6,5 m breiten Saal belichteten, der mehr als 8 m über Boden lag. Mittig über den beiden Fensteröffnungen kragte ein Wehrerker92 vor, von dem noch die schmale Zugangstüre und drei Balkenlöcher des ehemaligen Holzvorbaus vorhanden waren. Als vierte und letzte Öffnung zeigte sich 2,5 m unter dem südlichen Fenster eine kleine Scharte (Abb. 650, 652), die vielleicht die Treppe zum Saal belichtete. Unter dem Eckquaderverband lief die Mauer als Teil einer ehemaligen Hofoder Ringmauer mindestens 7 m weiter nach Süden (Abb. 649). Gegen die Oberstadt hin war ehemals ein Zwinger vorhanden, wie der hoch ansetzende Buckelquaderverband deutlich macht.
jüngere Aufstockung (Kalksteine)
E
1. OG
Abb. 650 U «Oberhaus» (1.196). Ostfassade der 1098 erwähnten Stadtburg als Brandmauer zum «Goldfasan». (M 1:100).
0
1
2
3m
Oberstadt
Abb. 651 V «Oberhaus» (1.196). Buckelquaderverband (1) mit den beiden doppelten Rundbogenfenstern (2) eines hochliegenden Saals in der Ostfassade der 1098 erwähnten Stadtburg, vgl. Abb. 56.
1 2
2
Vgl. die Nachweise auf der Burg Hohenklingen 1232–1644: Bänteli 2010c, S. 25, S. 33, S. 35, S. 75, S. 80f. Vgl. oben, S. 163.
463
1
2
Abb. 652 «Oberhaus» (1.196). Buckelquaderverband (1) und kleine Scharte (2) beim modernen Kamin in der Ostfassade der 1098 erwähnten Stadtburg.
Abb. 653 «Oberhaus» (1.196). Beim Abbruch des in die Strasse springenden Querflügels des «Oberhauses» dokumentierte Hans Wilhelm Harder 1864 im 2. OG der Westfassade drei einfache Rundbogenfenster sowie einen Eckquaderverband der ehemaligen, 1098 erwähnten Stadtburg, vgl. Abb. 55.
einem dreifachen Eselsrücken aus. Zwei Streifbalken auf je vier Steinkonsolen tragen eine ostwest-gespannte Deckenbalkenlage über diesem Raum.94 Ob dies noch die originale Decke ist, wissen wir nicht, zumindest scheint sie auf dem ursprünglichen Niveau zu liegen. Und schliesslich liegen im darüber liegenden 2. Geschoss die Fensterbänke der freigelegten Biforen etwa 2 m über diesem Boden, woraus eine Raumhöhe des Saals von knapp 4 m resultiert.95
Die bisher beschriebenen Befunde waren Teil eines mächtigen, wohl mehrphasigen, L-förmigen Gebäudes mit gut 16 m Flügellänge (Abb. 649). Es sprang gegen Norden in die Reichsstrasse zum Obertorturm (1.228) vor und verengte die Strasse um fast zwei Drittel auf den minimal notwendigen Tordurchlass von 4 m. Beim Abbruch dieses Gebäudeteils im Jahr 1864 dokumentierte Hans Wilhelm Harder im 2. Obergeschoss der Westfassade drei einfache Rundbogenfenster sowie einen Buckelquaderverband (Abb. 653).96 Harder zeichnet diesen GeElXGHÀ JHO DOOHUGLQJV HUVW XQG QXU DOV REHUÀlFKOLFKH 5HNRQVWUXNWLRQ YRQ GHU 2EHUVWDGWVHLWH her mit einheitlicher Befensterung. Ein Vergleich mit einem etwas älteren, vor dem Abbruch aufgenommenen Foto zeigt im Gegensatz dazu eine geschossweise differenzierte Befensterung, die aus verschiedenen Zeitabschnitten stammt (Abb. 55). Einzig der von Harder gezeichnete Buckelquaderverband entspricht der Realität. Weitere Hinweise zu diesem abgebrochenen GeElXGHÀ JHO JDEHQ GLH :HUNOHLWXQJVJUlEHQ DXV den Jahren 1986 und 2000 (1.108), die durch den mit Abbruchschutt aufgefüllten Keller geführt wurden (Abb. 649). Die Kellermauern bestehen aus Mischmauerwerk mit viel Bollensteinen und wenigen unsorgfältig zugehauenen Kalksteinen, deren Anteil gegen oben stetig zunimmt. Sie sind satt in den anstehenden Lehm abgetieft, nur nordseitig ist eine schmale Baugrube vorhanden. Hier ist die stark zerstörte Mauer noch 0,65 m stark, stadtaussenseitig im Westen 1,5 m, stadtinnenseitig im Osten 1,3 m. Dies zeigt, dass auf den beiden starken Mauern ein West-Ost gespanntes *HZ|OEH DXÀDJ ,P *HJHQVDW] GD]X LVW GDV .HOlergewölbe im danebenliegenden, noch aufrecht stehenden Hausteil Nord-Süd gespannt. Im Hinterhof des «Oberhauses» lag direkt an der Stadtmauer das 1372 erstmals erwähnte Oberbad, das mit der Wasserfassung an der Vordersteig (1.071) besprochen wird. Wiederentdeckung der Stadtburg von 1098 Die prominente Lage des mächtigen Gebäudes am höchsten Punkt der damaligen Stadtanlage sowie am Obertor, dem ältesten und wichtigsten Stadttor, die Umfassungsmauer eines Hofes und die Datierung der Würfelkapitelle in die Zeit des Münsterbaus (Bau IV) um 1100, lassen nicht daran zweifeln, dass wir die 1098 erwähnte Stadtburg gefunden haben.97 Der Chronist Bernold von Konstanz schildert zum Jahr 1098, wie Vogt Adalbert von Morisberg dem Kloster Allerheiligen Güter enteignete. Die Mönche seien darauf in einer Prozession zu seiner Feste gezogen und hätten versucht, ihn umzustimmen. Der Vogt liess
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E sich aber nicht erweichen, seine Krieger griffen die Mönche an, verprügelten sie und schlugen sie in die Flucht.98 Während frühere Historiker vermuteten, die erwähnte Stadtburg wäre der Vorläufer des heutigen, erst gut 400 Jahre alten Munot gewesen,99 führten bereits die Erkenntnisse der stadtarchäologischen Untersuchungen in den 1990er-Jahren dazu, diese Stadtburg im Bereich des Obertors am höchsten Punkt der nellenburgischen Stadtanlage zu vermuten.100
1.108 Obere Oberstadt 19–26, Bahnhofstrasse 2–4 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O 6WDGWPDXHU .DQDO
Jahrhunderts (1.225). Darauf liegen die periodisch erneuerten Strassenkoffer, die lose mit Steinen von bis zu 10 cm Grösse durchsetzt sind. Sie stammen aus dem 11.–14. Jahrhundert. Vor dem Portal des «Rüden» (Oberstadt 20) lassen sich unter einer 60 cm starken Störungszone in einem 1,2 m starken Paket mindestens 7 verschieden eingefärbte Schichten von Strassenkies beobachten (Abb. 656); wie immer festzustellen ist, waren die Strassen zum Verdruss der Archäologen recht sauber gehalten (1.225). Zum zeitlichen Verhältnis zwischen der Strasse und den Bauwerken lassen sich für das «Oberhaus» keine Aussagen machen, Abb. 654 Oberstadt 19–26 (1.108). Etwa 1 m in den anstehenden Lehm (1) eingetiefter Geländeeinschnitt vor dem Obertorturm, der nach und nach mit den Strassenkoffern des 11./12. Jhs. (2) aufgefüllt wurde.
Literatur: IVS SH 8.3; Hauser 1996, S. 342, S. 387; Bänteli 1989, S. 131. Bildquellen: Grütter 2005, S. 28f., Kat. 349, S. 131, Kat. 118, S. 169, Kat. 453. Die ersten in diesem Abschnitt archäologisch beobachteten Leitungsgräben wurden 1986 erstellt. Eine Gesamterneuerung der Werkleitungen erfolgte im Jahr 2000. Ein Jahr später kam ein Kanalisationsgraben am Anfang der Bahnhofstrasse hinzu, der vom «Rüden» bis zum Obertor führte. Noch nicht untersucht ist der Abschnitt der Oberstadt vom Fronwagplatz bis zur Neustadt. Dies ist das letzte Strassenstück der Altstadt, in dem die Werkleitungen noch nicht gesamthaft erneuert wurden.
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Reichsstrasse 11.–14. Jahrhundert Die punktuell erhaltenen Kieskoffer der mittelalterlichen Strassen reichen in diesem Abschnitt bis ]X P XQWHU GLH KHXWLJH 2EHUÀlFKH %HL GHU 1RUGwestecke des «Oberhauses» zeigte es sich sehr deutlich, dass für die Anlage der Oberstadt um die Mitte des 11. Jahrhunderts nicht nur das Terrain abhumusiert worden war. Um eine gleichmässige Steigung zur Vordersteig, Teil der alten Umgehungsstrasse zum Rheinfall, zu schaffen (1.144), vertiefte man für die an dieser Stelle 4,2 m breite Strasse das Gelände hohlwegartig etwa 1 m in den anstehenden Lehm (Abb. 649 und 654). An der gleichen Stelle liegen zuunterst auch plattige Kalksteine mit Seitenlängen von 30–40 cm (Abb. 655), vermutlich Reste der ersten nellenburJLVFKHQ 6WUDVVHQSÀlVWHUXQJ DXV GHU 0LWWH GHV 94 95 96 97 98 99 100
Hausinventar, Vestigia GmbH, 2012, 25, Büro H 102. Hausinventar, Vestigia GmbH, 2012, 24, Gang H 101. STASH Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein, Nr. 9, 10. Vgl. oben, S. 53. Gamper 1999, S. 139f.; Bänteli 1999a, S. 50; MGH SS 5, S. 466. Meyer 1989, S. 17; Bänteli 1989, S. 96. Bänteli 2002, S. 43f.; Bänteli 1999a, S. 50; Bänteli 1995a, S. 21; Bänteli 1994, S. 85.
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Abb. 655 Oberstadt 19–26 (1.108). Plattige Kalksteine vor dem Obertorturm mit Seitenlängen von 30–40 cm als Reste der ersten nellenburgischen Strassenpflästerung, 11. Jh. (1), darüber die späteren Strassenkoffer mit Kies, 11.–14. Jh. (2).
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da die direkten Anschlüsse durch Werkleitungen zerstört sind (1.196). Einzig bei der Südostecke des um 1150 entstandenen Obertorturms (1.228) konnte ein kleines Stück von dessen Baugrube dokumentiert werden, die die untersten 60 cm der Strassenkofferung durchschlägt. Ebenfalls stark gestört ist der eigentliche Torbereich. Dort wurde bei der Südwestecke des Turmes eine Grube angeschnitten, die 1 m gegen Süden in die Strasse einspringt und älter ist als der Turm. Sie enthielt neben Steinen und Lehm einige Tierknochen, Eisenschlacke und Holzkohle in der Füllung und erinnert an die Latrinen im Befestigungswall beim «Rüden» (1.152).
Abb. 656 Oberstadt 19–26 (1.108). Vor dem Portal des «Rüden» liegen unter einer 60 cm starken Störungsszone in einem 1,2 m starken Paket mindestens sieben verschieden eingefärbte Schichten von Strassenkies des 11.–14. Jhs.
Stadtmauer im Bereich des Obertors Die im Boden nur punktuell freigelegte Stadtmauer scheint südseitig des Obertorturms noch original aus der Zeit um 1200 erhalten zu sein.101 Sie schliesst sekundär an den Turm an, zeigt partiell schräggestellte Steine, hauptsächlich Kalk-, aber auch einzelne Bollensteine. Entlang der Grabenstrasse kommt der noch aufrecht stehende Stadtmauerabschnitt hinzu. Er wurde 1984 neu verputzt. Das Mauerwerk präsentierte sich dort sehr einheitlich und ohne Bauphasen, was darauf hindeutet, dass auch dieser Abschnitt in der Neuzeit vollständig neu gebaut worden ist.
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1 Abb. 657 Bahnhofstrasse 2–4 (1.108). Im 17./18. Jh. erneuerte Stadtmauer (1), darüber die im Obertorturm sichtbare Rundbogenpforte (2), die zum Wehrgang gehörte. Die Fussgängerpassage durch den Turm entstand 1939/40.
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Stadtmauererneuerung und Kanal Vor dem Gebäude der ehemaligen Spar- und Leihkasse nördlich des Obertorturms wurde die Aussenkante der Stadtmauer auf 18 m Länge und mit einer Höhe von 1,4 m freigelegt (Abb. 649 und 657). Ihre Oberkante liegt 40 cm unter dem Asphalt. Davor lag die Auffüllung des Stadtgrabens aus der Zeit des Baus der Rheinfallbahn 1856/57. Das mit Hohl- und Biberschwanzziegeln durchsetzte Mauerwerk besteht aus Lagen von etwa 35 cm Höhe und Blöcken von 45–75 cm Länge. Dies sind klare Indizien, dass dieses Mauerstück im 17./18. Jahrhundert erneuert wurde. Der auf den Bildern des 19. Jahrhunderts gut erkennbare Stützpfeiler etwas mehr als 10 m vor dem Obertorturm entstand im Verband mit der Mauer. Gut erkennbar ist auch, dass etwa 80% des Mauerwerks steinsichtig sind; Verputz ist nur im Bereich der Steinfugen vorhanden. Die Situation der Stadtmauer vor dem Turm, die seit dem Bau des zurückversetzten Bankgebäudes mit dem Fussgängerdurchgang von 1939/40 (1.228) QLFKW PHKU YHUVWlQGOLFK ZDU LVW GXUFK HLQH 3ÀlV terung im Asphalt sichtbar gemacht worden (AST 11, vgl. S. 28f.). Nach dem 1864 erfolgten Abbruch des in die 6WUDVVH VSULQJHQGHQ *HElXGHÀ JHOV GHV ©2EHUhauses» (1.196) wurde in der Strassenmitte der Oberstadt ein aus Kalksteinen gemauerter Kanal
E zur Entwässerung der neuen Brücke über den Bahngeleisen erstellt. Er liegt im Auffüllschutt des «Oberhaus»-Kellers und hat einen rechteckigen Querschnitt mit einer Breite von 50 cm und einer Höhe von 80 cm. Die Sohle liegt in 1,5 bis 2,2 m Tiefe. Wie üblich wurde an der gleichen Stelle die erste Kanalisationsleitung aus Zementrohren verlegt.102
1.228 Oberstadt, Obertorturm Wohnturm, Adelshof, Wohnhaus, Buckelquader, Geschützstellung Literatur: Bänteli 2013a, S. 370; Wipf 2011, S. 13, S. 16–17; Hauser 1996, S. 342, S. 386f.; Bänteli 1996, S. 239; Wipf 1992, S. 60f.; Kurt Bänteli: Obertorturm 1491 aufgestockt, in: SN 24.8.1991; Bänteli 1994, S. 82, S. 90; Bänteli 1988, S. 33; Frauenfelder 1951, S. 30–32. Hausinventar: Dagmar Hackländer-Wilke, Juli 1997. Bildquellen: Grütter 2005, S. 28f., Kat. 349, S. 94f., Kat. 345, S. 131, Kat. 118, S. 146, Kat. 254, S. 169, Kat. 451 und 453.
Wohnturm um 1150 Am wichtigsten Stadttor, gegenüber der Stadtburg, wurde an die ältere Stadtbefestigung (1.152 und 1.196) ein quadratischer Wohnturm als Teil eines adeligen Stadthofs gebaut. Er ist noch 1,5 m tiefer fundiert als die Sohle des Stadtgrabens, die KLHU HWZD P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH liegt. Das Fundament besteht unten aus trocken gemauertem Mischmauerwerk aus Kalk- und hohem Bollensteinanteil, das im oberen Teil in regelmässiges, vermörteltes Kalkbruchsteinmauerwerk übergeht. Stadtgrabenseitig besitzt es einen deutlichen Anzug von 10 cm pro Meter, wie dies auch die Bildquellen der 1830er-Jahre zeigen. Vermutlich handelt es sich, mindestens in Teilen, um eine jüngere Unterfangung des Turms, die spätestens bei seiner Aufstockung erstellt worden war. Die untere Turmhälfte, deren Ecken ein Buckelquaderverband aus rotem Sandstein auszeichnet, ist romanisch. Das Mauerwerk besteht aus kleineren Kalksteinen mit einem geringen Bollen-
Abb. 658 Obertorturm (1.228). Querschnitt durch den Turm, mit Bauphasen und ehemaligen Anschlüssen der Stadtmauer (M 1:200).
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An der Nordseite des ehemaligen Obertors steht der markante Obertorturm. Mit 47 m ist er höchste Turm der Stadtbefestigung, unterstrichen durch seine Lage am höchsten Punkt der Altstadt. Noch vier Meter höher liegt allerdings die Zinne des Turms der Stadtkirche St. Johann, die ebenfalls als Hochwacht diente (Abb. 210). Verschiedene %HJHKXQJHQ XQG REHUÀlFKOLFKH %DXDQDO\VHQ GLH in Folge der Dokumentation der Stadtmauern beim «Adler» und am Munot erfolgten (1.111 und 112), sowie Dendrodatierungen von 1991 führten zum Verständnis der wichtigsten Bauphasen. Innen war 1934 durch den Einbau einer Transformatorenstation die untere, romanische Turmhälfte weitgehend zerstört worden. Man ersetzte die alten Holzbalkendecken durch neue Betondecken; auf die Wände wurde ein massiver Zementverputz aufgetragen. Hinzu kamen 1939/40 der Einbau des neuen Fussgängerdurchgangs zur Bahnhofstrasse zusammen mit dem Bau des anschliessenden Bankgebäudes (1.108) und die Konsolidierung der Fundamente durch Verstärkungen an den Ecken. Zementinjektionen ins Mauerwerk erfolgten bis auf Höhe des ersten Obergeschosses, wo zusätzlich noch Zugbänder eingebaut wurden.103 Die obere, jüngere Turmhälfte aber behielt auch innen ihre unveränderte, spätmittelalterliche Gestalt bei. 101 102 103
Vgl. oben, S. 67. Hauser 1996, S. 363. StadtASH C II.58.54/009 und C II.58.26.03/002 und 003, Konsolidierungsarbeiten am Obertorturm 1940. Baubericht und Abrechnung vom 20. August 1940.
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3
4m
Böden bis 1934 aus unbekannter Zeit Böden ab 1934
5. OG
um 1150
Balkendecke 1491
um 1200 ? 1491 4. OG
3. OG
Türe Wehrgang
Wehrerker Mauerabsatz
2. OG
ehemaliger Wehrgang
Türe Wehrgang
Bifore
1. OG Obertor heutiges Terrain
heutiges Terrain EG
Sockel Strassenkoffer Brandrötung (Stadtbrand 1372?) originales Terrain
ehemaliger Stadtgraben
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steinanteil (Abb. 649, 658 und 67). Ursprünglich war die untere Turmhälfte in drei Geschosse mit repräsentativen Stockwerkhöhen von je 4,5 m unterteilt. An die Grabenseite des Turms, die eine Mauerstärke von 2,6 m aufweist, schloss die Stadtmauer nachträglich und bündig an. Ostseitig, gegen die Stadt hin, ist das Mauerwerk noch 1,8 m stark und besitzt zwei grosse Rundbogentüren, die zum halb eingetieften Kellergeschoss und zum hoch liegenden Erdgeschoss führen. Es waren Verbindungstüren zu einem palasartigen Wohnbau im Bereich der heute anschliessenden Häuser «Zur Harfe» und «Zum Erker». Südseitig im ehemaligen Torbereich gehört ein nicht mehr sichtbarer, 40 cm hoher Sandsteinsockel mit Rundstab dazu (Abb. 659). Er setzt einen Meter über dem Fundamentabsatz an und rechnet mit einem horizontalen Gehniveau, das 20– FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH ODJ ZLH GLH Werkleitungserneuerungen von 2008 (1.108) zeigten. Darüber liegt im ersten Obergeschoss eine Bifore, ein rundbogiges Zweierfenster mit Mittelpfosten, Rundstäben und unvollkommenen Würfelkapitellen. Ob das dritte Obergeschoss mit seinem leicht abweichenden Mauercharakter über einem inneren Mauerabsatz einer ersten Aufstockung entstammt, wäre noch zu untersuchen. West- und ostseitige Nischen in diesem Geschoss sind Reste je eines stadtseitigen Wehr- und grabenseitigen Latrinenerkers.104 Zu letzterem gehörte eine hölzerne Ablaufrinne, die die Bildquellen der 1830er-Jahre zeigen.
Abb. 659 Obertorturm (1.228). Nicht mehr sichtbarer Sandsteinsockel (1) mit Rundstab an der Südseite des Turms.
Ein in all diesen Elementen weitgehend identischer Wohnturm, inklusive des Mauercharakters, ist das Heidenhaus in Rosheim im Elsass (Abb. 68).105 Es ist ins Jahr 1154 datiert und bietet zudem mit seinem Satteldach einen hervorragenden Hinweis für die frühe Datierung und Rekonstruktion unseres Adelsturms (S. 63). Seit den Anfängen besass Schaffhausen durch die Nellen-
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burger enge Beziehungen zum Elsass, auch durch Handel und Schifffahrt auf dem Rhein, insbesondere durch den Import des bevorzugten Elsässerweins.106 Vom Adelssitz zum Turm der Stadtbefestigung 1491 Das Mauerwerk zeigt in der unteren Hälfte gegen die Oberstadt hin massive Brandrötungen, die vom Brand des angebauten Torhauses im Stadtbrand von 1372 stammen dürften (S. 122). Die Verfärbungen und kohliges Material reichen bis 60 cm unter den Sockel und geben damit das damalige, tieferliegende Gehniveau an (Abb. 658). 1461 überliess der letzte adelige Besitzer des Turms, Hans Fridbolt, der Stadt Schaffhausen für erwiesene Dienste den Turm am oberen Tor, so weit und hoch er ob dem Estrich begriffen, so dass ihn die Stadt erhöhen konnte. Der untere, ihm verbleibende Teil sollte abgeschlossen bleiben, und die Stadt hatte vom Obertor her einen eigenen Gang zur oberen Hälfte des Turms zu erstellen.107 Wie die Dendrodatierung zeigte, dauerte es allerdings noch 30 Jahre, bis die Stadt 1491 die Aufstockung vornahm. Sie ist in der oberen Hälfte durch die graugrünen Eckquader und das gleichmässige, grossteilige Kalkbruchsteinmauerwerk (Abb. 658, 67 und 69) noch deutlich ablesbar. Die Buckel wurden erst im frühen 20. Jahrhundert zurückgespitzt. Auf der Südseite erkennt man über der Bifore das graugrüne Sandsteingewände der hochgelegenen Verbindungstüre zum damals neu erstellten Wehrgang über dem Tor. Die Öffnung ist heute bis in halbe Höhe zugemauert (Abb. 658 und 660).108 Der Gang führte durch den Dachraum des 1853 abgerissenen Torhauses, das nach Harders Skizzen und Bildern gut die Hälfte der Turmbreite einnahm und das romanische Fenster verdeckte. Stadtinnenseitig gab es über dem Tor einen kurzen Gang, der die Funktion eines Wehrerkers übernahm, eingeklemmt zwischen Turm und «Oberhaus». Das Erdgeschoss besass nach Harders Zeichnung eine Decke mit Kreuzgewölbe, ein inneres und ein äusseres Tor sowie seitliche Türen zum Turm und zum «Oberhaus». Schliesslich wurde auf der Nordseite des Turms die Rundbogenpforte (Abb. 657) als Verbindung zum Wehrgang der Stadtmauer eingebaut (1.108). Die neuen Obergeschosse (4.–7. OG) besitzen allseitig in der Mitte Schiesskammern, die mit einem Kalksteinsturz überwölbt sind. Aussen treten sie als annähernd quadratische, im Mauerwerk ausgesparte Maulscharten in Erscheinung. Gegen das Zentrum hin verjüngen sie sich durch doppelkonische Sandsteingewände zu Schlitzen mit einer Höhe um 90 cm und einer Breite um 25 cm. Sie folgen zeitlich auf jene Maulscharten, wie sie auf Hohenklingen spätestens um 1460 eingeführt
E Dendrodatierung 1.228 Obertorturm109 Bauphase
Ort
Holz probe Turmaufstockung Mauerschwelle Balkendecke 4. OG P1 und P2 1491 Mauerschwelle Vollbalkendecke P3 5. OG diagonal verlegte Balken als Unter- P5–P7 lage für Zeltdachstuhl 7. OG Umbau um 1616 Unterzug unter Vollbalkendecke P4 6. OG wurden, und ermöglichten durch ihre Höhe auch den Einsatz der Armbrust.110 Die Decken liegen alle auf Streifbalken mit Kalksteinkonsolen auf. Eine normale Balkendecke ist nur im 4. Obergeschoss vorhanden. Die Vollbalkendecken im 5. und 6. Obergeschoss sind ein Hinweis dafür, dass es Geschützplattformen waren, auf denen auch die schweren Kugeln gelagert werden konnten. Teilweise stecken noch die originalen GerüstheEHO LP 0DXHUZHUN ,P 2EHUJHVFKRVV EH¿QGHW sich die Wachstube, darüber im Dachstuhl die Wohnung des Turmwächters der erst 1923 aufge104 105 106 107 108 109 110 111 112 113
Bänteli 2010a, S. 84. Poinsot 2006. Schib 1972, S. 19, S. 137, S. 161. STASH UR 1/2511. STASH Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein, Nr. 4. UWAD, Felix Walder, Bericht vom 10.4.1991, Mittel 909 und Bericht Nr. 172 vom 14.2.2002. Bänteli 2010c, S. 93f. StadtASH C II.58.26.03/002. Vgl. oben, S. 151; Bänteli 2010c, S. 81. Diese Datierung (Frauenfelder 1951, S. 32, Anm. 1) wäre dendrochronologisch zu überprüfen. Es stellt sich die Frage, ob die beiden Wehrerker nicht aus der Zeit der Turmaufstockung 1492 stammen.
Datierung (Anzahl Splintjahre) 2 x 1490/91 WK (15, 21) 1452
Holz art Eiche Eiche
2 x 1459 (1, 2), 1482 (16) Eiche 1613 Nähe WK
Fichte
hobenen Hochwacht.111 Der Obertorturm ist das erste bekannte Beispiel in der Region, bei dem die Wehrplattform von Anfang an keinen Zinnenkranz mehr aufwies, sondern Schiesskammern mit (heute vermauerten) Scharten sowie ein Dach.112 Umbauten im 16./17. Jahrhundert Die seitlichen Scharten im 7. Obergeschoss wurden später umgebaut und durch grössere, fensterartige Öffnungen ersetzt. Nord- und südseitig sind diese Öffnungen einfache Schiesskammern ohne Bank und mit einem Backsteinsturz überwölbt. Sie könnten mit dem Einbau der beiden Dacherker 1513113 entstanden sein, die ihre Vorbilder in der Neuen Abtei und im «Ritter» besitzen (1.042.4 und 1.254). Ost- und westseitig hingegen sind die Scharten repräsentativ mit auf Sicht gearbeiteten Kalksteinen gestaltet und widerspiegeln mit ihren aussen verschränkten Halbrundstäben die Architektur des Munot. Diese Scharten dürften mit dem Umbau um 1616 entstanden sein, als im 6. Obergeschoss leicht diagonal unter die Vollbalkenlage ein mächtiger Unterzug mit einem Querschnitt von 35 x 40 cm aus Fichtenholz eingezo-
Abb. 660 Obertorturm (1.228). Hans Wilhelm Harders Skizze zeigt einen Schnitt durch das 1853 abgerissene Torhaus, das gut die Hälfte der Turmbreite einnahm und das romanische Fenster verdeckte, vgl. Abb. 653.
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1.071 Vordersteig 1 Äusseres Obertor, Brücke, Wasserversorgung Literatur: Bänteli 2010a, S. 154f.; Bänteli 2009, S. 133f.; Hauser 1996, S. 412; Frauenfelder 1952, S. 51f.; Frauenfelder 1951, S. 30. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Steigeck, August 1992. Untersuchungsjahre: 1951, 1992, 1993, 2000. Teile des Widerlagers der Brücke über den äusseren Graben kamen 1951 beim Bau des Johann Conrad Fischer-Denkmals und erneut 1992/93 im Zusammenhang mit dem Bau von Werkleitungen zum Vorschein.
Wasserfassung für das Oberbad Ebenfalls im Zusammenhang mit den umfassenden Planierarbeiten von 1951 kam unmittelbar vor der Stützmauer des Hauses «Steigeck» ein Stollen zum Vorschein. Er wurde als einer der unterirdischen Gänge des städtischen Verteidigungssystems angesehen, eine Interpretation, die inzwischen obsolet geworden ist.118
Wall
Abb. 661 Vordersteig 1 (1.071). Situation äusseres Obertor mit Sickerwasserstollen (M 1:400).
Das äussere Obertor um 1445 In Teilen wurde zuerst ein vermeintliches Geviert von 6,5 m Seitenlänge freigelegt, dessen Mauern aber in der Nordwest- und Südostecke weiterlaufen (Abb. 661). 1992 kam in der Vordersteig eine weitere Quermauer hinzu. Im Grundriss wurden so im äusseren Graben zwei rekonstruierbare,
hintereinander angeordnete Quadrate sichtbar, die wahrscheinlich von einem bislang unbekannten, 50–60 m vor dem Obertor liegenden äusseren Torturm mit vorgelagertem Zwinger stammen, ähnlich den Befunden beim Schwarztor (1.124). Offensichtlich ist dies der Grendel, die äusserste Sperre vor dem Obertor, die 1445 erstmals erwähnt wird.115 Das Fundamentmauerwerk misst im Bereich des Turmfundaments und im Zwinger 2–2,2 m, im Bereich des Fundaments der Brückenwange 1,7 m und im Aufgehenden überall 1,6 m. Es sind mächtige Kalksteinblöcke in Lagen von 35 cm; aussen am Zwinger sind teilweise Backsteine als Ausgleichslagen vorhanden. Ein solches Mauerwerk passt gut in die Zeit der Entstehung des äusseren Grabens.116 Diese äussere Toranlage wurde 1638/39 durch das aus Bildquellen bekannte Bollwerk ersetzt, das gegen das Obertor (1.228) hin zurückgenommen und neu auf den Wall zwischen innerem und äusserem Graben platziert wurde.117 Diesen Zustand zeigt auch Mentzingers Stadtansicht von 1644 mit einer hölzernen Brücke über den äusseren Graben.
2
Vorde rsteig 2703081
äusserer Graben
4
1.071 Zwinger 1
Bollwerk 1638/39
Turm
Sickerstollen
Brücke
Obertorkreisel
1443/45 äusserer Torturm und Zwinger um 1500 Sickerstollen, Wasserfassung Oberbad
470
innerer Graben
gen wurde. Dadurch konnte die Tragfähigkeit und Stabilität der darüber liegenden Geschützstellung erhöht werden. Die Geschützstellung wie auch die ganze Turmwohnung mit ihrer Rauchküche und den Tonplattenböden als Feuerschutz, 114 wie sie auch beim «Turm am Ort» beobachtet werden konnten (1.189), wären baugeschichtlich noch weiter zu untersuchen.
E Der Stollen liess sich im Jahr 2000 anlässlich von Werkleitungsarbeiten erneut auf einer Länge von fast 9 m untersuchen (Abb. 661 und 662). Er verläuft quer zum Hang, ist beidseits gestört und OLHJW P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH 6HLQH Breite beträgt 1,15 m, die Höhe 1,7 m. Er besteht aus vermörteltem Kalkbruchsteinmauerwerk mit einem Gewölbe, auf dem noch die Abdrücke der Schalbretter erkennbar sind und das von einzelnen neuzeitlichen Biberschwanzziegeln und Backsteinen durchsetzt ist. Nach dem Peyerplan von 1820 liegt er im Bereich der Kontermauer des äusseren Grabens, mit deren Flucht die leichte Abwinkelung des Stollens gegen Süden korrespondiert. Vermutlich diente er als Sickerwasserstollen; ein älteres Beispiel ist im Sandacker nachgewiesen (1.135). Er war noch anlässlich seiner Aufdeckung mit etwas Wasser gefüllt. Es ist dies die Wasserfassung für den hochgelegenen, von der Mühlentalquelle deshalb kaum zu speisenden Brunnen im Oberbad, das im Hinterhof des «Oberhauses» (1.196) direkt an der Stadtmauer lag. 1372 wird diese Badestube erstmals genannt und taucht nachher in den Stadtrechnungen und Steuerbüchern regelmässig auf. 1501 erfahren wir, dass das Wasser für den Badstubenbrunnen aus dem Baumgarten der Familie Im Thurn vor dem Obertor stammte und nach Gebrauch in den Stadtgraben gelangte.119 Ob dieses Schichtenwasser bei der Anlage der äusseren Stadtbefestigung um 1445 angeschnitten wurde120 und der Stollen gleichzeitig mit dem äusseren Obertor oder erst später entstand, lässt sich nicht mehr feststellen, da die Zusammenhänge zerstört sind. Die Biberschwanzziegel deuten eher auf eine Datierung erst um 1500 hin. Das deutliche Gefälle des Stollens mit seiner Abwinkelung südwärts gegen den Stadtgraben wirft zudem die Frage auf, ob er nicht auch der Entwässerung der Vordersteig in den Stadtgraben diente, vielleicht in Doppelfunktion bis zur Aufhebung und Verlegung des Oberbades ins alte Spital Mitte des 16. Jahrhunderts (1.239). Man könnte sich zur Fassung des einsickernden Wassers eine Holzrinne entlang der Wände vorstellen, so dass der Stollen problemlos zwei Funktionen hätte erfüllen können.
114 115 116 117 118 119 120
1.047 Oberstadt 20 «Rüden» Zunfthaus Krämer, Kernbau Literatur: Pescatore/Stamm 2010, S. 232–238; Frauenfelder 1961, S. 168–176; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1956, S. 31; Frauenfelder 1951, S. 264–267. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 74. Bildquellen: Grütter 2005, S. 94, Kat. 345. Beim Ladenumbau für ein Kleidergeschäft zeigte sich 1956 im Keller der aufgefüllte Stumpf eines leicht rechteckigen Kernbaus vom Typ A/ST mit den Massen 5,8 x 6,2–7 m. Er liegt 11 m hinter GHU 6WUDVVHQÀXFKW XQG UHLFKWH ELV DXI GDV 1LYHDX GHV (UGJHVFKRVVHV 6HLQH 2EHUÀlFKH ZDU JHSÀlV tert (Abb. 663). Offensichtlich wurde der Stumpf des Kernbaus zur Entsorgung von Bauschutt an Ort und Stelle genutzt. Der Schutt repräsentiert die Reste der Vorgängerbauten, die beim Neubau des Zunfthauses 1779 abgebrochen wurden.
Abb. 662 Vordersteig 1 (1.071). Sickerwasserstollen als Wasserfassung für das im Hinterhof des «Oberhauses» gelegene Oberbad, um 1500. Die Mauerabsätze dienten als Auflager für die Gewölbeschalung.
Vgl. oben, S. 167. StadtASH A II.05.01.084/100 1445–1445: II ß vom grendel vor Obertor anderwerb inzelaussen [einzulassen] den hüettern. Vgl. oben, S. 147. Frauenfelder 1951, S. 30. Bänteli 2010a, S. 168. StadtASH A I/1253 (UR 1/1014) und A I/1319. Vgl. oben, S. 147.
471
1.152 Oberstadt 18/20 «Buchsbaum»/«Rüden» (Oberstadt 16 «Steinbock»), Bahnhofstrasse 10–14, Schwertstrasse 13 «Harmonie» Stadtwall, Stadtmauer, Spital zum Hl. Geist, Kernbau, Wohnhaus, Wandmalerei, Latrine, Sickergrube, Sodbrunnen, Bohlenstube, Hausaltar, Tresor, Archäozoologie, Archäobotanik, Anthropologie
Abb. 663 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
Literatur: Bänteli 2014c, S. 164, S. 492f; Wipf 2011, S. 26f., S. 29, S. 83, S. 104; Homberger/Zubler 2010, S. 101, S. 170, S. 222; Porsche 2000, S. 228f.; Zubler 2000, S. 95f., S. 119f.; Beck/Senn 2000, S. 246f.; Brombacher/Rehazek 1999b; Bänteli 1999a, S. 50f.; Bänteli 1996, S. 233f.; Hauser 1996, S. 342, S. 387, S. 401; Bänteli 1995a, S. 20f.; JbAS 78, 1995, S. 237; Ein Befestigungswall des 11. Jahrhunderts, Sonderpublika6
ab Gr
Grube G1 mit Brandschutt
9
en
Ha
Marstall des Spitals
rm
on
ie
alter Turm
unvollendeter Turm
A
ss
e
M2 5
of st ra
M3
/54
18 r 13
ste Fen 1.152
Ba h
nh
M27
Gruben im Wall
Mitte 11. Jh. nellenburgischer Stadtwall
M1
Ende 12. Jh. unvollendete Neubefestigung
Pf Ba orte uö / ffn un g
B
Latrine G9
Spitalhof Spitalschmiede
G2 7
1150 Obertorturm G1
Um 1200 zweite zähringerzeitliche Stadtmauer G4
Gewölbekeller grü Po
B
14. Jh.
A
G3
17./18. Jh. Erneuerungen Stadtmauer Buckelquader 4
x
Latrine G12
l na rka sse a w Ab
M5
G10
Latrine G11 G13
Schatzhaus 1528
M17
M20
Mus
Flügelbau Sodbrunnen S46 G8 Lehmboden M18
Sickergruben 2. Hälfte 11. Jh. Latrine
1.108
Sickergrube G6/7
12. Jh. Kernbau Steinbock
2
2. Hälfte 13. Jh. Erneuerung Buchsbaum 2. Brand x
M15 1.047
M12
Keller Latrine G5 M10
14. Jh. Kellerhals und Anbau Ost
Sickergrube
16. Jh. Hinterhofbauten
1.228
M26
Gang
Brand Fassade
26 24
22
Buchsbaum
x
Rüden 1779 - 1783
Brand Fläche
20
18
2703214
472
M13 Kellerhals M11
9031829.8
x
4/25
S2 und S2
M9
Keller
Steinbock
x
M14
Spätes 12. bis mitte 13. Jh. Buchsbaum, 1. Brand
16
14
E tion Rüden-Buchsbaum-Areal, in: SN 14.3.1995; Bänteli 1994; Hunderte an der Mauer, in: SN 19.4.1993; Befestigungswall entdeckt, in: SN 15.4.1993; Schaffhausen war schon im 11. Jahrhundert befestigt, in: AZ 15.4.1993; ABC: Militär übte am Abbruchobjekt, in: SN 24.2.1993; Frauenfelder 1951, S. 40, S. 264–267, S. 390– 393; Das Haus zum Buchsbaum, vom Ritterhaus zum Kino, in: SN-Beilage 31.8.1948. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 23–25. Bildquellen: Grütter 2005, S. 132, Kat. 128; Elsener/Weigele 2005, S. 115, Kat. 250. Durch den Abbruch und Neubau dreier Liegenschaften liess sich 1993 das etwa 1400 m2 umfassende Areal archäologisch und baugeschichtlich untersuchen. Zum einen handelte es sich um die «Harmonie», das Eckhaus zur neuen Schwertstrasse (1.134), das 1870/71 unter Einbezug alter Spitalbauten (1.134, 1.239) entstanden war, weshalb hier die Befunde am schlechtesten erhalten waren. Zum andern wurden die Hinterhöfe der beiden bedeutenden Häuser «Buchsbaum» und «Rüden» an der Oberstadt untersucht, die ab 1850 schrittweise für eine Gartenwirtschaft genutzt und locker überbaut worden waren. 1926 kam der Kinobau «Rüden» hinzu und später Geschäftspavillons mit einer Passage zur Oberstadt. Zum 1944 bombardierten Vorderhaus des «Buchsbaum» liessen sich wegen seiner Auskernung von 1947/48 mit dem Einbau eines weiteren Kinos nur noch punktuelle Beobachtungen machen, während das Zunfthaus «Rüden» bereits 1779–1783 neu erbaut worden war (1.047). Die wichtigsten Ergebnisse zur damals entdeckten, nellenburgischen Stadtbefestigung sind zeitnah publiziert worden. Sie werden kurz zusammengefasst und durch die Neuerkenntnisse aus den späteren Grabungen in der Stadt ergänzt. Neu werden die bislang unpublizierten Siedlungsbefunde in den Hinterhöfen und Ergebnisse der noch punktuell möglichen Bauuntersuchungen vorgestellt. Das Fundmaterial wurde durch Kurt Zubler bearbeitet.121 Auf dieser Grundlage werden alte Datierungen zum Teil angepasst und die neu vorgestellten Befunde datiert.
Schichtabfolge des natürlichen Terrains einen 1,2 m hohen und 10 m breiten Wall auf (Abb. 663–668, 33 und 70.1). Dieser ist auf 30 m Länge QDFKJHZLHVHQ XQG EHVLW]W HLQH UHODWLY ÀDFKH KDUWH 2EHUÀlFKH $EE XQG 'LH )XQNtion zweier Gruben, die quer zum Wall wenig darin eingetieft sind, ist unbekannt (Abb. 663 und 664), Anzeichen von Palisaden oder Holzeinbauten fehlen. Datierendes Fundmaterial aus diesem Kernwall fehlt, im Gegensatz zu den drei darauf liegenden Wallschüttungen, mit denen die Gesamthöhe 2,5 m erreichte. Aus den innenseitigen Wallanschüttungen wurden in einer Feingrabung auf einer Fläche von 90 m2 in 5 Abstichen zwar reichlich mittelalterliche Scherben geborgen. Sie wurden aber nicht, wie anfänglich vermutet, sukzessive abgelagert und können deshalb nicht zur Erstellung einer Relativchronologie verwendet werden. Die Keramik ist eindeutig umgelagert und vermischt, wie Passscherben über alle drei Planieschichten zeigen. Dies erstaunt wenig, da wir den mittelalterlichen und neuzeitlichen Häuserfertigungen entnehmen können, dass die städtischen Hinterhöfe als Krautgärten genutzt wurden.122 Hinzu kommen 3ÀDQ]JUXEHQ I U HLQ]HOQH %lXPH XQG 0DWHULDOverlagerungen durch Aushub- und Bauarbeiten im Vorderhausbereich. Durchgehend und recht zahlreich ist Keramik der Phase 4 von Berslingen vorhanden, die vom 2. Viertel des 11. bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts reicht. Aber auch die Keramik der Phase 5 von Berslingen aus der 2. +lOIWH GHV -DKUKXQGHUWV ¿QGHW VLFK LQ DOOHQ Tiefen, d.h. sowohl in den unteren wie auch den oberen Abstichen der Feingrabung im Wallbereich. Daraus folgt, dass sich die Wallanschüttungen bzw. die Auffüllung des Hinterhofs bis in die zweite Hälfte des 12. Jahrhunderts vollzogen.123
Abb. 664 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Eine der beiden Gruben mit unbekannter Funktion, die quer im nellenburgischen Kernwall aus der Mitte des 11. Jhs. eingetieft sind.
Nellenburgischer Stadtwall Am Rand der untersuchten Parzellen war auf siedlungsfreiem Gelände der Stadtwall entstanden. Dies spricht für seine Anlage zu Beginn der nellenburgischen Siedlungstätigkeit Mitte des 11. Jahrhunderts. Man hob einen Graben aus und schüttete mit dem Material in fast umgekehrter 121 122 123
Kurt Zubler, unveröffentlichtes Manuskript 2004, Akten KASH. Häuserdatenbank. Vgl. Anm. 121.
473
Mitte 11. Jh. nellenburgischer Stadtwall 2. H. 11./12. Jh. Wallanschüttung
405.00
ursprüngliche Walloberfläche zähringerzeitliche Stadtmauer M3
unvollendete Stadtmauer M1
Ende 12. Jh. unvollendete Neubefestigung Um 1200 zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer
2. Wallschüttung
Baugrube zu M3
404.00
Kernwall 403.00
Latrinengrube G1
Abwasserkanal 1856/57
402.00
Latrinengrube G2
Abb. 665 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Profil B–B durch Rüden-Buchsbaum Wall und Latrinen, Blick Profil B - B 1Süd : 20 (M 1:50), Lage vgl. Abb. 663. 0
1
401.00
2
3
4
5m 400.00
Abb. 666 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Profil A–A. Gesamtprofil durch den Wall, Blick Nord (M 1:50), Lage vgl. Abb. 663. Berme zu M1 (S14a)
4. Wallschüttung
Pl
3. Wallschüttung
Bahnhofstrasse
2. Wallschüttung
405.00
unvollendete Stadtmauer M1
404.00
zähringerzeitliche Stadtmauer M3
Baugrube zu M3
403.00
402.00
Kernwall
Grube
401.00
Stadtgrabensohle
400.00
474
0
1
2
3
4
5m
E Abb. 667 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Nellenburgischer Wall, teilweise freigelegt, Kernwall (1) und jüngere Wallschüttungen (2), Grube im Kernwall (3), vgl. Abb. 668 und 33.
2 3 1
Abb. 668 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Nellenburgischer Wall und unvollendete Stadtmauer M1 im Gesamtprofil mit Kernwall (1) und jüngeren Wallschüttungen (2) Mitte 11. Jh.–12. Jh. Links Mauergrube und Ansatz der zweiten Stadtmauer M3 von 1200, vgl. Abb. 33 und 667.
Mauergrube M3 M1 2 1
Planien 13. Jh. Gebäudemauer M4
Bauniveau M4 Planie 20. Jh.
Planie 19. Jh.
Kieselreihe
Mitte 11. Jh. nellenburgischer Stadtwall
5m
Rüden-Buchsbaum Profil A - A 1 : 20
2. H. 11./12. Jh. Wallanschüttung Ende 12. Jh. unvollendete Neubefestigung Um 1200 zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer 13. / frühes 14. Jh. 14. Jh.
475
Abb. 669 V «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Zur Hälfte ausgenommene Latrinengrube G5 aus dem 11. Jh.
Besiedlungsanfänge im Hinterhof Spätestens in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts wurde das Hinterhofareal «Buchsbaum»/«Rüden» besiedelt. Als eindeutige Hinterlassenschaft sticht die auf der Parzellengrenze gelegene Latrinengrube G5 hervor (Abb. 663 und 669). Sie lag isoliert unter einem Kellerboden. Ihr schöner, geschlossener Keramikkomplex aus dem 11. Jahrhundert (Abb. 62) ist bereits publiziert und weist sie als älteste Latrine der Stadt Schaffhausen aus.124
2
1
Dazu gehört eine vor allem östlich der Grube G6/7 erhaltene humose Siedlungsschicht S2, die mit etwas Holzkohle, Schmiedeschlacken und Tierknochen durchsetzt ist. Die Randformen der Topfscherben TR 5, TR 6, TR 8, TR 9 und TR 10 mit zahlreicher Wellenlinienzier und Bodenkreuzen zeigen, dass auch diese Schicht über einen längeren Zeitraum vom 11. Jahrhundert bis um 1200 entstanden sein dürfte. Das einzig sicher fassbare Gebäude aus dieser Zeit ist das Nachbarhaus «Steinbock», dessen aus Bollensteinen und teils in opus spicatum gemauerte Nordwestecke nach dem Abbruch des Kellergewölbes in der Brandmauer des «Buchsbaum» zum Vorschein kam (Abb. 663 und 670). Vielleicht reicht der 1956 entdeckte Stumpf des Kernbaus im «Rüden» (1.047) ebenfalls in diese Zeit zurück. Latrinen und unvollendete erste Befestigungsmauer Am Rand der «Rüden»-Parzelle waren von den obersten Schichten des Walls aus die drei mächtigen Gruben G2, G3 und G4 abgetieft worden (Abb. 663 und 665). Die beiden letzteren weisen ein Fassungsvermögen von etwa 12 m3 auf. Pföstchennegative auf den Grubensohlen stammen von Flechtwerkwänden (Abb. 672), während Fäkalienbänder die Nutzung als Latrine belegen. Beides fehlt bei der mit 22 m3 grössten Grube G2, so dass deren Funktion unklar bleibt. Alle drei Gruben sind gemeinsam verfüllt worden, wie das Fundmaterial zeigt. Geschirrkeramik (TR 10b und TR 12) stammt aus der 2. Hälfte des 12. bis nach der Mitte des 13. Jahrhunderts (Abb. 671), was auch durch einen 14C-Wert aus Grube 3 bestätigt wird. Hinzu kommen Flach- und Gratziegel des frühen Allerheiligentypus, die in dieser Grabung erstmals in der Stadt als solche erkannt und seither quasi ein Leitfossil für diese Zeit geworden sind.127 Flechtwerklehm mit Rutenabdrücken, Tropfen- und Kalottenschlacken, die aus einer Schmiede stammen, vervollständigen das Fundensemble. Über diese drei aufgefüllten Gruben hinweg verläuft die erste Stadtmauer M1, die einen 14C-Wert liefert, der mit jenem aus der Latrine G3 deckungsgleich ist. Grubenverfüllung und Stadtmauerbau sind deshalb als ein kurz aufeinander-
Abb. 670 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Brandmauer mit Nordwestecke des «Steinbock» (1) aus dem 12. Jh. und der späteren Erweiterung M11 des «Buchsbaum» (2) nach Norden.
476
14C-Datierung
1.152 Oberstadt 18/20 «Buchsbaum»/«Rüden»125
Befund
14C-Alter
Latrine G5
%3 į 13C: -32.3‰126
Kalibrationsergebnis (1 Sigma, 68,3%) 899–903, 2,1% 963–1049, 75,5% 1089–1119, 15% 1141–1155, 7,3%
Material Holzkohle, Rotbuche
E folgendes oder gemeinsames Ereignis zu betrachten. Der Wechsel von Mauercharakteren und Mörtel auf der Parzellengrenze «Buchsbaum»/«Rüden» macht deutlich, dass hier die alten Hofstättenbesitzer zum Bau der Stadtmauer YHUSÀLFKWHW ZRUGHQ VLQG ZLH GLHV LP ©$GOHUª auch zu beobachten ist (1.111). Sein Recht zum Mauerbau wälzte der Stadtherr meist auf die BeZRKQHU DE DOV 3ÀLFKW ]XP %DX XQG 8QWHUKDOW GHU Stadtmauer.132 Das zum Teil trocken gemauerte Fundament ist 1,4 m bzw. 1,6 m stark und in beiden Parzellen unterschiedlich ausgebildet (Abb. 663, 666, 33, 69 und 70.2). Die zuerst im «Buchsbaum» begonnene, nur noch auf 2 m Länge erhaltene Mauer besteht aus Kalkbruchsteinen und Kieseln. Beim «Rüden» hingegen sehen wir reines Kalksteinmauerwerk mit einzelnen, schräggestellten Ausgleichslagen, das auf 20 m Länge erhalten ist und sich im Aufgehenden durch einen äusseren Mauerabsatz auf 1,3 m verjüngt. Von diesem sind noch zwei Lagen erhalten. Eine 1,2 m breite Öffnung fällt mit einem Richtungswechsel der Mauer zusammen und könnte als Bauöffnung zu interpretieren sein, die später geschlossen werden sollte. Vielleicht war es auch eine Pforte. Die alte, äussere Wallböschung wurde als Berme ausgebildet, in deren Schicht S14a sich
124 125
126 127 128 129
130 131 132
1
2
4 Abb. 671 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Geschirrkeramik aus den Latrinen 2 (1, TR10b; 2, TR12) und 3 (3, TR6) und der Berme S14a (4, TR12), 2. H. 12. bis frühes 13. Jh., Nr. 3 Altfund 11. Jh. (M 1:2).
Homberger/Zubler 2010, S. 101, S. 170, S. 222. Universität Zürich-Irchel, Geographisches Institut, W.A. Keller. Grundsätzlich zur Anwendung der 14CDatierungen Zubler 2000, S. 110–112. Die Holzartenbestimmungen wurden erst nach der 14C-Datierung vorgenommen und erlauben keine Aussagen zu einer eventuellen Datumsabweichung, Kurt Zubler, Januar 1997. Bericht vom 16.11.1994 ZU-3747/ETH-13'104. Vgl. oben, S. 47. Universität Zürich-Irchel, Geographisches Institut, W.A. Keller. Grundsätzlich zur Anwendung der 14C Datierungen s. Anm. 125. Bericht vom 16.11.1994 UZ-3745/ETH-13'102. Im Sinne der obigen Bemerkung erscheint dieses Datum zu alt und müsste durch weitere Proben ergänzt werden. Bericht vom 16.11.1994 UZ-3746/ETH-13'103. Bericht vom 23.3.1995 UZ-3795/ETH-13'582. Carlen 1995, S. 16; vgl. oben, S. 65.
14C-Datierung
x x
x x x x
x
1.152 Oberstadt 18/20 «Buchsbaum»/«Rüden»128
Befund
14C-Alter
2. Wallschüttung S9a/1
%3 į 13C: -22.7‰129
Stadtmauer M1 über G3 %3 į 13C: -22.7‰130
Latrine G3
3
%3 į 13C: -22.7‰131
Kalibrationsergebnis (1 Sigma, 68,3%) 830–831, 0,9% 867–993, 99,1% 1065–1074, 5,1% 1127–1133, 3,6% 1159–1275, 91.3% 1068–1071, 2,1% 1129–1131, 1,6% 1160–1275, 96.4%
Material Holzkohle, Rotbuche, Ahorn Holzkohle aus Mauermörtel, Rotbuche Holzkohle, Rotbuche
Abb. 672 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Die fast fertig ausgenommene Latrinengrube G3, auf der Sohle Staketenlöcher (x) der ehemaligen Flechtwerkwände.
477
ZLHGHU JOHLFK GDWLHUHQGHV )XQGPDWHULDO ¿QGHW wie in den Gruben G2–G4. Als Ersatz dieser Gruben dürfte die trocken gemauerte Latrine G1 zu betrachten sein. Sie nahm auf die Stadtmauer M1 Bezug, war aber fundleer. Auch die Latrine G9 am Rand der «Buchsbaum»-Parzelle, die mit Ausnahme von Hüttenlehmbrocken fundleer war, kann hierher gehören, aber auch etwas älter sein und zusammen mit G2–G4 bestanden haben.
Abb. 673 ZZ «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Detail der zweiten, zähringerzeitlichen Stadtmauer M3 der Zeit um 1200. Abb. 674 V «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Die tief fundierte Mauer M2 (1) auf der Parzellenmauer «Buchsbaum»/«Harmonie» ist älter als die zweite, zähringerzeitliche Stadtmauer M3 (2) der Zeit um 1200 und stammt von einem nie vollendeten Turm.
Ebenfalls zu dieser Stadtmauer M1 gehört die merkwürdige, rechtwinklig dazu verlaufende Mauer M2 (Abb. 663, 674 und 63). Sie bildet den nördlichsten Abschnitt der Parzellenmauer «Buchsbaum»/«Harmonie», ist älter als die zweite Stadtmauer M3, die sie stirnseitig integriert, und endet stadtinnenseitig stumpf nach 7 m. Sie besteht aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk von 1,45 m Breite und 3,7 m Höhe. Eine 40 cm hohe Nut auf der Ostseite, 1,8 m über der Sohle, ist für einen ersten Geschossboden vorgesehen. Die Unterkante von M2 (398,45 m ü. M.) reicht 4,5 m tiefer als jene der Stadtmauer M1 bzw. ist 1,3 m tiefer fundiert als die jüngere Stadtmauer M3. Die mächtige Mauer M2 wäre verständlich als Seitenwand eines in den Graben vorspringenden Schalenturms. Die nordseitige Seitenwand, die in Richtung Schwertstrasse hätte zum Vorschein kommen müssen, fand sich allerdings nicht, so dass von einem unvollendeten Turm ausgegangen werden muss. Möglicherweise handelt es sich also um eine Planungsleiche aus dem Ende des 12. Jahrhunderts, die allerdings verständlich wird, wenn wir davon ausgehen, dass diese wohl unvollendet gebliebene Stadtmauer auf dem Wall nur ganz kurze Zeit Bestand hatte.133
2 2 1
478
Zähringerzeitliche Stadtmauer Die auf den Wall gestellte Stadtmauer wurde durch die keilförmig stadtauswärts verschobene Mauer M3 ersetzt, deren leider fundleere BauJUXEH LP :DOOSUR¿O GHXWOLFK VLFKWEDU LVW $EE 663, 665–668, 673 und 70.3). M3 besass keine Baufugen auf der Parzellengrenze, sondern bestand aus einem Guss und macht so deutlich, dass der zähringische Stadtherr das Projekt der Neubefestigung selbst umsetzte.134 Die Mauerunterkante liegt 4,7 m unter der alten Berme und bildete bis auf die Sohle des sicher vergrösserten Stadtgrabens und auch mit dem Obertorturm (1.228) eine glatte Front (Abb. 69). Entsprechend GHP QRFK KHXWH HUNHQQEDUHQ *HOlQGHYHUODXI ¿HO das 38 m lange Mauerstück von Süden nach Norden von 400,30 auf 399,70 m ü. M. ab. Die durchgehend um 1,2 m starke Mauer besteht aus Kalkbruchsteinen mit einzelnen Bollen und besitzt partiell schräggestellte Lagen in opus spicatum. Sie unterscheidet sich nicht von der zähringerzeitlichen Stadtmauer an der Vorstadt und muss deshalb ebenfalls in der Zeit um 1200 entstanden sein, nur kurze Zeit nach der auf den Wall gestellten Stadtmauer M1 mit dem unvollendeten Turm M2.135 «Buchsbaum» und erster Brand Im Hinterhof des «Buchsbaum» entstand die zweite Siedlungsschicht S24/25. Sie zeigt Gehniveaus aus teilweise hart gepressten Kieslagen mit grossen Steinen, Lehmbändern, Brandschutt und viel Holzkohle. Sie gehören in die Benutzungszeit der Gruben G2–G4 in der Parzelle des «Rüden». Zum Schichtpaket S24/25 gehört die ehe-
E mals überwölbte, trichterförmige Sickergrube G6/7 (Abb. 663 und 91).136 Mit einem Durchmesser von 3–4 m und einer Tiefe von mindestens 5 m besitzt sie ein Volumen von mehr als 50 m3 und ist damit die bislang grösste Entsorgungsgrube der Stadt. Nach ihrer Aufgabe wurde sie vollständig mit Bollensteinen aufgefüllt, nicht anders, als man das auch heute mit Wandkies machen würde, um Setzungen zu vermeiden. Deshalb ist sie auch fundleer. Ein kurzer, V-förmiger Einlaufkanal in einer Bollensteinpackung in der Schicht S24/25 führte vom Vorderhaus «Buchsbaum» zur Grube und diente dazu, das Dach- und 2EHUÀlFKHQZDVVHU DE]XOHLWHQ XQG YHUVLFNHUQ ]X lassen. Über diesen Befunden und mit G6/7 rechQHQG OLHJW HLQH +RISÀlVWHUXQJ 6 PLW YHUbrannten Lehmresten (Abb. 675). Letztere stammen von Holzbauten mit Flechtwerkwänden, die in einer Brandkatastrophe verstürzt sind. Der Brandschutt blieb liegen und glühte aus, so dass GLH 3ÀlVWHUXQJ 6 PLW GHP GDUXQWHUOLHgenden Sandbett teilweise rot verfärbt wurde. Die Laufzeit der Geschirrkeramik aus diesen Fundkomplexen reicht vom späten 12. bis um die Mitte des 13. Jahrhunderts und besitzt gute Parallelen in der Latrine M4 von St. Johann und den frühen Latrinen des Areals «Bogen»/«Kronsberg» (1.100).137 Neben der Geschirrkeramik gibt es aus diesem Schichtpaket S24/25 und S31/41 auch Funde von Becherkacheln, Flachziegeln des frühen Allerheiligentypus, Eisenschrott und eine Kalottenschlacke. Durch diesen Brand wurde auch die Hinterhoffassade M11 des «Buchsbaum» in Mitleidenschaft gezogen. Sie schliesst mit einer Ecke ostseitig an den älteren und ebenfalls verbrannten «Steinbock» an (Abb. 663 und 248). Das Kalkbruchsteinmauerwerk ist in regelmässigen Lagen von 12 cm Höhe gemauert und besitzt eine im Mauerwerk ausgebildete Lichtscharte. Im nordwestlichen, nicht unterkellerten Hausinnern sind weitere Überreste dieses Brandes und ältere Schichten vorhanden, die durch die Bauarbeiten nicht tangiert und deshalb nicht weiter untersucht wurden. Auf der Parzelle des «Rüden» fand sich ausserdem die Erdlatrine G12, die mangels Fundmaterial nicht näher datierbar ist. Ihre Auffüllung mit Bollensteinen rückt sie in die zeitliche Nähe von G6/7, die gleichartig verfüllt ist.
133 134 135 136 137 138
Vgl. oben, S. 65. Vgl. oben, S. 67. Vgl. oben, S. 67. Bänteli 1999a, S. 50 und Anm. 386. Die zusätzliche Ansprache als Kalkbrennofen ist hinfällig geworden. Kurt Zubler, unveröffentlichtes Manuskript 2004, Akten KASH; Homberger/Zubler 2010, S. 103f., S. 106–124. Bürgerhaus 1946, Tafel 23.
5 3 4
1
2 6
Abb. 675 U «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Im Hinterhofprofil die Hofpflästerung S31/41 (1) mit Brandschutt eines Brandes vom späten 12./M. 13. Jh. Darüber Holzbauten mit Lehmböden S42–S45 (2), die in einem zweiten Brand 2. H. 13. Jh. zerstört wurden. Sie wurden durch einen weiteren, mächtigen Lehmboden S46 ersetzt (3). Links angeschnitten das Schatzhaus G20 von 1528 (4) mit dazu gehörender Hofpflästerung (5) und Sodbrunnen G8 (6).
Wiederaufbau «Buchsbaum» und zweiter Brand Vom Wiederaufbau nach dem ersten Brand stammen im Hof des «Buchsbaum» die Lehmböden S42/44 sowie die Benutzungshorizonte S43/45 (Abb. 675). Sie gehören zu Holzbauten, die an die ostseitige Hofmauer M14 zum «Steinbock» angelehnt waren und mit einer älteren Bollensteinmauer unter M14 rechnen. Ebenfalls aus dieser Zeit stammt der westseitig an den Buchsbaum anJHEDXWH 6HLWHQÀ JHO PLW GHQ %ROOHQVWHLQPDXHUQ M9/M10/M15 (Abb. 676). Das Gebäude besass nach den Plänen noch im 20. Jahrhundert einen halb eingetieften Keller, im 1. Obergeschoss eine Küche und im 2. Obergeschoss eine zweite Küche mit einer Kammer.138 An dieses Gebäude schliessen sich ost- und nordseitig die Abbruchund Planieschichten S27 und S34 an. Sie sind von 3ÀlVWHUHUVDQG XQG GHU ]ZHLWHQ %UDQGVFKLFKW 6 bedeckt. Ins Erdgeschoss des «Buchsbaum» wurde ein Mittelgang eingebaut durch die Mauern M26, der einen ebenfalls verbrannten Mörtelboden besitzt und auch zu Anpassungen in der Nordfassade führte. Am Übergang von den Hinterhofgebäuden des «Buchsbaum» zum Garten liegt die Latrinengrube G11. Sie wird von einem jüngeren Gewölbekeller durchschlagen. Von der verbliebenen
3
Abb. 676 V «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Reste der Hinterhoffassade des «Buchsbaum» M11 (1), spätes 12. Jh. bis M. 13. Jh. Etwas später wurde der westseitige Flügelbau M10 angefügt (2). Im 14. Jh. kam ein Gewölbekeller hinzu, mit einer kleinen Türe (3) zur Beitreppe für den täglichen Bedarf, vgl. Abb. 248.
1
2 1
479
Abb. 677 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Kleinfunde aus den jüngeren Wallanschüttungen. Halbmondförmiger Pferdegeschirranhänger mit Emaileinlage, Bügel eines Sporns aus Bronze und Messergriff aus Bein, frühes 13. bis frühes 14. Jh., vgl. Abb. 189 (M 1:2).
Abb. 678 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Glasscherben aus der Latrine G11. Becher mit Nuppen, Schlaufenfaden, Fadenauflagen und Rippen farblos oder blau. Die bräunlich korrodierten Scherben stammen von einer Flasche mit Fadenauflage, 2. H. 13. Jh.
480
E Hälfte sind nur noch die untersten 60 cm erhalten. Daraus stammen einige Randscherben, deren jüngste Formen gut zu jenen der Latrine G4 im Haus «Zur Treu» passen, die aus der 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts stammen.139 Ausserdem fand sich in der Latrine ein bemerkenswertes Glasensemble aus Fragmenten einer Anzahl farbloser Nuppenbecher mit kleinen Nuppen, einer davon mit blauen Nuppen (Abb. 678). Ausserdem gab es einen Schlaufenfadenbecher, Becher mit blauer XQG IDUEORVHU )DGHQDXÀDJH IDUEORVH 5LSSHQEHcher und Teile eines bräunlich korrodierten GeIlVVHV ZRKO HLQHU )ODVFKH PLW )DGHQDXÀDJH 140 Der Hinterhof des «Rüden» wurde im Lauf der Zeit kontinuierlich weiter aufplaniert. Das Gartenniveau liegt nun bereits 1,8 m über dem anstehenden Terrain. Das Fundmaterial dieser jüngeren Planieschichten, die auf einer Fläche von 30 m2 zusammen mit dem Wall in bis zu 18 Abstichen ausgegraben wurden, stammt grösstenteils aus dem frühen 13. bis frühen 14. Jahrhundert. Bemerkenswerte Kleinfunde aus dieser Zeit sind ein halbmondförmiger Anhänger mit Emaileinlage, ein Sporenbügel aus Bronze, ein Messergriff aus Bein und ein Bleifragment (Abb. 677).141 Ins 14. Jahrhundert gehört auch das parallel zur jüngeren Stadtmauer verlaufende Mauerstück M4, das von einem 7,5 m breiten und mindestens 10 m langen Hinterhofgebäude stammt, welches sich an die Stadtmauer M3 anlehnte (Abb. 663, 666–668 und 33). Archäozoologie, Archäobotanik und Anthropologie Die Fäkalien der vier Latrinen G3–G5 und G11 wurden archäobotanisch und archäozoologisch untersucht.142 Am stärksten sind Obstfunde vertreten, wobei es sich grösstenteils um Wildfrüchte wie Erdbeeren, Brombeeren und Himbeeren handelt. Kulturobst wie Weintrauben und Äpfel ist VHOWHQ $Q ZHLWHUHQ .XOWXUSÀDQ]HQ ZXUGHQ 5HVWH von Hirse, Erbse, Ackerbohne, Linse und Schlafmohn nachgewiesen, sowie Gewürze wie Dill, 139 140 141 142
143 144
Fenchel, Kohl und wilde Möhre. Unter den Fischknochen aus den Kloaken fanden sich am häu¿JVWHQ GHU )OXVVEDUVFK XQG GHU (JOL QHEHQ ZHLteren heimischen Arten wie Karpfen und lachsartigen Fischen wie Eschen, Groppen und Bachforellen. Die Fischgrössen sind mit weniger als 10 cm, oft sogar unter 5 cm so klein, dass wir annehmen müssen, es handle sich um Reste einer Fischsuppe, um eingelegte oder gegrillte Fische. Einige Froschknochen belegen eine weitere Bereicherung des Speisezettels. Bei den hochmittelalterlichen Haustierknochen aus den Wallschüttungen dominieren Schaf und Ziege, gefolgt von Schwein und Rind. Weitere Knochen stammen vom Pferd/Maultier, Esel, Huhn, Gans, Hund und Katze. Neben Vögeln wie Sperber und Elster sind an Wild Hase, Fuchs und Reh belegt. Bemerkenswert sind schliesslich die beiden einzigen Wolfsknochen. Es sind zwei zusammengehörende Mittelfussknochen, die darauf hindeuten könnten, dass sie von einer Jagdtrophäe, vielleicht von einem Fell stammen. Eine DNA-Analyse machte deutlich, dass die Knochen aus der Wolfspopulation Sloweniens stammen und nicht zur italienischen Population gehören, aus der unsere heute in die Schweiz einwandernden Wölfe stammen. Grundsätzlich war der Wolf aber ein dauernder Bewohner der Schaffhauser Wälder, wie die wiederkehrenden Prämienzahlungen aus der Stadtkasse in den Jahren 1432–1450 zeigen, die für lebende oder tote Tiere bezahlt wurden.143 Schliesslich fand sich am Wallfuss unter der SüdÀXFKW YRQ 0 GDV YROOVWlQGLJH 6NHOHWW HLQHV QHXgeborenen Knaben, nur wenig in den Kies der zweiten Wallschüttung eingetieft und folglich aus dem 11. oder 12. Jahrhundert stammend (Abb. 679). Vermutlich war er ungetauft verstorben und wurde deshalb nicht im Kirchhof bestattet.144
Abb. 679 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Vollständiges Skelett eines neugeborenen Knaben, im 11. oder 12. Jh. am Wallfuss verscharrt.
Kurt Zubler, unveröffentlichtes Manuskript 2004, Akten KASH; Homberger/Zubler 2010, S. 93, S. 96f. Kurt Zubler, unveröffentlichtes Manuskript 2004, Akten KASH. KASH 43317, 43265, 43681, 43446. Christoph Brombacher, IPNA Basel, Bericht vom 9. Mai 2003; Andre Rehazek, Archäozoologische Auswertung von mittelalterlichen Fundstellen aus der Stadt Schaffhausen, IPNA Basel, 19. März 2003. StadtASH z.B. A II.05.01.052/035 1432–1433, A II.05.01.079/046 1443–1443, A II.05.01.100/071 1450–1450. Dazu auch Landolt 2004, S. 328. Andreas Cueni, Eine Säuglingsbestattung aus einer frühmittelalterlichen Wallanlage in Schaffhausen, unveröffentlichtes Manuskript 7.3.1994.
481
Spital zum Hl. Geist und «Alter Turm» Vom mittelalterlichen Spital, das sich über die heutigen Areale von Schwertstrasse und Posthof erstreckte (1.134 und 1.239), sind im Eckhaus, dem Neubau «Harmonie» von 1870/71 noch letzte Reste erhalten geblieben (Abb. 663 und 14). Aus dem früheren 14. Jahrhundert stammt das an die Stadtmauer angebaute Haus «Zum alten Turm», dessen Name aber nichts mit dem unvollendeten Turm M2 zu tun hat. Trotzdem wurde dessen auf der Parzellenmauer gelegenes Mauerstück M2 um 3,5 m nach Süden verlängert als Westwand M27 des trapezförmigen Turms. Seine Südseite ist noch auf zwei Geschossen fragmentarisch erhalten. Sie besteht aus Kalksteinmauerwerk mit einzelnen Kieseln und einem Zweierfenster aus rotem Sandstein (Abb. 680). Dessen Fasen mit abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf datieren das Gebäude in die Jahre 1318/1354.145 In einem zweiten Schritt wurde es auf die noch erhaltenen 11,5 m aufgestockt. Es Abb. 680 «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152). Zweierfenster aus rotem Sandstein der Jahre 1318/1354 im «Alten Turm» in der Liegenschaft «Harmonie», Schwertstrasse 13 (M 1:50).
erreichte damit die Höhe der in der Mitte des 14. Jahrhunderts voll ausgebildeten Stadtmauer,146 an die es anschliesst (Abb. 70.4 und 111). Das Mauerwerk dieser Aufstockung besitzt keine Kiesel mehr, dafür aber einzelne Hohlziegel und einen weissen, gotischen Mörtel und passt damit gut ins 15. Jahrhundert. Bei seinem Verkauf aus dem Besitz des aufgelösten Spitals wurde das Gebäude 1543 «Hoher Stock» oder auch «Turm» genannt. Der neue Besitzer musste den Gang zum Umlauf, zum Wehrgang offen halten.147 Damit wird auch eine weitere Funktion dieses turmartigen Hauses deutlich. Es schaffte zwischen Obertor und Engelbrechtstor über das Spital für die Mannschaft einen weiteren Zugang zum Wehrgang. Dies zeigt sehr schön auch Mentzingers Stadtansicht von 1644. Gut ins spätere 16. Jahrhundert passt der jüngste Bauteil im Erdgeschoss des «Alten Turms». Es handelt sich um ein rundbogiges Eingangsportal aus Kalkstein mit hoch ansetzender Fase, von dem noch eine Seite des Gewändes erhalten ist.148 Südseitig liegt in einem Abstand von 7 m vor dem «Alten Turm» ein Mauerwinkel an der Hofmauer zum «Buchsbaum». Er konnte nur punktuell im Erdgeschoss untersucht werden, besteht aus Kalkbruchsteinmauerwerk in Lagen von 8–12 cm und kann noch ins 13. Jahrhundert gehören. Hier lag später die Schmiede des Spitals, wie eine Häuserfertigung von 1545 zeigt.149 Die Fortsetzung der Hofmauer nach Süden besteht aus ähnlichem Mauerwerk und ist brandgerötet. Ausbau «Buchsbaum» und Stadtbrand 1372 Nach dem zweiten Brand (S32) wurde der nordöstliche Abschnitt des «Buchsbaum» unterkellert. Sein Gewölbe ist gegen die verbrannte Westfassade des «Steinbock» gemauert, die Nordfassade M11 wurde unterfangen. Der Keller wurde durch den 2,9 m breiten Kellerhals M12/13 erschlossen, zu dem im Hof die Kiesplanien S33/ S35 gehören (Abb. 663). Die Kellertreppe besteht aus mindestens sieben massiven Kalksteinstufen. Der Hof und der 3,5 m tiefer gelegene Kellervorplatz wurden mit Kalksteinplatten belegt. Das Kellertor und eine seitliche, höher gelegene Türe zur Beitreppe in den Keller sind rundbogig und bestehen aus Randengrobkalk (Abb. 676 und 248). Letztere dient für den täglichen Bedarf, ohne dass das grosse Kellertor geöffnet werden musste.150 Der Durchgang wurde später für grössere Fässer geweitet, wie in der Stadt vielfach zu beobachten. Gegen den «Steinbock» wurde an Stelle der abgebrochenen alten Bollensteinmauer eine neue Kalksteinmauer M14 aufgeführt. Der rechtwinklig dazu verlaufende Mauerrest M18 stammt von einem daran angelehnten Nebengebäude mit einem weiteren, bis zu 25 cm starken
482
E Lehmboden S46 (Abb. 675). Innen im Nordwestviertel des «Buchsbaum» gibt es grosse Aufschüttungen mit Material aus diesem Kelleraushub. Diese sind von einer weiteren Brandschicht bedeckt. Hinzu kommen Brandrötungen auf Kellerhals und Hofmauer M13 und M14, die einen dritten Brand belegen. Hier könnte ein Zusammenhang mit dem Stadtbrand von 1372 hergestellt werden, der sich vermutlich auch in der Schwertstrasse und im Posthof nachweisen lässt.151 Ganz eindeutig aus dieser Zeit stammen vier Zweierfenster in der oberstadtseitigen Fassade mit Hohlkehlen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf, deren Datierung wir in die Jahre 1373/1403152 eingrenzen können. Es ist das mittlere Fenster im zweiten Obergeschoss und die drei Fenster im dritten Obergeschoss. Letzteres ist folglich als Aufstockung nach der postulierten Brandbeschädigung hinzugekommen (Abb. 233). Älter ist das Viererfenster im zweiten Obergeschoss, wie seine breiten Fasen verraten. Ob deren beidseitig geschrägter Auslauf wirklich original ist und in die Zeit um 1300 weist (1.116), oder ob ursprünglich beidseitig ein gekehlter Auslauf vorhanden war, der es in die Jahre 1318/1354153 datieren würde, ist unklar. Vielleicht sind die Ausläufe der Fasen bei seinem Umbau zum Staffelfenster im 16. Jahrhundert stark überarbeitet worden. Sehr gut zu diesem alten Fenster passt jedenfalls die Bohlenstube mit gewölbter Bohlendecke, die leider nur noch dokumentarisch überliefert ist.154 Der «Buchsbaum» im 15./16. Jahrhundert Bemerkenswertester Ausstattungsteil des Hauses ist ein noch 6 m langes Fresko, das 1947 entdeckt, abgelöst und zunächst ins Museum zu Allerheiligen verbracht wurde (Abb. 240 und 242). Seit der Wiedererweckung des benachbarten Zunfthauses «Rüden» 1996 wurde es zwar dort in einem Nebenraum des Zunftsaals gegen den «Buchsbaum» angebracht, aber inzwischen bereits wieder verschalt. Dargestellt ist eine reich ausgeschmückte Jagdszene mit dem Wappen der Hausbesitzer Junker Konrad Heggenzi und Adelheid von Gries145 146 147 148 149 150 151 152 153 154 155 156 157 158
Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 106 und 122. STASH RP 13,9r.; vgl. oben, S. 122. Vgl. oben, S. 199. STASH RP 13,72v. Bendel 1954, S. 156. Vgl. oben, S. 124. Vgl. oben, S. 123. Vgl. oben, S. 109. Bürgerhaus 1946, Tafel 23f. Rüeger 1884, S. 1107 zu S. 406. Landolt 2004, S. 57f.; Schultheiss 2006, S. 86; Häuserdatenbank. Schmuki 1988, S. 484. STASH UR 1/120.
heim, die 1466, kurz nach dem Erwerb des herrschaftlichen Hauses, dieses ausschmücken liessen. Heggenzi richtete auch eine Hauskapelle ein.155 Er war «Stadtrechner», was dem heutigen Finanzreferent entspricht, und beging als solcher Amtsmissbrauch, indem er Geld unterschlug und Spesenbezüge falsch deklarierte. Deshalb wurde er zum Tod verurteilt und 1492 hingerichtet.156 Seine Stelle als Hausbesitzer nahm bis zu seinem Tod im Jahr 1544 Junker Eberhard von Fulach ein. Dieser gehörte damals zu den drei reichsten Schaffhausern und war Mitglied der Oberen Gesellschaft zun Herren. Er lebte von seinem Grundbesitz und den Zinsen auf ausgeliehene Gelder.157 Aus diesem Grund baute er 1528 das kleine Schatzhaus M20 in den Hof an die Mauer gegen das Spital (Abb. 663 und 675). Es besitzt einen Innenraum von 2 x 2,5 m bei einer Mauerstärke um 90 cm. Ausser den maximal 1,2 m hohen Mauerresten blieb leider nichts erhalten. Es besass wohl ein Backsteingewölbe als Feuerschutz, wie wir es vom Tresorraum im Salzhof kennen, der aus der gleichen Zeit stammt (1.235). Eine JHSÀlV WHUWH 'XUFKIDKUW I KUWH LQ GHQ +LQWHUKRI Sie rechnet mit dem Schatzhaus und dem unmittelbar davor gelegenen Sodbrunnen G8, der Erweiterung des westlichen Flügelbaus M17 mit Stallung und wohl auch mit dem Gewölbekeller, der diesen Wirtschaftshof gegen den Krautgarten hin abschloss.
1.239 Posthof 2–10 6SLWDO ]XP +O *HLVW :RKQKDXV 6WUDVVHQSUR¿O Latrine, Oberbad Literatur: Bänteli 2013a, S. 371; Bänteli 2011, S. 50; Hauser 1996, S. 400f.; Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1951, S. 208f, S. 405. Bildquellen: Grütter 2005, S. 141, Kat. 214, 215; S. 146 Kat. 253; S. 168, Kat. 443. Die Werkleitungen im Posthof wurden 2011 erneuert und die Arbeiten archäologisch begleitet. Spitalzeitliche Bebauung Das Armenspital wird als domus pauperum de hospitale im Grundzinsrodel von 1253 erstmals erwähnt.158 Hausabbrüche haben im späteren 19. und 20. Jahrhundert seine mittelalterliche Bausubstanz weitgehend zerstört (Abb. 110). Archäologische Hinweise zu seinem Gebäudekomplex sind deshalb nicht nur auf dieser Parzelle spärlich erhalten, sondern auch in der Schwertstrasse und auf dem Grundstück «Zum Rüden» (1.134 und 1.152). Auch im Boden sind die älteren Strukturen durch Werkleitungsgräben stark gestört und nur punktuell erhalten, weil das anstehende Terrain im Allgemeinen nur 80 cm unter der heutigen 483
6WUDWLJUD¿H 3RVWKRI ± Befund
Fundnummer
Datierung
Latrine G2 (nur oberste 40 cm ausgegraben)
5, ähnlich HTR 4, grün glasiert auf weisser Engobe, HZ, FZ
2. H. 15./1. H. 16. Jh.
Brandschicht auf Lehmestrich M11 (P13)
4, KR 3, WS farblose Glasur, HZ
13./1. H. 14. Jh.
Latrine G3 unter M11 1–3, BS Röhrenkachel, viel TK, 12./13. Jh. (nur Abschnitte des obersten Meters ausgegraben) FE Nagel; AKR 2 aus Deckschicht direkt unter Brand
1.132
6
um 1100 12. Jh. 13. Jh.
Grube G1 mit Brandschutt
9
15. / frühes 16. Jh.
Ha
Mitte 16. Jh.
Marstall des Spitals
rm
Gasse Mittelalter/Neuzeit
on
Kanal
ie
4
Sch wer tstra sse M6 185 7
alter Turm
17. Jh. Brandschutt
2
„Krypta“
Kellergewölbe M5
5
N
0 1
5
10 m
Krypta
4
ster Fen .152
/5 318
1.134 Romanische Fenster
1
Brunnen M7
alte
M2
M 19
Post 1
865
9
Spitalhof
1
Bad im alten Spital 1547
Spitalkirche / G
Spitalschmiede M8
Kirche
7
7
Durch grünes Posthorn
Posthof / Spitalhof
M20
Musikhof 1561
M11
Sodbrunnen S46 G8 Lehmboden M18 Latrine G3 M14 3
4/25
S2 und S2 M12
484
Kellerhals 2
Sickergrube
Kalksteinplatten
M11
Gang
M26 Keller
1
Abb. 681 Bahnhofstrasse 22 (1.132) und Schwertstrasse/Posthof (1.134/1.239). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
M13
6
M13
M12 M14
Öfen 1.104 Wagenburg vor 1566
Sickergrube G6/7
M10 Einigkeit
den Lehmbo nt n unverbra
5
Schatzhaus 1528
nter verbran n de Lehmbo
0
10
Latrine M9 G2 Hof
1.239
schwarzes Rössli
E 3ÀlVWHUXQJ OLHJW 7LHIHU OLHJHQGH %HUHLFKH JLEW HV nur im heute 70 cm ansteigenden Übergang des Posthofs zur Schwertstrasse (1.239). Ältester Befund ist sicher die Latrinengrube G3 (Abb. 681) zwischen «Musikhof» und «Wagenburg» (Nr. 5/6). Sie liess sich aus statischen GrünGHQ QXU REHUÀlFKOLFK EHREDFKWHQ XQG EHVLW]W HLnen Durchmesser von etwa 4 m. Sie dürfte, nach den spärlichen Funden zu urteilen, spätestens im früheren 13. Jahrhundert aufgefüllt und durch die Mauer M11 als Teil eines Gebäudes überbaut worden sein (Abb. 682). Von diesem sind die Reste zweier Seiten erhalten. Seine Dimensionen dürften in etwa dem Grundriss des späteren «Musikhof» entsprechen. Die Mauern sind 0,95 m stark und bestehen aus kleinteiligem Kalksteinmauerwerk mit einzelnen Bollen. Lagenweise gibt es schräggestellte Steine in der Art des opus spicatum. Innen ist ein bis zu 20 cm starker Lehmestrich vorhanden, der direkt auf dem anstehenden Humus liegt und unter die Fundamente des nicht unterkellerten «Musikhofs» läuft. Er ist durchgehend brandgerötet und enthält wenige Funde aus dem 13./1. H. 14. Jahrhundert. Darauf liegt ein Mörtelband, das von der Renovation des Gebäudes nach dem Brand stammt und seinerseits bedeckt wird von sauberem, sandig–kieVLJHP 6DQG GHV QXQ JHSÀlVWHUWHQ +DXVERGHQV Auf dem gleichen Niveau liegen ausserhalb davon unter der neuzeitlichen Mauer des Obergangs (Posthof 3) einige Kalksteinplatten, die vom ehemaligen Durchgang stammen, der über den Spitalhof zum «Alten Turm» (1.152) führte (Abb. 683). Die Längen der mächtigen Platten betragen 50–90 cm, ihre Dicke 15 cm. Das Gewände des aktuellen spitzbogigen Tors zum Obergang besteht aus Kalksteinen bzw. graugrünen und roten Sandsteinen und wurde im Lauf der Jahrhunderte vielfach überarbeitet.
Im östlichen Abschnitt des Posthofs, hinten an der «Einigkeit», wurden zwei Mauern und eine Latrinengrube G2 angeschnitten (Abb. 681 und 684). M9 ist eine Bollensteinmauer, die mit wenigen Kalksteinen durchsetzt ist und noch ins 12. oder 13. Jahrhundert gehört. Sie bildet die alte Hofmauer zwischen dem Spital und den Häusern am Markt und dürfte nach Süden in die Mauer M12 übergehen (1.104). Jünger ist die anstossende Mauer M10 aus kleinteiligen Kalksteinen, die bereits mit Hohlziegeln durchsetzt ist. Sie verlängert die Parzellenmauer «Einigkeit»/ «Posthaus» bis zur Mauer M9. Die Latrine G2, von der nur die obersten 40 cm ausgegraben wurAbb. 682 Posthof (1.239). Im heutigen Durchgang stecken die Mauern des Gebäudes M11 (1) aus dem 13. Jh., das einen vermutlich im Stadtbrand 1372 verbrannten Lehmboden (2) besitzt. Rechts die vor 1566 erbaute «Wagenburg».
2
1
Abb. 683 Posthof (1.239). Unter der neuzeitlichen Mauer liegen einige Kalksteinplatten (1) des heute verbauten, ehemaligen Durchgangs über den Spitalhof zum «Alten Turm». Das Gewände des spitzbogigen Tors zum Obergang wurde im Lauf der Jahrhunderte vielfach überarbeitet, vgl. Abb. 110.
Ostseitig schliessen sich an die Mauer M11 Reste eines unverbrannten Lehmbodens an, der durch die jüngere «Wagenburg» (Posthof 6) gestört worden ist. Nördlich davon, isoliert im Posthof, liegt auf dem anstehenden Terrain ebenfalls ein Brandhorizont, der mit Hohlziegelbruch durchsetzt ist und wie jener im Gebäude M11 vom Stadtbrand 1372 stammen kann, der vermutlich auch im «Buchsbaum» nachzuweisen ist (1.152).159 Er ist bedeckt von Strassenkies des Spitalhofs, auf dem seinerseits weitere Bauhori]RQWH XQG 3ÀlVWHUHUVDQG OLHJHQ
1 159
Vgl. oben, S. 124.
485
den, ist aus Bollensteinen gemauert, besitzt einen Durchmesser von mehr als 2 m und ist jünger als eine nur in ihrer Umgebung vorhandene und mindestens 30 cm starke kiesig-sandige Planie, die mit Hohlziegeln durchsetzt ist. Nachreformatorische Nutzung des Spitals Nachdem der Rat das alte Spital ins leerstehende Kloster St. Agnes verlegt hatte (1.079), verkaufte er einige der Spitalgebäude im Spätsommer 1543 an verschiedene Bürger.160 Zur gleichen Zeit wurden auch grosse Teile des Barfüsserklosters veräussert (1.062). Einige Jahre später richtete der Rat hinter der Spitalkirche (1.134) ein neues Bad ein, nachdem er zuerst überlegt hatte, ob das Oberbad beim Obertor (1.071) renoviert werden sollte.161 An der Stelle, wo heute der Posthof in die Schwertstrasse mündet, liegt 1,2 m unter der 2EHUÀlFKH GHU PDVVLYH 0DXHUNORW] 0 GHU YRP 1435 erstmals erwähnten Spitalhofbrunnen stammt.162 (LQ]LJ VHLQH 6 GÀXFKW OlVVW VLFK LP Graben klar fassen. Sie liegt an der Nordwestecke des Bades, dessen Grundriss Peyer 1820 in seinem Plan überliefert.163 Das Fundament seiner Westfassade M8 liegt in der Gassenmitte, die Südwestecke in der Verlängerung der Südfassade der 1869 auf diesen Fundamenten neu erbauten Alten Post. Das Brunnenfundament M7 und das Kalksteinmauerwerk M8 des Bades sind miteinander im Verband gemauert. Letzteres weist einzelne Flachziegel auf und passt damit gut ins 16. Jahrhundert.164 Wie es scheint, wurde für den Neubau des Oberbads und die Schaffung eines
grösseren Hofs davor der kleine Baukomplex um M9 und M10 abgebrochen, die Latrine G2 aufgefüllt und der Bauschutt zum Teil an Ort und Stelle einplaniert (Abb. 684). Darüber liegt eine BollenVWHLQSÀlVWHUXQJ HWZD FP XQWHU GHP KHXWLJHQ 3ÀDVWHU Ebenfalls in diese Zeit gehören der «Musikhof» und die «Wagenburg» (Posthof 5/6), die an die Stelle des nun abgebrochenen alten Spitalgebäudes M11 traten (Abb. 681 und 300). Zu diesen neuen Gebäuden gehört auch die heutige Gassenführung zum Bad vom mittelalterlichen Spitaldurchgang von der Oberstadt her. Von der alten 3ÀlVWHUXQJ LVW FP XQWHU GHP KHXWLJHQ 1LYHDX noch der Sand erhalten (Abb. 110). Der Neubau der «Wagenburg», der wohl vom Sattler Hans Senn errichtet wurde, wird 1566 erwähnt.165 Der ans «Grüne Posthorn» anschliessende «Musikhof» ist am Bau zweimal auf das Jahr 1561 datiert, am Kragstein an der Ecke gegen den Durchgang zur Oberstadt sowie im 1. Obergeschoss am Fünferfenster, das identisch datierte Parallelen am «Bären» und am «Störchlein» besitzt.166 Das 2. Obergeschoss des «Musikhofs» dürfte im 17. Jahrhundert aufgesetzt worden sein.
1.104 Fronwagplatz 11 «Schwarzes Rössli» (Fronwagplatz 13 «Einigkeit») Wohnhaus, Öfen, Handwerk, Kellerhals Literatur: Bürgi/Bänteli/Höneisen 1984, S. 324f.; Frauenfelder 1951, S. 343. Während des Aushubs für einen Mehlkeller der Bäckerei Ermatinger liessen sich 1982 unter grosVHP =HLWGUXFN HLQ ) QIWHO GHU $XVKXEÀlFKH VRwie punktuelle Bereiche am Rand der Baugrube untersuchen.
1
160 161 162 163
3 Abb. 684 Posthof (1.239). Nach der Reformation wurde Mitte 16. Jh. ein neues Bad eingerichtet, an dessen Stelle die 1869 errichtete Alte Post (1) steht. Die alte Latrine G2 (2) wurde aufgefüllt und eine Katzenkopfpflästerung (3) im Hof zum neuen Bad verlegt.
486
2
164
165 166
STASH RP 13,7–9. STASH RP 14,143 (1546/47); Rüeger 1884, S. 378, Anm. 16; Steinegger 1942, S. 66f. STASH UR 1/1929; vgl. auch Steinegger 1942, S. 66. Im Brandkatasterbuch 1817–1853, StadtASH BK 660, immer noch als Bad im alten Spital bezeichnet. Auch: STASH Regierungsratsakten 1/1702: Anspruch der Stadt an den von der Kantonskassaverwaltung bisher bezogenen Brunnenzins von dem Besitzer des Hauses zum Bad im alten Spital 1.1.1854 – 31.12.1854. Von einem jüngeren Umbau stammt eine kleine Sandsteinrinne, die auf M7 liegt und von der ein Abschnitt von 1,5 m Länge freilag. Solche Rinnen kamen als Fertigelemente an verschiedenen Orten der Stadt zum Vorschein (1.109) und dienten etwa als Brunnenüberlauf, Traufrinne o.ä. Häuserdatenbank und STASH RP 25,149: und bemelts Sennen seligen nüwgebuwen husz. Vgl. oben, S. 196.
E M8
Abb. 685 «Schwarzes Rössli» (1.104). Situation mit Nachbarliegenschaften, Heizraum/Ofenhaus und Bauphasen (M 1:400).
Kirchenportal 1520
15
Durchgang Markt/Spital/Bad Posthof / Spitalhof
um 1100
Posthaus
12. Jh.
Latrine M9 G2 Hof
M10 13. Jh.
10
1.239
15. / frühes 16. Jh.
den Lehmbo nt n unverbra
13
Lehmbo
d
Einigkeit
M11
6
M13
M12
Mitte 16. Jh. Gasse Mittelalter/Neuzeit
M14 Öfen 1.104
17. Jh. schwarzes Rössli 11
Wagenburg vor 1566
Brandschutt
Latrine G3 Vergnügen
0 1
5
10 m
9
N
ksteintten
2
N 1
5
10 m
7
0
Backstein Mitte 16. Jh. 17. Jh.
Abb. 686 «Schwarzes Rössli» (1.104). Grundriss der am besten erhaltenen Öfen 1 und 2 (M 1:50).
M13
A
M13
A
Ofen 1
6 Wagenburg vor 156
Ofen 2
M14
Heizraum / Ofenhaus
jüngerer Kellerabgang
Feuerkanal
N 0
1
2
3
4
SH Posthof 1982 Profil A-A 1 : 20 402.00
Mitte 16. Jh. Heizraum / Ofenhaus
Wagenburg vor 1566 401.00
17. Jh.
Pflästerung Ofen 4 Ofen 3 Backsteinreste Biberschwanzziegel
Ofen 2 Ofen 1
M13
Kulturschicht anstehender Schotter
400.00
5m M2
UK M13 M14 Kellerhals
OK M12
Abb. 687 «Schwarzes Rössli» (1.104). Profil A–A durch die vier Öfen, mit Schichtaufbau (M 1:50). Die Funktion aller vier Öfen ist noch unbekannt.
487
Abb. 688 V «Schwarzes Rössli» (1.104). Südmauer des Hauses «Einigkeit» (1), teilweise in opus spicatum aus dem 12. Jh., und Mauer des Kellerhalses (2) aus dem 17. Jh. Abb. 689 VV «Schwarzes Rössli» (1.104). Der älteste und am besten erhaltene Ofen 1 mit Ofenmund und Feuerkanal, 16. Jh.
Anfänge im 11. Jahrhundert Zuunterst lag eine 20 cm starke Kulturschicht mit wenigen, teils unförmigen kleineren Gruben, die mit Scherben, Tierknochen, Holzkohlebrocken und Steinen durchsetzt war (Abb. 685 und 687). Auf Grund der Keramik gehört die Schicht zweifellos noch ins 11. Jahrhundert, in die Anfänge der Stadt. Fundeinträge fanden noch bis ins 14. Jahrhundert statt. Zu dieser Kulturschicht gehört auch die Südmauer M12 des Hauses «Zur Einigkeit». Sie besteht aus Bollen- und wenigen Kalksteinen, die teilweise in der Art des opus spicatum schräggestellt sind. Die Mauer datiert folglich ins 12. Jahrhundert (Abb. 688). Ihre Südwestecke reichte weiter in den Posthof hinein als heute. Ihre Fortsetzung nach Norden fällt dort wahrscheinlich mit M9 zusammen (1.239). Für weitergehende Aussagen ist die untersuchte Fläche zu klein. Öfen eines unbekannten Gewerbes Am westlichen Parzellenrand des «Schwarzen Rössli» liegt ein 2,9 m breiter Raum, der von der Mauer M13 dreiseitig umfasst wird. M13 ist kaum
1
2
fundiert und weist Mauerstärken um 0,9 m auf. Die nördliche Mauer verläuft weiter nach Osten und rechnet dort mit der Maueroberkante der offenbar abgebrochenen und teilweise(?) neu gebauten romanischen Brandmauer M12 der Liegenschaften «Einigkeit»/«Schwarzes Rössli». Vier Öfen sind jeweils gegen die beiden inneren, nördlichen Ecken dieses Heizraums oder wahrscheinlich teilweise freistehenden Ofenhauses angebaut (Abb. 686 und 687). Auf den Öfen 1 und 2 liegen die jüngeren Öfen 3 und 4. Ihre Sandunterlagen sowie die Backsteine der Ofenkonstruktionen waren als Zeichen einer intensiven Nutzung brandgerötet. Der Durchmesser von Ofen 1 beträgt 105 cm; er ist noch 30 cm hoch erhalten und gemörtelt (Abb. 689). Die Feuerplatte besteht aus Backsteinen, die in Sand verlegt sind. Im hintersten Viertel sind sie aufgestellt, wodurch ein 7 cm hoher Absatz entstand. Vom Ofenmund ist ostseitig ein brandgeröteter Tuffstein mit dem Loch eines horizontalen Gitterstabs vorhanden. Ob die Situation original ist oder der Stein sekundär verwendet wurde, blieb unklar. Ihm vorgelagert ist ein Feuerkanal von 90 cm Länge. Ofen 2 liegt 20 cm höher und ist mit einem Durchmesser von 70 cm etwas kleiner. Ofenmund und Feuerungskanal sind nicht erhalten. Auch der etwa 80 cm breite Raum zwischen Ofen 1 und 2 ist mit Backsteinen belegt, die 30 cm über der Feuerplatte von Ofen 1 liegen. Ofen 3 ist wie Ofen 4 in ein Mörtelbett verlegt; DXI GHQ 2EHUÀlFKHQ ¿QGHQ VLFK $VFKHQUHVWH XQG weitere Brandspuren. Die Ausdehnung der Feuerplatte des zeichnerisch nicht dokumentierten Ofens 3 beträgt allseitig gut 1 m (Abb. 690). Sie schliesst nördlich und östlich an die Heizraummauer an und liegt 45 cm über den Resten von Ofen 1 auf einer Unterlage aus Biberschwanzziegeln. Zuoberst und 35 cm über Ofen 2 liegt Ofen 4 auf einer Auffüllschicht von Hohlund Biberschwanziegelfragmenten zur Drainierung und Trockenhaltung des Ofens. Dies erinnert an die Unterlage weiterer Öfen mit unterschiedlichen Funktionen (1.042,3; 1.200 und 1.218). Die U-förmige Backsteinkonstruktion dieses Ofens ist mit Dimensionen von 60 x 80 cm erhalten. Das wenige glasierte Keramikmaterial, das mit den Öfen in Zusammenhang gebracht werden kann, datiert ins 16./17. Jahrhundert. Dies passt gut zum Neubau der «Wagenburg» (Posthof 5), die kurz vor 1566 entstand (1.239) und deren Lage bereits durch die Öfen berücksichtigt wird. Die Funktion der Öfen ist offen. Grundsätzlich können sie ganz verschiedenen Gewerben gedient haben. Erste Interpretationen aus den Anfängen der Stadtarchäologie als Back-, Bad- oder Töpferöfen
488
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489
1.134 Schwertstrasse, Spitalkirche Krypta, Synagoge(?), Spitalkirche, Spital zum Hl. Geist, Gerichtshaus, Wohnhaus Literatur: Bänteli 2013a, S. 371–372; Hauser 1996, S. 400f.; Frauenfelder 1966, S. 9f.; Frauenfelder 1951, S. 208–209; J. J. Rahn, in: ASA 1889, S. 225; Bäschlin 1878, S. 165f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 148, Kat. 272; S. 168, Kat. 443. Bei den Werkleitungserneuerungen der SchwertVWUDVVH ZXUGH HLQ 3UR¿O GHV |VWOLFKHQ $Eschnitts des Kanalisationsgrabens aufgenommen. Es wurde damals leider verpasst, den bedeutenden, kryptaähnlichen Raum auszugraben und zugänglich zu machen.
Abb. 691 ZZ Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). War der kryptenartige Raum unter der Spitalkirche Teil einer Synagoge? Umzeichnung der Aufnahmeskizze von Hans Wilhelm Harder vor der Zuschüttung 1857 (M 1:200), vgl. Abb. 5.
Vorgänger der Spitalkirche: Teil einer Synagoge aus dem 11. Jahrhundert? Unter der jüngeren Spitalkirche lag ein kryptenartiger Raum, der Säulen mit Würfelkapitellen aufweist, wie wir sie vom kurz nach 1100 geweihten Münster IV kennen. Bis 1857 wurde er als Keller benutzt und dann mit dem Abbruchschutt der Spitalkirche aufgefüllt, als man die neue Schwertstrasse für die Verbindung von Altstadt und neuem Bahnhof anlegte. Der Raum wurde damals von Hans Wilhelm Harder vermessen (Abb. 691, 692 und 5).169 Seine Aufnahme zusammen mit der ansatzweisen Freilegung einer Bogenstellung M1 mit zugehörigen Mauerresten ermöglicht die zeichnerische Rekonstruktion und Situierung des Raums (Abb. 693 und 694). Er liegt 13 m zurückversetzt vom Markt, dem Fron-
wagplatz, im Nordwestteil der späteren Kirche, ist etwa 3,5 m hoch, mit 6 x 7 m leicht rechteckig und besitzt je drei Arkaden. Ostseitig bestehen diese aus quadratischen Pfeilern mit Bogenstellungen, die sich gegen einen weiteren Raum mit unbekannten Ausmassen öffnen. Südseitig stehen zwei Säulen mit Würfelkapitell, die einen 1,6 m breiten Gang abtrennen (Abb. 58.2). Die Freilegung von 1985 zeigte roten Sandstein. Ob dies für den ganzen Raum zutrifft oder ob roter und graugrüner Sandstein im Wechsel vorkommen wie im Münster zu Allerheiligen, wissen wir nicht. Hinzu kamen laut Harder in der Westfassade M2 in unbekannter Höhe zwei «niedere Bogenfenster, ein einfaches und ein doppeltes aus Kalktuph [Randengrobkalk], die noch von der ersten Kirche her stammten».170 Diese Fenster, die Harder auch skizzierte (Abb. 695),171 entsprechen genau jenen der ersten Stadtburg, die ebenfalls in die Zeit um 1100 datiert (1.196). Vor allem machen sie deutlich, dass im Zusammenhang mit diesem unterirdischen Raum noch im 19. Jahrhundert aufgehende Strukturen bestanden haben müssen, die für die Anlage der Strasse abgebro-
„Krypta“ um 1100 Sandstein Keller 1593/94
N
Gang
1985 freigelegt (M1)
0
1
2m
4
Sch wer tstra sse M6 185 7
schwarzer Bock
2
„Krypta“
Kellergewölbe M5 Krypta 1.134 Romanische Fenster
Brunnen M7
alte
M2 Gewölbekeller 1593/94 M1 1985 freigelegt
Post 1
865 1
Bad im alten Spital 1547
Spitalkirche / Gerichtsgebäude
M8
490
verbrannter Lehmboden
M3
Fronwagplatz (Markt, Lauben)
um 1100
Kirchenportal 1520
12. Jh.
Durchgang Markt/Spital/Bad
13. Jh. 15
Posthof / Spitalhof
Posthaus M10 Einigkeit 6
N
0 1
5
10 m
13
10
Latrine M9 G2 Hof
1.239 r brannte en hmbod
Abb. 692 Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). Grundriss der leicht trapezförmigen Spitalkirche des 13. Jhs. Sie schloss mit der Schmalseite an den Markt und erhob sich über dem kryptenartigen Raum der Zeit um 1100 (M 1:400).
2703224
M4
15. / frühes 16. Jh. um 1100 Mitte 16. Jh. 12. Jh. Gasse Mittelalter/Neuzeit 13. Jh. 17. Jh. 15. / frühes 16. Jh. Brandschutt
E chen wurden. Zweifellos stand an dieser Stelle ein in Gestalt und Funktion bedeutendes Bauwerk. War es «nur» ein weiterer Adelshof, oder könnte es nicht viel mehr Teil der ersten Synagoge Schaffhausens gewesen sein?172 Reste der Spitalkirche aus dem 13. Jahrhundert Zu Füssen der Adelshöfe am Obertor (1.196 und 1.228) lagen die verschachtelten Spitalgebäude, die sich vom Bereich des heutigen Posthofs bis zur westlichen Stadtmauer hin erstreckten. Ihre Überreste sind nur punktuell untersucht (1.152 und 1.239). Städtische Spitäler entstanden meist erst seit dem späten 12. Jahrhundert.173 In Schaffhausen wird das Armenspital, domus pauperum de hospitale, im Grundzinsrodel von 1253 erstmals erwähnt. 1306 wird es auch zum heiligen gaist genannt. Als erste Stifter eines Altars im Spital erscheinen 1295 die Schultheissen von Randenburg.174 Aufgrund der 1985 freigelegten Fundamente sowie anhand von Harders Aufzeichnungen und dem Stadtplan von 1820 lässt sich zumindest der Grundriss der Spitalkirche skizzieren (Abb. 692). Er war leicht trapezförmig, mit Aussenmassen von etwa 16–18 x 24 m und schliesst mit seiner schmalsten Seite an den Markt an. Den 1520 offenbar erneuerten Haupteingang zur Kirche hielt Harder in Aufnahmeskizzen und einer Zeichnung fest. Er liegt in dem Gang, der durch das «Posthaus» vom Markt zum Spital führte. In der Frontmauer M3 waren nach Harder Teile der Spitzbogenfenster der ehemaligen Kirche als Baumaterial verbaut. Vom Innenraum erwähnt Harder «zwei starke eichene Säulen, welche auf steinernen Fundamenten ruhten und als Träger des Estrichs gedient hatten», und die auch im späteren Gerichtshaus weiterhin diese Funktion übernahmen.175 Der Kirchenboden lag nach den Kanalisationsarbeiten in der Schwertstrasse von 1985 etwa 80–90 cm unter der heutigen OberÀlFKH DXI P 0
169 170 171 172 173 174 175
Abb. 693 U Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). Übersicht der Kanalisationsarbeiten von 1985 mit dem Graben durch den kryptenartigen Raum unter der Spitalkirche, Blick Richtung West.
Abb. 694 V Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). 1985 freigelegter Arkadenansatz (1) des kryptenartigen Raums unter der Spitalkirche mit Bollensteinmauer (2) der Zeit um 1100 mit jüngerem, vor die Wand gemauertem Kalksteinpfeiler (3), Blick Südost.
Abb. 695 VV Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). Die von Hans Wilhelm Harder 1857 skizzierten Fenster im Westgiebel stammen aus der Zeit um 1100.
2 1 3
STASH Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein, Nr. 1, 3, 4. STASH HZ 4247, Hans Wilhelm Harder, Die Kirche des Spitals zum heiligen Geist. STASH Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein, Nr. 3. Vgl. oben, S. 57. Untermann 2009, S. 215f. STASH UR 1/120, UR 1/316, UR 1/252. STASH HZ 4247, Hans Wilhelm Harder, Die Kirche des Spitals zum heiligen Geist; STASH Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein, Nr. 1, 3; Steinegger 1942, S. 73.
491
Übrige Bebauung und Brände Bereits Johann Heinrich Bäschlin berichtete 1878 von einer starken Brandschicht, die in der Schwertstrasse und auch beim Bau der neuen Post zum Vorschein kam. Sie lag «etwa zwei Fuss» unWHU GHU 2EHUÀlFKH EHVWDQG ]XP 7HLO DXV ©ODYD artig» zusammengeschmolzener Erde und wurde dem Stadtbrand 1372 zugeschrieben.176 1985 zeigte sich auf 401,10 m ü. M. im vorderen, südlichen, nicht unterkellerten Teil der Kirche direkt auf dem anstehenden Kies ein stark geröteter Lehmboden (Abb. 692 und 696). Er wurde von einer Holzkohleschicht bedeckt, die im Westen beim kryptenartigen Raum fast 30 cm stark war. Auf dieser Kohleschicht lag eine Schicht von grünen Sandsteinbrocken, vermischt mit brandigem Material. Dieser Schichtaufbau lässt sich demnach als Lehmboden eines mindestens 8 m tiefen Holz- oder Steingebäudes interpretieren, das durch einen Brand zerstört wurde. Das Gebäude könnte durchaus aus dem 12./13. Jahrhundert stammen, wie Gebäude M11 im Posthof, das ebenfalls abbrannte (1.239).177 Datierendes Fundmaterial fehlt. Möglich sind daher verschiedene mittelalterliche Brände, wie die Untersuchungen im gegenüberliegenden «Turm am Ort» zeigen (1.189). Eine Zuordnung zum Stadtbrand von 1372 (S. 117) wäre nur denkbar, wenn das Bauniveau, die Sandsteinbrocken, nicht vom Bau der Spitalkirche im 13. Jahrhundert stammen, sondern zu späteren Umbauten gehören. Abb. 696 Spitalkirche, Schwertstrasse (1.134). Direkt auf dem anstehenden Kies liegt der brandgerötete Lehmboden (1), bedeckt von einer Holzkohleschicht (2), darauf ein Bauniveau aus grünem Sandstein (3).
Die Mauerzüge eines Hinterhauses mit einem Gewölbekeller M5/M6 sind neuzeitlich (Abb. 692). 'D]X JHK|UW DXFK HLQH 3ÀlVWHUXQJ GLH FP XQter der heutigen Strasse und auf einer bis zu 40 cm GLFNHQ 3ODQLHVFKLFKW OLHJW 'DULQ ¿QGHW VLFK YLHO Keramik aus dem 15. Jahrhundert, die zum Material aus der Töpferei in der Vorstadt passt (1.218). Vorhanden sind graue und rote Scherben, ganz selten sind sie braun oder grün glasiert.
2
492
3 1
Schliesslich kam 2008 bei der Anlage eines UnWHUÀXUFRQWDLQHUV DP hEHUJDQJ ]XU %DKQKRI strasse eine mit Brandschutt gefüllte Grube G1 zum Vorschein. Sie lag an der Stadtmauer im Bereich des Marstalls des Spitals, beim sogenannten «Alten Turm» (1.154). Ihre Seitenlänge betrug mindestens 3 m. Sie war 70 cm in den anstehenden Kies abgetieft und mit Brandschutt gefüllt worden, der mit einigen Hohlziegel- und Eisenfragmenten durchsetzt war. Vielleicht handelte es sich um eine reine Materialentnahmegrube. Um- und Neubau als Gerichtshaus Nach der Reformation wurde der Salzmarkt, der bis dahin wenige Meter entfernt unter der Brotlaube am Markt lag, in die leerstehende Kirche verlegt.178 Bald wurde das ehemalige Gotteshaus auch als Gerichtshaus umgenutzt und als solches 1558 erstmals genannt.179 Dies bedeutet auch, dass im Rathaus (1.199) nicht mehr Gericht gehalten wurde. Gegen Ende des Jahrhunderts trat ein schrittweise erstellter Neubau an die Stelle der ehemaligen Kirche: Der tiefe Gewölbekeller M4 gegen den Fronwagplatz datiert gemäss der Jahreszahl, die nach Harders Skizzenbuch unter zwei Wappen über dem mittleren Tor angebracht war, ins Jahr 1593. Eine 1594 datierte Fenstersäule aus dem Obergeschoss ist noch erhalten und im Museum zu Allerheiligen eingebaut. 1595 wurden alte Ziegel vom Dach des Gerichtshauses verschenkt,180 während die Baustellenorganisation von 1596 auf umfangreiche Bauarbeiten hindeutet: söllen beede herrn buwmaisters verordtnete obherren sampt dem buwmaister fürderlicher unnd alle tage, wo es irer geschefften halber möglich, zu dem buw desz gerichthusz, damit durch die wercklüt nüdtzit verabsumpt, sehen und wie sollicher buw zum nutzlichisten inn dz werckh gerichtet werde.181
E 1.132 Bahnhofstrasse 22 Stadtwall, Stadtmauer Literatur: Hauser 1996, S. 342; Bänteli 1994, S. 88. Beim Neubau eines Bankgebäudes zeigte sich 1989 im hinteren, noch nicht unterkellerten Bereich der Parzelle auf 6 m Länge die Hälfte eines ursprünglich etwa 6 m breiten und 2,5 m tiefen *UDEHQV GHU EHL VHLQHU $XI¿QGXQJ DOV %DFK LQterpretiert wurde (Abb. 697). Durch die späteren Grabungen im Areal «Buchsbaum»/«Rüden» (1.152) wurde er als Teil des nellenburgischen Stadtwalls erkannt. Um den Bewuchs um die Befestigungsanlage zu minimieren, war auf der Grabenaussenseite der fossile Humus entfernt worden. Auf der Sohle lag ein 60 cm dickes Schichtpaket aus Umgebungsmaterial, überdeckt von Humus, der an der Böschungskante hochzog, was auf eine langsame, natürliche Verfüllung des Grabens hindeutet. Der darüber liegende Kies, eine Lage Holzkohlebrocken und noch einmal feiner Humus, durchsetzt mit etwas Tierknochen, Ziegel- und Holzkohlebrocken stammt hingegen von seiner künstlichen Auffüllung, der Planie des Walls in den Graben. Das Grabenstück verläuft in Nord-Süd-Richtung und biegt auf der Nordseite der Parzelle nach Osten ab. Es muss sich um einen Versatz in der Nordumwallung handeln, dessen Funktion nach wie vor unklar ist. Lag hier vielleicht ein Tor?182 An der Bahnhofstrasse ist die mittelalterliche, 1,35 m starke Stadtmauer als Kellermauer unter der modernen Fassade noch 4 m hoch erhalten. 6LH LVW YROOÀlFKLJ YHUSXW]W XQG WHLOZHLVH GXUFK HLnen Banktresor verdeckt. Die Unterkante liegt auf 398,60 m ü. M.
176 177 178
179 180 181 182 183 184 185 186
Bäschlin 1878, S. 165. Vgl. oben, S. 485. Rüeger 1884, S. 329; Steinegger 1942, S. 73; StadtSH A II.05.01.049/036 1431–1432: III lb XVI ß dem Wieser im Closter vier jarzinse von des Lingken, des Sattlers und des Gabelhusers bencken under der Brotlouben, da man das saltz vail haut; A II.05.01.048/071 1431–1432: Saltz stock under der Brotlouben. STASH RP 18,198. STASH RP 55,154. STASH RP 56,2. Zu den noch wenig bekannten Toranlagen dieser Zeit: Porsche 2000, S. 217f. STASH UR 1/166; Bänteli 2011, S. 45. Fundakten KASH. STASH RP 26,91 (1567). StadtASH J 02.01.052.01/096; weitere Beispiele oben, S. 199f.
1.060 Fronwagplatz 27 «Süsser Winkel» (Fronwagplatz 25 «Neues Haus») Kornhaus, Sodbrunnen, Sickergrube Literatur: Wipf 2011, S. 37f., 50; Frauenfelder 1951, S. 350f. Hausinventar: Vestigia GmbH, Zum süssen Winkel, Oktober 2010.
Abb. 697 Bahnhofstrasse 22 (1.132). Hälfte des nellenburgischen Stadtgrabens, M. 11. Jh., rechts darin abgetieft eine Mauer des 13./14. Jhs.
In diesem Haus und unmittelbar östlich der Spitalkirche am Markt, in foro Schafusensi sitas (1.134), lagen die seit 1273 bezeugten beiden Häuser mit dem Klosterlehen des «Kornmess», in denen als einzigem Ort in der Stadt Korn verkauft werden durfte.183 Erst mit der Einführung der Zunftverfassung 1411 änderten sich diese Verhältnisse (1.199). Nach einer Aktennotiz aus der 1. Hälfte des 20. Jahrhunderts lag im Haus ein Sodbrunnen.184 Vielleicht war dies eine weitere Sickergrube. Erst 1567, die Jahreszahl links vom Erker erinnert daran, erbaute der neue Hausbesitzer Hans Im Thurn185 den «Süssen Winkel» neu und liess eiQHQ 7HLO GHU )DVVDGH ELV DXI GLH 2VWÀXFKW GHV «Riesen» vorziehen (1.257, Abb. 108). Aus den heute zweiteiligen Fenstern wurde wie vielerorts (1.217) der Kreuzstock entfernt. Trotzdem verraten die Gewände noch die gleiche Handschrift wie jene im Haus «Zum Ritter», die zur gleichen Zeit entstanden (1.254). Das ehemalige Hinterhaus besass fünf Kalksteinsäulen mit Kapitellen, die eine identische Entsprechung in der 1579 datierten «Treu» besitzen (1.156). Das Hinterhaus passt demnach gut zur Bauphase von 1567. Drei gleiche Säulen befanden sich auch im benachbarten «Neuen Haus» am Fronwagplatz, wie eine Aufnahme von 1949 zeigt.186
493
1.257 Vorstadt 3 «Riesen» (Fronwagplatz 27 «Süsser Winkel») Fassade, Buckelquader Literatur: Frauenfelder 1951, S. 38, S. 351; Reinhard Frauenfelder: Bemerkungen zu zwei Schaffhauser Häusern, in: SN, 26.2.1944. Bildquellen: Grütter 2005, S. 142, Kat. 217; siehe auch die Darstellung von J.F. Schalch, StadtASH J 00.02/01. Alte Fotos zeigen an der Nordostecke des Gebäudes einen bis ins dritte Obergeschoss sehr schön erhaltenen Buckelquaderverband aus rotem und graugrünem Sandstein (Abb. 108).187 Die Buckel wurden beim weitgehenden Neubau der Fassade 1937 stark zurückgespitzt und blieben als kümmerlicher mittelalterlicher Rest erhalten. Damals wurde auch der neue Laubengang im Erdgeschoss eingebaut und das ganze Haus ausgekernt. Die Dimensionen des ursprünglichen Baus sind genauso unklar wie die Frage, ob das Haus in seinem ältesten Zustand überhaupt ein Turm war. Der Buckelquaderverband zeigt unstrittig, dass das Objekt Teil eines steinernen Adelshofs war, so wie wir ihn vom «Grossen Haus»/«Winde» der Herren von Hohenklingen in Stein am Rhein kennen.188 Reinhard Frauenfelder beschreibt das Mauerwerk im Keller als «mächtiges Mauergeviert, …das die Basis des Torturms gebildet hatte und dessen Mauerstärke bis gegen 2 m misst. Die Mauerung besteht aus grossen Kiesel- und Bruchsteinen, ähnlich gebildet wie diejenige des Obertorturms und des alten Ritterturms, der im Haus Neustadt 81 versteckt ist»189 (1.073 und 1.228). Heute ist der Gewölbekeller verputzt und eine nähere Beurteilung des Mauerwerks nicht möglich. Dieser in der vorderen Haushälfte gelegene Keller reicht gegen Süden nicht bis zur Brandmauer, im Gegensatz zum Keller unter der hinteren Haushälfte. Den Absatz von 1,95 m in GHU 0DXHUÀXFKW GHU EHLGHQ .HOOHU LQWHUSUHWLHUWH Frauenfelder als Mauerstärke. Zudem lässt sich sagen, dass das Kellergewölbe nicht zum ursprünglichen Bestand gehört, sondern nachträglich, wohl erst in der frühen Neuzeit, eingebaut wurde, wie es etwa auch in der Vorstadt festzustellen ist (vgl. 1. 218). Gemäss Datierung neben dem Erker wurde auch der «Süsse Winkel» erst 1567 neu gebaut und ein Teil seiner Fassade bis DXI GLH 2VWÀXFKW GHV ©5LHVHQª YRUJH]RJHQ (1.060). Der Turm im Haus «Zum Riesen» wurde bisher immer mit dem ursprünglichen Nordabschluss der Stadt in Verbindung gebracht. Tatsächlich korrespondiert seine Lage mit dem nördlichen Verlauf der nellenburgischen Stadtbefestigung, die in diesem Bereich liegen muss.190 Dann 494
müsste der Turm, wohl wie der Obertorturm (1.228), im späten 12. Jahrhundert entstanden sein, jedenfalls vor der um 1200 erfolgten Stadterweiterung um die Vorstadt. Frauenfelder vermutete, dass der allerdings erst spätmittelalterlich überlieferte Hausname des schräg gegenüberliegenden Hauses Fronwagplatz 28 – «Zum roten Turm» – eine Erinnerung an diesen Torturm sein könne.191 Viel wahrscheinlicher scheint mir aber, dass der «Riesen», wie eingangs erwähnt, gar kein Turm ist. Vielmehr könnte er Bestandteil eines Hofes gewesen sein, zu dem die Kornhäuser im «Süssen Winkel» gehörten, und entstand vielleicht auch erst im 13. Jahrhundert.192
1.189 Fronwagplatz 14 «Turm am Ort» und Stadthausgasse 29 «Hinterer Turm» Wohnturm, Wohnhaus, Buckelquader, Kellerhals, Hausaltar, Sickergrube Literatur: Bänteli 2013a, S. 374f.; Wipf 2011, S. 22, S. 54f., S. 79; Frauenfelder 1951, S. 37–39, S. 344. Hausinventar: Guido Faccani, Turm am Ort, unvollständig, Februar 2001. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 22. Der Liegenschaftskomplex «Turm am Ort» umfasst neben dem Turm die südlich und östlich anschliessenden Gebäude, einen Innenhof sowie das Hinterhaus «Zum Dromedar», heute «Zum hinteren Turm» genannt. Unsere Untersuchungen während der Umbauarbeiten von 2001/2002 beschränkten sich auf Ausgrabungen im Bereich der Neuunterkellerung des Hofs und auf die Bauuntersuchung des Erdgeschosses, das neu auf der ganzen Fläche als Laden umgenutzt wurde. Hinzu kam das noch nicht ausgebaute Dachgeschoss des Turms mit dem südlich anschliessenden Dachraum, die in eine zusammenhängende Wohnung umgebaut wurden. Sämtliche Obergeschosse der Liegenschaften blieben unangetastet. Das älteste Gebäude M2 im Hof, 2. H. 11.– 1. H. 13. Jahrhundert Aus den Anfängen der Stadt im 11. Jahrhundert stammt ein erster dünner, humoser Benutzungshorizont mit Humus, Holzkohle, Asche und Mörtelbröckchen eines ältesten Gebäudes in der Umgebung. Nach einem Brand ergab sich darüber ein Bauniveau, das mit dem noch 40 cm hoch erhaltenen Rechteckbau M2 vom Typ C/ST193 entstand, einem typengleichen Gebäude, wie es auf der südlichen Nachbarparzelle noch aufrecht steht (Abb. 698–701). Dieses ist 5,6 m breit, besitzt eine Mauerbreite von 0,77 m und ist aus plattigen Kalkbruchsteinen in Lagen von 10 cm Höhe mit einem grauen, groben Mörtel gemauert. Ein-
E weitere Benutzungs- und Planieschichten, deren Fundmaterial ebenfalls vom 11. bis in die 1. Hälfte des 13. Jahrhunderts datiert. Dies zeigt einmal mehr, dass die Schichten im eng bebauten und genutzten Stadtinneren immer wieder umgeschichtet wurden und deshalb oft eine feinere Datierung der Befunde nicht möglich ist.
zelne Abschnitte des nur 20–30 cm hohen Fundamentkörpers sind in opus spicatum gemauert, was auf ein eingeschossiges Gebäude hindeutet. Der Innenraum besitzt einen 5 cm dicken Mörtelgussboden auf einer Kalksteinunterlage. Darauf liegt ein dünner Benutzungshorizont S14 mit etwas Keramik, die aus der zweiten Hälfte des 12. bzw. der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts stammt. Auch die Funde aus der äusseren Benutzungsschicht S15 und zwei dazugehörenden Gruben G1 und G5 unter der Westwand M3 des «Hinteren Turms» liefern Keramik aus dieser Zeit, durchsetzt allerdings auch mit älterem Material. Ein Brand im Gebäude hinterliess Spuren in der Südostecke. Dort liegende verbrannte Hüttenlehmbrocken von Flechtwerkwänden machen immerhin deutlich, dass das Gebäude M2 Ein- oder Aufbauten aus Holz besass. Aussen fanden sich 187 188 189 190 191 192 193 194
Das Hinterhaus, 12.–14. Jahrhundert Das älteste noch aufrecht stehende Gebäude ist das Hinterhaus des südlichen Turmanbaus. Es gehört zu den ältesten Wohnhäusern der Stadt.194 Es ist mit dem oben beschriebenen Rechteckbau vom Typ C/ST identisch, stammt aber aus verschiedenen Bauphasen. Die ältesten Teile sind noch etwa 3 m hoch erhalten und bestehen aus plattigen Kalkbruchsteinen mit einzelnen schräggestellten Lagen, die an Allerheiligen IV erinnern und demnach aus dem früheren 12. Jahrhundert stammen (Abb. 699 und 89). In einem nächsten Schritt wurde die Ostmauer an gleicher Stelle(?) neu hochgezogen und dann das Bauwerk mit einem kleinen Mauerrücksprung aufgestockt. Das neue Mauerwerk besteht zum grossen Teil aus Bollensteinen und ist abschnittweise in opus spicatum gemauert. Nach einem Brand, der vor allem im oberen Teil der Süd- und Ostwand deutliche Spuren am Mauerwerk hinterliess, wurde 1273 eine
Bilder StadtASH J 02.01.217.02/001–007; Grütter 2005, S. 142, Abb. 217. Bänteli 2010c, S. 55–59. Frauenfelder, in: SN 26.2.1944. Vgl. oben, S. 40; bei den Werkleitungserneuerungen von 1983 wurde dieser Abschnitt noch nicht untersucht. Frauenfelder, in: SN, 26.2.1944. Vgl. oben, S. 92. Bänteli 2010, S. 86. Vgl. oben, S. 79.
252
343
320
254
253
2.H. 12. / 1.H.13. Jh. Gemauertes Haus mit Mörtelgussboden
Stadthausgasse
12. Jh. Hinterhaus Hinterhaus Ostmauer ersetzt und aufgestockt
(Brudergasse)
Erker
x
13. /14. Jh.
östlicher Turmanbau
15. Jh.
Turm am Ort
1550 südlicher Turmanbau
M2 Latrine Mörtelgussboden Hof
Querschnitt
Kellerhals G4
um 1590 um 1600 x
x
x
G3
M3 G1
Querschnitt
G5 Fachwerk G7
hild hinterer Sc
x
hinterer Turm (Dromedar)
2.H. 13. Jh. Turm am Ort und Umbau Nebenhaus (Balken 1273)
319
Sickergrube G6
Buckelquaderverband
Fronwagplatz (Markt / Lauben)
südlicher Turmanbau
Hinterhaus
N 0
1
5
10 m
wilder Mann
323
324 409
Abb. 698 «Turm am Ort» (1.189). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
495
404.00 Decke 1273
403.00
Bretternegativ Holzbalkendecke
Hinterhaus 402.00
Zwischenwand 1273
hinterer Turm (Dromedar) S3: Abbruch M2 S4: Hofnutzung / Gehniveau Turm
401.00
Hof
S5/6: Pflästerersand / Hofpflästerung M3
gemauerter Kanal Zementrohr
400.00 Gebäude M2
jüngerer Keller
S13: Brandschutt, Hüttenlehm S14: Benutzungshorizont zu M2 Mörtelgussboden ursprüngliche Lage Kellerportal
S11: Pflästerersand S10: grobe Pflästerung
Kellerhals G4
S9: Bauniveau M2
Kellerhals G4
S15: Benutzungshorizont zu M2
S8: 1. Benutzungshorizont Humus anstehender Malmschutt
Keller abgesenkt
397.00
Abb. 699 «Turm am Ort» (1.189). Querschnitt mit Bauphasen und Ansicht 396.00 des Kellertors (M 1:50), Lage vgl. Abb. 702.
Kellertor tiefer gelegt
heutiger Kellerboden
6WUDWLJUD¿H )URQZDJSODW] +RI +RIJHElXGH 0 $EE Schichtaufbau Gebäude M2 innen S13, Hüttenlehm, Flechtwerk von Ein- oder Aufbauten aus Holz, Brand Gebäude M2 S14, Benutzung Gebäude M2
Fd. Nr.
Datierung
24, 42
?
Schichtaufbau Gebäude M2 aussen S12, Gehniveau 6 0DXUHU 3ÀlVWHUHUVDQG 6 %HQXW]XQJ 3ÀlVWHUXQJ 6 JUREH 3ÀlVWHUXQJ
23, 41, TR 12
2. H. 12./ S15, Aussenniveau zu Gebäu1. H. 13. Jh. de M2 mit Gruben 1 und 5
Bau Gebäude M2 S9, Bauniveau zu mit Mörtelgussboden Gebäude M2 S8, 1. Benutzungshorizont mit Holzkohle, Asche und Mörtelbröckchen, 2EHUÀlFKH YHUEUDQQW S1a, anstehender aber umgearbeiteter Humus S1, anstehender Malmschutt
496
Fundnummer
Datierung
3, 8, 14, 33, TR 7/8/15a/19
2. H. 11.–2. H. 13. Jh.
10–12, SR 1, TR 15a/18a/18b 2. H. 12./1. H. 13. Jh. 9, 16, 17, 21(inkl. S15), 30, 31, 37, 65, 66, SR 1/18a, TR 12, 16a/18b 18, 34–36, 40, 67, TR 3/6/9/10b/11/15a/18b
spätes 12./1. H. 13. Jh.
22, 39, TR 12
2. H. 12.–1. H. 13. Jh.
15, 19, 25, 26, 32, 38, TR 5/7/18a, 68 20, 27, 28, TR 5
11.–1. H. 13. Jh.
11./12. Jh. und 2. H. 12.–frühes 13. Jh.
11. Jh.
E Abb. 700 «Turm am Ort» (1.189). Grundriss des Hinterhauses M2 mit Mörtelgussboden (M 1:50).
Stadthausgasse (Brudergasse)
N
Pflästerung 2.H. 12. / 1.H.13. Jh. Gemauertes Haus mit Mörtelgussboden
Mörtelgussboden
12. Jh. Hinterhaus Hinterhaus Ostmauer ersetzt und aufgestockt 2.H. 13. Jh. Turm am Ort und Umbau Nebenhaus (Balken 1273) 13. /14. Jh.
M2
G1
15. Jh. 1550 südlicher Turmanbau um 1590 um 1600
Querschnitt
Querschnitt
Kellerhals G4
hinterer Turm (Dromedar)
G5 G2
G3
0
1
2
3
4
Abb. 701 «Turm am Ort» (1.189). Fundamente des ältesten, gemauerten Gebäudes M2 (1) mit Mörtelgussboden (2) im Hinterhof, 2. H. 12/ 1. H. 13. Jh. Im Hintergrund die Fassade des «Hinteren Turms» mit der Hoftüre.
5m
1 2
1
497
Dendrodatierung 1.189 Fronwagplatz 14, Hinterhaus195 Bauphase
Ort
Umbau 1273 Hinterhaus, Deckenbalkenlage Erdgeschoss Umbau 1273 Hinterhaus, Balkenstumpf Erdgeschosswand
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 9–14 1253 (1), 1257 (2), 1259 (–), Eiche 1261? (5), 1266 (13), 1269 (13) 15
neue Decke eingezogen, von der sechs Balken datiert werden konnten. Ein ebenfalls sekundär eingebauter Balkenstumpf in der Gebäudemitte rechnet zwar mit dem alten, 1 m tiefer gelegenen Deckenniveau, datiert aber in die gleiche Zeit und stammt von einer Trennwand. Ob der Gewölbekeller im Hinterhaus von Anfang an bestand oder später hinzukam, liess sich nicht klären. Der hofseitig hinzugefügte Kellerhals setzt den Abbruch des Gebäudes M2 voraus (Abb. 698). Vom Gebäudeabbruch stammt die Schuttplanie S3. Von dieser wurde der Kellerhals G4 abgetieft, und darüber entstand die Benutzungsschicht S4. Vom Kellerhals blieb einzig die östliche Wange mit einer Lichtnische nahe beim Kellereingang erhalten. Das Kellertor mit einem bereits leicht in die Höhe gezogenen Rundbogen aus graugrünem Sandstein passt gut ins spätere 13. Jahrhundert, in die Zeit des Abbruchs von Gebäude M2 und des Umbaus des Nebenhauses (Abb. 699 und 702). In einem dritten Schritt wurde der Kellerboden etwa 80 cm tiefer gelegt, was zur Absenkung des Kel-
Abb. 702 «Turm am Ort» (1.189). Kellertor aus graugrünem Sandstein aus dem späteren 13. Jh., später tiefer gesetzt, vgl. Abb. 699.
498
1272/73 WK (13)
Eiche
lertors und seiner Treppenanlage führte, die etwa 14 Stufen umfasst haben muss. Ebenfalls im Spätmittelalter wurde der ganze Innenhof mit BollenVWHLQHQ JHSÀlVWHUW *XW P|JOLFK GDVV GLHV XP JHVFKDK DOV GLH %UXGHUJDVVH JHSÀlVWHUW wurde.196 Dieses Nebenhaus wird in einer Urkunde von 1333 erstmals beschrieben, wobei der Turm nicht genannt wird. Ritter Burkart am Ort verkauft an Heinrich Kron «Haus und Hofstatt zu Schaffhausen der Metzg gegenüber gelegen, zwischen Murers, des Metzgers, Haus und dem Nebenhaus, des DP 2UW LQ GHP *HQÀL GHU .UlPHU ZRKQW PLW GHU Bedingung, dass der Hof dem Kron gehören soll, ELV ]XP =DXQ JHJHQ GHV *HQÀLV +DXV XQG GDV ein künftiger Besitzer des Nebenhauses dem Kron die Fenster nicht verbauen darf».197 «Turm am Ort», 2. Hälfte 13. Jahrhundert Im Erdgeschoss ist das lagenhafte Kalkbruchsteinmauerwerk der Erdgeschosswände zwischen 1,4 und 1,5 m dick und im Turminnern intensiv rot verbrannt. Original ist auch die Öffnung der ebenerdigen Zugangstüre bei der Südostecke mit den Resten eines Stichbogensturzes. Nach dem Brand wurde der Sturz 10 cm höher gelegt, aussen das bestehende rundbogige Türgewände aus graugrünem Sandstein eingesetzt und das 0DXHUZHUN ÀlFKLJ YHUSXW]W 1911 wurde der Turm letztmals umgestaltet. Aussen kamen die aktuellen Schaufensteröffnungen nach Norden und Westen hinzu, und die bis dahin vollständig unter Putz verborgenen Buckelquader wurden wieder sichtbar gemacht (Abb. 112). Dies bedeutet auch, dass die Buckel bereits im 19. Jahrhundert abgespitzt worden waren, als PDQ GHQ 7XUP YROOÀlFKLJ YHUSXW]WH 198 Nur im Dachstuhl des südlichen Nachbarhauses blieb der äussere Buckelquaderverband aus graugrünen Sandsteinen im Original erhalten (Abb. 113). Innen kamen im Erdgeschoss eine neue Decke sowie ein Durchbruch nach Osten hinzu, daneben wurde in einer ebenfalls neu ausgebrochenen doppelten Schranknische eine eiserne Truhe aus dem 16. Jahrhundert in Zweitverwendung als Tresor eingebaut.
E 6WUDWLJUD¿H )URQZDJSODW] +RI $EEUXFK +RIJHElXGH 0 XQG M QJHUH 6FKLFKWHQ $EE Schichtaufbau S7a, Benutzungsschicht mit gemauertem Kanal Auffüllung Kellerhals 6 6 .LHVVDQGVFKLFKWHQ ]XU +RISÀlVWHUXQJ PLW .LHVHOQ graue Lehmlinse bei M3 S4/S4a, humos kiesig, Hofbenutzung/Gehniveau Turm Anlage Kellerhals G4 S3, Bauschuttplanie, Abbruch von M2
Zu den 5 Obergeschossen lassen sich keine weiteren Aussagen treffen, nur das 5. war Teil des Umbaus von 2001/2002. Es war aber seit den Renovationsarbeiten von 1911 innenseitig vollständig verputzt. Von hier führte eine Blockstufentreppe längs der Nordwand ins Zelt- oder Pyramidendach. Obwohl nicht auf den ersten Blick erkennbar, stammt der Dachstuhl noch weitgehend aus dem Mittelalter (Abb. 239). Drei Sparren konnten in die Jahre 1369 bzw. 1370 datiert werden. Vermutlich gehört auch die Treppe zu dieser Baumassnahme. Wohl nicht zufällig liegen die Enddaten nahe beim Jahr des Stadtbrandes von 1372. Dieser wütete auch hier, so dass angenommen werden kann, dass die Brandspuren im Turm aus jener Zeit stammen. Die kleine Zeitdifferenz von zwei Jahren bis zum Stadtbrand kann 195 196
197 198 199 200 201
UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 198 vom 18.11.2002; Bericht Nr. 280 vom 13.8.2003; Nachdatierung Felix Walder 19.1.2015. A II.05.01.043/002 1429–1430: Restanty besetzen Item I lb Hainrich Flöter; A II.05.01.036/098 1422– 1432: Diß stat us von besetzen, git I ruot I lb Item I ruot Hainrich Flöter [gestrichen]. STASH Häuser und Liegenschaften, Abteilung Häuser B, Turm 20. August 1333. Fotos StadtASH J02.01.052.01/066–068, 084 Oben, S. 124; Bänteli 2011, 31. UWAD Felix Walder, Bericht Nr. 198 vom 18.11.2002, Bericht 280 vom 13. 8. 2003, Nachdatierung vom 4. Juli 2007 und Bericht 1387 vom 13.02.2015. Frauenfelder 1951, S. 38; Schib 1972, S. 69; vgl. oben, S. 16.
Fundnummer
Datierung neuzeitlich 69, SR 2 13. Jh./neuzeitlich 1, 44, SR 4 14. Jh. 5, TR 16a spätes 12./13. Jh. 2, 4, 6, 7, 43, SR 1, SR 20c2, TR spätes 12./13. Jh. 15b/16a, HZ, Schmiedeschlacke 13
mittleres 13. Jh.
darauf hindeuten, dass der Dachstuhl aus Flössholz aufgerichtet wurde, das jeweils Streuungen in den Endjahren von wenigen Jahren aufweist. Zudem sind nur drei Hölzer datiert.199 Früher wurde der «Turm am Ort» als «Nordwest ecke der Stadtbefestigung» oder «Eckpfeiler der Stadtbefestigung» gedeutet,201 was durch die stadtarchäologischen Forschungen der letzten Jahrzehnte widerlegt ist. Zudem machen die Vorgängerbauten des Turms deutlich, dass er weder im 11. noch im 12. Jahrhundert entstanden sein kann. Der Vergleich mit dem um 1335 neu gebauten Schwabentorturm (1.198) zeigt, dass zwischen diesen beiden Türmen aus Kalkbruchsteinmauerwerk mit regelmässigem Buckelquaderverband aus graugrünem Sandstein formal kaum ein Unterschied auszumachen ist (Abb. 113 und 117). Die Ersterwähnung des Turms 1299 dürfte demnach nahe beim Baujahr liegen. Genannt wird er als WXUULV GRPLQH LQ ¿QH als Turm des Herrn am Ort.202 Hölzer aus der Bauzeit kamen bislang keine zum Vorschein. Vermutlich weisen die Bauarbeiten von 1273 im Nebenhaus darauf, dass der Besitzer die zwei bislang getrennten Grundstücke zusammenfasste, das älteste Haus M2 abbrach und den Turm erstellte.
Dendrodatierung 1.189 Fronwagplatz 14 «Turm am Ort»200 Bauphase
Ort
Holz probe Pyramidendach, 4–6 Sparren
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1368/69 WK, 2 x 1369/70 WK Weisstanne
«Turm am Ort» Ersatz Dachstuhl nach Stadtbrand 1372? 1–3 1369/70? WK «Turm am Ort» 1372? Blockstufen treppe zum Dachstuhl Turm Deckenbalken 7 und 8 undatiert östlicher Anbau um 1590? Erdgeschossdecke 16 undatiert (7) «Hinterer Turm» Stadt- Laubenwand hausgasse Neubau um Hinterhof, 1420? 1496? Rähm Erdgeschoss
Fichte, Weisstanne Weisstanne
Eiche
499
Die nächste Nennung erfahren wir über eine Urkunde von 1352. Peter am Ort fertigte sein Haus und seine Hofstatt mit dem Turm zu Schaffhausen, zu oberst an der Brudergasse, bei dem Haus des Nachkommen Johanns des Konstanzers (Constentzer), an Johann den Tilinger, Bürger zu Schaffhausen, der es von ihm um 110 Mark Silber Schaffhauser Gewicht gekauft hat.203 Im Stadtbrand von 1372 wurde der Turm beschädigt, und der damalige Besitzer Konrad Gol und sein Sohn kamen darin ums Leben, aber noch im Steuerbuch von 1401 wird er Gölin Turm genannt.204 Damals wohnte der Sattler Heinrich Buchhorn darin, der später Rat und Richter wurde. 1441 kam der Turm dann in den Besitz der Familie Keller von Schleitheim, ursprünglich Ministerialen des Klosters Reichenau in Schleitheim, die dort wichtige Ämter ausübten und so ihren Aufstieg begründeten. In Schaffhausen wurden sie Bürger und übten als Mitglieder des Rats verschiedene Ämter aus, waren Gönner der Stadtkirche St. Johann und richteten im Turm mit päpstlicher Bewilligung einen Hausaltar ein.205 Südlicher Turmanbau mit Umbau von 1550 Wie lange die Lücke in der Häuserzeile bestand, die den Turm bis dahin allseitig in Erscheinung treten liess, ist unklar. Wohl im 13. oder frühen 14. Jahrhundert wurde sie durch ein Steinhaus geschlossen. Brandrötungen des Stadtbrandes von 1372 besitzt die Brandmauer gegen das Nachbarhaus «Zum Wilden Mann», die an das alte Hinterhaus des «Turmes am Ort» anstösst. Verbrannt ist auch die nordseitige, parallel dazu verlaufende Mauer, die an die Südostecke des Turms anschliesst. Sie besteht zu zwei Dritteln aus Kalkstein, zu einem Drittel aus Bollen (Abb. 698).
Abb. 703 «Turm am Ort» (1.189). Rundbogige Verbindungstüre vom südlichen Turmanbau zum Hinterhaus um 1550 (M 1:50).
die Erdgeschossdecke. Deren Balken weisen unterbrochene Fasen auf, die einen gegen Süden aus der Mitte verschobenen Unterzug respektierten. Eine ursprünglich darunter stehende Wand unterteilte das Erdgeschoss in zwei ungleich breite, längliche Räume. Vom Turmanbau zum Hinterhaus führte eine neu eingesetzte, rundbogige Verbindungstüre. Ihr Gewände aus graugrünem Sandstein ist nur in der oberen Hälfte gefast und passt ebenfalls zu diesem Umbau (Abb. 703). Daneben wurde ein etwas kleineres Pendant in die originale mittelalterliche Türöffnung zum Turm eingebaut. Der runde Erschliessungsturm mit der steinernen Wendeltreppe zu den Obergeschossen stammt ebenfalls aus dieser Zeit. Er wurde nachträglich in die bisher beschriebenen älteren Bauteile eingefügt. Gleichzeitig dürfte auch der Turm modernisiert worden sein. Die Fenster in seinen Obergeschossen passen nämlich zum Teil in diese Zeit, wie die Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf zeigen.207 Interessant ist schliesslich in beiden Dachgeschossen die Beobachtung, dass damals schon alle Estrichböden als Brandschutzmassnahme mit den verbreiteten spätgotischen Tonplatten belegt wurden, wie dies etwa auch auf dem Obertorturm beobachtet werden kann (1.228).208
Die Obergeschosse des viergeschossigen Turmanbaus sind jünger und im ersten Obergeschoss am Kastenerker ins Jahr 1550 datiert.206 Dort sind auch die Wappen der Bauherren Benedict Stokar und seiner Gemahlin Dorothea Mey von Rued angebracht. Zu dieser Baumassnahme gehört auch
400.88
6WUDWLJUD¿H 6WDGWKDXVJDVVH ©+LQWHUHU 7XUPª +DXVLQQHUHV $EE Schichtaufbau
Fundnummer
Datierung
5HLQLJXQJ %DJJHUREHUÀlFKH
47
13.–18. Jh.
S24, S24a, Erhöhung G6 und Auskleidung mit Backsteinen und Zement
52, 54
neuzeitlich
S22/23, humos-kiesige Schicht mit Kalkschotter 50, 57, 58, TR 22, HZ
2. H. 15./1. H. 16. Jh.
S16, Einbau grosse Latrinengrube
45, 46, 49, 59, 61, 62, 63, 64, FZah
13./14. Jh.
S21, Planie mit losem Kalkbruch und G7
18, 53, 56, AKR, DTR 3, SR 1, TR 12, 2. H. 13./1. H. 14. Jh. HZ 51?, 53, 55, 60, TR 15b, LAR 3b, FZah spätes 12./14. Jh.
S20, anstehender aber durchmischter Humus Humus
S17–19, anstehender, steriler Sand, Malmschutt 48
500
E Östlicher Turmanbau um 1590 In einer weiteren Baumassnahme wurde der dreigeschossige Ostanbau an den Turm erstellt. Seine Deckenbalken sind ebenfalls mit beidseitig, gekehltem Auslauf gefast. Der nördliche Streifbalken liegt am Ostende auf drei Sandsteinkonsolen auf, die im Kalkbruchsteinmauerwerk der Aussenmauer verankert sind und den gassenseitigen Kastenerker tragen. Auf Grund des Allianzwappens Im Thurn-Stokar wird er um 1590 datiert.209 Das Datum gilt für den ganzen Anbau. Weil die hofseitige Befensterung des Erdgeschosses aus der Zeit von 1911 stammt, wäre zu überlegen, ob dieser Anbau gegen den Hof hin offen war, als Wagenremise diente und überhaupt zusammen mit der Hofmauer gegen die Stadthausgasse entstand. Ein Ofenabdruck in der Südwestecke des Erdgeschosses könnte aus dieser Zeit stammen, aber vielleicht auch etwas älter sein. Gegen die Stadthausgasse entstand eine weitere Latrine.210 Vermutlich führte diese Verkleinerung des Hofs auch zur Aufgabe und Auffüllung des Kellerhalses zum Hinterhaus und zur Verlegung des Kellerzugangs ins Hausinnere. «Hinterer Turm», früher «Dromedar» genannt, 15. Jahrhundert Die auffallend dünnen Mauern machen deutlich, dass es sich hier ursprünglich um ein Fachwerkhaus auf einem Steinsockel handelte, vielleicht auch nur um eine Scheune. Von der als Laube ausgebildeten Rückwand fand sich ein Rähm mit Blattsasse und Löchern der Staketen der Flechtwerkfüllung. Leider liess sich das Eichenholz 202
203 204 205 206 207 208 209 210 211 212 213
Rüeger 1884, S. 347; der zuverlässige Chronist Rüeger beschreibt die beiden Türme am Fronwagplatz etwas verwirrend: der Fronwagturn, bi den alten gnamset der Salzturn oder der turn an dem Salzmarkt und der turn bi der metzg, bi den alten gnamset der turn am ort oder am markt. (Rüeger 1884, S. 56; auch S. 336, S. 354, S. 377, S. 380, Anm. 7, S. 1012, S. 1018, Anm. 8.). Vgl. auch Rüeger 1884, S. 376 und Anm. 2 –5: An dieser metzg ist bi den alten die brodlouben und das Saltzhus gestanden, die beide ietz nit wit darvon an dieser gassen an dem ort stond, da des alten spitals kilchen gewesen. Vgl. zum Salzmarkt 1.134, S. 192 und 492. Rüeger 1884, S. 347; STASH Häuser und Liegenschaften, Abteilung Häuser B, Turm, 29. Nov. 1352. Bäschlin 1900, S. 60. Vgl. oben, S. 184; Rüeger 1884, S. 809–815, S. 1107 zu 406; Häuserdatenbank. Frauenfelder 1951, S. 344. Vgl. oben, S. 161. Vgl. oben, S. 167. Frauenfelder 1951, S. 344. Katasterplan 1868–1872. STASH Abteilung Häuser B, Turm am Ort, 3, 31. Jan. 1433. STASH Abteilung Häuser B, Turm 8. Aug. 1496, Hinterer Turm 10. Juli 1522; Häuserdatenbank. Vgl. oben, S. 113; StadtASH J21.01.S Baustellen 1948 (Neubau Alpenrösli), J01/13 (Neubau Posthörnli).
nicht datieren. In der Südostecke kam im ehemaligen Hinterhof auch die runde, gemauerte Sickergrube G6 mit dem Standardinnenmass von 2,8 m Durchmesser zum Vorschein (Abb. 698). Sie reichte um mehr als ein Drittel auch ins Grundstück «Zum hinteren Schild» hinein und wurde wohl von diesem aus mitbenutzt. Nach dem Füllmaterial in der Baugrube datiert G6 nicht vor das 14. Jahrhundert. In der Zeit um 1600 war die zugehörige Laube bereits versteinert und hatte eine Eingangstüre vom Hof her (Abb. 701), die zeittypische, hoch ansetzende Fasen zeigt, wie wir sie vom Haus «Zur Gerbe» kennen (1.116). Vielleicht wurde in dieser Zeit das Gewölbe von G6 umgebaut und später das Innere durch einen Backsteinmantel erneuert. Dieser wurde schliesslich durch einen Zementverputz abgedichtet, und so blieb G6 bis um 1900 in Gebrauch. In den Steuerregistern erscheint um 1420 der Weber Jäckli Flöter an dieser bislang leeren Stelle. Er erbaute offenbar damals das Haus, wie ein Marcherurteil von 1433 zeigt. Daraus erfahren wir, dass Flöter die Latrine im Haus von Heinrich Buchhorn, Mieter des Turms, mitbenutzt und deshalb die Entleerungskosten zur Hälfte mittragen muss.211 Es scheint demnach, dass G6 und der Hinterhof des ehemaligen «Dromedar» zu diesem Zeitpunkt immer noch zur Liegenschaft «Turm am Ort» gehörten. Zwei weitere Urteile von 1496 und 1522 überliefern Streitereien der Schneider Heinrich Kolbinger und Hans Gosswiler mit der Familie Keller von Schleitheim, Eigentümer des Turms und der Nebengebäude. Dabei ging es jeweils um das Verbot, Fenster gegen den Kellerschen Hof zu machen, und um die Ableitung des Dachwassers auf die Gasse.212
1.067 Stadthausgasse 16 «Posthörnli» (Stadthausgasse 18 «Alpenrösli») Fachwerk, Sickergrube Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1961, S. 73; Frauenfelder 1951, S. 365. Beim Abbruch des «Posthörnli» kam 1961 in der Nordwestecke eine tief in den gewachsenen Boden eingreifende Sickergrube zum Vorschein. Das «Posthörnli» besass einen 1696 datierten Eckpfeiler, der aber, wie so oft festzustellen, eine spätere Stützmassnahme für das ältere Haus war. Das Nachbarhaus «Alpenrösli» musste schon 1948 einem Neubau weichen. Die damaligen Bilder der Baulücke zeigen in der Brandmauer zwischen beiden Liegenschaften im 1. Obergeschoss Fachwerk mit grossen rechteckigen Feldern und Flechtwerkfüllungen, typisch für das 14./15. Jahrhundert (Abb. 255).213 501
1.117 Stadthausgasse 20–29 Literatur: Verwaltungsbericht Stadt Schaffhausen 1971, S. 13.
Nachdem ein Ladenumbau von 1991 bereits zu ersten archäologischen Untersuchungen im Hinterhof geführt hatte, wurde im Zuge der sanften Gesamtrenovation von 2005/2006 eine Bauuntersuchung durchgeführt. Sie betraf die Bereiche, in denen Mauerwerk, Deckenstrukturen und anderes freigelegt wurden.
Bei den noch ohne archäologische Begleitung durchgeführten Werkleitungssanierungen von 1971 zeigte sich in der Strassenmitte im Bereich «Kühler Brunnen»/«Hinterer Schild» (Stadthausgasse 18/27) Kalksteinmauerwerk. Offensichtlich handelt es sich um eine verstümmelte Wand des neuzeitlichen Entwässerungskanals.214
Ältester Kernbau Das «Gelbe Haus» liegt an der Brudergasse, heute Stadthausgasse, gegenüber dem westlichen Bereich der ehemaligen Barfüsserkirche (1.062). 6HLQH :HVWJUHQ]H ÀXFKWHW PLW GHU .LUFKHQZHVWmauer, und es scheint sich um eine sehr alte Grenze zu handeln (Abb. 704). Im Zuge der WerkOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ NDP P XQWHU GHU 2EHUÀlche ein N–S verlaufender, etwa 5 m breiter und 1 m tiefer Graben (oder eine Grube) unbekannter Funktion aus der Mitte des 12. Jahrhunderts zum Vorschein (1.163). Sie wurde vom später angelegten Kieskoffer der Brudergasse, die mit dem Bau des Barfüsserklosters in der Mitte des 13. Jahrhunderts entstand, überdeckt.
1.137 Stadthausgasse 21 «Gelbes Haus» Wohnhaus, Kernbau, Bohlenstube, Stuck, Tresor, Sodbrunnen, Kellerhals
16
In der westlichen Parzellenmauer im Hinterhof des Hauses steckt die älteste Bausubstanz der Parzelle, ein rechteckiger Kernbau vom Typ C, wie er ein paar Häuser weiter oben beim «Turm am Ort» zweimal aus der 2. Hälfte des 11./12. Jahrhunderts nachgewiesen werden konnte (1.189).
Barfüsserkirche 1.068 (Abbruch 1729 )
Stadthaus
2
Posthörnli 1.067
Krummgasse (ab 1543)
Literatur: www.zumgelbenhaus.ch; Wipf 2012; Wipf 2011, S. 60f.; Crisci, G.F.: Zum gelben Haus Schaffhausen, Diplomwahlfacharbeit in 'HQNPDOSÀHJH EHL 3URI * 0|UVFK (7+ = ULFK 1989, unpubliziert; Frauenfelder 1951, S. 427f.; Stamm 1914. Zum Sodbrunnen: Bänteli 2010a, S. 144–146; Bänteli 2009, S. 130; Mittelalterlicher Sodbrunnen, in: SN 14.8.1991. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, S. 15 mit Tafel 8 und 24. Hausinventar: Norbert Kaspar, Gelbes Haus, 1988.
Graben / Grube
Brudergasse
1.163
0
se)
(Stadthausgas
15
10
17
19
Kerze
se Sporrengas
Säule mit Doppelunterzug
hinteres Glas
Keller
gelbes Haus
25
12. Jh. Kernbau 1386
Lager
Halle Portal Rampe Keller-
hals
Eisenring 1.169
Latrine
11
ksrad hinteres Glüc
27
21
23
9
5
10 m
6
502
7
Abb. 704 «Gelbes Haus» (1.137). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
hinterer Trauben
Hinterhaus
8
Sodbrunnen
Glas (Trauben)
0 1
Storchen ) (Stokarburg
N
E Es handelt sich jedoch um eine etwas kleinere Ausführung. Das Kalksteinmauerwerk in Lagen YRQ ± FP ¿QGHW VLFK DXFK LP ZHVWOLFKHQ $Eschnitt der Südwand. Die Westwand ist im 1. Obergeschoss noch auf halbe Geschosshöhe erhalten (Abb. 704–706). In der Südwand des jetzigen Gebäudes, die im Fundament mindestens 1,2 m stark ist, stecken vermutlich Reste der Nordwand. So lässt sich ein Kernbau von etwa 7 x 12,8 m rekonstruieren, dessen Breite jenen Parzellen von 24 x 60 Fuss entspricht, die der Abt von Allerheiligen 1392 im klösterlichen Baumgarten verkaufte.215
Abb. 705 «Gelbes Haus» (1.137). Hoffassade mit Querschnitt Hinterhaus und Bauphasen (M 1:200).
420.00
419.00
418.00
417.00
416.00
415.00
4144.00
413.00
412.00
411.00
410.00
3. OG Doppelfenster 1373/1403
409.00
Neubau des Gelben Hauses 1386 Das jetzige Gebäude besteht vom Erdgeschoss bis ins 2. Obergeschoss weitgehend aus einem Guss. Sein Bauherr war ohne Zweifel ein vermögender Bürger, und die Qualität des erhaltenen Baubestands ist bemerkenswert. Es handelt sich um eine vierachsige Fassade, eine offene Halle mit Hofdurchfahrt im Erdgeschoss, die grosszügige Bohlenstube im ersten Obergeschoss und die ehemalige Belétage im 2. Obergeschoss mit einer weiteren Bohlenstube. Schliesslich gab es den ausserordentlich grossen, überwölbten Keller und einen Sodbrunnen zur eigenen Wasserversorgung.
408.00
407.00
Trog/ Ausguss
406.00
2. OG 1605 (innen, verdeckt)
405.00
404.00
Schulterbogentür
403.00
1. OG 402.00
Holzbalkensturz innen Schulterbogentür
401.00
400.00
Portal mit Buckelquadern
399.00
Sandsteinschwelle zerstört Beitreppe
398.00
Rampe
Treppenhaus/ Tresor EG
Sandsteinboden im Hof
397.00
Kellerhals
12. Jh. Kernbau
396.00
1386 Neubau
Die auffallende Fassadenbreite von 11 m entstand durch die Erweiterung der ursprünglich schmaleren Parzelle und entspricht beispielsweise dem Haus «Zur Gerbe» (1.116). Das Kalkbruchsteinmauerwerk besitzt Lagenhöhen von 8–15 cm, einen weissen, groben gotischen Mörtel und ist vereinzelt mit Hohlziegeln durchsetzt. Die Ostwand läuft über die Südfassade hinaus bis an die Parzellengrenze weiter, die Westwand schliesst in der Südwestecke an den Kernbau an (Abb. 704). Hier liegt ein Rundbogenportal aus roten Buckelquadern mit einem zweimal eingehauenen spätgotischen Steinmetzzeichen (Abb. 705 und 707). Die Buckelquader wirken erstaunlich altertümOLFK (LQH JOHLFKDUWLJH 7 UH ¿QGHW VLFK EHLP )LQV terwaldturm aus dem Jahr 1283 (1.111). Buckelquaderbögen und -türen in einem Haus in Freiburg i. Br. datieren in das Jahr 1302.216 Hinweise auf seine mögliche Wiederverwendung aus dem Vorgängerbau liessen sich aber nicht ausmachen. Das Portal greift in das ältere Mauerwerk des Kernbaus ein und ermöglicht mit seiner Breite von 2,3 m und einer Höhe von 2,7 m die Durchfahrt 214 215 216
395.00
Mitte 16. Jh. Umbau
Sodbrunnen
394.00
1605 Gesamtumbau Caspar Ramsauer
Keller
1659 Umbau Hans Ludwig Peyer
393.00
392.00
391.00
0
1
2
3
4
5m
390.00
Abb. 706 «Gelbes Haus» (1.137). Westwand des Kernbaus aus dem 12. Jh. im 1. OG.
Hauser 1996, S. 363f. Bänteli 1999a, S. 32. Eine Dendrodatierung des Sturzes ist nicht möglich, weil das Holz sehr stark verwurmt ist. Zum Steinmetzzeichen sind bislang keine Parallelen in Allerheiligen, St. Johann oder im Barfüsserkloster bekannt; Galioto/Löbbecke/Untermann 2002, S. 83–102 und S. 195.
503
von Wagen über eine Rampe in den 60 cm tiefer liegenden Hinterhof, als Zufahrt zum Keller (Abb. 718).217 Dieser nimmt nur zwei Drittel der +DXVÀlFKH HLQ ,Q VHLQHP *HZ|OEH VLQG QRFK GLH Abdrücke der Schalbretter erkennbar. Mit einem Fassungsvermögen von 260 hl Wein gehörte er im 19. Jahrhundert zu den mittelgrossen Kellern; im Mittelalter war er ein grosser Keller.218 Gut in die Bauzeit passt die Leibung des Kellertors aus Randengrobkalk. Möglicherweise wurden die Steine bei der späteren Vergrösserung mit dem jüngeren Kellerhals versetzt.
Abb. 707 U «Gelbes Haus» (1.137). Sandsteinportal aus Buckelquadern von 1386 zum Hinterhof. Links das Mauerwerk des Kernbaus aus dem 12. Jh., rechts das Mauerwerk des Tresors von 1605.
Abb. 708 Z «Gelbes Haus» (1.137). Sodbrunnen im Hinterhof von 1386 mit Sandsteinplattenboden und Katzenkopfpflästerung, wahrscheinlich vom Umbau 1605. Abb. 709 Z «Gelbes Haus» (1.137). Blick in den Sodbrunnen von 1386. Der Einlauf des Zementrohrs macht deutlich, dass der Brunnen in jüngster Zeit als Sickergrube diente.
Abb. 710 ZZ «Gelbes Haus» (1.137). Zwischenwand für den abschliessbaren Lagerraum im Erdgeschoss mit Rundbogentor und Fenster mit Kalksteingewänden von 1605, vgl. Abb. 712.
504
Im Hinterhof liegt genau in der Verlängerung der :HVWÀXFKW GHV .HOOHUV HLQ 6RGEUXQQHQ $EE 704). Er ist aus Kalksteinen trocken gemauert mit einem oberen Durchmesser von 80 cm, der sich nach unten auf 120 cm vergrössert. Die Tiefe beträgt gut 7 m und reicht damit 3 m unter das Kellerbodenniveau (Abb. 708 und 709). Er ist einer der seltenen Privatbrunnen (1.111 und 1.152), der im Gegensatz zu den ins Grundwasser abgetieften Brunnen im Kloster Allerheiligen in diesem höherliegenden Teil der Stadt Sickerwasser sammelte.219 Der umliegenden Sickergruben und Latrinen wegen kann man sich kaum vorstellen, dass dieses Wasser kristallklar und geschmacklos war. Es konnte aber durchaus als Brauchwasser für die Tiere und zu Feuerlöschzwecken genutzt werden. Der Brunnen ist auf den Katasterplänen von 1868/72 noch eingezeichnet und wurde erst im frühen 20. Jahrhundert zum Teil verfüllt, (LQH JOHLFKH 6LWXDWLRQ ¿QGHW VLFK EHLP REHUKDOE OLHgenden Haus «Hinterer Schild», Stadthausgasse 27. 218 Bendel 1954, S. 166. 219 Bänteli 2009, S. 161f.; Bänteli 2010a, S. 143–146.
E Abb. 711 «Gelbes Haus» (1.137). Querschnitt Blick Ost mit Bauphasen (M 1:200).
418.00
417.00
416.00
415.00
414.00
413.00
412.00
Abdruck Dachkonstruktion 1386
411.00
410.00
3.OG 409.00
408.00
407.00
2.OG
406.00
405.00
404.00
403.00
Erker
Bohlenstube 1.OG
402.00
Treppenhaus
Beitüre
401.00
Tresor
400.00
EG
Tor
399.00
Kellerhals 398.00
397.00
12. Jh. Kernbau 1386 Neubau
396.00
Mitte 16. Jh. Umbau 395.00
Keller
0
1
2
3
4
1605 Gesamtumbau Caspar Ramsauer
5m
394.00
1659 Umbau Hans Ludwig Peyer 393.00
Querschnitt Ost
Keller Nische
Lager Halle
Abb. 712 YY «Gelbes Haus» (1.137). Zentrale Eichensäule von 1386 im Erdgeschoss mit Torbogen von 1605, vgl. Abb. 710.
Beitüre
Tor
Durchfahrt
Nische
Bodenklappe
Sandsteinplatten
Portal mit Buckelquadern
ehemals Rampe
Kellerhals
Latrine
Abb. 713 «Gelbes Haus» (1.137). Grundriss Erdgeschoss mit Bauphasen (M 1:200).
Hof Querschnitt Ost Bollensteinpflästerung
Sandsteinplatten
Sodbrunnen
505
diente aber noch als Dachwasserversickerung. Heute ist er im Laden sichtbar. Das Erdgeschoss ist eine offene Halle mit etwa 3,3 m Höhe und einer zentralen, eichenen Stütze mit einem Doppelunterzug aus Fichtenhölzern (Abb. 704, 710– 713). Sie teilt die Halle in zwei ungleiche Schiffe. Dazu gehört eine zwischen die Brandmauern gespannte Balkenlage aus kaum bearbeiteten Fichtenhölzern. Zwei quadratische Nischen in der Ostwand liegen je etwa 3 m von den Ecken entfernt. Sie dienten zur Aufbewahrung für Lichter, Schlüssel oder anderes. Starke Brandrötungen an der Westwand gegen die Stadthausgasse hin stammen offenbar von einem lokalen Brandereignis. Das 1. Obergeschoss erreicht eine Raumhöhe von 3,2 m und weist ebenfalls eine zentrale Eichenstütze mit Doppelunterzug auf (Abb. 711 und 714). Die Stütze ist gleichzeitig Eckständer der Bohlenstube mit Doppelnuten der ehemaligen Bohlenwände. Die Ostwand ist modern. Die Südwand der Bohlenstube ist in Resten erhalten mit Rähm, Eckständer und dem Pfosten der originalen Türe, die ursprünglich 80 cm weiter östlich lag (Abb. 715). Ein Wechsel in der Balkendecke vor der Südwestecke der Bohlenstube stammt vom Rauchfang der ehemaligen Herdstelle. Sie diente auch der Befeuerung des Stubenofens. Der heutige Kachelofen stammt aus dem frühen 20. Jahrhundert. Vollständig erhalten ist die gewölbte Bohlenbälkchendecke, die gegen die Strasse hin 20 cm ansteigt, um mehr Licht in die Stube zu bringen. Die Deckenbälkchen besitzen runde Schildchen in der Mitte und sind an den Enden mit Lilien verziert (Abb. 164). Ein dicker Mörtelestrich über der Stubendecke diente als Feuerschutz des offenen Deckenhohlraumes. In der strassenseitigen Fassade stecken die Reste eines aus Kalksteinen gemauerten Entlastungsbogens. Dazu gehörten zwei Zweierfenster mit Mittelpfosten. Vom einen sind Reste zwischen dem jetzigen Erker und dem Fenster von 1605/59 erhalten und scheinen leicht im Fassadenputz durch. Weil sie eine Hohlkehle mit einseitig gekehltem Auslauf aufweisen, ist unklar, ob es sich hier bereits um einen jüngeren Fensterumbau handelt, d.h. um die
Versteinerung einer ursprünglichen, befensterten Bohlenwand. Unklar ist ebenso, ob zu dieser Zeit die Barfüsserkirche bereits ihre endgültige Länge aufwies und der Blick aus der Stube bereits von $QIDQJ DQ DXI GDV KLQWHUH .LUFKHQSRUWDO ¿HO (LQ ZHLWHUHU HWZDV ÀDFKHUHU (QWODV tungsbogen über den Fenstern von 1659 in der Osthälfte des 1. Obergeschosses zeigt, dass hier eine ähnliche Situation bestand. Das 2. Obergeschoss und der Dachstuhl dieses Gebäudes wurden beim Umbau von 1659 abgetragen und neu gebaut. Abdrücke der ehemaligen Decke mit Resten der Dachlinien an den Giebelwänden erlauben die Rekonstruktion einer Raumhöhe von etwa 3,7 m (Abb. 711 und 716). Das damit etwa 50 cm höhere Geschoss war demnach die Belétage, mit gleicher Grundstruktur wie die unteren beiden Geschosse. Eine mittige Säule mit zwischen die Brandmauern gespanntem Doppelunterzug trug die rechtwinklig dazu verlaufenden Decken- oder Bunddachbalken mit einem gegen EHU KHXWH HWZDV ÀDFKHUHQ JHQHLJWHQ 'DFK In der neuen Decke von 1659 sind wiederverwendete Bälkchen eingebaut, eines davon mit den gleichen Verzierungen wie an der Decke der Bohlenstube im 1. Obergeschoss, aber mit kürzerer Länge. Die Bälkchen stammen von einer weiteren Bohlenstube in diesem Geschoss. Gut in die Bauzeit passt auch die vermauerte Leibung eines ehemaligen Doppelfensters in der Südfassade mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf (Abb. 705 und 162), dessen Datierung wir in die Jahre 1373/1403220 eingrenzen können. Dieses Fenster belichtete das innenliegende Treppenhaus; Teile weiterer solcher Fenster wurden im Ostgiebel von 1659 wiederverwendet. Schliesslich hat sich der Abdruck einer Blockstufentreppe als grauer Streifen mit schwarzer Begleitlinie an der Südwand im 1. Obergeschoss erhalten. Die dendrochronologische Datierung gestaltete sich für das «Gelbe Haus» unüblich schwierig. Sicher ins Jahr 1376 datiert ist einzig der eichene Eckständer der Bohlenstube im Obergeschoss. Er
Dendrodatierung 1.137 Stadthausgasse 21 «Gelbes Haus»221 Bauphase
Ort
Neubau 1386
Stütze EG Unterzug EG Deckenbalken EG Eckständer und Rähm Bohlenstube 1. OG Deckenbalken 1. OG
506
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1 1386? WK? (9) 2–3 1383? WK? 11 undatiert 4 1383/84? WK 5–6 1376 (4), 1x undatiert
Holzart
7–10
Fichte
1382/83? WK, 1385? WK?, 1385/86? WK, undatiert
Eiche Fichte Fichte Fichte Eiche
E Querschnitt Ost
Erker
3 2
Bohlenstube
1 re
originale Tü Rauchfang
Bodenklappe
Querschnitt Ost
1
12. Jh. Kernbau 0
1
2
3
4
1386 Neubau
5m
N
Mitte 16. Jh. Umbau 1605 Gesamtumbau Caspar Ramsauer
Abb. 714 U «Gelbes Haus» (1.137). Grundriss 1. OG mit Bauphasen (M 1:200).
1659 Umbau Hans Ludwig Peyer
umfasste 80 Jahrringe, vier davon sind Splintringe. Die Fichten hingegen stammen von schnellgewachsenen Hölzern mit wenigen Ringen, weshalb die Korrelationen untereinander und mit den Standardsequenzen schlecht sind. Immerhin sind unsichere Datierungen in die Zeit des Eckständers möglich. Berücksichtigt man das oben erwähnte Fenster im 2. OG der Hoffassade, dessen Datierung sich in die Jahre um 1373/1403222 eingrenzen lässt, so kann man von einem Baudatum im Jahr 1386 ausgehen. Es unterstützt die baugeschichtliche Vermutung, dass das Haus ein Neubau nach dem Stadtbrand von 1372 sei. Eine mögliche Brandbeschädigung des Vorgängerbaus liess sich im untersuchten Bereich aber nicht erkennen. 220 221 222
Vgl. oben, S. 123. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 535 vom 10.10.2006 und Bericht 1387 vom 13.2.2015. Vgl. oben, S. 123.
Abb. 715 UU «Gelbes Haus» (1.137). Eckpfosten (1) der Bohlenstube von 1386 im 1. OG, mit Türpfosten (2). Die (Bisam?-)Ratte (3) gehört zur Grisaillemalerei von 1605. Abb. 716 U «Gelbes Haus» (1.137). 3. OG, Aufstockung von 1659, Stuckdecke mit Triton und Nereide. Der dunkle Putz (1) stammt vom alten Ostgiebel mit dem Abdruck des Dachstuhls von 1386.
Abb. 717 Y «Gelbes Haus» (1.137). 2. OG mit den durchgebogenen Deckenbalken von 1386. An den Wänden Grisaillemalerei von 1605; Stuckdecke von 1659 mit Szenen aus dem Leben des Propheten Jonas.
507
Umbauten Mitte 16. Jahrhundert Einem ersten Umbau entstammen die beiden einfach gekehlten Kreuzstockfenster im 2. Obergeschoss der Südfassade. Die Gewände scheinen sekundär wiederverwendet oder umgearbeitet, mit Fasen, die teilweise an den eingemauerten Seiten, aber auch an einem Mittelpfosten sichtbar sind (Abb. 705 und 717). Innen in der Leibung ist die älteste Farbfassung erhalten, ein ockergelbes Band, begleitet von grauen Streifen, die mit schwarzen Linien abgeschlossen sind. Ob auch die Hauptfassade an der Stadthausgasse Veränderungen erfahren hat, wissen wir nicht. Der gemauerte Kellerhals entstand nachträglich. Er ist mit einer Tonne gewölbt, auf der noch die Abdrücke der Schalbretter erkennbar sind, und hat ein Rundbogentor aus rotem Sandstein. Das Gewände des alten Kellertors aus Randengrobkalk wurde vergrössert und ein neuer Kalksteinbogen eingebaut. Die Orientierung des schräg nach Südwesten abgewinkelten Kellerhalses dürfte mit der Anlage des dreigeschossigen Hinterhauses zusammenhängen. Letzteres besitzt unregelmässiges Mauerwerk aus grossen Blöcken mit vielen kleineren Steinen als Füllmaterial. Der Anschluss ans Vorderhaus ist unklar. Es ist denkbar, dass zwischen Vorderhaus und Hinterhaus zunächst eine schmalere Laube bestand, zu der die Latrine gehört, die bei der Anlage eines Liftschachts zum Vorschein kam. Es handelt sich um eine rechteckige Grube von 1,2 x 1,6 m, die bis Anfang des 20. Jahrhunderts in Betrieb war (Abb. 718). Gesamtumbau durch Caspar Ramsauer 1605 Ein erster grosser Umbau gab dem spätgotischen Gebäude ein neues Erscheinungsbild. Die inneren Strukturen wurden mit Ausnahme der Bohlenstube im 1. Obergeschoss verändert. Der Neubau befriedigte nicht nur die neuen Ansprüche des Bauherrn, sondern sanierte gleichzeitig einen Bauschaden. Die gotischen Deckenbalken hatten sich zum Teil extrem durchgebogen und lagen in der Mitte 20 bis 30 cm tiefer als am Rand (Abb. 711 und 717). Wie beschrieben, stehen die gotischen Eichenstützen übereinander zentral im *HElXGH MHGRFK GH]HQWUDO DXI GHP QLFKW YROOÀlchigen Kellergewölbe, was hier zu einer ungleichen Lastübertragung und offenbar zum Abrutschen des Fundaments führte. In der Halle im Erdgeschoss wurde das Bodenniveau etwa 30 cm angehoben und der ganze Raum durch eine neue, 50 cm starke Trennmauer unter dem Doppelunterzug unterteilt. Ostseitig wurde so ein abschliessbarer Lagerraum geschaffen und gleichzeitig die statische Situation saniert, während der etwas grössere westseitige Bereich nach wie vor dem Warenumschlag diente und als 508
Durchfahrt zum Hinterhof zur Verfügung stand (Abb. 707 und 713). Durch den Einbau eines Rundbogentors aus Kalkstein mit 1,8 m Breite wurde die Eichensäule südseitig um ein Viertel reduziert. Neben dem Tor liess man ein kleines Rechteckfenster mit mittigem Eisenstab in die Wand ein. Der zugehörige Ladenfalz und -kloben sind hallenseitig angebracht, genauso auch der Torfalz. Er stammt von einem einzigen, grossen Flügel, wie einseitige Angellöcher mit gegenüber liegendem Riegelverschluss zeigen. Das Tor diente nur für den Warenumschlag. Als Personenzugang benutzte man die Beitüre, deren gut 1 m breites Kalksteingewände nur 1,4 m hoch ist und nordseitig an die Säule anschliesst. Ein sekundär eingebauter Balkenwechsel in den spätmittelalterlichen Balkenlagen vor den Türen im 1. und 2. Obergeschoss scheint mit Bodenklappen zusammenzuhängen, durch die die Waren direkt vom Lager ins Dachgeschoss hochgehievt werden konnten. Durch den neuen, abschliessbaren Lagerraum wurde auch der bisherige Zugang zum Treppenhaus aufgehoben (Abb. 705, 711, 712 und 718). Als Ersatz dafür diente die neue Türe mit Schulterbogensturz neben dem alten Hoftor in der Südfassade, die Teil einer komplizierten, fast labyrinthischen Überbauung des älteren Kellerhalses ist. Diese beinhaltet einerseits eine tonnenüberwölbte Beitreppe zum Kellerhals, die dem Zugang zum Keller dient, ohne dass das grosse Tor geöffnet werden musste..223 Andererseits liegt die Schulterbogentüre 90 cm über dem Erdgeschossboden, weil sie Beitreppe und Kellerhals als Verbindung zur neuen, aussen an der Hoffassade angelegten Treppe zum Obergeschoss überbrücken musste. Der neue Bauteil besteht aus zeittypischem, auf Sicht gearbeitetem Kalkquadermauerwerk in Lagen von 30–35 cm Höhe. Der Kellerhals wurde mittels Backsteingewölbe etwa 60 cm auf die QHXH %DXÀXFKW YHUOlQJHUW hEHU GHP JDQ]HQ .HOlerhals wurde zudem ein kleiner Tresorraum mit einem diesem entsprechenden Grundriss errichtet. Weiter gehören zu dieser Baumassnahme das neue Treppenhaus, welches das Hinterhaus ans Vorderhaus anbindet und an dessen Fassadenputz anschliesst, sowie je eine Schulterbogentüre im 1. und 2. Obergeschoss als neue Wohnungseingänge. Der Zugang im 1. Obergeschoss trägt das Datum 1605 und datiert den gesamten Umbau.224 Bei der Anschlussstelle des Hinterhauses wurde in beiden Obergeschossen ein weiteres Kreuzstockfenster eingebaut, um die neu entstandenen Eingangshallen zu belichten. Ihre Gewände sind doppelt gekehlt und laufen in Renaissancevoluten aus. Das Fenster im 2. Obergeschoss tritt an die Stelle des originalen Doppelfensters (Abb.
E Abb. 718 «Gelbes Haus» (1.137). Grundriss Untergeschoss mit Bauphasen (M 1:400).
*OHLFKH 9ROXWHQ ¿QGHQ VLFK DQ GHQ 3LODVWHUQ des hölzernen Trapezerkers wieder, der die Formen der Steinerker übernimmt (Abb. 711 und 714 und 719). Er tritt an die Stelle des einen originalen Zweierfensters und übernimmt das andere, vor dessen Seitengewände innen eine ornamentierte, achteckige Fenstersäule aus graugrünem Sandstein hinzukommt. Die Säule trägt ein Wappenschild, in das der jeweilige Hausbesitzer sein Wappen malen liess (Abb. 164).225 Südseitig wurde schliesslich der mittelalterliche Doppelunterzug entfernt und um eine Fensterachse nach Westen verschoben, um auf Kosten der Rauchküche eine grosse Eingangshalle zu schaffen. Darüber wurde im 2. Obergeschoss die Küche ausgebaut, wie die Nische mit Sandsteintrog und Ausgussrinne in den Hof beim neu eingebauten Fenster deutlich macht (Abb. 705). Im Hof wurden quadratische Sandsteinplatten mit Seitenlängen von 45 cm längs der Westwand auf gut 3 m 223 224
225
Bendel 1954, S. 156. Das einst sichtbare Umbaudatum ist jetzt verdeckt, Stamm 1914, S. 80. Aus ökonomischen Gründen wurden die nachmittelalterlichen Bauphasen nicht dendrochronologisch untersucht. Wappenschild mit Harder- und Schnetzlerwappen. Der Arzt Johann Christoph Harder kaufte 1727 das Haus; der stadthausseitige Saal im 2. OG mit Kassettendecke und brusthohem Täfer stammt vielleicht aus dieser Zeit und diente vielleicht als Arztpraxis. Ein älteres Wappen scheint darunterzuliegen, Crisci 1989, S. 22. Stimmt die Mitteilung von Frauenfelder 1951, S. 428, es handle sich um ein Peyerwappen, oder ist dies ein Irrtum?
Gewölbekeller
Beitreppe
Kellerhals
Latrine
12. Jh. Kernbau 0
1
2
3
1386 Neubau 4
5m
Mitte 16. Jh. Umbau
N
1605 Gesamtumbau Caspar Ramsauer 1659 Umbau Hans Ludwig Peyer
Abb. 719 «Gelbes Haus» (1.137). Fassade Stadthausgasse von 1605/59. In der Pflästerung ist die Lage der Fundamente der Barfüsserkirche mit weissen Pflastersteinen gekennzeichnet.
509
Abb. 720 «Gelbes Haus» (1.137). Eingangshalle im 1. OG mit Ziergehängen, farbigen Pflanzenmotiven und Sinnsprüchen, um 1605.
Breite im Bereich der Wagenzufahrt neu verlegt $EE *OHLFKH 3ODWWHQ ¿QGHQ VLFK EHLP 7RU im Hauseingang, dort aber diagonal verlegt. Die %ROOHQVWHLQSÀlVWHUXQJ LP +RI NDQQ HEHQIDOOV DXV dieser Zeit stammen, aber auch jünger sein. Malereien Die Bauphase von 1605 ist geprägt durch eine Grisaille-Architekturmalerei, die sich vom Erdgeschoss bis ins 2. Obergeschoss an Wänden, Türen, Fenstern und am Holzwerk ablesen lässt, das grau gefasst und durch schwarze Begleitlinien begrenzt ist. Bekrönungen sind über Türen, Fensterund Schranknischen vorhanden. Vereinzelt kommt auch hier ein ockergelbes, teilweise marmoriertes Band hinzu, etwa beim langschmalen Wandschrank in der Westwand im 2. Obergeschoss (Abb. 717).226 Singulär ist die (Bisam-?) Ratte, die den ehemaligen Türsturz in die gotische Stube ziert (Abb. 715). Steht sie im Zusammenhang mit dem Hausbesitzer und seiner Familie, oder ist es eine humorvolle Ausschweifung des Malers? Im 1. Obergeschoss in der Eingangshalle ¿QGHQ VLFK =LHUJHKlQJH PLW IDUELJHQ 3ÀDQ]HQmotiven und Sinnsprüchen (Abb. 720). Diese bislang noch nicht weiter bearbeiteten Malereien stehen in der Tradition des Schaffhauser Flach- und Glasmalers Hans Wilhelm Jezler (1571–1611), dessen Grisaillemalereien vor allem aus der 1602 geweihten neuen Klosterkirche der Klarissinnen im Paradies bekannt wurden.227 Schliesslich ist eine dritte, barocke Architekturmalerei mit einem helleren Grauton vorhanden, zu dem weinrot als dominierende Farbe sowie marmorierte Flächen hinzukommen. Die illusionistische Architekturmalerei blieb in einer eher groben Ausführung im Deckenhohlraum über der Stuckdecke im 1. Obergeschoss erhalten. Im HinWHUKDXV ¿QGHW VLH VLFK LQ ¿OLJUDQHUHU $XVI KUXQJ PLW 3ÀDQ]HQPRWLYHQ YLHOOHLFKW DXV HLQHU DQGHUHQ Renovation stammend.
510
Der luxuriöse Umbau des Hans Ludwig Peyer 1659 Erst ein zweiter, noch stärker eingreifender Gesamtumbau gab dem Haus weitgehend das heutige Gepräge. Datiert wird dieser Umbau durch die neu entdeckte, stuckierte Jahrzahl 1659 an der Erkerdecke im 1. Obergeschoss.228 Der mittelalterliche Dachstuhl und die Decke über dem 2. Obergeschoss wurden entfernt und das dritte Obergeschoss mit dem noch bestehenden, liegenden Dachstuhl aufgesetzt. Das grossteilige Kalkbruchsteinmauerwerk der Aufstockung ist mit einzelnen Flachziegeln durchsetzt und mit einem feinen, barocken Mörtel vermauert. Die neuen Fenster besitzen einfach gekehlte Fenstergewände mit einseitigem Auslauf und EntlastungsVW U]HQ DXV %DFNVWHLQ ,P 2EHUJHVFKRVV ¿QGHQ sich diese auch an der Hoffassade. Die stadthausseitige Fassade zeigt noch immer die streng symmetrische, vierachsige Befensterung. Durch BeU FNVLFKWLJXQJ GHV EHVWHKHQGHQ (UNHUV ¿HO GLH Mittelpartie etwas breiter aus. Trotz der Anlage der Krummgasse durch das ehemalige Klosterareal im Jahre 1543 (1.068) stand die Fassade des «Gelben Hauses» bis zum Abbruch des Westteils der Barfüsserkirche 1729 in deren Schatten. Erst mit dem gleichzeitigen Neubau des zurückversetzten Stadthauses erhielt das Haus die prominente Stellung, in der wir es heute wahrnehmen. Ganz im Gegensatz zur Schlichtheit der Fassade spiegelt sich im Einbau von hausbreiten Prunksälen die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung der vermögenden Hausbesitzer. Ein ungeheizter(?) Sommersaal entstand südseitig im 2. Obergeschoss gegen den Hinterhof, ein leicht grösserer Wintersaal nordseitig im 3. Obergeschoss gegen die Stadthausgasse, mit einem Ofen in der Südwestecke. Das ganze Haus wurde vom Erdgeschoss bis ins 3. Obergeschoss mit prachtvollen Stuckaturen ausgestattet, wobei die FensWHUVW U]H XQG GD]ZLVFKHQOLHJHQGH :DQGÀlFKHQ und vor allem die Decken mit einbezogen wurden. Die Signaturen SH LGHQWL¿]LHUHQ 6DPXHO +|scheller als künstlerischen Urheber des Stucks.229 Die Prunkdecken der Säle zeigen im 2. Obergeschoss eine biblische Darstellung mit zwei Szenen aus dem Leben des Propheten Jonas (Abb.
E 717), im 3. Obergeschoss Gestalten der griechischen Mythologie: Triton, Sohn des Poseidon und eine Nereide. Die gleiche Symbolik zeigte auch die Decke im Erdgeschoss, die 1910 zerstört wurde. Zum Umbau von 1659 gehören im 3. Obergeschoss eine Kalkschneiderdecke, brusthohe Täfer, Türeinfassungen, Schrankeinbauten und ein Alkoven unter der Estrichtreppe. Vielleicht wurden bei diesem Umbau auch die Bohlenwände der Stube im 1. Obergeschoss entfernt. Durch den Ersatz mit verputztem Mauerwerk verlor die Stube das düstere, mittelalterliche Erscheinungsbild. Familien Ramsauer und Peyer als Hausbesitzer im 16. und 17. Jahrhundert Ende des 15. Jahrhunderts kam das Haus in den Besitz der Familie Ramsauer, die bis dahin an der Beckenstube wohnte. 1505 wurde in einem Marcherurteil Hans Ramsauers Hausmauer erwähnt, die von der Brudergasse her ans «Glas» anstösst, der heutige «Trauben» an der Vordergasse 70. Zunftmeister Heinrich Ramsauer stand 1570 an 15. Stelle der reichsten Schaffhauser.230 1603 und 1627 wird Kaspar Ramsauer als Eigentümer des Hauses erwähnt. Er war Amtmann des St. JoKDQQVHUDPWV VSlWHU 2EHUSÀHJHU 2EHUYRJW YRQ Merishausen, Zeugherr und Zunftmeister der Gerber. Zudem betrieb er zusammen mit Bartholomäus Peyer eine von damals mehreren Schaff226
227
228 229
230 231
232 233 234 235 236 237 238
Stamm 1914, S. 82 spricht von einer al fresco-Malerei an der Westwand im 2. OG, die er als religiöses Sujet interpretiert (Kopf mit Heiligenschein). Ist es die Grisaille-Bekrönung des Wandschranks? Sendner 2003, S. 38–43; zu Jezler Hasler 2010, S. 87f.; weitere Beispiele von Graumalerei in der Schaffhauser Landschaft: Hermann/ Räber 2010, S. 305; Bänteli 2016, S. 73, S. 78f. Wipf 2012. Ich gehe eher von einer gleichzeitigen Entstehung der Stuckaturen aus, Besprechung mit den Stuckateuren Bosshard (IGA Zürich) und Münch (Schlatter, Schaffhausen) und H.U. Wipf am 9.3.2006. Allerdings tauchten bei der Bearbeitung durch Wipf von 2011 stilistische Vorbehalte zu dieser Annahme auf, vgl. Wipf 2012. STASH Abteilung Häuser B, Storchen, 14. August 1505; Crisci 1989, S. 8ff.; Schmuki 1988, S. 412 mit Anm. 509 und 547; Bänteli, Häuserdatenbank; StadtASH A I/1022, 11. April 1600; A I/1153, 11. Nov. 1611; A I/1563, 5. Feb. 1613; C II.05.08.04.02/07 1976–1977 (Hausgeschichtliche Angaben); Schmuki 1988, S. 14, S. 194 und S. 584. Steinegger 1962, S. 32; Bächtold/Wanner 1983, S. 140. Frauenfelder 1932, S. 32; Urner-Astholz et al. 1957, S. 200. Schmuki 1988, S. 243 und S. 504f. Hofer 2011, bes. S. 112–114. Frauenfelder 1951, S. 428; dazu auch Frauenfelder 1932, S. 435, S. 445, S. 446, S. 501f. Schmuki 1988, S. 504f. Wipf 2012; über allfällige ältere Werke eines bereits 1641 aktenkundig gewordenen Berufskollegen ist bislang nichts näheres bekannt, vgl. Wipf, 1990.
Handelsgesellschaften.231
hauser Diese Gesellschaften lieferten alle möglichen Waren, wie noch erhaltene Fakturenbücher belegen: Getreide, Salz, Blei, Salpeter, Glas, Arzneien, Zinn oder Indigo.232 Der Hausumbau von 1605 spiegelt die )XQNWLRQHQ GLHVHU +DQGHOV¿UPD ZLGHU GDV /Dgern, Verkaufen und Transportieren von Waren. 1634 geriet die Gesellschaft in Konkurs, als in den Wirren des Dreissigjährigen Kriegs die Schweden ein nach Konstanz fahrendes Schiff mitsamt Waren entwendeten. Bartholomäus 3H\HU HQWÀRK LQ GLH )UHLKHLW (U XQG .DVSDU Ramsauer wurden mit 9 Monaten Gefängnis und zwei Jahren Landesverweisung bestraft.233 Vermutlich im Rahmen des Konkurses der gemeinsamen Handelsgesellschaft gelangte das «Gelbe Haus» von den Ramsauern an die Peyer. 1650 ging es von Katharina Zollikofer, Witwe Hans Ludwig Peyers (1565–1623), an ihren Sohn Hans Ludwig Peyer (1611–1682). Seine Eltern gehörten zu den reichsten Bewohnern der Stadt. (U VHOEVW ZDU ELVFK|ÀLFK NRQVWDQ]LVFKHU $PWmann in Schaffhausen, Gerichtsherr im Amt Uhwiesen und in Haslach, und mit Margaretha von Waldkirch (1621–1666) verheiratet.234 1682 erbte David Peyer (1644–1690) das Haus. Ab 1684 lag dieser mit seinem Bruder Hans Ludwig (1640– 1717) in einem Rechts- und Erbschaftsstreit um die Gerichtsherrschaft Haslach. Der Familienzwist beschäftigte Rat und Gericht; in seinem Verlauf wendeten beide Parteien unlautere Mittel an; er mündete in die Verfassungskrise von 1688.235 Schliesslich erbte Hans Friedrich Peyer (1657– 1701), der jüngere Bruder Davids, das Haus. Wegen dessen Ehe mit Barbara von Waldkirch und dem Allianzwappen Peyer-von Waldkirch auf der Decke im 3. Obergeschoss vermutete Frauenfelder, dass Hans Friedrich Peyer Ende 17. Jahrhundert Auftraggeber der Höscheller-Stuckaturen war.236 Die neu entdeckte stuckierte Jahrezahl 1659 an der Erkerdecke deutet darauf hin, dass wir es mit einem Erstlingswerk des späteren Meisters zu tun haben könnten und LGHQWL¿]LHUW 9DWHU +DQV /XGZLJ 3H\HU DOV $XItraggeber, der ja ebenfalls mit den Waldkirch Familienbande eingegangen war. Dass Peyer nach den Steuerbüchern ab 1658 in 4. Position, ab 1665 bis 1677 an 3. Position der reichsten Schaffhauser steht, erklärt den luxuriösen Hausumbau 1659 im Licht dieser Entwicklung. Noch 1650 stand Peyer an 12. Stelle, 1654 bereits an 9. Stelle unter den Reichsten der Stadt. Die Gründe für seine lebhafte Vermögensentwicklung sind aber nicht bekannt.237 Jedenfalls besass er mit dem «Gelben Haus» als einer der Ersten in Schaffhausen eine mit prunkvollem Stuck ausgestattete Liegenschaft.238 511
512
F
F. Quartier Kloster St. Agnes Vor 1080 durch Ita von Nellenburg gestiftetes Benediktinerinnenkloster, das ähnlich wie ein Doppelkloster mit dem Kloster Allerheiligen verbunden, aber räumlich von diesem getrennt war.
1.079 Repfergasse 3 Kloster St. Agnes, Alterszentrum Kirchhofplatz Kloster St. Agnes, Kirche, Turm, Kreuzgang, Kellerhals Literatur: SPM VII 2014, S. 493f; Bänteli 2014c, S. 493f.; Bänteli 2013b, S. 18f.; Bänteli 2002, S. 43; JbAS 82, 1999, S. 315; Bänteli 1999a, S. 51– 52; SN Sonderpublikation 11.9.1998; SN 27.9.1997; Hauser 1996, S. 389f., S. 392; Michler 1992, S. 197; Frauenfelder 1986; Frauenfelder 1951, S. 157–168. Bildquellen: Grütter 2005, S. 122, Kat. 19–21; S. 123, Kat. 23–24; S. 128, Kat. 94–96; S. 137, Kat. 176/177, S. 142, Kat. 220–222, S. 148, Kat. 277; S. 149, Kat. 278/279. Erstmals wurden im Zuge der Umbauarbeiten von 1997/98 archäologische Untersuchungen in diesem Kloster durchgeführt. Es war bekannt, dass das Hauptgebäude des Alterszentrums der gotischen Klosterkirche entspricht (Abb. 118). Gross war aber die Überraschung im Herbst 1997, als unter den dicken modernen Verputzschichten noch aufrecht erhaltene Teile des romanischen Gotteshauses zum Vorschein kamen (Abb. 722 und 49).1 Die heutige Cafeteria entspricht weitgehend dem Kirchenschiff, und die gesamte Nordwand ist noch zu zwei Dritteln der ehemaligen Höhe erhalten. Mittels verschiedener Sondagen im Innern und im südlich davor liegenden Garten liessen sich die romanische Kirche und, wenigstens in Teilen, der Kreuzgang erforschen.
1 Schib 1942, S. 13 hatte bereits Fischgratverband in der Nordwand der Klosterkirche erwähnt, ohne dass dies in die spätere Literatur einfloss. 2 Gamper 1999, S. 35; Bänteli 1999a, S. 51. 3 Bänteli 1999a, S. 60–74. 4 Roitner 2007, S. 103; Gamper 1999, S. 135. 5 Gamper 1999, S. 135. 6 Bänteli 2013a, S. 367f.
Anfänge des Klosters St. Agnes Zum Kloster Allerheiligen gehörte auch der von Ita von Nellenburg gegründete Nonnenkonvent von St. Agnes. Sein Gründungsbau fällt in die letzte Zeit des Eigenklosters vor 1080.2 Er dürfte noch innerhalb des nellenburgischen Stadtwalls liegen und könnte in jenen Fundamenten zu suchen sein, die nordöstlich der Stadtkirche unter dem mittelalterlichen Friedhof liegen (1.130). Es ist zu vermuten, dass die Hirsauer Reform durch Burkhard von Nellenburg und Abt Siegfried wie in Allerheiligen3 so auch in St. Agnes zu einem Klosterneubau führte.4 Darauf deutet die Erweiterung des Klostergrundstücks nach Norden hin. Die noch heute im Hauptgebäude des Alterszentrums Kirchhofplatz erhaltene Kirche liegt nämlich 25 m ausserhalb des ältesten, nordseitigen Stadtwalls aus der Mitte des 11. Jahrhunderts, dessen Graben ganz in der Nähe auf Höhe der heutigen «Ochseschüür» nachgewiesen ist (1.149). Das Mauerwerk der Kirche ist identisch mit jenem des Münsters Allerheiligen IV der Zeit um 1100, ein deutlicher Hinweis darauf, dass der postulierte Neubau von St. Agnes in der gleichen Zeit entstanden ist. Dies deckt sich mit den schriftlichen Quellen: St. Agnes ist 1092 als cellula erwähnt, seine Kirche 1094 als ecclesia.5 Kirche Durch die Sondagen entlang der Nordwand und im Keller an der Südwand liess sich die romaQLVFKH .LUFKH ZHLWJHKHQG GH¿QLHUHQ (LQ]LJ GHU Ostabschluss konnte nicht untersucht werden (Abb. 721). Offen bleibt deshalb, ob mit einer Apsis – entsprechend Allerheiligen IV um 1100 – oder mit einem Rechteckchor zu rechnen ist, wie er am Münster kurze Zeit später um 1120 angefügt wurde.6 Die Gesamtlänge der Kirche betrug nach den Sondageergebnissen 30–33 m, nachgewiesen sind 28,5 m bei einer Schiffbreite von 10,6 m. Die Länge entspricht damit jener des Münsters II; die Aussenmasse sind ähnlich wie jene der Leutkirche St. Johann II und der Kirche von Wagenhausen bei Stein am Rhein. Wagenhausen als 513
um sba Nus
27032
Agnesentörli 1.147/1.105
6
1.147
8
Pulverturm 1497
e rgass Repfe 2703229
r aue dtm Sta
Gerbergrube 16./17. Jh.
Kellerhals 1604
neues Pfrundhaus 1604
Profil A
Turm
auer Stadtm
Profil A 1.079
haus 72
Kirche
Profil B
Keller
Profil B
Ansicht C 1.149 g Nord Kreuzgan
Pfrundhausgasse
altes Pfrundhaus 1542
Kreuzgang Ost Kreuzgang West
nes Kloster St. Ag
Graben
nstruiert) Wall (reko
Trotte /Spitalmeisterei
2. Hälfte 11. Jh. 12. Jh.
N
0
5
10 m
um 1300 14. Jh. um 1400
Mörtelgussboden Pflästerung
um 1430 15. / frühes 16. Jh. 16. / 17. Jh.
9031830.2 2703150
Rinderstall / Scheune talt 1881 Strafans
Kirchhofplatzschulhaus
M24
M11
Abb. 721 Kloster St. Agnes (1.079). Situation des ehemaligen 19 Klosters St. Agnes, mit Bauphasen (M 1:500).
514
P2
Tor
Profil B
2703225
P6
Steinmetzabfall Bauhütte
Kabishaus
e fgass
393.00
394.00
395.00
396.00
397.00
398.00
399.00
400.00
401.00
Kirche 1200
Kirchenerweiterung 12. Jh.
Turm um 1300
Sturz Westfenster
Sturzbalken um 1300
3. Kirchenboden: Tonplatten Kirche spätes 2. Kirchenboden: Ziegelschrot gerötet 11. Jh. 1. Kirchenboden
heutiger Boden
Jetziger Eingang
0
Chor der Nonnen / Laienschiff
heutige Decke
1
Grundriss
2
3
4
5m
Quadermalerei
Schranke
St. Agnes Ansicht Nordwa 1 : 50
F
Abb.722 Kloster St. Agnes (1.079). Profil A–A Ansicht Nordwand der Nonnenkirche (M 1:100).
515
B2
396.00
B1
Zugangstüre der Nonnen vom Kreuzgang
Kirche um 1300
Brand Turmabbruch 1822/25
395.00
Kreuzgang Westwand
Kirche 12. Jh.
Kellerdecke
Türschwelle
Kieselpflaster in Sand
1. Kirchenboden
394.00
Kellerboden
393.00 0
1
2
3
4
5m
396.00
B2
B3 395.00
Kreuzgang Nord Kreuzgang Ost jüngere Kieselpflästerung älterer Mörtelguss in Sand auf Kieselpflästerung
Mörtelboden auf Kalksteinunterlage
Bauniveau
394.00
Planie Kanal?
393.00
Abb. 723 U Kloster St. Agnes (1.079). Profil B–B durch nördlichen Kreuzgang und Südwand der Nonnenkirche (M 1:50), vgl. Abb. 721.
1
2
Abb. 724 Z Kloster St. Agnes (1.079). Im Keller unter der Cafeteria des Alterszentrums sichtbar erhaltener Abschnitt der Südwand der Nonnenkirche mit Türleibung (1) und Schwelle aus grossen Kalkquadern (2), Ende 11. Jh., vgl. Abb. 723.
516
F Teil eines von Allerheiligen abhängigen Prioratsklosters ist eine weitere Gründung von Abt Siegfried. Dort lebt noch heute das baugleiche Münster Allerheiligen I/II weiter.7 Das Terrain im Bereich der Klosterkirche von St. Agnes wurde vor Baubeginn abhumusiert. Das Bauniveau liegt auf 394,35 m ü. M. auf der Oberkante des anstehenden Silts und 1,4 m unter dem heutigen Boden. Der Fundamentkörper aus Kalkbruchsteinen ist 1,5 m hoch und weitgehend in opus spicatum, also in Ährenwerk mit lagenhaften Ausgleichslagen gemauert. Ein feiner Absatz auf dem Bauniveau markiert den Übergang zum aufgehenden Mauerwerk. Dabei handelt es sich um Handquadermauerwerk in regelmässigen Lagen von 12–15 cm Höhe und einer Mauerstärke um 0,85 m. Wenn auch die ursprüngliche Höhe nicht untersucht werden konnte, geben zwei originale Fenster in der Nordfassade Hinweise darauf. Ihre Fensterbank liegt 4,2 m über dem Boden, die Breite beträgt 0,65 m. Auf Grund der Münsterkirche lässt sich eine lichte Fensterhöhe von 1,7 m und mit gleichen Proportionen eine Gesamthöhe der Kirchenfassade von etwa 6,5 m rekonstruieren. Brandrötungen des Mauerwerks sind allseitig bis auf den Fundamentabsatz nach]XZHLVHQ 6LH EH¿QGHQ VLFK DXFK DXVVHQ DXI GHP anstehenden, vom Humus befreiten Terrain sowie im Kreuzgang. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die Gebäude nach der Erstellung des Rohbaus durch einen Brand beschädigt wurden. Danach wurden die Bauarbeiten weitergeführt. Zuerst wurde eine Schranke ins Schiff eingebaut, die die Kirche im Verhältnis 2/3 zu 1/3 im Osten unterteilt. Im Fundament ist diese etwa 80 cm, im Aufgehenden noch 58 cm breit und entsprechend ihrer Funktion als optische Trennung zum Chor als halbhohe Mauer ausgebildet (Abb. 722 und ,P QlFKVWHQ 6FKULWW ZXUGHQ GLH :lQGH Àlchendeckend verputzt und weiss gekalkt. Dann wurde ein grauer, glattgestrichener Mörtelgussboden auf einem Kalksteinbett eingebaut (Abb. 722 und 726). Sein Niveau liegt bei 394,43 m ü. M. Schliesslich wurde vor der Schranke der gemauerte Altar mit 1,3 m Abstand von der Nordwand erbaut. Seine Masse liessen sich in der Sondage nicht feststellen. Ein symmetrisches Gegenstück ist am südlichen Ast der Schranke zu vermuten. Als erster Altar wird um 1220/30 der Dreifaltigkeitsaltar überliefert, den die Nonne Adilbirn aus dem Ertrag eines Hauses mit Lichtern versehen durfte.8 Sein Standort ist unbekannt. 7 8 9 10
Der Boden im Chor liegt auf 394,57 m ü. M., eine Stufe höher als im Schiff. Der Raum des Hochaltars war für den Priestermönch von Allerheiligen zugänglich, der in St. Agnes die Messe las.9 In der Südwestecke des Kirchenschiffs liegt der Zugang der Nonnen vom Kreuzgang, von den Klausurräumen her. Im einzigen sichtbar erhaltenen Abschnitt der Südwand in einem kleinen Luftschutzkeller unter der Cafeteria des Alterszentrums präsentieren sich die Reste einer inneren Türleibung aus grossen Kalkquadern (Abb. 723 und 724). Die Schwelle liegt auf 394,57 m ü. M. auf GHP 1LYHDX GHV &KRUERGHQV 8QVHU %HIXQG ¿Qdet eine sehr schöne Parallele im 1142 gegründeten Frauenkloster Coyroux im Limousin: «In den Altarraum gelangte der Abt oder der zuständige Nonnenseelsorger durch eine Tür und die Nonnen hatten von den Klausurräumen im Süden Zugang in die Kirche. Die Mauer in der Kirche hatte ein mit Eisenstangen vergittertes Fenster (oder auch zwei), auf der Seite der Nonnen mit einem Vorhang versehen; hinter diesem Fenster legten die Nonnen die Beichte ab und durch dieses reichte der Priester die Kommunion.»10
3
Abb. 725 V Kloster St. Agnes (1.079). Östliche Sondage an der Nordwand der Nonnenkirche (1) mit der Schranke (2), welche das Schiff gegen Osten im Verhältnis 2/3:1/3 unterteilt. Originaler, flächendeckender und weiss gekalkter Putz (3). Abb. 726 VV Kloster St. Agnes (1.079), östliche Sondage an der Nordwand der Nonnenkirche: ältester Mörtelgussboden (1), jüngerer, ziegelschrotgeröteter Mörtelgussboden (2) und jüngster, in Resten erhaltener Tonplattenboden (3).
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2
3 2 1
Bänteli 1999a, S. 20, S. 32, S. 42. STASH UR 1/95. Roitner 2007, S. 102–104; Bänteli 1999a, S. 52. Roitner 2007, S. 103, Anm. 196.
517
Kreuzgang Die Klausur von St. Agnes ist noch wenig untersucht (Abb. 721). Bündig an die Westfassade der Kirche, beim Zugang der Nonnen, schliesst der Kreuzgang an, der 1822/25 bodeneben abgebrochen und mit 1 m Abbruchschutt und Humus bedeckt wurde. Der an die Kirche anschliessende Gang ist wie bei der Anlage Allerheiligen I etwa 3,10 m breit und damit deutlich schmaler als der 4,5 m breite Kreuzgang von Allerheiligen IV.11 Der westliche Gang ist mit gut 2,90 m noch schmaler; seine Rückwand besteht aus einem 60 cm hohen Fundamentkörper, der wiederum den Mauercharakter des opus spicatum zeigt. Die Reste des aufgehenden Mauerwerks haben eine Breite von 85 cm. Von der gartenseitigen Kreuzgangmauer sind nur noch wenige Fundamentreste erhalten (Abb. 723 und 727). Die Höhe des Fundamentkörpers beträgt lediglich 40 cm bei einer Breite von 85 cm. Vom originalen Mörtelgussboden auf einem Kalksteinbett sind nur noch vor dem Chor einige Reste vorhanden. Sie liegen auf 393.96 m ü. M. und damit 0.5 m tiefer als der Boden des Kirchenschiffs. Dies hängt mit dem nach Osten zum Bach hin abfallenden Terrain zusammen. Diesem folgt der Kreuzgangboden, so dass HU LP 2VWÀ JHO ± FP WLHIHU OLHJW DOV LP :HVWÀ JHO Abb. 727 ZZ Kloster St. Agnes (1.079). Nordwestecke des Kreuzgangs Ende 11. Jh. (1) mit jüngerer Mauererneuerung (2) und Katzenkopfpflästerung (3). Abb. 728 V Kloster St. Agnes (1.079), westliche Sondage an der Nordwand der Nonnenkirche: Übergang der Nordwestecke der ersten Kirche (1) zur Schiffserweiterung des 12. Jhs. (2).
kannt. Das Steinbett des neuen Bodens liegt direkt auf seinem Vorgänger und besteht nun aus Bollen und wenigen Kalksteinen (Abb. 722). In den Mörtelüberzug wurde in die obersten 2 mm viel Ziegelschrot12 eingestreut, was dem Boden eine intensive Rotfärbung verlieh. Nur im Westteil gibt es Hinweise für eine nochmals jüngere Bodenerneuerung mit einem hellen, weissen 0|UWHO GHU GLH =LHJHOVFKURWU|WXQJ GHU 2EHUÀlche nochmals verstärkt. Es stellt sich die Frage, ob diese Schifferweiterung die Folge des erwähnten II. Laterankonzils von 1139 war: die de¿QLWLYH 7UHQQXQJ GHV %HUHLFKV GHU 1RQQHQ YRP Chorbereich ihres Seelsorgers von Allerheiligen. Wir wissen auch nicht, ob und ab wann es Laienschwestern in St. Agnes gab, genauso wenig ob die nahen Schwestern zum Hl. Kreuz anfänglich diese Funktion innehatten, bevor sie sich den Ter]LDULQQHQ DQVFKORVVHQ =XU (QWÀHFKWXQJ dieser verschiedenen Benutzer der Kirche ist auch der Einbau von Emporen denkbar, wie andere Frauenklöster zeigen.13
Westliche Kirchenerweiterung, 12. Jahrhundert Eine erste Erweiterung des Kirchenschiffs um 5,3 m nach Westen vergrösserte das Kirchenschiff um etwa ein Viertel. Die alte Westwand des Kirchenschiffs wurde abgebrochen, die Steine wiederverwendet und das neue Mauerwerk nicht nur im Aufgehenden, sondern auch im Fundament lagenhaft gemauert (Abb. 722 und 728). Die Wände des ganzen Kirchenraums wurden grau gekalkt und mit einer feinen weissen Quadermalerei bemalt. Reste dieser Bemalung sind in der Nordostecke des Kirchenschiffs erhalten. Die gemalte Quaderlänge beträgt 58 cm, die Höhe ist unbe-
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1 1
2 1
518
F Klosterausbau mit Verschiebung der Stadtmauer um 1300 Im Gegensatz zum Benediktinerkloster Allerheiligen steht St. Agnes im späteren 13. Jahrhundert in voller Blüte.14 Die ganze Klosteranlage wurde erheblich vergrössert. Bemerkenswerterweise wurde dazu die Stadtmauer mit dem vorgelagerten Bach nach Osten bis an den Hangfuss des Emmersbergs verschoben (Abb. 721). Von dieser neuen Stadtmauer wurde bislang einzig ein isoliertes Mauerstück untersucht, das vor der Klosterkirche rechtwinklig nach Osten abbiegt und noch 1,15 m stark ist (1.147). Seine Fortsetzung nach Osten geht später in den 1497 erbauten Pulverturm über, ein Bollwerk zur Verstärkung des Agnesentörlis.15 Dieses wurde bislang noch nicht angegraben, kann aber als Kopie des Bollwerks von 1445 vor dem Engelbrechtsturm angesehen werden (1.046). Johann Jacob Beck zeigt auf einem undatierten Aquarell vor dem Pulverturm einen zweiten, quadratischen Turm.16 Es ist dies jedoch eine reine Rekonstruktion ohne nachvollziehbare Grundlage, wie Becks eigene(?) Bleistiftvorzeichnung von 1829 deutlich macht, die nur das Bollwerk mit der Stadtmauer zeigt.17 Auch im Peyerplan von 1820 ist nur der freistehende Pulverturm zu sehen, zusammen mit dem Kirchturm an der Kirche von St. Agnes. Letzterer war offensichtlich ebenfalls Teil des städtischen Verteidigungskonzepts, wie die Sturmund Wachenordnungen der Zeit um 1460 zeigen, denen zufolge uf sant agnesen turn II mann beordert werden.18 Erst die Verschiebung der Stadtmauer ermöglichte, die alte Kirche im Chorbereich um ein Drittel, d.h. um gut 16 m zu verlängern. Mit der Aufstockung des romanischen Schiffs um etwa 5 m wurde das Volumen des heute noch bestehenden Hauptgebäudes des Alterszentrums erreicht. Vom Kirchenäusseren sind Bildquellen vorhanden, die an der Südseite fünf schmale, hohe Fenster und 11 Bänteli 1999a, S. 24f., S. 68f. 12 Auf der Burg Hohenklingen in den ersten beiden Bauetappe von 1218–1226 nachgewiesen, Bänteli 2010c, S. 24, S. 29f. 13 Untermann 2009, 73–75. 14 Bänteli 1999a, 92. 15 Frauenfelder, 1951, 35. 16 Grütter 2005, 42 Kat. 49 und 129, Kat. 98. Mentzinger ist hier 1644 ebenfalls ungenau, er hat den Kirchturm von St. Agnes an die Stadtbefestigung verschoben und zeichnet dafür einen Dachreiter auf die Kirche. 17 Grütter 2005, 156 Kat. 354. 18 STASH Militaria A1/A2 um 1450–60, 32–36. 19 Grütter 2005, 137 Kat. 176/177. 20 Steinegger 1942, 74. Im Rahmen der Gesamtsanierung des Komplexes 1969–1974 sind die Fassaden ohne archäologische Begleitung neu verputzt worden. 21 Allg. dazu Roitner 2007, 100–107. 22 Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1959, S. 44.
zeigen.19
zwei Masswerkfenster Die Bilder entstanden aber erst nach der unten besprochenen Gesamterneuerung von 1822/25 und sind deshalb wohl in Teilen rekonstruiert. Die Bilder zeigen drei weitere Masswerkfenster an der Ostseite des Chors, das Mittlere davon überhöht. Diese Fenster zeichneten sich noch in den 1930er-Jahren unter dem Verputz ab.20 Wie die neue Raumgliederung für die Nonnen und Laien aussah, ist unbekannt. Im nicht untersuchten Ostabschnitt der Kirche liegt der Chor, der nur für jene Mönche von Allerheiligen zugänglich war, die in St. Agnes die Messe lasen.21 Auf Grund der Sondagen lässt sich die wichtige Aussage machen, dass die raumtrennende Schranke vollständig abgebrochen, die JODWWH 2EHUÀlFKH GHV ]ZHLWHQ %RGHQV DXIJHSLFNW und direkt darauf ein neuer Mörtelestrich gegossen wurde. In diesen wurden glatte Tonplatten mit 20 cm Seitenlänge verlegt (Abb. 722 und 726). Ob dies allerdings vor der Reformation geschah oder erst danach im Zuge der Neunutzung für die Spitalinsassen, wissen wir nicht. Der beschrieEHQH %RGHQ ¿QGHW VLFK DXFK LP :HVWDEVFKQLWW GHU Kirche. Neue Beobachtungen liessen sich an der Kirchenwestseite machen, wo ein neuer Verbindungsbau zum südlichen Nachbargebäude erstellt wurde. Hier war bereits 1959 das Kalksteinfundament des ehemaligen Glockenturms aufgedeckt worden. Es ist quadratisch mit Seitenlängen von 5 m und einer Mauerbreite um 1,55 m.22 1997 zeigte sich, dass der Glockenturm im Verband mit der Kirchenwestwand entstand, die in diesem Zusammenhang zum Teil neu gebaut oder vorgemauert wurde (Abb. 729). Während das Westportal offenbar bei der letzten Sanierung Anfang der Siebzigerjahre unbeobachtet zerstört wurde, sind darüber noch Reste des zentralen Westfensters erhalten. Seine Innenleibung mit spitzförmigem Abschluss liegt heute im 2. Obergeschoss. Sie ist DXV ÀlFKLJ YHUSXW]WHQ XQG JUDX JHNDONWHQ 5DQ dengrobqualkquadern gemauert (Abb. 730 und 731). Bei einer Breite von 1,6 m dürfte das Fenster eine Höhe von etwa 6 m erreicht haben. Über dem Sturz ist im Mauerwerk ein originaler Entlastungsbalken eingemauert. Er besitzt zwar keine Waldkante, aber so viele Splintjahre, dass die Erneuerung der Kirche in die Jahre kurz nach 1295 datiert werden kann. Die Datierung des Holzbalkens über dem Westfenster der Kirche passt ausgezeichnet mit einer Schriftquelle zusammen, die bislang in der Literatur kaum Beachtung fand und zweifellos den Abschluss dieser umfangreichen Bauarbeiten mit der Erweiterung von Kirche, Kloster und Stadt519
Dendrodatierung 1.079 Kirche St. Agnes23 Bauphase
Ort
Holz probe
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1295 (15) Eiche
Neubau gotische Kirche Sturzbalken über Westfenster neuer Dachstuhl 166724 Deckenbalken Abb. 729 Kloster St. Agnes (1.079). Westwand der Nonnenkirche von 1301 mit dem Fundamentansatz des Glockenturmes (1) und der nach seinem Abbruch 1822/25 entstandenen Wundvermauerung (2).
1635?, 1664?
Fichte
2
1
Deckenbalken 1667
Abb. 730 Z Kloster St. Agnes (1.079). Innenleibung des zentralen Westfensters der Nonnenkirche von 1301 mit spitzförmigem Abschluss, heute im 2. Obergeschoss. Die Randengrobkalkquader sind flächig verputzt und grau gekalkt, vgl. Abb. 731.
3. OG / Dachboden
Sturzbalken nach 1295
2. OG
Abb. 731 ZZ Kloster St. Agnes (1.079). Ansicht C Westwand der Nonnenkirche mit Westfenster und dendrodatiertem Sturzbalken von kurz nach 1295 (M 1:50), vgl. Abb. 721.
Ansicht
Sturzbalken
Grundriss
520
F mauer im Jahr 1301 markiert.25 Und auch der Bau der südlichen Klostermauer mit dem älteren «Kabishaus» scheint in diese Zeit zu gehören (1.106). Zusammen mit dem in Teilen noch erhaltenen 2VWÀ JHO PDFKWHQ GLH 6RQGDJHQ LP .UHX]JDUWHQ deutlich, dass der Kreuzgang im Endausbau mit Seitenlängen um 32 m fast die gleiche Grösse wie jener von Allerheiligen IV erreichte (Abb. 721 und 723).26 Die beiden kreuzgartenseitigen Mauerstücke in der Nordostecke unterscheiden sich von jenen des älteren Kreuzgangs. Sie sind mit einem Fundamentkörper von 60 cm Höhe und knapp 1 m Breite stärker ausgeführt. Im Kern sind Steine zum Teil immer noch schräggestellt. Der Mörtelgussboden mit Oberkante 393,88 m ü. M. besitzt eine Kalksteinunterlage. Städtisches Spital vom 16.–19. Jahrhundert Nach der Reformation wurde 1542 das alte Spital (1.134; 1.152 und 1.239) vom westlichen Stadtrand ins leerstehende Kloster St. Agnes verlegt.27 Die ehemalige Nonnenkirche diente nun den Spitalinsassen als Kirche. Erst im Rahmen der Gesamterneuerung von 1822/25 wurde sie säkularisiert und durch den Einzug von zwei Geschossböden zu einem weiteren Wohngebäude für die Spitalinsassen umfunktioniert.28 Damit zusammenhängend wurde die gegen den Garten gerichtete Kirchensüdwand mit der noch aktuellen Befensterung weitgehend neu gebaut (Abb. 118) und das Kircheninnere um einen halben Meter aufgefüllt. Der Turm wurde abgebrochen, um Steine für die Umbauarbeiten zu gewinnen. Die $EEUXFKZXQGH LQ GHU .LUFKHQHFNH ÀLFNWH PDQ mit grossen, glatten Kalksteinquadern von 35 cm Höhe. Vor dem ehemaligen Kirchenportal an der Westfassade liegt auf einer ebenfalls 0,5 m starken Planieschicht eine dünne Lage Gartenkies mit einigen Steinen darin. Dieser Gehhorizont zeigt HLQH VWDUN EUDQGJHU|WHWH 2EHUÀlFKH PLW $VFKH Kohle und etwas Hohlziegeln und korrespondiert mit dem Abbruchniveau des Turms. $Q GHQ ZHVWOLFKHQ .UHX]JDQJÀ JHO ZXUGH YLHOleicht jetzt erst ein Gebäude angebaut, wie ein sekundär in die Kreuzgangwestwand eingefügtes Fenster zeigt. Seine ansatzweise freigelegte Lei-
23 UWAD, Felix Walder, Bericht vom 17.11.1997. 24 Steinegger 1942, S. 74; Überprüfung UWAD, Felix Walder, Bericht vom 29.11.2012 und Bericht 1387 vom 13.2.2015. Unsichere Datierung der beiden Fichtenproben 37360 (1635 n.Chr.) und 37361 (1664 n. Chr.). 25 STASH UR 1/286; vgl. oben, S. 98. 26 Bänteli 1999a, S. 51f. 27 Vgl. oben, S. 192. 28 Steinegger 1942, S. 71 und S. 73f. 29 StadtASH Brandkataster BK Nr. 371, 372. 30 Grütter 2005, S. 149, Kat. 278.
bung ist mit einem hellen, weissen Mörtel vollÀlFKLJ YHUSXW]W 'LH )HQVWHUEDQN OLHJW DXI GHU Höhe des Kreuzgangbodens und macht deutlich, dass das Fenster zu einem ebenfalls nachträglich abgetieften Keller gehört. An dieser Stelle stand gemäss Brandkataster von 1817 die Spitalschmiede, südlich davon die Stadtschlosserei. Beide wurden mit den Umbauarbeiten von 1822/25 entfernt.29 Auf der Innenkante des abgebrochenen nördlichen Kreuzgangastes liegt mittig ein 50 cm breites Mäuerchen, das deutlich macht, dass dieser in der Neuzeit erneuert und leicht verschmälert wurde (Abb. 727). Das Mäuerchen rechnet mit dem jüngsten Kreuzgangboden, einer KieselVWHLQSÀlVWHUXQJ LP 6DQGEHWW XQG PLW 5HVWHQ HLQHV Mörtelüberzugs, die vor dem Kircheneingang erhalten geblieben ist. Der Boden fällt nach Osten ab und liegt dort direkt auf dem romanischen MörWHOJXVVERGHQ DXI 'RUW NRPPW HLQ LP 2VWÀ JHO eingebauter Kanal hinzu, der mit den jüngeren Bodenniveaus rechnet und vielleicht eine Abzweigung des Mühlekanals von 1779 ist (1.106). Hier in der Nordostecke des Kreuzgangs ist die 3ÀlVWHUXQJ DXFK NUHX]JDUWHQVHLWLJ YRUKDQGHQ Der Kreuzgang wurde schliesslich 1822/25 vollständig abgebrochen. Bei den Erneuerungsarbeiten von 1997/98 liess sich feststellen, dass das sogenannte alte, südliche Pfrundhaus offenbar nach 1542 anlässlich der Einrichtung des Spitals neu gebaut wurde (Abb. 118 und 292). 1604 kommt das neue Pfrundhaus als Erweiterung nach Norden hinzu. Sein Keller, noch heute Pfrundhauskeller genannt, beeindruckt mit seinen 12 Kreuzgewölben auf sechs mächtigen Kalksteinsäulen. In der Westwand, gegen die Nordwestecke hin, zeigt sich ein vermauertes Kellertor, zu dem der 3,1 m breite Kellerhals gehört, der 1992 aussen bei den Werkleitungserneuerungen angeschnitten wurde (1.149). Er wurde bei der Neuanlage des Pfrundhauses und der Anlage der Gasse 1861/63 zugeschüttet. Schliesslich sollte eine weitere Sondage im Hof des Kreuzgartens Klarheit über den weiteren Verlauf des mittelalterlichen Stadtgrabens und sein Verhältnis zum Kloster schaffen. Angetroffen ZXUGH DQ GLHVHU 6WHOOH DOOHUGLQJV GHU 4XHUÀ JHO zum Kreuzgang, der auf dem Peyerplan von 1820 dargestellt ist. Seine 1,15 m starke Mauer aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk zeigte, dass der nördlich auskragende Teil unterkellert war. Harder bezeichnet in seinem Plan des Spitals Ende 18. Jahrhundert dieses vielleicht erst nachreformatorisch entstandene Gebäude als «Zuchtmeisters Wohnung».30
521
1.064 Repfergasse 3 Alterszentrum Kirchhofplatz Friedhof Literatur: Hauser 1996, S. 389; Lieb/Waldvogel 1990, S. 137; Ruckstuhl 1990, S. 119f.; AZ 23.6.1970; Frauenfelder 1951, S. 158f.; Verwaltungsbericht Stadt Schaffhausen 1937, S. 10. Beim Umbau des 1870/71 erstellten öffentlichen Badehauses an der Strassenecke Repfergasse/ Bachstrasse kamen 1937 Gräber zum Vorschein, die dem Spitalfriedhof zugeordnet wurden, der hier bis 1822/25 bestand. 1970 wurde das Gebäude abgebrochen und durch den heute noch bestehenden Neubau ersetzt. Die Bauarbeiten wurden noch ohne archäologische Begleitung ausgeführt. Die vom Bagger auf einen Haufen zusammengeschobenen Skelette interpretierte ein Journalist als «Massengrab», das in der Folge rasch beseitigt wurde. Die Gräber gehören zum Friedhof des 1542 hierher verlegten Spitals. Erst 1577 aber beschloss der Rat, die spittaler söllen inn dess spittals kilchhofe begraben werden.31 Es ist davon auszugehen, dass an dieser Stelle schon die Nonnen von St. Agnes bestattet wurden, denn dies ist, in der Nähe des Hochaltars der Kirche, der privilegierteste Ort des Klosters. Auch die Mönche des Klosters Allerheiligen liessen sich am Haupt des Münsters beerdigen.32 In Harders Spitalplan von Ende 18. Jahrhundert ist der Friedhof noch eingezeichnet.33 Südlich der Kirche kamen 1879 beim Bau der kantonalen Strafanstalt weitere Gräber zum Vorschein.34 Dieser zweite Friedhof im Areal von St. Agnes geht auf das Pestjahr 1541 zurück, in dem in Schaffhausen 500 Personen starben. Er war im Hanfpünt und Krautgarten von St. Agnes angelegt worden und diente für die Toten aus der nördlichen Stadt. Jener für die übrigen Stadtbewohner wurde in den Baumgarten von Allerheiligen gelegt (1.048) und trat an die Stelle des aufgehobenen Friedhofs um die Kirche St. Johann (1.092). Ab 1597 wurden hier diejenigen personen, so im spittal mit thodt abghondt, inn den garten bi dem ampelen thürnli zu andern abgestorbnen von der bürgerschafft zur erd begraben und bestattet, weil der oben genannte spittals gotts acker allerdings [nach nur 20 Jahren seit dem Ratsbeschluss von 1577] durchgraben und belegt.35
522
1.106 Pfarrhofgasse Hampeltörli/Ampeltörli 1.191 Bachstrasse 18–30 Schutzgatter, «Talhof» Stadtmauer, Hampeltor, Schutzgatter, Kontermauer, Spitalmühle, Gewerbekanal Literatur: Bänteli 2010a, S. 156; Hauser 1996, S. 336; SN 26.2.1985; Frauenfelder 1951, S. 32–34. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zum Talhof, März 1996. Bildquellen: Grütter 2005, S. 44–47, S. 129, Kat. 100, S. 133, Kat 136–140, S. 149, Kat. 286; Elsener/Weigele 2005, S. 153, Kat. 381. 1986 kamen beim Gebäude des städtischen Tiefbauamts in einem Pressschacht für die neue Kanalisation die Stadtmauer und die Ufermauer des Bachs zum Vorschein (1.106). Weitere Aufschlüsse erbrachte 2002 die Erneuerung der Gasund Wasserleitung an der Ostseite der Bachstrasse, deren Trasse auf der ehemaligen Kontermauer des Stadtgrabens verlief. Im Rahmen einer Begehung für ein Baugesuch wurde 2008 der alte Keller des Vorgängerbaus unter dem 1862/63 entstandenen Neubau des «Talhof» entdeckt (1.191). Stadtbefestigung mit Hampel- und Schutztor oder -gatter 2. Hälfte 14./15. Jahrhundert Der Verlauf der ältesten Befestigung des Klosters St. Agnes über die Pfarrhofgasse hin zur Unterstadt ist noch unklar. Das so genannte Hampeltörli muss spätestens um 1360 mit den Flankenmauern zum Annot (1.112) entstanden sein. Der Weg durch das Törchen führte vom Ostende der Pfarrhofgasse über den Bach an den Fuss des Emmersbergs (Abb. 732). Die erst nach der Reformation aufgekommenen und heute gebräuchlichen Namen Ampelngasse, -tor und -turm sind eine neuzeitliche Verballhornung des Familiennamens Hampel. Burchard Hampil erscheint im ersten Grundzinsrodel 1253 als Besitzer zweier Häuser, die an dem so benannten Hampelgesslin liegen, welches seinerseits 1334 erstmals genannt wird.36 Das gleichnamige Törchen ist ab 1408 zusammen mit regelmässigen Ausgaben für Torhüter und -schliesser überliefert.37 Später entstand das 1428 erstmals erwähnte Schutztor, auch Schutzgatter genannt. Es lag an der Schnittstelle der Stadtmauern, die vom Schwabentor (1.198) und vom Munot herkommen (1.112) und diente der Verstärkung des Gerberbachdurchlasses durch die Stadtmauer. Dieser Durchlass war bereits mit der Flankenmauer zum Annot um 1360 entstanden. 1435 wird der Wehrgang vom Annot durch das ans Schutzgatter anstossende neue Haus (1.116) des Gerbers Conrad
F 2703151
(Durach)
Legende Schutzgatter:
1443/45
Contermauer
Gerberbach
um 1360 westlicher Wehrgang Munot
Mauererneuerung
N
15./16. Jh.
0 1
5
10 m
Abb. 732 Pfarrhofgasse/Bachstrasse (1.106/1.191). Situation der Stadtbefestigung am Ende der Pfarrhofgasse mit Hampeltörli, Schutzgatter und Bauphasen (M 1:400).
1578
1.106
äusserer Graben
Steg
Hampeltörli innerer Graben
06 Bollwerk 1608
1.191 Stadtmauer
Rothsches Haus
Talhof 1.116
er/ Schutzgatt Schutztor
Keller
D A C Steg B
F
10 m
N
gelbe Kerze
urach)
Legende Gerbe / Versöhnung:
bach (D
E
11. Jh. /1. Hälfte 13. Jh.
Gerber
Gerbe / Versöhnung 1.116 H
rkanal wasse Brauch
J
12. /1. Hälfte 13. Jh. 1299
trasse
Bachs
14. Jh. 1423 1535 17. Jh.
31 32 33 34
35 36 37
38
39
STASH RP 36,264. Bänteli 1999a, S. 73. Grütter 2005, S. 149, Kat. 278. Hauser 1996, S. 336; Rüeger 1884, S. 357 und Anm. 6 (Rüeger meint hier effektiv den Friedhof Fundstelle 1.045 unter der Bachturnhalle, vgl. auch Steinegger 1938, S. 114). STASH RP 57,195; Bächtold 1906, S. 88f.; Steinegger 1938, S. 101. STASH UR 1/560; Frauenfelder 1966, S. 6. StadtASH A II.05.01.007/024 1408–1409: VI s dem Werchmaister II Tagwan am Hamppeltürlin und an derselben Brugg; A II.05.01.008/180 1409–1410: I lb III ß von XI ½ tag under dem Hampeltürlin, zu tag II ß, Lüttin, Münzer, ze hüten; A II.05.01.015/061 1415: II lb IIII ß Egli Saltzman, wachet uff dem Hampelturlin; A II.05.01.055/052 1434: Torbeschliesser Item XXX ß Haintzen Peter vom Hambeltürlin zuo beschliessen. StadtASH A II.05.01.034/061 1428: II ß umb holtz Steffan, kam zuo dem schutztor und in den schutzgraben; A II.05.01.058/030 1434–1435: IIII lb Cuonrat Keller, dem gerwer, alz man den gang uf sim hus uf dem Schutzgatter machet und also beliben soll; Schib1967, S. 263: Cuonrat Keller hat einem Burgermeister und Raut zuo Schaffhausen zuo koffen gen ainen weg durch sin hus, das gelegen ist an dem Schutztor, uff daz sutztor nu hin fur yemer me ewenklich zuo gan und zuo wandlen nach aller notdurft, än sin und siner erben und än menglich sumen, und iren dar umb im ain raut geben haut vier pfund haller. 1435. Vgl. oben, S. 146f.
Keller geführt und dieser dafür entschädigt.38 Wahrscheinlich entstand damals auch die Wohnung des Turmwächters, die in Ansichten des 19. Jahrhunderts erscheint. Harders Plan dokumentierte die Wächterwohnung 1862 vor dem Abbruch. Die Wohnung sitzt rittlings auf der Stadtmauer auf, kragt als beidseitiger Wehrerker je gut zwei Meter aus und wird zusätzlich von Bügen getragen. Der Wächter erreichte seine Wohnung über den Treppenturm am östlichen Bachufer. Im Werkleitungsgraben am östlichen Bachufer XQG QXU REHUÀlFKOLFK IUHLJHOHJW ODJ GDV P breite Widerlager des ersten, aussen mit der Ringmauer bündigen Schutzgatters (Abb. 732). Seine Fortsetzung am westseitigen Bachufer kam 1986 vor dem Haus «Zur Gerbe» (1.116) in einem Kanalisationsgraben zum Vorschein. Es besitzt die JOHLFKH $XVVHQÀXFKW LVW QRFK P EUHLW XQG UHLFKW P XQWHU GLH KHXWLJH 2EHUÀlFKH 'LH zwei Meter mächtige Kontermauer am östlichen Bachufer, die das Bachbett trichterförmig gegen das Schutzgatter hin verjüngt, gehört zum äusseren Befestigungswerk der Zeit um 1445.39 Sie LVW HEHQIDOOV QXU REHUÀlFKOLFK DXI P /lQJH freigelegt (Abb. 733). 523
Der mittelalterliche Gewölbekeller unter dem «Talhof», der sich an die Stadtmauer anschmiegt, ist letzter Rest eines kleinen Gebäudes, das als Magazin, Rüstkammer oder als temporärer Aufenthaltsort für die Mannschaft genutzt werden konnte. Es besitzt auffallende Parallelen zu den etwa gleich grossen und gleich situierten Gebäuden beim Finsterwaldturm, Engelbrechtstor und Webertörli (1.111; 1.174 und 1.238). Der Keller wurde bachseitig durch einen kleinen Kellerhals mit Treppe und Rundbogentor mit Sandsteingewände erschlossen. Stadtmauer im 16.–18. Jahrhundert und Spitalmühle Das im Pressschacht angeschnittene Mauerstück der Stadtmauer auf Höhe der Pfarrhofgasse besteht aus mächtigen, 40 cm hohen Mauerblöcken (Abb. 732). Das Fundament ist in Stufen von je 20 cm Breite gegen den Graben abgetreppt, ganz in der Tradition der alten Mauerschürzen, die bei den originalen Mauerabschnitten aus der Zeit um 1200 in der Weber- und Repfergasse zum Vorschein gekommen sind (1.105 und 1.147). Die Fundamentsohle liegt 2,8 m unter der heutigen 2EHUÀlFKH P 0 GLH ÀDFKH *UDEHQsohle anfänglich 40 cm, später 80 cm darüber. Die $XVVHQÀXFKW GHU 6WDGWPDXHU YHUOlXIW ELV ]X P östlich der heutigen Gebäudemauern der ehemaligen kantonalen Strafanstalt von 1880/82. Wie die Schriftquellen berichten, bereitete die Stadtmauer im ehemaligen Kloster St. Agnes immer wieder Probleme. Der Bach mit seinen perio-
3 2
1 Abb. 733 Bachstrasse (1.191). Oberflächlich freigelegte Kontermauer der Zeit um 1445 (1) mit Schutzgatter (2) und «Gerbe»/ «Versöhnung» (3).
524
dischen Hochwassern hat hier die Mauer offenbar verschiedentlich beschädigt. 1578 ist der statt ringkhmur am spittal abgebrochen…, das man tags und nachts daselbst usz und innwandlen khan und mag, hierumb so söllen herr spittelmaister und schryber fürsehen, …das durch dess spittals dienst unnd amptlüth dessglychen ouch durch die ober unnd unnderpfründer nachts gewachet werde, also das vor mitternacht ouch zwen wachindt…. Es söllen ouch spitalmaister und schryber zu nächten etwa ouch selbs wachen bitz der buw zu ennde gebracht und die statt widerumb beschlossen ist.40 Die vom Rat verordnete Wache war also ohne Rücksicht auf die Stellung ein Gemeinschaftsdienst von Mitarbeitern, Insassen und der Spitalleitung. Das grossformatige Fundamentmauerwerk passt gut in diese Zeit. Gleiches gilt für eine weitere Neubaumassnahme des Jahres 1608, das bildlich überlieferte Vorwerk mit Schiess- und Maulscharten vor dem Schutzgatter.41 Das Stadtmauerstück wurde später vom Auslauf des Mühlekanals in den Gerberbach durchschlagen. Dieser wurde 1779 angelegt. Er ist 3 m breit, 1,8 m hoch und mit Backsteinen überwölbt. Harder zeigt in seinem Plan des Spitals Ende 18. Jahrhundert die nahe gelegene Spitalmühle (heute Städtisches Tiefbauamt) und den Verlauf des Kanals von Höhe der Webergasse her.42 Die Spitalmühle wurde bereits 1589/90 gebaut,43 zusammen mit dem Gewerbekanal, den der Peyerplan 1820 vor der nördlichen und östlichen Stadtmauer zeigt (1.105). Er führte das Wasser aus dem Oerlifall zu, wo die Quellen im Gegensatz zu der im Sommer immer wieder austrocknenden Durach ganzjährig Wasser lieferten (1.135): alda das wasser usser dem orlifhar zu desz spittals müllin inloufft, daselbst der spitall offen.44 Der Kanal hat ein Gefälle von etwa 180 m über eine Distanz von etwa 2 km. Kaum war die Mühle gebaut, gab es Schwierigkeiten mit den Gerbern, weil deren Stau des Gerberbachs zu Schäden an der Mühle führte (1.116). Schliesslich sind noch die beiden vor der Stadtmauer liegenden jüngsten Fundamente zu erwähnen, die Ufermauer des Gerberbachs und die Hofmauer der Strafanstalt. Den gegenüberliegenden «Talhof» erweiterte man in jüngerer Zeit bis zum Bach hin; zudem wurden hier verschiedene Schächte und alte Entwässerungskanäle angeschnitten.
F 1.223 Kirchhofplatz 21 «Kabishaus» (altes Feuerwehrmagazin) Lagerhaus, Kornhaus, Holzhaus
1.149 Pfrundhausgasse 3–18 6WDGWZDOO .ORVWHU 6W $JQHV 3UR¿O Gerberhandwerk, Kanal
Literatur: Hauser 1996, S. 390; Frauenfelder 1951, S. 157–159. Hausinventar: ibid, Matthias Fischer, Marco Tiziani, Kabishaus/Feuerwehrhauptmagazin, August 2013.
Literatur: Hauser 1996, S. 389f.; Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1952; Frauenfelder 1951, S. 157–159; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1945, S. 29; Frauenfelder 1945b.
Zusammen mit der Erneuerung der Werkleitungen in der Pfarrhofgasse erfolgte 2008 auch eine Begehung des «Kabishauses». Die oberÀlFKOLFKH %HWUDFKWXQJ GHV *HElXGHLQQHUHQ zeigte, dass die Holzkonstruktion des einstigen Lagerhauses sehr einheitlich ist. Seine Südseite steht auf der alten Umfassungsmauer M24 des Klosters St. Agnes. Diese entstand um 1300 zusammen mit der Anlage der Pfarrhofgasse (1.084 und 1.106). Ob noch weitere Teile der gemauerten Grundstruktur aus dieser Zeit stammen, wäre noch zu untersuchen. Als Erbauungsdatum nennt Frauenfelder das Jahr 1570. Das Gebäude scheint aber etwas älter zu sein, denn schon 1566 wird es als «neues Holzhaus» bezeichnet.45 Eine dendrochronologische Untersuchung steht noch aus. 1582 erfahren wir mehr zur Hausfunktion: Herr Spittalmaister soll die schlitzlöcher, so usz dem holtzhus in den spittalergarten gond, unnd syn spittalmaisters volckh der huener halb mitt stecken vermacht, wider öffnen, damit der lufft deste basz hinni khomen unnd das holtz von verfulung verwart warden moge». Der Spitalmeister hatte also unbefugterweise die Lüftungsschlitze verschlossen. Er wollte die Hühner nicht im Holzhaus, weil darüber im neuen Haus eine Kornschütte lag, wie wir aus einem weiteren Ratsprotokolleintrag des gleichen Jahres erfahren. Der Effekt war, dass das unten gelagerte Holz mangels Belüftung verfaulte.46 Heute steht vom «Kabishaus» nur noch die westliche Gebäudehälfte (Abb. 251). Die östliche wurde 1881 für den Neubau der Strafanstalt (Pfarrhofgasse 2) abgebrochen.
40 STASH RP 37,234; Steinegger 1942, S. 67: 1555 soll der Baumeister mit der Ringmauer im Spital fortfahren, 1617 wird die Ringmauer beim Spital wieder als reparaturbedürftig bezeichnet. 41 Zu den Renovationen am Schutzgatter Frauenfelder 1951, S. 34. 42 Grütter 2005, S. 149, Kat. 278; Hauser 1996, S. 336; zur Spitalmühle auch Frauenfelder 1951, S. 157, S. 159, S. 168. 43 STASH RP 49,86–87, RP 49,162, RP 50,19. 44 STASH RP 54,259 (1595). 45 STASH RP 26,137. 46 STASH RP 42,100, RP 42,196. 47 Vgl. oben, S. 40.
In der Pfrundhausgasse wurden die Werkleitungen im Nordabschnitt 1992 zusammen mit der Repfergasse erneuert. 1994 folgten die Arbeiten im Südabschnitt der Gasse. Nellenburgischer Stadtgraben und Kloster St. Agnes Das heutige Gassenniveau fällt nur im Süden wenig ab. Das gewachsene Terrain liegt im Umfeld der «Ochseschüür» etwa 1 bis 1,2 m unter der 2EHUÀlFKH VWHLJW HUVW EHLP XQWHUHQ ©:DFKKROderbaum» (Pfrundhausgasse 11) an, liegt dort in noch 0,5 m Tiefe und fällt dann, wie in der Safrangasse beobachtet, als künstlicher Einschnitt für die Repfergasse auf 1,6 m ab (1.148, 1.168). Auf den Sohlen von Gas- und Kanalisationsgräben zeichnete sich vor der «Ochseschüür» der Stadtgraben aus der Mitte des 11. Jahrhunderts ab (Abb. 734 und 735). Das braune Humusband im gelben gewachsenen Boden ist jeweils 5,6 m breit, was etwa den 6 m Grabenbreite auf der HuPXVREHUÀlFKH LQ GHU ©2FKVHVFK Uª HQWVSULFKW (1.154).47 Zum Kloster St. Agnes gibt es in der Gasse nur wenige Befunde. Lokale Kieslagen am nördlichen und südlichen Rand der Pfrundhausgasse gehören zu den Höfen der dortigen Nebengebäude. Sie liegen teilweise auf dem Humus auf. Ein punktuell beobachteter, brandgeröteter Lehmboden in der Nähe der Südostecke der «Ochseschüür» kann auf kleine, hölzerne Wirtschaftsgebäude hindeuten. Die gleiche, nicht näKHU GH¿QLHUEDUH )XQNWLRQ EHVLW]W HLQ YHUPXWOLFK kleines, gemauertes Gebäude, das etwa 6 m von der ältesten, nordöstlichen Scheunenecke in der Strasse liegt (Abb. 734 und 735). Es scheint gegenüber dem üblichen Bebauungsschema über (FN JHVWHOOW XQG EHVLW]W HLQH ,QQHQSÀlVWHUXQJ HWZD P XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH 6HLQ Mauerwerk ist identisch mit dem ältesten Teil der «Ochseschüür» (1.154) und datiert folglich ins 15. oder frühe 16. Jh. Neuzeitliche Spital- und Pfrundhausgasse Die Pfrundhausgasse durchs ehemalige Klosterund Spitalareal entstand erst 1861/63 mit dem Bau des neuen Pfrundhauses. Dazu gehören geringmächtige Lagen von Bauschutt. Damals 525
Ka
8
rgass Repfe 2703229
Gerbergrube 16./17. Jh. unteres Klöpferlein
11 13
1.078
Kellerhals 1604
neues Pfrundhaus 1604
Turm Profil A Waschhaus 1868/72 Kanal 19. Jh.
Profil B Ansicht C
Mistlegi 1.149
Pfrundhausgasse
Mistlegi
altes Pfrundhaus 1542
Graben
rt) onstruie Wall (rek
2. Hälfte 11. Jh. 12. Jh. um 1300
1.154
Ochseschüür
14. Jh. um 1400 um 1430 15. / frühes 16. Jh. 16. / 17. Jh.
Trotte /Spitalmeisterei 2. Hälfte 11. Jh.
Abb. 734 «Ochseschüür»/Pfrundhausgasse (1.154/1.149). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
526
12. Jh. N
um 1300 0 1
5
10 m
14. Jh. um 1400
Kirchhofplatz
1430
N
0
F wurde auch der Kellerhals zugeschüttet, der zum 1604 gebauten Pfrundhauskeller des Vorgängerbaus führte, der unter dem Neubau bestehen blieb (1.079). Unmittelbar nördlich davon ist auf den Plänen ein kleines Gebäude eingezeichnet, das Harder in seinem Spitalplan als Holzschopf bezeichnet.48 Darin kam eine Gerbergrube mit einem Durchmesser von mindestens 2,2 m zum Vorschein. Ihr Boden lag tiefer als 1,9 m unter der 6WUDVVHQREHUÀlFKH 6LH LVW PLW %LEHUVFKZDQ]]LHgeln ausgekleidet und gegen das Erdreich mit einer 5 cm dicken Mörtelschicht abgedichtet. Damit erinnert sie an die gleichartigen Gruben im Gerberhaus «Hinterer grüner Klee» (1.109). Im Füllmaterial fand sich ein grün glasiertes Blattkachelfragment und ein Becherfuss aus Keramik, was die Grubenfüllung ins 16./17. Jahrhundert datiert.49 Im Übergang der Gasse zum kleinen Park, dem ehemaligen Garten des Spitalmeisters, kamen verschiedene Mäuerchen zum Vorschein (Abb. 734). Sie gehören zum Teil zu den grossen Düngergruben, mistleginen, die in der Verlängerung des Pferdestalls des Spitals gegen Norden angelegt wurden, wie der Spitalplan von Harder zeigt (1.154). Auf Höhe der Trennung der beiden Pfrundhäuser (1.079) wurde ein aus Kalkstein gemauerter, überwölbter Kanal angeschnitten. Es handelt sich um den «unterirdischen Gang», den Frauenfelder bereits 1945 beschrieb, der aber weiter im Osten bei den Aushubarbeiten von 1997 für den Verbindungsbau zwischen Spitalkirche und Pfrundhaus nicht zum Vorschein kam. Er läuft deshalb weiter nach Westen, von den Pfrundhäusern kommend, noch 3,5 m ins Gärtchen und endet dort stumpf. Der Katasterplan 1868/70 zeigt genau an seinem Ende, an der Stelle der einstigen Dunggrube, das kleine Rechteck eines Nebengebäudes mit je zwei Treppenstufen an den Schmalseiten und einem abgedeckten Schacht an der westlichen Längsseite. Vermutlich ist es ein Waschhaus, dem über den Kanal das Dachwasser der Pfrundhäuser zugeführt wurde. Im Kanalgewölbe ist genau am Mäuerchen des heutigen Pärkleins ein Einlaufschacht für die Strassenentwässerung ausgespart, so dass nichts dagegen spricht, dass der «unterirdische Gang» im Zuge der Anlage der Pfrundhausgasse als Brauchwassersammler entstand.
48 Grütter 2005, S. 149, Kat. 278. 49 KASH Inv. 36733/34. 50 Vgl. oben, S. 40.
1.154 Pfrundhausgasse 3 «Ochseschüür» Stadtwall, Scheune, Stall Literatur: Hans Ulrich Wipf: Ein altes Gebäude mit neuem Namen, in: SN 18.12.2013; Porsche 2000, S. 228f.; Hauser 1996, S. 390; Bänteli 1994, S. 88f.; Frauenfelder 1951, S. 163. Hausinventar: Dagmar Wilke, Ehemalige Spitalstallung, 1991. Bildquellen: Grütter 2005, S. 142, Kat. 219, S. 149, Kat. 278. 1993/94 wurde das alte Bauamtsmagazin zu einem Kirchgemeindehaus umgebaut (Abb. 292) und erhielt seinen heutigen Hausnamen. Im Zuge des Einbaus eines Kellerraums wurden archäologische Sondagen durchgeführt, die Aushubarbeiten wurden archäologisch begleitet und die vom Verputz befreiten Fassaden untersucht. Nellenburgischer Stadtgraben Völlig überraschend kam bei den Sondagen der nördliche Stadtgraben zum Vorschein, der das Gebäude in West-Ost-Richtung quert. Er gehört zur ältesten Stadtbefestigung, die erst im Jahr zuvor entdeckt worden war (1.152).50 Der Graben ist knapp 6 m breit und etwa 2,5 m tief (Abb. 734, 737 und 738). Er ist zum Teil in der humosen Deckschicht noch undeutlich sichtbar, tritt darunter aber klar in Erscheinung, weil er die gelblichen, anstehenden Sand-, Silt- und Malmschuttlagen durchschlägt. In der humosen Grabenfüllung lassen sich drei Schichtpakete ausmachen, die gegen das Zentrum des Grabens abfallen. Sie unterscheiden sich jeweils durch einen unterschiedlichen Kies- oder Lehmanteil. Das Material ist, abgesehen von einem einzelnen Tierknochen, steril, was wenig erstaunt, weil davon ausgegangen werden kann, dass der Wall später in den Graben einplaniert wurde. Vorreformatorische Scheune Die Untersuchung machte deutlich, dass die so genannte «Ochseschüür» in drei Etappen entstanden war (Abb. 734 und 738). Ältester Teil ist die Gebäudehälfte gegen den Kirchhofplatz, die aus Bollensteinmauerwerk besteht und massiven Hohlziegeldurchschuss aufweist. Dieses Mauerwerk datiert ins 15. oder frühe 16. Jahrhundert, also noch in die Zeit des Klosters St. Agnes. Es ist dreiseitig auf 5 m Höhe erhalten; die ursprüngliche Nordfassade wird später zur Innenwand. Obwohl der südliche Abschluss fehlt, ist von einem rechteckigen Gebäude auszugehen, wie unten dargelegt. Originale Fenster- oder Türgewände fehlen. Trotzdem spricht nichts gegen die Annahme, dass das Gebäude von Anfang an als Scheune und/oder Stall diente.
527
Abb. 735 Z Pfrundhausgasse (1.149). Im Kanalisationsgraben vor der «Ochseschüür» ist im gelben Lehm die südliche Kante des mittelalterlichen Stadtgrabens aus der Mitte des 11. Jhs. sichtbar (1). Eine kleine Steinbaute (2) liegt über Eck in der Pfrundhausgasse, besitzt eine Pflästerung (3) 1,3 m unter der Strassenoberfläche und datiert noch in die Zeit des Klosters St. Agnes, ins 15. oder frühe 16. Jh.
Erweiterung von 1544 1542 wird das städtische Spital vom Posthof in die Räumlichkeiten des ehemaligen Klosters verlegt.51 Diese Neuorganisation führte zwei Jahre später zu einer ersten Erweiterung unseres Gebäudes nach Norden und seiner Aufstockung auf die heutige Höhe (Abb. 738). Das meterbreite Fundament der Nordwand kam in den nellenburgischen Stadtgraben zu liegen. Im Aufgehenden besteht das Mauerwerk aus unregelmässigen Kalksteinen mit Durchschuss von gemischtem Ziegelmaterial (Hohl- und Flachziegel). Dazu gehört das rundbogige Türgewände aus graugrünem
Ausbau um 1675 Durch die dritte Erweiterung erhielt das Gebäude schliesslich sein heutiges Gepräge: Eine markante Südfassade mit Flugsparrendreiecken52 und eine teilweise regelmässige Befensterung. Man brach die alte Südfassade ab und baute leicht abgewinkelt neu, um so die bislang abgewinkelte Einfahrt zum Spitalhof zu optimieren, wie ein Blick auf den Peyerplan von 1820 deutlich macht. Geschossweise angebrachte Aufzugstore, begleitet von Rechteckfenstern bzw. von Oculi unter dem Dach ermöglichten neu die Anlieferung auch von der Südseite. Ein weiteres Aufzugstor kam auf der Längsseite im ersten Obergeschoss bei der Nordostecke hinzu. Regelmässig angeordnete Fenster aus graugrünem Sandstein mit schlichten Hohlkehlen, einseitigem Auslauf und Ladenfalz
Abb. 736 ZZ «Ochseschüür» (1.154). Über den Fenstern aus der Zeit um 1675 trapezförmige Backsteinnischen, vermutlich Nistplätze für Schwalben oder andere Vögel als willkommene Nützlinge beim Pferdestall. Abb. 737 V «Ochseschüür» (1.154). Schnitt durch den nördlichen, nellenburgischen Stadtgraben im Keller aus der Mitte 11. Jh., mittig darin das Fundament der Gebäuderweiterung von 1544.
528
Sandstein mit der Jahrzahl 1544, das unmittelbar an die Nordwand des Vorgängergebäudes anschliesst und diesen Bauabschnitt datiert. Reste eines gemauerten Entlastungsbogens im ersten Obergeschoss stammen von einer Aufzugstüre für GDV +HX +HXWH EH¿QGHW VLFK HLQ PRGHUQHV )HQV ter an dieser Stelle. Die Reste eines Entlastungssturzes und zwei abgeschlagene, sandsteinerne Konsolsteine stammen von einem äusseren Eingang zum 1. OG mit Vordach an Stelle des modernisierten Türgewändes über jenem von 1544. Das ursprünglich mit dem Spitalwappen geschmückte Gebäude diente als Pferdestallung und Heuhaus. Seiner Belüftung dienten die drei rechteckigen Öffnungen aus Backstein unter der Dachtraufe (Abb. 738).
1
2 3
F 1.078 Repfergasse 11 «Unteres Klöpferlein» 3UR¿O
ersetzten im zweiten Obergeschoss die Lüftungsöffnungen aus Backstein. Zwei Pendants kamen im 1. Obergeschoss hinzu. Über all diesen Fenstern wurden mit Backsteinen ausgesparte, trapezförmige und 25 cm tiefe Nischen angelegt (Abb. 736 und 738). Vermutlich dienten sie als Nistplätze für die Schwalben oder andere Vögel, die hier bei den Stallungen als Nützlinge willkommen waren. Die zugehörigen Mistablagen lagen unmittelbar nördlich davon (1.149). Das Mauerwerk besteht nun aus sehr regelmässigem Kalkquadermauerwerk in Lagen von 20 cm. Neu ist auch der auf der ganzen Gebäudelänge durchlaufende Kniestock mit dem Dachstuhl. Wie aus den nicht ganz eindeutigen Ratsprotokollen der Jahre um 1675 hervorgeht,53 könnte es sich um ein weiteres Werk des städtischen Oberbaumeisters Heinrich Peyer handeln, der etwas später das «Kornhaus» auf dem Herrenacker baute (1.186).
Beim Neubau des Hauses 1933 wurde einzig ein 3UR¿O DXIJHQRPPHQ GDV ELV P XQWHU GDV Strassenniveau reicht und die Schichten beschreibt (1.148).
Die Nutzungsverhältnisse änderten sich grundlegend erst 1872 mit der Umnutzung des Gebäudes zum Feuerwehrmagazin und dem Neubau des markanten Schlauch-Trockenturms.
Abb. 738 «Ochseschüür» (1.154). Süd- und Ostfassade mit Bauphasen (M 1:200).
51 Vgl. oben, S. 192. 52 Zeitgleiche Fluggespärre in Büsingen 1688, Bänteli 2016, S. 75–78, und bei Hermann/Räber et al. 2010, S. 383 (Stadtschreiberhaus von 1688/89 in Altdorf) und S. 176 (Dokters Bernete Hus von 1693 in Thayngen). 53 Steinegger 1942, S. 67f. 413.00
412.00
411.00
410.00
409.00
408.00
407.00
406.00
405.00
404.00
X
X
X
X
X
X
403.00
Auflagersteine Vordach
402.00
Nordostecke 1. Erweiterung
401.00
400.00
alte Aufzugstüre
399.00
Verputz Nordostecke
alter Eingang 1. OG
398.00 1544 397.00
396.00 395.73
Schlauch-Trockenturm Feuerwehr 1872
395.00
Mitte 11. Jh. Stadtgraben 15. / frühes 16. Jh. Scheune/Stall St. Agnes 1544 1. Erweiterung und Aufstockung Spital Um 1675 2. Erweiterung Spital
394.00
393.00
392.00
X
Sand-, Silt, Malmschuttlagen sind Bachgeschiebe
Nistplätze für Vögel/Schwalben 0
1
2
3
4
5m
Stadtgraben Mitte 11. Jh.
529
530
G
G. Quartier Rindermarkt (innere Vorstadt) Um 1200 entstandene zähringerzeitliche Stadterweiterung um den Rindermarkt nach Norden, beidseits der Reichsstrasse.
1.037 Vorstadt 10 «Stokarhof» Wohnhaus, Kernbau, Kellerhals, Keller /LWHUDWXU %lQWHOL D 6 %lQWHOL 6 ± Die Anfänge im 13./14. Jahrhundert Im Jahr 2012 wollte der Besitzer einer der WohQXQJHQ GHV +DXVHV %HUQKDUG 0H\HU +RO]EDONHQ im Keller dendrochronologisch datieren lassen. 'LH %HVLFKWLJXQJ ]HLJWH GDVV VLFK GLH %DXJHschichte des Hauses über den heterogenen Keller zum Teil erahnen lässt. Grundsätzlich besteht der .HOOHU DXV GUHL 5lXPHQ $EE ,P =HQWUXP GHV +DXVHV EH¿QGHW VLFK HLQ ]ZHLJHVFKRVVLJHU
Vor sta
10
dt
9JO REHQ 6
annähernd quadratischer Keller. Seine beiden stirnseitigen Mauern zeigen jeweils aussenseitig gegen die andern beiden Kellerräume eine sehr XQUXKLJH 2EHUÀlFKH 'LHV OlVVW VLFK GDPLW HUNOlren, dass die beiden Stirnmauern ursprünglich einhäuptig gegen das Erdreich in die Baugrube JHPDXHUW ZXUGHQ 'DV EHGHXWHW GDVV GHU PLWWOHUH Keller der älteste ist und offenbar von einem ehemaligen Kernbau1 im hinteren Teil des VorderKDXVHV VWDPPW GHU NQDSS P ODQJ XQG P EUHLW war. Wahrscheinlich wurde sein zweites Untergeschoss später hinzugefügt, sein vermutlich originaler Längsunterzug datiert ins Jahr 1315. In die JOHLFKH =HLW GDWLHUW GHU 6WXU]EDONHQ GHU QLFKW JDQ] rundbogigen Türe im Westen, die ehemals zu einem verschwundenen Kellerhals gehörte.
$EE ©6WRNDUKRIª ©2OLYHQEDXPª 6LWXDWLRQ PLW Nachbarliegenschaften und %DXSKDVHQ 0
1.03 7 St okar hof
8
Säule
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1.16
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baum Türe
Stokarhof
Olivenbaum
um 1315, 2. Kellergeschoss unter Kernbau 13. Jh.
13. Jh. 1318/54
1580 15. / 16. Jh. 17. Jh. spätes 16. / frühes 17. Jh.
N 0
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531
'HQGURGDWLHUXQJ 9RUVWDGW ©6WRNDUKRIª 2 Bauphase
Ort
Holz 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH probe LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH 2
Einbau mittlerer unterer Keller im Kernbau W-Kellerhals mit Kellertor zum mittleren unteren Keller Umbau mittlerer unterer Keller, wohl Folge von Einbau des strassenseitigen Kellers
2. UG, Unterzug Türsturz 3 2. UG Säule
1
Erweiterung im 16. Jahrhundert In einem weiteren Schritt wurde im Westen bis an die Vorstadt der grösste Keller mit Kreuzgewölben errichtet. Er hob den bisherigen westlichen Kellerzugang auf. An seine Stelle traten im OsWHQ ]ZHL UHFKWHFNLJH 7 UHQ EHUHLQDQGHU GLH GHQ alten doppelgeschossigen Keller im Zentrum erVFKORVVHQ 'LH HLFKHQH 6FKZHOOH GHU REHUHQ 7 UH die nicht beprobt wurde, zeigt gleiche Fasen wie GLH IUHLVWHKHQGH 6W W]H GHU =HLW XP GLH VHNXQGlU XQWHU GHQ /lQJVXQWHU]XJ GHU =HLW XP JHVWHOOW ZXUGH =X JXWHU /HW]W YLHOOHLFKW LP -DKUKXQGHUW NDP LP 2VWHQ GHU NOHLQVWH .HOOHU PLW einem Tonnengewölbe hinzu, der die eben erwähnte obere Türe verbaute und heute den Zugang zu allen drei Kellern bildet. Die Räumung der Sickergrube im Jahr 1527 %HVLW]HU GHV +DXVHV ZDU LP -DKU GHU .DXIPDQQ 5DWVKHUU XQG -HUXVDOHPSLOJHU +DQV 6WRNDU (U EHVFKUHLEW GLH 5lXPXQJ VHLQHU /DWULQH im Hinterhof und hinterliess uns damit die früheste archäologische Fundmeldung der Stadt.3 'LH $XI]HLFKQXQJ EHUOLHIHUW XQV VHKU DQVFKDXlich den gemauerten und überwölbten Latrinenschacht, Personal, Aufwand und Kosten der EntOHHUXQJ VRZLH GLH 9HUZHQGXQJ GHU )lNDOLHQ DOV ' QJHU I U :LHVH *DUWHQ XQG 5HEHQ 'LH %Hschreibung, die Funde von hübschem Glas und YRU DOOHP MHQH YRQ 5RVV XQG .XKN|SIHQ YHUOHLWHWHQ ]XQlFKVW ]ZHL $XWRUHQ LQ GHQ HU -DKren, Schaffhausens älteste stadtarchäologische Fundstelle in der Vorstadt 10 in mehrseitigen Aufsätzen als vermutlich germanisches OpferheiligWXP RGHU VSlWDQWLN IU KFKULVWOLFKH .XOWVWlWWH ]X deuten.4
Holzart Eiche
Eiche
:."
Eiche
1.161 Vorstadt 6 «Olivenbaum» Wohnhaus %HLP 8PEDX GHV /DGHQV OLHVVHQ VLFK LQ GHU südlichen Brandmauer einige Beobachtungen PDFKHQ $EE P KLQWHU GHU 6WUDVVHQIDVVDGH NDP HLQ ZDQGE QGLJHV 7 UJHZlQGH DXV rotem Sandstein mit einer Fase und abgesetztem, EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI ]XP 9RUVFKHLQ (V G UIWH LQ GLH -DKUH XP JHK|UHQ 5 'LH 7 U LVW 7HLO HLQHU )OLFNVWHOOH LP lOWHUHQ %ROOHQVWHLQPDXHUZHUN GDV PLW HLQ]HOQHQ .DONVWHLQHQ durchsetzt ist, Lagen in opus spicatum besitzt und ins 13. Jahrhundert gehört. Gegen Westen lässt VLFK GLHVHV 0DXHUZHUN ELV P YRU GLH 6WUDVVHQfassade verfolgen. In einem weiteren Umbau ZXUGH GDV *HElXGH XP JXW P QDFK 2VWHQ HUZHLWHUW 'DV 0DXHUZHUN EHVWHKW DXV %ROOHQ XQG .DONVWHLQHQ XQG LVW PLW +RKO]LHJHOQ GXUFKVHW]W $OV OHW]WHV (OHPHQW NDP GLH (UQHXHUXQJ GHU )DVVDGH PLW JURVVWHLOLJHP .DONEUXFKVWHLQPDXHUZHUN KLQ]X GHUHQ XUVSU QJOLFK JHIDO]WHV 5XQGbogenfenster im Erdgeschoss, Staffelfenster und +DOEHUNHU LP XQG 2EHUJHVFKRVV LQV VSlWHUH RGHU IU KH -DKUKXQGHUW ZHLVHQ $EE 6
'HQGURGDWLHUXQJ 9RUVWDGW ©5RWHU $GOHUª
532
Bauphase
Ort
Holz probe YRU 4
1HXEDX 8PEDX" um 1450 Kellererweiterung 1615
'HFNHQEDONHQ Eiche *HZ|OEHNHOOHU 6W W]H 'HFNHQEDONHQ ± :. [ :. Eiche )ODFKGHFNH 6, 10, 11 [ :.
'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH ±
Holzart
G 1.226 Vorstadt 13 «Roter Adler» (Vorstadt 11 «Blume») Wohnhaus /LWHUDWXU :LSI 6 I )UDXHQIHOGHU 6 ± +DXVLQYHQWDU 'DJPDU +DFNOlQGHU :LONH =XP URWHQ $GOHU )HEUXDU $QOlVVOLFK GHU +DXVUHQRYDWLRQ YRQ ]HLJWH sich im Kanalisationsgraben im Hausgang, dass die Brandmauer zwischen den Häusern Vorstadt DXI GHU JDQ]HQ +DXVWLHIH YRQ P DXV HLQHP *XVV EHVWHKW 'DV 0DXHUZHUN EHVWHKW ]X HWZD ]ZHL 'ULWWHOQ DXV %ROOHQ ]X HLQHP 'ULWWHO DXV .DONVWHLQHQ XQG SDVVW LQV -DKUKXQGHUW Mit welchem der beiden Häuser die Mauer entVWDQGHQ LVW OLHVV VLFK QLFKW NOlUHQ 'DV ]XJHK|ULJH 7HUUDLQ ODJ GDPDOV HWZD FP XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH ,Q GHU 6WUDVVH UHLFKHQ GLH ältesten Kofferungen dagegen bis in eine Tiefe YRQ P ,Q GHU KLQWHUHQ +DXVKlOIWH GHV 9RUGHUKDXVHV OLHJW GHU lOWHUH *HZ|OEHNHOOHU ZLH dies auch bei anderen Häusern zu beobachten ist ] % $Q GDV *HZ|OEH VFKOLHVVW VLFK 5LFKWXQJ 9RUVWDGW HLQ HUVWHU +RO]EDONHQ DQ GHU ohne Splint datiert ist. Er wurde Teil des DQVFKOLHVVHQGHQ M QJHUHQ .HOOHUV PLW %DONHQGHFNH YRQ GHU QLFKW JDQ] ELV ]XU 9RUVWDGW UHLFKW 'LH 'HFNH ZLUG YRQ HLQHP PLWWLJHQ 8Qterzug auf zwei freistehenden Stützen unterstützt.
$EE U 9RUVWDGW 0DVsives Fundament des RinGHUPDUNWEUXQQHQV YRU GHP ©*ROGHQHQ 2FKVHQª 9RUVWDGW ZDKUVFKHLQlich gleichzeitig mit dem +DXV HQWVWDQGHQ 'HU %UXQQHQ ZLUG HUVWPDOV HUZlKQW XQG DEJHEURFKHQ
1.102 Vorstadt 17, Rindermarktbrunnen Brunnen, Strasse, Abwasserkanal /LWHUDWXU ,96 6+ % UJL %lQWHOL +|QHLVHQ 6 I )UDXHQIHOGHU 6 ± 5 HGL 6 I %LOGTXHOOHQ (OVHQHU :HLJHOH 6 .DW 365. ,P =XJH GHU HUVWPDOV LQ GHU 6WDGW EHUZDFKWHQ :HUNOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ NDP GHU PDVVLYH JHPDXHUWH )XQGDPHQWN|USHU GHV HUVWPDOV HUZlKQWHQ XQG DEJHEURFKHQHQ 5LQGHUPDUNWEUXQQHQV ]XP 9RUVFKHLQ $EE 'HU TXDGUDWLVFKH )XQGDPHQWEORFN KDW HLQH 6HLWHQOlQJH YRQ P VHW]W LQ HLQHU 7LHIH YRQ P XQWHU GHU 6WUDVVH GLUHNW DXI GHP DQVWHKHQGHQ .DONIHOV DQ XQG JUHLIW LQ GDV )XQGDPHQW GHV ZHLWJHKHQG QHX JHEDXWHQ ©*ROGHQHQ 2FKVHQª HLQ 9RUVWDGW +LQ]X NRPPHQ DOWH 6WUDVVHQNRIIHU GLH SXQNWXHOO YRU GHQ +lXVHUQ ©%OXPHª 9RUVWDGW $EE XQG ©%LEHUª 9RUVWDGW EHREDFKWHW ZXUGHQ 6LH OLHJHQ LQ ± P 7LHIH DXI GHP DQVWHKHQGHQ .LHV RGHU GHP .DONIHOV $XVVHUGHP IDQGHQ VLFK 7HLOVW FNH GHU JHPDXHUWHQ QHX]HLWOLFKHQ $EZDVVHUNDQlOH
$EE Y 9RUVWDGW 9RU GHU ©%OXPHª 9RUVWDGW reichen die ältesten StrasVHQNRIIHU ELV LQ HLQH 7LHIH von 1,5 m.
8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW 1U YRP 3 Vgl. oben, S. 15. 4 Goldammer, Kurt: Ein germanisches Opferheiligtum RGHU HLQH VSlWDQWLN IU KFKULVWOLFKH .XOWVWlWWH LQ 6FKDIIKDXVHQ" LQ )RUVFKXQJHQ XQG )RUWVFKULWWH 6 ± (LV *HUKDUG (LQH DOWJHUPDQLVFKH 2SIHUstätte unter einem mittelalterlichen Wohnhaus in 6FKDIIKDXVHQ" LQ )RUVFKXQJHQ XQG )RUWVFKULWWH 6 ± 9JO REHQ 6 6 Zeichnung der Fassade vor ihrer Veränderung ca. 6WDGW$6+ - /5' 5
533
1.069 Löwengässchen, 1.131 Löwengässchen 2/Vorstadt 29 «Löwen» (Löwengässchen 4) Wohnhaus, Scheune, Latrine, Archäobotanik, Archäozoologie, Anthropologie, Eisenverhüttung, Strasse /LWHUDWXU %HFN 6HQQ 6 I %URPEDFKHU 5HKD]HN E -E$6 6 I 'HU ©/|ZHQª ZXUGH PLW $XVQDKPH YRQ Fassaden und Keller abgebrochen, weil das einstige Gasthaus und Hotel schon früher massiv umgebaut worden war und wenig ursprüngliche SubVWDQ] EHVDVV $EE 6R ZXUGHQ QXU SXQNWXHOOH Bauuntersuchungen durchgeführt, hingegen AusJUDEXQJHQ LP %HUHLFK GHU QLFKW XQWHUNHOOHUWHQ ZHVWOLFKHQ %HUHLFKH JHWlWLJW IROJWH GLH (UQHXHUXQJ GHU :HUNOHLWXQJHQ LP YLHO EHJDQJHQHQ Fussgängergässchen.
$EE Situation der Untersuchungen im Bereich um das Löwengässchen ©*U WOLª ©3K|QL[ª XQG ©/|ZHQª 0
Vorstädtische Besiedlung und Gasse Im Leitungsgraben vor dem Haus LöwengässFKHQ ZDU HLQH *UXEH YRQ P 'XUFKPHVVHU REHUÀlFKOLFK DQJHVFKQLWWHQ GLH PLW 6FKODFNH YHUI OOW ZDU $EE XQG :HVWVHLWLJ VFKORVV HLQ Brandhorizont an, der sich mindestens 5,5 m weiWHU QDFK :HVWHQ HUVWUHFNWH XQG HLQH 'LFNH YRQ ELV ]X FP HUUHLFKWH *UXEH XQG %UDQGVFKLFKW UHFKnen mit dem anstehenden lehmigen Malmschutt.
'DV EHGHXWHW GDVV YRU GHU 1XW]XQJ GHV *HOlQGHV GLH FP GLFNH +XPXVVFKLFKW HQWIHUQW ZXUGH 'LH JHERUJHQHQ 6FKODFNHQ PLW HLQHP *HZLFKW YRQ NJ VLQG DOV YHUODJHUWH 9HUK WWXQJVDEIlOOH von oolithischen Eisenerzen anzusprechen, die im Hochmittelalter im Merishausertal abgebaut wurden. Eisen zu schmelzen oder zu verhütten war in der Stadt verboten, wie dem Stadtbuch von ]X HQWQHKPHQ LVW daz nieman sol föllan brennen in der statt. Tatsächlich scheint der nur UXGLPHQWlU ]X EHREDFKWHQGH 6WUDVVHQNRIIHU GHV /|ZHQJlVVFKHQV EHU GLH *UXEH ]X ]LHKHQ 'LH (LVHQYHUK WWXQJ N|QQWH GHVKDOE QRFK LQ GHU =HLW vor 1200 erfolgt sein, als die Vorstadt noch nicht ummauert war.10 Mit den Stadtmauern und mit der Parzellierung der Vorstadt entstand das Löwengässchen, die einstige, nach ihrem Tor benannte Engelbrechtgasse, deren Name erstmals 1406 auftaucht.11 9RP 6WUDVVHQNRIIHU VLQG LQ GHU *DVVHQPLWWH 5HVWH LQ )RUP HLQHU PLQGHVWHQV FP GLFNHQ .LHVVFK WWXQJ YRUKDQGHQ 3DUWLHOO NRQQWH HLQH 3ÀlVWHUXQJ DXV ELV ]X FP JURVVHQ .LHVHOQ XQG .DONVWHLQHQ EHREDFKWHW ZHUGHQ $EE 6LH OLHJW QXU P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH $XFK KLHU ZXUGH der Humus bei der Strassenanlage entfernt. VerPXWOLFK VWDPPW GHU 6WUDVVHQNRIIHU DXV GHQ $Qfängen der Vorstadt, das Fundmaterial lässt sich QXU JURE LQV -DKUKXQGHUW GDWLHUHQ 12. /13. Jh. erster Brand
enw eg
innerer Graben
Stadtmauer um 1200 54
nd
hinterer Schneeberg
Ro
13. Jh. 1268 Neubau Grütli
Ko nte rm
52
aue
r
1318/54 Löwengässchen 4 um 1400 Wiederaufbau nach Brand
Phönix 1.126
1403 Ausbau Löwen 1443/45 Bollwerk und äusserer Graben
Grütli
1512 Keller
2703234
2
spätes 16. Jh. / um 1600
1.25 1
1.25 6
Löw eng äss che n
Löw e gäss nchen 4
8
M2
M3
2
1.131 Erdkeller blauer Sternen 33
tsha lle
Kernbau M1
elbr ech
10
Eng
inn Eng eres tor elbre cht s-
Stube 1. OG 15. Jh.
ner
12
stüb
li
1.174
Ber
innere Brücke 1.069
50
tor
Profil A-A
Sick e neu rgrube zeit lich Löwen
1.131 Latrine
4
Löwen 29
Brandschicht 2
1.069 Schlackengrube n
2. OG 1403
N
Profil A-A
Vo rsta dt
0
534
5
10 m
G Fachwerkhaus mit Erdkeller, 2. Hälfte 12./1. Hälfte 13. Jahrhundert Am Westrand der Parzelle liegt der Kernbau M1 XQG GDUXQWHU HLQ lOWHUHU XUVSU QJOLFK P WLHIHU (UGNHOOHU HLQHV )DFKZHUNKDXVHV $EE XQG 9RP .HOOHU VLQG QXU GLH 2VW XQG 6 GÀXFKW HUKDOWHQ GLH :HVWÀXFKW LVW GXUFK GLH VSlWHUH Kellermauer von Haus Löwengässchen Nr. 4 zerVW|UW GLH 1RUGÀXFKW GXUFK GLH $XVKXEDUEHLWHQ YRQ $XI GHU 5HVWÀlFKH YRQ QRFK P2 zeigte VLFK DXI GHU 6RKOH HLQ IHLQHU NRKOLJ DVFKLJHU 7UDPSHOKRUL]RQW PLW HLQLJHQ .HUDPLNVFKHUEHQ DXV GHU +lOIWH +lOIWH -DKUKXQGHUW 75 E 'D]X JHK|UW DXFK HLQ ÀDFKHU TXDGUDWLVFKHU Stein mit 40 cm Seitenlänge und 25 cm Höhe, der ZRKO DOV 8QWHUODJH HLQHV 3IRVWHQV GLHQWH 'DUXQter verborgen lag der Griff eines Hiebmessers sowie ein zusammengefaltetes Eisenband mit Löchern, das von einem Fensterladen oder einer 7UXKH VWDPPHQ N|QQWH $EE XQG ,VW GLHVHU %HIXQG DOV %DXRSIHU ]X LQWHUSUHWLHUHQ" $XI GHP 7UDPSHOKRUL]RQW ODJ HLQ FP GLFNHU XQG ZHLWJHKHQG VWHULOHU /HKPHVWULFK 6 DOV ]ZHLWHU Benutzungshorizont. Von der Zerstörung des %DXZHUNV VWDPPW GHU %UDQGVFKXWW 6 HLQH GLFNH IDVHULJH YHUNRKOWH 6FKLFKW PLW YLHO 6SHO]HQ YRQ Hafer,12 GDUDXI OLHJHQG GLH 5HVWH HLQHU YHUNRKOWHQ )OHFKWZHUNZDQG EHVWHKHQG DXV 6FKZHOOH 3IRV ten, Faschinen und verbranntem Lehm (Abb. 9LHU 3UREHQ YRQ YHUNRKOWHQ (LFKHQK|O]HUQ NRQQWHQ ]ZDU JHPHVVHQ ZHUGHQ LKUH 'DWLHUXQJ gelang bislang aber nicht.13 'HU =HLWSXQNW GHU %UDQG]HUVW|UXQJ NDQQ PLW MHQHU GHU REHQ HUZlKQWHQ 6FKODFNHQJUXEH LP /|ZHQJlVVFKHQ identisch sein.14 Ob dieser Keller noch zu einer vorstädtischen Besiedlung gehörte, oder ob er bereits innerhalb der um 1200 entstandenen VorVWDGW DQJHOHJW ZXUGH EOHLEW XQNODU %HL $QODJH LQ GHU 9RUVWDGW N|QQWH DXFK DQ HLQHQ :HENHOOHU JHdacht werden, aber die Befunde sind zu fragmentarisch für eine eindeutige Bestimmung.15
$EE ©/|ZHQª (UGNHOOHU 'HU *ULII HLQHV +LHEmessers und das gefaltete Eisenband mit Löchern lagen unter einem Stein und sind vielleicht als Bauopfer zu interpretieren, 2. H. + -K 0
$EE ©/|ZHQª (UGNHOOHU + + -K JHI OOW PLW %UDQGVFKXWW 5HVWHQ HLQHU YHUNRKOWHQ )OHFKWZHUNZDQG XQG YHUERUJHQ unter dem grossen Stein *ULII HLQHV +LHEPHVsers und gefaltetes Eisenband mit Löchern, YJO $EE
3 =XU 6FKODFNH YRP /|ZHQJlVVFKHQ %HFN 6HQQ 6 I 6 6 ± 6 6 6FKLE 6 6FKLE 6 ± 9JO REHQ 6 67$6+ 85 12 Mündliche Mitteilung Werner Schoch, Labor für quartäre Hölzer, Adliswil. 8:$' 5LFKDUG 0HLHU %HULFKW YRP 3UREHQ ± 1DFKNRQWUROOHQ YRQ XQG EOLHEHQ RKQH (UJHEQLV 8QWHU GHQ +|O]HUQ EH¿QGHW VLFK DXFK HLQ YHUNRKOWHV EUHWWDUWLJHV :HUNVW FN :HEVFKLII" DXV 1DGHOKRO] .$6+ 14 Vgl. oben, S. 534. 15 SPM 2011, S. 62, S. 65.
2
1
535
A1
Bahnhofstrasse
A2 Fassadenflucht West Grütli 1.174
Unterführung Löwengässchen 400.00
Mittelalterliche Strasse
399.00
Kalkfels Baugrube 398.00 innere Brücke 1.069
Stadtmauer/ Engelbrechtstor
397.00
12. /13. Jh. e um 1200 zä 13. Jh. 1268 Neub 1318/54 Löw
396.00
um 1400 W 1403 Ausba um 1445 Bo 1512 Keller
395.00
spätes 16. Jh
A4
A3 Löwengässchen
ursprüngliches Terrain älterer Brand Strassenkoffer (Kies)
anstehender Lehm
Sickergrube Löwen neuzeitlich Latrine zu M1 1.131
Bauschutt
Fäkalienschicht
Kalkfels
536
Schlackengrube 1.069
anstehender Lehm
G A3
A2 sekundär wiederverwendet
Türe
S7 Brandschutt
M2
M2
Aufgehend
OK Fundament M1
anstehender Lehm Erdkeller
steriler Lehmestrich S3 Kohlelage S2 1.Benutzungshorizont
S12 Planie jüngere Kellerunterfangung Engelbrechtshalle
S9 Brandschutt
Stein Schwertgriff Eisenband
rster Brand
anstehender Lehm
hringerzeitliche Stadtmauer
Kalkfels
S8 steriler Lehmestrich
au Grütli
Brandhorizonte
wengässchen 4 ederaufbau nach Brand u Löwen
Anstehender Boden Benutzungshorizont
llwerk und äusserer Graben Strasse ?! . um 1600
A4
A5 Vorstadt
400.00
12. /13. Jh. erster Brand um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer 13. Jh. 1268 Neubau Grütli
jüngerer Brand Strassenkoffer (Kies/Steine/Sand)
1318/54 Löwengässchen 4 399.00 um 1400 Wiederaufbau nach Brand 1403 Ausbau Löwen
anstehender Lehm
um 1445 Bollwerk und äusserer Graben anstehender Lehm
1512 Keller 398.00
397.00
spätes 16. Jh. um 1600
Brandhorizonte
Anstehender Boden Benutzungshorizont 396.00
395.00
Strasse ?!
$EE 3URILO $±$ GXUFK (QJHO EUHFKWVWRU PLW %U FNH XQG /|ZHQJlVVFKHQ XQG +LQWHUKRI ©/|ZHQª 0 /DJH YJO $EE
6WUDWLJUD¿H /|ZHQJlVVFKHQ $EE Allgemein Schichtaufbau 6 %UDQGVFKXWW
Fundnum- 'DWLHUXQJ mer 2, 3 -K
(UGNHOOHU Schichtaufbau 6 6 6 *HKKRUL]RQW Hiebmesser, Eisenband
Inv. Nr.
'DWLHUXQJ
± ±
13. Jh. IU KHV -K
DQVWHKHQGHU .DONIHOV EHUGHFNW YRQ .LHV XQG 0DOPVFKXWW
Frühe Steinbauten des 13./14. Jahrhunderts hinter dem «Löwen» 1DFK GHP %UDQG GHV )DFKZHUNKDXVHV PLW .HOOHU wurde, wohl im Zentrum einer grösseren Parzelle, ein erster Steinbau M1 6 m hinter der GassenÀXFKW HUULFKWHW $EE XQG (UKDOten ist in der Brandmauer die dreigeschossige Westwand, während von der Südwand nur noch Reste der untersten Lagen vorhanden sind, gegen 2VWHQ JHVW|UW GXUFK HLQH UHFKWHFNLJH /DWULQHQJUXEH DXV GHU 1HX]HLW 'DV 0DXHUZHUN LVW ODJLJ JHPDXHUW DXV NOHLQIRUPDWLJHQ %ROOHQVWHLQHQ WHLOweise schräggestellt in der Art des opus spicatum. 6SlWHU DOV 0 XQG QDFK GHP %UDQGVFKXWW 6 HQWstand in der Nachbarparzelle Löwengässchen 4 das annähernd quadratische Gebäude M2, das mit [ P ]XP +DXVW\S $ 67 JHK|UW 16 aber bereits an die Gasse anschliesst. Es wird aber vom NOHLQHQ +LQWHUKRI GHV KHXWLJHQ ©/|ZHQª DXV VHLWOLFK HUVFKORVVHQ 'HU +LQWHUKRI EOLHE ELV LQV -DKUKXQGHUW HUKDOWHQ 'LH 6FKZHOOH GHU +DXVW UH liegt 40 cm unter dem heutigen Gassenniveau, 5HVWH GHV *HZlQGHV DXV 5DQGHQJURENDON ]HLJHQ HLQH )DVH PLW EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI GLH GDV *HElXGH 0 LQ GLH =HLW XP GDWLHUW
$EE 'DV ODJLJH %ROOHQVWHLQPDXHUZHUN mit einzelnen schräggestellten Lagen umfasst in der Brandmauer 4 Geschosse. Im Bereich des Pultdachs sitzt es mit der Nordfassade auf der tiefHUOLHJHQGHQ lOWHUHQ 6 GZHVWHFNH YRQ 0 DXI 'DV 0DXHUZHUN 0 XQG 0 ]HLJW DE +|KH GHU 7 UVFKZHOOH VWDUNH %UDQGU|WXQJHQ HLQHV ]ZHLWHQ %UDQGHV 'LH )DVVDGH DXI GHU 6HLWH GHV /|ZHQgässchens ist neu. Latrinengrube zu M1, 2. Hälfte 13./ 1. Hälfte 14. Jahrhundert In der bereits fertiggestellten Baugrube zeichnete sich der unterste Abschnitt einer Latrinengrube DE $EE XQG 7URW] LKUHU LVROLHUWHQ Fundlage und der Störung durch die neuzeitliche 6LFNHUJUXEH GHV ©/|ZHQª LVW VLH GXUFK LKUH /DJH teilweise unter der Südmauer von M1 offensichtOLFK DOV ]X GLHVHP .HUQEDX JHK|ULJ ]X HUNHQQHQ 'HU 'XUFKPHVVHU GHU *UXEH EHWUlJW P VLH LVW P WLHI LQ GHQ DQVWHKHQGHQ )HOV HLQJHVFKURWHW und ihre ursprüngliche Tiefe betrug um 4 m. Im )HOVHQ VDPPHOWH VLFK YRP +RI KHU HLQVLFNHUQGHV :DVVHU GDV GLH )lNDOLHQ GLH YRQ HLQHU %DXVFKXWWI OOXQJ EHGHFNW ZDUHQ LQ KHUYRUUDJHQGHU )HXFKWERGHQHUKDOWXQJ NRQVHUYLHUWH 'LH JHVDPWH ) O-
1 2 1
$EE ©/|ZHQª 6 GZHVW HFNH GHV .HUQEDXV 0 DXV GHP -K /LQNV DQVFKOLHVVHQG M2, das Haus Löwengässchen 4 aus der Zeit um YJO $EE
G lung von etwa 3 m3 wurde in eine Mulde abgefüllt und geschlämmt. So liess sich der gesamte FundNRPSOH[ LQNOXVLYH NOHLQVWHU 7HLOH XPIDVVHQG EHUgen. .HUDPLN LVW VSlUOLFK YHUWUHWHQ HLQ JDQ]HU 'HFNHO VHKU NOHLQH )UDJPHQWH YRQ 7|SIHQ 75 F G /lPSFKHQ /$5 XQG 2IHQNDFKHOQ .5 nebst einigen Fragmenten der frühen AllerheiliJHQ]LHJHO %HPHUNHQVZHUW GDJHJHQ LVW HLQ *ODVNRPSOH[ DXV PHKU RGHU ZHQLJHU JDQ]HQ 1XSpenbechern sowie den seltenen, fragilen Flaschen, GUHL GDYRQ PLW EODXHQ )DGHQDXÀDJHQ XQG ]ZHL PLW NDXP VLFKWEDUHQ 5LSSHQ $EE XQG 'DV )XQGPDWHULDO GDWLHUW GLH OHW]WH ) OOXQJ GHU /DWULQH DXI +lOIWH +lOIWH -DKUKXQdert. 'LHV IlOOW LQ HWZD PLW GHU 'DWLHUXQJ GHV HUwähnten Neubaus von M2 in die Jahre um ]XVDPPHQ 'HVKDOE NDQQ GLH $XVVHUbetriebnahme der Latrine eine Folge der neuen Nachbarschaft oder überhaupt der Neuorganisation der Bebauung sein. Trotz der beschriebenen ausgezeichneten Erhaltung der organischen Sub-
%lQWHOL F 6 ± YJO REHQ 6 9JO REHQ 6 .$6+ ,QY ± .$6+ ,QY ± &XHQL 2OLYHU /DQGROW .LQGVPRUG XQG $EWUHLbung im alten Schaffhausen, in: SN 25.5.2002. 0DUNHUW 'LHWHU 'LH .QRFKHQ DXV GHU /DWULQHQJUXEH /|ZHQJlVVFKHQ 0DQXVNULSW .$6+
stanz fand sich nur ein einziges Holzgefäss, eine ]X HLQHP 'ULWWHO HUKDOWHQH JHGUHFKVHOWH +RO]VFKDOH VRZLH HLQ GRSSHONRQLVFKHU =DSIHQ HLQHV )lVVFKHQV " $EE Ferner gibt es in grösserer Menge Haare, offenbar Menschenhaare, die als Abfall in die Grube geworfen wurden, und VFKOLHVVOLFK NOHLQVWH /HGHUVW FNH PLW 1DKWO|chern als Kleiderreste. Als aussergewöhnlichster Fund fand sich unter GHQ 7LHUNQRFKHQ GDV YROOVWlQGLJH 6NHOHWW HLQHV neugeborenen Mädchens mit Verletzungsspuren, die zweifellos auf Kindstötung und Beseitigung des Leichnams in der Latrine schliessen lassen $EE 20 +LQ]X NRPPHQ 7LHUNQRFKHQ GLH als Speiseabfälle in der Latrine landeten. Sie stammen von einem Rind, je vier Schweinen und Schafen, einer Gans, acht Hühnern, davon zwei Hennen und ein Hahn, einem Kernbeisser und je einem Eichhörnchen, einer Ratte, einem Frosch, einem Stör und einem weiteren mittelgrossen Fisch.21 $EE ©/|ZHQª ,Q GHU Latrinengrube lag das 6NHOHWW HLQHV QHXJHERUHnen Mädchens. Seine 6FKlGHONDORWWH ]HLJW HLQHQ N QVWOLFKHQ 6SDOW YHUPXWlich von einer Schere, sowie durch stumpfe Gewalt YHUXUVDFKWH 5LVVH 'HU Befund deutet auf Tötung des Säuglings und BeseitiJHQ LQ GHU /DWULQH NXU] QDFK GHU 1LHGHUNXQIW + + -K
$EE ©/|ZHQª /DWULQH Gedrechselte Holzschale VRZLH HLQ GRSSHONRQLVFKHU Verschlusszapfen eines )lVVFKHQV " + + -K 0 YJO $EE
540
G Von den vielen Hölzern, die bearbeitet oder als Äste und Zweige in die Grube gelangten, wurden IDVW EHVWLPPW KLQ]X NRPPHQ +RO]NRKOHVW FNH (V EHUZLHJHQ )LFKWH XQG :HLVVWDQQH YRQ GHUHQ 5HVWHQ E]Z DOV 6FKLQGHOQ LGHQWL¿]LHUW ZHUGHQ NRQQWHQ (LQ]HOQH %UHWWVW FNH dürften Reste des Latrinenhäuschens sein. Eiche, Buche, Hasel und Rebe sind in deutlich geringerer Zahl vorhanden. Selten sind Pappel, Ahorn, HoOXQGHU (UOH /LJXVWHU .HUQREVW XQG :HLGH 'LH gefundenen Laubmoose wurden zur Körperreinigung gebraucht, wie dies auch in der Mönchslatrine im Kloster Allerheiligen nachgewiesen ist.22 $XIIDOOHQG KlX¿J VLQG DEHU DXFK %OlWWHU YRUKDQden, die mehrfach zusammengefaltet sind und ofIHQVLFKWOLFK GHP JOHLFKHQ =ZHFN GLHQWHQ +LHU überwiegt Buchenlaub, Fragmente gibt es aber auch von Spitzahorn, Hasel, Schlehdorn und anderen, nicht mehr bestimmbaren Laubbäumen. % QGHO XQG ODJHQZHLVH LVW SÀDQ]OLFKHV 0DWHULDO LQ )RUP YRQ 3ÀDQ]HQVWHQJHOQ YRUKDQGHQ *HWUHLGHVWURK *UlVHU XQG 6WlQJHO YRQ $PSIHU XQG 'ROdengewächsen wurden als Einstreu von Wiesen und Feldern eingebracht und weisen auf Stallhaltung von Tieren hin. Ausserdem wurden 5000 Samen und Fruchtreste EHVWLPPW GLH DXV GHQ )lNDOLHQ XQG $EIlOOHQ GHU Hausbewohner stammen. Sie belegen die Vegetation der mittelalterlichen Stadt mit ihrer nahen Umgebung und geben Hinweise auf den Anbau von Getreide, Früchten und Gemüse sowie das 6DPPHOQ XQG GLH 9HUZHQGXQJ YRQ :LOGSÀDQ]HQ $EE $Q 0HKOIU FKWHQ VLQG +DIHU +LUVH XQG 'LQNHO YRUKDQGHQ GLH DOV 0XV RGHU %UHL gegessen wurden. An Steinobst fanden sich =ZHWVFKJH 3ÀDXPH XQG 3¿UVLFK .LUVFKH XQG 6DXHUNLUVFKH VRZLH 6FKOHKH $XVVHUGHP JDE HV .HUQREVW %LUQHQ XQG bSIHO 1 VVH +DVHO XQG :DOQXVV %HHUHQ :DOGHUGEHHUH +LPEHHUH %URPEHHUH XQG .UDW]EHHUH +DJHEXWWH XQG 7UDXEHQNHUQH $OV *HP VHSÀDQ]HQ QDFKJHZLHVHQ VLQG 3DVWLQDNH RGHU *HLVVIXVV ZHJHQ VHLQHU +HLOZLUNXQJ JHJHQ GLH *LFKW DXFK ©=LSSHUOHLQVNUDXWª JHQDQQW $OV *HZ U]SÀDQ]HQ NRPPHQ 'LOO 6HOOHULH XQG :DFKKROGHU YRU DOV gOSÀDQ]HQ /HLQ XQG +DQI +DOPIUXFKW +DFNIUXFKW XQG *DUWHQXQ NUlXWHU NDPHQ DOV 9HUXQUHLQLJXQJHQ EHL der Getreide- und Gemüseernte ins Haus. RudeUDO :LHVHQ 6XPSI XQG 8IHUSÀDQ]HQ LOOXVWULHren die stadtnahe Vegetation, während von WaldSÀDQ]HQ QXU GLH )U FKWH GHV ZROOLJHQ 6FKQHHEDOOV nachgewiesen sind, die möglicherweise für me-
GL]LQLVFKH =ZHFNH JHQXW]W ZXUGHQ $Q ZHLWHUHQ ]RR ORJLVFKHQ 5HVWHQ NRPPHQ (LHUVFKDOHQ YHU mutlich von Hühnern vor, ausserdem Reste von ,QVHNWHQ XQG .OHLQWLHUHQ $EE 23 Anfänge des «Löwen» im 13./14. Jahrhundert 'LH YRP 9HUSXW] EHIUHLWH )DVVDGH GHV ©/|ZHQª PDFKWH GHXWOLFK GDVV LQ GLHVHP (FNKDXV HLQ ]ZHLJHVFKRVVLJHU .HUQEDX PLW (FNTXDGHUQ DXV 5DQGHQJURENDON GHV RGHU IU KHUHQ -DKUKXQGHUWV VWHFNW 'DV ]XJHK|ULJH .DONEUXFKVWHLQPDXHUZHUN OlVVW VLFK PLQGHVWHQV P LQV /|wengässchen hinein verfolgen und zeigt Brandrötungen wohl eines zweiten, jüngeren Brandes, der sich im Ostabschnitt des Löwengässchens, FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH QDFKZHLVHQ OLHVV $EE Neubau von 1403 als herrschaftliches Haus 'HP ]ZHLWHQ %UDQG LQ GHQ -DKUHQ XP GHU YHUPXWOLFK PLW MHQHP LP ©*U WOLª ©3K|QL[ª LGHQWLVFK LVW XQG ¿HOHQ GLH %DXWHQ 0 XQG 0 VRZLH GHU lOWHVWH ©/|ZHQª ]XP 2Sfer. Nach dem Brand wurde das Haus nach Westen verlängert. Es endet 3 m vor dem Haus Löwengässchen 4 und spart offensichtlich ein Tor gegen die Gasse aus. Hofseitig wurde das Gebäude M1 durch die Mauer M3 unterteilt. M3 bildet die neue Brand- bzw. Hofmauer gegen das QRUGVHLWLJH 1DFKEDUKDXV ©%ODXHU 6WHUQHQª 'DV XQVRUJIlOWLJH .DONVWHLQPDXHUZHUN LVW PLW %ROOHQ durchsetzt, die wohl aus dem Abbruch der Vorgängerbebauung stammen. Neu entstand auch das 2EHUJHVFKRVV GHVVHQ (FNH /|ZHQJlVVFKHQ 9RUVWDGW QXQ HEHQIDOOV ZLH GDV EULJH 0DXHUZHUN
$EE YY ©/|ZHQª /DWULQH *OlVHUNRPSOH[ DXV mehr oder weniger ganzen Nuppenbechern sowie den seltenen, sehr fragilen Flaschen, drei davon mit blauen Fadenauflagen, ]ZHL PLW NDXP VLFKWEDUHQ Rippen, + + -K 0 YJO $EE
$EE V ©/|ZHQª 1HEHQ GHQ )LVFKNQRFKHQ GLH als Speiseabfälle in die Latrine gelangten, zeugen die darum gruppierten zoologischen Reste von Fliegenarten, Maden und 3XSSHQ 0lXVHNQRFKHQ .|SIH YRQ 5 VVHONlIHUQ XQG GHU 3DQ]HU HLQHV 7RWHQNlIHUV von regem Leben in den /DWULQHQIlNDOLHQ + + -K
5 2 1
4 3
%URPEDFKHU 5HKD]HN D 6 :HUQHU + 6FKRFK 'LH 8QWHUVXFKXQJ GHU 0DNURUHVWH aus der Latrinengrube Löwengässchen 4, Bericht vom -XQL .$6+ %URPEDFKHU 5HKD]HN E
541
'HQGURGDWLHUXQJ 9RUVWDGW ©/|ZHQª25 Bauphase
Ort
Stabwand 2. OG Ständer Rähm und 'HFNHQEDONHQ
$EE Z ©/|ZHQª 0LWWHOpfosten mit Resten des Zweierfensters aus dem -DKU PLW NUlIWLJHU +RKONHKOH XQG DEJHVHW]WHP EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI 0 $EE V ©(QJHOEUHFKWVKDOOHª XQG ©%HUQHUVW EOLª 'LH )HQVWHU der beiden wenig beachteten Fassaden am Löwengässchen zeigen, dass die beiden Häuser bereits im 14. Jh. entstanden. BemerNHQVZHUW LVW GDV GUHLIDFK gestaffelte Fenster der ©(QJHOEUHFKWVKDOOHª UHFKWV REHQ DXV GHP IU hen 16. Jh., mit Rundstab und Basen mit Wulst und Waffelmuster.
Holzprobe 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH 3 ± :. 3 ± [ :."
DXV .DONVWHLQHQ JHPDXHUW ZXUGH 'D]X JHK|UHQ die beiden ursprünglichen Zweierfenster über GHP M QJHUHQ YRUVWDGWVHLWLJHQ (UNHU EHL GHQHQ später der Mittelpfosten entfernt wurde. Sie beVLW]HQ HLQH NUlIWLJH +RKONHKOH PLW DEJHVHW]WHP EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI DXV GHQ -DKUHQ 24 Ein solcher Mittelpfosten aus rotem 6DQGVWHLQ PLW 5HVWHQ YRQ %DQN XQG 6WXU] ¿QGHW sich vermauert auf der Seite Löwengässchen im gleichen Geschoss zwischen den modernen FensWHUQ $EE (WZDV ZHLWHU LP *lVVFKHQ LVW DP ©%HUQHUVW EOLª HEHQIDOOV LP 2EHUJHVFKRVV HLQ ZHLWHUHV )HQVWHU PLW LGHQWLVFKHQ 3UR¿OHQ YRUKDQGHQ
Fenster 20. Jh. Ausmauerung 20. Jh.
Holzart Eiche Fichte
Vom Inneren ist im ersten Obergeschoss hinter dem modern erneuerten Fensterwagen ein geZ|OEWHU (LFKHQEDONHQ HUKDOWHQ DOV OHW]WHU 5HVW der ehemaligen Bohlenstube aus dieser Zeit. +LQ]X NRPPW HLQH LP 2EHUJHVFKRVV DOV 5DXPteiler erhalten gebliebene Stabwand zwischen den beiden erwähnten Zweierfenstern über dem ErNHU 6LH EHVWHKW DXV (LFKHQVWlQGHUQ PLW HLQJHQXWHWHQ )LFKWHQEUHWWHUQ XQG NRQQWH LQV -DKU GDWLHUW ZHUGHQ 'LH :DQG LVW LP MHW]LJHQ 1HXEDX an der gleichen Stelle, aber ein Geschoss tiefer ZLHGHU YHUVHW]W ZRUGHQ $EE 0LW GLHVHU 'HQGURGDWLHUXQJ EHVLW]HQ ZLU GHQ ELVlang jüngsten Nachweis für die eben erwähnten )HQVWHUSUR¿OH 8QG DXFK GHU %DXKHUU OlVVW VLFK GDGXUFK LGHQWL¿]LHUHQ ,Q HLQHU 8UNXQGH YRQ ZLUG GDV *HElXGH DOV ©QHXHV +DXVª YRQ -XQNHU Hans Irmensee bezeichnet, das an Engelbrechtgassen [Löwengässchen] unden am Ort und an des Stallikowers Haus [Blauer Sternen] gelegen ist. Irmensee besass bereits das gegenüberlieJHQGH (FNKDXV GHQ DOWHQ )DPLOLHQVLW] ©6FKZDU]H 6WUDXVVIHGHUª XQG KDWWH GDPLW TXDVL GLH +RKHLW über das Gässchen als Zugang zum Engelbrechtstor.26 'DV GULWWH 2EHUJHVFKRVV GHV ©/|ZHQª ZXUGH RIIHQEDU HUVW PLW GHP (UNHU YRQ DXIJHVHW]W XQG ZXUGH YROOVWlQGLJ DEJHWUDJHQ 1.251 Löwengässchen 6 «Engelbrechtshalle» Fassade, Fenster 'LH )DVVDGH JHJHQ GDV /|ZHQJlVVFKHQ $EE ]HLJW LP 2EHUJHVFKRVV 5HFKWHFNIHQVWHU PLW )DVH XQG EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI DXV GHU =HLW YRQ der Ladenfalz ist jünJHU 'DPLW EHVLW]W GDV +DXV HLQ lKQOLFK KRKHV $OWHU ZLH VHLQ 1DFKEDUJHElXGH ©%HUQHUVW EOLª 'LHVHV )HQVWHU ÀDQNLHUW HLQ VSlWJRtisches, dreifach gestaffeltes Fenster, an dessen +RKONHKOH DXVVHQ HLQ 5XQGVWDE PLW %DVHQ PLW :XOVW XQG :DIIHOPXVWHU DQVFKOLHVVW 'DV )HQVWHU stammt aus dem früheren 16. Jahrhundert und geK|UW ]X HLQHU NOHLQHQ *UXSSH YRQ %DXWHLOHQ PLW der gleichen Formensprache. 'DV 6WDIIHOIHQVWHU LP 2EHUJHVFKRVV PLW HKHPDOLJHP )HQVWHUHUNHU VWDPPW DXV GHU =HLW XP
542
G 1.252 Löwengässchen 8 «Bernerstübli» Fassade, Fenster 'LH )DVVDGH JHJHQ GDV /|ZHQJlVVFKHQ ]HLJW LP 2EHUJHVFKRVV HLQ 5HFKWHFNIHQVWHU PLW +RKONHKOH XQG DEJHVHW]WHP EHLGVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI DXV GHU =HLW YRQ 30 die FensWHUEDQN LVW PRGHUQ $EE (V ZDU HKHPDOV ein Zweierfenster, das seines Mittelpfostens beraubt wurde und vielleicht damals seinen LadenIDO] HUKLHOW 'DPLW EHVLW]W GDV +DXV HLQ lKQOLFK hohes Alter wie seine Nachbarn, «EngelbrechtsKDOOHª XQG ©/|ZHQª XQG
24 Vgl. oben, S. 123. /5' 5 XQG $NWHQ 1RUEHUW .DVSDU $UFKLY 'HQNPDOSÀHJH 6+ 67$6+ 85 %lQWHOL E 6 ± +lXVHUGDWHQEDQN 9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 30 Vgl. oben, S. 123. 9JO XQWHQ 6 ± 9JO REHQ 6
1.126 Löwengässchen 10/Bahnhofstrasse 52 «Phönix» (Bahnhofstrasse 54 «Hinterer Schneeberg»), 1.174 Löwengässchen 12/Bahnhofstrasse 50 «Grütli» Magazin, Wohnhaus, Kellerhals /LWHUDWXU %lQWHOL D 6 ± +DXVHU 6 6 +DXVLQYHQWDU 'DJPDU :LONH =XP *U WOL 0DL 'LH VDQIWH 6DQLHUXQJ GHV ©3K|QL[ª HUP|JOLFKWH QXU SXQNWXHOOH %DXEHREDFKWXQJHQ ZlKUHQG GHU 7RWDOXPEDX GHV ©*U WOLª YRQ PLW einer umfassenden Bauuntersuchung begleitet ZXUGH 'LH 6WDGWPDXHU ZLUG XQWHQ EHKDQGHOW 31 1. Hälfte 13. Jahrhundert: älteste Mauerreste bOWHVWHU +DXVWHLO GHV ©*U WOLª LVW GLH DXI ]ZHL 6HLWHQ PLW GHP ©3K|QL[ª JHPHLQVDPH Brandmauer. Hinter einer erneuerten Mauerschale32 aus lagenKDIWHQ .DONVWHLQHQ YHUELUJW VLFK QXU LP (UGJHVFKRVV QDFKJHZLHVHQ HLQ DOWHU 0DXHUNHUQ DXV schräggestellten Bollensteinen in opus spicatum $EE $XFK GLH %UDQGPDXHU ]ZLVFKHQ GHQ +lXVHUQ ©3K|QL[ª ©+LQWHUHU 6FKQHHEHUJª GDWLHUW DXI *UXQG GHV 0DXHUFKDUDNWHUV PLW pietra rasaVerputz (Bollensteine mit hervortretenden SteinN|SIHQ HEHQIDOOV LQV -DKUKXQGHUW 2IIHQEDU ist dies die Südfassade eines sonst völlig abgebrochenen und verschwundenen Gebäudes.
12. /13. Jh. erster Brand Stadtmauer um 1200
1.1
13. Jh. 56
1268 Neubau Grütli 55 68 C
1318/54 Löwengässchen 4
N
0 1
5
10 m
um 1400 Wiederaufbau nach Brand innerer Graben 54
hinterer Schneeberg
nd
1443/45 Bollwerk und äusserer Graben
enw eg
1403 Ausbau Löwen
Ro
1512 Keller
ter m
52
aue
r
äusserer Graben
Ko n
Phönix 1.126
Widerlager
2
1.25 1
1.25
lle
8 6
Löw eng äss che n
Löw e gäss nchen 4
10
Kernba M1
tsha
Stube 1. OG 15. Jh.
elbr ech
12
inn Eng eres tor elbre cht s-
stüb
li
1.174 ner
innere Brücke 1.069
Ber
Profil A-A
Eng
Ba hn ho fst ras se
erk 1445
Grütli 2703234 50
äu s En sere ge s lbr ech tst or
M2
4
$EE ©*U WOLª ©3K|QL[ª 6LWXDWLRQ der Untersuchungen im Bereich Löwengässchen und Bahnhofsareal 0
543
$EE ©*U WOLª *UXQGriss Untergeschoss mit %DXSKDVHQ 0
1.126 Phönix
Türe EG Randengrobkalk
1.126 Phönix
Kalksteingewölbe
Kellerhals
Querschnitt
Löwengässchen
pe Kalksteintrep
Grütli
um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer 1. Hälfte 13. Jh. 1268 Neubau Grütli 1289 Aufstockung spätes 14. Jh. um 1400 Wiederaufbau nach Brand 1512 Keller 0 1 16. Jh. Kalksteingewölbe
2
?
?
$EE ©*U WOLª *UXQGriss 1. OG mit Bauphasen 0
Querschnitt
0
412.00
413.00
412.00
411.00
5m
Löwengässchen
Lichtscharten
Treppe
?
4
1268 Neubau Grütli um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer 1289 Aufstockung Grütli mit Engelbrechtstor spätes 14. Jh. Aufstockung Stadtmauer 1. Hälfte 13. Jh. Älteste Mauerreste um 1400 Wiederaufbau nach Brand 1268 Neubau Grütli 1512 Keller
1.126 Phönix
1.126 Phönix
3
1
2
3
4
5m
um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer mit Engelbrechtstor 1. Hälfte 13. Jh. Älteste Mauerreste 1268 Neubau Grütli 1289 Aufstockung Grütli spätes 14. Jh. Aufstockung Stadtmauer um 1400 Wiederaufbau nach Brand 1512 Keller 16. Jh. Kalksteingewölbe DG
410.00
409.00
Wehrgang 408.00
3.OG 407.00
Ständer 1289?
jünger als Brand verbrannt
406.00
2.OG
405.00
Lichtscharten 404.00
1.126 Phönix
Grütli
403.00
402.42
1.OG
402.00
401.00
400.00
Türe Haus zum Phönix Bauniveau Stadtmauer innen EG
Löwengässchen
Türe Haus zum Phönix
Brücke
398.00
UG 1.069
Pflästerung
397.00
396.00
$EE ©*U WOLª 4XHUschnitt mit Bauphasen 0
544
Stadtgraben
'HU =XJDQJ ]XP JXW P KRKHQ (UGJHVFKRVV lag im Nordosten. Sein rundbogiges, ungefastes *HZlQGH DXV 5DQGHQJURENDON PLVVW FD [ P 'LH YHUPXWHWH 6FKZHOOH NRUUHVSRQGLHUW mit einem Mauerabsatz im nordseitigen Fundament, der den ehemaligen Erdgeschossboden PDUNLHUW 8QPLWWHOEDU GDQHEHQ DEHU P WLHIHU JHOHJHQ ¿QGHW VLFK HLQH ]ZHLWH 7 UH DXV URWHQ und grünen Sandsteinen und, soweit ersichtlich, im Mauerverband. Ihr schräg gefastes Gewände EHVLW]W HLQ 0DVV YRQ [ P $EE Anders als üblich ist es innenseitig mauerbündig, eine nur mit dem Obertorturm vergleichbare SiWXDWLRQ +DOEJHVFKRVVLJ K|KHQYHUVHW]WH Türen zur Erschliessung von Erdgeschoss und .HOOHU NHQQHQ ZLU DXFK YRP .HUQEDX ©*HUEHª DXV GLHVHU =HLW
Kalksteingewölbe
mittelalterliche Strasse 399.00
Türe EG Randengrobkalk
Neubau «Grütliª 1268 Vermutlich im Zusammenhang mit dem Bau eines 7RUWXUPV EHU GHP (QJHOEUHFKWVWRU ZXUGH GDV ©*U WOLª bis zum Löwengässchen erweitert. 'DV ODQJUHFKWHFNLJH +DXV PLW P %UHLWH EHL einer Länge von etwa 12,5 m ist zweigeschossig $EE ± 6HLQH 7UDXIH NRUUHVSRQGLHUW PLW GHU 2EHUNDQWH GHU XP HQWVWDQGHQHQ 6WDGWPDXHU 'LH 6 GIDVVDGH LVW 7HLO GHV JOHLFK]HLWLJ entstandenen Torturms. Grundsätzlich gehört es zum Haustyp C,33 diente aber sicher nicht zum Wohnen, was auch die überbreiten Türen zum ©3K|QL[ª EHVWlWLJHQ 'DV *HElXGH ZDU 7HLO GHU :HKUDQODJH XQG NRQQWH DOV 0DJD]LQ 5 VWNDPmer und auch als temporärer Aufenthaltsort für GLH 0DQQVFKDIW JHQXW]W ZHUGHQ 'DPLW EHVLW]W HV auffallende Parallelen zum Anbau beim FinsterZDOGWXUP XQG HQWVSULFKW DXFK GHU 6LWXDtion beim Schutztor oder -gatter und beim WeberWRU XQG 34 9RQ GHU (UGJHVFKRVVGHFNH VLQG RULJLQDOH %DONHQ YRQ HUKDOWHQ ZHLWHUH ZRKO ]XJHK|ULJH %DONHQ GHU 2EHUJHVFKRVVGHFNH VLQG XQGDWLHUW 'HU QHX JHEDXWH QRUG|VWOLFKH 0DXHUZLQNHO VFKOLHVVW PLW HLQHP OHLFKWHQ 0DXHUNQLFN DQ GLH lOWHUH %UDQGPDXHU DQ XQG HQGHW DQ GHU 6WDGWPDXHU 'DV 0DXHUZHUN LVW JHPLVFKW DXV .DON XQG %ROOHQVWHLQHQ HLQ]HOQH Steine sind schräggestellt in der Art des opus spicatum YHUSXW]W PLW KHUYRUWUHWHQGHQ 6WHLQN|SIHQ in pietra-rasa 9HUSXW] 'HU 0DXHUP|UWHO LVW HWwas mit Ziegelschrot durchsetzt, wie wir es auch YRP ©$OWHQ 7XUPª LQ GHU 1HXVWDGW NHQQHQ
Kalkfels
Keller zum Phönix
Zum noch 2,3 m hohen 1. Obergeschoss gehören LQ GHU 1RUGIDVVDGH ]ZHL LP 0DXHUZHUN DXVJHELOdete Lichtscharten. Sie öffnen sich trichterförmig gegen innen und weisen Sturzbretter aus wiederYHUZHQGHWHQ +|O]HUQ DXI $EE XQG (LQ drittes Schartenfenster liegt im Bereich der ErdJHVFKRVVGHFNH XQG EHOLFKWHWH GLH 7UHSSH GLH
G 'HQGURGDWLHUXQJ %DKQKRIVWU ©*U WOLª lOWHVWHU %HVWDQG36 Bauphase Neubau ©*U WOLª $XIVWRFNXQJ ©*U WOLª "
Ort
Holzprobe 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH EG 3 ±3 'HFNHQEDONHQ :." :. 2* 'HFNHQEDONHQ 3 ±3 " XQGDWLHUW 2* 6WlQGHU 'DFK" P 12 :." 2* 'HFNHQEDONHQ 3 ±3
undatiert
34
%lQWHOL F 6 I Vgl. oben, S. 100. %lQWHOL F 6 6 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW YRP XQG %HULFKW YRP
Eiche Eiche Eiche Fichte
noch an der ursprünglichen Stelle längs der NordZDQG ODJ (QWVSUHFKHQGH %HLVSLHOH NHQQHQ ZLU im 13. Jahrhundert von den Häusern «Zum BuchsEDXPª XQG ©=XU NOHLQHQ 7UDXEHQOXVWª XQG RGHU YRP 3DODV GHU %XUJ +RKHQNOLQJHQ 35 ZR VLH MHZHLOV :LUWVFKDIWV RGHU :HUNVWDWWUlXPH belichten. Aufstockung 2. Obergeschoss «Grütliª spätes 13. und 14. Jahrhundert Im 2. Obergeschoss der Brandmauer zwischen ©*U WOLª ©3K|QL[ª LVW HLQH QRFK P KRKH Mauerscheibe erhalten, die 2,5 bzw. 3 m vor der 6 G E]Z 1RUGIDVVDGH HQGHW $EE 'DULQ VWHFNW HLQ YHUNRKOWHU 6WXPSI HLQHV (LFKHQVWlQGHUV PLW HLQHP =DSÀRFK GDV JHJHQ GDV ©*U WOLª ]HLJW (U GDWLHUW PLW XQVLFKHUHU :DOGNDQWH LQV -DKU 'LHVHV QXU LQ )UDJPHQWHQ HUKDOWHQH XQG QLFKW UHNRQVWUXLHUEDUH 2EHUJHVFKRVV ZXUGH QDFK GHU Erhöhung der Stadtmauer zu einem Vollgeschoss DXVJHEDXW GDV ELV NQDSS HLQHQ KDOEHQ 0HWHU XQWHU GHQ :HKUJDQJ UHLFKWH 'LH 1LVFKH HLQHU 7 UH vor der Nordwand stammt von einer weiteren 7 UH ]XP 9RUGHUKDXV GHV ©3K|QL[ª XQG EHOHJW dass diese beiden Liegenschaften immer wieder verbunden waren.
Holzart
Türe EG
Türe Keller
1268 Neubau Grütli um 1400 Wiederaufbau nach Brand 16. Jh. Kalksteingewölbe
$EE ©*U WOLª ,QQHQDQsicht der Kellertüre von DXV 6DQGVWHLQ PLW der späteren Ausweitung für grössere Weinfässer und den jüngeren %DXSKDVHQ 0
um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer 1268 Neubau Grütli Mitte 14. Jh.
Täfer
$EE ©3K|QL[ª 8Usprünglich freistehende 1RUGIDVVDGH GHV ©*U WOLª YRQ LP +DXV ©3K|QL[ª PLW $QVFKOXVV GHU zähringerzeitlichen StadtPDXHU 0 vgl. Abb. 123.
545
Im Rahmen eines Umbaus wurden die Tür- und Schartenöffnungen gegen den Hinterhof des ©3K|QL[ª JHVFKORVVHQ ,Q GLH HLQH 7 UDXVPDXHrung im Erdgeschoss baute man ein liegendes 5HFKWHFNIHQVWHU HLQ DOV (QWO IWXQJV|IIQXQJ GLUHNW XQWHU GHU 'HFNH ZLH ZLU VLH DOV 4XHUVFKDUWHQ DXFK YRQ DQGHUHQ 2UWHQ NHQQHQ Wiederaufbau Grütli und Phönix 1. Hälfte 15. Jahrhundert 'LH ELVKHU EHVFKULHEHQH %HEDXXQJ LQNOXVLYH GHU YROO DXVJHELOGHWHQ 6WDGWPDXHU ¿HO HLQHP %UDQG zum Opfer, der überall entsprechende Rötungen DXI GHP 0DXHUZHUN KLQWHUOLHVV (V G UIWH GHU JOHLFKH %UDQG VHLQ GHU DXFK LP ©/|ZHQª LQ GHU =HLW XP QDFKJHZLHVHQ LVW Spätestens beim Wiederaufbau wurde auch der Hinterhof des ©3K|QL[ª EHUEDXW XQG XQWHUNHOOHUW $EE XQG 'LH %UDQGPDXHU ]XP ©*U WOLª ZXUGH FP XQWHUIDQJHQ XQG HLQH P EUHLWH Kellertüre eingebaut. Zu Letzterer wurde ein vom ©*U WOLª DEJHWUHQQWHU *DQJ HLQJHULFKWHW GHVVHQ Gangmauer mit viel Hohlziegeldurchschuss und YHUHLQ]HOWHQ %DFNVWHLQHQ JXW LQ GLH HUVWH +lOIWH GHV -DKUKXQGHUWV SDVVW (LQH QHXH .DONVWHLQtreppe führt mit fünf Stufen zum alten Kellertor LQ GHU 2VWZDQG GHV ©*U WOLª ©3K|QL[ª. Aus dieser Zeit stammen im 1. Obergeschoss des «PhöQL[ª O|ZHQJlVVFKHQVHLWLJ DXFK YLHU ZLHGHUYHUZHQGHWH %lONFKHQ HLQHU HKHPDOLJHQ %RKOHQVWXEH Sie sind in der Mitte mit Rundschildchen und an GHQ (QGHQ PLW /LOLHQ YHU]LHUW $EE D 'DV 'UHLHUIHQVWHU LP GULWWHQ 2EHUJHVFKRVV PLW +RKONHKOHQ XQG HLQVHLWLJ JHNHKOWHP $XVODXI JHK|UW LQV 16. Jahrhundert, während das Viererfenster der 6WXEH ZRKO ]X HLQHP 8PEDX GHV -DKUKXQGHUWV JHK|UW DOV GLH 'HFNHQElONFKHQ XP JHdreht wurden und seither als Teil einer FlachdeFNH PLW (LQVFKXEEUHWWHUQ XQG HLQIDFKHQ 'HFNOHLVWHQ VWUDVVHQSDUDOOHO OLHJHQ $EE D ©3K|QL[ª 'HWDLO mit Lilie von einem wieGHUYHUZHQGHWHQ %lONFKHQ einer ehemaligen Bohlenstube des 15. Jhs. im 1. OG am Löwengässchen.
«Grütli» wird privatisiert und umgebaut 1512 =X %HJLQQ GHV -DKUKXQGHUWV YHUNDXIWH GLH 6WDGW GDV 0DJD]LQJHElXGH ©*U WOLª (V WDXFKW nun erstmals in den Steuerbüchern auf und wird zur privaten Nutzung umgebaut.40 'HU .HOOHU ZXUGH DXVJHEDXW $EE XQG Ost- und Südwand unterfangen und der Boden um 1 m tiefer gelegt durch Weiterabbau des anVWHKHQGHQ .DONIHOVHQV ,P .DONVWHLQPDXHUZHUN VLQG YHUHLQ]HOW %DFNVWHLQH YRUKDQGHQ $Q 6WHOOH GHU DOWHQ 'HFNH YRQ ZXUGH HLQH QHXH WUDJIlKLJH (LFKHQEDONHQODJH HLQJH]RJHQ GLH GLHVH Bauphase ins Jahr 1512 datiert. Im Erdgeschoss wurde die alte Zugangstüre in der Brandmauer ]XP 3K|QL[ YHUPDXHUW XQG GHU =XJDQJ DQV /|ZHQJlVVFKHQ YHUOHJW 'LHV GHXWHW DXI HLQ (QGH GHU JHPHLQVDPHQ 1XW]XQJ YRQ ©*U WOLª XQG ©3K|QL[ª (WZDV VSlWHU ZXUGH DP 1RUGHQGH GHU .HOOHUGHFNH DQ 6WHOOH ]ZHLHU 'HFNHQEDONHQ XQG PLW HLQHU 7HLO HUQHXHUXQJ GHU .HOOHUZDQG HLQ ± P EUHLWHU *HZ|OEHVWUHLIHQ DXV .DONVWHLQHQ HLQJHEDXW $EE XQG 'LHVHU GLHQWH RKQH =ZHLIHO DOV YLEUDWLRQVIUHLHV $XÀDJHU ] % I U HLQH 6FKPLHGHHVVH 'LHV LVW HLQ %HIXQG ZLH HU HWZD LQ 6WHLQ DP 5KHLQ LP +DXV ©=XU :LQGHª QDFKJHwiesen ist.42 Aufstockung «Grütli» und jüngste Veränderungen 'LH )DFKZHUNZlQGH PLW %UXFKVWHLQ RGHU +RKOziegelausfachung im 3. Obergeschoss und das 3XOWGDFK ZXUGHQ VFKOLHVVOLFK LP RGHU -DKUhundert dem Bau hinzugefügt und sind auf dem 3ODQ GHV 6WDGWPDXUHUV YRQ DEJHELOGHW 43 Sie integrieren den Wehrgang ins Gebäude, von dem QXU QRFK GLH ZLH EOLFK P EUHLWH gIIQXQJ LQ GHU )DFKZHUNZDQG ]XP ©3K|QL[ª HUNHQQEDU LVW $EE XQG 'DVV EHLGH +lXVHU HUQHXW miteinander verbunden waren, zeigt eine weitere Zugangstüre am Ende der Ostwand, über den TüUHQ GHU XQWHUHQ *HVFKRVVH JHOHJHQ 'LH )DVVDGH gegen das Löwengässchen erhielt erst nach dem Abbruch des Torturms erste Fenster, wohl in der =HLW XP (UVW VHLW MHQHU =HLW NRQQWH GDV ©*U WOLª DOV :RKQKDXV JHQXW]W ZHUGHQ 'LH :HVWfassade schliesslich entstammt dem Umbau zur :LUWVFKDIW LP -DKU LP =XJH GHV (LVHQEDKQEDXV $EE
'HQGURGDWLHUXQJ %DKQKRIVWU ©*U WOLª M QJHUH 8PEDXWHQ41 Bauphase
Ort
Keller 1512 8* 'HFNHQEDONHQ 8* 'HFNHQEDONHQ ZLHGHUYHUZHQGHW" 546
Holzprobe 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH Holzart LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH 3 ±3 :. Eiche P4 " Eiche
G 1.046 Bahnhofstrasse 27– 43 1.069 Löwengässchen 1.114 Bahnhofstrasse 56–60 1.126 Bahnhofstrasse 52 1.174 Bahnhofstrasse 50 Engelbrechtstor, Stadtmauer, Zinne, Brücke, Graben /LWHUDWXU +DXVHU 6 ± :LSI 6 ± %lQWHOL 6 ± 0XVHXPVYHUHLQ 6FKDIIKDXVHQ -DKUHVEHULFKW 6 )UDXHQIHOGHU 6 Bildquellen: Grütter 2005, S. 10, S. 33, S. 132, .DW 6 .DW
44 Im Löwengäss-
WLRQ ZLHGHU HUVWDQGHQ $67 FKHQ VFKOLHVVOLFK VWHFNW GLH 0DXHU IXQNWLRQVORV LP %RGHQ JHQDXVR ZLH GLH 0DXHUQ GHU 6WDGWJUlEHQ LP JDQ]HQ %DKQKRIVDUHDO Erste Stadtmauer mit Graben um 1200 'HU *UDEHQ TXHUW LP %HUHLFK GHU )XQGVWHOOHQ /|ZHQJlVVFKHQ XQG ©*U WOLª GHQ VWHOOHQZHLVH DQVWHKHQGHQ .DONIHOV GHU DOV 6WHLQEUXFK JHQXW]W ZXUGH 'LUHNW YRU GHU $EEDXZDQG VWHKW GLH 6WDGWPDXHU GLH LP )XQGDPHQW ± P VWDUN LVW $EE XQG $Q GHU %DKQum 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer mit Engelbrechtstor 1268 Neubau Grütli
$QOlVVOLFK GHU %DXXQWHUVXFKXQJHQ LP ©3K|QL[ª XQG LP ©*U WOLª ]HLJWH VLFK GDVV hier in den Hausfassaden die Stadtmauer noch vollständig erhaltenen ist, als letzter Abschnitt zwischen Obertor und Bogenstrasse. Im Bereich %DKQKRIVWUDVVH ± EOLHE GLH 6WDGWmauer nur noch als Kellerwand bis auf das Niveau der Strasse erhalten. Im Rahmen der Einrichtung eines Ladengeschäfts, das auch den ehemaligen Stadtgraben unter der Bahnhofstrasse umfasst, wurde sie abgebrochen. Im Kassenbereich ist die Mauer jedoch als archäologische Sta%lQWHOL F 6 6 6 9JO REHQ 6 (UVWPDOV HUZlKQW 6WDGW$6+ =LQVEXFK 6SLWDO +lXVHUGDWHQEDQN 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW YRP %HULFKW YRP 42 KASH Fdst. 60.055, unpubliziert. Zur mittelalterlichen +DXVJHVFKLFKWH %lQWHOL F 6 ± 67$6+ 6WDGWPDXUHU +DQV &RQUDG 6SHQJOHU 8P]HLFKQXQJ +DUGHU LQ *U WWHU 6 I 6 .DW 9JO REHQ 6
spätes 14. Jh. Aufstockung Stadtmauer 1445 Bollwerk und äusserer Graben
Engelbrechtstor 402.42
Löwengässchen mittelalterliche Strasse
ehemaliger Stadtgraben 0
1
2
3
4
Brücke über inneren Stadtgraben
5m
$EE U ©*U WOLª )DVVDGH Bahnhofstrasse, Stadtmauer mit Bauphasen 0
2
1
$EE Y ©*U WOLª 2EHUgeschoss mit vermauertem :HKUJDQJ DQ GHU 6WDGWPDXHU XQG )DFKZHUNZlQGHQ PLW %UXFKstein- und HohlziegelfülOXQJHQ GHV -K
$EE V %DKQKRIVWUDVVH ± 3URILO GXUFK GLH zähringerzeitliche Stadtmauer, um 1200. StadtinQHQVHLWLJ UHFKWV LVW VLH gegen den anstehenden .LHV JHPDXHUW /LQNV GLH Füllschichten des Stadtgrabens, dessen Sohle FP EHU GHU )XQGDmentsohle liegt.
KRIVWUDVVH ± LVW KLQJHJHQ EHUHLWV ZLHder Kies vorhanden, gegen den die Befestigung JHPDXHUW LVW $EE +LHU ]HLJW VLFK HLQH VHQNrechte Baufuge, die deutlich macht, dass die Mauer entsprechend dem Wachstum der Stadt von Süden nach Norden gebaut wurde. Ihre MauHUXQWHUNDQWH ZXUGH QXU DQ GHU %DKQKRIVWUDVVH ± HUUHLFKW VLH OLHJW DXI P 0 G K JXW P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH ,P $XIgehenden verjüngt sich die Stadtmauer, zum Teil GXUFK HLQHQ LQQHUHQ 0DXHUDEVDW] DXI P 'LFNH RIW DXFK GXUFK LQQHUHQ $Q]XJ YRQ FP SUR P +|KH DXI VFKOLHVVOLFK P 'LH +DQGTXDGHU ELOGHQ /DJHQ YRQ HWZD ± FP +|KH XQG GDV 0DXHUZHUN LVW pietra rasa YHUSXW]W 'LH 0DXHU]LQQHQ ZHOFKH GLH XP P KRKH 0DXHU EHNU|QHQ VLQG QRFK FP GLFN VR GDVV I U GLH %HQXW-
]XQJ GHU 0DXHUNURQH PLW /HLWHUQ RKQH :HKUJDQJ JHQ JHQG 3ODW] EOHLEW $EE ,QWHUHVVDQW LVW GLH %HREDFKWXQJ GDVV GHU P ELV NQDSS P EUHLWH *UDEHQ QLFKW GLUHNW DQ GHU )XQGDPHQWVRKOH GHU 6WDGWPDXHU DQVHW]W VRQGHUQ FP GDU EHU $EE 'LH 6WlUNH GHU .RQWHUPDXHU EHWUlJW um 1 m. Inneres Engelbrechtstor Es spricht nichts dagegen, dass dieses Tor ins urVSU QJOLFKH ]lKULQJHU]HLWOLFKH 3ODQXQJVNRQ]HSW von Stadtmauer und Löwengässchen, also in die Zeit um 1200 gehört. Genannt wird es erstmals 45 Von der Torleibung ist nichts erhalten, aber unmittelbar an die Stadtmauer schliesst der Rest eines Bollensteinfundaments von weiteren 1,4 m Breite an, das offensichtlich zum Torpfeiler gehörte. Vom anschliessenden, jüngeren Turm sind nur noch Fundamentreste des nördlichen Widerlagers des Schwibbogens erhalten. Es springt ELV P LQ GLH *DVVH YRU LVW DXV .DONVWHLQHQ JHPDXHUW XQG EHU FNVLFKWLJW GHQ lOWHVWHQ $EVFKQLWW GHU %UDQGPDXHU ©*U WOLª ©3K|QL[ª $EE XQG 'LH $XVVHQPDVVH GHV TXDGUDWLVFKHQ 7XUPV EHWUDJHQ QXU P LP 4XDdrat. Nordseitig ist der Torturm Teil des Hauses ©=XP *U WOLª, GDV GDWLHUW LVW 2E GDV südseitige Haus ebenfalls zusammen mit dem 7XUP RGHU VSlWHU HQWVWDQG LVW XQEHNDQQW (LQH =HLFKQXQJ GHV 7XUPV YRQ ]HLJW HLQ YRUNUDgendes hölzernes Obergeschoss, wie wir es vom 6FKZDEHQWRUWXUP XQG YRP 5|PHUWXUP KHU NHQQHQ XQG 46
$EE Z %DKQKRIVWUDVVH ± $XVVHQDQVLFKW der im Keller erhalten gebliebenen zähringerzeitlichen Stadtmauer der Zeit um 1200. Im Hintergrund die im Umbau stehenden Häuser «Blauer 7UDXEHQª XQG ©.OHLQHU 7UDXEHQª KHXWH 0LJURV 0DUNW
2
$EE ZZ /|ZHQJlVVFKHQ :HUNOHLWXQJVJUDEHQ YRQ 9RU GHP ©*U WOLª sichtbare Fundamentreste GHU 6WDGWPDXHU XQG des nördlichen Widerlagers des Schwibbogens DP (QJHOEUHFKWVWRU
1
G Aufstockung der Stadtmauer, spätes 14. Jahrhundert In einem zweiten Schritt wurde die Stadtmauer XP P DXIJHVWRFNW XQG HUUHLFKWH GDPLW LKUH HQGJ OWLJH +|KH YRQ JXW P $EE 'LHV erfolgte in den Jahren nach dem grossen StadtEUDQG YRQ 'LH 0DXHU KLHOW GDPLW 6FKULWW mit dem Höhenwachstum der innerstädtischen Bebauung, deren Häuser nicht mehr ein oder zwei, sondern bereits drei Obergeschosse aufwiesen. Im Bereich der alten Mauerzinnen integriert GLH $XIVWRFNXQJ GLH 1RUGPDXHU YRP ©*U WOLª 'DU EHU LVW VLH QRFK P GLFN XQG EHVWHKW DXV JURVVHQ .DONVWHLQHQ LQ /DJHQ YRQ ± FP +|KH ,P %HUHLFK GHV =LQQHQNUDQ]HV YHUM QJWH VLFK GLH 0DXHUVWlUNH DXI FP VLH UHFKQHWH DOVR PLW HLQHP :HKUJDQJ GD GLH 0DXHUNURQH ]X VFKPDO ZDU XP EHJDQJHQ ZHUGHQ ]X N|QQHQ Zinne und Zwischenraum haben zusammen jeweils 3,5 m gemessen und entsprechen damit 6FKDIIKDXVHU %HLVSLHOHQ GHU =HLW XP bei denen die Zinne etwas breiter ist als der Zwischenraum. Innere Grabenbrücke %HL GHQ :HUNOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ OLHVVHQ VLFK 7HLOH GHU %U FNHQZDQJH XQWHUVXFKHQ Sie ist gemauert, schliesst mit einer deutlichen Fuge an die Stadtmauer an und ist vielleicht doppelbogig. Nachgewiesen ist aber nur der östliche %RJHQ GHQ DXFK +DUGHUV 'DUVWHOOXQJ YRQ ]HLJW $EE XQG 'LH )DKUEDKQK|KH OLHJW PLW XP P 0 LP %HUHLFK GHV KHXWLJHQ *DVVHQQLYHDXV 'LHV XQG DXFK GLH JURVVIRUPDWLJHQ 6WHLQH OHJHQ QDKH GDVV GLH %U FNH QLFKW mit den hochmittelalterlichen Niveaus rechnet und deshalb in die Neuzeit gehört. Nach dem 3H\HUSODQ YRQ ZDU VLH HWZD P EUHLW ZDV QDFK $E]XJ GHU %U FNHQZDQJHQ HLQH )DKUEDKQEUHLWH YRQ HWZD P HUJLEW 'LH %U FNH HQWVWDQG ZRKO DQ 6WHOOH HLQHU lOWHUHQ +RO]EU FNH IU KHstens 1445, zusammen mit dem äusseren Graben50 XQG VLFKHU YRU GHU lXVVHUHQ %U FNH wie der Mentzingerplan von 1644 deutlich macht. 67$6+ 85 67$6+ 6WDGWPDXUHU +DQV &RQUDG 6SHQJOHU 8P]HLFKQXQJ +DUGHU LQ *U WWHU 6 I XQG 6 .DW ± 9JO REHQ 6 %lQWHOL F 6 ± ZXUGHQ LP :LGHUODJHUEHUHLFK YRU GHP lXVVHUHQ Turm ebenfalls die älteren Strassenhorizonte beobDFKWHW 9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 5 HJHU 6 )UDXHQIHOGHU 6WDGW$6+ $ ,, ± 6WDGW6+ $ ,, ± $ ,, ± $ ,, ± $ ,, ±
Rondenweg und Bollwerk von 1445 'HU 5RQGHQZHJ ]ZLVFKHQ LQQHUHP XQG lXVVHUHP *UDEHQ ZXUGH LQ :HUNOHLWXQJVJUlEHQ XQG DQJHVFKQLWWHQ (U ZDU PLW GHP lXVseren Befestigungsring entstanden51 und besitzt HLQH %UHLWH YRQ P E]Z HLQH HIIHNWLYH :HJEUHLWH YRQ P ]ZLVFKHQ GHQ EHLGHQ 0DXHUQ 'LH LQQHUH 0DXHU GHV lXVVHUHQ *UDEHQV PLVVW XQten mindestens 1,55 m und verjüngt sich durch $Q]XJ DXI ZHQLJHU DOV P $EE =XP 9RUZHUN GHV (QJHOEUHFKWVWRUV GHVVHQ 5HVWH YRU GHU 1RUGRVWHFNH GHV %DKQKRIV OLHJHQ JLEW HV bislang nur ein Bild anlässlich des Baus der LöZHQJlVVFKHQ 8QWHUI KUXQJ $EE VRZLH UXGLPHQWlUH %HREDFKWXQJHQ YRQ +LHU ]HLJWH VLFK GDVV GHU KDOEUXQGH 6FKDOHQWXUP GHV PlFKWLJHQ %ROOZHUNV YRP %DXDEODXI her vor die innere Mauer des äusseren Grabens JHVWHOOW LVW 'LHVH LVW KLHU P GLFN %LOGTXHOOHQ GHV -DKUKXQGHUWV GRNXPHQWLHUHQ YRU GHP $EEUXFK GLH 6LWXDWLRQ YRQ LQQHQ XQG DXVVHQ Rüeger überliefert die am Bau angebrachte Jahr]DKO GDV lOWHVWH 'DWXP DQ HLQHP %DXZHUN der Stadt Schaffhausen. Verschiedene Einträge in GHQ 6WDGWUHFKQXQJHQ EHVWlWLJHQ GLHVHV 'DWXP 'HU 6FKPLHG &OHZL 0XUHU PDFKWH LP )U KMDKU 1445 das venli uff dem nuwen bolwerg.52 Folgerichtig erscheint in den Stadtrechnungen erstmals von diesem Jahr an auch das Bollwerck im Zusammenhang mit dem Lohn für den Wächter.53
$EE %DKQKRIVWUDVVH 'LUHNW XQWHU GHP 6WUDVsenbelag liegt die 1,5 m VWDUNH ,QQHQPDXHU GHV äusseren Stadtgrabens von ,P +LQWHUJUXQG die alte Bebauung um das .LQR 5 GHQ LP -DKU
1.046 Bahnhofstrasse 27– 43 1.193 Bahnhof Nord, Unterführung Löwengässchen Brücke, Graben, Kontermauer
DQ GHQ 0XQRW ZDV HLQH 'DWLHUXQJ LQ GLH -DKU]HKQWH XP QDKHOHJHQ Z UGH 'DJHJHQ spricht Mentzingers Stadtansicht von 1644, die QRFK HLQH +RO]EU FNH DQ GLHVHU 6WHOOH ]HLJW
/LWHUDWXU 61 6 61 6 61 6 +DXVHU 6 6 )UDXHQIHOGHU 6 %LOGTXHOOHQ *U WWHU 6 ± .DW XQG 6 .DW (OVHQHU :HLJHOH 6 .DW ±
Jedenfalls zeigte sich beim Abbruch des östlichsWHQ 0DXHUVW FNV GDVV GLH %U FNH VHNXQGlU DQ GDV Widerlager vor dem äusseren Engelbrechtstor anschliesst, das zur ursprünglichen Holz- und FallEU FNH EHU GHQ lXVVHUHQ *UDEHQ JHK|UW =X HLner Spätdatierung wohl in die zweite Hälfte des -DKUKXQGHUWV SDVVW DXFK HLQH /DJH %LEHUschwanzziegel, die innenseitig auf Höhe des BoJHQDQVDW]HV YHUEDXW LVW ZlKUHQG %DFNVWHLQH LP %U FNHQJHZ|OEH ZRKO HLQHU M QJHUHQ )OLFNVWHOOH entstammen.
:HVWOLFK GHV %DKQKRIJHElXGHV ZXUGH HLQH unterirdische Relaisanlage für die SBB gebaut. 'DEHL GHFNWH PDQ HLQ 6W FN GHV lXVVHUHQ *UDEHQV DXI NDPHQ EHLP (LQEDX HLQHV /Ddens in die unterirdische Fussgängerpassage Teile GHV lXVVHUHQ *UDEHQV PLW HLQHU %U FNHQZDQJH ]XP 9RUVFKHLQ 1DFK HLQHU 3ODQlQGHUXQJ liessen sie sich als Teil des archäologischen StadtUXQGJDQJV $67 ZHLWJHKHQG LQV 9HUNDXIVORNDO LQWHJULHUHQ
$XI GHQ %LOGHUQ GHV -DKUKXQGHUWV LVW GLH XQWHUH %U FNHQKlOIWH QLFKW VLFKWEDU 6LH ZXUGH HUVW durch eine Sondage tief unter die Baugrubensohle IUHLJHOHJW $EE hEHU HLQHP PHWHUKRKHQ 6RFNHO HUKHEW VLFK GHU P KRKH XQG P EUHLWH 'XUFKODVV =ZHL 6WXIHQDQVlW]H VLQG OHW]WHU 5HVW HLQHU 6WHLQWUHSSH GLH YRQ GHU %U FNH LQ GHQ *UDEHQ I KUWH 'LH RULJLQDOH *UDEHQVRKOH P 0 XQG GLH )DKUEDKQ P 0 OLHJHQ KLHU P K|KHU DOV EHLP LQQHUHQ *UDEHQ 'DV heisst, die Steigung vom Löwengässchen zur Hintersteig betrug etwa 4 %, und das heutige Niveau der Löwengässchen-Unterführung liegt nur etwa 1,1 m unter dem ehemaligen Fahrbahnniveau. 'DV )XQGPDWHULDO DXV GLHVHU 6RQGDJH GDWLHUW LQV HUVWH +lOIWH -DKUKXQGHUW XQG ]HLJW GDVV der Graben in den letzten 150 Jahren seiner Benutzung nicht mehr saubergehalten wurde und VLFK ODQJVDP DXII OOWH 9RUKDQGHQ VLQG .HUDPLN
Brücke zum äusseren Engelbrechtstor 'LH )XQGVWHOOH LVW 7HLO GHU KLVWRULVFKHQ 9HUbindung vom Löwengässchen zur Hintersteig, die heute durch den Bahnhof mit Gleisen und StrasVHQ ]HUVFKQLWWHQ LVW 'LH DXVJH]HLFKQHW HUKDOWHQH Q|UGOLFKH %U FNHQZDQJH HQWVSULFKW JHQDX GHQ $EELOGXQJHQ YRQ %HFN XQG +DUGHU DXV GHP -DKUKXQGHUW $EE 6RUJIlOWLJ ]XJHKDXHQH .DONVWHLQEO|FNH LQ /DJHQ YRQ E]Z FP PLW /lQJHQ YRQ ± FP ELOGHQ GDV 0DXHUZHUN GDV VHKU JXW DXFK PLW GHU %U FNH YRU dem äusseren Schwarztor zusammenpasst 'LHV XQG GLH VHKU G QQHQ )XJHQ HULQQHUQ 55 68 C
0
5
10 m
N
r
Ro
nd
aue
term
Kon
Stadtmauer um 1200
enw eg
inner
äusserer Graben uer
1443/45 Bollwerk und äusserer Graben
rm a
spätes 16. Jh. / um 1600
Hintersteig
Ko
nte
1.193 äussere Brücke
Widerlager
550
hn ho fs
tra
ss
e
1.046 Bollwerk 1445
Ba
$EE %DKQKRI 1RUG Situation der Untersuchungen im Bereich des 9RUZHUNV YRU GHP lXVseren Engelbrechtstor mit %U FNH 0
Grütli 2703234
Profil A-A innere Brücke 1.069
50
äu s En sere ge s lbr ech tst or
1.174 12
inn Eng eres tor elbre cht s-
G 3RU]HOODQ )D\HQFH XQG 6WHLQJXW 2IHQNDFKHOQ Glas, einige Eisenmesser, ein Schlüssel, Knöpfe DXV 0HWDOO 7RQSIHLIHQ VRZLH ZHQLJH 7LHUNQRFKHQ +LQ]X NRPPW )XQGPDWHULDO DXV GHU M QJVten Auffüllung des Stadtgrabens beim Bau der 5KHLQIDOOEDKQ LP -DKU Äusserer Graben und Kontermauer 'HU lXVVHUH *UDEHQ ZXUGH ZHVWOLFK GHV %DKQKRIgebäudes auf einer Länge von etwa 25 m aufgeGHFNW 6HLQH %UHLWH EHWUlJW ELV P (U LVW GDPLW ± P EUHLWHU DOV GHU REHQ HUZlKQWH lOWHUH LQQHUH *UDEHQ GLUHNW YRU GHU 6WDGWPDXHU *HPlVV GHP $XIQDKPHSODQ GHV $UFKLWHNWHQ LVW das Fundament der Kontermauer 2,6 m breit und P KRFK 'XUFK $EVlW]H YHUM QJW VLH VLFK LP $XIJHKHQGHQ DXI P EHL QRFK P HUKDOWHQHU Höhe.54 8P GDV HQWVWDQGHQH %ROOZHUN PLW GHU %U FNH ZHLWHW VLFK GHU lXVVHUH *UDEHQ VSLW]I|UPLJ 'LH GRUW XQWHUVXFKWH .RQWHUmauer wurde nicht bis zur Sohle ausgegraben. Sie LVW XQWHQ VWlUNHU DOV P XQG YHUM QJW VLFK GXUFK einen Anzug von 10 cm pro Meter auf weniger DOV P 6LH EHVWHKW DXV PlFKWLJHQ DEHU QXU VHKU URK EHDUEHLWHWHQ .DONVWHLQEO|FNHQ 'HUHQ *U|VVHQ YDULLHUHQ YRQ [ P ELV ]X [ P =XP $XVJOHLFK VLQG GLH )XJHQ PLW NOHLQHQ .DONVWHLQHQ .LHVHOQ XQG +RKO]LHJHObruch gefüllt.
1
$EE U %DKQKRI 1RUG ,P November 2002 präsentiert VLFK GLH %U FNH YRU GHP äusseren Engelbrechtstor JHQDXVR ZLH YRQ %HFN XQG Harder dargestellt, bevor der Stadtgraben für den Bau der Rheinfallbahn ]XJHVFK WWHW ZXUGH %HPHUNHQVZHUW DXFK der damals im aufgefüllten Graben erstellte, die BrüFNH TXHUHQGH (QWZlVVHUXQJVNDQDO I U GHQ %DKQKRI (U LVW LQ traditioneller SteinbauweiVH HUVWHOOW PLW .DONVWHLQSODWWHQ DEJHGHFNW XQG GLHQW nach wie vor zur Entwässerung der Perrondächer.
54 Im Aufnahmeplan ist 12 m südlich des Bahnhofgebäudes ein Rundturm mit einem Aussendurchmesser von 12,5 m eingezeichnet. Er ist 1 m weniger tief fundiert als die Stadtmauer und offensichtlich jüngeren Ursprungs. Als Befestigungsturm steht er auf der falschen *UDEHQVHLWH DXVVHQ DQ GHU .RQWHUPDXHU 'HVKDOE PXVV ein Zusammenhang mit den Anfängen des Bahnbaus gesucht werden, etwa als Fundament für einen WasserWXUP GHU %DXLQVWDOODWLRQ RGHU I U GLH 'DPSÀRNRPRWLven.
$EE Y %DKQKRI 1RUG 'HU ELV DXI GLH *UDEHQVRKOH IUHLJHOHJWH %U FNHQbogen vor dem äusseren Engelbrechtstor, + -K Fahrbahn Hintersteig
401.00
400.00 Grabensohle 19. Jh.
399.00
Treppenstufen 398.00 Grabensohle 17. Jh.
$EE %DKQKRI 1RUG Steingerechte Ansicht der %U FNHQZDQJH 0
551
1.101 Vorstadt 48 ©7XUP ]XP .HI¿ª %RJHQWRU (Vorstadt 50 «Roter Ochsen») 6WDGWPDXHU 7XUP ]XP .l¿J %U FNH *UDEHQ Kontermauer, Sickergrube
1.114 Vorstadt 37– 41 «Bären», «Weisser Trauben», «Kleiner Trauben», «Blauer Trauben» Fenster, Hinterhof /LWHUDWXU )UDXHQIHOGHU 6 Im Rahmen des Totalumbaus der vier LiegenVFKDIWHQ I U HLQHQ *URVVYHUWHLOHU ZXUGHQ ]ZLVFKHQ GHQ 9RUGHU XQG +LQWHUKlXVHUQ NOHLQHUH QLFKW XQWHUNHOOHUWH +RIÀlFKHQ XQWHUVXFKW Einige neuzeitliche Mauerreste und Gruben stammen von Hinterhofbauten, ein paar Scherben geK|UHQ ]XU JUDXHQ :DUH GHV -DKUKXQGHUWV 'LH 9RUGHUKlXVHU ZXUGHQ QLFKW EDXJHVFKLFKWOLFK XQWHUVXFKW GLH %DXDUEHLWHQ ZXUGHQ YRQ GHU 'HQNPDOSÀHJH EHJOHLWHW %HPHUNHQVZHUW LVW GDV GRSSHOW JHVWDIIHOWH )HQV terband im 1. Obergeschoss des ehemaligen :LUWVKDXVHV ©=XP %lUHQª PLW GHP 'DWXP DP 0LWWHOSIRVWHQ $EE (V EHVLW]W ]ZHL LQV JOHLFKH -DKU GDWLHUWH 3DUDOOHOHQ DP ©0XVLNKRIª XQG DP ©6W|UFKOHLQª $Q DOOHQ GUHL 2UWHQ EHVDVVHQ GLH EHUK|KWHQ 0LWWHOWHLOH )HQVWHUHUNHU 55
um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer
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$EE ©7XUP ]XP .HIILª %RJHQWRU 6LWXDWLRQ der Befestigungsanlage mit jüngeren Einbauten und Bauphasen 0
N
13. Jh. Bogentorturm
0
5
10 m
14. Jh. Brücke mit hölzerner Fahrbahn
53
16. Jh. Einbauten in den Schützengraben
Bog ens tras se
2703167
Vorstadtbrunnen vor 1820
Sumpfkalkgruben
Kana l Sickergrube
Schü tzen grab en
äfig 45
er K
Trep pe
Brücke 1.101
klein
50
äussere Vorstadt
32
Turm zum Keffi (Bogentor)
Treppe 1868/72
B og
en
äfig 46
ser K
43
gros
44
Kron
552
sber g
Um 1200 zährin Stadtm 1517 Bogensch
/LWHUDWXU %lQWHOL 6 ± )UDXHQIHOGHU 6 Bildquellen: Grütter 2005, S. 125, Kat. 53, S. 132, .DW 6 .DW 6 .DW (OVHQHU :HLJHOH 6 .DW 'LH 6LWXDWLRQ UXQG XP GDV %RJHQWRU OLHVV VLFK LP 5DKPHQ GHU :HUNOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ Vorstadt erstmals untersuchen. Ein LeitungsgraEHQ GHU 377 I KUWH ]X ZHLWHUHQ (UNHQQWQLVVHQ LP %U FNHQEHUHLFK «7XUP ]XP .HI¿ª und Brücke 'HU 7RUWXUP ©]XP .HI¿ª erhielt seinen Namen vom Nachbarhaus, während der heute gebräuchOLFKH 1DPH ©%RJHQWRUª PRGHUQ LVW 'HU 7RUWXUP ist vom Bauablauf her jünger als die Stadtmauer. An seiner Stelle befand sich in den Anfängen vermutlich zunächst ein einfaches Mauertor. Ob der Torturm erst nach der Stadterweiterung um die äussere Vorstadt oder schon vorher entstand ZLVVHQ ZLU QLFKW :HVWVHLWLJ VWHKW HU ZLH GHU 1HXWXUP DXI HLQHP :LGHUODJHU GDV nachträglich innenseitig an die um 1200 entstandene Stadtmauer56 anschliesst und aus BollensteiQHQ JHPDXHUW LVW $EE XQG 'LHVHV 6WHLQPDWHULDO ¿QGHW VLFK VRQVW DQ GHU 6WDGWEHIHV tigung nur noch am ältesten Abschnitt der äusVHUHQ 9RUVWDGW ZR RIIHQEDU GLH +RIVWlWWHQEHVLW]HU VHOEVW GLH 5LQJPDXHU EDXWHQ 'LHV LP *HJHQVDW] ]X DOOHQ EULJHQ 2UWHQ ZR QXU .DONstein verwendet wurde, weil es sich um ein öfIHQWOLFKHV %DXZHUN KDQGHOWH 'DV |VWOLFKH *HJHQVW FN GHV 7RUWXUPV ELOGHW GDV +DXV ©=XP %RJHQª ]X GHP NHLQH %DXXQWHUVXFKXQJHQ YRUOLHJHQ GDV DEHU HUVW QDFK GHP $EEUXFK GHV 7RUV ]XP :RKQKDXV ZXUGH 'DEHL HUrichtete man vermutlich eine neue, befensterte )DVVDGH JHQDXVR ZLH EHLP ©*U WOLª :HLO GLH 0DXHUQ PD[LPDO ELV FP XQWHU GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH HUKDOWHQ VLQG EOLHE YRQ GHU 7RUVLtuation und den zugehörigen Strassenhorizonten der Reichsstrasse nichts erhalten. Nachgewiesen LVW P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH XQG DXI GHP DQVWHhenden Boden liegend aber mindestens ein ältestes Strassenniveau, das von der Stadtmauer durchschlagen wird und von jener Strasse stammt, die wohl seit dem 11. Jahrhundert aus der Stadt QDFK 1RUGHQ I KUWH 5HNRQVWUXLHUHQ OlVVW sich schliesslich die Seitenlänge des quadratischen Schwibbogens, die entsprechend dem Turminnenraum gegen 4,5 m beträgt.
G Vor dem Turm liegen im Stadtgraben die beiden JHPDXHUWHQ %U FNHQZDQJHQ GHUHQ REHUH $Eschnitte untersucht sind. Wie die neuzeitlichen 6WHLQEU FNHQ LP EULJHQ 6WDGWJHELHW ZXUGHQ VLH nachträglich zwischen Stadtmauer und KonterPDXHU JHVWHOOW $EE XQG 'LH DXV .DONVWHLQ JHPDXHUWHQ %U FNHQZDQJHQ VLQG MH P EUHLW LKU $EVWDQG UHFKQHW PLW HLQHU )DKUEDKQEUHLWH YRQ P 2EZRKO GLH *UDEHQVRKOH QLFKW erreicht wurde, deutet der ausschliesslich im BrüFNHQEHUHLFK LQ P 7LHIH DQJHWURIIHQH JDQ] IHLQH XQG PLW HWZDV 7LHUNQRFKHQ GXUFKVHW]WH +Xmus darauf hin, dass die Fahrbahn im Mittelalter aus Holzbrettern bestand, zwischen denen der )DKUEDKQGUHFN KLQ DE ULHVHOWH (LQ 6FK VVHOUDQG DXV GLHVHU 6FKLFKW VWDPPW DXV GHP -DKUhundert. 'DV PLWWHOJURVVH .DONVWHLQPDXHUZHUN dürfte im 14. Jahrhundert entstanden sein und steht in deutlichem Gegensatz etwa zu jenem der %U FNHQ PLW VWHLQHUQHP *HZ|OEH EHLP (QJHO EUHFKWV 6FKZDU] XQG 6FKZDEHQWRU XQG die in die 2. Hälfte des -DKUKXQGHUWV GDWLHUHQ Neuzeitliche Einbauten im Stadtgraben 'HU IXQNWLRQVORV JHZRUGHQH ©6FKXW]JUDEHQª, wie er im Mittelalter genannt wurde, diente in der )ROJH QLFKW QXU GHQ %RJHQVFK W]HQ DOV hEXQJVSODW] $Q GHU ZHVWOLFKHQ %U FNHQZDQJH ¿QGHQ VLFK P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH GLH 5HVWH YRQ GUHL XPPDXHUWHQ 6XPSINDONJUXben, die auf einer Bauschuttschicht aus AbbruchP|UWHO 6DQG XQG =LHJHOEUXFK OLHJHQ $EE (LQ URW HQJRELHUWHV 'HFNHOIUDJPHQW VRZLH HLQ ZHLEOLFKHV 7RQ¿J UFKHQ OHLGHU RKQH .RSI VWDPmen aus dem 14. und 15. Jahrhundert. Vielleicht QRFK LP -DKUKXQGHUW ZLUG GLHVHU %HUHLFK VWUDVseneben aufgefüllt und der Vorstadtbrunnen an diese Stelle verlegt, wie dies erstmals der PeyerSODQ ]HLJW $Q GHU |VWOLFKHQ %U FNHQZDQJH YHUOlXIW SDUDOOHO zur Kontermauer in 1,6 m Abstand ein Mauerast, offensichtlich das Fundament für eine erste Steintreppe in den Graben, wie wir sie beim äusseren (QJHOEUHFKWVWRU DQWUDIHQ +LHU I KUWH VLH zum Bogenschützenhaus. An die Treppenwange VFKOLHVVW HLQH 6LFNHUJUXEH PLW HLQHP LQQHUHQ 'XUFKPHVVHU YRQ P DQ $EE 6LH LVW DOV tief hinunterreichender Schlammsammler ausgeELOGHW (LQ RVWVHLWLJHU $XVODXI P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH P QGHW LQ HLQHQ TXDGUDWLVFKHQ .DQDO PLW FP 6HLWHQOlQJH 'LH +|KH GHU 'HFNVWHLQH GHV $XVODXIV DXI P 0 NRUUHVSRQGLHUW
$EE ©7XUP ]XP .HIILª %RJHQWRU ,P .DQDlisationsgraben zeigte sich GLH ]lKULQJHU]HLWliche Stadtmauer der Zeit XP (WZDV M Qger sind das Widerlager GHV ©7XUPV ]XP .HIILª XQG GLH :DQJH GHU %U FNH EHU GHQ 6FK W]HQJUDEHQ
2
1
3
$EE ©7XUP ]XP .HIILª %RJHQWRU $QVFKOXVV GHU |VWOLFKHQ %U FNHQZDQJH DQ GLH .RQWHUmauer des SchützengraEHQV
1
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$EE ©7XUP ]XP .HIILª %RJHQWRU 6FKODPPsammler mit Tonnengewölbe und Auslauf Richtung Schützengraben, vermutlich 16. Jh.
9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 .$6+ ,QY .$6+ ,QY
553
recht gut mit dem Boden des BogenschützenKDXVHV 'LHV PDFKW GHXWOLFK GDVV GHU .Dnal weiter nach Osten durch den Schützenstand und durch den Stadtgraben geführt wurde, als Teil der frühneuzeitlichen Stadtentwässerung.60 'HU 6FKDFKW EHVLW]W HLQ 7RQQHQJHZ|OEH XQG LP .DONVWHLQPDXHUZHUN NRPPHQ YHUHLQ]HOW %LEHUVFKZDQ]]LHJHO YRU VR GDVV HU NDXP YRU GDV -DKUKXQGHUW GDWLHUW 'LH $QODJH JHK|UW ]XP lOteren Standort des Vorstadtbrunnens vor dem ehePDOLJHQ ©0HUNXUª GHP KHXWLJHQ ©5RWHQ 2FKVHQª 61 Mit fortwährender Teilauffüllung des Grabens und platzartiger Gestaltung zusammen mit dem neuen Brunnenstandort verschob man die älteste Treppe weiter nach Osten, wie der 3H\HUSODQ ]HLJW 1.052 Bogenstrasse, 1.107 Schützengraben Stadtmauer, Graben, Kontermauer, Waschhaus /LWHUDWXU %lQWHOL D 6 +DXVHU 6 6 6 6 6 %lQWHOL 6 *XWVFKHU 6 I )UDXHQIHOGHU 6 I 8QWHULUGLVFKHU *DQJ LQ GHU %RJHQVWUDVVH LQ 61 XQG 0XVHXPVYHUHLQ 6FKDIIKDXVHQ -DKUHVEHULFKW 6 45. 'LH XPIDQJUHLFKHQ :HUNOHLWXQJVDUEHLWHQ YRQ LQ GHU %RJHQVWUDVVH I KUWHQ ]XU $XIGHFNXQJ eines vermeintlichen unterirdischen Gangs. Es handelt sich um eine stillgelegte KanalisationsOHLWXQJ DXV GHU =HLW XP DOV GLH 5KHLQfallbahn gebaut wurde und die Stadtgräben aufJHI OOW ZXUGHQ (LQ :HUNOHLWXQJVJUDEHQ GHU 377
$EE 6FK W]HQJUDEHQ Stadtgraben östlich der ©6FK W]HQVWXEHª .RQWHUmauer des Grabens mit RULJLQDOHP 0DXHUZHUN GHU =HLW XP (LQH ältere Mauererneuerung VWDPPW YLHOOHLFKW YRQ ZlKUHQG GLH M Qgere Mauererneuerung aus grossformatigen Steinen GHP -K HQWVWDPPW 'LHVH UHFKQHW PLW GHU P höher liegenden Grabensohle, die zum BogenVFK W]HQKDXV YRQ JHK|UW YJO $EE
554
3 1
YRQ DQ GHU %RJHQVWUDVVH OlQJV GHU )DVVDGH GHV ©.OHLQHQ .l¿JVª VRZLH HLQ NOHLQHU 1HXEDX |VWOLFK GHU ©6FK W]HQVWXEHª DP 6FK W]HQJUDEHQ YRQ PDFKWHQ ]XVDPPHQ PLW GHQ %HREDFKWXQJHQ YRQ LP +LQWHUKRI GHV ©%RJHQª GHXWOLFK GDVV GLH Q|UGOLFKH 6WDGWPDXHU LQ GHQ +DXVIDVVDGHQ QRFK JURVVÀlFKLJ HUKDOWHQ LVW Nach der Erweiterung um die äussere Vorstadt62 NDP VLH QDFK QXU HLQHP KDOEHQ -DKUKXQGHUW LQV Stadtinnere zu liegen. Zähringerzeitliche Stadtmauer um 1200 'LH 6WDGWPDXHU LVW ELV DXI HLQH +|KH YRQ PD[LPDO P HUKDOWHQ PLW HLQHU 0DXHUVWlUNH YRQ HWZD P DQ GHU %DVLV 6LH YHUM QJW VLFK GXUFK inneren Anzug um 3 cm pro Meter auf 1,2 m. Typisch für diese Stadtmauer63 ist das lagenhafte .DONVWHLQPDXHUZHUN DXV PLWWHOJURVVHQ 6WHLQHQ GLH LP XQWHUHQ %HUHLFK ± FP +|KH XQG ± 60 cm Länge aufweisen. Gegen oben ist das SteinPDWHULDO HWZDV NOHLQHU LQ /DJHQ YRQ ± FP $EE XQG 6WHOOHQZHLVH JLEW HV VFKUlJgestellte Steinlagen in der Art des opus spicatum. Zwar liegt eine Baufuge auf 5,5 m Höhe, doch ZHFKVHOW GHU 0DXHUFKDUDNWHU QLFKW ZHVKDOE HV VLFK HKHU XP GDV (UJHEQLV HLQHV NXU]]HLWLJHQ %DXXQWHUEUXFKV ]X KDQGHOQ VFKHLQW =LQQHQ NRQQWHQ nicht beobachtet werden, hingegen liess sich auf HLQHP P ODQJHQ ELV P KRFK HUKDOWHQHQ 6W FN HUVWPDOV HLQH PLWWHODOWHUOLFKH $EGHFNXQJ GHU 0DXHUNURQH LQ )RUP YRQ +RKO]LHJHOQHJDtiven beobachten. Sie sind mit dem Mörtel eines M QJHUHQ $QEDXV GHV +LQWHUKDXVHV ©%RJHQª JHI OOW LQ GHVVHQ 0DXHUZHUN DXFK %LEHUVFKZDQ]]LHJHO YRUKDQGHQ VLQG 'LHV LVW HLQ 'DWLHUXQJVhinweis, dass das Hinterhaus nicht vor dem 16.
2
G -DKUKXQGHUW HQWVWDQGHQ LVW 'LH 0DXHU VFKHLQW hier weitgehend unverputzt gewesen zu sein. Nur im oberen, etwas jüngeren Teil ist abschnittweise ein grober, verwitterter spätgotischer Putz erhalWHQ GHU GLH 6WHLQREHUÀlFKHQ HWZD ]XU +lOIWH EHGHFNW 'HU YRUJHODJHUWH 6WDGWJUDEHQ LVW P EUHLW XQG reichte anfänglich bis 1,5 m unter das stadtinnenVHLWLJH *HKQLYHDX E]Z ± FP EHU GLH )XQGDPHQWVRKOH GHU 6WDGWPDXHU $EE XQG 'LH RULJLQDOH *HJHQPDXHU LVW QXU ELV ZHQLJ XQter die Grabensohle fundamentiert, noch gut 1 m hoch erhalten und besitzt den gleichen MauerchaUDNWHU ZLH GLH ]lKULQJHU]HLWOLFKH 6WDGWPDXHU Heute liegt die Grabensohle etwa 3 bis 3,5 m unter dem Strassenniveau. Jüngere Erneuerungen Bislang fehlt der Nachweis für Türme zu dieser zähringerzeitlichen Stadtmauer. Auffällig ist ein .UHLVVHJPHQW DQ GHU 1RUGZHVWHFNH GHU 6WDGWPDXHU GDV GHU 3H\HUSODQ YRQ ]HLJW 'LHV ZlUH GHU ORJLVFKH 3ODW] I U HLQHQ (FNWXUP /HLGHU KDW GHU 1HXEDX GHU .UHLV]ROOGLUHNWLRQ DQ GLHVHU 6WHOOH LP -DKU GLH 6WDGWPDXHU YROOVWlQGLJ ]HUVW|UW 9RU GLHVHU *HElXGHHFNH ZXUGH XQG HUQHXW LP *UDEHQ GLH YHUPHLQWOLFKH Fortsetzung der jüngeren Ringmauer zum FinsWHUZDOGWXUP DXIJHGHFNW ZLH GHU 3H\HUSODQ VXJJHULHUW 'DV 0DXHUIUDJPHQW LVW DEHU QXU FP VWDUN XQG VWDPPW QLFKW YRQ GHU 6WDGWmauer, sondern von einem ebenfalls im Plan eingezeichneten Gebäude, einem der Feuergefahr ZHJHQ LVROLHUW VWHKHQGHQ :DVFKKDXV ZLH GHU %UDQGNDWDVWHU YHUUlW 64 Es scheint, dass hier PLW GHP %DX GHU :LGGHU %DUEDNDQH P|Jlicherweise auch der innere Stadtgraben bis zur DOWHQ ]lKULQJHU]HLWOLFKHQ 6WDGWPDXHU ausgeweitet wurde. Verschiedentlich wurde die offenbar zu wenig fundierte und vielleicht auch zu dünne Kontermauer des nordseitigen Grabens erneuert. Sie diente auch als Stützmauer der Strasse zu den nordseitigen Häusern am Schützengraben, die im Verlauf des 15. Jahrhunderts gebaut wurden.65
%lQWHOL D 6 ± 5 HGL 6 9JO REHQ 6 9JO REHQ 6 6WDGW$6+ %UDQGNDWDVWHU %. 1U +lXVHUGDWHQEDQN 6WDGW$6+ $ ,, ± VI s Alpharten, werchet im Schutzgraben Item XVIII s VIII d Alppharten, Henslin Guoten von acht Tagwan im Schutzgraben, hulffen dem Murer Item XVI s IIII d Alpharten, Henslin Guoten von VII Tagwan im Schutzgraben Item XIIII s IIII d im Schutzgraben von drin Maister- und aim Knecht-Tagwan. 0DUWLQ +XEHU *HVFKLFKWH GHU /LHJHQVFKDIW 6FK W]HQJUDEHQ 0VFU
(LQH HUVWH 0DXHUHUQHXHUXQJ OLHVV VLFK LQ einem Leitungsgraben zwischen den Häusern Schützengraben 20 und 21 untersuchen. Sie ist noch bis etwa 2,5 m über die einstige Grabensohle HUKDOWHQ 'LH 6WlUNH EHWUlJW DQ GHU %DVLV XP FP XQG YHUM QJW VLFK JHJHQ REHQ GXUFK HLQHQ NUlIWLJHQ LQQHUHQ $Q]XJ YRQ HWZD FP SUR 0HWHU LP *HJHQVDW] ]XU RULJLQDOHQ VHQNUHFKWHQ .RQWHUPDXHU 'LH 0DXHU EHVWHKW KLHU DXV PlFKWLJHQ VDXEHU ]XJHKDXHQHQ 6WHLQEO|FNHQ LQ /DJHQ YRQ ± FP 'LH *HVDPWOlQJH GHU (UQHXHUXQJ EHWUlJW PHKU DOV P GDV ZHVWOLFKH (QGH NDP ]XP 9RUVFKHLQ (V IlOOW PLW HLQHU QLFKW PHKU VLFKWEDUHQ 3DU]HOOHQÀXFKW ]XVDPPHQ GLH KHXWH LQ GHU 0LWWH GHV +DXVHV ©*U QHU :DOGª DP 6FK W]HQJUDEHQ OLHJW $EE +DQGHOW HV VLFK bei den Reparaturen um jene Maurerarbeiten, GLH LQ GHQ 6WDGWUHFKQXQJHQ DXIJHI KUW VLQG"66 Von dieser Grenze aus nach Westen gibt es eine noch jüngere Erneuerung der Gegenmauer aus PlFKWLJHQ ± FP KRKHQ .DONVWHLQEO|FNHQ PLW VHQNUHFKWHU )OXFKW $EE 6LH UHFKQHQ mit der bereits einen Meter höher gelegten Grabensohle, die mit dem ursprünglichen ErdgeVFKRVVERGHQ GHV %RJHQVFK W]HQKDXVHV YRQ ]XVDPPHQIlOOW 1.220 Schützengraben 27 «Schützenstube» Bogenschützenhaus, Fachwerk, Stadtgraben /LWHUDWXU :LSI 6 ± )UDXHQIHOGHU 6 Immer wieder tauchte in den vergangenen Jahren GLH )UDJH QDFK GHP $OWHU GHV VWDGWEHNDQQWHQ :LUWVKDXVHV DXI 'HU /HLWHU GHV GRUW EHKHLPDWHWHQ 9RUVWDGW 9DULpWpV 0DUWLQ +XEHU EHUQDKP die Kosten für eine dendrochronologische Untersuchung, so dass dieses Rätsel in Verbindung mit HLQHU NOHLQHQ %DXXQWHUVXFKXQJ JHO|VW ZHUGHQ NRQQWH Das neue Bogenschützenhaus von 1517 'DV XUVSU QJOLFK DQQlKHUQG TXDGUDWLVFKH *HElXGH ZXUGH HLQJHNOHPPW ]ZLVFKHQ GLH QDFK wie vor bestehende Stadtmauer und die KonterPDXHU TXHU LQ GHQ P EUHLWHQ 6WDGWJUDEHQ JHVWHOOW $EE ± XQG 'LH letzten Abschnitte des Grabens verschwanden HUVW LQ M QJVWHU =HLW GXUFK GHQ RVWVHLWLJHQ $QEDX HLQHU 0DOHUZHUNVWDWW XQG ZHVWVHLWLJ GXUFK GLH HLQJHEDXWH %DFNVWXEH GLH XQWHU GHU 7HUrasse der Wirtsstube liegt. 'DPLW ZDU GDV XUsprüngliche Erdgeschoss zum heutigen Untergeschoss geworden. Erhalten blieb vom Erdgeschoss GLH QXU RVWVHLWLJ " RIIHQH P KRKH 6lXOHQ555
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$EE ©6FK W]HQVWXEHª Situation mit Bauphasen 0 Restaurant Schützenstube Querschnitt Blick Ost 1:50
0
1
2
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5m
408.00
Um 1200 1318/54 1517 1543
Pfostenfenster 1318/54
Stadtmauer Wohnhaus Bogenschützenhaus Umbau Stadtarzt
Schützerngraben
Schützenstube
DG 403.00
Bohlen- Bälkchendecke 1543 13. Jahrhundert 2. Hälfte 13. / Anfang 14. Jahrhundert
Wirtsstube
Buffet
Bogen 1.100
Untergeschoss Stadtgraben, ehemaliger Schiessstand der Bogenschützen
UG/ früher EG
Stadtmauer
Kontermauer
EG/ früher 1.OG Strasse
400.00
Latrinen Hinterhäuser Webergasse altes Gehniveau
M3 Mauergrube
ursprünglicher Stadtgraben
Latrine G9
Nische
$EE ©6FK W]HQVWXEHª 4XHUVFKQLWW GXUFK GLH LQ GHQ DOWHQ 6WDGWgraben gestellte «Schüt]HQVWXEHª PLW %DXSKDVHQ 0
556
Latrine G4 Latrine G1
Latrine G3
Gewölbekeller Kalkfels
394.00
halle, die durch zwei freistehende Stützen mit auffallend langem Sattelholz und Unterzug in drei 6FKLIIH JHWHLOW ZLUG $EE XQG 'LH %DONHQGHFNH OLHJW DXI 6WUHLIEDONHQ PLW 6DQGVWHLQNRQVROHQ DXI GLH VHLWOLFK LQ GLH 0DXHUQ GHV 6WDGWJUDEHQV HLQJHODVVHQ VLQG 'DV +DXV ZDU HLQ UHLQHU YHUPXWOLFK ]ZHLJHVFKRVVLJHU )DFKZHUNEDX GHU VLFK YRQ VHLQHP 1DFKIROJHU GHP HUbauten Gesellschaftshaus der Bogenschützen im Baumgarten des Klosters Allerheiligen, nur wenig unterschied. Es war nur halb so gross wie der 1DFKIROJHEDX PLW VHLQHQ ]HLWW\SLVFKHQ .DONVWHLQVlXOHQ 'LH 'LVWDQ] ]XP 6FKHLEHQVWDQG ]XP ©5DKQª, GHU KLHU GLUHNW DQ GHU |VWOLFKHQ 6WDGWPDXHU ODJ KHXWH :HVWÀXFKW %DFKVFKXOKDXV EHWUXJ JHPlVV 3H\HUSODQ DQ EHLGHQ 2UWHQ GLH EOLFKHQ 6FKULWW E]Z P 'LH GHQGURFKURQRORJLVFKH 'DWLHUXQJ GHU ©6FK W]HQVWXEHª LQV -DKU LVW HUVWDXQOLFK VSlW 'HU Bau muss deshalb als Ersatzbau eines älteren VorJlQJHUV DQJHOHJW ZRUGHQ VHLQ 'LH 6FK W]HQ übten schon lange vorher im Stadtgraben, wie die HUVWH 6WDGWUHFKQXQJ YRQ ]HLJW Zweifellos beginnt aber die Geschichte der Bogenschützen in Schaffhausen mit den Anfängen der Stadt im 11. Jahrhundert. Sie waren sicher gegen die Krieger des jungen Konrad von Zähringen im Einsatz, der die Stadt 1120 eroberte. Schlitzscharten für GLH %RJHQVFK W]HQ ¿QGHQ VLFK HWZD LP VSlWHQ XQG LP -DKUKXQGHUW LP 'LHEVWXUP LP 6FKZDEHQWRUWXUP XQG LP 5|PHUWXUP XQG Umbau von 1543 und spätere Veränderungen Im Rahmen eines ersten Umbaus entstand im 1. Obergeschoss, heute Buffett der Wirtschaft, die QHXH 6WXEH PLW GHU ÀDFKHQ %RKOHQElONFKHQGHFNH GLH GDWLHUW LVW 2E HV HLQ (LQEDX LQV bestehende Gebäude war oder ob dieses ObergeVFKRVV GDV KHXWLJH (UGJHVFKRVV PLW 7UHSSHQJLHEHO XQG 'DFKVWXKO HUVW ]X GLHVHP =HLWSXQNW DXIgesetzt wurde, wäre noch zu untersuchen. Wohl ebenfalls in dieser Zeit wurde in die Nordhälfte des Gebäudes der fast 2 m unter die Grabensohle UHLFKHQGH .HOOHU HLQJHEDXW 'HVVHQ .UHX]JHwölbe steigt von West nach Ost etwas an, steht deutlich über die Grabensohle auf und verringert dadurch die Raumhöhe der Säulenhalle auf noch
'HQGURGDWLHUXQJ 6FK W]HQJUDEHQ ©6FK W]HQVWXEHª Bauphase Neubau Schützenstube
Ort
Holzprobe 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH Holzart LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH UG Stütze 1, 2 ± Eiche UG Sattelholz, ± :." [ Weisstanne Unterzüge Fichte 8* 'HFNHQEDONHQ [ Fichte
G
Unklare Funktionen der «Schützenstube» im früheren 16. Jahrhundert Nach der Reformation verlegten die Bogenschüt]HQ LKUH $NWLYLWlWHQ VFKULWWZHLVH LQ GHQ .ORVWHUEDXPJDUWHQ $E ZRKQWH DXFK GHU Armbruster in unmittelbarer Nähe des SchiessSODW]HV LP 6 GRVWZLQNHO GHU HKHPDOLJHQ .ODXVXU von Allerheiligen. Es war sein dritter Umzug im JOHLFKHQ -DKU QDFKGHP HU NXU]IULVWLJ DXI GHP +HUUHQDFNHU ]XHUVW LP 'RNWRUKDXV XQG GDQQ LQ der Münzstätte gewohnt hatte. Bis dahin war ihm als Lohnbestandteil der Hauszins für eine Privatwohnung bezahlt worden. 'HU DXI GHQ HUVWHQ %OLFN QDKHOLHJHQGH =XVDPPHQKDQJ YRQ :RKQ XQG $UEHLWVRUW VFKHLQW GHPQDFK ELV QLFKW zwingend gewesen zu sein, und das Obergeschoss GHU ©6FK W]HQVWXEHª YRQ HQWKLHOW VR GLHVHV GHQQ WDWVlFKOLFK VFKRQ H[LVWLHUWH NHLQH 'LHQVWwohnung. Klar ist einzig, dass im Erdgeschoss auf Grabenniveau der Schiessbetrieb stattfand, während nach dem Umzug der Bogenschützen das frei gewordene Haus von der Stadt als Pfrundhaus für den Stadtarzt genutzt und zu diesem =ZHFN LP -DKU GHU JURVVHQ 8PRUJDQLVDWLRQ der Stadt, XPJHEDXW ZXUGH 'LHVH )XQNWLRQ EHKLHOW HV ELV DOV GLH 6WDGW GLH ©6FK W]HQVWXEHª DQ HLQH 3ULYDWSHUVRQ YHUNDXIWH ZlKUHQG GLH :LUWVFKDIW HUVW HU|IIQHW ZXUGH In der Literatur wurde als selbstverständlich anJHQRPPHQ GDVV GLH ©6FK W]HQVWXEHª DXFK GDV Gesellschaftshaus der Bogenschützen gewesen VHL 'LHVH KlWWHQ GHP]XIROJH QDFK LKUHP :HJ]XJ DOV GLH 6WDGW GLH ©6FK W]HQVWXEHª DOV $U]WKDXV übernahm, während Jahrzehnten ein Provisorium im Baumgarten benutzt, bis zum Neubau ihres *HVHOOVFKDIWVKDXVHV YRQ $XI GLHVH QLFKW EHU]HXJHQGH 'HXWXQJ PDFKWH HUVWmals Hans Ulrich Wipf in seiner umfassenden Geschichte der Bogenschützengesellschaft auf-
Er verwies auch darauf, dass am östlichen Ende des Schützengrabens ein Gebäude VWDQG GDV LP -DKUKXQGHUW ©DOWHV 6FK W]HQKDXVª JHQDQQW ZXUGH (V ZXUGH I U GHQ %DX des Bachschulhauses abgebrochen. Bereits Mentzinger zeigt 1644 dieses aus der Häuserreihe hervortretende und zweigeschossige Gebäude, das auf der Kontermauer des Grabens steht. Nach dem 3H\HUSODQ YRQ EHVDVV GDV *HElXGH PLWWOHUweile eine Länge von gut 30 m, bestand aus einem Wohnhaus mit Scheune und Remise sowie einem grossen Garten auf der Nordseite. Von diesem sonnigen, auf die Südseite ausgerichteten Haus liess sich der Schiessbetrieb im Stadtgraben von KRKHU :DUWH DXV SHUIHNW YHUIROJHQ :DU YLHOOHLFKW dieses das Gesellschaftshaus der Bogenschützen ELV ]XP 1HXEDX " $EE ©6FK W]HQVWXEHª .RQVWUXNWLRQVGHWDLOV 8* YRQ 0
oberer Keller Stütze P1 Blick Süd 1:20
Stütze P2 Blick Süd 1:20
Kontermauer
ELV P $EE XQG 'LH Q|UGOLFKH IUHLVWHKHQGH 6W W]H YRQ ZXUGH GHPHQWVSUHFKHQG YHUN U]W ,Q GHQ 5DWVSURWRNROOHQ wird 1642 ein weiterer Umbau erwähnt. Vielleicht wurden erst damals die grabenseitigen )DFKZHUNDXVVHQZlQGH YHUVWHLQHUW 'LH 3OlQH YRQ ]HLJHQ HLQHQ OLHJHQGHQ 'DFKVWXKO GHU ]X DOO GLHVHQ JHQDQQWHQ 'DWHQ SDVVHQ Z UGH
PHUNVDP
$EE ©6FK W]HQVWXEHª *UXQGULVV 8* GHU LQ den alten Stadtgraben geVWHOOWHQ ©6FK W]HQVWXEHª 0
Stadtmauer Um 1200 1310/60 1517 1543 0
2
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4
5m
N
:LSI 6 6WDGW$6+ $ ,, ± X s X d umb Laym in Graben zu den Schützen. 9JO REHQ 6 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW 1U YRP :LSI 6 :LSI 6 6 %lQWHOL D 6 6FKXOWKHLVV 6 $QP 9JO REHQ 6 I :LSI 6 ±
1
Stadtmauer Wohnhaus Bogenschützenhaus Umbau Stadtarzt
Kontermauer
558
H
H. Quartier Repfergasse und Webergasse Um 1200 mit der zähringerzeitlichen Stadterweiterung um den Rindermarkt entstandenes Handwerkerquartier
1.115 Karstgasse/Platz 6–11 1.147 Repfergasse 3/6 1.148 Repfergasse 11–40 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O %DUI VVHUNORVWHU Kloster St. Agnes, Kanal Literatur: Werkleitungen und neue Parkplätze, SN 15.2.1999; Hauser 1996, S. 364, S. 390, S. 392; Repfergasse: Eine riesige Baustelle, SN 23.10.1992; Wipf 1980; Frauenfelder 1951, S. 240, S. 314–317, S. 364, S. 396–400, S. 406–408. Die Erneuerung der Werkleitungen in der Repfergasse fällt in die Jahre 1991/92, während jene im Karstgässchen mit einem Abzweiger zur Krummgasse 1999 ausgeführt wurden. Die Befunde zur Stadtbefestigung werden beim Agnesentörli besprochen (1.147).
Hier sind die Auffüllungen 1,2–1,6 m stark (Abb. 778). Auf Höhe des Rosengässchens (1.165) erreichen sie noch gut 0,7 m, vor der Agnesenschütte (1.088) schliesslich noch 0,5 m. Wie üblich wurde das Terrain zum Anlegen der Strasse weitgehend abhumusiert. Bei der Einmündung in die Vorstadt erscheint unter einigen Zentimetern +XPXV LQ P 7LHIH GLH RULJLQDOH 2EHUÀlFKH des Kalkfelsens, in den die Keller der umliegenden Häuser abgetieft sind. Diese Felsplatte dehnt sich bis in die Stadtgräben beim Engelbrechts- und Bogentor aus (1.107; 1.220; 1.069 und 1.174). Auf den Fels folgt nach Osten Malmschutt, weiter unten in der Repfergasse Kies, bedeckt von ockerfarbenem Lehm. Im mittleren Abschnitt der Karstgasse liegt in 1 m Tiefe eine
Abb. 778 Repfergasse (1.148). Im Werkleitungsgraben vor der Liegenschaft Platz 11 liegt der anstehende Kies in 1,5 m Tiefe. Darüber liegen verschiedene kiesig-sandige, zum Teil auch humos verschmutzte mittelalterliche Strassenkoffer.
Strasse Bereits 1261 wird die Rephingassun erwähnt.1 Ihre Bewohner erscheinen im Grundzinsrodel von 1299 zusammen mit der Familie Repf, die der Gasse den Namen gegeben hat.2 Im Mittelalter führte die Gasse durchgehend von der Vorstadt bis zum Agnesentörli (1.147). Sie war nur nordseitig mit Wohnhäusern bebaut und wurde südseitig von den Mauern des Barfüsserklosters und YRQ 6W $JQHV ÀDQNLHUW XQG (UVW 1533, nach der Reformation, wurde durch Niederlegung der Barfüssermauer der Platz geschaffen, der heute noch einfach «Platz» heisst und die Karstgasse von der einst von der Vorstadt her durchgängigen Repfergasse abtrennt. Heute fällt der gesamte Gassenabschnitt von der Vorstadt etwa 4 m gegen die ehemalige Stadtmauer am Gerberbach ab. Das vorstädtische Terrain wies im Gegensatz dazu nur ein Gefälle von 2,8 m auf. Die vielen Aufkiesungen der Reichsstrasse in der Vorstadt (1.102) haben dazu geführt, dass im mittleren und oberen Abschnitt der Repfergasse die 6WUDVVHQREHUÀlFKH YLHO VWlUNHU DQJHKREHQ ZXUGH 1 2
STASH UR 1/149. Frauenfelder 1966, S. 9; Rüeger 1884, S. 345.
559
Abb. 779 V Repfergasse (1.148). Im Strassenkoffer vor dem «Elephant» (Repfergasse 21) gefundener, mutmasslicher «Bleistift» aus Blei (stilus plumbeus) für Notizen auf Pergament oder zum Linieren. (M 1:1). Abb. 780 VZ Agnesentörli (1.147). Die um 1445 entstandene äussere Stadtmauer (1) wird durchschlagen von einem gemauerten, gewölbten Kanal (2) des 16./17. Jhs. Dieser entwässerte Vorstadt und Repfergasse in den Gerberbach, wurde um 1900 an die Kanalisation angeschlossen und stand bis 1992 in Betrieb.
lokale Brandschicht, eingebettet in einem 80 cm starken Paket von vier erkennbaren Strassenkoffern. Letztere lassen sich bis zum «Oberen Wachholderbaum» (Repfergasse 17) verfolgen. Weiter nach Osten sind sie wegen ihrer höheren Lage zerstört. Die tiefsten Kofferungen sind schwärzOLFK WRU¿J KXPRV XQG PLW +RO]NRKOHEU|FNFKHQ kleinen Hölzchen und Knöchelchen durchsetzt. Gegen oben werden sie sauberer, entsprechend heller und sind mehr mit Ziegelsplittern durchsetzt, abgewittertem Material der Dächer. Vor dem «Elephant» (Repfergasse 21) fand sich in diesen Schichten ein Stylus, ein Griffel aus Blei (Abb. 779). Ebenfalls im Bereich des «Wachholderbaums» (Repfergasse 13–17) zeigten sich 0,5 m vor den Fassaden an zwei Stellen in die Gasse vorspringende Fundamentreste von Mischmauerwerk aus Kalk- mit Bollensteinen. Es ist die alte Baulinie der Klostermauer, die in der Neuzeit zur Verbreiterung der Gasse beim Bau der Häuser etwas zurückgenommen wurde. Auch oben in der Karstgasse zeigt sich, dass durch den 1952 erfolgten Abriss und Neubau des geschichtsträchtigen Eckhauses «Hagar» (Vorstadt 18) die bis dahin nur 2,8 m breite Einmündung der Karstgasse etwas verbreitert wurde. Neuzeitlicher Kanal Im Bereich der äusseren, um 1445 entstandenen Stadtmauer liess sich ein alter, gemauerter Kanal dokumentieren. Er entwässerte einen Teil der Vorstadt und die Repfergasse, durchschlug die Stadtmauer und mündete in den Gerberbach (Abb.
1
2
780). Seine Sohle liegt in 3,5 m Tiefe, der Querschnitt beträgt unten 80 cm, oben 1 m, die Höhe bis zum Scheitel des gedrückten Bogens 1,7 m. Das Mauerwerk ist vereinzelt mit Backsteinen und Biberschwanzziegeln durchsetzt und dürfte im 16./17. Jahrhundert entstanden sein. Um 1900 wurde der Kanal an die Kanalisation angeschlossen. Er stand bis 1992 in Betrieb.3
1.192 Repfergasse 14 (Repfergasse 12 «Silbernes Klöpferlein») :RKQKDXV %XQWPHWDOOJLHVVHU 6LFNHUJUXEH Kellerhals Literatur: Frauenfelder 1951, S. 406. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 73. Bei den schrittweisen Umbauten durch verschiedene Hausbesitzer in den Jahren 1998 bis 2004 liessen sich einige Baubeobachtungen machen. Das Haus von 1478 und seine späteren Umbauten Nur der hinterste Teil des Hauses ist mit einem niedrigen, in W–O-Richtung gespannten Gewölbe unterkellert, auf dem noch die Abdrücke der Schalbretter erkennbar sind. Seine Erschliessung erfolgt durch einen Kellerhals von Südosten mit einer Steintreppe (Abb. 783). Seitlich im Mauerwerk aus Kalkbruchsteinen mit Hohlziegelbruch zeigt sich in der Brandmauer eine vermauerte Öffnung mit einem Stichbogensturz aus Backsteinen. Ihr folgt eine 2,8 m breite Öffnung in der Mitte des Kellergewölbes, die ebenfalls nachträglich vermauert wurde. Beide Befunde machen eine ehemalige Verbindung mit dem Nachbarhaus Repfergasse 12 deutlich. Im 1. Obergeschoss sind strassenseitig Reste einer ehemaligen Bohlenstube vorhanden (Abb. 783). Der östliche Eckständer mit Rähm und einem 13 cm starken Brett der ehemaligen Bohlenwand stammt aus dem Jahr 1478. Der westliche Wandabschnitt wurde später durch eine gemauerte Backsteinwand ersetzt, die die Feueröffnungen für Herd und Ofen enthielt, doch sind beide nicht mehr vorhanden. An den Längswänden ist der zur Stube gehörige gotische Verputz erhalten. Die Fassade gegen die Webergasse wurde im späten 19. Jahrhundert abgebrochen und durch Fachwerk ersetzt. Rote, graue und schwarze Begleitlinien des Holzwerks, die auf dem Putz erhalten sind, stammen von jüngeren Renovationen. Die westliche Brandmauer zeigt Mischmauerwerk mit Kalk- und Bollensteinen sowie Hohlziegelbruch. Dasselbe gilt für die hofseitige Fassade mit Resten einer Türe im 1. Obergeschoss. Ihr In-
560
H Dendrodatierung 1.192 Repfergasse 144 Bauphase
Ort
Holzprobe
Umbau 1478
Eckständer, Rähm 1, 2
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1474 (14), 1477/78 WK (19)
Holzart Eiche
nenputz läuft im ersten und zweiten Obergeschoss gegen Osten ins Haus 12 hinein weiter und unterstreicht damit nochmals die einstige Zusammengehörigkeit der beiden damals dreigeschossigen Häuser. Auch nach dem Einzug der Trennmauer zwischen beiden Häusern zeigt mindestens eine vermauerte Verbindungstüre im ersten Obergeschoss eine vielleicht spätere, erneute Zusammenlegung. Die Fassade dieses Nachbarhauses «Zum silbernen Klöpferlein» besitzt mit einem Reitertritt und einem tief ansetzenden Kastenerker noch Elemente aus der 1. Hälfte des 17. Jahrhunderts, während das westliche Nachbarhaus, das noch zweigeschossige Haus «Zum Weidenstock» (Repfergasse 16) einen Erker von 1741 besitzt.5
Abb. 781 Repfergasse 14 (1.192). Grube gefüllt mit Resten eines Buntmetallgiessers und Brandschutt eines Holzhauses, 12./13. Jh.
Abb. 782 V Repfergasse 14 (1.192). Randstück eines Topfs, 2. H. 12. bis frühes 13. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 784.
Die Fassade vom namenlosen Haus Repfergasse 14 wurde in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts abgebrochen und neu gebaut. Gleichzeitig wurden im 3. Obergeschoss die Balkenlagen längs statt quer eingezogen und der aktuelle Dachstuhl aufgesetzt, der erneut die beiden Häuser Repfergasse 12 und 14 überdeckt. Die Bauten im Hinterhof stammen aus dem 18./19. Jahrhundert. Dort liegt auch die bis um 1900 in Gebrauch stehende Sickergrube.
Abb. 783 VV Repfergasse 14 (1.192). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
6SXUHQ HLQHV %XQWPHWDOOJLHVVHUV +lOIWH 12. ELV IU KHV -DKUKXQGHUW Beim Abbruch der stirnseitigen Mauer des Kellerhalses stiess der damalige Hausbesitzer unmittelbar dahinter auf eine mit Brandschutt gefüllte Grube. Die aus reinem Forscherdrang durchgeI KUWHQ $UEHLWHQ ZXUGHQ JHVWRSSW GDV 3UR¿O GRkumentiert und die Mauer wieder aufgemauert, so dass der Grabungsbefund für die Zukunft unter dem Ladenboden konserviert ist. Der anstehende gelbe Silt in der Umgebung des Hauses liegt gemäss den Werkleitungserneuerungen JXW P XQWHU GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH Von diesem Niveau aus ist die Grube etwa 1,5 m abgetieft. Sie besitzt eine Ausdehnung von mindestens 1,5 m; die untersten 20 cm sind mit sterilem Umgebungsmaterial gefüllt (Abb. 781 und 783). Darauf liegt eine rote, stark brandgerötete Sandsteinplatte, die von einer massiven Kohlelage bedeckt wird. Später wurde die ganze Grube
2. Hälfte 12. bis frühes 13. Jh. Grube Buntmetallgiesser Sickergrube
5
Fachwerk
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Durchgänge (UG)
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12
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Stube 1.OG
Bohlenstubenwand
19. Jh.
silber
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Kellerh
als
Gewölbekeller
1478
0
5
10 m
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Bänteli 2010, S. 162–164; Hauser 1996, S. 363. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 279 vom 11.8.2003 und Bericht Nr. 1387 vom 13.2.2015. Wipf 2011, S. 115–117.
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mit Brandschutt verfüllt. Darin enthalten sind vermutlich Bestandteile eines Holzhauses oder Schuppens, u.a. verkohlte Schindeln(?) aus Eiche und Weisstanne, viele Holzkohlestücke,6 verkohlte Bollensteine und verbrannte Lehmbrocken mit Rutenabdrücken von Flechtwerk. Bislang singulär im städtischen Fundmaterial sind eine Anzahl kleinerer Stücke von Bronzeblech und feine Bronzegussfragmente. Sie deuten darauf hin, dass hier der Werkplatz eines Buntmetallgiessers lag (Abb. 784). Die Bronzegussfragmente der Glockengiesser sind viel gröber (1.042 und 1.186). Das Randstück eines Topfes (TR 15a) datiert den Befund in die 2. Hälfte 12. bis frühes 13. Jahrhundert (Abb. 782 und 784).
Abb. 784 Repfergasse 14 (1.192). Aus der Grube der 2. H. 12. bis frühes 13. Jh.: Lehmbrocken mit Rutenabdrücken von Flechtwerk (1), Keramikscherbe (2), Bronzeblech und feine Bronzegussfragmente eines Buntmetallgiessers (3) und Gussformfragmente aus Lehm (4).
1.099 Repfergasse 8, früher Pfarrhaus Wohnhaus, Sickergrube Literatur: Hans Ulrich Wipf: Das Handwerkerhaus zum Nussbaum und das Spitalpfarrhaus, in: SN 21.11.1977; Frauenfelder 1951, S. 406. Im Hinterhof des Hauses, direkt unter der Nordfassade, kam bei Umbauten 1983 eine aus Kalksteinen gemauerte, überwölbte Latrinengrube zum Vorschein. Die runde Grube hat einen Durch-
messer von etwa 2,5 m bei doppelter Tiefe. Der nordseitige Anschluss eines kleinen gemauerten Kanals mit Querschnitt von 35 x 30 cm zeigt, dass sie auch als Sickergrube für den Hofbrunnen diente, der im Katasterplan von 1868/72 eingezeichnet ist. Zuunterst auf der Sohle fand sich das Fragment eines innen grün glasierten Tellers aus dem 17./18. Jahrhundert. Eine Fenstersäule im 1. Obergeschoss des Hauses trägt die Jahreszahl 1548. Sie steht in der Mitte des Fensterbandes mit den beiden gestaffelten Dreierfenstern mit Ladenfalz, Hohlkehlen und einseitigem Auslauf. Es ist das jüngste datierte Fenster dieses Typs, das noch keine Fenstererker aufweist.7 Weil das Spital nach der Reformation 1542 in das gegenüberliegende Kloster St. Agnes verlegt wurde (1.079), wählte man dieses Haus als Pfrundhaus des Spitalpfarrers (bis 1868).8 Erster Nutzniesser dieses Umbaus von 1548 war Sebastian Grübel, Spitalpfarrer von 1536 bis 1551. Zusammen mit den Hauptpfarrern von Münster und St. Johann war der Spitalpfarrer einer der drei höchsten Schaffhauser Pfarrer. Die «Triumvirn» bildeten das Dreiergremium, das von 1536 bis 1803 im Auftrag und unter der Aufsicht des Kleinen Rats die Leitung der Schaffhauser Kirche inne hatte.9
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3 2 562
4
H 1.088 Schwesterngasse 1 Agnesenschütte, Repfergasse 6 «Nussbaum» Schwestern zum Hl. Kreuz, Kapelle, Lagerhaus, Kornhaus Literatur: Landolt 2004, S. 549f.; Hauser 1996, S. 392, S. 401; Hans Ulrich Wipf: Das Handwerkerhaus zum Nussbaum und das Spitalpfarrhaus, in: SN 21.11.1977; Hans Ulrich Wipf: Die St. Agnesen Amtsschütte, in: SN 19.11.1977; Hans Ulrich Wipf: Das Haus der «willigen armen Schwestern», in: SN 5.12.1986; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 211. Der Gebäudekomplex umfasst das ganze Haus Repfergasse 4/Schwesterngasse 1 sowie das ehemalige Hinterhaus «Nussbaum», Repfergasse 6. Bei den Umbauarbeiten der alten Häuser zur Freihandbibliothek, die unter grösstmöglicher Belassung der alten Substanz durchgeführt wurden, liessen sich 1985 rudimentäre Bauuntersuchungen machen. Wohnhaus und Haus der Schwestern zum KO .UHX] -DKUKXQGHUW Ältester Teil des Komplexes ist ein steinerner Kernbau im ehemaligen Hinterhaus des «Nussbaum». Ursprünglich lag er etwa in der Mitte dieser Parzelle (Abb. 785). Es handelt sich um ein quadratisches Gebäude des Typs A10 mit etwa 7,5 m Seitenlänge und 30 m2 ,QQHQÀlFKH 6HLQ Bollensteinmauerwerk ist etwa 1 m stark, die Steine sind teils in der Art des opus spicatum schräggestellt. Diese Mauertechnik wurde noch im späten 13. Jahrhundert ausgeführt.11 In der Südwand liegt die Eingangstüre, deren vermauerte Nische nur innenseitig durch einen Stichbogensturz aus Randengrobkalksteinen ablesbar ist. In der Westwand, 65 cm unter der aktuellen Decke, verjüngt ein 10 cm breiter Mauerabsatz das Mauerwerk und zeigt damit die Lage der origiQDOHQ 'HFNH DQ ,P 2EHUJHVFKRVV ¿QGHW VLFK über der Eingangstüre die Innennische eines ehemaligen Fensters. Bei diesem Kernbau handelt es sich um den steinernen Teil des Hauses, das Konrad Heggenzis 6
7 8 9
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Einige Holzkohlestücke wurden dendrochronologisch untersucht, doch ohne Datierung. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 321 vom 18.12.2003 und Bericht Nr. 1387 vom 13.2.2015. Vgl. oben, S. 195. Wipf in SN 21.11.1977; Rüeger 1884, S. 288, Anm. 13. Diesen Hinweis verdanke ich Christoph Buff, Stein am Rhein. Siehe auch Christoph Buff, Schaffhauser Pfarrer-/Pfarrerinnen-Verzeichnis (in Bearbeitung, vgl. SN 20.11.2014). Vgl. oben, S. 78; Bänteli 2010c, S. 85. Vgl. oben, S. 82f. STASH UR 1/825. Frauenfelder 1929, S. 59f.; Rüeger 1884, S. 288.
Sohn 1358 den «willigen armen Schwestern» schenkte ze niderest an rephengassen bi sant agnesen thor.12 Ursprünglich wohl Beginen, hatten sich die Schwestern zum Hl. Kreuz als Terziarinnen der dritten Regel des Franziskanerordens unterstellt. Sie lebten von Almosen, wurden von einer Oberin geleitet, von den Barfüssern betreut und hielten ihre Gottesdienste in der nahegelegenen Kirche des Klosters St. Agnes ab.13 Der erste Umbau des Kernbaus dürfte mit ihrem Einzug in das Gebäude zusammenhängen. Von der aktuellen Deckenhöhe im 1. Obergeschoss aufwärts wurde der Kernbau in Kalksteinmauerwerk aufgestockt, und gleichzeitig wurde im 1. Obergeschoss südseitig ein zweites schmales Fenster herausgebrochen, von dem nur die Innennische noch ablesbar ist. 6FKHXQH /DJHUKDXV Wohl im früheren 15. Jahrhundert wurde dieses Schwesternhaus um ein rechteckiges Steingebäude von etwa 7 x 10 m ergänzt, das bündig mit der Strasse steht (Abb. 785). Seine Nordwestecke ist gegen den Kernbau gemauert. Im Fundament sind zum Teil noch Bollensteine vorhanden; das aufgehende Kalkbruchsteinmauerwerk ist zum Teil mit Hohlziegeln durchsetzt. Beim Auswechseln der Bodenkonstruktion liess sich gegen die 6 GZHVWHFNH HLQ JURVVÀlFKLJHU %UDQGKRUL]RQW aus unbekannter Zeit beobachten. Im 1. Obergeschoss liegt in der Ostwand gegen die Südostecke eine vermauerte grosse Aufzugsöffnung. Sie ist innen 3,5 m breit, aber nur 1,5 m hoch und hat einen Flachsturz aus Eichenholz. Zwei weitere, ebenfalls nur innenseitig unterVXFKWH )HQVWHUQLVFKHQ ÀDQNLHUHQ GLHVH gIIQXQJ um die Ecke. In der Westwand liegen zwei 40 cm schmale (Schrank-)Nischen, die nördliche ist ebenso hoch, die südliche hingegen 1,5 m. Über dem 1. Obergeschoss folgte das Pultdach, wie heute mit Traufe gegen die Schwesterngasse. Mit seiner 1,8 m hohen Kniestockwand liess es sich fast als Vollgeschoss nutzen. Südseitig ist eine weitere 3 m breite Aufzugstüre mit seitlichen Sitzbänken vorhanden, ein weiterer Hinweis, dass das Gebäude von Anfang an als Lagerhaus oder Scheune diente. 1RUGHUZHLWHUXQJ 6FKHXQH /DJHUKDXV +lOIWH -DKUKXQGHUW Im 15. Jahrhundert wurde nach Norden ein weiteres Gebäude angefügt, dessen originale Geschosshöhen 40 cm tiefer liegen als die heutigen. Sein nördlicher Abschluss ist unklar. Im 1. Obergeschoss läuft in der heutigen Nordostecke der Innenverputz weiter; entweder bestand die Nordwand aus Fachwerk, oder hier lag eine weitere Aufzugstüre. Im 2. Obergeschoss markiert die 563
setztes Kalksteinmauerwerk vorhanden. Aus dieser Zeit stammen auch die mittleren beiden Fenster im 2. Obergeschoss zur Schwesterngasse, die auf eine teilweise Wohnnutzung hindeuten, vielleicht auf eine Knechtewohnung. Eines der Fenster ist ein Doppelfenster. Die Sandsteingewände besitzen kräftige Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf, genauso wie das Fenster im Südgiebel, das der Bedienung des Aufzugs diente. Sein vorstehender Galgen erinnert heute noch an diese Funktion. Ebenfalls in diesem Geschoss ist in der Westwand ein kleines Fenster von 30 x 50 cm mit
Abdeckung der Mauerkrone mit Hohlziegeln ein ehemaliges Pultdach, das etwa 75 cm tiefer liegt als das Dach auf dem älteren, südlichen Baukörper. Später wurden beide Gebäude zusammengelegt und die trennende Nordwand des älteren Gebäudes entfernt. Die Krone des alten Mauerwerks an der Schwesterngasse wurde teilweise abgebrochen und von einer Höhe von 55–75 cm über dem Boden des 2. Obergeschosses neu aufgeführt. Auch hier ist kleinteiliges, mit Hohlziegeln durch-
um 1200
Stadtmauer
1443/45
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1684 /spätes 17. Jh. Aufstockung Stadtmauer / Buden
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1.088
Kapelle
Abb. 785 Agnesenschütte/ «Nussbaum» (1.088). Situation mit Nachbarliegenschaften und Stadtbefestigung im Bereich von Agnesen- und Webertörli (1.147/1.105) mit den Bauphasen (M 1:400).
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Umbau Lazaretthaus / Schütte
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Neubau Schwestern zum heiligen Kreuz
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2. H. 15. Jh. Norderweiterung Scheune / Lagerhaus
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1. H. 15. Jh. Scheune / Lagerhaus
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H Dendrodatierung 1.088 Repfergasse 6 «Nussbaum», Hinterhaus16 Bauetappe
Ort
Neubau der Kapelle 1481 Liftschacht Decken EG/1. OG einem Sandsteingewände und breiter Fase erhalten, sowie Nischenreste eines zweiten Fensters. Diese machen deutlich, dass das Hinterhaus des «Nussbaum» damals noch nicht stand oder nicht bis ins 2. Obergeschoss reichte. Schwestern zum Hl. Kreuz mit Wohnhaus und Kapelle 1481 Anfang 1480 ging dem Rat ein Schreiben der Grä¿Q %HUWKD YRQ 7HQJHQ ]X LQ ZHOFKHP VLH GLH %LWten der Schwestern um ein eigenes Kirchlein unterstützte. Bereits 1486 erscheint die Kapelle erstmals in den Quellen.14 Rüeger beschreibt die Lage der Kapelle wie folgt: Schwesterhuss so an 6DQW $JQHVHQ FORVWHU JHVWRVVHQ í DOOHLQ LVW GLH 5HSIHQJDVVHQ GDU]Z VFKHQG í VWRVVW KLQGHQ DQ GLH :HEHUJDVVHQ ]X EHLGHQ VLWHQ KDW HV GDV 3IDUUhuss DQ GHU 5HSIHUJDVVHQ [1.099] í GDQQ GDV KXVV ]Z VFKHQG GLVHP SIDUUKXV XQG VFKZHVWHUQKXVV LVW GHU VFKZHVWHUQ FDSHOO JHZHVHQ í XQG GDV Schwestergessli mit samt der ringkmur.15 Wie die mit den Schriftquellen übereinstimmende dendrochronologische Datierung des Hinterhauses deutlich macht, dürfte die neue Kapelle ins Vorderhaus des «Nussbaum» eingebaut worden sein, von dem keine Bauuntersuchung vorliegt.17 Der alte, steinerne Kernbau wurde ausgehöhlt, seine Nordwand abgebrochen und das Gebäude nach Norden erweitert, womit dessen *UXQGÀlFKH PHKU DOV YHUGRSSHOW ZXUGH *Hschossweise wurde ein Längsunterzug eingezogen, mit je einer mittigen Stütze mit Sattelholz, die die neuen und zum Teil höhergelegten Balkenlagen tragen (Abb. 415). Die Stützen stehen leicht exzentrisch und nehmen die Stelle der abgebrochenen Nordwand des Kernbaus ein. Im Erd- und 1. Obergeschoss besteht die ganze Konstruktion aus Eiche, im 2. Obergeschoss sind die Deckenbalken aus Nadelholz. Im 1. Obergeschoss wurden für die Anlage eines Liftschachts 14 STASH UR 1/3264. 15 Rüeger 1884, S. 288. 16 UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 6.7.1986, MK 43312254–12257. 17 Nach der teilweisen Brandzerstörung 1877/78 trat der spätklassizistische Neubau an seine Stelle, vgl. Hauser 1996, S. 392. 18 Vgl. oben, S. 113. 19 STASH RP 36,49. 20 STASH RP 16,43. 21 Wipf in SN 21.11.1977; Wipf in SN 19.11.1977; SN 5.12.1986; Rüeger 1884, S. 288f.
Datierung, WK= Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1480/81 WK (1 x 22, 3 x 20) Eiche
aus dieser Konstruktion vier Balkenscheiben herausgeschnitten und auf das Jahr 1481 datiert. Die gemauerten Aussenwände sind mit Ausnahme eines Abschnitts der Ostwand allesamt jüngeren Datums, was zur Vermutung führt, dass der NeuEDX XUVSU QJOLFK HLQ ]HLWW\SLVFKHU ]ZHLVFKLI¿JHU Fachwerkbau war, der später versteinert wurde.18 Beherbergte der eben beschriebene Neubau die Wohnräume der Schwestern? Oder wohnten sie im Eckhaus gegen die Webergasse, das den Namen «Schwesternhaus» trug und heute «Freihof» heisst? Im Ratsprotokoll werden 1576 die Wohnungen des vorderen und mittleren Schwesternhauses genannt.19 Daraus ist zu schliessen, dass es noch ein hinteres Schwesternhaus gab, sowie den grossen Garten dazwischen, den der Peyerplan 1820 noch zeigt (1.243). Schwesternhaus und Kapelle in der Neuzeit In der Reformation wurde die Kapelle 1529 aufgehoben. 1553 verkauften Bürgermeister und Rat die kilchen am schwösterhus gelegen, die in der Folge zum Wohnhaus umgebaut wurde.20 Die Schwestern hingegen, deren Anzahl 1524 auf höchstens 8 beschränkt worden war, blieben bis 1580, als die letzte Angehörige der Gemeinschaft VWDUE 'LH 6FKZHVWHUQ SÀHJWHQ GLH 3HVWNUDQNHQ Ab 1564 wurden verstorbene Kranke direkt in der Nachbarschaft im neu angelegten Pestfriedhof zwischen den Stadtmauern bestattet (1.045). Im /DXIH GHU =HLW ZDUHQ ZHLWHUH 3ÀHJHULQQHQ KLQzugekommen, denen man 1564 und 1566 Wohnungen einrichtete, weil ihre Logisherren sie aus Furcht vor Ansteckung nicht mehr beherbergen wollten.21 Die frühneuzeitlichen Umbaumassnahmen sind nur rudimentär nachzuvollziehen. Die Nordwest- und Nordwand versteinerten offensichtlich das Aussenfachwerk von 1481. Im Erdgeschoss verstellt eine nachträglich eingebaute Eichenstütze mit Kalksteinbasis eine grosse Tor(?)-Nische in der Nordwand. Im Geschoss darüber gibt es zwei Fensternischen gegen den Garten und darüber in der Kniestockwand einen Oculus. Im 2. Obergeschoss sind die Deckenbalken von 1481 ostseitig nicht in die Wand eingebunden, sondern liegen auf einer Hilfskonstruktion aus zum Teil wieder verwendeten Hölzern auf.
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Abb. 786 Agnesenschütte/ «Nussbaum» (1.088). Das im 15. Jh. als Scheune und Lagerhaus errichtete Gebäude wurde 1618 als Lazaretthaus und Schütte umgebaut und dient seit 1986 als städtische Freihandbibliothek.
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Umbau der Scheune zum Lazaretthaus und .RUQVFK WWH LP -DKUKXQGHUW Gegen Ende des 16. Jahrhunderts wurde das Schwesterhuss in ein Lazarethuss, d.h. in ein Krankenhaus für erkrankte Dienstboten und Stadtbewohner umgewandelt (Abb. 785). Ein Lager zur Aufbewahrung der Güter gehörte auch dazu, in das erliche burger und burgerin ire gottsgaben und almusen gebend, wie Rüeger schreibt.22 Die Einrichtung war bis 1848, bis zur Errichtung des städtischen Krankenhauses an der Hintersteig, in Betrieb.23 Von diesen Umbauten zeugt heute noch die Ostfassade der Agnesenschütte. Die geschossweise eingebauten Rechteckfenster mit Mittelpfosten lehnen sich zwar formal an ihre älteren Vorbilder im 2. Obergeschoss an (Abb. 786). Sie bestehen aber zeittypisch aus Kalkstein,24 sind einfach gefast und besassen massive Fenstergitter im Erd- und 1. Obergeschoss, die im Zuge des Umbaus entfernt wurden. Die Südfassade zeigt das klassische Bild eines Lagerhauses, dessen aktuelle Gewände im 18./19. Jahrhundert entstanden und die fortgesetzte Funktion des Gebäudes als Schütte und Kornhaus deutlich machen. Im Bereich der heutigen Eingangstüre deuWHWH HLQH REHUÀlFKOLFK DXIJHGHFNWH 0DXHU PLW gegen Westen anschliessendem Bauschutt auf einen aufgefüllten Keller hin, während vor der
Nordwand eine runde, gemauerte und überwölbte Sickergrube mit einem Durchmesser von 3 m liegt.25 Die im 1. und 2. Obergeschoss neu eingezogenen Balkenlagen liegen etwas höher als ihre Vorgänger und besitzen einen Längsunterzug mit zwei bis drei Stützen auf einem Sattelholz. Im 1. Obergeschoss steht die südliche Stütze im Bereich der abgebrochenen Nordwand der alten Scheune. Sie zeigt unter dem Wappen der Stadt das Umbaujahr 1618; das grosse A steht für das Agnesenamt. Weitere Inschriften, Zeichen und Wappen von Amtsleuten und Handwerkern kommen hinzu (Abb. 787).26 ,P VHOEHQ *HVFKRVV ¿QGHW VLFK LP 1RUGDEschnitt der Brandmauer zum «Nussbaum» eine Feueröffnung mit dem Gewölbeansatz eines ehemaligen Kachelofens. Befeuert wurde er von der Schütte her von einer grau gefassten Nische aus. Nebst den in unbekannter Zeit herausgebrochenen Verbindungstüren ist er das einzige klare Zeichen für die gemeinsame Nutzung der beiden Häuser spätestens seit dem Verkauf der Kapelle 1553.27 Im 2. Obergeschoss wurde der Unterzug mit den drei freistehenden Stützen diagonal eingebaut, so dass er seitlich neben die alte, nun verkleinerte Aufzugstüre zu liegen kam. Die nördlichste Stütze zeigt in der Mitte vier Konsolen,
H GLH DOV $XÀDJHU ] % I U HLQ UXQGXP ODXIHQGHV Schreibpult oder für Lichter dienten (Abb. 788). Zudem sind nur in diesem Geschoss an den Längswänden Streifbalken auf einfach bearbeiteten Kalksteinkonsolen vorhanden. Fast alle wurden nachträglich in die bestehenden Mauern eingebaut, nur eine ist original. Sie gehört zum Nordabschnitt der Brandmauer, die zusammen mit der Nordwand neu hochgezogen worden war, offenbar an Stelle des älteren Fachwerks. Die Funktion von je einer grossen, zentralen Nische in den
22 Rüeger 1884, S. 288, zum Lazaretthaus auch S. 334. 23 Hauser 1996, S. 401, zum neuen Krankenhaus S. 360; Steinegger 1938, S. 105 und S. 110; zur Spitalgeschichte allg. Uehlinger 2003. 24 Vgl. oben, S. 199. 25 Bereits 1965 aufgedeckt, Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1965, S. 67; Fotos StadtASH J 20.01/2414_3–4. 26 Allgemein zu Zimmermannsinschriften: Hermann/Räber 2010, S. 242. 27 Der Peyerpan von 1820 zeigt noch zwei voneinander unabhängige Liegenschaften, die im Brandkataster StadtASH BK 375 als Wohnhaus und BK 694 als Schütte bezeichnet sind. Auf dem Katasterplan 1868/72 ist das Vorderhaus von BK 375 Wohnhaus, sein Hinterhaus mit der Schütte BK 694 vereint und trägt neu die Nummer BK 732. 28 STASH RP 58,284 und RP 59,66–67.
Obergeschossen dieser Nordwand ist unklar. Dienten sie als Wandschränke oder waren es weitere Aufzugstüren vom Garten her? Abgesehen von den Zimmermannsarbeiten von 1618 macht das ganze, vielfach mit bescheidenen 0LWWHOQ JHÀLFNWH *HElXGH JHQDX MHQHQ (LQGUXFN den die Ratsprotokolle von 1599 vermitteln. Bereits damals wollte man NRUQ VFK WWLQHQ machen. Weil aber das schwöster husz, darinnen der blindt Conrat Petter huset, dem Spital inkorporiert worden war, das ja bereits eine moderne Schütte besass (1.223), sah man vorerst davon ab. Dem Spitalmeister wurde aber befohlen, dass er GLHVHOELJ EHKXVXQJ GLH JKDU EXZIHOOLJ VLQ VROO inn tach und gemach erhalten, die trommen und E QLQHQ QDFK QRGWGXUIIW PDFKHQ ODVVHQ VROOH.28 Abb. 788 Y Agnesenschütte/ «Nussbaum» (1.088). Freistehender Ständer im 2. OG von 1618. Dienten die vier Konsolen als Auflager für ein umlaufendes Schreibpult oder für Lichter?
Abb. 787 YY Agnesenschütte/ «Nussbaum» (1.088). Säule mit Sattelholz von 1618 mit Wappen der Stadt Schaffhausen im 1. OG. Das grosse A steht für das Agnesenamt. Rechts davon die Initialen HGOSA (Hans Georg Oschwald, Amtmann des ehemaligen Klosters) über dessen Wappen, dem Schwan.
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strasse, zusammen mit Teilen der Stadtbefestigung. Von letzterer kamen weitere Teile 1993 bei den Werkleitungsarbeiten in der Webergasse (1.158) und 2009 bei Aushubarbeiten für die UnWHUÀXUFRQWDLQHU ]XP 9RUVFKHLQ (UJlQzende Informationen lieferten auch die Kanalisationsarbeiten im untersten Abschnitt der Repfergasse von 1991 (1.147). In den Jahren 1976 und 1981, als es noch keine Gebäudearchäologie gab, wurden die beiden Häuser «Geldmangel» und «Goldenes Lämmlein» zu einem Jugendhaus umgebaut (1.238). Im Haus Webergasse 4 wurden die Balkendecken durch Betondecken ersetzt. Beim erneuten Umbau 2011 zu einem Bürogebäude blieb der moderne Verputz an den Fassaden und im Innern weitgehend erhalten. Nur im Haus Webergasse 2 wurde bauseits noch alte Substanz freigelegt, die baubegleitend untersucht wurde.
1.089 Schwesterngasse 7 «Freihof» Sickergrube Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1953, S. 24. 1953 kam eine Sickergrube zum Vorschein. Sie bestand aus Kalksteinen, war überwölbt und besass einen Einstiegsschacht.
1.044 Bachstrasse 56 1.045 Bachstrasse 39 Bachturnhalle 1.105 Webertörli 1.147 Agnesentörli 1.238 Webergasse 2–4 «Geldmangel»/«Goldenes Lämmlein» Wohnhaus, Stadtmauer, Weber- u. Agnesentor, :HKUJDQJ )ULHGKRI *HZHUEHNDQDO Handwerksbuden, Waschhaus
$QIlQJH GHU 6WDGWPDXHU XP PLW :HEHU XQG Agnesentörli Die Stadtmauer ist in den Hausfassaden auf einem isolierten Abschnitt von noch 20 m Länge erhalten (Abb. 789, 791 und 794). Im Erdgeschoss lässt sich die ursprüngliche Mauerdicke von 1,45 m feststellen, womit sie den übrigen Befunden der zähringerzeitlichen Stadtmauer entspricht (1.174 und 1.220).29 Reste einer Mauerzinne von noch 0,6 m Stärke mit starker Brandrötung sind im 1. Obergeschoss in einer Fensterleibung vorhanden.
Literatur: Wipf 1992, S. 60–62; Ruckstuhl 1990, S. 119f.; SN 26.2.1985; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1962, S. 34; Frauenfelder 1951, S. 33; Steinegger 1938, S. 114; Verwaltungsbericht Stadt Schaffhausen 1935. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 3. Von der Aufdeckung der Kontermauer des Stadtgrabens, gleichzeitig Ufermauer des Gerberbachs, im Jahr 1962 (1.044) liegen keine näheren Beobachtungen vor. Bei der Vergrösserung der Transformatorenstation neben der Bachturnhalle kam 1935 ein Friedhof zum Vorschein (1.045). Er wurde 1985 erneut angeschnitten in einem Pressschacht für die neue Kanalisation in der Bach-
Gegen Süden verläuft die Fortsetzung der Mauer in der Mitte der Schwesterngasse. Ihre Fundamente wurden 1991 und 1993 in den Kanalisationsgräben der Weber- und Repfergasse angeum 1200
Stadtmauer
1443/45
äussere Stadtmauer
1684 /spätes 17. Jh. Aufstockung Stadtmauer / Buden Profil 0 1
5
10 m
Geld
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Weberturm
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Pestfriedhof ab 1564 1.045
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568
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Abb. 789 Übergang Webergasse/ Bachstrasse (1.045/1.105) mit Situation der Befunde (M 1:400).
N
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0
H schnitten (1.105, 1.147). Ihre Sohle reichte bis HWZD P XQWHU GLH 2EHUÀlFKH $EE ± 791). An beiden Orten lässt sich eine dem Fundamentfuss vorangestellte, 60 cm breite Mauerschürze feststellen, die gut 1 m weiter hinunterreicht und deren Mauercharakter sich kaum von jenem der Stadtmauer unterscheidet. Der Befund erinnert an die Mauerschürze der Stadtmauer in Freiburg im Breisgau aus dem 2. Viertel des 12. Jahrhunderts.30 Daran schliesst sich der Graben mit einer nach aussen abfallenden Sohle an. Sie liegt beim Ansatz der Schürze 2,3 m XQWHU GHU 2EHUÀlFKH XQG IlOOW GDQQ DXI PHKU DOV 3,1 m ab (393,20 m ü. M.), was der Unterkante der Mauerschürze entspricht. Letztere diente dem Schutz der Befestigungsmauer vor Unterspülung durch Hochwasser des Gerberbachs, der offensichtlich in den Anfängen hier direkt an der Stadtmauer verlief und später in den neuen, äusseren Graben verlegt wurde.
1 2 29 30 31 32
Vgl. oben, S. 70. Baeriswyl 2003, S. 110–112, bes. Anm. 739–741. STASH UR 1/472. StadtASH A II.05.01.034/062 1428: stainen swel, geIXRUW XVV GHP VWDLQEUXFK ]XR GHU :HEHUWRU; A II.05.01.040/045 1428–1429: stegen ze machen vor :HEHUW UO\. 33 STASH UR 1/825. 34 Z.B. StadtASH A II.05.01.001/54 1396–1397: TorbeVO VVHU ,WHP , OE 9 V 8OLQ .HOOHU YRQ 6DQW $QJQHVHQ 7 Ulin; A II.05.01.008/180 1409–1410: ,, OE ,, YRQ ;;,, WDJ :HEHUW UO\ 0LJ ]H K WHQ; A II.05.01.036/105 1422–1432: 0DQ JLW YRQ GHP :HEHUW UOL XQG YRQ GHP 5HSIHQJDVVHQWRU ,,, OE ]H EHVFKO VVHQ. 0
1
2
3
4
5m
Fassaden Webergasse, 1:50
Abb. 790 Agnesentörli (1.147). Fundament der um 1200 entstandenen zähringerzeitlichen Stadtmauer (1) in der Mitte der Schwesterngasse, mit vorgelagerter, tiefer hinunterreichender Mauerschürze (2) zum Schutz gegen Unterspülung durch den Gerberbach.
Zu den Toren brachten die Kanalisationsarbeiten keine weiteren Hinweise, da die Stadtmauern bis unter die Torschwellen abgebrochen waren. In den Schriftquellen erscheint das Webertor erstmals 1327 im Zusammenhang mit einem Haus, GD] OLW DQ GHP :HEHUW UOLQ.31 Ab 1409 sind regelmässige Ausgaben für Torhüter und -schliesser aufgeführt, 1428 dann Bauausgaben für eine Steinschwelle und eine Treppe beim Webertörli.32 Das Agnesen- oder auch Repfergassentor wird erstmals 1358 genannt im Zusammenhang mit der Schenkung eines Hauses zu underst an Rephengassen bi sant Agnesen thor (1.088).33 In den ab 1396 erhaltenen Stadtrechnungen sind jeweils auch die Ausgaben für Torschliesser und Wächter der beiden Törchen aufgeführt.34
um 1200 Stadtmauer um 1455 äussere Stadtmauer 1592 / 1603 Geldmangel 1684 /spätes 17. Jh. Aufstockung Stadtmauer / Buden 408.00
407.00
406.00
405.00
Wehrgang
3. OG
Stadtmauer
404.00
Aufstockung 1929 403.00
2. OG
402.00
401.00
400.00
1. OG
399.00 Jahrzahl 1592
398.00
Weberturm 397.00
Webertor entfernt, spätes 18. Jh.
EG 396.00
goldenes Lämmlein
Geldmangel
Stadtmauer
Pestfriedhof ab 1564 1.045
Handwerksbuden ab 1670
395.00
394.00
Mauerschürze Gerberbach / Auffüllung Zwinger
393.00
äussere Stadtmauer
äusserer Graben / Gerberbach
Abb. 791 Übergang Webergasse/ Bachstrasse, «Geldmangel» (1.238). Fassade mit den dahinterliegenden Fachwerkkonstruktionen, Schnitt durch die Stadtmauern mit äusserem Stadtgraben und den Bauphasen (M 1:200), Lage vgl. Abb. 789.
569
$XVEDX GHU 6WDGWEHIHVWLJXQJ YRU GHP :HEHUW|UOL XP Als Teil der Anlage des zweiten Befestigungsrings um die Stadt entstand der zweite, äussere Graben mit einem Mittelwall, darauf in regelmässigen Abständen kleinere Schalentürme, wie Mentzinger 1644 zeigt.35 Der Bach wurde nun durch den äusseren Graben geleitet, der innere Graben diente neu als Zwinger (Abb. 785 und 791). Im Abschnitt zwischen Weber- und Agnesentörli fehlte der Platz für einen Mittelwall. Man füllte den inneren Graben auf, brach die alte Kontermauer ab und ersetzte sie durch eine neue, äussere Stadtmauer. Deren Fundamente wurden auf beiden Seiten der Bachturnhalle bei Ausschachtungsarbeiten mehrfach angeschnitten (1.105, 1.147). Sie ist zweihäuptig mit einer mächtigen Breite um 1,9 m und reicht heute bis 4,2 m (392,30 P 0 XQWHU GLH 2EHUÀlFKH $EE XQG 793). Der äussere Graben besitzt nach dem Peyerplan ähnliche Masse wie auf der Westseite der Stadt, so dass auch hier vor der Stadtmauer eine Gesamtbreite des Befestigungswerks von gut 30 m erreicht wird.
u.a. das Tor, zwei Türen sowie etwa 77 m dieser äusseren Stadtmauer errichtet hat, was recht gut dem Mauerabschnitt zwischen Weber- und Repfergassentor entspricht.37
Durch die Stadtrechnungen von 1443 lässt sich ein Bauabschnitt datieren: 0DLVWHU 3HWWHU 9HOWNLOFKHU VLQ YHUGLQJZHUFN YRQ GHP WRU XQG GHQ ,, W UHQ E\ GHP :HEHUW UOLQ RXFK ;/,,, FODXIIWHU JHP U VR HU GHU VWDWW ELP :HEHUW UOLQ JHPXUUHW hat.36 Wir erfahren also, dass der Maurer Peter aus Feldkirch gemäss einem separaten und nicht mehr erhaltenen Werkvertrag beim Webertürlein
Gassenseitig zeigte sich vor der Fassade beim Aushub für den Werkleitungsanschluss ein L-förmiger, 1,10 m auskragender Mauerklotz aus Bollensteinen. Seine Oberkante ist bis 50 cm unter GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH HUKDOWHQ UHLFKW FP ZHLter hinunter bis auf den anstehenden Boden und ist in diesen mindestens weitere 80 cm tief fundamentiert. Die Steine sind mit einem harten Mör-
©*ROGHQHV /lPPOHLQª Das Haus bildet ursprünglich den Abschluss der Häuserzeile an der Webergasse (Abb. 794). Das Dreierfenster im ersten Obergeschoss und das gleichartige Fenster darüber zeigen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf und Ladenfalz, die auf eine Entstehungszeit in der zweiten Hälfte des 15. bis um die Mitte des 16. Jahrhunderts hinweisen.38 Erst 1929 kam das dritte Obergeschoss hinzu. Bis dahin besass das Häuschen nur zwei Obergeschosse, was ursprünglich die Regel für viele andere Häuser in der Webergasse war (1.243). Die Aufnahmepläne zeigen noch den klassischen, dreiraumtiefen Grundriss39 mit gassenseitiger Stube, Rauchküche und Treppenhaus im Zentrum. Hinten reicht die Kammer über die Parzelle hinaus bis zur Stadtmauer und fasst das Haus «Zum Geldmangel» mit ein.40
Abb. 792 Z Agnesentörli (1.147). Fundament der um 1445 entstandenen, 1,9 m starken äusseren Stadtmauer unter der Bachturnhalle, vgl. Abb. 780.
Abb. 793 ZZ Webertörli (1.105). Bei der Anlage der Unterflurcontainer beim Webertor 2009 kamen die Fundamente der um 1445 entstandenen, 1,9 m starken äusseren Stadtmauer zum Vorschein (1). Die unsorgfältige Mauer (2) aus Abbruchmaterial der Stadtbefestigung und der hölzerne Gerberbottich (3) stammen von einem im 18. Jh. aussen an die Stadtmauer angebauten Gerberhaus.
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2
3 1
H tel verbunden; in die Tiefe nimmt der Mörtel ab. Die Bollensteine laufen nahtlos in ein Mauerwerk aus grösseren Kalksteinblöcken hinein, das noch 20 cm aus der Fassade vorspringt und bis 1,2 m unter das Strassenniveau reicht. Seine Funktion ist unklar (Brunnenfundament, Bauinstallation, Zusammenhang mit Webertor?). +DXV ©*HOGPDQJHOª YRQ DOV =XJDQJ zum Weberturm Das Webertor hatte seit der Anlage des äusseren Befestigungsrings an Bedeutung verloren und brauchte keinen eigenen Wächter mehr, wie wir von Rüeger erfahren: «GDV :HEHUW UOL ZHOFKHV GLHZLO HV LQ GHU ULQJNPXUHQ OLJW EHGDUI HV GHU ZHFKWHUHQ Q W 41 Erst 1603 wurde die keilförmige Lücke zwischen Stadtmauer und «Goldenem Lämmlein» geschlossen. Der heute erkerartig anmutende Vorsprung der südöstlichen Fassadenhälfte vom Haus «Geldmangel» (1.238) ist Teil der inneren Toranlage des Webertörlis und im 2. Obergeschoss Teil des Wehrgangs, der entlang der Stadtmauer verlief und auch zur Erschliessung des Weberturms diente (Abb. 789, 791 und 794). Der Turm selbst war wie der Schwabentorturm (1.198) aussen vor die Stadtmauer gebaut. Er ist auf Mentzingers Ansicht von 1644 gut zu erkennen. Noch heute sind an der Ostfassade des Hauses an der ehemaligen Stadtmauer die Reste der abgebrochenen nördlichen Mauer des Weberturms von 1,25 m Stärke zu erkennen.
derverwendet erkannt wurde. Seine Datierung ins Jahr 1382 passt sehr gut in die Zeit der Errichtung der Wehrgänge im «Adler» und beim Diebsturm (1.111 und 1.136).42 Hier verlief der Wehrgang ursprünglich ebenfalls frei entlang der Mauer und wurde mit diesen jüngeren Bauarbeiten abgebrochen und ins Gebäude integriert. Die Stadtmauer scheint im 2. OG auf Grund ihrer verjüngten Mauerstärke von noch 1,12 m zur ersten, erstaunlich späten Mauererhöhung zu gehören.43 Merkwürdig und ohne Bauuntersuchung der Fassade schwierig zu interpretieren ist hingegen das Datum 1592 an der Haustüre im Schulterbogensturz aus Kalkstein (Abb. 795). Bestand das Haus zunächst nur aus dem gemauerten Erdgeschoss, das 1592 erstellt worden wäre? Oder wurde diese Türe in späterer Zeit wiederverwendet?44
Abb. 794 Webergasse 2–4 (1.234). Webergasse mit Eckhaus «Geldmangel» rechts, in dem die Stadtmauer noch auf der ganzen Höhe erhalten ist.
Vom Haus «Geldmangel» ist nur das Parterre gemauert. Die Obergeschosse bestehen aus Fachwerk, das stockwerkweise abgebunden ist. Der südlichste Deckenbalken über dem 1. OG zeigt JHJHQ 6 GHQ GUHL =DSÀ|FKHU GLH YRQ GHQ 8QWHUlagebalken des Bodens stammen, der zum rechtwinklig abgehenden Wehrgang gehörte (Abb. 791). Der gleiche Balken besitzt gegen Osten eine Nut für die Bretter des ehemaligen Zwischenbodens. Die dendrochronologische Datierung dieses Deckenbalkens und der zugehörenden äusseren Eckpfosten im 1. und 2. OG und zeigt klar, dass die beiden Obergeschosse 1603 entstanden sind. Daran ändert auch ein einzelner Deckenbalken nichts, der bereits optisch als älter und wie35 Vgl. oben, S. 146. 36 StadtASH A II.05.01.077/045 1442–1443. 37 1 Klafter = 6 Fuss; Eduard Im Thurn, Gemälde der Schweiz, XII Kanton Schaffhausen, 1840, S. 76. 38 Vgl. oben, S. 161f. 39 Vgl. oben, S. 164. 40 Bürgerhaus 1946, Tafel 3. 41 Rüeger 1884, S. 359f. 42 Vgl. oben, S. 122. 43 Vgl. oben, S. 122. 44 Etwa aus dem Zeughaus in der Grueb, das am Tor die Jahrzahl 1592 trug und 1875 abgebrochen wurde (1.184, S. 420f.).
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Dendrodatierung 1.238 Webergasse 2 «Geldmangel»45 Bauphase erster Wehrgang? Neubau 1603
Aufstockung mit Wehrgang 1684
Ort
Holzprobe Datierung WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1. OG Deckenbalken wiederverwendet 3 1382 WK? (15) Fassade 1. u. 2. OG, äusserer Eckpfosten 1, 4 1591 (10), 1602/03 WK (19) 1. OG Deckenbalken Übergang 2 1602/03 WK (12) Kammer/Wehrgang 3. OG Wehrgang, Brustriegel 5 1684 WK? 3. OG Deckenbalken 7–9 2 x 1682 WK? 1683 WK? $XIVWRFNXQJ PLW :HKUJDQJ YRQ Sehr spät wurde die hier mittlerweile etwa 10 m hohe Stadtmauer ein zweites Mal aufgestockt, der Wehrgang höhergelegt und wohl auch der Weberturm umgebaut. Dazu gehört das 3. Obergeschoss des «Geldmangel». Der Wehrgang ist konstruktiv Teil der Balkenlage über dem 2. Obergeschoss, zusammen mit dem noch aktuellen Pultdach, das im oberen Teil gegen die Webergasse abgewalmt ist (Abb. 791, 794 und 796). Der «Geldmangel» diente bis zu diesem Umbau nicht als Wohnhaus, sondern nur für die Mannschaft und zur Erschliessung des Weberturms, wie wir dies bei den gleichartigen kleinen Gebäuden beim Finsterwaldturm und im «Grütli» beim Engelbrechtstor feststellen können (1.111 und 1.174).46 Vielleicht wurden nun die unteren beiden Geschosse für die Wohnnutzung umgebaut.
Abb. 795 Z «Geldmangel» (1.234). Merkwürdigerweise passt die Jahrzahl 1592 an der Haustüre nicht zur Dendrodatierung der Obergeschosse ins Jahr 1603.
Holzart Eiche Eiche Eiche Fichte Fichte
Die Mauerstärke der Stadtmauer beträgt auf der neuen Wehrganghöhe noch 64 cm. Eine Schiessscharte für Hakenbüchsen aus sorgfältig behauenen Kalksteinen ist erhalten. Deren Leibungen sind gerundet und ermöglichen so einen möglichst grossen Schusswinkel. Dieser Schartentyp wurde nachträglich auch am Munot in die östliche Flankenmauer eingebaut.47 Der Wehrgang ist 1,35 m breit, abgetrennt von einer kleinen Kammer durch eine Riegelwand mit einer ebenfalls 1,35 m breiten Verbindungsöffnung zu dieser Kammer, die offenbar der Mannschaft diente und von der Südseite belichtet wurde. Der Wehrgang verlief weiter entlang der Innenseite des Weberturms, zu dessen Erschliessung er diente, und dann weiter nach Süden entlang der Stadtmauer bis zum Hampeltor (1.106 und 1.191). Der befensterte Vorbau des «Geldmangel» ist erst nach dem Abbruch der inneren Wehrmauer mit Webertörli und Wehrgang entstanden, wohl im späten 18. Jahrhundert. Er ermöglicht heute von jedem Geschoss aus einen schönen Blick die Webergasse hinauf und die Schwesterngasse hinunter.
uer tma Stad
g
n rga Weh Mannschaftskammer
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goldenes Lämmlein 1684
0
1
N 2
3
4
5m
Webertor
uer tma Stad
Abb. 796 ZZ «Geldmangel» (1.234). Grundriss 3. OG von 1684 mit Mannschaftskammer, Wehrgang und Stadtmauer (M 1:200).
H 3HVWIULHGKRI :DVFKKDXV XQG +DQGZHUNVEXGHQ LP ± -DKUKXQGHUW Das Areal zwischen Agnesen- und Webertörli ist nach Rüeger ein zimlichen grossen und witen blatz innerhalb der ringkmuren,48 den Mentzinger 1644 sehr schön darstellt. Er diente ab 1564 zur Anlage eines weiteren städtischen Pestfriedhofs (1.048 und 1.064) zwischen den beiden Stadtmauern. Der Rat hatte diesen Friedhof für die Verstorbenen der Stadthälfte nördlich des «Süssen Winkel» angeordnet, nachdem von Spätsommer bis Frühwinter weitere 400 Personen an dieser Krankheit gestorben waren (Abb. 789 und 791).49 Die Skelette liegen 1,5–1,8 m tief unter GHU KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH 6LH ZXUGHQ EHL YHUVFKLHdenen Bauarbeiten jeweils angeschnitten, aber QLH UHJXOlU DXVJHJUDEHQ 'LH 3ÀHJH GHU 3HVWNUDQken war Sache der ehemaligen Schwestern zum Hl. Kreuz, deren Liegenschaft nach dem Tod der letzten Schwester 1580 in ein städtisches Lazarett umgewandelt wurde (1.088). Noch 1665 und 1671 gibt es in den Ratsprotokollen Hinweise, dass der Totengräber den Platz beim Webertor in Ordnung halten sollte.50 Bereits 1577 kam auf diesem Platz ein Waschhaus hinzu, das man der Brandgefahr wegen ausserhalb der Stadtmauer vor dem Webertörli platzierte.51 Ab 1670 wurden Handwerkerbuden angelegt. Zunächst wurden vom Rat nur Bretterbuden gestattet.52 Später breiteten die Bauten sich zwischen der inneren und äusseren Stadtmauer auf dem alten Pestfriedhof aus, und beidseits des Webertörlis gab es steinerne Anbauten vor der Stadtmauer. Sie wurden aus Abbruchmaterial der Stadtbefestigung errichtet, wie sich EHLP %DX GHU 8QWHUÀXUFRQWDLQHU feststellen liess. Neben den unsorgfältig gemauerten Überresten kam ein hölzerner Gerberbottich von mindestens 1,7 m Durchmesser zum Vorschein (Abb. 793), dessen Sohle 2,7 m unter der 2EHUÀlFKH ODJ 'HU 3H\HUSODQ ]HLJW GLHVH Situation zusammen mit einem 51 m langen und 4,5 m breiten Baukörper, der auf dem alten Rondenweg entstanden war. Gemäss den Brandkata45 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 841 vom 17.6.2011, 667282 –667289. 46 Vgl. oben, S. 100. 47 Bänteli 1989, S. 102, 3c, datiert 1. Hälfte 17. Jh. 48 Rüeger 1884, S. 357. 49 STASH RP 24,157; Bächtold 1906, S. 126; Steinegger 1938, S. 101, S. 114. 50 StadtASH C II.61.02.02/17 1927–1944 Friedhöfe, Pestfriedhof Webertor. 51 STASH RP 37,70 (1577): 'LH Z|VFKK VHU QDPOLFK XII GHP KHUUHQDFNHU ELP JHUZHUEUXQQHQ XQQG 5HSIHQJDVsen soll her buwmaister unverzogenlich hinweg thon XQQG YRU GHP VFKPLWWHQWRU LP VDOW]KRII XQG YRU GHP ZHEHUWK UOL GU\ DQGHU NHVVHO PDFKHQ XQQG RUGQHQ. 52 Steinegger 1959, S. 44f. 53 StadtASH Brandkataster 1817, Nr. 734–743.
sterbüchern beherbergte er am nördlichen Kopf eine weitere Gerberei, gefolgt von einem Farbhaus und dem erwähnten Waschhaus, fünf Hafnerhütten, einem Holzbehälter und am südlichen Kopf nochmals einer Gerberei, die später als Gartenhaus genutzt wurde.53 Ebenfalls auf dem Peyerplan ist der kleine Gewerbekanal erkennbar, der von der Widder-Barbakane (1.173) am Schwabentorturm vorbei Brauchwasser zu diesem kleinen Handwerkerquartier führte und vor dem Kloster St. Agnes wieder in den Bach einmündete. Er wird mit Wasser aus dem Oerlifall gespiesen und wurde bereits 1590 als Mühlekanal für die Spitalmühle angelegt (1.106). Das Gefälle dürfte in diesem Abschnitt maximal 1,5 % betragen haben. Harder zeigt diesen Kanal auf seinem Plan des Spitals am Ende des 18. Jahrhunderts zur Spitalmühle weiterlaufend, wo er erst beim Schutzgatter wieder in den Gerberbach einmündet.
1.243 Webergasse 5 «Untere Sanduhr» (Webergasse 3 «Freihof»/Schwesternhaus, Webergasse 7 «Sanduhr») Wohnhaus, Scheune, Fachwerk, Fenster, 2IHQNDFKHOQ Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur Unteren Sanduhr, August 1994. Der Totalumbau des Gebäudes Webergasse 5 ermöglichte 2013 eine Bauuntersuchung, die vom Bauherrn Erwin Knecht unterstützt wurde. Sie umfasste vor allem die hintere Haushälfte, die weitgehend vom Putz befreit war. Die «Untere Sanduhr» ist ein jüngeres, zwischen die Häuser 3 und 7 eingeschobenes Haus (Abb. 797–799). Wahrscheinlich gehörte die Parzelle ursprünglich zur «Sanduhr» (Webergasse 7) und wurde erst im frühen 16. Jahrhundert davon abgetrennt. Die sehr intensive Bautätigkeit macht deutlich, dass auch ein einfaches Handwerkerhaus ständiger Modernisierung ausgesetzt war. 'LH 9RUJlQJHUEDXWHQ GHU 1DFKEDUKlXVHU LP -DKUKXQGHUW :HEHUJDVVH XQG Das wohl älteste Haus ist die «Sanduhr», Webergasse 7. In der westlichen Brandmauer des untersuchten Hauses Webergasse 5 sind in der Firstachse die Reste seines Holzgerüstes in ganzer Höhe erhalten (Abb. 798). Die geschossweise abgebundenen Ständer weisen Blattsassen der ehemaligen schmalen Fuss- und Kopfbänder auf, die deutlich machen, dass sich das Holzgerüst weiter nach Westen bis zur «Unruh» (Webergasse 11) erstreckte. Sie stammen von einem eingeschossigen *HElXGH PLW ÀDFKHP XP *UDG JHQHLJWHP 573
DG
Wiederverwendet um 1430 Laube?
2. OG
1. OG Kamin Webergasse um 1300 1370 Um 1400 ? 1523 ? 1554 1677 ? Um 1690 1694
EG
Freihof Sanduhr Aufstockung Sanduhr untere Sanduhr untere Sanduhr Sanduhr Sanduhr untere Sanduhr
Freihof um 1300
Sickergrube Latrine UG 0
1
2
3
4
5m
Abb. 799 U «Untere Sanduhr» (1.243). Das kleine Handwerkerhaus an der Webergasse stammt aus dem 16. Jh., die rechts anschliessende «Sanduhr» von 1370.
Abb. 798 U «Untere Sanduhr» (1.243). Querschnitt mit Bauphasen (M 1:200).
12 14
Webergasse
uhr Sand
h Unru
es Fass eichen
574
Anbau Hirschenjagd
Unruh
14 Jh.
Freihof
14. Jh.
Unruh
1370
Sanduhr
1523?
untere Sanduhr
sse ga ern est hw Sc
1.243
1.123
Abb. 797 «Untere Sanduhr» (1.243). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
hr ndu re Sa unte
11
13
us/ rnha este Schw of Freih
3 5
7
13. Jh.
H Dendrodatierung 1.243 Webergasse 5 «Untere Sanduhr», älteste Nachbarhäuser55 Bauphase
Ort
Brandmauer zu Webergasse 3, ältestes Massivhaus etwa 14. Jh. Brandmauer zu Webergasse 7, Schwelle EG ältestes Fachwerkhaus 1370 Ständer Brandmauer zu Webergasse 7, Firstständer DG Aufstockung um 1400? Dach, einer schindelgedeckten54 Scheune oder Werkstatt, die demnach zur «Unruh» gehörte (1.123). Für das Gerüst wurde Nadelholz verwendet, für die Schwelle Eiche. Ein Ständer ist mit Waldkante ins Jahr 1370 datiert. Dieses Baujahr wird auch durch die unsicher und ohne Splint datierte Schwelle unterstützt. Der oberste Firstständer besteht aus Eiche und seine allerdings ebenfalls unsichere Datierung deutet darauf hin, dass die «Sanduhr» vermutlich um 1400 zu einem dreigeschossigen Gebäude aufgestockt wurde. Dies könnte bedeuten, dass es zu diesem Zeitpunkt ein eigenständiges Gebäude geworden war, das zu einem Wohnhaus umgebaut wurde. Das älteste Steingebäude war das massiv gemauerte Nachbarhaus «Freihof»/Schwesternhaus (Webergasse 3; 1.088). Dessen westseitige Brandmauer, die von der Webergasse 5 aus untersucht ist, besteht aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk mit etwas Hohlziegeldurchschuss. Seine 6 GZHVWHFNH ¿QGHW VLFK P YRU GHU KHXWLJHQ Hinterhausfassade und ist über alle Geschosse QDFK]XZHLVHQ $XFK LP *LHEHO ¿QGHW VLFK QRFK gleichartiges Mauerwerk, so dass davon auszugehen ist, dass das Eckhaus Webergasse 3 vielleicht schon im 14. Jahrhundert ein stattliches Steinhaus war, bevor es 1862/63 weitgehend abgebrochen und neu erbaut wurde.56 'LH $QIlQJH GHU ©8QWHUHQ 6DQGXKUª LP -DKUKXQGHUW Erst später wurde zwischen die beiden besprochenen Häuser das Haus Webergasse 5 eingefügt, von dem sich nur die kaum verputzten Kellerwände untersuchen liessen. Entweder wurden damit die älteren Brandmauern der Nachbarn unterfangen oder deren bereits vorhandene Kellermauern vorgemauert. Das Mauerwerk ähnelt jenem des «Freihof», besteht aber aus grösseren Steinen und hat ebenfalls etwas Hohlziegeldurch54 Vgl. oben, S. 108. 55 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 946 vom 9.8.2013 und Bericht Nr. 1387 vom 13.2.2015. 56 Hauser 1996, S. 401. 57 Vgl. oben, S. 147. 58 Vgl. oben, S. 113.
Holzprobe
Datierung, WK=Waldkante
Holzart
5
1348?
Eiche
22 19
1369/70 WK 1375?
Weisstanne Eiche
keine Hölzer
schuss. Sein Mauercharakter passt gut in die Zeit des Ausbaus der Stadtbefestigung in den 1440er-Jahren.57 Auf diesem Steinsockel kann das Dach eines Ökonomiegebäudes aufgesetzt haben, oder es gab darüber einen völlig verschwundenen Fachwerkaufbau eines Wohnhauses.58 Vermutlich gehört auch das Hinterhaus ]X GLHVHU %DXSKDVH 6HLQ ÀlFKLJ YHUSXW]WHV 0DXerwerk schliesst an die Südwestecke des älteren «Freihof»/Schwesternhaus an und endet heute 0,7 m über dem Boden des 1. Obergeschosses. Zugehörig ist auch die untere der beiden übereinanderliegenden Balkenlagen im Hinterhaus, von dem sich ein Balken, allerdings unsicher, ins Jahr 1522 datieren liess (Abb. 798). Zwei weitere, ebenfalls unsicher 1522/23 datierte Hölzer fanden sich in den späteren Umbauten und stammen von diesem Bau. Die Südwand des Vorderhauskellers wurde später zusammen mit einem kleinen, hausinternen Belüftungsschacht zwischen die beiden beschriebenen Brandmauern eingesetzt. Lag an seiner Stelle vorher der ursprüngliche Zugang, ein Kellerhals, welcher später aufgefüllt wurde? Oder QDKP GHU .HOOHU XUVSU QJOLFK GLH JDQ]H +DXVÀlche ein und wurde er teilweise aufgefüllt? Könnte die nachträgliche Unterkellerung der Grund gewesen sein für die Setzungen im Nachbarhaus? Die neue Kellersüdwand liegt genau an der Stelle der alten Firstachse des Nachbarhauses (Webergasse 7), und dazu gehört die 1554 eingebaute Eichenbalkendecke (Abb. 798). Ihre Balkenköpfe liegen nicht im originalen Mauerverband, sondern auf sekundär eingesetzten Tonplatten oder Backsteinen. Der eingenutete Zwischenboden diente zur Kälteisolation und dürfte auf die Nutzung des Erdgeschosses als Werkstatt hinweisen. Die Kellertreppe in der NW-Ecke und auch die ÀlFKLJ HUKDOWHQH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ VWDPmen wohl aus dieser Zeit, ebenso wie der kleine Kellereinbau von 1,2 x 2,4 m in der Südwestecke. (U LVW PLW HLQHP ÀDFKHQ %DFNVWHLQJHZ|OEH EHUspannt und kann als ehemalige Sickergrube idenWL¿]LHUW ZHUGHQ
575
Dendrodatierung 1.243 Webergasse 5 «Untere Sanduhr», Bauarbeiten im 16. Jh.59 Bauphase
Ort
Webergasse 5, eingeschobenes Hinterhaus 1523?
Deckenbalken EG Ständer, Deckenbalken 1. OG, wiederverwendet Deckenbalken über 1, 3, 4 2 x 1551/52 WK (35, 36), Keller 1553/54 WK (12)
Webergasse 5, Kellereinbau Vorderhaus, 1554
Abb. 800 «Untere Sanduhr» (1.243). 1. OG mit stichbogenförmig ausgenommenem Fenstersturz und Balkenlage von 1694, rechts das Fachwerk von 1677(?) des Nachbarhauses «Sanduhr».
576
Holzprobe 8 9, 13
1HXEDX +LQWHUKDXV ©6DQGXKUª PLW $XIVWRFNXQJ +lOIWH -DKUKXQGHUW Mittlerweile war das Holzgerüst des Nachbarhauses «Sanduhr» (Webergasse 7) im Zentrum der gemeinsamen Brandmauer etwa 20 cm abgesunken, was offenbar zu Deformationen und schliesslich zum Ersatz des Hinterhauses führte. Ein gegenüber der Vorgängerkonstruktion um 40 cm erhöhter Steinsockel aus Kalk- und Bollensteinen bildete die Unterlage für die neue Fachwerkwand, die gemeinsame Brandmauer von Webergasse 5/7). Sie besteht aus einer zweigeschossigen Stockwand (Abb. 798 und 800), gefolgt von einer weiteren Geschosswand mit dem darauf ansetzenden Giebelfachwerk. Das neue Pultdach von Webergasse 7 besass eine Neigung von 35°. Reste der Dachlattung stammen von einem Ziegeldach. Die Gefache sind mit Kalkbruchsteinmauerwerk und einzelnen Biberschwanzziegeln gefüllt. Im Erdgeschoss wurden die älteren Deckenbalken der «Unteren SandXKUª GLH WHLOZHLVH =DSÀ|FKHU GHU DOWHQ 5LHJHOwand aufweisen, ins neue Fachwerk integriert. Im 2. Obergeschoss gibt es einzelne originale Ständer, die unsicher 1676/77 datiert sind. Dazu gehört eine Laube gegen den Hinterhof, wie wir sie von den Häusern der Gerber und Färber kennen. Die hier eingebauten Eichenhölzer scheinen wiederverwendet. Mittels Aufschieblingen wurde
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1521/22? WK Weisstanne 1522/23? WK Fichte
Eiche
das Dach über die Laube geschleppt. Am Giebel der gemeinsamen Brandmauer sind gegen die «Untere Sanduhr» hin noch die originalen Aussenputze erhalten. Nach der Bauabfolge kam das Fachwerk des 4. Obergeschosses der «Sanduhr» um 1690 hinzu, womit die heutige Firsthöhe erreicht war. Auch diese Giebelwand zeigt original verputzte Fachwerkfüllungen. Neubau der «Unteren Sanduhr» Aus den Resten der bisher beschriebenen Vorgängerbauten entstand schliesslich das heutige, 1694 weitgehend neu gebaute dreigeschossige Häuschen Webergasse 5, wie zwei Dendrodatierungen im 1. OG deutlich machen. Seine drei Balkendecken passen nicht mit dem neuen Fachwerk des Nachbarhauses Webergasse 7 von 1676/77(?) zusammen, sondern liegen etwa 30 cm höher. Die beiden noch weitgehend im Zustand von 1694 erhaltenen Obergeschosse zeigen einen identischen, dreiraumtiefen Grundriss. Im Zentrum liegen an der Westwand die Treppen mit Latrinen darunter und an der Ostwand die offeQHQ 5DXFKN FKHQ PLW GHP 5DXFKIDQJ ÀDQNLHUW von je einer Kammer im Süden und der Stube im Norden. Die Kammern der Südseite besitzen je ein Fenster nach Osten gegen den Hof des Nachbarhauses «Freihof«, und ein weiteres nach Süden. Im 1. Obergeschoss sind die Sturzbalken stichbogenförmig ausgenommen (Abb. 800), eine Besonderheit, die sich auch an den Emporenfenstern der Westerweiterung der Bergkirche % VLQJHQ YRQ ¿QGHW 61 Diese hellen Kammern wurden in der Übergangszeit vielleicht auch als Sommerstuben genutzt. Das Fachwerk der Trennwände war ursprünglich sichtbar und wie die Deckenbalken grau bemalt. Die Deckenfelder zeigen ein schwarz gerahmtes rotes Feld mit Halbrundschluss an den Enden (vgl. 1.116). Auf der Nordseite lagen die heizbaren, getäfelten Stuben, die dem Leben auf der Gasse zugewandt waren. Im 2. Obergeschoss wurden strassenseitig in dieser Wand die Gefache teilweise mit grünen Ofenkacheln eines abgebrochenen Ofens der Zeit um 1650 gefüllt, ein ähnlicher Befund wie an der Vordersteig 10 (1.094). Vorhanden ist die grün
H Dendrodatierung 1.243 Webergasse 5 «Untere Sanduhr», Bauarbeiten im 17. Jh.60 Bauphase Webergasse 7, erneuerte Fachwerkwand Hinterhaus 1677? Webergasse 7, Aufstockung 3. OG um 1690 Webergasse 5, Neubau 1694
Ort
Holzprobe Ständer 1. OG 13 Ständer 2. OG 14–15, SO Eckpfosten 2. OG, Laube 17 3. OG nicht beprobt Decke EG, Umbau Kamin 6 Deckenbalken 1. OG 10 Rähm Stube 1. OG Vorderhaus 11
glasierte diagonale Eckkachel eines FrühbarockKastenofens. Sie hat eine Länge von 67 cm (Abb. 801).62 Eine andere Ofenkachel zeigt die Darstellung des sitzenden Evangelisten Matthäus. Eine halbe Kachel mit unleserlichem Bild stammt aus der gleichen Serie. Der heutige Besitzer beliess die Kacheln als sichtbares Element an Ort und Stelle. Der Dachstuhl stammte vermutlich ebenfalls aus dieser Zeit, war aber bei Beginn der Untersuchungen bereits vollständig ersetzt worden. Ein paar weitere Baumassnahmen zeigen, dass verschiedene Hausbesitzer immer wieder kleinere Anpassungen vorgenommen haben. In die alte Erdgeschossdecke wurde im Hinterhaus an der Ostwand ein Rauchfang mit 60 cm Seitenlänge eingebaut. Davon erhalten ist die Aussparung in zwei je 35 cm breiten Deckenbalken aus Eichenholz, von denen der eine ohne Splint 1619 datiert (Abb. 798). Zu unbestimmter Zeit wurde im Keller ein kräftiger Längsunterzug mit einer freistehenden Stütze eingebaut, der irgendwann wieder entfernt wurde. Südseitig wurden vier zusätzliche Balken in die Kellerdecke eingefügt. Diese Verstärkung deutet auf eine grössere Bodenbelastung als Folge einer Neunutzung des Erdgeschosses hin. Irgendwann mussten auch die Fenster in den «Freihof» aufgegeben und vermauert werden. Im Zuge der Einführung der Schwemmkanalisation um 1900 wurde die Sickergrube ausser Betrieb genommen und aufgefüllt, nachdem sie kurz zuvor mit Zement verputzt und abgedichtet worden war.
Datierung, WK=Waldkante
Holzart
1522/23? WK, wiederverwendet Fichte 2 x 1676/77? WK Föhre 1404?, für Laube? Eiche
1619 1693/94 1692/93
Hinweise zu den Hausbesitzern Im Spätmittelalter lebten in diesen Häusern hauptsächlich Weber, einzeln sind ein Schneider, ein Kürschner und ein Binder (Küfer) nachgewiesen.63 Die beschriebene intensive Bautätigkeit im ausgehenden 17. Jahrhundert passt sehr gut zu den damaligen baulichen Umwälzungen am unteren Ende der Webergasse.64 Die Besitzerstruktur der Häuser blieb aber unverändert. Weiterhin bewohnten Handwerker die «Sanduhr» und die «Untere Sanduhr», wobei letztere komplizierte Besitzverhältnisse aufwies und meist hälftig geteilt war, wie die Brandkatasterbücher im 19. Jahrhundert zeigen.65 1817 gehörte die «Sanduhr» dem Schneider Hans Jacob Blanz. Die vordere Hälfte der «Unteren Sanduhr» gehörte Johann Jacob Blanz, die hintere Hälfte war im Besitz des Maurers Johannes Bosshard. Die «Sanduhr» gehörte danach einem Hafner, später einem Weber und 1854 dem Zimmermann Johannes Müller. Dieser errichtete vermutlich einen Neubau der «Sanduhr», wie dessen aktuelle Fassade nahelegt. Johannes Müller ist bereits 1834 als Besitzer der hinteren Haushälfte der «Unteren Sanduhr« aufgeführt. Im Zuge dieser verschachtelten Besitzverhältnisse wurde auch der Hinterhof von Webergasse 5 der «Sanduhr» zugeschlagen, so dass seither die «Untere Sanduhr» ihren stadttypischen Hinterhof schmerzhaft vermisst.
Eiche Fichte Fichte
Abb. 801 «Untere Sanduhr» (1.243). In der Fachwerkwand von 1694 im 2. OG fanden grün glasierte Kacheln eines FrühbarockKastenofens der Zeit um 1650 als Füllmaterial Verwendung.
59 UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 946 vom 9.8.2013 und Bericht Nr. 1387 vom 13.2.2015. 60 UWAD, Felix Walder, wie Anm. 59. 61 Bänteli 2016, S. 78. ) U GLH ,GHQWL¿NDWLRQ EHGDQNH LFK PLFK EHL +DUDOG Rosmanitz, D-Partenstein; Kastenofen mit entsprechender Eckkachel 1698 datiert in Schleitheim, Hermann/Räber 2010, S. 283, Abb. 438 und undatiert im Unterhof in Diessenhofen, Baeriswyl/Junkes 1995, S. 267, Abb. 312. 63 Häuserdatenbank. 64 Vgl. oben, S. 573. 65 StadtASH Brandkataster BK 417, 417a, b und 418.
577
1.123 Webergasse 11 «Unruh» und 15 (Webergasse 13 «Eichenes Fass») Wohnhaus, Kernbau, Scheune, Lagerhaus Die Fundstelle besteht aus zwei unabhängigen Häusern. Bei der «Unruh» wurde bei einer punktuellen Renovation 1991 einzig die Westwand im Erdgeschoss untersucht. Beim Umbau 1988 des kleinen Lagerhauses Webergasse 15 wurden nur die Brandmauern in den Obergeschossen vom Verputz befreit. «Unruh» In der hinteren Haushälfte steckt ein quadratischer Kernbau des Typs A/ST aus dem 13. Jahrhundert mit Seitenlängen um 7,5 m (Abb. 797).66 Das Mauerwerk besteht aus Bollensteinen in Lagen um 15 cm, mit teils schräggestellten Steinen in der Art des opus spicatum. Wohl im 14. Jahrhundert wurde die Mauer mit Kalkbruchsteinmauerwerk in Lagen von 6–14 cm bis an die Strasse erweitert. Beide Bauphasen der Wand sind brandgerötet. Ob diese Mauer zur «Unruh» oder zum westlich gelegenen «Eichenen Fass» gehört, ist unsicher. Es ist zu vermuten, dass das östlich anschliessende Fachwerkhaus «Sanduhr» (Webergasse 7) von 1370 zuerst als Scheune des Hauses «Zur Unruh» diente, bevor es vermutlich um 1400 aufgestockt und als Wohnhaus umgenutzt wurde (vgl. 1.243, S. 573).
12 14
16
10 m
N
Webergasse
+DXV :HEHUJDVVH Heute ist dieses namenlose Haus eines der wenigen Gebäude der Stadt, das mit seinen Aufzugstüren noch als Scheune oder Lagerhaus in Erscheinung tritt (Abb. 250). Das älteste Gebäude nimmt das Zentrum der Parzelle ein, war zweigeschossig aus Kalksteinen mit einzelnen Bollen gemauert und dürfte im 14./15. Jahrhundert entstanden sein. Weil die westliche Brandmauer nach Süden weiterläuft, handelt es sich wohl um einen seitlichen Anbau an das Wohnhaus «Hirschenjagd», Webergasse 17. In einem zweiten Schritt wurde das Gebäude Webergasse 15 auf die heutige Haustiefe erweitert. Zur Gasse hin gehört die rundbogige Aufzugstüre mit Kalksteingewände dazu.67 Das gefaste Gewände mit hohem Ansatz datiert in die zweite +lOIWH GHV -DKUKXQGHUWV XQG ¿QGHW 3DUDOOHOHQ etwa in der «Ochseschüür» oder im «Haberhaus» (1.154 und 1.208). Wahrscheinlich gab es darüber einen ähnlichen Quergiebel, wie ihn sein jüngerer Nachfolger noch besitzt. Das kleine Rechteckfenster daneben diente zur Bedienung des Aufzugs. Reste einer Riegelwand im hinteren Hausteil scheinen dazu zu gehören, ebenso drei der typischen Belüftungsschlitze aus Backsteinen in der Giebelwand. In einem dritten Schritt, vermutlich im späteren 17. Jahrhundert, wurde das Dach um ein Geschoss angehoben und eine zweite Aufzugstüre mit hölzernem Gewände, Aufzugsgalgen und darüber vorkragendem Quergiebel mit Flugsparren erstellt, ebenso wie wir es von der «Ochseschüür» kennen (1.154).68
11
13
15
17
Hirsch
eichen
enjagd
es Fass
1.123
h Unru
19
1.197 Webergasse 14 /HVHIXQGH Beim etwa 30 cm tiefen Aushub in der Nordhälfte des Ladens zur Anlage eines neuen Bodens wurde 2003 durch die Bauarbeiter Fundmaterial aus dem 19. Jahrhundert geborgen.
1.158 Webergasse 8–58 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV Literatur: Hauser 1996, S. 414; Webergasse: Es wird saniert, in: SN 11.2.1994; Start zur Webergass-Sanierung, in: SN 23.3.1993; Frauenfelder 1966, S. 10; Frauenfelder 1951, S. 268f., S. 326. Abb. 802 Webergasse 11–17 (1.123). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
578
14. / 15. Jh.
Anbau Hirschenjagd
2. Hälfte 16. Jh. Scheune
Die Werkleitungen in der Webergasse wurden 1993/94 zusammen mit dem Abschnitt beim Webertor (1.105) erneuert. Die heutige StrassenoberÀlFKH GHU LP =LQVURGHO YRQ HUZlKQWHQ We-
H gazzun69
bir folgt dem ursprünglichen Gelände, das von der Vorstadt zum Webertor 3 m abfällt. Das anstehende Terrain wurde bis auf geringe Reste abhumusiert. Der ockerfarbene Lehm, gefolgt von Silt und Malmschutt gegen den Bach hin, liegt bei der Einmündung in die Vorstadt in 1,2 m Tiefe, später noch auf 1 m und fällt erst ganz im Osten beim Webertor wieder stärker gegen den Bach ab. Vor dem Webertor liegt wieder direkt auf dem anstehenden Malmschutt das mittelalterliche, etwa 40 cm starke Strassenkiespaket, in dem sich 5–6 Strassenhorizonte ausmachen lassen. Es ist bedeckt von 10 cm sterilem Sand, der ]XU HUVWHQ 3ÀlVWHUXQJ JHK|UW GLH GXUFK 0DL ster Nicolaus und seine Knechte ausgeführt wurde. Neben den Stadtrechnungen ist aus dieser Zeit noch ein Rodel erhalten, aus dem hervorgeht, GDVV HWZD 5XWHQ DOVR NQDSS P JHSÀlVWHUW wurden. Die Liegenschaftenbesitzer hatten davon Kostenanteile zu übernehmen, entsprechend der Länge ihrer Strassenfront. Die ebenfalls im Rodel aufgezählten 45 Liegenschaften entsprechen noch annähernd genau jener Zahl von Gebäuden, die der Peyerpan 1820 an der Webergasse abbildet.70 Vor der «Hinteren Sonne» (Webergasse 52), die einen steinernen Kernbau des 13. Jahrhunderts besitzt (1.157), zeigte sich 1,4 m vor der Fassade ein 75 cm breites Bollensteinmäuerchen, das nur bis auf den anstehenden Boden fundamentiert ist (Abb. 807). Es liegt in der Verlängerung des «Hagelstein» (Webergasse 56/58) und deutet darauf hin, dass auch hier, wie etwa in der äusseren Vorstadt und im «Schweizerhof» (1.182 und PLWWHODOWHUOLFKH %DXÀXFKWHQ LQ GHU IU KHQ Neuzeit zurückversetzt wurden, um die Strassen zu verbreitern. Auch in diesem oberen Abschnitt der Webergasse lassen sich in einem 50–60 cm starken Schichtpaket bis zu fünf Strassenkoffer unterscheiden. Der Kies ist teilweise etwas verschmutzt und mit kleinen Tierknochen und Holzkohlebrocken durchsetzt.
66 Vgl. oben, S. 78. 67 Vgl. oben, S. 199. 68 Zeitgleiche Fluggespärre in Büsingen 1688, Bänteli 2016, S. 75–78 und bei Hermann/Räber et al. 2010, S. 383 (Stadtschreiberhaus von 1688/89 in Altdorf) und S. 176 ('RNWHUV %HUQHWH +XV von 1693 in Thayngen). 69 STASH UR 1/120. 70 StadtASH A II.05.01.045/013 1430: besetzen in der Webergasse; A II.05.01.045/069 1430: maister NicoODX QDP HU YRU +DOJHQ $EHQW XQG LVW GDPLW GHU :Hbergassen gantz bezaltt; Landolt 2004, S. 463f. 71 Vgl. oben, S. 67. 72 Oben, S. 109. 73 Schib 1967, S. 13 74 Zum Fussmass und den Parzellengrössen Bänteli 1999, S. 32.
1.165 Rosengässchen 1–12 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O Literatur: Hauser 1996, S. 397; Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1951, S. 410. Im Rosengässchen wurden die Werkleitungen 1994 erneuert. Es spricht nichts dagegen, dass diese Verbindung zwischen Weber- und Repfergasse (1.147; 1.148 und 1.158) von Anfang an, also um 1200 zusammen mit der Vorstadt angelegt wurde.71 Der anstehende Lehm oder Silt liegt bei der Einmündung Repfergasse in gut 0,7 m Tiefe, fällt bis zum nördlichen Ende des «Weissen Rössli» (Rosengässchen 4) auf knapp 1 m ab und läuft dann horizontal zur Webergasse weiter. Dementsprechend sind die erhaltenen Strassenhorizonte noch 40–60 cm stark. Das Schichtpaket ist lehmig, mit Holzkohle, etwas Malmschutt und Tierknochen durchsetzt und erinnert mehr an Material eines Trampelpfades als an die üblichen Strassenkofferungen. Dies mag sich durch die untergeordnete Bedeutung der lokalen Verbindung erklären.
1.245 Webergasse 26 «Rosenstock» Fassade, Fenster, Strasse Im ersten Obergeschoss besitzt das schmalste Haus der Stadt ein Dreierfenster mit Pfosten, breiter Fase und beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit um 1318/1354.72 Es nimmt fast die ganze Hausbreite ein (Abb. 803). Seine Fassadenbreite von nur 3,2 m gegen die Webergasse beträgt weniger als die Hälfte dessen, was eine Vorschrift im Stadtbuch von 1385 vorsieht. Dort werden 26 Fuss als Mindestgrösse für ein Haus angegeben, das man durch den Einzug einer Wand der Länge nach teilen wollte.73 Zwei Haushälften von 13 Schuh wären je 3,84 m breit.74 Es wäre noch zu untersuchen, ob hier wirklich eine Hausteilung vorliegt oder ob dieses Haus nicht von Anfang an eine Lücke zwischen zwei älteren Häusern schloss. Es liegt auffällig in der Verlängerung des Rosengässchens (1.165) und es wäre möglich, dass hier zuerst ein Zugang zur Stadtmauer am Schützengraben (1.107) ausgespart war, der nach der Stadterweiterung um die äussere Vorstadt EHUÀ VVLJ ZXUGH XQG GHVKDOE EHUEDXW ZHUGHQ konnte.
Abb. 803 «Rosenstock» (1.245). Die nur 3,2 m breite Fassade an der Webergasse 26 zeigt im 1. OG ein Dreierfenster aus der Zeit um 1318/1354. Vermutlich trat das Haus an die Stelle eines Gässchens zur Stadtmauer am Schützengraben.
579
1.127 Webergasse 31 «Grosser Erker» (Webergasse 33 «Hintere Liebe», Webergasse 29 «Blumenkranz») Wohnhaus, Kernbau, Fachwerk
Rohbau abgeschlossen. Trotzdem lassen sich durch die noch sichtbaren Abschnitte der Brandmauern mindestens die Anfänge dieser drei Häuser skizzieren. Dendrochronologische Untersuchungen wurden leider keine gemacht.
Literatur: Wipf 2011, S. 23 und S. 116. «Hintere Liebe» :HEHUJDVVH Ältester Teil ist der fast quadratische, steinerne Kernbau vom Typ A/ST hinten im Haus Webergasse 33 mit Aussenmassen von 6,8 x 7,4 m, der im Keller und ziemlich vollständig auch im Erdgeschoss erhalten ist (Abb. 805).75 Seine von Haus Webergasse 31 aus untersuchte Ostwand besteht im Erdgeschoss aus Bollensteinmauerwerk, teilweise in Lagen schräggestellt in der Art des opus spicatum, wie es noch im 13. Jahrhundert LP *HEUDXFK ZDU ,P HUVWHQ 2EHUJHVFKRVV ¿QGHW sich Mischmauerwerk aus Bollen- und Kalksteinen. Letztere wurden vor allem auch für die Ecken verwendet. Fugen mit Hohlziegeldurchschuss deuten auf Mauerschalenerneuerung hin. Danach wurde dem zweigeschossigen Gebäude ein weiteres Geschoss aus Kalkbruchsteinen aufgesetzt mit Pultdach, südseitiger Traufe und erhaltenen Resten der Dachlattung, die ein 29° geneigtes Dach mit Schindeldeckung belegen.76 Ob im nächsten Schritt die «Hintere Liebe» bis an die Strasse erweitert wurde, oder ob diese Erweiterungswand zum «Grossen Erker» gehört, blieb unklar, weil das Mauerwerk nur rudimentär beobachtet werden konnte. In den Obergeschossen sind hauptsächlich Bollensteine vorhanden, im Erdgeschoss dagegen vor allem Kalksteine, was auch hier eine Mauerschalenerneuerung vermuten lässt.77 Die gestaffelten Dreierfenster im ers-
Bei der Untersuchung von 1989 waren die Bauarbeiten schon weit fortgeschritten, die Mittelpartie des Hauses Webergasse 31 ausgekernt und der
Abb. 804 «Grosser Erker» (1.127). Die Fenster im 2. OG entstanden 1318/1354, jene im 3. OG im späten 15. Jh. Die Fenster im 1. OG entstanden gemeinsam mit dem Holzerker im 18. Jh.
0
5
10 m
N Webergasse
hintere Liebe
um 1300
Erweiterung hintere Liebe
1318/54
Neubau grosser Erker
15. Jh.
1. Erweiterung grosser Erker
33
16. / 17. Jh. 2. Erweiterung grosser Erker 18. Jh.
Blumenkranz
1.127 Kernbau
Abb. 805 «Grosser Erker» (1.127). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
580
grosser Erker
hintere Liebe
31
29
Blumenkranz
13. Jh.
H ten und zweiten Obergeschoss stammen aus der Zeit um 1549/1579,78 wie die ehemaligen Fenstererker und seitliche Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf verraten. ©*URVVHU (UNHUª :HEHUJDVVH Das Haus ist sicher jünger als der Kernbau der «Hinteren Liebe». Die Fenster der Fassade gegen die Webergasse zeigen einen Querschnitt durch die Jahrhunderte (Abb. 804). Am ältesten sind jene im 2. Obergeschoss mit dem bemerkenswerten Viererfenster der Jahre um 1318/135479 mit breiten Fasen und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf. Im 3. Obergeschoss deuten die beiden Doppelfenster mit tiefen Hohlkehlen und einseitigem Auslauf auf eine Aufstockung im späten 15. Jahrhundert,80 während die Fenster im ersten Obergeschoss mit Holzeinfassungen gemeinsam mit dem Holzerker im 18. Jahrhundert entstanden sind. Der Eckständer der Südostecke stammt von der alten, zweigeschossigen Fachwerkfassade mit Zapfen der ehemaligen Fusspfette und Blattsassen von Kopf- und Fussband (Abb. 805). Er erinnert an den Ständer von 1370 in der «Sanduhr» (1.243) und passt durchaus zu unserem ältesten Fenster von 1318/1354. Der Abdruck des nicht erhaltenen südwestlichen Ständers ist am Kernbau «Hintere Liebe» ablesbar. Dort an der von Haus Webergasse 31 aus beobachteten Brandmauer sind im 3. Obergeschoss unregelmässige Reste alter Dachlinien vorhanden. Der zum «Grossen Erker» gehörende östliche Brandmauerabschnitt besteht aus Kalkbruchsteinen. Die Balkenlagen sind im Erdgeschoss quer zwischen die Brandmauern gespannt, in den beiden Obergeschossen aber längs in Nord-Südrichtung mit je einem mittigen Unterzug. Nur im Erdgeschoss liess sich feststellen, dass die Balkenlage jünger ist als der vordere Teil der «Hinteren Liebe».
«%OXPHQNUDQ]ª :HEHUJDVVH Die Beobachtungen des nur im 2. und 3. Obergeschoss freiliegenden Brandmauerabschnittes zeigen im vordersten Hausteil, dass der «Blumenkranz» jünger ist als der «Grosse Erker». Vorhanden ist Kalkbruchsteinmauerwerk, das mit Biberschwanzziegeln durchsetzt ist, mit den quer gespannten Deckenbalken im Verband steht und aus dem 18. Jahrhundert stammt. Möglicherweise besteht ein Zusammenhang mit dem Umbau des «Grossen Erker» im 1. Obergeschoss. Die Fassade gegen die Webergasse stammt aus dem 19. Jahrhundert.
1.157 Vorstadt 40/42 «Goldener Falken» (Vorstadt 38 «Kühler Brunnen», Webergasse 52 «Hintere Sonne») Kernbau, Latrine, Sickergrube, Archäozoologie, Archäobotanik Literatur: Wipf 2011, S. 96, S. 116; Bänteli 2010a, S. 164–167; Homberger/Zubler 2010, S. 48–91, S. 160–167, S. 176–208; Bänteli 2004, S. 120; Brombacher/Rehazek 1999b; SN Sonderpublikation 18.8.1995; JbAS 78, 1995, S. 237; Frauenfelder 1951, S. 324–328. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 179, Kat. 457/458. Hausinventar: Goldener Falken (Sonne und Drei Türme), unvollständig, ca. 1990. Im Zuge der Totalrenovation der Häuser Vorstadt 40 und 42 im Jahr 1993/94 wurde das HinterhofDUHDO QHX XQWHUNHOOHUW XQG LP *HÀHFKW GHU NRPplexen Unterfangungen (Abb. 806) baubegleitend archäologisch untersucht. Das Fundmaterial wurde 2010 publiziert.81
Nach einer ersten, raumtiefen Erweiterung des Erdgeschosses in den Hinterhof, unter Verlängerung der alten Dachlinie, erfolgte hier eine zweite Erweiterung und Aufstockung. Die neuen Brandmauerabschnitte des «Grossen Erker» bestehen aus Kalksteinmauerwerk mit einer eingespannten Fachwerkfassade gegen den Hof. Das Holzwerk besass zuerst eine Rotfassung, dann eine grauschwarze Fassung.
75 76 77 78 79 80 81
Vgl. oben, S. 78. Vgl. oben, S. 108. Vgl. oben, S. 84. Vgl. oben, S. 195. Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 161. Homberger/Zubler 2010.
Abb. 806 «Goldener Falken» (1.157). Ausgrabung der Latrinengrube G12, 1. H. 14. Jh., im komplexen Unterfangungsgeflecht der Laube von 1727/28 im Hinterhof.
581
Latrinen- und Sickergruben Die mindestens 20 Latrinen- und Sickergruben der Grabung machen durch ihre Anordnung deutlich, dass sie sich ursprünglich auf mindestens drei Parzellen verteilten, die sich über die heutigen Häuser Vorstadt 38–42 erstreckten und am Haus Webergasse 52 endeten (Abb. 807), ein Befund, wie er sich vergleichbar für das Areal der Grabung «Bogen»/«Kronsberg» (1.100) nachweisen lässt. Die Latrinen mit ihrem reichhaltigen Fundmaterial sind die wichtigsten Quellen für die mittelalterliche und neuzeitliche materielle Kultur Schaffhausens (Abb. 808 und 809). Wie im Nachbarareal «Bogen»/«Kronsberg» wurden auch hier im 13. Jahrhundert zuerst Erdgruben angelegt. Bei G10, G15 und G17 lassen sich Aussteifungen mit Flechtwerk nachweisen, in G2 diente ein altes Fass diesem Zweck, während bei G5 und G22 am Grubenrand Abdrücke von einer Aussteifung mit Brettern vorhanden sind. Ab HWZD ¿QGHQ VLFK DXFK JHPDXHUWH *UXEHQ
Abb. 807 «Kronsberg»/«Bogen» (1.100) und «Goldener Falken» (1.157). Situation der Latrinengruben in den ehemaligen Hinterhöfen der Häuser mit Benutzungsphasen (M 1:400).
die aber erst nach 1500 die Erdgruben endgültig ablösen. Anfänglich sind dies kleinere, trocken aus Kalk- und Bollensteinen gemauerte Latrinen, später grosse, gemörtelte Sickergruben aus Kalkstein. +LQZHLVH ]XU %DXJHVFKLFKWH Die weitgehend sanfte Sanierung der Häuser gewährte kaum weitere Einblicke zur mittelalterlichen Baugeschichte, die einzig in den Brandmauern noch erhalten wäre. Nur im Hinterhaus Vorstadt 40 blieb ein kleiner Gewölbekeller mit Tor- und Fenstergewänden aus Kalkstein erhalten, der aus dem späten 16. Jahrhundert stammt82 und die frühere, kleinteiligere Parzellenstruktur unterstreicht. In seiner Verlängerung in der Ostwand des Hofs steckt die Nordwestecke eines steinernen Kernbaus aus dem 13. Jahrhundert.83 Dieser ist in der hinteren Haushälfte von Haus Webergasse 52, der «Hinteren Sonne», noch weitgehend erhalten und hat Aussenmasse von
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Stad tma uer Um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer
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G3
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M1
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2. Hälfte 12. Jh. / um 1200
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58
39
rekonstruierte Parzellen 38
36
34
H 6,5 x 8,5 m (Abb. 807). Seine Mauern reichen bis 2 m unter das Niveau der Webergasse. Dort liegt 1,4 m vor der Hausfassade ein Mauerstück, das nur 1,2 m unter das Gassenniveau fundamentiert ist und zeigt, dass die in jener Zeit grössere Parzelle hier auf einer älteren Baulinie endete (1.158). 1727/28 wurden die beiden Gebäude der Vorstadt 40/42, «Sonne» und «Drei Türme», zwischen den Brandmauern weitgehend neu gebaut und vollständig unterkellert. Alte Dachlinien in den Dachstühlen auf den Brandmauern machen deutlich, dass damals die beiden Firste um 2–2,5 m höher gelegt wurden. Die neuen Stockwerkshöhen betragen über alle Geschosse bemerkenswerte und zeittypische 3,3–3,6 m. Andererseits bedeutet die 82 Vgl. oben, S. 199. 83 Vgl. oben, S. 78.
Fassadenhöhe von 11–12 m der Vorgängerbauten auch, dass die beiden abgebrochenen Gebäude bereits drei Obergeschosse besassen, mit entsprechend niedrigeren Geschosshöhen von 2,7–3 m. Im Zuge dieser Neubauten von 1727/28 entstand um den Hof eine Loggia mit Aborten, zu denen die gemauerten Sickergruben G25 und G26 gehören, die bis um 1900 in Betrieb waren. Durch Zukauf der hintersten Parzellenabschnitte der Liegenschaften Vorstadt 34–38 erhielt das Haus «Zur Sonne» eine direkte Zufahrt von der Webergasse, wie die zeitlich zum Neubau passende Laube im ersten Obergeschoss an der Webergasse noch heute zeigt. 1829 schliesslich wurden die beiden Häuser zum Gasthof «Goldener Falken» zusammengefasst.
Abb. 808 V «Goldener Falken» (1.157). Glasfunde aus den Latrinen: Fensterglas (Flachglasscheiben), Reste von nuppenbesetzten Weingläsern (so genannte Krautstrünke), Rippenflaschen, Kutrolfen sowie Apothekerfläschchen, 13.–15. Jh., einzelne ältere Fragmente von Nuppenbechern. Abb. 809 VV «Goldener Falken» (1.157). Querschnitt Latrinenfunde: Geschirrkeramik (Töpfe, Dreibeintöpfe, Schüsseln) sowie Becher-, Napf- und Tellerkacheln, Hufeisen und Beschlagnägel, 13. – 15. Jh.
583
1.100 Vorstadt 46/48 «Kronsberg»/«Bogen» (Webergasse 40, 42 «Erkerlein», 44 «Beckenhaus», 46 «Fischgrat», 48 «Fadenzeinli», 50 «Pelzkappe») Stadtmauer, Fenster, Latrine, Sickergrube, Archäozoologie, Archäobotanik Literatur: Bänteli 2010a, S. 164–167; Homberger/Zubler 2010, S. 106–123, S. 175, S. 239f.; Bänteli 2004, S. 117–122; Brombacher/Rehazek 1999b; Gutscher 1984. Im Zuge des Umbaus der beiden Häuser an der Vorstadt für den Laden eines Grossverteilers fanden im Jahr 1982 im Bereich der Neuunterkellerung des Hinterhofs Ausgrabungen statt. Eine systematische Gebäudeforschung gab es zu diesem Zeitpunkt nicht. Dokumentiert wurde allein die Stadtmauer, die später auch auf der anderen Seite, am Schützengraben, untersucht werden konnte (1.107 und 1.220). Die Grabung wurde 1984 und 2010 publiziert.84 +DXV ©%RJHQ» Ein Blick auf die nordseitige Fassade macht heute noch deutlich, dass im Haus «Zum Bogen», etwa einen Meter über der Dachrinne der «Schützenstube», ein aus dem üblichen Geschossbereich versetztes Fenster besteht (Abb. 775 und 275). Es handelt sich um ein Pfostenfenster der Zeit um 1318/135485 mit breiten Fasen, die in einer abgesetzten Kehle auslaufen. Es ist Teil eines Hinterhauses des «Bogen», das an die Stadtmauer angebaut wurde, als diese bereits innerstädtisch geworden war.86 Latrinen und Sickergruben Zweifellos bildete diese Grabung im Jahr 1982 den eigentlichen Startschuss zu einer systema-
Abb. 810 «Kronsberg»/«Bogen» (1.100). Kochtöpfe aus dem 13. Jh. aus den Latrinengruben G6, bei G11, G21 und G31.
584
tisch arbeitenden Stadtarchäologie.87 Zum ersten Mal gaben reichhaltige Funde, vor allem auch ganze Töpfe, einen Einblick ins mittelalterliche Leben der Stadt (Abb. 810). Die noch mehr als spärlichen archäologischen Kenntnisse der mittelalterlichen Stadt verleiteten aber auch zu einem Trugschluss. Man glaubte, dass die vielen ausgegrabenen Gruben zu einem mittelalterlichen Gewerbebetrieb oder zu einer Gerberei im Hinterhof der Häuser «Bogen» und »Kronsberg» an der Vorstadt gehörten. Weitere Grabungen, vor allem jene von 1994 in der benachbarten Vorstadt 40/42 (1.157), machten dann deutlich, dass es Latrinengruben waren, die nicht zur Vorstadt gehörten, sondern entlang der Hinterhofgrenzen der Häuser Webergasse 40–50 angelegt worden waren (Abb. 807). Wann der Grabungsausschnitt Teil der Grundstücke «Bogen» und «Kronsberg» wurde, ist noch unklar. Bereits der Peyerplan zeigt 1820 diesen Zustand. Nach den mittlerweile lokalisierbaren Häusern der Fertigungen des 16. Jahrhunderts hingegen reicht mindestens noch ein Teil der Häuser Webergasse 40–50 bis an die Ringmauer am alten Schutzgraben.88 Insgesamt handelt es sich um etwa 35 Latrinenund Sickergruben. Gemauert sind G2, G16 und G42, alle übrigen sind Erdgruben. Einzig für G3 und G9 lässt sich eine Flechtwerkaussteifung nachweisen. Es ist davon auszugehen, dass die ersten Gruben im Rahmen der Stadterweiterung um 1200 angelegt wurden. Weil aber doch eine gewisse Menge an älterem Fundmaterial vorhanden ist, kann nicht ausgeschlossen werden, dass hier vor der ummauerten Stadt, entlang der Strasse, bereits im Lauf des 12. Jahrhunderts vorstädtische Häuser entstanden waren, die erst sekundär durch den um 1200 erbauten zähringerzeitlichen Mauerring ins Stadtinnere zu liegen
H kamen.89
Im 13. und frühen 14. Jahrhundert wurden dann kontinuierlich neue Gruben angelegt und sukzessive wieder aufgegeben, die auf eine intensive Wohnnutzung hindeuten. Danach scheint es eine Lücke zu geben. In die Zeit um 1500 sind nur noch 2 Gruben und neuzeitlich noch eine dritte Grube datiert. Dies alles lässt aber keine Schlüsse auf einen potenziellen Rückgang der Bevölkerung zu, wie gerade die Steuerbücher deutlich machen.90 Die jüngeren, steinernen Gruben blieben länger in Benutzung und wurden immer wieder geleert, vgl. S. 101.
Abb. 811 «Kronsberg»/«Bogen» (1.100). Im namenlosen Hinterhaus Webergasse 40 liegt eine gemauerte, überwölbte Sickergrube mit 2 m Durchmesser und 6 m Tiefe, die bis um 1900 in Betrieb war.
Hinzu kommt der baubedingte Grabungsausschnitt, der deutlich macht, dass sich im Umfeld noch weitere Latrinengruben befunden haben. Nicht überraschend liess sich deshalb 1982 im Hinterhaus der namenlosen Liegenschaft Webergasse 40 eine gemauerte, überwölbte Sickergrube mit 2 m Durchmesser und 6 m Tiefe dokumentieren, die bis um 1900 in Betrieb war (Abb. 811). Eine weitere Sickergrube ist im Hinterhof «Beckenhaus» im Katasterplan 1868/72 eingezeichnet (Abb. 807).
84 85 86 87 88
Homberger/Zubler 2010; Gutscher 1984. Vgl. oben, S. 109. Vgl. oben, S. 96. Vgl. oben, S. 19. Häuserdatenbank; z.B. STASH RP 20,12 (1561) Feb. 24: Haus i. d. Webergasse, stösst einers. an Heinrich Löw, anders. an Hans Widmer, hinten an die Ringmauer; RP 20,82*, 83* (1561) Okt. 3: Haus i. d. Webergasse, zw. Hans Widmer u. Hans Sulzberger genannt Holenbaumer, hinten an die Ringmauer, vorne an die Gasse; RP 33,10v (1573): Haus i. d. Webergasse, zw. ZM Hans Widmer u. Hans Maurer, hinten an den Schutzgraben. 89 Vgl. oben, S. 67. 90 Vgl. oben, S. 117.
Abb. 812 «Kronsberg»/«Bogen» (1.100). Devotionalie und Kinderspielzeug. Das Figürchen des nackten Jesusknaben dürfte ins späte 14. oder frühe 15. Jahrhundert datieren. Die Fragmente der fünf Frauenfigürchen stellen typisches Spielzeug des 16. Jhs. dar, das in verschiedenen Städten Süddeutschlands als Massengut auch für den Export gefertigt wurde. Auch eine lokale Produktion in Schaffhausen liegt im Bereich des Möglichen.
585
586
I
I. Quartier Barfüsserkloster Mitte des 13. Jahrhunderts neu in die alte Stadtanlage implantiertes Kloster der Franziskaner, auch Barfüsser oder Mindere Brüder genannt.
1.062 Barfüsserkloster, «Eckstein», Stadthaus, «GoldenerApfel», «Schwarzer Stier», Konventhaus, «Grosser Winkel», «Weltkugel»; 1.068 Krummgasse; 1.163 Barfüsserkirche; 1.168 Safrangasse (Krummgasse 17–21 «Rindsfuss», «Schwedischer Thaler», «Hinteres graues Rössli») Stadtwall, Barfüsserkloster, Kirche, Kreuzgang, %XFNHOTXDGHU )HQVWHU 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O Kellerhals Literatur: Bänteli 2013b, S. 16f.; Guido Faccani: Deckenisolation mit Flachziegeln im Haus Zum Goldenen Apfel, Schaffhausen, in: 27. Bericht der Stiftung Ziegelei-Museum 2010, S. 27–33; DagPDU +DFNOlQGHU 'DV .RQYHQWKDXV JHK|UW ]XP ehemaligen Barfüsserkloster, Hochbauamt Stadt Schaffhausen, Typoskrypt 1999; Schaffhauser AZ 1999, Nr. 48; JbAS 80, 1997, S. 271; Hauser 1996, S. 368, S. 398, S. 404; Frauenfelder 1978; Frauenfelder 1951, S. 169–175, S. 365–371, S. 414–420; Rüedi 1947; Rüedi 1943. Hausinventar: Guido Faccani: Goldener Apfel, Schwarzer Stier, Guardianhaus, Februar 2009. Bildquellen: Grütter 2005, S. 123, Kat. 25–31, S. 137, Kat. 179, S. 148, Kat. 269, S. 150, Kat. 297; Elsener/Weigele 2005, S. 155, Kat. 388/389; Wipf 1990a mit Abb. 265; Frauenfelder 1951, S. 173, Abb. 221. Während die 1529 säkularisierte und damit nutzlos gewordene Kirche der Barfüsser im Laufe der späteren Jahrhunderte abgebrochen wurde, blieben zwischen Stadthausgasse und Platz bedeutende Teile vom Kreuzgang und den Klostergebäuden erhalten. 1950 entdeckte Reinhard Frauenfelder erstmals noch aufrecht stehende Überreste der Kirche, die beim Entfernen des Verputzes in der Ostfassade des Stadthauses zum Vorschein kamen. 1999 wurde anlässlich der Restaurierung des Konventhauses durch die Stadt mit %HJOHLWXQJ GHU 'HQNPDOSÀHJH GHVVHQ )DVVDGH 1
Vgl. oben, 95.
von archäologischer Seite baugeschichtlich untersucht. Als Vorarbeit im Hinblick auf den geplanten Umbau des Komplexes in ein Bürgerzentrum liess das städtische Hochbauamt die Gebäude dendrochronologisch untersuchen. Seitens der Archäologie wurde 2001 der Dachstuhl des «Schwarzen Stier» dokumentiert. Die Werkleitungserneuerungen 1995 in der Stadthausgasse, 1996 in der Safrangasse und 2001 in der Krummgasse wurden archäologisch begleitet. Die NeuSÀlVWHUXQJ YRU GHP 6WDGWKDXV HUP|JOLFKWH GLH Markierung des westseitigen Kirchenabschnittes mit weissen Kalksteinen (AST 16). Schliesslich HUIROJWH GHU $XVKXE I U HLQHQ 8QWHUÀXUFRQtainer am Konventhaus. Hinweise zur Stadtanlage vor dem Barfüsserkloster Die verschiedenen Werkleitungsgräben machen deutlich, dass das um die Mitte des 13. Jahrhunderts erbaute Kloster nicht auf einem unbebauten Areal errichtet wurde, wie man früher annahm.1 Zukünftige Untersuchungen innerhalb des Klosterareals werden deshalb weitere Hinweise geben N|QQHQ ZLH KLHU GLH IU KVWlGWLVFKH %HEDXXQJ aussah. Zum ursprünglichen Terrain ergibt das umschliessende Strassengeviert verschiedene Hinweise. Auffällig ist, dass die ältesten Strassenkoffer der Sporrengasse fast einen halben Meter tiefer hinunter reichen als jene in der Stadthausgasse und folglich das gesamte Schichtpaket der alten Strassen dort deutlich mächtiger ist (1.163 und 1.207). Deshalb wäre die Frage zu klären, ob die Sporrengasse nicht die älteste Nordachse der 6WDGW VHLQ N|QQWH GLH ZHLWHU QDFK 1RUGHQ GXUFK das spätere Klostergelände bis hin zum Stadtwall und darüber hinaus führte. Sie wäre dann die Vorläuferin einer mit der Anlage der zähringerzeitlichen Vorstadt verschobenen Strasse an die heutige Stelle. In der Safrangasse stieg das natürliche Terrain von der Stadthausgasse bis zur Repfergasse 1,5 m an. Heute beträgt diese Differenz nur noch 0,5 m (Abb. 814). Zur Anlage der 587
1.168 Safrangasse Profil F–F Blick West 1 : 20
Anstehendes: Malmschutt, Humus, Kies Benutzungsniveau Brand Bauniveau Stadtgraben Bauschutt, Abbruch romanische Siedlung
0
1
2
3
4
5m
Stadthausgasse Asphalt
Safrangasse
397.00
Pflästerung 1547
Neubau 1962
gestört
Kiesplanie 1547 nach Terrainabsenkung Bauniveau Barfüsserkloster
396.00
M7 Grube mit Bollensteinen Latrine? Stadthausgasse 11 Unterhof
Humus
M6 Humus
Humus
395.00
Humus
Humus
Malmschutt Bollensteinlage mit Holzkohle Boden?
Malmschutt
Malmschutt
Malmschutt
Malmschutt
Wandkies P8
P33
Humus
M7 Humus
M7
Planie
M7
P21
P20
P22
P16
P1
Pflästerung 1547 397.00
gemauerter Kanal
Kiesplanie 1547 nach Terrainabsenkung
Bauniveau Barfüsserkloster M4
Bauniveau Barfüsserkloster
Bauniveau Barfüs Bauniveau Barfüsserkloster HZ
396.00
Sandplanie Humus
HZ Humus
mit FZah
FZah
Ma Mal Humus
Malmschu Malmschu 395.00
Füllung nellenburgischer Stadtgraben humös, kiesig, etwas Hoko, Knochen P14
P7
P8
P9
Safrangasse wurde 1547 das Terrain abgesenkt.2 Die älteste, humose Kulturschicht liegt hier im 6 GHQ EHL GHU 6WDGWKDXVJDVVH P WLHI DXI +|KH GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV P XQG LP 1RUGHQ beim Ansatz der Strassenkurve gegen die RepferJDVVH KLQ OLHJW VLH QRFK P XQWHU GHU 2EHUÀlche. Dann aber fällt das ursprüngliche Terrain nach Norden wieder ab, auf 1–1,5 m unter die KHXWLJH 2EHUÀlFKH (V VFKHLQW VLFK XP HLQHQ künstlichen Einschnitt zu handeln, der für die Repfergasse angelegt wurde (1.148 und 1.149).
Abb. 813 Safrangasse (1.168). Nordflucht (Pfeil) des Stadtgrabens aus dem 11. Jh. mit Blick gegen die Stadthausgasse.
588
=XU lOWHVWHQ 6LHGOXQJVSKDVH JHK|UW YRU DOOHP GHU Q|UGOLFKH *UDEHQ GHV QHOOHQEXUJLVFKHQ 6WDGWwalls3, der hier eine Breite von 7,1–7,4 m aufZHLVW $EE ± DEHU QXU REHUÀlFKOLFK ELV in eine Tiefe von 0,5 m angeschnitten werden NRQQWH (U OLHJW XQPLWWHOEDU YRU GHP 1RUGÀ JHO des jüngeren Barfüsserklosters, dessen Lage P|JOLFKHUZHLVH GXUFK GLHVH DOWH *UHQ]H EHHLQÀXVVW VHLQ N|QQWH 'HU ]XJHK|ULJH :DOO IHKOW KLHU Er wurde um 1200 bei der zähringerzeitlichen
I 5m
Asphalt Safrangasse Pflästerung 1547
397.00
Kiesplanie 1547 nach Terrainabsenkung Bauniveau M1 M2 Humus
Bauschutt
Skelett
Bauschutt
Grabgrube?
Humus
Bauniveau
Bauniveau
gemauerter Kanal
M3
396.00
Planie zu M2/M3 Humus
Kellergrube Humus
Kiesig
Malmschutt
Humus
395.00
P11
P12
Pflästerung 1547
P4
Pflaster
UK Fundament Klostermauer vor Konstanzischer Schütte
Pflästerung 1547
P13
Repfergasse Pflaster 397.00
Bauniveau Barfüsserkloster
Humus
Kiesplanie Mörtelbröckchen Humus
Malmschutt Malmschutt Humus
Malmschutt
Pflästerersand Humus
Humus
Malmschutt
Kies
396.00
Kies Malmschutt
Malmschutt Kies
Malmschutt 395.00
P9
P10
P19
Stadterweiterung um die Vorstadt4 wieder in den Graben planiert. Dabei gelangten auch einige der frühen Flachziegel in die Verfüllung (Abb. 816). Dem ehemaligen Verlauf des frühesten Stadtgrabens scheint die unten vorgestellte Mauer M4 zu folgen, die zur Einfassung des Friedhofs der BarI VVHUP|QFKH JHK|UW 2E VLH QRFK URPDQLVFK LVW XQG ]XU IU KVWlGWLVFKHQ 6LHGOXQJ JHK|UW RGHU RE sie schon Teil der ersten Klosteranlage der Jahre um 1250 ist, wissen wir nicht. Die gleiche Feststellung gilt für zwei weitere Mauern in der Krummgasse, die ebenfalls aus dem 12./13. Jahrhundert stammen (Abb. 815, 817 und 838). Zum
2 3 4 5 6
Vgl. oben, S. 193. Vgl. oben, S. 40. Vgl. oben, S. 67. Vgl. unten, S. 96. Kartause Ittingen von einst zu jetzt, Denkmalpflege im Thurgau 3, Frauenfeld 2002, S. 99–102.
P20
P21
P13
einen ist es die Mauer M8 unter der Ostfassade des «Hinteren Stokarhof», die im Peyerplan 1820 noch als Hofmauer eingetragen ist. Sie misst im Fundament 1 m, im Aufgehenden noch 70 cm und besteht aus Bollensteinen und wenigen KalkVWHLQHQ GLH PLW HLQHP KHOOHQ ZHLFKHQ 0|UWHO verbunden sind. Teilweise sind Lagen schräggestellt in der Art des opus spicatum. Vielleicht N|QQWH ]XP JOHLFKHQ *HElXGH GLH QXU REHUÀlFKOLFK IUHLJHOHJWH 0DXHU 0 JHK|UHQ GLH FP PLVVW XQG YRP .ODXVXUQRUGÀ JHO UHFKWwinklig überbaut wurde. Es stellt sich die Frage, ob diese drei Mauern vom Hof eines Adligen VWDPPHQ N|QQWHQ 0HUNZ UGLJ LVW DXFK GHU %Xckelquaderverband im Ostteil des KonventnordÀ JHOV XQWHU GHP 'DFKVWXKO YRQ $EE 114), der an den Obertorturm erinnert (1.228).5 Eine künftige Bauuntersuchung wird zeigen müssen, ob hier ein alter Adelsturm ins Gebäude integriert wurde, wie wir dies etwa von der Kartause Ittingen kennen,6 oder ob die Steine wiederverwendet wurden.
Abb. 814 Safrangasse (1.168). Längsprofil F-F Safrangasse, Blick West (M 1:50), vgl. Abb. 815.
589
M14 Kons ta Schü nzisch e tte
1.115
Forschungsstand Ende 2013:
Platz
2703228
Mitte 11. Jh. nellenburgischer Stadtgraben 12. / 13. Jh. frühstädtisch 1287 Nordflügel Mitte 2. H. 13. Jh. Friedhof/Klostermauern 13. / 14. Jh. Klostergebäude Profil F 1356 Nordflügel Ost 1402 Nordflügel West 1. Hälfte 15. Jh. Kirche und Klosterbauten Profil G
1457 Konventhaus Sickergrube
1511 Gästehaus
3
hinte res gra ues R össli
M8
23
1.062
Sodbrunnen
21
Brandhorizonte Küche
x Kamin
Buckelquader 13
hintere r Stoka rhof
Pflästerung
Fels 1547/49
25
Konventhaus 19
schw edisc her T haler
M10
17
Profil G Rindsf uss hintere r klein er Eng el
Schnitt D
Schnitt E
M9
x 1564 Wasser- M12 becken
1 16
Nordflügel 1287
Säule 1519/20
M11
schwarzer Stier
Bibliothek
Refektorium 8
Nordflügel 1402 (Abgebrochen 1958)
Mönchslatrine?
Freudenfels
x Kreuzgang
Turm
Schnitt D
Schnitt E
10
hinterer roter
nellenburgischer Stadtgraben Mitte 11. Jh.
M5
grosser Winkel
1.068
Weltkugel
Gang
Krummgass e
Gästehaus
5
8
M4
goldener Apfel
Kreuzgarten
M3
Latrinen
Querhaus Guardianshaus? Safran nach 1551
6
1.062 M2
M1
Hof Profil B Chor Lettner
2
Safrangasse
Kreuzgang
5
M7
Schiff
Säule erhalten
10
M6
Stadthaus/ 1729 Freudenquelle
Profil C
Posthörnli 1.067
Profil F
M13
Grube E
16
Grube F
Grube D
Brudergasse
e)
(Stadthausgass
Stadthausgas 2703149
1.163
Portal Rampe Keller-
hals
Sodbrunnen
590
Latrine
Hinterhaus
1386
Eisenring 1.169
hinterer Trauben
1.207
Lager
Tunnelgässchen
Halle
12. Jh. Kernbau
Sporrengasse
1.137
Kerze
Profil A
gelbes Haus
Säule mit Doppelunterzug
s hinteres Gla
1557 Keller
8
1.163
Profil C
cksrad hinteres Glü
Profil 1.163
Marstall
Eckstein
1.207
2
1.062
Friedhof Barfüsser
1.168
Profil A
Barfüsserkirche
N
0 1
5
10 m
I Abb. 815 YY Barfüsserkloster (1.062). Situation des ehemaligen Barfüsserklosters mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:500).
Abb. 816 Y Safrangasse (1.168). Fragmente der frühen Allerheiligenziegel, z.T. mit Engoben aus der Auffüllung des nellenburgischen Stadtgrabens um 1200.
6LFKHU ]XU YRUNO|VWHUOLFKHQ %HVLHGOXQJ JHK|UHQ Brandhorizonte und Bauniveaus in der Safrangasse, die abschnittweise in den Leitungsgräben beobachtet werden konnten (Abb. 814 und 815). (LQH PLW %ROOHQVWHLQHQ JHI OOWH *UXEH N|QQWH DOV Latrine interpretiert werden, nach dem gleichen Befund der Latrine G6/7 im «Rüden» (1.152). Weitere frühe Siedlungshorizonte und Gruben lagen in der Stadthausgasse und werden dort besprochen (1.163).
1 Abb. 817 Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Romanische Mauer M8 (1) unter dem «Hinteren Stokarhof», die 1820 im Peyerplan noch als Hofmauer eingetragen ist.
591
6WUDWLJUD¿H 6DIUDQJDVVH $EE XQG 6FKLFKWDXIEDX $QODJH GHU 6DIUDQJDVVH GXUFK GDV HKHPDOLJH .ORVWHUDUHDO %DXVFKXWW LP %HUHLFK GHU )XQGDPHQWH 0 0 *XDUGLDQVKDXV " )ULHGKRI " $EEUXFK 9RUJlQJHUVLHGOXQJ XQG 1HXEDX %DUI VVHUNORVWHU PLW )ULHGKRIVPDXHUQ 0 0 $EEUXFKP|UWHO %ROOHQ XQG .DONVWHLQH
)XQGQXPPHU 65 65 +=
/DWULQH " 3
.5 D
$XII OOXQJ 6WDGWJUDEHQ
75 75 )=DK ±
HUVWH %HVLHGOXQJ PLW 6WDGWJUDEHQ %UDQGKRUL]RQW %DXQLYHDX DQVWHKHQGHU +XPXV $EE %DUI VVHUNORVWHU 3URILO $±$ 6SRUUHQJDVVH± %DUI VVHUNLUFKH %OLFN :HVW 0 YJO $EE XQG
A1
+ IU KHV -K + -K DE + -K
A2
Stadthausgasse
Sporrengasse
'DWLHUXQJ IU KHV -K (QGH ± + -K
Asphalt OK Pflästerung 398.00
Sandunterlage 1.Pflästerung Stadtbrand 1372 Bauniveau Benutzungshorizont
alter, gemauerter Kanal
397.00
Strassenkoffer
Strassenkoffer Humus 396.00
Kies
Lehm P9
A2
Grube E Latrine?
P30
A3
Freudenquelle / Stadthaus
Hof
Asphalt Asphalt Boden Barfüsserkirche 398.00
oberes Bodenniveau
Betonmauer Boden Kreuzgang
unteres Bodenniveau
Südwand Barfüsserkirche
Planieschichten Barfüsserkirche
397.00
Planie ältere Siedlungshorizonte humös-kiesig
Brand
P31
kiesig 396.00
P32 0
592
1
2
3
4
5m
I Profil B - B 1 : 20
Abb. 819 Barfüsserkloster (1.163). Profil B–B Westmauer Barfüsserkirche, Blick Süd (M 1:50), vgl. Abb. 815 und 822.
OK Asphalt Krummgasse
Planien 399.00
Putz älterer jüngerer Abbruchschutt 1729 398.00
Abbruchmörtel Vorgänger
Abbruchmaterial Vorgänger Bauniveau Vorgänger Humus
Westwand Barfüsserkirche
Tonplattenboden Mörtelunterlage
Humus 397.00
OK Asphalt Stadthausgasse
Stadthausgasse
OK Asphalt
399.00
Strassenkies Boden Barfüsserkirche
Bauniveau Planie
398.00
Südwand Barfüsserkirche Sandstein
Kalkstein
Humus 397.00
P46 Malmschutt Kies
Grube F 12./13. Jh.
P42 0
1
2
3
Unklar ist die Zeitstellung eines Bauwerks, das indirekt im Bereich des westlichen Kirchenschiffs nachzuweisen ist. Unter dem Kirchenboden liegt eine bis zu 30 cm starke Planieschicht DXV $EEUXFKP|UWHO GLH FP DXVVHUKDOE GHU Westfassade endet und direkt auf einem älteren %DXQLYHDX LQ )RUP HLQHV G QQHQ 0|UWHOEDQGHV liegt (Abb. 819). Dieses bedeckt den anstehenden Humus, der leicht mit Holzkohle und kleinen Knochenfragmenten verunreinigt ist und demnach zunächst Gartenareal war. Bauniveau und %DXVFKXWW N|QQWHQ YRQ HLQHP lOWHUHQ URPDnischen Bauwerk stammen, das im ZusammenKDQJ PLW GHQ HUZlKQWHQ YRUNO|VWHUOLFKHQ 0DXHUQ M8 und M9 beim «Schwarzen Stier« zu sehen ZlUH 0|JOLFK LVW DEHU DXFK GDVV GLHVH hEHUUHVWH von der frühgotischen Klosteranlage stammen, von der wir in diesem Bereich noch nichts kennen und die in spätgotischer Zeit für die neue Kirche und Klausur abgebrochen wurde. 7 8
Untermann 2009, S. 153. Vgl. oben, S. 96; Bänteli 2013a, S. 361f.
4
5m
Abb. 820 Barfüsserkloster (1.163). Profil C–C durch Stadthausgasse und Südmauer Barfüsserkirche, Blick West (M 1:50), vgl. Abb. 815 und 824.
Anfänge des Barfüsserklosters Um 1250 gründeten die Barfüsser ihr Kloster mitten im Herz der Stadt und nicht, wie lange angeQRPPHQ DP Q|UGOLFKHQ 5DQG GHU $OWVWDGW 'LH oben ausgeführten Hinweise zeigen, dass ein innerstädtisches Wohngebiet dem Klosterneubau geopfert wurde, wie dies auch andernorts zu beobachten ist.7 Es scheint kein Zufall, dass die Stadterweiterung um die äussere Vorstadt zur gleichen Zeit entstand, um Ersatz für dieses aufJHO|VWH 6WDGWTXDUWLHU ]X VFKDIIHQ 8 Die vermutlich in spätgotischer Zeit erneuerte Barfüsserkirche schmiegte sich längsseitig an die Brudergasse an (Abb. 815). Sie wurde nach der Reformation in drei Etappen abgebrochen: 1543 der Chor für den Neubau des «Eckstein», 1729 der westliche Teil für den Neubau der «Freudenquelle». Letzteres Bürgerhaus wurde 1839 zum heutigen Stadthaus, was zur Umbenennung der Brudergasse in Stadthausgasse führte. Zuletzt niedergelegt wurde 1837 der Mittelteil der Kirche, heute Hof und Parkplatz des Stadthauses. 593
Erste Ausgrabungsergebnisse zur spätgotischen Kirche Bei den Werkleitungserneuerungen in der Stadthausgasse (1.163) wurden die Fundamente der Kirchenschiffsüdwand auf 49 m Länge punktuell untersucht. Die Mauerstärken sind übers ganze Schiff uneinheitlich (Abb. 815, 818–820 und 'LH 6 GZDQG PLVVW |VWOLFK GHV 6WDGWKDXVHV im Fundament 1,30 m und verjüngt sich im Aufgehenden durch einen inneren Absatz auf 1,05 m. Westlich des Stadthauses ist das Fundament 1,40 m stark und verjüngt sich durch einen äusseren Absatz auf 1,15 m. Die Nordmauer verjüngt sich durch einen inneren Fundamentabsatz von 1,58 m auf 1,40 m, im Gegensatz zur auffallend massiven Westmauer, welche die Breite von 1,58 m durchgehend beibehält, aber auch nur 0,8 m tief fundamentiert ist (Abb. 819 und 821). Zudem springt das Fundament bei der Nordwestecke 1,60 m gegen Norden vor, d.h. die Westfassade hat hier einen mauerbündigen Stützpfeiler besessen. Das anzunehmende südwestliche Pendant ist nicht mehr vorhanden, weil es durch eiQHQ 6FKDFKW ]HUVW|UW ZXUGH +LQJHJHQ YHUOlXIW gegen Westen eine 1,3 m starke Mauer M13 weiter, die einen leicht anderen Mauercharakter zeigt und mit Holziegeln durchsetzt ist. Für eine Hofmauer erscheint sie aber überdimensioniert und übernahm deshalb, vielleicht in einer späteren Bauphase, ebenfalls diese Stützfunktion. Trotz all diesen masslichen Differenzen zeigen 6WHLQPDWHULDO XQG 0|UWHO NHLQH DXIIlOOLJHQ 8Qterschiede. Unüblich für spätgotisches Mauer-
werk erscheint die Verwendung von eher kleinteiligem Kalksteinmaterial mit einem verhältnismässig hohen Bollensteinanteil, vor allem in der Nordwestecke des Kirchenschiffs. Zum einen dürfte dies auf die Wiederverwendung von Steinen aus den abgebrochenen, frühgotischen Vorgängerbauten des Klosters zurückzuführen sein, zum andern kann es eine Folge der bei den Barfüssern üblichen Baumaterialspenden sein. So ¿QGHQ VLFK DXFK LQ GHQ 6WDGWUHFKQXQJHQ =XZHQdungen der Stadt an die Barfüsser in Form von Holz, Steinen, Ziegeln und Glas.9 Auch zum Kircheninnenraum gibt es erste BeobDFKWXQJHQ 'LH FP XQWHU GHP 6WUDVVHQSÀDVWHU liegende Westmauer der Kirche ist im Aufgehenden noch bis zu 1 m hoch erhalten und besitzt ]XP 7HLO HLQHQ 3XW] PLW UDXHU 2EHUÀlFKH $EE 819 und 822). Ob dies nur der Grundputz ist, blieb unklar. Jedenfalls liess sich zum Teil ein zweiter, geglätteter Putz beobachten, der mit Hohlziegeln durchsetzt ist und mit einem Tonplattenboden mit 0|UWHOXQWHUODJH DXI HWZD P 0 UHFKnet, dessen Reste heute 1,2 m unter der Strasse OLHJHQ ,P ]ZHLWHQ 3UR¿O KLHU LP :HVWDEVFKQLWW besteht der Boden hingegen aus je einer roten Sandstein- und einer Kalksteinplatte (Abb. 820 und 824). Sind die Tonplatten demnach Bodenreparaturen des alten Steinbodens, wie im Schaffhauser Münster beobachtet?10 Allerdings sind von den Tonplatten meist nur noch die Negative von [ FP LP 8QWHUODJVP|UWHO HUKDOWHQ HLQ NODrer Hinweis, dass sie vor dem Abbruch von 1729 ausgebaut wurden, um an anderer Stelle wieder-
Abb. 821 Z Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Mauerwerk der 1,58 m breiten und nur 0,8 m tief fundierten Westwand der Barfüsserkirche von aussen mit Blick gegen das Stadthaus.
2
Abb. 822 ZZ Barfüsserkloster, Stadthausgasse (1.163). Die Westmauer der Barfüsserkirche (1) ist im Aufgehenden noch 1 m hoch erhalten. Sie zeigt innenseitig zwei Verputze übereinander (2) und Reste des TonplattenboGHQV DXI 0|UWHOXQWHUODJH (3).
594
3
1
I verwendet zu werden. Östlich des Stadthauses sind die Bodenniveaus nicht mehr erhalten. Der Boden des Kirchenschiffs fällt mit dem heutigen Hofniveau zusammen (Abb. 330 und 818), wähUHQG GHU VLFKHU GXUFK 6WXIHQ ]XVlW]OLFK HUK|KWH Chorboden im Bereich des «Eckstein» durchaus um etwa 1,5 m über dem heutigen bzw. ursprünglich 2–2,5 m über dem ursprünglichen Terrain lag. Der Chor lässt sich über den heutigen Keller rekonstruieren, der asymmetrisch unter dem Haus «Zum Eckstein» liegt, aber zur Längsachse der Kirche passt (Abb. 815). Im oberen Teil der Kellerwand stecken offenbar die Chorfundamente, die durch die Kellermauern unterfangen wurden. Ein identischer Befund war bei der Annakapelle auf dem Herrenacker anzutreffen (1.113). Demnach war es ein bettelordenstypischer Langchor von etwa 19 m Länge bei 11 m Breite, eingerichtet für viele Altarstellen, die durch das Lesen von Seelmessen entsprechende Einnahmen brachten. 2E GHU &KRU GHQ VHKU KlX¿JHQ SRO\JRQDOHQ RGHU den selteneren geraden Chorschluss wie etwa Konstanz und Zürich besass, ist nicht klar.11 Mentzinger zeichnet 1644 einen geraden Chorschluss, den er aber bereits rekonstruiert, weil damals der Chor schon abgebrochen war. Die Rekonstruktionen des 19. Jahrhunderts helfen auch nicht weiter. Harder rekonstruierte den Chor nach der Kirche St. Johann, das Schiff geriet dabei zu kurz und besitzt folglich ein Pfeilerpaar zu wenig. Auch die Klausurgebäude zeigen viele Unstimmigkeiten in den Zeichnungen Harders.
schulter Fundamente freigelegt.13 Ihr Zusammenhang mit dem Gang und einem langschmalen Bauwerk (Latrinen und Holzschuppen?), die der Peyerplan 1820 zeigt, ist unklar. Hingegen hat Peyer auf seinem Plan noch den erhaltenen Mittelteil der Kirche dokumentiert. Rekonstruktion der Barfüsserkirche im 15. Jahrhundert Die ermittelte Gesamtlänge der Kirche betrug etwa 67 m bei einer Schiffbreite von 22 m. Damit war sie in ihrem jüngsten Baustadium ganze 10 m länger als die 1472 erweiterte, damals noch GUHLVFKLI¿JH 6WDGWNLUFKH 6W -RKDQQ 9 GLH HLQH ZHQLJ JU|VVHUH %UHLWH YRQ P EHVDVV 14 Von den beiden Eingangsportalen, die Mentzinger 1644 gegen die Stadthausgasse darstellt, kamen keine Reste zum Vorschein. Hingegen kann das mittelalterliche Niveau der Stadthausgasse rekonstruAbb. 823 Barfüsserkloster, Stadthausgasse (1.163). Die Südmauer der Barfüsserkirche läuft über die Südostecke des Schiffs hinaus und weiter gegen Osten unter den «Eckstein».
Es gibt Anzeichen für Seitenkapellen, wie sie ebenfalls typisch sind bei Bettelordenskirchen.12 Auf der Südseite läuft die Schiffsüdwand über die Südostecke des Schiffes hinaus nach Osten (Abb. 815 und 823). Zusammen mit Mauerresten vor der jetzigen Hausfassade des «Eckstein», die P|JOLFKHUZHLVH DOV $OWDUIXQGDPHQWH DQJHVSURFKHQ ZHUGHQ N|QQHQ GHXWHW GLHV DXI HLQH 6HLWHQkapelle hin. Das auf den Mauern liegende TrasVHH GHU (OHNWUROHLWXQJHQ HUP|JOLFKWH QXU VHKU eingeschränkte Beobachtungen. Auf der Nordseite wurden 1935, beim Anbau eines äusseren Treppenhauses an den «Eckstein», in der Chor9
10 11 12 13 14
StadtASH A II.05.01.011/166 1411–1412: III lb den Barfuossen umb holtz; A II.05.01.032/108 1425: III lb verbuwen und den Barfüessen umb ziegel und stain; A II.05.01.035/071 1427–1428: IIII ß den Brafuosen [sic!] von I schiben. Bänteli 1999a, S. 93–94. Untermann 2009, S. 60f., S. 103f.; Wild 1999, S. 190; Schmidt/Weihs 2001. Untermann 2009, S. 60f., S. 103f.; Wild 1999, S. 200– 203. Aufnahmeplan Keller u. Lehmann Architekten, Aug. 1935, KASH. Bänteli 1990, S. S. 63–67.
Abb. 824 Barfüsserkloster, Stadthausgasse (1.163). Südmauer der Barfüsserkirche (1) westlich des Stadthauses mit Bodenplatte aus rotem Sandstein (2), vgl. Abb. 820.
2 1 595
iert werden. Das Gefälle der Gasse betrug im Mittelalter auf der ganzen Kirchenlänge fast 3 m. Heute sind es nur noch 2 m (Abb. 330).
Abb. 825 V Barfüsserkloster, «Goldener Apfel», (1.062). Westflügel des spätgotischen Kreuzgangs von aussen, Aufnahme von 1906, vgl. Abb. 223. Abb. 826 VV Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Nordflügel des spätgotischen Kreuzgangs im Hof, Aufnahme von 1914.
Vom Aufgehenden der Kirche blieb mindestens eine Säule in der Ostwand des heutigen Stadthauses erhalten. Diese diente bis zum Abbruch des Mittelteils der Kirche als Brandmauer (Abb. 815 und 222). Der achteckige Säulenschaft ist 4,98 m hoch erhalten, der obere Teil des heute QRFK NOHLQÀlFKLJ VLFKWEDUHQ 6RFNHOV PLVVW FP Seine durch Harder bildlich überlieferte Basis legte man nicht ganz frei. Auf Grund des ergraEHQHQ .LUFKHQERGHQV EHWUXJ GLH +|KH GHU 6lXlenbasis etwa 90 cm. Eine zweite, auf der gleichen Flucht liegende Säule steckt wahrscheinlich in der Nordostecke der «Freudenquelle», deren Hausgrundriss nahelegt, dass vermutlich Teile der Kirchenschiffnordmauer im anstossenden NordÀ JHO VWHFNHQ
6R NDQQ HLQ GUHLVFKLI¿JHV GXUFK 3IHLOHUSDDUH gegliedertes Kirchenschiff rekonstruiert werden, das im Osten an einem Lettner mit drei spitzbogigen Arkaden endete, der bildlich aus der Abbruchzeit im Jahr 1837 überliefert ist. Zudem haben Beck und Harder unter anderem dreigeteilte Masswerkfenster im Kirchenschiff und Oculi im Obergaden dokumentiert (Abb. 220), wie sie schon Mentzingers Stadtansicht von 1644 in kleinerem Massstab zeigt. Die Bildquellen sprechen nicht gegen eine Datierung des Langhauses um 1400 oder in die erste Hälfte des 15. Jahrhunderts. Um 1450 wird die Stiftung von Glasfenstern durch Conrad Cron erwähnt, und aus der gleichen Zeit stammt eine ebenfalls bildlich überlieferte 0DULHQNU|QXQJ DQ GHU 1RUGZDQG GLH YLHOOHLFKW im Zusammenhang steht mit dem 1445/46 von Heinrich von Mandach gestifteten Marienaltar, an dem er auch begraben werden wollte.15 Von den zu vermutenden Innenbestattungen ist bislang ein einziges Skelett bekannt, das 1921 bei Grabarbeiten unterhalb des Stadthauses im ehemaligen Kirchenschiff geborgen wurde.16 Kreuzgang 9RP .UHX]JDQJ EOLHE HWZDV PHKU DOV GLH Q|UGOLFKH +lOIWH HUKDOWHQ $EE 7HLOH GHV 2VWÀ gels schlummern unter verputztem Mauerwerk, ZlKUHQG YRP 1RUGÀ JHO KHXWH QRFK I QI IDVW halbrunde, gekehlte Kreuzgangfenster die ehePDOLJH %HVWLPPXQJ YHUUDWHQ ,KUH SUR¿OLHUWHQ Gewände bestehen aus graugrünem Sandstein; GLH ¿OLJUDQHQ 0DVVZHUNH IHKOHQ VLQG DEHU HEHQfalls auf Zeichnungen von Beck und Harder überliefert. Etwa in der Mitte der Nordseite ist eine ins Gewände eingemeisselte Sonnenuhr sichtbar (Abb. 826).17 'HU :HVWÀ JHO GHV .UHX]JDQJV LP +LQWHUKDXV des «Goldenen Apfel» an der Krummgasse zeigt eine etwas andere Handschrift. Auf einer durchlaufenden Bank sind die Gewände von fünf Spitzbogenfenstern erhalten, deren Gewände Hohlkehlen aufweisen. Die beiden südlichsten Fenster sind zugemauert (Abb. 825 und 223). Ansätze von *HZ|OEHULSSHQ DQ EHLGHQ :lQGHQ PDFKHQ GHXWOLFK GDVV GLHVHU .UHX]JDQJÀ JHO EHUZ|OEW ZDU Steinmetzzeichen an den Fenstergewänden und an den Resten der Kreuzrippen entsprechen teilweise jenen der 1515–17 entstandenen äusseren Seitenschiffe der Stadtkirche Sankt Johann.18 Dies passt ausgezeichnet zusammen mit dem 1511 datierten Dachstuhl des «Goldenen Apfel», so dass davon auszugehen ist, dass hier damals GHU JHVDPWH :HVWÀ JHO HUQHXHUW ZXUGH Bemerkenswerterweise liegen heute die Bodenniveaus im ehemaligen Kreuzgang auf der Ost-, Nord- und Westseite im Bereich von 397.20– 397.30 m ü. M., d.h. 60–70 cm unter dem ehema-
596
I ligen Kirchenboden (Abb. 330 und 818). Hängt dieser markante Unterschied mit einer spätgotischen Terrainabsenkung zusammen? Ist es die Folge der Anpassung des neu zweigeschossig gebauten, spätgotischen Kreuzgangs an die bestehenden mittelalterlichen Klausurgebäude? Nur auf der Kirchenseite scheint der Gang eingeschossig geblieben zu sein, wie die bildlich von Beck XQG +DUGHU EHUOLHIHUWHQ %U VWXQJVK|KHQ GHU Kirchenfenster zeigen. .ODXVXURVWÀ JHO PLW *XDUGLDQVKDXV Safrangasse 3–7 Die alte Dachlinie des mittelalterlichen SattelGDFKV LP 'DFKVWXKO GHV 1RUGÀ JHOV $EE macht deutlich, dass das Dach in spätgotischer =HLW PLW GHP 1HXEDX GHV .ODXVXU RVWÀ JHOV HUK|KW ZXUGH XQWHU %HLEHKDOWXQJ GHV DOWHQ )LUVWHV 7HLOH GLHVHV .ODXVXUÀ JHOV PLW HLQHU 9HUELQdungstüre zum Kreuzgang stecken noch in den Häusern «Grosser Winkel» und «Weltkugel». Er dürfte das erste Dormitorium, die Schlafräume GHU 0|QFKH EHKHUEHUJW KDEHQ ZRUDXI DXFK GLH XQWHQ GDUJHOHJWH /DJH GHU 0|QFKVODWULQH KLQGHXtet. In der Safrangasse kamen die wegen der Abplanierungen nur noch in ihren untersten Lagen erKDOWHQHQ )XQGDPHQWH ZHLWHUHU ]XJHK|ULJHU %DXten zum Vorschein (Abb. 814 und 815). Eine bis zu 30 cm starke Bauschuttplanie zwischen den 0DXHUQ 6WHLQH $EEUXFKP|UWHO XQG WHLOZHLVH +RKO]LHJHO VLQG 5HVWH HLQHU YRUNO|VWHUOLFKHQ RGHU klosterzeitlichen Vorgängerbebauung. Zwei mit 1,18 m auffallend breite Fundamente M2 und M3, von denen nur noch der unterste halbe Meter beobachtet werden konnte, stammen von einem an GHQ .ODXVXURVWÀ JHO DQJHEDXWHQ 4XHUKDXV (Abb. 827). Seine Ostbegrenzung fällt mit der westlichen Mauer des Klosterfriedhofs M7 zusammen, von der an dieser Stelle nur noch die ausgeräumte Mauergrube vorhanden war. Das kleinteilige lagenhafte Kalkbruchsteinmauerwerk kann im 13./14. Jahrhundert entstanden sein. Erhalten ist einzig ein Teil der Nordwand GHV 4XHUKDXVHV LQ GHU MHW]LJHQ 6 GZDQG GHU «Weltkugel». Das ergrabene Gebäude besass eine Länge von 15 m. Seine Breite von gut 9 m entVSULFKW MHQHU GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV 'LH 1lKH 15
16 18 19
Baumann 1888, S. 509: Jarzit Cuonratz Kron unsers guoten frundes, das er uns wol zoegt hett mit dem guoten kostlichen glas, dz driwalt in der kilchen; Frauenfelder 1951, S. 171, Anm. 2 datiert auf ca. 1450; STASH UR 1/2167 und Baumann 1888, S. 510. Depot KASH. $XIQDKPHQ GHU %|JHQ XQG GHU 6RQQHQXKU GXUFK GHQ Kulturgüterschutz im Archiv KASH. Bänteli 1990, S. 74. Untermann 2009, S. 154.
1
1
zum unten vorgestellten Friedhof der Barfüsser, GHU DXFK |IIHQWOLFK JHQXW]W ZXUGH I KUW ]XU )UDJH RE GLHVHV 4XHUKDXV QLFKW HKHU DOV *XDUGLDQVKDXV anzusprechen ist, als Haus des Klostervorstehers, das bislang in der Literatur, noch in Unkenntnis dieses Grabungsbefundes, jeweils mit dem Ostteil des «Schwarzen Stier» gleichgesetzt wird.
Abb. 827 UU Barfüsserkloster, Safrangasse (1.168). Reste der Nordmauer M3 (1) des an den Klausurostflügel anJHEDXWHQ 4XHUKDXVHV P|JOLFKHUZHLVH GDV +DXV des Guardians.
=ZLVFKHQ GHP .ODXVXUQRUGÀ JHO XQG GHP 4XHUKDXV 0 0 YHUOlXIW DXI GHU 2VWÀXFKW GHV 1RUGÀ JHOV HLQH ZHQLJ IXQGDPHQWLHUWH QXU FP breite Mauer M5, die einen kleinen Innenhof abWUHQQW 6 GVHLWLJ LVW GHP 4XHUKDXV 0 0 GLH Mauer M1 vorgelagert, die noch 95 cm breit und von ähnlicher Machart ist (Abb. 828). Sie bildet einen 3 m breiten Gang, der als Seitenast vom ebenso breiten Kreuzgang abzweigt. Ein zweiter Kreuzgang, der jeweils der Öffentlichkeit für Versammlungen und Begräbnisse zugänglich war, ist typisch für die Bettelorden.19 Ein Skelett und vielOHLFKW HLQH ZHLWHUH *UDEJUXEH GLH 0 VW|UW NDPHQ ]ZLVFKHQ GLHVHQ 4XHUKDXVPDXHUQ ]XP 9RUschein (Abb. 814 und 815). Die Lage erstaunt nicht: Sie liegen am privilegiertesten Ort des Klosters, in der Nähe des Hochaltars der Kirche, DQ GHU 6WHOOH ZR DXFK LQ GHQ .O|VWHUQ 6W $JQHV (1.079) und Allerheiligen Gräber anzutreffen
Abb. 828 U Barfüsserkloster, Safrangasse (1.168). Die Reste der wenig fundierten Mauer M1 (1) stammen von einem zweiten Kreuzgang vor dem an den Klausurostflügel angeEDXWHQ 4XHUIO JHO
597
sind.20 9LHOOHLFKW ZXUGH GDV 4XHUKDXV LP =XVDPmenhang mit den spätgotischen Neubauten abgeEURFKHQ XQG GHU 0|QFKVIULHGKRI DQ GLHVH 6WHOOH erweitert.
2
Nach der Reformation wurde 1547 die Safrangasse angelegt, und in kurzer Zeit entstanden die heute noch bemerkenswerten Patrizierhäuser an ihrer Ostseite.21 Klosterseitig wurde nach den notwendigen Abbrüchen das viergeschossige Vorderhaus «Weltkugel» erbaut, mit seiner einheitlich erhaltenen Befensterung ebenfalls aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts; südlich angebaut war der 1862 abgebrochene «Strohhof».
1
Abb. 829 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Dachstuhl Blick gegen Süden. Das unverputzte Mauerwerk markiert das Dach des mittelalterlichen Klosterostflügels (1), das in spätgotischer Zeit mit dem Bau des neuen Klausurflügels HUK|KW ZXUGH Abb. 830 Barfüsserkloster «Schwar]HU 6WLHUª 4XHUschnitt D–D, Dachstuhl mit Bauphasen, Blick West (M 1:200), Lage vgl. Abb. 815. Abb. 831 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Dachstuhl von 1356. Die Sparrendreiecke mit Hahnen- und Kehlbalken ohne längsDXVVWHLIHQGH +|O]HU ZHUden nur über die Dachlatten zusammengehalten, vgl. Abb. 150.
1287 1356 1402 1597 Spendam Spendamtsschütte
1287 1356 1402 1597
0
1
2
3 Barf Schn
Deckenbalken 1287 gegen Westen
Platz
0
1
2
3
4
5m
«Schwarzer Stier», Platz 1 und Krummgasse 16 'HU ]ZHLJHVFKRVVLJH .ODXVXUQRUGÀ JHO LVW LQ KHUDXVUDJHQGHU 4XDOLWlW DXV GHU .ORVWHU]HLW HU halten, abgesehen vom 1958 abgebrochenen Westende, dem Haus Krummgasse 12. Durch die Untersuchung seines Dachstuhls, verbunden mit den dendrochronologischen Datierungsergebnissen, lässt sich eine erste Baugeschichte skizzieren (Abb. 815, 829–834, 114, 150 und 151). Zur DQIlQJOLFKHQ )XQNWLRQ GHV %DXN|USHUV VLQG LQ GHU QRFK Y|OOLJ XQEHNDQQWHQ .ORVWHUDQODJH GLHVHU =HLW QRFK NHLQH $XVVDJHQ P|JOLFK 'UHL LQV -DKU 1287 datierte Deckenbalken über dem ObergeVFKRVV JHK|UHQ ]X HLQHP ]HQWUDOHQ %DXN|USHU YRQ 9 m Breite, der bis zur heutigen Binnenwand eine Länge von 10 m besitzt, vielleicht weiter nach Westen ausgriff und bislang der älteste erhaltene Teil der Klosteranlage ist. 1356 erweiterte man diesen Bau um 9 m nach Osten. Aussen sichtbares Zeichen dieser Baumassnahme ist der Buckelquaderverband aus rotem Sandstein an beiden Ecken der Safrangasse. Weshalb hier eine solch bemerkenswerte Auszeichnung des Gebäudes gewählt wurde, wie sie sonst die Adelsbauten aufweisen, ist noch unklar. Oder wurde hier ein älterer Adelsturm integriert?22 'LHVH %DXSKDVH LVW GH¿QLHUW durch den Dachstuhl in diesem Abschnitt. Seine Sparrendreiecke mit Hahnen- und Kehlbalken beVLW]HQ NHLQH OlQJVDXVVWHLIHQGHQ +|O]HU 6LH ZHUden nur über die Dachlatten zusammengehalten und besitzen eine Dachneigung von 51° (Abb. 830, 831 und 150). Vermutlich wurde das Gebäude im Jahr 1402 um 30 m nach Westen erweitert und erreichte damit HLQH *HVDPWOlQJH YRQ P $XFK GHU *HZ|OEHkeller unter dem ältesten Gebäudeteil wurde zu dieser Zeit neu erschlossen oder überhaupt erst angelegt, wie die Datierung zweier Balken im Kellerhals(?) unter dem Konventhaus zeigt. Ausgezeichnet erhalten ist der Dachstuhl aus dieser Zeit, der auch das Dach über dem ältesten Bauabschnitt von 1287 ersetzte. Er übernimmt die Dachform von 1356, hat nun aber einen Stuhl mit
598
I Dendrodatierung 1.062 Platz 1, Krummgasse 16 «Schwarzer Stier»23 Bauphase
Ort
Neubau Mitte 1287
1. OG Deckenbalken
Osterweiterung 1356
Dachstuhl Ost
neuer Dachstuhl Mitte und West 1402 mit Erweiterung gegen Westen
EG Deckenbalken West Dachstuhl Mitte Dachstuhl West
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 20–22 1286/87 WK, 2 x 1287 WK
Fichte
11–15 16
Fichte Weisstanne
1, 2, 4, 5 3, 6 31–35
36 Umbau Ostabschnitt in Halle 1. OG Stütze und Unterzug, 41, 43 mit liegendem Dachstuhl 42, 44 für Spendamtsschütte 1597 Dachgeschoss Stuhlstreben
Detail
Konventhaus
Bretterboden
Bretterboden Spendamtsschütte Mörtelüberzug als Feuerschutz
Stütze, Stuhlrähm und aussteifenden Kopf- und Steigbändern (Abb. 832–834 und 151). Aus dem Sparrendach ist ein Rofendach geworden.24 BePHUNHQVZHUWHUZHLVH OLHJW DXI GHP K|O]HUQHQ %UHWWHUERGHQ HLQ LQ 7HLOHQ HUKDOWHQHU 0|UWHO EHUzug als Feuerschutz, wie er verschiedentlich auch bei spätgotischen Bohlenstuben nachgewiesen ist.25 'LHVHU 'DFKVWXKO JHK|UW ]XVDPPHQ PLW GHnen des «Lindenbaum» und des «Bären», zu den ältesten erhaltenen Dächern der Stadt (1.129 und 1.253).26 Von seiner Deckung blieben zudem originale Hohl- und Firstziegel im Dachstuhl erhalten.27
20 21 22 23 24 25 26 27
Fichte Weisstanne Fichte Weisstanne Eiche Fichte
Abb. 832 Y Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Dachstuhl von 1402. Er übernimmt die Dachform von 1356, besitzt nun aber einen Stuhl, zu dem der Ständer mit Stuhlrähm und aussteifenGHQ .RSIElQGHUQ JHK|UW vgl. Abb. 151.
1402
1597
4 x 1355 WK, 1355/56 WK 1354/55 WK noch nicht gemessen 1400 WK, 1401/02 WK, 2 x 1402 WK 1401/02 WK, 1402 WK 1399/1400 WK, 1400/01 WK, 2 x 1401/02 WK, 1402 WK 1402 WK 2 x 1597 WK (35, 39) 2 x 1597 WK noch nicht gemessen
Holzart
Abb. 833 YY Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» 4XHUVFKQLWW (±( Dachstuhl von 1402, Blick West (M 1:200, Detail 1:50), Lage vgl. Abb. 815. Abb. 834 V Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Der Dachstuhl von 1402 übernimmt die Dachform des Ostabschnitts von 1356, vgl. Abb. 831 und 150.
Bänteli 1999a, S. 73. Vgl. oben, S. 193f. Vgl. oben, S. 96. LRD 96/R4175T. Zum Begriff oben, S. 114. Vgl. oben, S. 167. Vgl. oben, S. 113. Depot KASH.
599
Abb. 835 Barfüsserkloster, «Schwarzer Stier» (1.062). Im Erdgeschoss findet sich innen in der Nordfassade von 1402 eine Stütze aus drei gebündelten Säulchen mit kanneliertem, gedrehtem 6FKDIW 6LH JHK|UW ]XP Bibliotheksumbau von 1519/20.
=X HLQHP 8PEDX JHK|UW VFKOLHVVOLFK GDV 'RSSHOfenster mit Stichbogen im Erdgeschoss des «Schwarzen Stier» an der Krummgasse. Aussen sind noch die Seitenpfosten mit Hohlkehlen und einseitigem Auslauf und die Bank erhalten. Das Mauerwerk von 1402 ist an dieser Stelle im SoFNHOEHUHLFK JHÀLFNW ,QQHQ JHK|UW GLH PLWWLJH Stütze aus drei gebündelten Säulchen mit kanneliertem, gedrehtem Schaft dazu, die als markantester bauplastischer Rest des Barfüsserklosters verschiedentlich zeichnerisch dokumentiert wurde (Abb. 835).28 Ihre frührenaissancezeitliche 'DWLHUXQJ SDVVW DXVJH]HLFKQHW ]X HLQHP 4XHOOHQbeleg von 1519/20, nach dem Guardian Rudolf Schilling von Luzern vom Rat 5 Gulden an ein Fenster in die libery erhalten hat, wodurch dieser Raum wohl als Bibliothek angesprochen werden kann.29 ,Q GHQ 4XHOOHQ ZLUG GDV 5HIHNWRULXP GHV .ORVWHUV erstmals 1305 als bruoder revender ze Schafhusen genannt. Es lag nach dem Nekrologium der %DUI VVHU LP 6SlWPLWWHODOWHU EHU GHP JHZ|OEWHQ Keller.30 Grundsätzlich stammen heute noch vier *HZ|OEHNHOOHU DXV GHU .ORVWHU]HLW =ZHL OLHJHQ EHLGVHLWV GHV .HOOHUKDOVHV LP |VWOLFKHQ $EVFKQLWW GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV =ZHL ZHLWHUH VFKOLHVVHQ sich daran an und liegen unter dem KlausurostÀ JHO 0LW GHP %DX HLQHV GLHVHU .HOOHU ZXUGH 1479 begonnen.31 Die unten dargelegte Nähe der . FKH LP .RQYHQWKDXV N|QQWH I U GLH /DJH GHV VSlWPLWWHODOWHUOLFKHQ 5HIHNWRULXPV DP |VWOLFKHQ .RSI GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV EHU GHP JU|VVWHQ *HZ|OEHNHOOHU VSUHFKHQ 'LHVH 'HXWXQJ ZLUG durch den merkwürdigen toten Raum im kleineUHQ *HZ|OEHNHOOHU ZHVWOLFK GHV .HOOHUKDOVHV XQterstützt, unter der Südwestecke dieses postulierten Refektoriums (Abb. 815). Mit seinen Massen von 4,8 x 1,5 m erinnert er frappant an
GLH 0|QFKVODWULQH YRQ $OOHUKHLOLJHQ 32 Weitere Untersuchungen des «Schwarzen Stier» werden zeigen, ob auch weitere Räume, vor allem auch jene des Obergeschosses, ihre klosterzeitlichen Funktionen preisgeben. Nach der Reformation wurde im Ostabschnitt der stehende Dachstuhl von 1402 in einen liegenden 6WXKO XPJHEDXW XP GHQ 'DFKUDXP RKQH VW|UHQGH 6W W]HQ I U GLH 6SHQGDPWVVFK WWH QXW]HQ ]X N|Qnen (Abb. 830).33 Diese Veränderung des statischen Gefüges führte aber dazu, dass die Stuhlstreben die Nordmauer nach aussen drückten. Zu GLHVHU 8PJHVWDOWXQJ JHK|UHQ DXFK GLH QLFKW PHKU LP 2ULJLQDO HUKDOWHQHQ $XI]XJVW UHQ LQ GHU |VWOLFKHQ *LHEHOZDQG GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV DQ GHU Safrangasse mit den einfachen Fenstern mit Kalksteingewänden sowie der Halle im 1. ObergeVFKRVV 'HUHQ NUlIWLJH 6W W]HQ PLW 6DWWHOK|O]HUQ und Längsunterzug datieren ins Jahr 1597, als der «Schwarze Stier» in ein Lagergebäude umgenutzt wurde. Nova domus, Mönchshaus von 1457, Platz 3 Konventhaus Die vollständige Restaurierung dieses Gebäudes hat deutlich gemacht, dass das Konventhaus 1457 DOV ]ZHLJHVFKRVVLJHU 1HXEDX DQ GHQ 1RUGÀ JHO des Barfüsserklosters angebaut wurde. Es stand im Klostergarten auf einer bislang unbebauten Fläche (Abb. 815). Der Neubau geht auf eine Stiftung des 1454 verstorbenen Dr. theol. Johann Ammann zurück. Ob er Guardian der Barfüsser war, ist unsicher. Mit der Stiftung wurde ein vestibulum et stupa ac nova domus ¿QDQ]LHUW 34 Letzteres bezeichnet offensichtlich das so genannte Konventhaus, das als neues Dormitorium mit .DPPHUQ I U VHFKV 0|QFKH GLHQWH
Dendrodatierung 1.062 Platz 3, Konventhaus35 Bauphase
Ort
Umbau 1401/02: Kellerhals zum «Schwarzen Stier»? wiederverwendet 1457 Neubau Konventhaus 1457
Deckenbalken Keller, Vorraum
Umbau nach 1508 Umbau nach 1716 600
Keller, Türsturz
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 111, 112 2 x 1400/01 WK (15, 21) Eiche
101
Deckenbalken EG 123, 141, 142 Wechselbalken, 121, 125, Deckenbalken EG 143–146 Deckenbalken 1. 151, 152, OG 154 Deckenbalken, 153, 155, Unterzug 1. OG 156 Treppe EG 120 Unterzug EG 131
1240
Eiche
1451, 2 x 1456/57 WK
Fichte
1432, 1455, 4 x 1456/57 WK
Weisstanne Fichte
3 x 1456/57 WK 1454, 2 x 1456/57 WK 1508 (10) 1716
Weisstanne Eiche Fichte
I =XP RULJLQDOHQ %DXEHVWDQG JHK|UW GHU NOHLQH Keller mit einem Vorraum, der aber nur die SüdRVWHFNH GHU *HElXGHÀlFKH HLQQLPPW 'DV (UGgeschoss wird durch eine massive, mittige Wand LQ ]ZHL 5lXPH JHWHLOW 1XU GHU Q|UGOLFKH 5DXP besitzt rauchgeschwärzte Deckenbalken. Nahe seiner Südostecke markieren stark gefaste Balken eine Öffnung von 1,5 x 1,85 m, die von der ehemaligen Rauchschürze des offenen Kamins stammt. Offenbar lag hier eine grosse Herdstelle, wahrscheinlich die gross kuchi zun parfüssen, die 1536, nach der Reformation, dem Fabian Meister zu sinem saiffengwerb gegeben wurde.36 In der Nordostecke und aussen etwas über die Fassade vorspringend liegt eine gemauerte, runde, EHUZ|OEWH 6LFNHUJUXEH YRQ P 'XUFKPHVVHU Sie wurde beim Bau der Abfallcontainer seitlich angeschnitten und dürfte ebenfalls zum OriginalEHVWDQG JHK|UHQ /HLGHU ZXUGH VLH QDFK LKUHU $XVserbetriebnahme geleert und mit sterilem hellgelbem Malmschutt aufgefüllt (Abb. 836).37 Im 1. Obergeschoss wurde die Gliederung der Innenräume in Fachwerk ausgeführt. Beidseits eines Mittelgangs waren je drei Räume angeordQHW 'D]X JHK|UHQ LQ GHU :HVW XQG 2VWIDVVDGH MH drei gleichartige Fenster aus graugrünem Sandstein. Ihre Gewände haben einen Ladenfalz und eine Hohlkehle mit einseitig abgeschrägtem Auslauf, bislang der einzige dendrochronologisch daWLHUWH 9HUWUHWHU GLHVHV )HQVWHUSUR¿OV GDV VLFK DXFK DQ DQGHUHQ 2UWHQ LQ GHU 6WDGW ¿QGHW 38 Nur das )HQVWHU LQ GHU V G|VWOLFKHQ .DPPHU LVW JHVWDIIHOW 28 29 30
31 32 33 34 35 36 37
38 39 40
41
Rahn 1889, S. 220; Frauenfelder 1951, S. 174f. und Abb. 222. Bruckner-Herbstreit 1956, S. 73. STASH UR 1/311; Rüeger 1884, S. 317, Anm. 6; Baumann 1888, S. 503, Anm. 11: ist abgeloest und komen an den kerr under dem reffentail der gewelpt ist. Frauenfelder 1951, S. 169 und S. 174 nach STASH UR 1/3103. Bänteli 1999, S. 36, S. 44. Rüeger 1884, S. 317, Anm. 8; Frauenfelder 1951, S. 174. Frauenfelder 1978, bes. S. 245f.; Baumann 1888, S. 511; Rüeger 1884, S. 1140, zu S. 635. LRD 98/R4175A. Wipf 1929, S. 312f. Daran anschliessend aussen eine weitere, verschieGHQWOLFK XPJHEDXWH /DWULQH GHUHQ ]XJHK|ULJHV +lXVchen auf Becks um 1830 entstandener Skizze erscheint (vgl. Abb. 220). Noch unklar ist der Zusammenhang mit der darüberliegenden Sandsteinscharte, die 1551 datiert ist. Vgl. oben, S. 161. Vgl. oben, S. 176. Bei den Werkleitungserneuerungen zeigte sich im Haus Krummgasse 8 ein Wechsel im Fassadenmauerwerk 3,17 m vor dem Stadthausannex (1.068/P27 XQG 3 'HU Q|UGOLFKH $EVFKQLWW LVW lOWHU XQG YHUbrannt. Häuserdatenbank; STASH RP 13,10r.
(Abb. 227), die anderen besitzen einen geraden Sturz. Je ein kleineres Fenster, das zur mittleren .DPPHU GHU 2VWVHLWH E]Z ]XU QRUG|VWOLFKHQ .DPPHU JHK|UW GHXWHW DXI HLQH ZHLWHUH 8QWHUWHLlung dieser Räume hin. Auf den FachwerkwänGHQ EH¿QGHQ VLFK 0DOHUHLHQ DXV GHU .ORVWHU]HLW Bemerkenswert ist darunter eine Dekorationsmalerei, einen springenden Hirsch und einen im Gras sitzenden Hasen zeigend, die ins heutige Treppenhaus versetzt wurde (Abb. 837). Prägend für das Haus war der Treppengiebel, den Beck um 1830 dokumentierte (Abb. 220).39 Er verschwand mit der Aufstockung des Konventhauses Mitte des 19. Jahrhunderts. *lVWHKDXV XQG .ODXVXUZHVWÀ JHO Krummgasse 8 und 10 0LW GHP QHXHQ :HVWÀ JHO GHV .UHX]JDQJV GHQ wir oben skizziert haben, dürfte auch der «Goldene Apfel» entstanden sein, dessen Dachstuhl dendrochronologisch in das Jahr 1511 datiert werden konnte (Abb. 815).40 Unklar ist seine klosterzeitliche Verbindung mit dem Nachbarhaus Krummgasse 10, mit dem er heute von aussen eine optische Einheit bildet, obwohl die Häuser vermutlich nie miteinander verbunden waren (Abb. 293). Immerhin zeigt eine Hausfertigung von 1543, dass sich an den «Goldenen Apfel» nach Süden Prefat, also Latrinen anschlossen, während hinten ein Gang eingeschoben ist, der noch heute zwischen Haus und Kreuzgang besteht.41 Dieser eingeschobene Gang zum Kreuzgang dürfte auf die Funktion des «Goldenen Apfel» als Gästehaus des Klosters hinweisen. So ZXUGH GHU 7DJHVDEODXI GHU 0|QFKH QLFKW GXUFK MHQHQ GHU *lVWH JHVW|UW 9HUPXWOLFK JDE HV LP Gang eine Treppe ins Obergeschoss zu den Zimmern der Gäste.
Abb. 836 Barfüsserkloster, Konventhaus (1.062). Sickergrube unter der Nordostecke, angeschnitten 2008 beim Bau des Abfallcontainers, darüber eine 1551 datierte Scharte.
Abb. 837 Barfüsserkloster, Konventhaus (1.062). Dekorationsmalerei mit springendem Hirsch und im Gras sitzendem Hasen, aus dem 1. OG des 0|QFKVKDXVHV YRQ heute im Treppenhaus angebracht.
601
1 : 20 schwedischer Thaler 1564 Krummgasse
Asphalt
398.00
Nordflügel Barfüsserkloster 1402
verrottete Holzbretter
Strassenkoffer Krummgasse 1543 Abbruchschutt Gartenkies Abbruchschutt
Abbruchschutt Humus Planie
397.00
Kalksteinplatte
Kanal
M9 Lehmabdichtung Wasserbecken
M10
P16
P18 396.00
Abb. 838 Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Profil G–G Krummgasse, Blick Nordwest (M 1:50), Lage vgl. Abb. 815.
P15
Klosterzeitliche Befunde in der Krummgasse *XW P XQWHU GHP 6WUDVVHQSÀDVWHU GHU .UXPPgasse liegt beim Konventhaus ein Sodbrunnen, eine Seltenheit ausserhalb des Klosterareals von Allerheiligen (1.111; 1.137 und 1.152; Abb. 815, 838 und 839).43 Er ist nur 2,5 m tief, hat einen Durchmesser von 0,8 m, ist trocken gemauert und besteht zu zwei Dritteln aus Bollensteinen und zu einem Drittel aus Kalksteinen. 2,2 m über der Brunnensohle ist ein Einlauf ausgebildet, der genau am Übergang vom anstehenden braunroten Malmschutt zum Humus liegt. Lag hier die wasserführende Schicht, die in diesem hochliegenden Stadtteil heute schon längst versiegt ist? Die Aufgabe des Brunnens passt nach den Funden von grauen und grünglasierten Keramikscherben sowie Hohl- und Biberschwanzziegeln gut in die letzten Jahrzehnte des Klosters oder in die Anfänge der Reformation.44 $Q GLH 1RUGZHVWHFNH GHV .ODXVXUQRUGÀ JHOV YRQ 1402 schlossen sich später Nebengebäude an (Abb. 815 und 840). Die Ausrichtung der meist QXU REHUÀlFKOLFK45 beobachteten Mauern nimmt weniger Bezug auf die Klosteranlage als vielmehr auf die gebaute Stadt. Dies hängt offensichtlich mit dem Verlauf der Klostermauer der Barfüsser zusammen, die auf der Flucht der Ostfassaden der Häuser «Rindsfuss», «Schwedischer Thaler» und ©+LQWHUHV JUDXHV 5|VVOLª OLHJW $EE Vorhanden sind verschiedene Elemente (Abb. 838): Das Gebäude M10 ist durch drei Seiten de¿QLHUW (V LVW WUDSH]I|UPLJ PLW $XVVHQPDVVHQ YRQ mindestens 8 m. Die Mauerstärke beträgt um 0,95 m, hauptsächlich fanden lagenhafte Kalk-
P3
steine mit wenigen Bollen Verwendung. Parallel zur Südseite von M10 verläuft in knapp 5 m Abstand die Mauer M11 mit unterschiedlichen Stärken von 85 cm bzw. 50 cm. Ihre Mauersohle ist an einer Stelle dokumentiert; sie liegt 1,2 m unter dem Niveau des Klostergartens bzw. 1,8 m unter der heutigen Strasse. In diesem Mauergeviert zwischen M10 und M11 zeigt sich an zwei Stellen senkrecht vor der Mauer eine fette vertikale, 20 cm starke Lehmschicht. Innenseitig ist eine 3–4 cm dicke Spalte vorhanden, die offenbar von verrotteten Holzbrettern stammt. Dies deutet darauf hin, dass sich in diesem Mauergeviert ein Holzbehälter befand, der gegen die Mauer mit Lehm abgedichtet war.46 Es muss sich offensichtlich um ein Wasserbecken gehandelt haben, vielleicht einen Regenwassersammler oder einen Fischbehälter. Die Mauer M12 scheint nachträglich das Becken zu verkleinern. Das Ganze ist etwa 1 m hoch mit Bauschutt und Kies gefüllt. Hohlziegeldurchschuss im Mauerwerk und das auf der ganzen Fläche zusammengelesene Fundmaterial passen gut ins 15. und frühere 16. Jahrhundert, in die Zeit der Nutzung und Aufgabe dieser Nebengebäude. Neuanlage Krummgasse 1543 %HUHLWV ZXUGH GLH Q|UGOLFKH .ORVWHUPDXHU gegen die Repfergasse niedergelegt und der heutige «Platz» geschaffen.47 Ihr Fundament M14 in Mischmauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen steckt vor der Konstanzischen Schütte, der Kornschütte des Bischofs von Konstanz, noch im Boden (Abb. 815, 841). Das Fundament fehlt im Übergang des Leitungsgrabens von der Safran-
Dendrodatierung 1.062 Krummgasse 8 «Goldener Apfel»42 Bauphase
Ort
Holzprobe
Neubau 1511 oder Stuhlstrebe DG 51, 53 nur Dachstuhl? Kehlbalken, 52, 55–57 Firstpfette DG Mittelpfette DG 54 602
Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) 2 x 1510/11 WK (15, 19) 2 x 1507/08 WK, 1508/09 WK, 1510 WK 1508/09 WK
Holzart Eiche Fichte Weisstanne
I mmgasse
Nordflügel Barfüsserkloster 1402 Konventhaus 1457
Konventhaus 1457
Strassenkoffer Krummgasse 1543
398.00
Abbruchschutt verbrannter Lehmboden
Humus Planie Sodbrunnen Sandsteinsplitt, Bauniveau
Humus
Humus Einlauf
Lehm
P5
397.00
Humus
Humus Humus mit etwas Malmschutt
P2
Humus mit etwas Malmschutt
M8
396.00
M8
P14
P8
5m
P7 Anstehendes Humus Klostergarten Brand 12. / 13. Jh. frühstädtisch 13. / 14. Jh. Klostergebäude 1402 Konvent-Nordflügel West 1. Hälfte 15. Jh. Kirche und Klosterbauten 1457 Konventhaus
1
P9
42 43 44 45
46
47 48
LRD 96/R4175T. Bänteli 2010a, S. 143–156, bes. S. 144f. Fd. Nr. 1–6. Der Kanalgraben in diesem Abschnitt konnte leider nicht untersucht werden, da die Sanierung der Burg Hohenklingen alle personellen Ressourcen erforderte. Aus dem gleichen Grund konnte auch der hier zu erwartende Stadtgraben des 11. Jhs nicht beobachtet werden. Ein Zusammenhang mit dem nur 13 m entfernten Sodbrunnen bzw. mit seiner Aufgabe ist unklar. Der $XVEDX GHU 6WDGWEHIHVWLJXQJ 0LWWH -K N|QQWH GLH Sickerwasserzufuhr vom Steighang unterbrochen haben (vgl. S. 145). Das Niveau der neuen Stadtgrabensohle liegt bei der Brücke vor dem Engelbrechtstor auf 397,73 m ü. M., der Einlauf in den Sodbrunnen auf 396,30 m ü. M. Frauenfelder 1966, S. 9. STASH RP 13,2–13; Frauenfelder 1966, S. 8.
zur Repfergasse und scheint dort im Zuge der starken Abplanierungen bei der Anlage dieser Gasse vollständig entfernt worden zu sein (1.168). Im Spätsommer 1543 verkaufte der Rat den Chor GHU .LUFKH VRZLH DFKW $EVFKQLWWH GHV Q|UGOLFKHQ XQG ZHVWOLFKHQ .ODXVXUÀ JHOV ELV ]XP .LUFKHQschiff an Stadtbürger für den Umbau in Wohnhäuser. Gleichzeitig wurde die Krummgasse als erste Verbindung zwischen Repfergasse und Brudergasse angelegt (Abb. 815).48 Aus dieser Zeit PXVV DXFK GHU JHPDXHUWH P KRKH XQG ÀDFK gedeckte Entwässerungskanal stammen, dessen Seitenwände im Kanalisationsgraben zum Teil noch erhalten waren (Abb. 842).
Abb. 839 YY Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Der nur 2,5 m tiefe Sodbrunnen besitzt einen Einlauf (1), der genau am Übergang einer ehemals wasserführenden Schicht liegt.
Die Fenster der Hausfassaden Krummgasse 8 und 10 stammen weitgehend aus den Folgejahren. Das gestaffelte Viererfenster am «Goldenen Apfel» trägt das Datum 1546, das gleiche Fenster am
6WUDWLJUD¿H .UXPPJDVVH $EE XQG Schichtaufbau Abbruch Westteil der Klosterkirche 1729 und Bauschuttplanie, Benutzung Krummgasse Neuanlage Krummgasse nach der Reformation Aufgabe Sodbrunnen HZ, BZ Neubau Konventhaus und Klosterumbauten 1HXEDX 1RUGÀ JHO XQG =ZLVFKHQ RGHU 9HUELQGXQJVEDX += Abbruchhorizont Siedlung und Neubau Barfüsserkloster Siedlung vor Barfüsserkloster anstehender Humus
Fundnummer 8
Datierung 18.–1. H. 19. Jh.
– 1–7 9, HTR 5_egs 18 11–16, SR 10, KR 5b, DTR 4 – –
1543 15.–frühes 16. Jh. 1457–1500 1402, 15.–früheres 16. Jh. ab Mitte 13. Jh. bis Mitte 13. Jh.
603
1.090 Stadthausgasse 4/6 «Frohe Heimat»/ «Ufenau», 1.168 Safrangasse Friedhof, Barfüsserkloster, Rosenkranz Literatur: JbAS 79, 1996, S. 271; Ruckstuhl 1990, 6 I % UJL %lQWHOL +|QHLVHQ 6 JbAS 64, 1981, S. 273. Beim Einbau eines Lifts liessen sich 1979 an der Stadthausgasse 4 erstmals Gräber des Barfüsserfriedhofs untersuchen. 1992 wurden die Kanalisation im daneben liegenden Restaurant und 1996 die Werkleitungen in der Safrangasse erneuert.
3 1 2 Abb. 840 U Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Fundament der Nordwestecke (1) des Klausurnordflügels von 1402, «Schwarzer Stier», der im Bereich des Bauwagens 1958 abgebrochen wurde, mit den Mauern der jüngeren Nebengebäude M10 (2) und M12 (3), vgl. Abb. 815. Abb. 841V Barfüsserkloster, Karstgasse/Platz (1.115). FunGDPHQW GHU Q|UGOLFKHQ Mauer (1) des Barfüsserklosters an der Repfergasse vor der Konstanzischen Schütte, Karstgässchen 1. Abb. 842 VZ Barfüsserkloster, Krummgasse (1.068). Blick gegen die Häuser 8 und 10, «Goldener Apfel», während der Werkleitungssanierungen 2006. Das Mauerwerk in der Grabenwand (1) stammt vom 0.5 m hohen und flachgedeckten Entwässerungskanal, der 1543 zusammen mit der Gasse angelegt wurde.
Nachbarhaus besitzt bereits Fenstererker, wie sie bislang für die Jahre 1549/157949 nachzuweisen sind. Die neue Gassenerschliessung führte auch GD]X GDVV LQ GHQ HKHPDOLJHQ +LQWHUK|IHQ GHU Häuser am Markt Neubauten entstanden. So passen die Fassaden der Häuser «Rindsfuss» und ©+LQWHUHV JUDXHV 5|VVOLª DXI GHU JHJHQ EHUOLHgenden Strassenseite mit ihrer Sichtkalksteinarchitektur50 ausgezeichnet in diese Zeit, zusammen mit dem «Schwedischen Thaler» dazwischen, der an einem Stützpfeiler das Datum 1564 trägt. Der Westteil der Barfüsserkirche wurde nach der Reformation zunächst als Fruchtspeicher und Lagerhaus genutzt. Erst 1729 brach man ihn für die Anlage der «Freudenquelle», das nachmalige Stadthaus, ab. Ein Teil des Bauschutts wurde ins noch gut 0,5 m hoch erhalten gebliebene Kirchenschiff einplaniert, wobei das Niveau der Krummgasse hier im Südabschnitt nochmals 0,5 m angehoben wurde (Abb. 838). Erst seit dem Bau der «Freudenquelle», die auf die Baulinie des KlosWHUZHVWÀ JHOV ]XU FNYHUVHW]W ZXUGH ZDU HV P|JOLFK GLH .UXPPJDVVH GXUFKJHKHQG ]X befahren.
1 1
604
Der Verlauf der Friedhofmauern ist im Westen, Süden und Norden geklärt, nur für die Ostseite fehlt noch der archäologische Nachweis (Abb. 815). Vermutlich bildeten die Mauern einen Rhombus mit Seitenlängen von 35 x 55 m, wenn man der traditionellen Auffassung folgt, wonach die Trennmauer zwischen St. Agnes und den Barfüssern zwischen dem «Mittleren» und «Oberen Wachholderbaum» (Repfergasse 15/17) und dem ©8QWHUHQª E]Z ©.OHLQHQ +|ÀLª .LUFKKRISODW] 12/13) verlief (1.163).51 Die südliche Friedhofmauer M6 begrenzt die spätere Safrangasse und bildet gegen Osten das Fundament der Hausfassaden Stadthausgasse 6 und 8 (Abb. 844). Spätere Unterkellerungen von Stadthausgasse 2 und 4 haben ihre Fortsetzung ]HUVW|UW 'LH 0DXHU LVW P EUHLW DXV %ROOHQVWHLnen gemauert, einzelne Steine sind in der Art des opus spicatum schräggestellt, Lagen von Kalksteinen kommen vor. Dies und ein anschliessendes Bauniveau mit etwas Hohlziegelschutt datiert sie in die Gründungszeit des Klosters im 13. Jahrhundert. Nach Westen verläuft sie ungefähr parallel zum Chor nahtlos als Klostermauer weiter. Nach Norden, in der Safrangasse, steht sie mit der anschliessenden Nord-Süd-Mauer M7 im Verband, die als Binnenmauer zwischen Kirche und Klausur 40 cm weniger tief fundamentiert, noch 75 cm stark und vor dem «Safran» nur noch als Mauergrube erhalten ist. M7 endet an den Fun-
1 1
I GDPHQWUHVWHQ GHU Q|UGOLFKHQ )ULHGKRIPDXHU 0 Diese ist 90 cm stark und besteht ebenfalls aus %ROOHQVWHLQHQ GLH DEHU GHXWOLFK JU|VVHU VLQG (Abb. 814). Gegen Osten scheint M4 als Brandmauer zwischen den Häusern «Safran» und «Freudenfels» noch erhalten zu sein. Wieweit sie nach Westen in den Klosterkomplex hinein läuft, wissen wir nicht. Unklar ist auch, ob M4 noch aus YRUNO|VWHUOLFKHU =HLW VWDPPW RGHU EHUHLWV ]XU HUV WHQ .ORVWHUDQODJH JHK|UW Im 1261 als cimiterio fratrum minorum erwähnten Friedhof der Barfüsser liessen sich Arme und Reiche bestatten, wie das Jahrzeitbuch der Franziskaner eindrücklich belegt. Beliebt war vor allem die Bestattung in der Kluft der Minderbrüder, einer ärmlichen Kutte, gegürtet mit einem Strick.52 Bei der kleinen Grabung in der «Frohen Heimat» (Stadthausgasse 4) wurden fünf Gräber Erwachsener untersucht, die in drei Lagen übereinander geschichtet waren. Ihre anthropologische Untersuchung steht noch aus. Zuunterst lagen zwei Gräber, die zwar nacheinander, aber in eine gemeinsame Grabgrube bestattet wurden und deshalb als Familiengrablege von Stadtbürgern anzuspreFKHQ VLQG $EE (LQLJH 6WHLQH PLW 0|UWHOUHVWHQ DXI GHU 6 GVHLWH N|QQWHQ DOV 8QWHUODJH I U eine Grabplatte gedient haben. Bezirke mit erblichen Grabstätten kennt man etwa vom Friedhof der Stadtkirche Biberach; für den Friedhof des 49 50 51 52
53 54 55 56 57
Vgl oben, S. 195. Vgl oben, S. 199. Grütter 2005, S. 149, Kat. 278; Frauenfelder 1951, S. 159; Rüeger 1884, S. 316f.; Rüedi 1947, S. 51. STASH UR 1/149; Baumann 1888, Necrologium Franciscanorum Scafusensium, S. 502–511; Rüeger 1884, S. 318, S. 399. Illi 1992, S. 43–49. Ruckstuhl 1990, S. 115–133; Bänteli 1993a, S. 185– 190; Ex Terra Lux 2002, S. 223–229. KASH Inv. 55846/55847, TR 18a und SR 2. Rüedi 1943, S. 119f. Rüedi 1947, S. 51: «Nachdem bereits 1544 die Brüder Hans Caspar und Benedikt Stokar zwei Hofstätten zu Barfüssen erworben und darauf das ‹obere› und ½XQWHUH +|ÀL¾ HUEDXW KDWWHQ«ª
Zürcher Grossmünsters werden sie vermutet.53 Die Bestattungen fügen sich typologisch nahtlos in jene der verschiedenen mittelalterlichen FriedK|IH HLQ GLH ZLU XQWHUVXFKW KDEHQ 'LH 7RWHQ VLQG nach Osten orientiert in Holzsärgen mit Eisenbeschlägen und Eisennägeln bestattet. Das jüngste Grab besitzt einen typisch spätmittelalterlichen 5RVHQNUDQ] GHU DXV ÀDFKHQ .QRFKHQULQJHQ besteht (Abb. 279).54 Zwei Randscherben aus der Grabung datieren ins 13. Jahrhundert, geben aber keinen direkten Hinweis auf die Bestattungszeit.55
Abb. 843 Barfüsserkloster, «Frohe Heimat» (1.090). Die beiden Bestattungen aus dem Friedhof des Barfüsserklosters waren in einer gemeinsamen Grabgrube beigesetzt, die als Familiengrablege von Stadtbürgern anzusprechen ist.
Friedhofserde mit Skelettresten wurde in einem Kanalisationsgraben auch im Innern des Nachbarhauses «Ufenau» festgestellt, ebenso bei den Werkleitungsarbeiten in der Safrangasse, unmittelbar vor den Häusern Stadthausgasse 8 und Safrangasse 2. Schliesslich steht auch der kurz nach 1551 erbaute «Safran» uff der Barfüsser Kilchhof, wie der Kaufvertrag des Grundstücks unmissverständlich festhält.56
6WDGWKDXVJDVVH ©2EHUHV +|ÀL» Sickergrube Literatur: Frauenfelder 1951, S. 426. +DXVLQYHQWDU 'DJPDU :LONH =XP XQWHUHQ +|ÀL
1
1983 wurde im Innenhof eine teilweise aufgefüllte neuzeitliche Sickergrube dokumentiert, aber nicht ausgenommen. Sie ist über einen 4,5 m KRKHQ (LQVWLHJVVFKDFKW PLW HLQHP 4XHUVFKQLWW von 45 x 57 cm zugänglich. Der Durchmesser beWUlJW JXW P VLH LVW PLW HLQHU 7RQQH EHUZ|OEW Die Grube dürfte aus der Bauzeit des Hauses stammen, das nach 1544 im Areal des ehemaligen Barfüsserklosters erbaut wurde.57
Abb. 844 Y Barfüsserkloster, «Frohe Heimat»/«Ufenau» (1.163). Die südliche Friedhofmauer M6 (1) begrenzt die spätere Safrangasse und ist gegen Osten noch im Fundament der Hausfassaden Stadthausgasse 6 und 8 erhalten.
605
606
J
J. Quartier Vorstadt (äussere Vorstadt) Nördliche Handwerkervorstadt, Mitte des 13. Jahrhunderts als dritte Stadterweiterung entstanden.
Abb. 845 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Die teilausgeräumten Häuser zu Beginn der Bauuntersuchung 2007.
1.218 Vorstadt 58/60 «Kleine Traubenlust»/«Grosse Traubenlust» (Vorstadt 62 «Jakobsleiter») Wohnhaus, Hafnerhandwerk, Fachwerk, Latrine, Sickergrube, Regenwassersammler, Ofenkacheln, Kachelofen Literatur: Bänteli 2011, S. 51f.; Bänteli/Cordes 2008; JbAS 91, 2008, S. 232; Alte Töpferei mit sensationellen Funden, in: SN 21.11.2007. Hausinventar: Dagmar Wilke, Zur grossen und Zur kleinen Traubenlust, März 1991. Zu Beginn der Untersuchungen Ende Oktober 2007 waren die beiden Gebäude teilweise bis auf die Balkenlagen ausgeräumt. Im 2. und 3. Obergeschoss hatte man bereits die Brandmauer und die Ostfassade zusammen mit den Balkenlagen entfernt (Abb. 845). Die Brandmauern der beiden Nachbarliegenschaften waren vom Dach bis zur Oberkante des 1. Obergeschosses mit Isoliermaterial verkleidet und konnten nicht mehr untersucht werden. Die noch erhaltene Brandmauer Vorstadt 58/60 im Erd- und 1. Obergeschoss ZXUGH JHPlVV $XÀDJH LQ GHU %DXEHZLOOLJXQJ vom 7. Juli 2006 vom Verputz befreit und zusammen mit den noch erhaltenen Balkenlagen vor dem weiteren Abbruch untersucht.1 Im heutigen Neubau sind nur noch die vorstadtseitige Fassade und der Dachstuhl erhalten geblieben. Der Bereich des neuen Hinterhauses wurde von NovemEHU ELV -DQXDU ÀlFKLJ DUFKlRORJLVFK untersucht. Dabei liess sich erstmals in Schaffhausen eine mittelalterliche Töpferei dokumentieren, ein sensationeller und auch schweizweit ausgesprochen seltener Befund.2 1
2
Bauherr: Bernhard Bürgin; Architekt: Roger Windels, Massbau AG; Unternehmer: Baugeschäft Gloor; ein spezieller Dank gilt dem sehr umsichtigen Polier Christian Carisch. Bekannt sind vier weitere Beispiele: Zug, Oberaltstadt 3/4 (Roth Heege/Thierrin-Michael 2016, S. 10–154); Fribourg, Neuveville 5 (Bourgarel 2010); Winterthur (Lehmann 1992); Luzern, Stadthofstrasse 12A/14/16 (JbHGL 10/1992, S. 87, 14/1996, S. 150–152).
607
2. H. 12. / 1. H. 13. Jh. Vorstädtische Anfänge um 1300
0
Jakobsleiter
1
2
3
4
5m
Vo rsta d
t
62
N Unten liegend ergänzt, rekonstruiert
sse stra Bach
Töpfereifunde 1959 1.043
Ältestes Gebäude, kleine Traubenlust
um 1380
Neubau Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
um 1380/90
Erweiterung kleine Traubenlust
1430
Erweiterung Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
Spätes 14./15. Jh.
Hafnerwerkstatt
um 1660
Hausteilung Traubenlust/Jakobsleiter
1741/42
Vereinheitlichung und Aufstockung kleine Traubenlust/Traubenlust
18. / 19. Jh.
Hinterhäuser
Fach w 1.OG erkwan d
Feuerplatte Lehm
Traubenlust 60
1.218
kleine Traubenlust
Ofenwand, Lehm
Töpferwerkstatt
Hafnerhaus
Gehniveau Töpferei
Backstein
Hoftüre Schart e 1.OG
G5 Topf 1.
ang
OG
Fachw 1.OG erkwand
Abb. 846 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Gundriss mit Hafnerwerkstatt im Hinterhaus und Bauphasen (M 1:400).
Profil A G1
G17
Profil B
S28
G10
Rauchf
58
Hafnerwerkstatt
Fenste r 1.OG.
Lauben
G4 G15
G6
Ofen 3 Ofen 1 G3 G13 G9
G16
S31
Hafner- G12 schuppen „Ofen 2“
G21
G19
RegenwasserG22 sammler
G2
G7 gang
S31
Profil A
G20
Profil B
412.00
Traufe Traubenlust 411.00
410.00
409.00
408.00
Traufe Jakobsleiter
3. OG 1741/42
407.00
Nicht untersucht bereits abgebrochen
406.00
405.00
2. OG
oberer Sturz Latrine Hinterhaus unterer Sturz
Streifbalken 1377 Pfosten Zwischenwand Schwelle Zwischenwand
Nicht untersucht, Nachbarhaus
1. OG
Sandsteinfenster Ostfassade
401.00
Fenster Ostfassade Randengrobkalk
Nicht untersucht, Nachbarhaus
400.00
Türe Ostfassade Randengrobkalk EG
399.00
Vorstädtische Anfänge
um 1300
Ältestes Gebäude, kleine Traubenlust
um 1380
Neubau Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
um 1380/90
Erweiterung kleine Traubenlust
1430
Erweiterung Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
Gehniveau Hafnerei
398.00
Abb. 847 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Querschnitt mit Bauphasen (M 1:200).
2. H. 12. / 1. H. 13. Jh.
Spätes 14./15. Jh.
Hafnerwerkstatt
um 1660
Hausteilung Traubenlust/Jakobsleiter
1741/42
Vereinheitlichung und Aufstockung kleine Traubenlust/Traubenlust
18. / 19. Jh.
Hinterhäuser
397.00
Stiper Ostwand
Stiper der Unterfangung
396.00
UG
395.00
kleine Traubenlust
394.00
Traubenlust
Jakobsleiter Hafnerhaus
Traubenlust
Parzellenmauer
Jakobsleiter
399 .00
Parzellenmauer
kleine Traubenlust
Töpferofen 3
Kanal 398.00
S24
Beton Bauschutt
S12/24 G1
Kanal S14 S12
Ofensohle S23 S27
G3 S13
Gewölbe
S5 G13
S15
S4
S18 G2
397.00
S15
S2
G9
S2
S4 S10
S10a
S6
S9 396.00
Abb. 848 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Profil A–A durch Töpferofen 3 (M 1:50), Lage vgl. Abb. 846 und 850.
Baugrubensohle 2007
395.00 Fäkalienschicht
608
J 6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW *UXEH $EE G9 Nordwest
Fundnummer
Datierung
S15, Humusplanie 82, FE-Schlacke 13/14. Jh. mit etwas Lehm- und Holzkohlebrocken S10, Lehmplanie, z.T. verbrannt S9, Steinrollierung
Vorstädtische Anfänge Bei den Grabungen im Hinterhof der Häuser kamen vereinzelte Befunde zum Vorschein, die auf erste Aktivitäten hindeuten, die von der Datierung her zum Teil noch ausserhalb der Stadtmauern stattgefunden haben müssen. Die Grube G16 reicht bis fast 3,5 m unter das Gehniveau der Hafnerei, durchschlägt den anstehenden Lehm und könnte deshalb als temporäre Grundwasserfassung gedient haben. G12 ist der Rest einer kleinen, schlecht fassbaren Grube, die wie G9 auf Grund der Keramik in der zweiten Hälfte 12./ 1. H. 13. Jahrhundert aufgefüllt wurde. Grube 9 war zwar klar fassbar (Abb. 848), besass einen Durchmesser von 2 m bei einer Tiefe von 1,6 m, jedoch blieb ihr Zweck unbekannt. Ältestes Gebäude «Kleine Traubenlust», um 1300 Das älteste Gebäude liegt im Haus Vorstadt 58. Es übernimmt mit ca. 4,8–5,2 x 9,5 m die Masse der Berslinger Holzständerbauten und gehört zum Haustyp C/ST (Abb. 846.).3 Erhalten ist die Nordwand, die im Osten stumpf endet, was auf eine zwischen die Brandmauern gestellte und vollständig verschwundene Fachwerkfassade gegen den Hinterhof hindeutet. Mit gut 6 m Höhe war die Nordwand grundsätzlich zweigeschossig, wobei sich eine Erdgeschossdecke aber nicht nachweisen liess, was in Einklang mit einer Mauerstärke von nur 50 cm und der Nutzung als Werkstatt/ Ökonomiebau steht. Die Südwand liegt in der Brandmauer der Häuser Vorstadt 56/58, die nicht vom Verputz befreit wurde. Das Mauerwerk besteht aus unregelmässigen Kalkbruchsteinen in Lagen von 10–15 cm Höhe, im Obergeschoss betragen die Lagen 15–25 cm. Mehrere Gerüsthölzer aus ca. 8 cm dicken Buchenästen steckten noch im Mauerwerk.4 Eine originale, gemauerte und sich trichterförmig nach innen weitende /LFKWVFKDUWH ¿QGHW VLFK LP 2EHUJHVFKRVV JHgen Westen. Entsprechende Beispiele kennen wir 3 4 5 6 7
Vgl. oben, S. 78; Bänteli 2010c, S. 86f.; Bänteli 2000, S. 64f. Dendroproben P24–26, undatiert. Bänteli 2010c, S. 28, S. 31. Vgl. oben, S. 85f. Vgl. oben, S. 179; im Rathaus 1411/12 nachgewiesen, Bänteli 2014a, S. 64.
G9 Südwest
Fundnummer
G9/1=S15
61, 72 Keramik mit früher 13/14. Jh. Glasur, FE-Schlacke 62, 73 TR 17, FE-Schlacke 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. 74, TR 10b, FE-Schlacke 2. H. 12./ 1. H. 13. Jh. –
G9/2=S15
Datierung
im 13. Jahrhundert von den Häusern «Buchsbaum» und «Grütli» (1.152 und 1.174) oder vom Palas der Burg Hohenklingen,5 wo sie jeweils Wirtschafts- oder Werkstatträume belichten. Neubau Hafnerhaus Vorstadt 60/62 um 1380 Nordseitig wurde an das Haus Vorstadt 58 ein rechteckiger Neubau von 9 x 12,5 m angebaut, der knapp 4 m weiter nach Osten reichte. Er war ebenfalls noch zweigeschossig, aber um etwa 1 m erhöht. Deckenbalken fehlen; im östlichen Abschnitt der Brandmauer blieb der Rest eines parallel und mauerbündig eingebauten Streifbalkens erhalten, der in das Jahr 1377 datiert werden konnte. In der Ostfassade ist die südliche Hälfte einer gefasten, rundbogigen Hoftüre mit Schwelle auf 398,00 m ü. M. erhalten, darüber im Obergeschoss der Rest einer vorspringenden Fensterbank mit Hohlkehle. Beide Gewände bestehen aus Randengrobkalk6 und wurden im 17. Jahrhundert durch die Hausteilung verstellt und ausser Betrieb genommen (Abb. 847). Eine weitere Fensternische im Obergeschoss der verlängerten Südwand von Haus Vorstadt 58 ist original, das Gewände wurde später bei seiner Zumauerung entfernt (Abb. 846). Im Kalksteinmauerwerk kommen vereinzelte Backsteinfragmente vor, der bislang archäologisch früheste datierte Nachweis in Schaffhausen.7 Umnutzung und Erweiterung «Kleine Traubenlust» um 1400 Um 1400 wurde das Haus zu Wohnzwecken umgebaut. Die Balken der neuen Erdgeschossdecke sind in die ältere Mauer eingefügt, die Balkenlage im Obergeschoss kam etwa 60 cm höher zu lieJHQ (LQ]HOQH 1XWHQ XQG =DSÀ|FKHU DQ GHQ %DOkenenden deuten entweder auf mögliche Wiederverwendung einzelner Hölzer hin, oder es wurden fehlerhaft hergestellte Fachwerkhölzer als Deckenbalken verwendete. Leider blieb ihre dendrochronologische Untersuchung ergebnislos. Im Bereich der ehemaligen Nordwestecke des Vorgängers wurde in die Balkenlagen jeweils der Wechsel für den Rauchfang eingesetzt. Auch der gemauerte Kamin aus dem 19./20. Jahrhundert lag immer noch an dieser Stelle. Darunter ist die Brandmauer jeweils auf 1,5–2 m Breite ausge609
Dendrodatierung 1.218 Vorstadt 58/608 Bauphase
Ort
Phase II (Haus 60/62): Streifbalken/ Neubau/Anbau Nord Mauerlatte? Hafnerhaus um 1380 Phase III (Haus 58): Deckenbalken EG Erweiterung um 1400 Deckenbalken 1. OG unterer und oberer Sturzbalken Latrinenausgang Hinterhaus 1. OG neue DeckenbalPhase IV (Haus 60/62): Hafner- ken mit Rähm 1. OG haus, Aufstockung und Erweiterung 1430 Deckenbalken 1. OG
Holzprobe 1
Datierung, WK=Waldkante Holzart (Anzahl Splintjahre) 1377 WK? (14) Eiche
20, 21, 23
undatiert
12, 14
undatiert
28 (wiederverwendet) 30
1546 WK? (19)
Fichte, Weisstanne Fichte, Weisstanne Eiche
undatiert
Fichte
5, 6, 8, 9,
2 x 1429 WK? (17, 20), 1 x 1429/30 WK (14), 1 x 1430 WK? (16) undatiert
Eiche
7
beult, beginnend jeweils 50 cm über dem Boden, d. h. auf Höhe des Herdsockels. Die Putze wurden vielfach erneuert, weil das von der Herdhitze EHVFKlGLJWH 0DXHUZHUN LPPHU ZLHGHU JHÀLFNW werden musste. Von der Rauchküche im Treppenhaus aus wurde die strassenseitige, rauchfreie Stube beheizt, ein deutlicher Hinweis auf eine Hauserweiterung bis an die Strasse, von der aber aus dieser Bauphase nichts mehr erhalten blieb.
Abb. 849 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Sorgfältige Bergung des um 1380/90 als Tresor eingemauerten Topfs durch den Polier Christian Carisch, vgl. Abb. 246.
610
Föhre
Die Erweiterung von Haus Vorstadt 58 nach Osten war nur um gut 2 m möglich, weil der Besitzer des Hafnerhauses offensichtlich weiterhin sein Südfenster beanspruchte, das nun zugemauert und um knapp 1,5 m nach Osten verschoben wurde. Gut möglich, dass sich darin eine baurechtliche Auseinandersetzung widerspiegelt, wie wir sie in den spätmittelalterlichen Urkunden immer wieder antreffen. In dieser Ausmauerung versetzte der Besitzer von Haus Vorstadt 60 auf 2 m Höhe einen Topf9 als kleiner Tresor (Abb. 849 und 246). Einen Vergleichsbefund mit etwas anderer Funktion kennen wir aus der Unterstadt (1.153). Das neue Mauerwerk besteht aus Kalkbruchsteinen in Lagen um 15 cm und ist mit einzelnen Hohlziegeln durchsetzt, wie wir es in dieser Zeit auch an den oberen Dreivierteln des 7XUPV YRQ 6W -RKDQQ ¿QGHQ 10 Zum klassischen, dreiraumtiefen Grundriss des Hauses gehört schliesslich die ungeheizte Kammer, die sich durch den eingenuteten Zwischenboden in den östlichen vier Metern der Balkenlage im Obergeschoss nachweisen lässt. Zudem wurde hier in der Brandmauer gegen das Hafnerhaus ein Wandschrank mit seitlicher Lichtnische ausgebrochen. Die neue Ostfassade der «Kleinen Traubenlust» besitzt ein Zweierfenster aus rotem Sandstein mit graugrüner Bank, mit Hohlkehle und abgesetztem, beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/140311. Daneben liegt gegen die Südost-Ecke eine vermauerte, langschmale Türöffnung von 0,7 x 2,3 m, die zu einem Laubengang gehörte, der entlang der Parzellenmauer zur Latrine G7 führte. Der Sturz wurde später mit wiederverwendeten Hölzern tiefer gelegt, von denen eines ins Jahr 1546 datiert werden konnte.
J Erweiterung und Aufstockung des Hafnerhauses Vorstadt 60/62 im Jahr 1430 Das erst fünfzigjährige Haus wurde im frühen 15. Jahrhundert ausgehöhlt, die Balkenlagen entfernt XQG GDV +DXV ELV DXI GLH )DVVDGHQÀXFKW GHU 9RUVWDGW HUZHLWHUW 0LW [ P *UXQGÀlFKH XQG zwei Obergeschossen wurde es zu einem stattlichen, dreigeschossigen Gebäude. Die Stockwerke erhöhte man von 2,7 auf 3 m. Die Ständer sind geschossweise abgebunden. Die noch erhaltene Balkenlage über dem ersten Obergeschoss konnte ins Jahr 1430 datiert werden. Sie weist keine Zwischenböden auf, woraus folgt, dass zumindest im untersuchten Abschnitt in den südöstlichen zwei Dritteln keine geheizten Räume lagen. Im Westen ist eine einzige Raumtrennung durch eine Fachwerkwand nachgewiesen. Die mit der «Jakobsleiter» gemeinsame Brandmauer war, wie eingangs erwähnt, 2007 bereits neu verschalt; das Dach dieses noch im Originalzustand von 1430 dreigeschossig gebliebene Haus Nr. 62 war während des Umbaus von 1986/87 nicht baugeschichtlich untersucht worden.
8 9 10 11 12
13 14
15
16
17 18 19
UWAD, Niels Bleicher, Bericht Nr. 649 vom 11.4.2008, UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015. KASH Inv. 72243, dazu Fd. 14, Scherben unter dem Topf im Mauerwerk, vgl. oben, S. 168. Bänteli 1990, S. 53, Beobachtung der Hohlziegel erst nach der erfolgten Publikation von 1990. Vgl. oben, S. 123. Für die ersten Recherchen zum Hafnerhandwerk bis ca. 1485 vom Juli 2008 danke ich Martin Cordes und Peter Scheck, Stadtarchiv Schaffhausen; Häuserdatenbank. STASH UR 1/1662. StadtASH AII.05.01.036/014 1422–1432: Ußgeschriben stür circa Martini anno etc. XXVo domus Cläwi Hafners (gestrichen) sorror Brida I silberschal (gestrichen); A II.05.01.036/037 1422–1432: Ußgeschriben stüren, circa Martini anno XXVIo domus Cl. Hafners Vorstatt Brid Hafner pignus (Pfand) , N|SÀL (gestrichen); A II.05.01.036/061 1422–1432: Ussgeschriben uss dem stürbuoch circa Martini anno XXVIIo Brid Hafner, pignus (Pfand) I schal (gestrichen). StadtASH A II.05.01.032/078 1425; A II.05.01.041/53 1429; A II.05.01.044/047 1429; A II.05.01.055/042 1434; A II.05.01.055/042 1434; A II.05.01.057/043 1435. StadtASH A II.05.01.070/092 1440–1440: XL guldin gab Cuonrat Haffner von deß Löwen erben wegen; ferner A II.05.01.073/013 1441–1441; A II.05.01.082/104 1444–1444; A II.05.01.084/009 1445–1445. STASH UR 1/2036. Häuserdatenbank. StadtASH A II.05.01.073/005 1441–1441; Häuserdatenbank.
Die Bewohner des Hafnerhauses in den Schriftquellen 1392 gab es in Schaffhausen zwei Töpfereien. Neben dieser neu gefundenen Hafnerei in der äusseren Vorstadt bestand jene des Hafners an Staig oder auf Steig, die vor dem Obertor an der Vordersteig lag (1.093 und 1.094). 1416 kam mit dem Hafner ennet Rin in Feuerthalen ein dritter Hafner hinzu (1.253).12 Die Besitzergeschichte im Haus an der Vorstadt beginnt im ersten Steuerbuch von 1392 mit Heini Hafner, später Heinrich genannt, wahrscheinlich der Bauherr des um 1380 entstandenen Hafnerhauses. 1416 wird er als alter Hafner bezeichnet, der keine Steuern mehr bezahlt, im Gegensatz zu seiner Tochter Brida, die offensichtlich das Handwerk vom Vater übernommen hatte. 1427 wird das Haus als Domus Clewi Hafners bezeichnet. Clewi und Konrad hatten sich 1420 aus der Leibeigenschaft von Ritter Götz Schultheiss freigekauft und waren dem Hl. Stuhl in Rom übergeben worden.13 Brida, Clewis Schwester und Mutter von Konrad, wird in den 1420er-Jahren verschiedentlich für das Haus gepfändet.14 Während Clewi nicht als Hafner in den Quellen erscheint, verrechnet Konrad nach den Stadtrechnungen seit 1425 Hafnerarbeiten: Er bessert die Öfen auf dem Rathaus aus, macht Öfen auf dem Schwarzen Tor, in der Schule und für den Salzhof und liefert Kacheln und Krüge.15 Im Steuerbuch von 1431 erscheint Konrad erstmals, seine Mutter Brida zum letzten Mal. Ganz offensichtlich hängt der grosse Umbau von 1430 mit der Übernahme des Familienbetriebs durch den Sohn zusammen. 1440 ist Konrad mit anderen zusammen an der Erbschaft des Löw beteiligt, zahlt dafür 40 Gulden Steuern16 und verkauft für den gleichen Betrag ein Haus an der Vordersteig.17 Nach der Häuserdatenbank scheint sein Haus um eine Position gegen die Stadt verrückt.18 Es ist noch unklar, ob er ein Haus dazugekauft hat oder ob er es mit dem Nachbarn getauscht hat. Offenbar als Folge der Erbschaft erhält Konrad in diesem Jahr den Übernamen Viel, und wird fortan «Figel», «Vigel», «Vigil», oder «Vyel» genannt. Erst im darauffolgenden Jahr 1441 wird er Bürger der Stadt und lässt sich bis 1470 in diesem archäologisch untersuchten Haus nachweisen.19 Auf Konrad folgt an gleicher Stelle im Steuerbuch Claus Winmann der Hafner, und 1485 erscheinen an seiner Stelle die Hafner Hans Rigkli und Lienhart Blanck gemeinsam. Während Rigkli abgesehen vom im gleichen Jahr erhaltenen Bürgerrecht keine weiteren Spuren hinterliess, eröffnet Lienhart Blanck 1490 neben der 1461 vor dem Mühlentor neu angelegten städtischen Ziegelhütte (1.083) einen weiteren Hafnerbetrieb. Im Hafnerhaus an der Vorstadt erscheint an seiner Stelle 1490 Hans von Wettingen, der 1459 eine 611
Abb. 850 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Grundriss der Hafnerwerkstatt mit den Töpferöfen 1 und 3 (M 1:50), vgl. Abb. 846.
0
1
2
Unten liegend
3m
ergänzt, rekonstruiert
Ofensohle Lehm
Ofenwand, Lehm
N
Töpferwerkstatt
Gehniveau Töpferei Profil A Backstein
Grube G 1
S12
Profil B
S24
S28
Sickergrube G10
Parzellenmauer
Ofensohle S23
Arbeitsplatz Hafner Ofensohle S17 Grube G3 Töpferofen 3
S28 S24
Töpferofen 1
Hafnerschuppen
Ofensohle S17
Sickergrube G4 Latrine G15
Grube G13
Kiesel GrubeG 9
Parzellenmauer
Profil A
Profil B
612
S27
J neue Töpferei an der unteren Vordergasse/Münsterplatz 8 gegründet hatte, von der ebenfalls Fundmaterial vorliegt (1.203).20 Er zog 1469 auf die Breite, ins Quartier Hohlenbaum, wo es genügend Lehmvorkommen gibt. Nicht umsonst hiess die heutige Lahnhalde «im Leim».21 Der letzte Hafner im Haus in der Vorstadt ist schliesslich Heinrich Hagler, der 1491 das Bürgerrecht erhielt und bis 1510 in diesem Haus nachzuweisen ist.22 Danach endet hier die Hafnerei. Spätestens in den frühen 1520er-Jahren erscheint ein neuer Hafnerbetrieb im schräg gegenüberliegenden Haus «Zum Büffel» in der Vorstadt 65 (1.125).23
beiden Öfen 1 und 3. Die durch spätere Störungen stark zerstückelten Töpfereibefunde, also der eigentliche Arbeitsplatz, nimmt inklusive der Öfen eine Fläche von mindestens 4 x 14 m ein. Das Gehniveau liegt auf etwa 397,80 m ü. M., die Schwelle der Türe zum Hafnerhaus Vorstadt 60/62 auf 398,00 m ü. M. Töpferofen 1 (Tabelle S. 614) Ofen 1 ist stark durch jüngere Eingriffe gestört. Seine Ofensohle S17 besteht aus einer 15 cm dicken Lehmschicht, die mit Keramikscherben und kleineren Kieselsteinchen gemagert ist. Die oberen 5 cm sind dunkel violettbraun hart gebrannt, darunter ist die Schicht brandgerötet. Ihre OberÀlFKH LVW VWDUN JHZ|OEW XQG OLHJW ]ZLVFKHQ m ü. M. und 398,00 m ü. M. Dieser Zustand entstand sicher sekundär durch Senkungen der Auffüllungen in den nur wenig älteren Latrinengruben G10/G15 sowie der Baugrube von G4 (Abb. 850 und 852). Man könnte sich fragen, ob die Störung S13 der Ofensohle im Zentrum mit dem Entfernen einer Stütze oder Zunge für eine Lochtenne oder einen Zwischenboden zu tun hat. Grundsätzlich liegt die Ofensohle auf dem Gehniveau der Hafnerei und wird begrenzt durch ein in zwei kurzen Stücken erhaltenes gekurvt verlaufendes Backsteinmäuerchen von 25 cm Breite mit einem Innendurchmesser von etwa 2 m. Die Steine sind in Lehm versetzt, liegen in einer doppelten Reihe und sind maximal 3 Steine bzw. 10 cm hoch über die Ofensohle erhalten. Wahrscheinlich war die Basis der Ofenkuppel oder das ganze Ofengewölbe aus Backsteinen gemauert.
Die Ausgrabungen des Hafnerbetriebs Nachdem schon 1959 beim Bau des benachbarten Autosilos Töpfereiabfall aufgesammelt wurde (1.043), liessen sich nun in der Nähe in einer regulären Grabung die Reste von mindestens zwei Töpferöfen und der Werkplatz eines Hafners untersuchen. Der Schichtenverlauf bestätigt zudem die Befunde der Bauuntersuchung, dass die Parzellengrenze zwischen den Häusern Vorstadt 58/60 immer bestand und dass die Parzellen Vorstadt 60/62, auf denen das Hafnerhaus steht, ursprünglich zusammengehörten. Zu diesem Gebäude gehört die ausgegrabene Töpferei mit den 20 Homberger/Zubler 2010, S. 106. Die dortige Bezeichnung Münstergasse 8 [statt Münsterplatz] ist falsch. 21 StadtASH A I/1016. 22 Häuserdatenbank. 23 Häuserdatenbank.
kleine Traubenlust
Traubenlust
Abb. 852 Y «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Profil B–B durch Töpferofen 1 (M 1:50), Lage vgl. Abb. 846 und 850.
Jakobsleiter
Parzellenmauer
Parzellenmauer Töpferofen 1 Feuerplatte S17
Beton Beton Regenwassersammler
Bauschutt Kanal
Kies
S14 S18
Kiesel
Feuerplatte S17 abgesunken
Gewölbe S5
S16
398.00 S13
S16 S17 S11
S5
S11
G1
S12
S4 G2
Abb. 851 YY «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Untersuchung der Hafnerwerkstatt im engen Hinterhof vor den ausgeräumten Häusern.
S2
G15
2. H. 12. / 1. H. 13. Jh.
G3
S3 G10
G4 Baugrubensohle 2007
Fäkalienschicht
Vorstädtische Anfänge
um 1300
Ältestes Gebäude, kleine Traubenlust
um 1380
Neubau Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
um 1380/90
Erweiterung kleine Traubenlust
1430
Erweiterung Hafnerhaus, Traubenlust/Jakobsleiter
Spätes 14./15. Jh.
Hafnerwerkstatt
um 1660
Hausteilung Traubenlust/Jakobsleiter
1741/42
Vereinheitlichung und Aufstockung kleine Traubenlust/Traubenlust
18. / 19. Jh.
Hinterhäuser
Malmschutt
Fäkalienschicht
613
6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW 7|SIHURIHQ PLW *UXEH * $EE XQG 3 1RUG
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3 6 G
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69
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614
3
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+ ± -K
J Die unter der Ofensohle liegende Holzkohleschicht S16 diente der Drainierung und Trockenhaltung des Ofens und erinnert an die Ofenplatten in Allerheiligen, im Posthof und Herrenacker Süd (1.042.3; 1.104 und 1.200). Ob der darin senkrecht stehende Kiesel, der bis unter die Ofensohle reicht, etwas mit einer Innenkonstruktion des Ofens zu tun hat, ist unklar. Nur im Nordwesten, über der älteren Latrine G10, ist ein sehr hart gepresster Lehmsockel S12 vorhanden, der massiv mit Bruchkeramik, Modeln und Ofenkacheln durchsetzt ist. Vermutlich ist dies eine nachträgliche Unterfütterung der bereits einsinkenden Ofenwandung. Hätte der Hafner schon beim Bau des Ofens die Problematik der aufgefüllten Sickergrube G10 erkannt, hätte er wohl einen anderen Standort gewählt. Die leider nur gering erhaltenen Ofenstrukturen lassen keine eindeutige Aussage zu, welcher Ofentyp hier vorliegt, zumal auch alle Spuren einer Arbeits- oder Einfeuerungsgrube fehlen. Da die Ofensohle etwa auf dem Niveau der Werkstatt liegt, ist ein stehender Ofen (Feuerungsraum und Brennraum übereinander angeordnet), bei dem der Feuerungsraum im Normalfall deutlich eingetieft wäre, wohl auszuschliessen. Vermutlich haben wir es mit den Resten von Kuppel und Sohle eines liegenden, normalerweise ovalen Töpferofens zu tun, in dessen vorderem Bereich sich sehr unterschiedlich gestaltete Feuergitter als Trennung zwischen der Einfeuerung und dem Brenngut befunden haben können. Ähnliche Öfen sind in Baden-Württemberg ab dem 10./12. Jahrhundert (Holzgerlingen) und in der Schweiz ab dem 14. Jahrhundert in Winterthur und Fribourg belegt.24
Töpferofen 3 (Tabelle S. 616) Am nordwestlichen Rand von S27 liegt der Ofen 3. Er ist eiförmig, mindestens 1–1,8 m breit und hat eine gekappte Länge von noch 1,35 m (Abb. 848, 850, 854, und 181). Die Ofensohle S23 beVWHKW DXV %DFNVWHLQHQ PLW GHQ JHOlX¿JHQ 0DVVHQ von 6,5 x 13,5 x 27 cm, die in eine 2 cm dicke Lehmschicht verlegt sind. Die Backsteinfugen sind sorgfältig mit Backsteinsplittern gestopft. An einem Backstein haftet noch ein kleines Stück einer hier gebrannten, grün glasierten Ofenkachel. Die Oberkante der Ofensohle ist nach Norden abgesunken und liegt auf dem Gehniveau des Hafners zwischen 397,73 und 397,88 m ü. M. Für das Absinken scheint weniger die ältere Grube G9 verantwortlich, als vielmehr die jüngere Parzellenmauer. Ob die Ofensohle ursprünglich ein Gefälle für besseren Zug besass, lässt sich deshalb nicht mehr ausmachen. Im Südosten, an der schmalsten Stelle, scheint die Ofensohle über die SRWHQ]LHOOH 2IHQZDQGÀXFKW KLQDXV]XODXIHQ VR dass hier die Einfeuerungsöffnung zu rekonstruieren ist. Die unter der Ofensohle liegende Drainageschicht S27 ist bis in eine Tiefe von 12 cm brandgerötet, ebenso das darin liegende Scher-
Abb. 853 V «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Baugrube mit Sickergrube G10 unter dem bereits entfernten Töpferofen 1. Im Vordergrund Ausgräber Ruedi Büeler. Abb. 854 VV «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Töpferofen 3 mit Ofensohle aus Backstein. Im Bild Zeichnerin Katharina Bürgin, vgl. Abb. 851 und 181.
Grube 3 (Tabelle S. 614) Diese liegt zwischen den Öfen 1 und 3 und stört die deutlich ältere Grube G9. Grube 3 beinhaltet die Schichten S11–S13 (Abb. 848), die ihrerseits den Ofen 3 stören. Der Sondiergraben zerstörte die Zusammenhänge zum Ofen 1. Die Sohle von G3 liegt auf etwa 397,40 m ü. M., also etwa 50 cm unter der Ofensohle 1. Unklar ist deshalb, ob die auf der Grabung in den sich gegen EHUOLHJHQGHQ 3UR¿OHQ MHZHLOV JOHLFK EHQDQQWHQ Schichten (Abb. 852) wirklich identisch sind oder nicht? Unzweifelhaft konnten sie vom Material her als gleich interpretiert werden.
24 Vgl. zum Ofentyp Heege 2007, S. 96–107; Münster/ Gross 2014, S. 313–316; Lehmann 1992; Bourgarel 2011, bes. S. 430–433.
615
6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW 7|SIHURIHQ $EE XQG Ofensohle 3 Fd. Nr.
westlich Ofen 3
S14, Humus, $XÀDVV schicht Hafnerei
S23, Ofensohle Ofen 3 mit brandgerötetem Material darunter
Fd. Nr.
südlich Ofen 3
46 HZ, S14 und S27 BS, Glasbecher, FESchlacke, Nagel
Fd. Nr.
57, HZ, FZ
85, BS mit anhaftender Ofenkeramik
G13, Fortsetzung G9, vgl. Schnitt A
80, KR 5a, TR 20a 2–20h 2, Keramik mit früher Glasur
S27, Drainageschicht, verbrannter Humus
56, klein zerscherbt
S27
75, klein zerscherbt
S5, anstehender, umgearbei teter Humus
östlich Ofen 3 Fd. Nr. nördlich Ofen 3 P8/P12 S29 und 42, 55 oberhalb S14 FZ, BS, Glasbecher, FE-Nagel S14, Humus, $XÀDVVVFKLFKW Hafnerei
S28, hart gepresster, winkelförmiger Lehmsockel, «Bedienungshütte»
58, 76, Ofenkachelmodel, Ofenkachel Fehlbrand, Brennunterlage, BSü
S27 (G8/1), Drainageschicht, verbrannter Humus S27 (G8/2), Drainageschicht, verbrannter Humus
43, klein S14/2 und zerS5, scherbt, Humus FE-Nagel
S27 (G8/3), Drainageschicht, verbrannter Humus 78, BSü S5
Fd. 63 wirklich zu Fd. 58? Ofenkeramik
Datierung spätes 14. und 15. Jh.
59, HZ
S12/24 hart gepresster Lehmsockel/ Ofenwand Ofen 3, innen verbrannt
81 Altmodel 2. H. 14. Jh. KASH72263, Ofenkachelmodel mit Löwenfüssen, Kranzkachel durchbrochen mit zwei leeren Wappen, BS 89, klein zerscherbt, HZ
44, FEBeschlag (45 punktuelle Störung, Schüssel mit innen gelber Glasur und Spiralen, 18. Jh.) 52, klein zerscherbt 77, Keramik mit früher Glasur
benmaterial, besonders direkt unter dem Ofen. Die Konstruktion entspricht damit dem TöpferoIHQ XQG ¿QGHW 3DUDOOHOHQ EHL GHQ gIHQ LP 3RVWhof (1.104) und beim Kalk- und Ziegelbrennofen C, Herrenacker Süd (1.200). Von der ovalen, 12–18 cm dicken Ofenwand S24 ist südseitig nur noch der unterste Rest erhalten, während sich der nördliche, abgesunkene Teil noch bis zu 40 cm hoch erhalten hat. Er ist innenseitig sehr schön rot verziegelt, gegen aussen aber lehmig-gelb und unverbrannt. Auch hier gibt es 616
S28, hart gepresster Lehm, teils verbrannt
Fd. Nr.
2. H. 13.– 15. Jh.
keine Aussagen zum Ofengewölbe. Die Ofenwand S24 läuft nahtlos in die Schicht S12, ein hart gepresster Lehmsockel aus verbranntem und unverbranntem Lehm, der mit Backsteinfragmenten, Ofenkacheln und Scherben durchsetzt ist, möglicherweise Teil eines älteren Vorgängerofens. Gehörte die Wand vielleicht zu Ofen 1? Ofen 3 ist ein liegender Ofen, d.h. Einfeuerung, Brennraum und Abzugöffnung liegen hintereinander. Er hat sehr grosse Ähnlichkeit mit dem etwa gleichzeitigen Ofen von Winterthur-Untertor,25 der ein Gewölbe mit Wölbtöpfen aufwies.
J 6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW 2IHQ $EE südlich Parzellenmauer
6 6 +XPXV $XÀDVsungsschicht Hafnerei/ Fragmente aus S20 S20, Ofensohle Ofen 2 S21, Fragmente aus S20, verbrannt und unverbrannt
S19=G12, ältere Grube
Fundnummer
nördlich Parzellenmauer
Fundnummer Datierung
Störung 19. Jh.
94, Glas, Keramik, Ofenkachel
64
19. Jh. 15. Jh./ frühes 16. Jh.
78 84, Ofenkachel ungla- S31, fetter Lehm 95, BSü, BS siert, Fehlbrand, BS, FZ verbrannt und unverbrannt G17, Grube 97, Keramik 2. H. 13.– mit früher 15. Jh. Glasur, HZ 79, TR 15b spätes 12./13. Jh.
Reste der Hafnerwerkstatt und Rohstoff Unmittelbar östlich von Ofen 3 liegt auf dem üblichen Gehniveau ein hart gepresster, winkelförmiger Lehmsockel S28 von 20–25 cm Breite, der max. 20 cm hoch erhalten ist und eine Ausdehnung von 1,1 bzw. 1,3 m besitzt (Abb. 846 und 850). Der ausgesprochen fette Lehm ist mit Backstein-, Hohlziegel- und Ofenkachelfragmenten durchsetzt; ein Lehmstück liegt wie ein umgestürzter Wandteil in der Fläche. Es sind die letzten Reste eines Schuppens, der als gedeckter Arbeitsplatz zum Ofen oder etwa zum Lagern von Holz, Lehm, ungebrannter Keramik oder anderem gedient haben mag. Es ist die hütte, die in einem Ratsprotokoll von 1597 genannt wird, als man einen geeigneten blatz inn der statt zu ainem brennofen und hütten für einen neuen Hafner suchte.26 Vielleicht gehört der nördlich der Parzellenmauer verlaufende Lehmstreifen S28 auch dazu; er ist aber nur noch 1–2 cm dick und scheint vom Lehm und seiner Machart her mehr zum Ofen 3 zu gehören. 1RUG|VWOLFK GDYRQ ¿QGHW VLFK PLW 6 ZHLWHUHV ähnliches Material mit sehr regelmässiger Schichtunterkante um 397,42 m ü. M., die klar mit Ofen 2 in Verbindung steht. Ofen 2 bzw. S20 ist ein rudimentärer Ofenrest, mehr Ofenabraum, wie S31. ,P 6 GSUR¿O GHU %DXJUXEH EHUHLWV LP *UXQGstück von Haus 56 gelegen und kaum in die Baugrube Haus 60/62 hineinreichend, zeigte sich eine mächtige Grube G20 mit einer Breite von ca. 4,5 m und einer Tiefe von mehr als 3 m (Abb. 855). Sie liegt im anstehenden gelben, fetten Lehm, und die dunkle Füllung enthält ebenfalls
Keramik des 15. Jahrhunderts. Offensichtlich war dies eine Materialentnahmegrube. Der Rohstoff Lehm lag also direkt bei der Töpferei noch innerhalb der Stadtmauern, genauso wie der Kalksteinbruch auf der Südseite der Stadt (1.200). Latrinen und eine Sickergrube zum Töpferhaus Zum Haus 60 gehören drei Erdlatrinen und eine gemauerte Sickergrube. Die an die Hausfassade anschliessende Latrine G6 besass oben einen Durchmesser von 2 m, der sich nach unten auf 1,5 m verjüngt und ebenso tief war. Sie war im oberen Bereich mit einer kompakten, 60 cm dicken Schicht Keramik bedeckt. Insgesamt lieferte die Grube etwa die Hälfte des Fundmaterials der ganzen Fundstelle (Abb. 846 und 272). Bei der Aufgabe der Latrine scheint eine Hausräumung oder eine Renovation stattgefunden zu haben.27 Die Latrinengrube schliesst südlich an einen 1,25 m vorspringenden Mauerstumpf der Hausecke des Hafnerhauses von 1380 an, der nur im Fundament ausgebildet wurde. Offensichtlich ist es der Sockel für die geschossweise darüber angeordneten Latrinen. Bislang ist dies in unserer Stadt ein singulärer Befund.
Abb. 855 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Die mit dunklem Humus gefüllte Materialentnahmegrube G20 (1) im südlichen Baugrubenprofil zeigt, dass der Hafner den anstehenden gelben Lehm an Ort und Stelle abbauen konnte.
1
25 Lehmann 1992. 26 STASH RP 56,364. 27 Ob es sich nur um umgelagertes Fehlbrandmaterial/ Abfallmaterial/Töpfereireste handelt, oder ob darunter auch gebrauchtes Geschirr ist, wäre zu untersuchen.
617
Stratigrafie 1.218 Vorstadt 58/60, Latrine G6 (Abb. 846) Nische in Mauer
G6.2/1–3, Scherben, Schuttschicht
F d . P4 südlich Nr. G6.1 Bauniveau mit Abbruchmörtel und Kalksteinsplitt 38 G6.2/1 G6.2/2 G6.2/3 G6.2/1–3 G6.2/4
G6.2/5
Fd. Nr.
Profilsteg P4/5
Fd. Nr
P5 nördlich Fd. Nr.
21
22 28 Ofenkacheln BS, FZ, HZ 29 BS, Schröpfkopf 30 28, 32, Ofenkcheln, Lämpchen, Fensterglas 28, 33, Fehlbrände, Kranzkachel, KASH 72249–52 Grillroste, KASH 72257 Kachelfehlbrand mit Diamantbossen, KASH 72274 Schaftleuchter, Glasboden
Spätes 14.–15. Jh.
G6.2, Scherben Schuttschicht
39, Brennunterla gen mit grünen Glasurtropfen, KASH 72246 Grillrost, KASH 72253 Terrakottafigur, KASH 72262 Eckkachel mit Diamantbossen, Nuppenglasbecher, Fensterglas, FE-Nagel, HZ, BS
G16
Abb. 856 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Kinderrassel, grün glasiert aus Latrine G19, 15. Jh.
618
G6.2/1–4, Scherben Schuttschicht
31, Brennunterlagen, Topfkachel, HZ, BS, KASH 72245/47/48 Grillrost, KASH 72258 Blattkachel mit Pflanzenmotiv, KASH 72259 Eckkachelmodel mit Abdrehschiene, KASH 72261 Kachelmodel mit Schiessscharte, Fensterglas, FE-Nagel
34, KASH 72269 Blattkachel mit Reichskrone, KASH 72270 Blattkachel mit Pflanzenmotiv, Fensterglas, Nuppenbecher 35, Modelfrag41, KASH 72260 G6.4 Ofenkachelmodel Abbruch- ment, Ofenkamörtel mit cheln unglasiert, Kirchenfassade, TP, Ofenkacheln Fäkalbän- grün glasiert, HZ, FZ braunglasiert, dern unglasiert, grün Nuppenglasbecher, glasiert, FehlFE-Nagel brände, gelbe Schüssel 36, KASH 72265 G6.5 Kachelmodel kohliges Marienkrönung,28 Material HZ; BS, TP G6.6 37, HZ, KASH kohlig65811 lehmiges Pferdetrense FE Material
G6.3 40, verbrannter KASH 72264 Lehm FZ als Brennhilfe, FZ braun glasiert, HZ, BS, FE-Schlacke
G6.4–G6.7 (ganzer Rest maschineller Aushub) G6.5 kohliges Material G6.6 kohlig-lehmiges Material
Datierung
G6.3 verbrannter Lehm
um 1200
28 KASH 72265: Kachelmodel Marienkrönung ähnlich Strauss 1966, S. 39 mit Tafel 13.2, Schaffhausen Vordersteig 10 (1.094). 29 KASH 72254 und MzA H 18461. 30 Strauss 1966, S. 42 mit Tafel 15,6.
J 6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW /DWULQHQ * XQG * $EE Fundnummer
Fundnummer
Datierung G4, stört G10, G15, und Ofen 1, Fäkalien 102, Tonplatten, Keramik, Porzellan, Glas, FE- 15.– Nagel 19. Jh. G10, Sickergrube Westviertel G10, Sickergrube Ostviertel Kies/Lehm/ 104, Bekrönungska- Baumeisteraus- 98 und 99, KASH 72272/73 Blattkacheln mit spätes Humus etc. chel braun glasiert hub und ungesteigendem Leopard, KASH 72254/55 Blattka- 14.– und unglasiert, HZ, störte, humose cheln mit gegenständig turnierendem Ritter, 15. Jh. Dreifuss Restschichten an weiss engobiert, Ausschuss mit Trocknungsrisder Grubenwand sen, KASH 72256 Kachel mit Buckelquader grün glasiert, KASH 72244 Deckelfehlbrand 3. Abstich, 105, Napfkachel, 3. Abstich, 100, KASH 72268 Blattkachel durchbrochen humos (ehema- Ofenkachel und Ke- humos (ehema- mit Wappen tragendem Engel, KASH 72271 lige Fäkalien) ramik Fehlbrände, lige Fäkalien) Blattkachel mit Wimperg grün glasiert, HZ, TP Glas 4. Abstich, 106, Ofenkachel 4. Abstich, 101, Blattkachel mit Mann mit Stock, braun humos (ehema- Fehlbrand, Dreifuss, humos (ehema- glasiert, HZ lige Fäkalien) Schüsseln, Flaschen lige Fäkalien) 5. Abstich, 107, TK 5. Abstich, 103, Napfkacheln unglasiert und braun, HZ, humos (ehemahumos (ehema- FE-Nagel lige Fäkalien) lige Fäkalien)
Grube G10 ist eine Sickergrube, trocken gemauert aus Bollensteinen und einzelnen Kalksteinen. Ihr Durchmesser beträgt etwa 2 m bei einer Tiefe von etwa 2,5 m; sie ist bis in den durchlässigen Malmschutt abgetieft (Abb. 853). Mindestens zur Hälfte wurde sie durch die jüngere Grube G4 zerstört, die auch den Töpferofen 1 stört, welcher wie erwähnt zum Teil in G10 abgesunken ist (Abb. 852). Mit ihrem Fundmaterial reiht sich G10 nahtlos in den Hafnerbetrieb ein. Verschiedene Kacheln aus dieser Produktion kamen an anderen Orten der Stadt zum Vorschein. Einer gleichen Vorlage scheinen die Blattkacheln mit steigendem Leopard zu entstammen; sie sind hier mit einem Mass von 22 x 22 cm (Abb. 237) aber etwas grösser als jene der Nachbarfundstelle (1.043; Abb. 868) mit 19 x 19 cm. Zur weiss engobierten Blattkachel mit dem turnierenden Ritter nach links (Abb. 237) gibt es eine modelgleiche, grün glasierte Kachel aus dem Museum zu Allerheiligen mit unbekanntem Fundort.29 Auch zum wappentragenden Engel (Abb. 237) gibt es ein publiziertes modelgleiches Stück aus Schaffhausen.30 Südlich von G10, ebenfalls unter Ofen 1 und durch G4 gestört, liegen die Reste der Erdlatrine
G15. Sie hat einen Durchmesser von mindestens 1 m bei einer Tiefe von etwa 1,5 m. Wenige Fäkalien auf der Sohle belegen ihre ehemalige Funktion. Sie lässt sich über das Fundmaterial ebenfalls dem Hafnerbetrieb zuordnen. Unklar ist die Funktion der etwa 60 cm tiefen Grube G13, die am südlichen Rand von Ofen 3 und teilweise auch darunter liegt, deren Füllung teilweise mit G9 vermischt scheint und die sicher auch älter ist als Ofen 3. Ganz am östlichen Baugrubenrand fanden sich die beiden Latrinen G19 und G21 (Abb. 846). G19 ist eine Erdlatrine mit der Holzverfärbung eines Fasses von etwa 60 cm Durchmesser und etwas mehr als doppelter Tiefe. Bemerkenswerterweise ist es die einzige Grube, in der sich zwei ganze Gefässe fanden. G21 ist eine weitere kleine Latrinengrube, die unter der Töpfereischicht S31 in der Baugrubenecke liegt und nur zum Teil ausgegraben werden konnte. Das Fundmaterial reiht sie ebenfalls nahtlos in den Kontext der Hafnerei ein. Von der Lage her dürften diese beiden Gruben etwas jünger sein als die hausnahen Gruben.
6WUDWLJUD¿H 9RUVWDGW * $EE Schicht Lesefunde zu G19? während Aushub
Fundnummer Schicht 108, Ofenka- 3UR¿O cheln reinigung unglasiert und grün glasiert
Fundnummer Schicht 109, Ofenkacheln 1. Abstich, mit Diamantbos- Humus sen grün und gelb glasiert 2. Abstich, Humus
Fundnummer Datierung 111, Kinderrassel grün 15./ glasiert, KASH 72242 frühes 16. Jh. ganze Flasche ohne Ausgusstülle 112, KASH 72241 ganzer Kochtopf zweihenklig, FZ 3. Abstich, 113 Humus
619
Einzigartiges Fundmaterial Mit gut 50 Fundcontainern bildet das Material der Töpferei den mit Abstand grössten, aber auch schönsten und wertvollsten mittelalterlichen Fundkomplex der Schaffhauser Altstadt. Seine Ofenkachelbilder zeigen einen guten Querschnitt durch die städtische «Ofenkachellandschaft» im späteren 14. und 15. Jahrhundert. Die Bauuntersuchung des Hafnerhauses, die Ausgrabung der Werkstatt und die vorhandenen Schriftquellen bieten eine einmalige Ausgangssituation. Die Bearbeitung des Fundmaterials muss aber in einem eigenen Projekt erfolgen. Die geschlossenen Keramikkomplexe in den Latrinen G6, G10, G15, G19, G21 und ihre teilweise Vergesellschaftung mit Ofenkacheln ist ebenfalls einzigartig, da die Kacheln an ihrem Ofenstandort naturgemäss länger in Gebrauch sind als Gefässe im Haushalt. Die folgenden Bemerkungen sind auf der Basis einer Grobdurchsicht der Funde zu verstehen. Im Gegensatz zum Siedlungsabfall, den wir normalerweise in archäologischen Untersuchungen antreffen, ist im vorliegenden Fall die aufgefundene Keramik der Töpferei aktiv zerscherbt worden, weil es fehlerhafte Ware bzw. Ausschuss war, die den Ansprüchen des Töpfers nicht genügten. Ohne ein Zusammensetzen der Keramik sind die Fehler wie etwa Risse, Deformationen, Löcher im Boden, Glasurtropfen, Überfeuerungen oder Farbfehlbrände selten auf den ersten Blick zu erkennen. Bei den Ofenkacheln dagegen scheinen solche Defekte augenfälliger. Das Fundmaterial macht über alle Komplexe einen weitgehend einheitlichen Eindruck. Grob geschätzt gehören drei Viertel des Materials zur grauen Ware, die oft auch geglättet ist und so zum Teil eine metallisch DQPXWHQGH 2EHUÀlFKH DXIZHLVW An Formen ist das ganze Haushaltsgeschirr vorhanden: Schüsseln zum Teil mit Ausguss, Flaschen, Dreibeintöpfe, Töpfe und Pfannen, die es jeweils mit oder ohne Henkel gibt. Ausserdem wurden Deckel, Lämpchen und Baderlämpchen31 (Abb. 857 und 862), Schaftleuchter (Abb. 862 und 863) und Schröpfköpfe produziert. Selten besitzen die Keramiken Verzierungen wie Rillen, noch seltener Wellenbänder oder Henkel mit Fingerkuppendekor. Das letzte Viertel des Materials gliedert sich in zwei grössere Anteile von rötlicher bis gelblicher Ware und Ofenkacheln, einen kleineren Anteil an grün glasierter Keramik auf weisser Grundengobe und schliesslich einen ganz kleinen Anteil an bräunlich glasierter Keramik. Ihr Formenschatz unterscheidet sich nicht von dem der grauen Ware.32
620
Selten kommen Grillroste mit Grifftülle auf drei Beinen vor, von denen mindestens sieben Stück aus Grube G6 stammen. Meistens sind sie rund und unglasiert, nur einer davon ist rechteckig und braun glasiert (Abb. 859 und 860). Sie ahmen die metallenen und bildlich überlieferten Grillroste nach. Wie unsere Beispiele zeigen, dürften sie oft schon in der Herstellung Probleme verursacht und kaum eine lange Lebensdauer gehabt haben. DesKDOE ¿QGHQ VLH VLFK VR VHOWHQ LP )XQGPDWHULDO DXV dem Verbrauchermilieu. Für Schaffhausen gibt es aus den anderen Fundstellen keine Funde; ein Fragment ist bislang in Basel belegt, während aus Pforzheim ein ganzes, ebenfalls braun glasiertes Exemplar überliefert ist.33 Während die Gefässkeramik in grosser Menge vorliegt und fast ein bisschen monoton anmutet, zeigt der verhältnismässig kleine Anteil an Ofenkeramik ein unglaublich breites Spektrum. Zum Teil gibt es geringe Stückzahlen eines gleichen Typs, sehr oft sind es aber Einzelstücke. Eine ganze Anzahl von Kacheln blieb auch unversehrt erhalten, vielleicht die Musterauslage für die Kundschaft oder altes Kachelmaterial, das zu Reparaturzwecken in der Werkstatt verwahrt wurde. Auch hier ist das ganze spätmittelalterliche Formenspektrum vorhanden. Es gibt Napfund Blattkacheln, die in Schaffhausen seltenen Topfkacheln (Abb. 858), Nischen-, Eck-, Bekrönungskacheln etc. Die Kachelbilder reichen von religiösen und allegorischen Motiven über Tier- und Turnierdarstellungen bis zu architektoQLVFKHQ XQG SÀDQ]OLFKHQ 'HNRUV $EE 6LH sind meistens grün glasiert auf weisser Unterlage, der Behautung. Bei einem beachtlichen Teil erfolgte nach dem ersten Schrühbrand mit weisser Behautung kein Glasur- oder Glattbrand mehr. Selten sind braune oder gelbe Glasuren über weisser Behautung. Hinzu kommen Modelfragmente mit einem knappen Dutzend verschiedener Motive (Abb. 861). Ein Eckkachelmodel konnte fast vollständig zusammengesetzt werden. Es zeigt auf der Rückseite eine eingeritzte Hafnerabdrehschiene, offenbar das Signet des Betriebs (Abb. 861, Nr. 1).34
31 Baderlämpchen, das man zur Erhitzung der Schröpfköpfe brauchte. Zu den bisher bekannten Baderlämpchen vgl. in Zukunft: Heege 2016, Kap. 4.1.4.24. Eines der wenigen Vergleichsobjekte stammt aus Schaffhausen selbst: Homberger/Zubler 2010, Taf. 60, S. 544. 32 Homberger/Zubler 2010. 33 Lorenz/Zotz 2001, S. 311, Kat. 641b; Keller 1999, Heft 15A, S. 95; Schneid-Horn 1991, S. 29. 34 Beispiel einer am Ofen sichtbar gezeigten Hafnerabdrehschiene von Sarnen, datiert 1610, bei Roth Heege 2012, S. 89.
J
1
2 1
Abb. 857 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Lämpchen (1) und Baderlämpchen (2) aus der Latrine G6 und dem Bereich der Töpferöfen 1 und 3, spätes 14.–15. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 862. Abb. 858 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Eine in Schaffhausen seltene Topfkachel aus Latrine G6, spätes 14.–15. Jh. (M 1:2).
621
Abb. 859 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Sehr selten sind Grillroste aus Ton, die metallene Roste nachahmen. Sie sind mit mindestens 7 Exemplaren in Latrine G6 vertreten und entstammen dem späten 14.–15. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 860.
622
J
623
Abb. 860 U «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Sehr selten sind Grillroste aus Ton. Sie entstammen dem späten 14.–15. Jh., vgl. Abb. 859.
3 1
4
2
5 624
J
2 1 Handwerkszeichen
3 4
5
Abb. 861 YY und Y «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Hafnermodel für ein knappes Dutzend Kachelmotive aus der Latrine G6 und im Bereich der Töpferöfen 1 und 3. Der Eckkachelmodel (1) zeigt auf der Rückseite eine Abdrehschiene als Handwerkszeichen des Hafnerbetriebs. Hinzu kommen Liebespaar (2), Schiessscharte (3), Marienkrönung (4), Löwenfüsse (5) und weitere Modelfragmente des späten 14.–15. Jhs. (M 1:4).
625
Singulär ist der fragmentierte Rumpf einer MaGRQQHQ¿JXU DXV 7HUUDNRWWD $EE (U ]HLJW dass das Produktionsspektrum der Werkstatt zeitweise deutlich über Gebrauchsgeschirr und Ofenkeramik hinausging.35 Oder stellte der Hafner nur seinen Brennofen für einen Bildschnitzer zur Verfügung, der gelegentlich auch in Ton arbeitete? Hinzu kommen aus der Latrine G6 einige gläserne Nuppenbecherfragmente (Abb. 864) und eine Pferdetrense aus Eisen (Abb. 865 und 192.4). Sie ist in der Stadtarchäologie Schaffhausen derzeit ein singuläres Fundstück. Schmale, glatte Biberschwanzziegel mit grüner oder bräunlicher Glasur waren wohl Sonderanfertigungen oder Auftragsarbeiten für die Ziegler. Dann gibt es eine ganze Anzahl Fragmente solcher Flachziegel mit anhaftenden Resten von Ofenkacheln und Glasur. Demnach dienten die Ziegel in den Töpferöfen als Brennhilfen, AbVWDQGKDOWHU RGHU $XÀDJHU $EE 6SH]LHOO JHfertigte Brennhilfen, wie sie im jüngeren Komplex der Vordersteig vorkommen (Abb. 183), sind nicht vorhanden. Sämtliche Fundkomplexe sind immer auch mit Fragmenten von Hohlziegeln und Backsteinen durchsetzt, die aber keine anhaftenden Reste und nur in Einzelfällen Glasurtropfen zeigen. Die Backsteinfragmente sind oft auch sekundär verbrannt. Sie können demnach Teil der Ofensohle, der Ofenwandung oder eines Feuer-
Abb. 862 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Madonnenfigur aus Terrakotta, Schaftleuchter, Schröpfkopf, Lämpchen und Baderlämpchen, spätes 14.–15. Jh.
626
JLWWHUV JHZHVHQ VHLQ 7URW] GHU QXU REHUÀlFKlichen Durchsicht passt das Fundmaterial durchaus in den Zeitraum der von 1392 bis um 1510 schriftlich überlieferten Hafner und der dendrochronologisch abgesicherten Bauzeit des Hafnerhauses um 1380. Hausteilung «Traubenlust»/«Jakobsleiter» um 1660 Nach mehr als zwei Jahrhunderten ohne nachweisbare bauliche Eingriffe wurde das ehemalige Hafnerhaus um 1660 in zwei Hälften aufgeteilt. Im Erdgeschoss wurde mittig eine gemauerte Zwischenwand eingezogen und die Hoftüre aufgehoben. Das Obergeschoss wurde durch eine Fachwerkwand geteilt. Haus Vorstadt 60 erhielt auf der ganzen Länge einen Gewölbekeller mit einem mittigen Kellerabgang. Dazu wurden die alten Fundamente mit Holzstützen von 12 bzw. FP 'XUFKPHVVHU XQG %UHWWDXÀDJHQ XQWHUIDQgen, deren Reste noch in der Mauer stecken (Abb. 847). Dieses Vorgehen wurde auch im Haus «Zur Treu» angetroffen (1.156); noch heute würde man es genauso machen. Ein massiver Eichenbalken mit 35 cm Seitenlänge spart im Gewölbe den Treppenschacht aus. Nach diesem einzigen, datierbaren Bauholz erfolgte die Hausteilung um 1660. Ein zweiter, jüngerer Kellerabgang wurde östlich davon gegen das Hinterhaus in der gleichen Art um 1710 eingebaut.
J Abb. 863 YY «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Schaftleuchter aus der Latrine G6, spätes 14.–15. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 862.
Abb. 864 Y «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Fragmente von Nuppengläsern aus Latrine G6, spätes 14.–15. Jh. (M 1:2).
Abb. 865 V «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Teil einer Pferdetrense aus Eisen aus der Latrine G6, spätes 14.–15. Jh. (M 1:2), vgl. Abb. 192.4.
35 Vgl. ähnliche Befunde aus Konstanz: Nagel/Oelze/Röber 1996, S. 59–140.
627
Abb. 866 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Fassaden der beiden Häuser von 1741/42, links das Haus «Zur Jakobsleiter» von 1430.
Vereinheitlichung und Aufstockung «Kleine Traubenlust»/«Traubenlust» 1741/1742 durch Grossrat Sorg Schon bei einer ersten Besichtigung des leerstehenden Gebäudes im Dezember 2006 wurde deutlich, dass das 3. Obergeschoss mit der durchgehenden Fassade und einheitlicher Befensterung und der Dachstuhl über beide Liegenschaften gemeinsam entstanden sind (Abb. 845, 847 und 866). Die spätere Untersuchung zeigte, dass im Haus Vorstadt 58 im Erd- und 1. Obergeschoss die Balkenlagen des westlichsten Abschnitts und im Haus Vorstadt 60 die Erdgeschossdecke auf GHU JDQ]HQ +DXVWLHIH QHX HLQJH]RJHQ XQG YROOÀlchig mit Zwischenböden ausgestattet wurden. Acht Balken aus Fichten-, Weisstannen- und Föhrenholz wurden beprobt; sie datieren mit unsicheren Waldkanten in die Jahre 1738/39. Dies passt zur schriftlichen Überlieferung, nach welcher der Besitzer beider Häuser, der Küfer und
Grossrat Melchior Sorg, am 11. Dezember 1741 eine Eiche und eine Föhre zum Umbau seines Hauses «Zur Traubenlust» geschenkt erhielt.37 Vielleicht entstand erst jetzt auch der gewölbte Keller in Vorstadt 58. Vom Bauablauf her ist er jünger als der Keller von Vorstadt 60, und auch hier wurde die Fassade mit Holzstützen von 18 cm Durchmesser unterfangen, deren Reste noch unter der östlichen Stirnmauer des Kellers stecken (Abb. 244). Spätestens in dieser Phase wurde auch alles grau gefasst. Graue Farbe liegt auf älteren, gekalkten Putzen des Baus der Zeit um 1400. Trotz dieses Umbaus blieben die Häuser nach wie vor zwei Einzelliegenschaften von Handwerkern. Bei der ersten schriftlichen Nennung der «Grossen Traubenlust» von 1720 war diese im Besitz von Metzger Hans Ludwig Altdorfer. 1723 kaufte sie der Küfer Melchior Sorg, dessen gleichnamiger Vater, der Schuhmacher, bereits die «Kleine Traubenlust» besass, die er 1731 an seinen Sohn verkaufte. Von 1754 bis zum Neubau von 2007/08 befanden sich die beiden Liegenschaften wieder in getrenntem Eigentum verschiedener Handwerker wie etwa weiteren Küfern, Kupferschmieden oder Bäckern.38 Hinterhäuser und Infrastruktur Die Hinterhäuser waren zu Beginn der Untersuchungen bereits abgebrochen. Gemäss dem Hausinventar von Dagmar Wilke wurde entweder 1741/42 oder kurz danach an die Ostfassade von Vorstadt 60 eine Laube mit einem Hinterhaus aus Fachwerk auf einem steinernen Sockelgeschoss angefügt. Gegen Ende des Jahrhunderts wurde dieses mit Altanen nochmals als Sommerhaus erweitert. Vom Hinterhaus stammen die Streifenfundamente auf den Parzellengrenzen, während die Sickergrube G4 wohl bereits bei der Hausteilung um 1660 angelegt wurde (Abb. 846 und 852). Sie war kreisrund, überwölbt, aus Kalksteinen gemauert, nur im oberen Bereich gemörtelt, reichte tiefer als die Baugrubensohle und stand bis um 1900 in Betrieb. Identische Aussagen lassen sich zur Sickergrube G2 machen, mit der einzigen Ausnahme, dass diese leicht oval war und zu Vorstadt 58 gehörte (Abb. 867). Sie besass mit G7 näher beim Haus eine gleichartige Vorgängerin, die mit dem sterilen Aushub von G2 oder mit Kelleraushub aufgefüllt wurde, zuunterst aber noch wenig fäkales Material enthielt. Zu Vorstadt 62 gehört die nur angegrabene, rechteckige Grube G1. Sie war aus Kalk- und Backsteinen gemauert, besass verputzte Wände, einen Backsteinboden und war nur etwa 1 m tief. Sie erinnert an die verschiedentlich zum Vorschein gekommenen Wasserbecken (1.092; 1.109 und
628
J Dendrodatierung 1.218 Vorstadt 58/6036 Bauphase
Ort
Kellerabgang Mitte, Balken Gewölbeöffnung jüngerer, östlicher Kellerabgang Deckenbalken Phase VI (Vorstadt 58/60), EG West, Erweiterung und Haus 58 Zusammenlegung Deckenbalken 1741/42 1. OG West, Haus 58 neu eingezogene Deckenbalken 1. OG Haus 60 Phase V (Vorstadt 60), Hausteilung um 1660
Holz Datierung probe (Anzahl Splintjahre) 31 1656 (16)
Holzart
32
1708 (6)
Eiche
19
1540?
2–4
1738/39? WK (50), 2 x 1738? WK? (41)
Weisstanne 11.12.1741: Grossrat Sorg wird zu seinem erbauten Haus Föhre «Zur Traubenlust» eine Eich und eine Föhre Fohren bewilligt.
15, 17 1729, 1738 WK? 16
undatiert
Schriftquellen
Eiche
Abb. 867 «Kleine»/«Grosse Traubenlust» (1.218). Die Sickergrube G2 vom Haus Vorstadt 58 war bis um 1900 in Betrieb.
1.111). Eine klarere Deutung ermöglicht der Katasterplan von 1868/72, wo Grube G1 über einen kleinen Kanal mit der dort ebenfalls eingezeichneten Grube G22 verbunden ist, von der noch Reste der Backsteinmauern vorhanden waren. Diese wiesen bereits Zementverputz auf (Abb. 846). Von G22 führte gemäss dem Plan eine weitere Leitung durchs Hinterhaus bis zur Flucht der Hoffassade des Haupthauses. So macht dieser Plan deutlich, dass derartige Becken als Sammler für das Regenwasser dienten, das für Tiere und Gärten verwendet werden konnte. In dieser Tradition steht heute immer noch das Regenfass am $EÀXVV GHU 'DFKULQQH 39
36 UWAD, Niels Bleicher, Bericht 649 vom 11.4.2008; UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.02.2015. 37 StadtASH D IV.06/T; STASH Forst O5, S.17. 38 Hausgeschichte mit Quellen vgl. Hausinventar 1991. 39 Vgl. zum Thema auch die Filterzisterne auf der Burg Hohenklingen, Bänteli 2010c, S. 42.
629
Abb. 868 Vorstadt 66–68 (1.043). Fundzeichnungen der Keramik des 15. Jhs. aus der Töpferei, angefertigt um 1960 vom Thaynger Grafiker Erwin Bernath, vgl. Abb. 870.
630
J 1.043 Vorstadt 66–68 «Grüner Gatter»/«Hirschen» (Bachstrasse 55) Töpferei Literatur: Verwaltungsbericht Stadt Schaffhausen 1960; Hauser 1996, S. 336; Wipf 1992, S. 62; Frauenfelder 1951, S. 336f. Hausinventar: Dagmar Wilke, Schwabentor und Autosilo, Oktober 1993. Für den Bau eines Autosilos mit Servicestation, Café und Hotel wurden 1959 die beiden mittelalterlichen Häuser Vorstadt 66–68 abgerissen. In der Baugrube (Abb. 869) wurde ohne weitere Beobachtungen Keramik einer Töpferei zusammengelesen. Das Fundmaterial passt zu demjenigen der eben besprochenen Töpferei «Traubenlust»/ «Jakobsleiter» (1.218). Erstreckte sich unsere archäologisch untersuchte Töpferei bis in diese Hinterhöfe gegen die nördliche Stadtmauer? Oder wurde dort von den Töpfern des Hafnerhauses (1.218) Lehm abgebaut und die Lehmgruben mit Töpfereischutt aufgefüllt? Auf jeden Fall wird deutlich, welche Schätze aus dem 15. Jahrhundert damals, zusammen mit den spätmittelalterlichen Häusern selbst, verloren gingen. Vorhanden sind graue Schüsseln, zum Teil mit Ausguss, graue Flaschen, graue und rote Töpfe, Deckel, Lampen, Ofenkeramik und wenig glasiertes Geschirr (Abb. 868 und 870). Zum Teil sind die Funde deformiert, ein typisches Zeichen für Töpferabfall. Eine Ofenkachel mit steigendem Leopard (KASH 21215/17) scheint auf den ersten Blick modelgleich wie die Neufunde der «Traubenlust» (KASH 72272/73), ist aber mit Seitenlängen von 19 cm je 3 cm kleiner als jene.
Abb. 869 U Vorstadt 66–68 (1.043). Die Baugrube nach Abbruch der Häuser «Grüner Gatter» und «Hirschen» für den Autosilo im Okto-
ber 1959. Geblieben sind einzig zusammengelesene Funde aus einer zerstörten Töpferwerkstatt des 15. Jhs.
Abb. 870 V Vorstadt 66–68 (1.043). Als Streufunde geborgene Töpfereiabfälle (Geschirrkeramik, Model und Ofenkacheln) des 15. Jhs.
631
1.182 Vorstadt 50–69 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O :RKQKDXV
Abb. 871 Z Äussere Vorstadt (1.182). Kanalisationsgraben mit Hausfundamenten 2. H. 13. Jh. beim Übergang «Kleine Burg»/«Grosse Burg» (Vorstadt 53/55), Blick gegen das Schwabentor.
Literatur: Kanalisation muss ersetzt werden, in: SN 21.6.2000; Hauser 1996, S. 413; Frauenfelder 1951, S. 336f. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 123, Kat. 279. Die Werkleitungen wurden in der äusseren Vorstadt im Jahr 2000 erneuert. Bei den begleitenden Untersuchungen wurde die Modellierung des Geländes durch die Stadtanlage deutlich. Das ansteKHQGH 7HUUDLQ OLHJW EHLP 7XUP ©=XP .l¿Jª HWZD P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH VWHLJW bis zum «Karpfen» (Vorstadt 56) an und liegt dort noch 0,5 m tief. Im Gegensatz dazu fällt heute die Strasse nach Norden ab. Dann verlaufen die Schichten bis Anfang «Rauschender Bach» (Vorstadt 59) recht horizontal weiter. Von dort bis zum Schwabentor fällt das ursprüngliche Gelände wieder ab, und zwar mit 1,1 m viel stärker als heute. Im anstehenden Lehm zeichnen sich in diesem Abschnitt Rinnen ab, die mit Malmschutt gefüllt sind. Es handelt sich um mäandrierende, alte Bachläufe der Durach aus unbekannter Zeit. Es ist davon auszugehen, dass die Durach mit der Anlage der äusseren Vorstadt künstlich nach Norden verschoben und durch den Stadtgraben geleitet wurde (1.198). Das nach Süden gegen das Bogentor hin abfallende Gelände kann darauf hindeuten, dass der Bach vorher auch dort durch den Schützengraben verlief (1.220). Weitere Befunde fehlen. Ein Blick auf den Peyerplan mit den hart geknickten Bachläufen der Durach am Ausgang des Mühlentals zeigt, dass diese schon in den Anfängen der Stadtarchäologie geäusserte Verschiebungstheorie nicht von der Hand zu weisen ist.40
Abb. 872 V Äussere Vorstadt (1.182). Grundriss und Ansicht des Mauerwerks der Häuser 2. H. 13. Jh. beim Übergang «Kleine Burg»/«Grosse Burg» (Vorstadt 53/55) (M 1:50), vgl. Abb. 873.
Abb. 873 VV Vorstadt 50–69 (1.182). Situation der Befunde (M 1:400). Grundriss
Strasse
N
Trottoir
Ansicht
Randstein
kleine Burg (Nr. 53)
1
2
e Silb
4
5m
erbur g
64
55
57
klein
3
66
0
grosse Burg (Nr. 55)
ad t
62
gro sse Bu rg ine
Jakobslei ter
Vo rst
k le
Bur g
1.218
klein e Traub enlus
56 56
5858
1.182
ahn b
632
Traub enlust
t
Gegen das Schwabentor hin sind zum Teil noch die mittelalterlichen Strassenbeläge der alten Reichsstrasse nach Norden vorhanden (1.024). Mindestens drei recht sauber gehaltene Strassenkoffer von je 20 cm Stärke Iiegen auf dem abhumusierten Terrain. Beim Turm zeigt sich, dass die Strasse nicht viel breiter war als der Tordurchlass. 'LH 2EHUÀlFKH GHV ]ZHLWHQ 6WUDVVHQNRIIHUV dürfte mit dem Bauniveau des um 1335 gebauten Neuturms rechnen (1.198). Er liegt in 80 cm Tiefe, darüber ein 50 cm starkes Humuspaket mit etwas Keramik, die ins 15./16. Jahrhundert datiert werden kann.41 Zu unbekannter Zeit schloss man die Lücke zwischen der Häuserzeile und dem Turm mit der Wohnung des Torhüters (1.198). =ZHL ZHLWHUH 3UR¿OH DP 7URWWRLUUDQG YRU GHU «Grossen Burg» (Vorstadt 55) zeigen eine zum Teil feine Bänderung weitgehend ohne Strassen-
J kies und Lehmböden. Sie erinnern an Schichten, wie sie im Hausinnern entstehen. Dies erstaunt angesichts des Fundes der Mauerzüge südlich davon (Abb. 871–873) nicht weiter. Die Mauern liegen gut 1,5 m vor der Baulinie jener sechs Häuser, die 1963 für den Neubau der Kantonalbank abgerissen wurden. Offensichtlich ist dies eine alte Baulinie, die im Zuge von Neubauten im Spätmittelalter oder der frühen Neuzeit zurückgesetzt wurde, eine Beobachtung, die sich etwa auch beim «Schweizerhof» machen liess (1.235). Es sind die Fundamente dreier Häuser, die sich auf knapp sieben Meter Länge beobachten liessen. Das älteste Mauerstück liegt unmittelbar südlich einer alten Grenze, die heute in etwa noch im markanten Fassadenvorsprung von der «Kleinen» zur «Grossen Burg» (Vorstadt 53/55) weiterlebt. Es besteht aus kleinteiligem Bollensteinmauerwerk mit schräggestellten Lagen in opus spicatum (Abb. 872). Einen identischen Mauercharakter weist das älteste Mauerstück der nördlichen Stadtmauer am Schwabentor aus der Mitte des 13. Jahrhunderts auf (1.111). Ein zweites Mauerstück schliesst nachträglich nach Norden an. Das Mischmauerwerk besteht aus grösseren Bollensteinen teils in opus spicatum, zum Teil mit etwas Kalksteinen durchsetzt, und zeigt kleine Ziegelbröckchen im Mörtel. Es passt gut in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts. Daran schliesst sich ein anderes Bollensteinfundament an, das viel Mörtel aufweist.
40 Gutscher 1984, S. 150f. 41 KASH 75480–75484: WS graue Ware, Napfkachel unglasiert, Biberschwanzziegel. 42 Ausführung Norbert Kaspar im Auftrag der KASH. 43 Vgl. oben, S. 113f. und 172f. 44 Vgl. oben, S. 164. 45 Vgl. oben, S. 78.
1.125 Vorstadt 59–67 «Rauschender Bach», Vorstadt 61 o. Namen, «Urrind», «Büffel», «Farb» (Vorstadt 57 «Kleine Silberburg», 69 «Adler») Wohnhaus, Scheune Literatur: Hauser 1996, S. 413. Bei der Gesamtrenovation der fünf aufeinanderfolgenden Häuser Vorstadt 59–67 wurden im Jahr 1989 die Brandmauern zeichnerisch und foWRJUD¿VFK GRNXPHQWLHUW VRZHLW VLH LQ GHQ 2EHUgeschossen zugänglich waren.42 Sie machen das schrittweise Zusammenwachsen einer vorstädtischen Häuserzeile am Ende des Mittelalters und in der Neuzeit deutlich (Abb. 875). Ausserdem wurde auch sichtbar, dass hier bei den Handwerkerhäusern in der äusseren Vorstadt die Fachwerkbauweise gleichwertig neben die sonst verbreitetere Steinbauweise trat.43 Alle Grundrisse zeigen die bis in die jüngste Zeit typische Dreiteilung der Häuser: Im Zentrum das Treppenhaus mit offener Rauchküche unter dem First, die geheizte, rauchfreie Stube im vorderen, strassenseitigen Drittel und die Kammern im hinteren, hofseitigen Drittel.44 Vorstadt 57 «Kleine Silberburg», 14./frühes 15. Jahrhundert Vom ältesten, dreigeschossigen und in Massivbauweise erstellten Gebäude sind die Nordmauer und der Ansatz der Nordwestecke noch vorhanden (Abb. 875). Vorstadtseitig endet es EHUHLWV P YRU GHU )DVVDGHQÀXFKW LQ HLQHU $Ebruchkante. Deshalb ist unklar, ob das Haus anfänglich leicht zurückversetzt war, so wie die schräg gegenüberstehenden Häuser Vorstadt 58– 62 (1.218). Im zweiten Obergeschoss kam in der Brandmauer bei der Nordwestecke und 0,65 m über dem Boden eine Schwelle mit einem Fussband zum Vorschein (Abb. 874). Sie stammt aus dem 14. oder frühen 15. Jahrhundert und ist Teil des in Fachwerk gebauten zweiten Obergeschosses. Ob dieses gleichzeitig entstand oder später hinzu kam, wissen wir nicht. Neuzeitlich sind das dritte und vierte Obergeschoss, der Rest des Gebäudes ist modern. Vorstadt 67 «Farb», 1417/1483 Das in der Stadt Schaffhausen in seltener Qualität erhaltene Fachwerkhaus zeigt bilderbuchKDIW DXI ZLH DXV ]ZHL DQHLQDQGHUJHVWHOOWHQ ÀDFK geneigten Pultdachhäusern, die wir als steinerne Kernbauten des Typs A/ST45 vom Haus «Zur Gerbe» oder vom «Bären» in Feuerthalen kennen (1.116 und 1.253), ein Satteldachhaus entsteht (Abb. 875–878). 1417 wurde zuerst das hintere Haus errichtet, wie es scheint auf einer allseitig freien Fläche.
Abb. 874 Vorstadt 57–69 (1.125). «Rauschender Bach», Vorstadt 59. Südliche Brandmauer 2. OG, Schwelle mit Fussband der «Kleinen Silberburg», Vorstadt 57, 14./frühes 15. Jh.
633
Abb. 875 Vorstadt 57–69 (1.125). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
x
x Neuturm (Schwabentor)
Sodbrunnen
1.198
x ch
Adler
x Buckelquaderverband
69
x
67
Farb
2. Hälfte 13. Jh. Adler Nord 65
Büffel
14. / frühes 15. Jh. kleine Silberburg
63
1407 Adler, Hinterhaus Urrind
1.125
1417 Farb, Hinterhaus 1483 Farb, Vorderhaus
61
ohne Nam en
Mitte 16. Jh. rauschender Bach
er Ba
ch
frühes 17. Jh. ohne Namen und Büffel
66
spätes 17 Jh. Urrind
e Silb
erbur g
Feuerstellen
57
klein
hend
59
rausc
1529 Adler Süd
64
55
Töpfereifun 1.043
gro ss
e
Abb. 876 Vorstadt 57–69 (1.125). Nach dem Abbruch von sechs Häusern 1963 für den Neubau der Kantonalbank blieb die Häusergruppe der äusseren Vorstadt mit der Stadtbefestigung gleichsam als Insel stehen.
634
J Dendrodatierung 1.125 Vorstadt 67 «Farb»47 Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante (in Klammern Anzahl Splintjahre) C1, C2, C4, 1405 (2), 2 x 1416/17 WK (15,17), Neubau Ständer, Rähm, C6 1417 WK (11) Hinterhaus 1417 Kopfband Neubau Brustriegel, wieder- D7, D8 1413 (5), 1415 (19) Vorderhaus 1483 verwendet von Ostfassade Hinterhaus Ständer, Rähm, C5, D1–D6 1471 (9), 2 x 1472 (10, 14), Rofen 1475 (7), 3 x 1482/83 WK (14, 21, 24) Der annähernd quadratische Grundriss steht zwar in der Tradition der Steinbauten vom Typ A/ST, LVW DEHU ÀlFKHQPlVVLJ GHXWOLFK JU|VVHU (U VWHKW auf einem halbgeschosshohen Steinsockel. Die Riegel sind jeweils mit einem Zapfenschloss am Eckständer gesichert, die Kopfbänder stirnseitig geschweift. Bemerkenswert an der Dachkonstruktion ist das rafenparallele Langband (Abb. 878 und 879). Innen gibt es Hinweise zur Abtrennung einer Stube/Kammer in der Südwestecke in beiden Geschossen (Abb. 875). 1483 entstand das Vorderhaus, ebenfalls auf einem Steinsockel und kaum zurückversetzt von GHU 6WUDVVHQÀXFKW $XI GHP 'DFK VLQG 5HVWH GHU Dachlattung erhalten. Die an beiden Dächern ÀDFKH 1HLJXQJ YRQ HWZD GHXWHW DXI 6FKLQGHOdeckung hin.46 Die Geschosse des Vorderhauses liegen jeweils etwa 0,8 m höher als jene des Hinterhauses, ein deutlicher Hinweis, dass es sich bei beiden Häusern um eigenständige Bauten handelte. Das heisst aber auch, dass der Zugang zum Hinterhaus entweder über die unbebaute und viel46 Vgl. oben, S. 108. 47 UWAD, Richard Meier, Bericht vom 26.8.1988, Mittel 636.
Holzart Eiche Eiche
Eiche
leicht zugehörige Parzelle von Haus 65 erfolgte oder über die nordseitige Parzelle, deren Lücke zum «Adler» 1529 geschlossen wurde (1.111). Erst im 17. Jahrhundert wurden beide Häuser zusammengefasst. Die Böden wurden horizontiert und die Brandmauern in Riegelwerk bis auf Höhe des neuen Firstes erhöht. Das Giebeldreieck zeigt regelmässige Ständer und Streben (Abb. 878). Erst im 19. Jahrhundert wurde die steinerne Fassade vorgeblendet und das Haus nach hinten erweitert. Vorstadt 59 «Rauschender Bach», Mitte 16. Jahrhundert Der dreigeschossige Massivbau schliesst an VorVWDGW DQ XQG XPIDVVW GLH KHXWLJH +DXVÀlFKH Die Fassade zeigt im 1. und 2. Obergeschoss noch das Antlitz der Mitte des 16. Jahrhunderts (Abb. 877). Zum Inneren fehlen weitere Informationen. In zwei Schritten war das Dach angehoben worden, um das dritte Obergeschoss einzubauen. Während hinten die Stockwerkhöhe mit 2,3 m noch spätmittelalterlich anmutet, beträgt sie strassenseitig 2,8 m und weist auf eine spätere Entste-
Abb. 877 Vorstadt 57–69 (1.125). In der unscheinbaren Gebäudezeile beim Schwabentorturm verstecken sich zum Teil noch spätmittelalterliche Häuser. Bemerkenswert ist vor allem das drittletzte Haus, die «Farb», Vorstadt 67, mit Fachwerkkonstruktionen von 1417 und 1483.
635
Abb. 878 Vorstadt 57–69 (1.125). «Farb», Vorstadt 67. Querschnitt und Aussenansicht der südlichen Brandmauer vom Nachbarhaus «Büffel» her. Die Fachwerkkonstruktionen der beiden Pultdachhäuser von 1417 und 1483 zeigen auf einzigartige Weise die Entstehung des Satteldachhauses. Die Dokumentation des Holzgerüstes im Massstab 1:20 erfolgte nur im 2. und 3. Obergeschoss aussenseitig im Haus Vorstadt 65. Die unteren beiden Geschosse wurden im Massstab 1:100 von innen gezeichnet, ohne die Holznägel zu dokumentieren, weshalb hier auf dem Plan Aussteifungen wie Kopfund Fussbänder fehlen, vgl. Abb. 879 und 254 (M 1:200).
0
1
2
1417 1483
3
4
5m
Vorstadt 67, Haus zur Farb 1:50
Vorstadt
nicht untersucht
3 1
Abb. 879 Vorstadt 57–69 (1.125). «Farb», Vorstadt 67. Die Fachwerkkonstruktionen von 1417 mit dem Pultdach (1), dem bemerkenswerten rofenparallelen Langband (2) und der jüngeren Aufstockung (3), vgl. Abb. 878.
2
416.00
0
1
2
3
4
5m
415.00
17. Jh. 414.00
Vorstadt 61 1:50
413.00
1908 412.00
411.00
410 .00
1908
409.00
408.00
1908 407.00
406.00
405.00 1908
Abb. 880 Vorstadt 57–69 (1.125). Vorstadt 61, Querschnitt und Aussenansicht der nördlichen Brandmauer vom Nachbarhaus «Urrind» her. Stockwerkweise abgebundenes Fachwerk mit regelmässigen Ständern und Streben, 17. Jh. (M 1:200).
636
404.00
403.00
402.00
1908
401.00
Vorstadt
Hinterhof
400.00
nicht untersucht 399.00
398.00
397.00
398.23 2. Strassenkoffer 1. Strassenkoffer anstehender Malmschutt
1.182
J hung im 17./18. Jahrhundert hin. Dadurch entstand auf der Firstlinie zum hinteren, etwas ÀDFKHUHQ 'DFK HLQ 9HUVDW] YRQ P +|KH GHU stirnseitig verbrettert wurde. Ebenfalls zu dieser jüngsten Konstruktion gehört auch ein Firstständer gegen das Haus Vorstadt 57, der bereits im 1. Obergeschoss ansetzt und die Firstlinie des Nachbarhauses Vorstadt 61 übernimmt. Vorstadt 61, frühes 17. Jahrhundert Dieses langschmale Grundstück ist das Ergebnis einer Parzellenteilung. Mögliche Bebauungsvorgänger sind unbekannt. Das Sockelgeschoss wurde bislang nicht untersucht. Der viergeschossige namenlose Neubau besitzt an den Schmalseiten gemauerte Fassaden und gegen Vorstadt 63 eine stockwerkweise abgebundene Fachwerkwand. Ihre regelmässigen Ständer und Streben datieren das Haus ins 17. Jahrhundert (Abb. 875 und 880). Südseitig übernimmt es die Brandmauer von Vorstadt 59, die aber erhöht wird. Darauf wurde ein gleiches Giebeldreieck in Fachwerk aufgesetzt wie das nordseitige Pendant als Teil der Fachwerkwand. Fensteröffnungen im Fachwerk gegen Norden vom 2. Obergeschoss an zeigen, dass die dortige Parzelle noch eine längere Zeit unbebaut blieb oder höchstens einer Scheune Platz geboten hätte. 1908 wurde das Gebäude mit dem Haus Vorstadt 63 zusammengefasst und die Fassade vereinheitlicht (Abb. 877). Bemerkenswert sind zum Teil längs, d.h. parallel zu den Brandmauern verlegte Deckenbalken. Vorstadt 65 «Büffel», frühes 17. Jahrhundert Es handelt sich um ein weiteres langschmales Gebäude in Massivbauweise, viergeschossig und angebaut an Vorstadt 67. Auch hier sind vom 3. Obergeschoss an aufwärts vereinzelte Öffnungen in der südlichen Brandmauer gegen das Grundstück Vorstadt 63 vorhanden, das demnach noch nicht überbaut war, bzw. allenfalls mit einer Scheune. Später wurde auch dieses Gebäude nochmals gegen den Hinterhof erweitert. Bemerkenswert sind auch hier zum Teil längs verlegte Deckenbalken. Vorstadt 63 «Urrind», 17. Jahrhundert Das jüngste Gebäude schliesst die Baulücke zwischen den Häusern Vorstadt 61 und 65 bzw. ersetzt vielleicht eine Scheune. Im hinteren Hausteil fanden sich entlang der nördlichen Grenze drei rechteckige Erdgruben (G1–G3), zwei innerhalb und eine ausserhalb des Hauses. Ihre Dimensionen betragen etwa 2 x 1,2 m bei einer Tiefe von etwa 2 m. Die Gruben waren mit geschichtetem, humosem Material gefüllt, weitgehend fund48 Vgl. oben, S. 28f. 49 Vgl. oben, S. 65.
leer und dienten offensichtlich als Latrinengruben. Sie lagen unter einer Bauschuttschicht, aus der etwas grün glasiertes Fundmaterial wie Geschirr- und Ofenkeramik, Biberschwanzziegel und ein Stück mit Malhorndekor geborgen wurde. Es datiert ins 17. Jahrhundert. Weitere, gleich datierende Scherben waren auch in einem Entlüftungsschacht vermauert. 1908 wurde das Gebäude mit dem namenlosen Haus Vorstadt 61 zusammengefasst.
1.111 Vorstadt 69 «Adler» Finsterwaldturm, Stadtmauer, Zinne, Wehrgang, Wirtshaus, Sodbrunnen Literatur: Hauser 1996, S. 336, S. 413; Bänteli 1996, S. 238f.; Bänteli 1994, S. 90–91; Wipf 1992, S. 61; Bänteli 1989, S. 106–122; SN 7.10.1988; Frauenfelder 1951, S. 28–30. Bildquellen: Grütter 2005, S. 10, S. 34–37, S. 149 Kat. 285. Erste Sondagen und Bauuntersuchungen erfolgten bereits 1983 im weitgehend leerstehenden Hinterhauskomplex, während die Restaurierung der Stadtmauer und die Sanierung der angrenzenden Liegenschaften erst 1987 bis 1991 durchgeführt und archäologisch und baugeschichtlich begleitet wurde. Finsterwaldturm und Wehrgang wurden neu zugänglich gemacht und sind seither Teil des archäologischen Stadtrundgangs.48 Die damals nur zum Teil publizierten Untersuchungen werden hier ergänzt und vervollständigt. Hofmauer Obwohl die äussere Vorstadt erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts entstand, lässt sich an keiner anderen Stelle der Bau der Stadtmauer und ihre Modernisierung im Lauf der Jahrhunderte besser nachvollziehen als an diesem 80 m langen und mit zwei Türmen bewehrten Mauerstück. In einer ersten Entwicklungsphase wurde die äussere Vorstadt von einer einfachen 5,5 m hohen Mauer umfasst (Abb. 881). Auf der Nordseite mass sie an der Basis 1,2 m und verjüngte sich durch inneren Anzug auf 1 m. Im Westen, beim Finsterwaldturm, ist sie an der Basis 1,6 m stark und verjüngt sich durch Mauerabsätze und -anzug auf 1,3 m bis zur ehemaligen Mauerkrone. Verschiedene Mauercharaktere, die von reinem Bollensteinmauerwerk in opus spicatum bis zum lagenhaften Mischmauerwerk aus Kalk- und Bollensteinen reichen, sowie unterschiedliche Mörtel, zusammen mit einem unruhigen Verlauf der 0DXHUÀXFKW GHXWHQ DXI HLQHQ 0DXHUEDX LQ GUHL bis vier Etappen durch einzelne Hofstättenbesitzer hin, wie dies auch beim «Buchsbaum»/ «Rüden» feststellbar ist (1.152).49 637
1.198 Neuturm / Schwabentor
1.111 Nördliche Stadtmauer
Gasthaus Adler
Anbau B 17. Jh.
Hinterhofgebäude A 1407
Finsterwaldturm
Westliche Stadtmauer
Aufstockung 1920 Brücke zum Widder 1537
Dachlinie bis 1920
Eckquader Südwestecke
Hocheingang Finsterwaldturm
Wehrerker Holz
K
400.00
400.00
Bauniveau Entwässerungskanal 1836/38 Hinterhofgebäude A Mitte 13. Jh.
0
Stadtmauer
5
10 m
1283 Finsterwaldturm, erste Aufstockung, Stadtmauer um 1335 Neuturm/Schwabentorturm um 1380 zweite Aufstockung Stadtmauer mit Wehrgang 1450 Aufstockung Finsterwaldturm, Ausmauerung Wehrerker Spätes 15. / frühes 16. Jh. Scharten 17./18. Jh. Vormauerung Stadtmauer
2703144
N 0
5
10 m
Adlerstrasse ab Mitte 13. Jh. Stadtmauer 1283 Finsterwaldturm um 1335 Neuturm/Schwabentorturm 1407 Hinterhofgebäude A x
1529 Stallung mit Pultdach
x
Hinterhofgebäude A Neuturm (Schwabentor)
Sodbrunnen
Finsterwaldturm
x
1.198
Stallung mit Pultdach 1.111
Adler
x Bu
69
x 78
Farb 67
1.125
2 Hälfte 13 Jh Adle
Abb. 881 UU «Adler» (1.111). Abwicklung der nördlichen Stadtmauer zwischen Neuturm/ Schwabentor und Finsterwaldturm, mit Bauphasen (M 1:400).
Dendrodatierung 1.111 Vorstadt 69, Finsterwaldturm53 Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Neubau Finsterwaldturm 1283 Türsturz 23, 24 1270 (5), 1282/83 WK (7) Eiche Dendrodatierung 1.111 Vorstadt 69, Wehrgang57
Abb. 882 U «Adler» (1.111). Situation mit Nachbarliegenschaften und Bauphasen (M 1:400).
638
Bauphase
Ort
Holzprobe
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Neubau Wehrgang Binderkonstruktion 1, 2, 5 1373 (4), 1376 (10) Eiche «Adler» um 1380 Binderkonstruktion 3, 4, 6, 7, 9 undatiert Eiche
Finsterwaldturm 1283 mit Aufstockung der Stadtmauer Ein einheitliches Konzept zeigt die zweite Bauetappe. In die Nordwestecke der Vorstadt wurde sekundär der 10 m hohe Finsterwaldturm eingefügt. Der Rundturm mit knapp 5 m Durchmesser (Abb. 881 und 115) übernahm die Stärke der Vorgängermauern, so dass ein innerer Durchmesser von 2,5 m verblieb. Das Innere wurde durch einen Hocheingang 5,5 m über dem Gehniveau erreicht. Buckelquader aus Randengrobkalk50 bilden die kleine Rundbogenpforte mit einem Türlicht von nur 0,67 x 1,7 m (Abb. 883 und 115). Dahinter liegen zwei Sturzbalken aus Eichenholz aus dem Jahr 1283, die den Bau des Turms datieren. Das passt zum 1296 datierten Diebsturm (1.136), einem identischen Rundturm, der im Zuge des Stadtausbaus mit der Neustadt entstand.51 Eine kleine Lichtscharte liegt der Pforte gegenüber, etwas höher. Anzunehmen ist ein zusätzlicher hölzerner und etwas vorkragender Turmaufbau, der aber keine Spuren hinterlassen hat. Erstmals wird der Vinstern Vald im Jahr 1434 erwähnt, als Ausgaben für den Maler Sprung an¿HOHQ von dem fenle zuo malen.52 Als zweite Bauetappe des gleichen Konzepts folgte die Errichtung einer ersten, mit Zinnen versehenen Mauererhöhung um 3,6 m. Sie bestand aus kleinteiligem, lagenhaftem Kalksteinmauerwerk. Genau in der Mitte zwischen Finsterwaldturm und Schwabentorturm sind im Abstand von 4,1 m zwei Vertikalfugen vorhanden, die von einer Aussparung stammen. Dies sind die letzten Reste eines vorkragenden Wehrerkers zur Bestreichung des Grabens.54
Zweite Aufstockung der Stadtmauer mit Wehrgang um 1380 Nach dem Bau des Schwabentorturms (1.198) wurde die Stadtmauer ein zweites Mal erhöht und erreichte mit 11,5 m ihre endgültige Höhe (Abb. 881 und 115). Während der Zinnenabstand mit 1,15 m auf der Nordseite etwa gleich blieb, beträgt er auf der Westseite 1,4 m, und auch die Zinnenformate sind etwas grösser ausgefallen als bei ihren Vorgängern.55 Die Mauerstärke auf der Krone beträgt noch 0,75 m. Zugehörig ist ein Wehrgang, der neu in die Jahre um 138056 datiert werden kann. Balkenlage 17. Jh.
Sturzbalken 1283 Balkenlage 1407 R
Finsterwaldturm Hinterhofgebäude A
.00
J
Balkenlage 17. Jh.
Eingang Finsterwaldturm
R
1283 1407 Balkenlage 1407
Westlicher Wehrgang beim Finsterwaldturm 1 : 20 um 1380
50 51 52 53 54 55 56
57
Vgl. oben, S. 85f. Vgl. oben, S. 152. StadtASH A II.05.01.055/044 1434. UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 1.5.1988, Mittel 626. Bänteli 2010c, S. 80f. Bänteli 2010c, S. 82. Die ursprünglich nicht als sicher, aber als wahrscheinlich angegebene Datierung ins Jahr 1641 (Bänteli 1989, S. 120) ist damit obsolet geworden. Optisch gehören die Hölzer zweifelsfrei zur Konstruktion um 1380, die unsichere Datierung der Hölzer 3, 4, 6, 7 und 9 bleibt bestehen, Nachdatierung Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 172 vom 14.2.2002, 12507 (P1 und P2), 12510 (P5), und Nachdatierung Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015.
Abb. 883 «Adler» (1.111). Finsterwaldturm, rundbogiger Hocheingang von 1283 aus Randengrobkalk-Buckelquadern mit den im 17. Jh. eingezogenen Decken im Hinterhofgebäude A (M 1:50), vgl. Abb. 115.
Scharte Sandsteingewände
Zinne ausgemauert Wehrgang
Stalldach Adler 1529
Stadtmauer West
Abb. 884 «Adler» (1.111). Finsterwaldturm, westlicher Wehrgang mit Binder aus Eichenholz um 1380 (M 1:50), vgl. Abb. 160.
639
Dendrodatierung 1.111 Vorstadt 69, Hinterhofgebäude A62 Bauphase
Ort
Holzprobe
Neubau Gebäude A Sturzbalken Tor an Stadtmauer 1407 Deckenbalken über EG
Abb. 885 «Adler» (1.111). Finsterwaldturm, Hinterhofgebäude A von 1407. Das Rundbogentor aus Randengrobkalk und Sandstein diente der Mannschaft und dem Wächter über die Gefangenen (M 1:50).
20 21, 22
Sturz innen
R
R
S R
R
R
Abb. 886 «Adler» (1.111). Finsterwaldturm mit Hinterhofgebäude A während des Umbaus 1988. Der Wehrgang der Zeit um 1380 wurde im 17. Jh. in das Gebäude integriert, vgl. Abb. 212.
640
K
Hinterhofgebäude A 1407 S Sandstein R Randengrobkalk K Kalkstein
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1382, 1406/07 WK (15) Eiche 1406/07 WK (15) Eiche
Zum Originalbestand gehören das freitragende, 6 m lange Stück auf der Westseite mit zwei Binderwerken und Verbretterung (Abb. 884 und $XI GHU 1RUGVHLWH ¿QGHQ VLFK GLH LQ GDV XPgebaute Gebäude integrierten vier Binderwerke unter dem Satteldach des unten vorgestellten, jüngeren Hinterhofgebäudes (Abb. 886 und 212). Damit passt diese Bauetappe zur ebenfalls gleichzeitig 1381 erneuerten Westseite der Stadtmauer mit der Aufstockung des Diebsturms und neuem Wehrgang (1.136).58 6LH ¿QGHW DXVVHUGHP HLQH gleichaltrige Entsprechung am Webertor (1.238). Hinterhofgebäude A, 1407 Nach den dendrochronologischen Datierungen wurde 1407 das direkt an die nördliche Stadtmauer und den Finsterwaldturm angebaute kleine zweigeschossige Gebäude A mit Stockwerkshöhen um 3 m errichtet (Abb. 882).59 Das noch sichtbare Rundbogentor in der Ostwand bildete den
J Dendrodatierung 1.111 Vorstadt 69, Finsterwaldturm67 Bauphase Finsterwaldturm, Turmaufstockung 1450
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Deckenbalken 1449/50 WK (19) Eiche
ursprünglichen Zugang. Sein Gewände besteht hauptsächlich aus Randengrobkalk, abgesehen von einem Bogenstück aus rotem Sandstein und der Kalksteinschwelle (Abb. 885).60 Die darüberliegende, innenseitig festgestellte Nische stammt wohl von einer Aufzugstüre im Obergeschoss. Zugleich schaffte das Gebäude einen neuen Zugang zum alten Pförtchen in den Finsterwaldturm. Als Teil der Wehranlage zeigt es auffallende Parallelen zum «Grütli» am Engelbrechtstor, sowie zu den kleinen Häusern beim Schutz- und Webertor (1.174; 1.191 und 1.238). Offenbar diente es als Aufenthaltsort für die temporäre Mannschaft, für den Wächter der Gefangenen im Finsterwaldturm sowie auch als Magazin, als dezentrale Rüstkammer.61 Aufstockung des Finsterwaldturms 1450 Der Grund für die Aufstockung des Finsterwaldturms liegt in der Anlage des äusseren Grabens mit dem Bau des Bollwerks vor dem Engelbrechtstor im Jahr 1445,63 das die Sicht vom Finsterwaldturm nach Westen verstellte. Seinen Mauerschaft erhöhte man von 10 auf 18 m. Darauf sass ein hölzerner Obergaden, der in Zeichnungen überliefert ist.64 An die Stelle der älteren, nun vermauerten Pforte von 1283 trat beim Anschluss des Wehrgangs nach Süden eine neue ebenso schmale, aber 58 59 60 61 62 63 64 65 66
67
68 69 70
Vgl. oben, S. 122; Bänteli 2010c, S. 80f. Bänteli 1989, S. 118–122 mit Abb. 10–15. Vgl. oben, S. 86. Vgl. oben, S. 100. UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 1.5.1988, Nr. 74309–74311. Vgl. oben, S. 549. Bänteli 1989, S. 119. Bei der letzten Restaurierung 1989 falsch als Rundbogentüre rekonstruiert. Vgl. oben, S. 130 und 151: Eine falsche Datierung ins 17. Jh. erfolgte in Zusammenhang mit der fehlerhaften Datierung des Wehrgangs, oben S. 639 und Bänteli 1989, S. 120. Bänteli 1989, 119; UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 26.8.88, 74414; 2011 wurden die bislang fehlenden äusseren Jahrringe nachbeprobt durch Felix Walder. StadtASH A II.05.01.001/25 1396–1397; A II.05.01.013/071 1413; A II.05.01.013/073 1413. StadtASH A II.05.01.007/092 1408–1409; A II.05.01.013/072 1413; A II.05.01.038/050 1427– 1428. STASH UR 1/280 Verzeichnis der Gefälle des Sondersiechenhauses auf der Steig in Schaffhausen, datiert zwischen 1327–1363.
rechteckige Türe mit graugrünem Sandsteingewände.65 Der neue Boden auf dem alten Turmschaft wurde als Vollbalkenlage ausgeführt, deren letzter verbliebener Balken die Aufstockung ins Jahr 1450 datiert. Vermutlich wurde in diesem Zusammenhang auch der Wehrerker in der Mitte der Stadtmauer entfernt und die Lücke ausgemauert. In diese Zeit gehört auch die Ausmauerung des Zinnenkranzes mit dem Einbau von Schiessscharten mit Sandsteingewänden für die Hakenbüchsen (Abb. 70.5).66 Es ist zu vermuten, dass der gemauerte Turmschaft des Finsterwaldturms auch als Gefängnis diente, genauso wie die Diebstürme (1.136). Als nicht näher unterschiedene Türme erscheinen alle drei ab 1396 in den Stadtrechnungen im ZusamPHQKDQJ PLW GHU 9HUSÀHJXQJ GHU *HIDQJHQHQ z.B. Atzung in den Turn, oder den gevangen geben hatt ze essen, die in den türnen laugent, oder umb brot den gevangnen in die türn.68 Die ReiniJXQJ GHU *HIlQJQLVVH JHK|UWH ]XP 3ÀLFKWHQKHIW des Totengräbers (1.136): Uelin Tottengreber jarlons, git man im vieri von der santgruob, die zway von den türnen ze rumen, oder maister Uolrich Totengrebel an sin jargelt, als er die turn des jars ainest subret, oder dem tottengreber von den türQHQ XQG YRQ GHU NlI¿ ]H UXPHQ 69 Anfänge des «Adlers» An die Mitte 13. Jahrhundert entstandene Stadtmauer schliesst die Häusergruppe «Zum Adler» an. Sie besteht aus zwei Hausparzellen, die bereits im Stadtplan von 1820 zusammengehörten. Die Gruppe gliedert sich in zwei Vorderhäuser, eine Mittelzone, die bis auf einen kleinen Hof ebenfalls überbaut war, und das Hinterhaus an der Stadtmauer mit den südlich vorgelagerten Stallungen (Abb. 882). Der «Adler» ist älter als der um 1335 gebaute Neue Turm (Schwabentor), weil der Turm bereits ein zweigeschossiges Gebäude berücksichtigt (1.198). Nur bei der Südwestecke des Turms sind die unteren 5 m in Kalkstein gemauert, darüber erst setzten die Eckquader aus Sandstein an (Abb. 881). Der Vorgänger des «Adlers» ist das Mitte des 14. Jahrhunderts überlieferte Gächtlinger hus.70 Vermutlich nahm es etwa die Hälfte der KHXWLJHQ +DXVÀlFKH HLQ 'LH V GVHLWLJH %UDQGmauer besteht aus Bollensteinen. 641
Wirts- oder Gasthaus «Zum Adler», 1529 Im Reformationsjahr wurde zwischen dem Steinhaus des 14. Jahrhunderts und dem 1417/1483 entstandenen Fachwerkhaus «Farb», Vorstadt 67 (1.125), eine Baulücke geschlossen. Es scheint, dass mit dieser Bautätigkeit die Geschichte des Gasthauses «Zum Adler» ihren Anfang nahm. Man wählte eine Mischbauweise, die Fassaden wurden in Stein gemauert, während die südseitige Brandmauer aus Fachwerk bestand, entsprechend der Brandmauer des Nachbarhauses «Farb» (Abb. 882).71 Diese südliche Geschosswand umfasst zwei Stockwerke. Auf der mittig gestossenen Eichenschwelle setzte der Ständer an, ein steiles Kopfband bildete die Aussteifung zum Rähm (Abb. 887). Der Ansatz von Ständer und Fussband zum zweiten Obergeschoss ist sichtbar, der Rest konnte nicht untersucht werden. Pfosten und Riegel bildeten die langschmalen Gefache, 2. OG
ursprüngliche Decke?
Mit seiner Haustiefe von 16 m und der mittigen Teilung, die durch ein Ständernegativ in der gegenüberliegenden Brandmauer nachgewiesen ist, entspricht der Neubau jenem des Nachbarhauses «Farb», der aber in zwei Schritten entstand. Im 1. Obergeschoss ist die klassische Dreiteilung des Hausgrundrisses durch die Rauchschwärzung der erhaltenen Deckenteile fassbar.72 Demnach hat der Bereich der Rauchküche etwa einen Drittel der vorderen Haushälfte eingenommen, die rauchfreie Stube gegen die Strasse den Rest, während in der hinteren Haushälfte das Treppenhaus lag, gefolgt von Kammern zum Hinterhof. Offenbar wurde auch der alte Hausteil des «Adler» umgebaut. Das gestaffelte Viererfenster im ersten Obergeschoss der Fassade gegen die Vorstadt mit Hohlkehlen und einseitigem Auslauf passt gut in diese Zeit (Abb. 877).73 Sein innen leicht gewölbter Holzsturz ist der letzte Rest einer ehemaligen Bohlenstube.74 Die oberen Geschosse des stark modernisierten Hotels wurden nicht weiter untersucht. Im heute offenen Hinterhof lag ein grosser Stall, dessen geschlepptes Pultdach bis an die Stadtmauer direkt unter den Wehrgangboden reichte. Zwei freistehende Stützen, die die Firstpfette trugen, passen ebenfalls zur Datierung auf 1529. (LQH ]XU 6WDOOXQJ JHK|UHQGH .DW]HQNRSISÀlVWHrung liegt 1,2 m unter dem im 19. Jahrhundert aufgeschütteten Hofniveau.
1. OG
Abb. 887 «Adler» (1.111). Mittelständer der Geschosswand von 1529 mit steilem Kopfband und Ansatz des 2. Obergeschosses (M 1:50).
die mit Kalksteinmauerwerk gefüllt sind. In einer zweiten Bauetappe wurde die vordere Haushälfte errichtet. Die dendrochronologischen Daten zeigen aber die Zusammengehörigkeit beider Hausteile an.
Schwelle
EG
Jüngere Umbauten Am Holzwerk des Vorderhauses von 1529 lassen sich verschiedene Farbfassungen nachweisen. Wie es scheint, waren anfänglich die Hölzer und :DQGREHUÀlFKHQ XQEHKDQGHOW 6SlWHU ZXUGH GDV Holzwerk grau bemalt, mit schwarzen Randlinien gefasst und die verputzten Flächen weiss gekalkt. Im 17. Jahrhundert folgt eine Rotfassung des Holzwerks mit schwarzer Randlinie und einer weiteren Begleitlinie in den weiss gekalkten Ge-
Dendrodatierung 1.111 Vorstadt 69 «Adler», Vorderhaus und Stallung Hinterhof Bauphase «Adler» Vorderhaus, südliche Fachwerkwand 152975 «Adler» Hinterhof, Stalldach 152976 642
Ort
Holzprobe
Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) Schwelle B1 1523 (6) Eiche Ständer/ A1, A2, B4, B5 1517?, 1522?, 1524? WK, 1529? Fichte Riegel Ständer P8 und P10 1507, 1529 WK? (29) Eiche
J fachen (Abb. 887). Diese jüngste Farbfassung gehört zu einem Gesamtumbau, in dem die alten Geschosshöhen angehoben, wohl ein weiteres Obergeschoss hinzugefügt und die Befensterung an der Vorstadt ebenfalls dem neuen Zeitgeist angepasst wurden.
Abb. 888 «Adler» (1.111). Hinterhofgebäude A von 1407. Nach dem Umbau im 17. Jh. wurde das Holzwerk gelb gefasst (M 1:50).
Auch das Hinterhofgebäude A von 1407 gehört nun zum Gasthaus und wurde wohl im späten 15. oder frühen 16. Jahrhundert zu Wohnzwecken umgenutzt. Seine Geschosshöhen wurden verringert, um neu drei Geschosse einbauen zu können.77 Seit dieser Zeit ist der Wehrgang integraler Teil des Gebäudes A, aber abgetrennt durch eine Fachwerkwand (Abb. 886). Nach Osten wurde Gebäude A mit dem Anbau B verlängert, einem kleinen Fachwerkbau auf einem Steinsockel. Gelbe und graue Fassungen des Holzwerks in den Gebäuden A und B machen ihre Wohnnutzung als Teil des Gasthauses «Zum Adler» deutlich (Abb. 888).
Abb. 889 «Adler» (1.111). Hinterhof. Oberflächlich freigelegter Sodbrunnen (1), später überbaut mit Waschhaus (2) und Wasserbecken mit Backsteinboden (3).
In der Mittelzone des Hinterhofs wurde bei den vorgängigen Sondagen ein Sodbrunnen oberÀlFKOLFK DQJHVFKQLWWHQ $EE XQG Vergleichbare Befunde sind ausserhalb des Allerheiligenareals selten.78 Nach seiner Ausserbetriebnahme wurde der Brunnen durch ein nicht weiter untersuchtes Nebengebäude überbaut. Dabei handelte es sich vermutlich um ein Waschhaus mit Backsteinboden und Wasserbecken, das auch als Regenwassersammler diente. Vergleichbare Wasserbecken kamen auch an anderen Orten in der Stadt zum Vorschein (1.092; 1.109 und 1.218).
2 1 3 71 72 73 74 75
Vgl. oben, S. 633f. Vgl. oben, S. 164. Vgl. oben, S. 161f. Vgl. oben, S. 164f. UWAD, Felix Walder, Bericht Nr. 172 vom 14.2. 2002, Nr. 74417 und Mittel 2416. 76 UWAD, Matthias Seifert, Bericht vom 8.11.1986, Nr. 12513, 12515, und UWAD, Felix Walder, Bericht 1387 vom 13.2.2015. 77 Bänteli 1989, S. 122. 78 Bänteli 2010a, S. 144 und Abb. 1.
643
1.198 Schwabentor (Neuturm), (Bachstrasse 64) Schwabentorturm, Graben, Brücke, Vorwerk Literatur: Bänteli 1996, S. 238; Hauser 1996, S. 336, S. 413; Hans Ulrich Wipf: Der Schwabentorturm muss leider fallen. Ein Abbruchprojekt vor 100 Jahren, in: SN 18.4.1992; Wipf 1992, S. 60–62; Bänteli 1989, S. 106–122; Frauenfelder 1951, S. 28–30; Frauenfelder 1933. Bildquellen: Grütter 2005, S. 38–41, S. 125, Kat. 46, 47, S. 156, Kat. 353, S. 163, Kat. 407, S. 166, Kat. 430, S. 169, Kat. 454. Begehungen und partielle Untersuchungen am Turm fanden im Zusammenhang mit den Bauarbeiten im «Adler» 1987/1988 sowie 2009 mit dem Einbau neuer Toiletten im Erdgeschoss statt. Hinzu kam ein erster Einblick in das Vorwerk zum Turm in einem Leitungsgraben von 2002. Neuturm (Schwabentorturm), um 1335 Der quadratische Turm wurde nachträglich in die bereits seit etwa 100 Jahren bestehende Stadtmauer eingefügt und nimmt die Stelle eines älteren, nicht mehr rekonstruierbaren Tors ein (Abb. 876, 877, 881, 882, 116 und 117). Er springt vollständig aus der Stadtmauer vor. Wie beim Bogentor (1.101) bilden die beiden je 2,5 m breiten Seitenwangen gleichzeitig die Widerlager des Turms. Er besitzt einen traditionellen Eckquaderverband mit Buckelquadern, die seinen wehrhaften Charakter betonen. Einzig an der Südwestecke im Stadtinnern setzen die Quader erst auf etwa 5 m Höhe an, weil hier von Anfang an der Anschluss eines zweigeschossigen Gebäudes vorgesehen war, der Vorgängerbau des «Adler» (1.111). Aus dem graugrünen Sandstein der Eckquader bestehen auch alle weiteren Turmöffnungen, so der noch originale Bogen des inneren Tors und die beiden Rundbogentüren in den Seitenwangen als Verbindungen zum Zwinger. Die Obergeschosse besassen ursprünglich Schlitzscharten aus graugrünen Sandsteinquadern (Abb. 881 und 117). Deren Stürze sind zum Teil gut sichtbar, zusammen mit den zugehörigen Entlastungsbögen im Kalksteinmauerwerk über den im späteren 15. oder frühen 16. Jahrhundert eingebauten Maulscharten. Diese gehören zu den innenseitigen Schiesskammern für die Arm-
brust- und Bogenschützen, wie sie auf dem Hohenklingen in der östlichen Schildmauer von 1393 erhalten sind.79 Vom ehemaligen nordseitigen Wehrerker im obersten Geschoss ist einzig die grosse, 1933 bemalte Nische mit der Uhr erhalten, mit Resten der originalen, ehemals auskragenden Eichenbalken.80 Sehr früh entstand an der Ostseite des Turms auch das hüszli am nüwen thurm, darinnen der torhütter sitzt und sin wonung hat.81 Stadtauswärts liess sich der Turm durch eine Fallbrücke schliessen. Sie wurde 1444/45 als valbruck under dem Nuwen Turn erwähnt und war noch um 1600 zu Rüegers Zeiten in Betrieb.82 Wohl von VWDPPW GHU ÀDFKJHGHFNWH JHPDXHUWH Entwässerungskanal mit einem Querschnitt von 0,55 x 1,2 m, der durch den Turm läuft und sich ans westliche Widerlager anschmiegt.83 Der Brand von 1932 zerstörte das bis dahin noch mittelalterlich erhalten gebliebene Turminnere sowie das 1782 neu aufgesetzte Mansardendach, das dem Turmwächter eine komfortablere Wohnung gebracht hatte. Seither ist der Turmschaft ÀlFKLJ PLW =HPHQW YHUSXW]W GHU (LQEDX HLQHU Transformatorenstation beschädigte die unteren Geschosse stark. Erhalten ist einzig auf halber Höhe ein angekohlter, originaler Deckenbalken, der nicht mehr mit dem Mauerwerk verbunden ist. Er lässt sich wohl ins Jahr 1330 (nahe der Waldkante) datieren, womit auch das Baudatum neu in die Jahre um 1335 eingegrenzt werden kann. Der markante Turm wurde demnach nur ganz kurze Zeit nach der Verpfändung Schaffhausens an die österreichischen Herzöge vom Jahr 1330 gebaut,84 inmitten der internen Auseinandersetzungen der beiden Adelsgesellschaften.85 Gut dazu passen auch die Schriftquellen, in denen der Neue Thurm erstmals 1361 genannt wird.86 Zwinger, um 1335 Im Gegensatz zum westlichen Abschnitt der Stadtbefestigung ist dem nordöstlichen Abschnitt ein 11–12 m breiter Zwinger vorgelagert. Laut dem Peyerplan reichte er 1820 nach Westen bis zur Widder-Barbakane (1.173), nach Osten bis zum Agnesenkloster und endete dort (1.079). Die heute vermauerten Seitentüren im Neuen Turm
Dendrodatierung 1.198 Schwabentorturm87 Bauphase
Ort
Holzprobe Datierung, WK=Waldkante Holzart (in Klammern Anzahl Splintjahre) 1330 Nähe WK Weisstanne
Neubau Turm 2. OG, angekohlter um 1335 Deckenbalken 4. OG, Deckenbalken 25, 26 mit Wehrerker 644
1315?, 1326?
Eiche
J (Abb. 881 und 882) führten in den Zwinger. Sie dienten als Ausfall- und Verbindungstüren für die Mannschaft. Ihre grosszügigen Dimensionen von 1,32 x 2,04 m entsprechen in etwa dem Querschnitt des Wehrgangs. Der Zwinger gehört folglich zum Gesamtkonzept und datiert wie der Turm um 1335. Zu Beginn der Stadtbefestigung leitete man hier, direkt vor der Stadtmauer, die Durach als abschnittsweisen Wassergraben durch, wie die Befunde an der Ostseite zeigen (1.238). Der jüngere, ebenfalls neu mit dem Zwinger hinzugekommene Graben war ebenso breit wie der Zwinger selbst und nahm die jetzt verschobene Durach auf, wie dies der Peyerplan von 1820 zeigt. Seine 1 m breite Kontermauer trat bei Werkleitungserneuerungen 1995 bei der Adlerunterführung zu Tage (1.173). Dabei zeigte sich weiter nordwärts das sanft gegen den Stadtgraben abfallende Bachufer sowie das Niveau des ursprünglichen Terrains, das in etwa 10 m Distanz zum Graben kaum 0,5 m unter der heutigen äusseren Bahnhofstrasse liegt.
Noch um 1600 schreibt Rüeger vom Nüwturn; der heute gebräuchliche Name «Schwabentor» ist jünger. Die ursprünglich niedrigeren, spitzbogigen Torbögen wurden erstmals 1835 bedeutend erhöht. Der nördliche Bogen wurde nach dem Brand von 1933 nochmals modernisiert und mit dem Spruch «Lappi tue d'Augen uf» versehen.88 Bereits 1877 wurde die ans Schwabentor anschliessende östliche Stadtmauer mit fünf anschliessenden Häusern bis zum Haus «Zum Hirschen» niedergerissen (1.043).89 Das an den Turm anschliessende Haus mit der Brandkatasternummer 686 war die Wohnung des Torhüters, entsprechend der Situation beim Weber- und Engelbrechtstor (1.174 und 1.238).90 Abb. 890 Schwabentor (1.198). Der Mittelpfeiler (1) der Steinbrücke zum 1607/08 entstandenen Vorwerk liegt 45 m vor dem Schwabentorturm, nur 80 cm unter der Oberfläche.
Vorwerk und jüngste Bauarbeiten am Neuturm Seit 1555 verstärkte ein erstes, nur aus den Schriftquellen bekanntes Bollwerk das Nordtor der Stadt Schaffhausen. 1607/08 wurde das Bollwerk grossräumig erweitert und mit markanten, runden Geschütztürmen versehen, um die ein zusätzlicher Graben geführt wurde, der auch überbrückt werden musste. Der zugehörige Mittelpfeiler mit dem Bogenansatz der äussersten Brücke kam in einem Kanalisationsgraben im Jahr 2002 zum Vorschein, 45 m vor dem Schwabentorturm und QXU FP XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH $EE 890). Die Brücke passt zu den übrigen, wohl in der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts neu entstandenen steinernen Brücken um die Altstadt (1.069; 1.124 und 1.193), die an die Stelle der Holzbrücken traten, die Mentzinger 1644 noch zeigt.
79 Bänteli 2010c, S. 71f. 80 Bänteli 2010c, S. 80f. 81 STASH RP 24,141 (1564), erstmals RP 20,282 (1561). 82 StadtASH A II.05.01.083/072 1444–1445; Rüeger 1884, S. 359. 83 Hauser 1996, 363f. 84 STASH 1/501. 85 Schultheiss 2011, S. 10. 86 STASH, UR 1/869. 87 UWAD Felix Walder, Bericht Nr. 845 vom 27.6.2011und UWAD Felix Walder Bericht 1387 vom 13.02.2015 88 Wipf 1992, S. 61; zum Spruch «Lappi tue d’Augen uf» Hans Ulrich Wipf: Unbekanntes über einen bekannten Spruch. Die Inschrift am Schwabentor, in: SN 10.1.1984. 89 Hauser 1996, S. 336, S. 413. 90 StadtASH Brandkataster.
1
645
2703144
Widder-Barbakane 1537
ab Mitte 13. Jh. Stadtmauer 1283 Finsterwaldturm um 1335 Neuturm/Schwabentorturm 1407 Hinterhofgebäude A 1529 Stallung mit Pultdach
51
Hinterhofgebäude A
Finsterwaldturm Stallung mit Pultdach
78
Ve los tat ion me
1.173
70
Schalenturm
innere r Stad tgrab en
Ron
den weg
Ber
äus ser er Sta dtg rab en
1.111
1443/45 Bollwerk und äusserer Graben
Abb. 891 Velostation (1.173). Situation mit bislang unbekanntem halbrundem Schalenturm und äusserem Stadtgraben von 1443/45 (M:400).
646
J 1.173 Bahnhofstrasse 51, Velostation Äusserer Stadtgraben, Schalenturm, Barbakane Literatur: Homberger/Zubler 2010, S. 105f., S. 171f., S. 227–229; Wipf 1992, S. 61f.; Frauenfelder 1951, S. 35. Bildquellen: Grütter 2005, S. 34f., S. 130, Kat. 116, S. 131, Kat. 117, S. 133, Kat. 132, 133, S. 171, Kat. 471. Beim Bau der Velostation liess sich 2003 erneut der äussere Stadtgraben beobachten (1.193). Die Aufschlüsse liegen in acht eilig über eine Länge von 30 m ausgehobenen Fundamentgräben, die als Zusatzfundamentierung zu den geplanten Pfählen gemacht wurden. Ihre tiefer greifenden Abschnitte waren sehr instabil und wurden sofort mit Beton aufgefüllt. Bei den Bauarbeiten kam ein halbrunder Schalenturm mit einem Durchmesser von knapp 10 m zum Vorschein, der im Verband mit der 1,6 m starken inneren Grabenmauer entstanden war, die zum Ausbau der Grabenwerke 1443/45 gehört.91 Er steht 3 m über der Grabensohle auf einer Berme, der eine weitere Mauer gegen den hier mehr als 5 m tiefen Graben vorgeblendet ist (Abb. 891 und 207). Mentzinger zeigt 1644 zwar diese Situation, wobei der Schalenturm aber kein Dach mehr zu besitzen scheint, oder er war bereits zum Teil abgebrochen. Im Peyerplan von 1820 fehlt der Turm dann vollständig. Ganz offensichtlich behinderte er die Sicht von der 1537 erbauten Widder-Barbakane grabenaufwärts zum äusseren Engelbrechtstor. Er wurde deshalb zusammen mit einem zweiten, näher beim Engelbrechtstor gelegenen Schalenturm schrittweise entfernt. Mentzinger bildet diesen zweiten Turm 1644 noch ab, jedoch zeigt ihn Peyer im Jahr 1820 schon nicht mehr. Die Widder-Barbakane, der mächtige Rundturm mit 18 m Durchmessern an der Nordwestecke der Stadtbefestigung (1.111), diente, wie die Backofenbarbakane beim Schwarztor (1.213), als vorgelagerte Geschützplattform
zum Schutz des Schwabentors (1.198) und der Hochstrasse, der nördlichen Aus- und Einfallachse der Stadt (1.024). Die Fundamente der Widder-Barbakane liegen im Bereich der Adlerunterführung und wurden noch nicht ergraben. Freigelegt wurden dagegen die Mauern des anschliessenden Rondenwegs, die wahrscheinlich 1537 ebenfalls umgebaut wurden.92 Von der Verbindungsbrücke der Widder-Barbakane zum Wehrgang stammt die 2,5 m breite, sekundäre Öffnung in der Stadtmauer unmittelbar südlich des Finsterwaldturms (1.111). Innerhalb der Grabenmauer zeigen sich im Rondenweg die hochmittelalterlichen Gehniveaus, die zum ersten, inneren Stadtgraben gehören. Sie liegen unter den mit dem Bau des äusseren Grabens entstandenen Aufplanierungen. Hier liegen auch einzelne Gruben, in denen sich Scherben von Kochgeschirr aus der ersten Hälfte des 14. JahrKXQGHUWV ¿QGHQ 93 Aus der Auffüllung des mindestens 5 m tiefen äusseren Stadtgrabens liess sich sehr viel noch ungesichtetes Fundmaterial bergen, das mit dem Bau der Rheinfallbahn 1856/57 in den Graben einplaniert worden war.
1.187 Spitalstrasse 27 6WUDVVHQSUR¿O Im Rahmen von Werkleitungsarbeiten im Jahr DXIJHQRPPHQHV 3UR¿O (V OLHJW LP HKHPDligen Tannergässchen, das von Seitenmauern begleitet war, wie der Peyerplan 1820 zeigt.
91 Vgl. oben, S. 147. OLHVV VLFK GLH PHKUIDFK JHÀLFNWH LQQHUH *UDEHQmauer unmittelbar südlich der Widder-Barbakane untersuchen, deren Erneuerungen möglicherweise im Zusammenhang mit jüngeren Ausweitungen des inneren Grabens stehen (1.052). Schliesslich wurde nach einem Befund von 1995 bei der Adlerunterführung der nördliche Graben, durch den die Durach führte, etwas verkleinert und die Kontermauer erneuert. Die bossierten Kalksteine sind ähnlich, wie wir sie auch im Bereich der Rheinbrücke als jüngste rheinseitige Stadt- und 8IHUPDXHU YRQ ¿QGHQ 'LH 0DXHU HQWstand mit dem Bau der Rheinfallbahn 1856/57, zusammen mit der Aufschüttung des Bahndamms (Bild: StadtASH J 02.01.001). 93 Homberger/Zubler 2010, S. 105f.
647
648
K
K. Quartier Herrenacker und obere Neustadt 'LH ZHVWOLFKH +DQGZHUNHUYRUVWDGW HQWVWDQG (QGH -DKUKXQGHUW DOV YLHUWH 6WDGWHUZHLWHUXQJ (UVW LP VSlWHUHQ -DKUKXQGHUW ZXUGH GHU +HUUHQDFNHU ]XP VWlGWLVFKHQ 3ODW]
1.195 Beckenstube 2–11 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O *UXEHQKDXV 6FKHXQH 6LFNHUJUXEH .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ Literatur: Grabungen bis ins Mittelalter, in: SN 8.7.2005; Hauser 1996, S. 345f.; Frauenfelder 1951, S. 228–230, S. 338f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 104–109, Kat. 57, 58, 205.
LP 3UR¿O 'DV KDQJVHLWLJH (QGH OLHJW HEHQIDOOV LP HUZlKQWHQ 6W|UXQJVEHUHLFK GLH HUKDOWHQH /lQJH EHWUlJW P GLH 6RKOH OLHJW ELV ]X P XQWHU der Gasse, etwa 1,6 m tiefer als der Boden zu M1. In den noch ungestört erhaltenen Füllschichten des Grubenhauses, die 60 cm hoch erhalten sind, OLHJW 6LHGOXQJVDEIDOO GHU +lOIWH +lOIWH 13. Jahrhundert.
$EE Beckenstube (1.195). Im Bereich der Ostfassaden von «Beckenstube» und «Münz» (Beckenstube 8 und 11) quert eine Mauer (1) mit einem Lehmboden (2) aus dem 12. Jh. die Gasse.
Die Werkleitungen wurden hier im Jahr 2003 erQHXHUW 1HEHQ GHU 'RNXPHQWDWLRQ GHU 3UR¿OJUlben liess sich im Strassenbereich vor der «HeiterNHLWª %HFNHQVWXEH HLQH NOHLQH )OlFKHQ untersuchung realisieren. bOWHVWH %DXWHQ LP 6WUDVVHQEHUHLFK Überraschenderweise liegen im Gassenbereich *HElXGHUHVWH DXV GHQ $QIlQJHQ GHU 6WDGW GLH deutlich machen, dass der heutige Zugang zum Herrenacker aus jüngerer Zeit stammt, wie unten dargelegt wird. Vor der Ostfassade der «Münz» (Beckenstube 11) quert die Mauer M1 die Gasse $EE XQG 6LH LVW FP EUHLW XQG besteht aus kleinteiligem Kalksteinmauerwerk. Dieses passt gut zu den frühen Mauern am Rathausbogen (1.205) und zu den Bauten des KlosWHUV $OOHUKHLOLJHQ DXV GHP DXVJHKHQGHQ XQG 12. Jahrhundert. Die Mauer ist gegen den Hang gemauert, die Sohle liegt 1,7 m unter der OberÀlFKH *XW FP GDU EHU VFKOLHVVW HLQ /HKP estrich mit Resten eines Benutzungshorizontes an, der sich mehr als 3 m nach Osten erstreckte. 2E HU ]X HLQHP UHLQHQ gNRQRPLHJHElXGH RGHU zu einem Wohnhaus gehörte, bleibt offen. Fundmaterial dazu fehlt ebenso wie das Gegen VW FN GHU 0DXHU (V ¿HO HLQHU %RPEH YRP $SULO ]XP 2SIHU
1
2
+DQJDEZlUWV XQG P YRQ 0 HQWIHUQW OLHJW YHUmutlich ein Grubenhaus.1 Das schwierige GeOlQGH HUP|JOLFKWH HEHQIDOOV QXU GLH 8QWHUVXFKXQJ 1
Vgl. oben, S. 75f.
649
6WUDWLJUD¿H %HFNHQVWXEH ± Befund
Fundnummer
Datierung
Kanal 3UR¿O 3 *UHQ]H ©:HLVVHU 7UDXEHQª ©$SIHOEDXPª %HFNHQVWXEH Brandschutt 6FKHXQH 0 0 Ostseite aussen 6FKHXQH 0 0 P2 Brandschicht
5, TK 10, 11, DEc graue Ware, Fu; Ofenteil bestehend aus 2 x KR 3, 7 x KR 5a, 1 x KR 5b mit 12 Bodenscherben sowie Ofenlehmbrocken; FZah, HZ, FZ, Kalottenschlacken, TK
neuzeitlich -K schriftliche Quelle Brandereignis 1422
1, Blattkachelfragmente grün glasiert und verbrannt, viel -K HZ, BS, TK 8, RS grün glasiert auf weisser Engobe, Wetzstein, ver- -K zierter Bronzebeschlag einer Gürtelkette für Frauen, Boden XQG +DOV YRQ *ODVÀDVFKH += 6FKPLHGHVFKODFNH 7. 2, 4, KR 5a, aussen farblose Glasur mit Stempeldekor, WS -K graue Ware, Fensterglas, FZah, Schmiedeschlacken, TK 7, WS
6FKHXQH 0 0 Kalksteinschutt innen 6FKHXQH 0 0 vor «Heiterkeit» (Beckenstube 6), P7 verbrannter, lehmig-humoser Hausboden Grubenhaus P4 3, 6, 2 x TR 13a, TR 12, FZah, Kalottenschlacke, viel TK
6LFNHUJUXEH 6FKHXQH *DVVHQ XQG %UDQG YRQ 9RU GHU 7UHSSH ]XP 5HJLHUXQJVJHElXGH OLHJW LQ GHU 6WUDVVH XQG HWZD FP XQWHU GHP $VSKDOW GDV JHPDXHUWH XQG EHUZ|OEWH %DXZHUN 0 $EE 6RZHLW HV LP 3UR¿O HUIDVVW ZHUGHQ NRQQWH besitzt es die merkwürdige Form eines Viertelovals. Offenbar ist es Teil einer grösseren, unterteilten und von mehreren Parteien genutzten Sickergrube, wie sie etwa auch im «Kornhaus» zum 9RUVFKHLQ NDP 'LH /lQJHQ GHU JHUDGHQ Seiten betragen 2 m bzw. 1 m. Das Kalkbruchsteinmauerwerk ist vermörtelt und überwölbt, 0,7 m stark; die Sohle liegt tiefer als 2,8 m unter der Strasse. Bei der Latrine handelt es sich wahrscheinlich um die letzten Reste des 1319 erZlKQWHQ (PHUW]HQ KXV GDV ]H 6FKDIXVHQ OLW LQ GHU
$EE Beckenstube (1.195). Überwölbte Sickergrube 0 GHV HUZlKQWHQ «Emertzen hus» vor der Treppe zum RegierungsJHElXGH
650
+ + -K
0 QVWHUJDVVHQ REQDQ DQ GHP 2KVHQKRYH,2 also jenes Hauses oberhalb des Ochsenhofs, der im %HUHLFK GHV KHXWLJHQ 3ROL]HL *HIlQJQLVKRIV ODJ (1.042.5 und 1.049). Vor der «Heiterkeit» (Beckenstube 6) liegen in GHU 6WUDVVH GLH 0DXHUUHVWH 0 0 HLQHV gNRQRPLHJHElXGHV YRQ HWZD P %UHLWH $EE XQG 252). Die bescheidenen Mauern aus Mischmauerwerk von Kalk-, Bollen- und etwas Sandsteinen reichen nicht tiefer als einen guten Meter unter GLH 2EHUÀlFKH ,QQHQ LVW HLQ YHUEUDQQWHU OHKPLJ humoser, aber wenig festgetrampelter Boden vorhanden, bedeckt von einem Bauniveau aus Kalksteinschutt, weiteren Trampelhorizonten sowie 5HVWHQ HLQHU 3ÀlVWHUXQJ QXU FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH $EE 'D]ZLVFKHQ OLHJHQ ÀHckenweise Brandrötungen und Brandschuttschichten. Ob sie mit jenem Brandhorizont zuVDPPHQKlQJHQ GHU VLFK P KDQJDEZlUWV abzeichnet, ist unklar. Dieser liegt nur 0.5 m unWHU GHU 2EHUÀlFKH LP +DXV]XOHLWXQJVJUDEHQ DXI GHU *UHQ]H ©:HLVVHU 7UDXEHQª ©$SIHOEDXPª %HFNHQVWXEH (U EHVWHKW DXV HLQHP PDVsiven, bis zu 20 cm starken Brandschuttpaket $EE ,Q GLHVHP )DOO ODVVHQ VLFK GHU DUFKlologisch festgestellte Brand und die Fundmaterialien, aus denen vor allem der Versturz eines Ofens mit Becher- oder Napfkacheln und OfenOHKP KHUYRUVWLFKW $EE PLW HLQHU 6FKULIWquelle in Verbindung bringen. Es handelt sich um den in den Stadtrechnungen überlieferten Brand YRQ LP +DXV GHV :lFKWHUV +DQV (JOL %XUN 7Ul\HU XPE N EHO XQG JHOWHQ DOV HV LQ GHU 0 QV WHUJDVV EUDQ LQ +DQQV (JOLQV KXV ,WHP 9 GHQ NQlFKWHQ GLH GLH ODLWUHQ GLH N EHO XQG GLH JHOO WHQ XQG RFK GLH I UKDXJJHQ ZLGHU ]HUlFKWWUXJHQ DO] HV LQ GHU 0XQVWHUJDVVHQ LQ +DQQV (JOLQV KXV EUDQ.3
K
Sickergrube
28
Münstergasse
Weidenbaum
Einstieg
Orgelpfeife
Palmbaum 22
Strassenkante 12. Jh.
Löwengrube
Lorbeerkrä
K an al 15
Strassenkante 14. /15. Jh.
16
1.140
rg 1.265
Rehgeiss
18
blaue Lilie
grüner Be
20
Eintracht
nzlein
änzlein grünes Kr
14
16
aum
2
Apfelb
h
Rat Brandschutt 1422
er T rau b
hen ssc ngä e i ma hön Sc
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4
eit terk Hei Gewände Randengrobkalk
Ka
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6
enstu Beck
1.233
12
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be
1.195 8
M2
haus
en Grub Lehmestrich
Scheune
Bombenkrater 1944
2703233
M3
1.042
Hintergasse / Münsterplatz
Sickergrube M4
Beckenstube
M1
11
12. / 1. H. 13. Jh. Älteste Bauten
0
5
10 m
Allerheiligen V Brandschutt 1422
9
kel
Müligässli 1349
Münz
Kies- / Sandgrube Allerheiligen um 1050 1.234
N
n oge terb Klos
14. / 15. Jh. Jüngere Bauten 1561 Erweiterung Beckenstube Gasse 12. bis 14. Jh.
7
1.049 Zeughaus/ Regierungsgebäude
67$6+ 85 6WDGW$6+ $ ,, +lXVHUGDWHQEDQN
ntor Kolbe
1.184
Gasse 14. / 15. Jh. Gasse 16. Jh.
en eilig llerh ter A s lo K uer zma Stüt
Ochsenhof abgebrochen 1617/18
$EE Beckenstube (1.195). Situation mit Bauphasen (M 1:400).
651
$EE Beckenstube (1.195). Versturz eines Ofens des 14. Jhs. mit Becher- oder Napfkacheln, gefunden im Brand von 1422 im Haus GHV :lFKWHUV +DQV (JOL YJO $EE
Der Brandschutt liegt auf zwei je 10 cm starken Kieskoffern der Strasse, die ihrerseits direkt auf dem nicht abhumusierten, anstehenden Boden ruKHQ 'LH 6WUDVVHQNRIIHUXQJHQ ¿QGHQ VLFK XQGHXWlicher auch nördlich der Mauer M3 und zeigen, dass die Verbindung von der Münstergasse zum Herrenacker im Mittelalter an dieser Stelle zwiVFKHQ GHQ +lXVHUQ %HFNHQVWXEH ± XQG GHQ DXVJHJUDEHQHQ %DXUHVWHQ 0 ±0 ODJ 8QWHUKDOE GLHVHU %DXUHVWH ]ZHLJW VFKOLHVVOLFK GDV 0 OLJlVVOL zum Kolbentor (1.085 und 1.184), zum Steinbruch in der Grueb (1.200,) und zum Mühlentor DE 'HU $EW YRQ $OOHUKHLOLJHQ OLHVV GDV 0 OLJlVVOL ]XU 8PJHKXQJ GHV .ORVWHUV DQlegen.4 $EE Beckenstube (1.195). In einem Graben in der VerOlQJHUXQJ GHU *UHQ]H ©:HLVVHU 7UDXEHQª ©$SIHOEDXPª 1U ]HLJW VLFK EHU ]ZHL lOteren Strassenkoffern (1), nur 0.5 m unter der OberIOlFKH GHU %UDQGVFKXWW (2) von 1422 vom Haus GHV :lFKWHUV +DQV (JOL
652
2 1
*DVVHQYHUOHJXQJ XQG 3ODW]JHVWDOWXQJ +DQJDEZlUWV XQWHUKDOE YRQ 0 ±0 UHLFKW GDV DQVWHKHQGH 7HUUDLQ ELV XQWHU GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH 'LH JOHLFKH )HVWVWHOOXQJ OlVVW VLFK DXFK I U GHQ $EVFKQLWW REHUKDOE YRQ 0 ELV ]XP +HUUHQacker machen (1.176). Das deutet auf erhebliche neuzeitliche Terrainabtragungen an der Beckenstube hin, die der Schaffung der heutigen gleichPlVVLJHQ 5DPSH ]XP +HUUHQDFNHU GLHQWHQ ,Q
K diesem Zusammenhang wurden auch die Bauten M1–M4 abgebrochen. Die Sickergrube M4 wurde mit Kies, Kalk- und Sandsteinen sowie Hohl- und Biberschwanzziegeln aufgefüllt. Zusammen mit GHU (UZHLWHUXQJ GHV =XQIWKDXVHV GHU 3¿VWHU (1.233), die 1561 den bisherigen Gassenraum zubaute, kann dies nur bedeuten, dass man damals die heutige Beckenstube um Gassenbreite nach Süden verschob. In dieser Zeit entstand auch der JHPDXHUWH $EZDVVHUNDQDO 0 GHU YRU GHU QHXHQ Ecke der Zunftstube gegen die Münstergasse hiQDEOlXIW $EE 'DPLW ZLUG HLQ VWDGWSODQHULVFKHU $NW IDVVEDU ZLH GHU %OLFN DXI GHQ 3H\HUplan verdeutlicht: Die neue Gasse, die heutige Beckenstube, nimmt einerseits etwa die Mitte der 6FKPDOVHLWH GHV +HUUHQDFNHUV DXI XQG YHUOlXIW DQGHUHUVHLWV QXQ GLUHNW LQ GHU 9HUOlQJHUXQJ GHU Hintergasse, heute Münsterplatz, die ebenfalls erst im Verlauf des 16. Jahrhunderts zu einem geschlossenen Gassenzug heranwuchs (1.203). Mit GHQ *HElXGHQ ©0 Q]ª ©:LQNHOª XQG ©=HXJhaus» (Beckenstube 5–11) gruppieren sich zuVlW]OLFK |IIHQWOLFKH *HElXGH XP HLQHQ QHX JHschaffenen kleinen Platz, deren Entstehung DXIJUXQG YRQ %LOGTXHOOHQ XQG DUFKlRORJLVFKHQ hEHUOHJXQJHQ HEHQIDOOV VHKU JXW LQV VSlWH Jahrhundert passt.
1.233 Beckenstube 8 «Beckenstube» :RKQKDXV .HUQEDX =XQIWKDXV 3¿VWHU /LWHUDWXU 3HVFDWRUH 6WDPP 6 ± Frauenfelder 1961, S. 161–165; Frauenfelder 1951, S. 260f. (LQH %HJHKXQJ LP (UGJHVFKRVV GHV *HElXGHV Beckenstube 8 zeigte 2010, dass im hinteren Hausdrittel ein steinerner Kernbau des 13. JahrKXQGHUWV YRUKDQGHQ LVW GHU ]XP +DXVW\S $ 675 JHK|UW XQG XUVSU QJOLFK GLUHNW DQ GHU lOWHUHQ *DVVH ]XP +HUUHQDFNHU ODJ (U LVW DQQlKHUQG TXDGUDWLVFK PLW 6HLWHQOlQJHQ YRQ ± P und besitzt einen aufgefüllten Keller. Südseitig sind zwei originale Türen mit gefasten, rundboJLJHQ *HZlQGHQ DXV GHP ]HLWW\SLVFKHQ 5DQGHQgrobkalk6 $EE XQG YRUKDQGHQ 'LH HLQH I KUW LQ GHQ .HOOHUUDXP XQG ZXUGH QDFKWUlJOLFK JHZHLWHW XP JU|VVHUH )lVVHU KLQGXUFK]Xbringen. Die andere ist Teil eines tonnenüberwölbten Ganges, der in den Hinterhof führte. Der Gang besitzt eine Parallele im «Schwenkkessel» (1.166), und die ganze Situation erinnert an den lOWHVWHQ %DX GHV ©3HOLNDQª YRQ LQ GHU 8Qterstadt (1.153). Ob das Haus Beckenstube 8 von 5 6
GHU $XJXVWLQHUSUREVWHL gKQLQJHQ HUULFKWHW ZXUGH GLH VSlWHVWHQV VHLW LQ VHLQHP %HVLW] ZDU ZLVVHQ ZLU QLFKW NDP HV LQ GHQ %HVLW] GHU 3¿V WHU *HVHOOVFKDIW GLH VLFK VSlWHU ©=XQIW ]XQ %Hcken» nannte und ihr Zunfthaus 1561 auf die KHXWLJH 6WUDVVHQÀXFKW HUZHLWHUWH 'LHVHV DP %DX eingemeisselte Datum passt gut mit den zum Teil gestaffelten Fenstern im 1. Obergeschoss zusamPHQ GHUHQ *HZlQGH /DGHQIDO] +RKONHKOHQ XQG HLQVHLWLJHQ $XVODXI EHVLW]HQ ,GHQWLVFKH )HQVWHU GLH PLW GHU -DKUHV]DKO YHUVHKHQ VLQG ¿QGHQ sich am «Störchlein» in der Grueb (1.244), am ©0XVLNKRIª LP 3RVWKRI XQG DP ©%lUHQª in der Vorstadt (1.114).
$EE Fragment einer Schüsselkachel mit quadratischer Mündung, Stempeldekor und farbloser Glasur aussen (Ofenaufsatz 14. Jh.?, M 1:2) und Bronzebeschlag von einer Renaissance-Gürtelkette einer Frau, 16. Jh. (M 1:1).
$EE Beckenstube (1.233). Die EHLGHQ 7 UHQ DXV ]HLWW\pischem Randengrobkalk gehören zu einem Kernbau des 13. Jhs. im hinteren Hausdrittel.
%lQWHOL 6 PLW $QP YJO REHQ 6 Vgl. oben, S. 78. Vgl. oben, S. 85f.
653
1.049 Beckenstube 7 Regierungsgebäude =HXJKDXV Literatur: Ex Terra Lux 2002, S. 181–197; Lieb 1994; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1962, S. 33–34; Frauenfelder 1951, S. 228– 230. Bildquellen: Grütter 2005, S. 106–109, Kat. 57, 205. 'LH $QIlQJH GHV KHXWLJHQ 5HJLHUXQJVJHElXGHV reichen sicher ins Mittelalter zurück. Bei Bauarbeiten im Erdgeschoss kam 1962 die östliche 0DXHU HLQHV 9RUJlQJHUJHElXGHV DQV /LFKW GLH nicht weiter dokumentiert wurde. Sie gehört zur +lXVHU]HLOH GLH LQ GHU %HFNHQVWXEH ]XP 9RUVFKHLQ NDP $XFK LP 'DFKVWXKO JLEW HV YHUVFKLHGHQH +LQZHLVH DXI lOWHUH 6WUXNWXUHQ GLH YRU GHQ SUlJHQGHQ 8PEDX YRQ ]XU FNUHLFKHQ DEHU QRFK ZHLWHUHU 8QWHUVXFKXQJ KDUUHQ 'DV QH =H JKDXV] DOOKLHU LVW GLV] -DKUV XIJHULFKW XQG $QQR YROOHQGWV XVJHEDXHQ XQG GHU 2FK VHQKRII DEJHEURFKHQ ZRUGHQ .7 Der Ochsenhof lag im Bereich des heutigen Zugangs zu PoOL]HL XQG *HIlQJQLVKRI XQG ZLUG EHUHLWV HUZlKQW 8 /DQJV $TXDUHOO ]HLJW XP GLHVHQ 2FKVHQKRI HLQ PlFKWLJHV GUHLJHVFKRVVLJHV Torhaus, als Zugang zum ehemaligen WirtVFKDIWVKRI GHV .ORVWHUV $OOHUKHLOLJHQ $EE 9 1.176 Herrenacker 3ODW] %UXQQHQ :DVFKKDXV %XQWPHWDOOJLHVVHU /LWHUDWXU %lQWHOL E 6 ± +DXVHU S. 359–360; SN 12.4.1985; Frauenfelder 1966, S. 7. Bildquellen: Grütter 2005, S. 98–101, Kat. 388, 389, 401. Das 1999 bis 2001 gebaute Parkhaus Herrenacker hat eine jahrzehntelange Planungsgeschichte hinWHU VLFK 'DKHU UHLFKHQ DXFK GLH HUVWHQ 8QWHUVXFKXQJHQ LQ GLH $QIlQJH GHU 6WDGWDUFKlRORJLH ]XU FN DOV QRFK NDXP DUFKlRORJLVFK JHVLcherte Kenntnisse der mittelalterlichen Stadtentwicklung vorlagen, wurden im Ostteil des Platzes in der Mitte der bestehenden Parkfelder ]ZHL P ODQJH XQG P WLHIH 6RQGLHUJUlEHQ LQ O–W-Richtung angelegt. Sie machten deutlich, dass die ursprünglichen Deckschichten nicht mehr vorhanden sind und der anstehende Kies in ZHLWHQ $EVFKQLWWHQ ELV HWZD FP XQWHU GLH KHXWLJH 2EHUÀlFKH UHLFKW ZHLO GHU 3ODW] XP ausgeebnet wurde.10 In den Kies eingetieft fanden sich einige grössere, neuzeitliche Gruben, von denen die meisten im Zuge der 1887 erstellWHQ 3DUNDQODJH PLW %UXQQHQ XQG .DVWDQLHQElXmen entstanden. Schon früher war der Platz mit 654
HLQ]HOQHQ VFKDWWHQVSHQGHQGHQ %lXPHQ EHVWDQGHQ ZLH GHU 0HQW]LQJHUSODQ YRQ ]HLJW $OV das Parkhaus schliesslich 1999 bis 2001 gebaut wurde, war die mittelalterliche Stadtentwicklung LQ ZHLWHQ 7HLOHQ EHUHLWV JHNOlUW 'HU +HUUHQDFNHU ZDU VHLW GHQ $QIlQJHQ GHU 6WDGW LPPHU HLQH RIIHQH )OlFKH ZHVKDOE GLH XPIDQJUHLFKHQ $XVKXE arbeiten wenig neue Erkenntnisse brachten. (QWVWHKXQJ GHV 3ODW]HV Nur in der Nordwestecke des Herrenackers kam GLH XUVSU QJOLFKH JHRORJLVFKH 2EHUÀlFKH GHV Platzes zum Vorschein, 0,7–1,0 m unter der OberÀlFKH XQG GDPLW LP *HJHQVDW] ]X KHXWH ZLHGHU abfallend nach Norden. Das darüber aufgeschüttete und einplanierte Material ist in den unteren Schichten durchsetzt mit etwas Keramik, die von GHU +lOIWH GHV ELV LQV -DKUKXQGHUW UHLFKW Die Schichten stammen also aus jener Zeit, in welFKHU GHU DQIlQJOLFK ODQGZLUWVFKDIWOLFK JHSUlJWH Herrenacker schrittweise zum Platz wurde und damit erst wirklich Bedeutung für die Stadt erODQJWH $P :HVWUDQG GHV KHXWLJHQ 3ODW]HV YRU dem Werkhaus, heute «Haus der Wirtschaft», liegen Gruben einer ehemaligen BuntmetallgiesseUHL GHU =HLW XP GLH VLFK LP *HElXGHLQQHUQ des Werkhauses fortsetzen und dort besprochen werden (1.186). *HJHQ (QGH GHV -DKUKXQGHUWV ZXUGH GDV VWlGtische Werkhaus, heute «Haus der Wirtschaft», mit dem Werkplatz errichtet (1.186). 1412 erIROJWH GDQQ GHU 1HXEDX GHU VWlGWLVFKHQ )lUEH heute «Rosenberg» (Herrenacker 3) in der Südostecke des Platzes.11 Erst um Mitte 15. Jahrhundert begann man auch die Südseite des Herrenackers zu überbauen und legte die Rosen- und Frauengasse an (1.086 und 1.200). Durch die weitere bauliche Verdichtung, vor allem auf der Nordseite, begann sich gegen Ende des Jahrhunderts der Platz so zu akzentuieren, wie wir ihn KHXWH NHQQHQ $OOHUGLQJV ZDUHQ GLH *HElXGH ZHniger hoch. Damit einhergehend wandelte sich die )XQNWLRQ GHV 3ODW]HV 7HPSRUlU ZDU HU 7XUQLHUplatz und im 16. Jahrhundert wurde er schliesslich ]XP EHYRU]XJWHQ :RKQRUW GHV $GHOV 12 +HUUHQDFNHU %UXQQHQ XQG :DVFKKDXV Beim südlichen Treppenhaus des Parkhauses kamen die Reste des Herrenacker-Brunnens, den ZLU YRP 3H\HUSODQ YRQ NHQQHQ ]XP 9RUVFKHLQ 'DV ]XU +lOIWH IUHLJHOHJWH 3ODWWHQIXQ GDPHQW ZDU DXV PlFKWLJHQ .DONVWHLQSODWWHQ JH mauert, noch 0,7 m dick und bildete ein XQ UHJHOPlVVLJHV 3RO\JRQ YRQ ELV P 'XUFKPHVVHU LP *HJHQVDW] ]X GHQ UHJHOPlVVLJHQ Brunnentrögen, die wir heute noch in der Stadt bewundern können, etwa auf dem Fronwagplatz. Eine vom Rand her leicht eingerückte Vertiefung
K YRQ P 6HLWHQOlQJH DXI GHU 2VWVHLWH ZDU GHU 6WDQGRUW GHU HLQVWLJHQ %UXQQHQVlXOH 'XUFK HLQHQ M QJHUHQ 8PEDX NDPHQ DQ GHU :HVWVHLWH ]ZHL ins Fundament eingesetzte Sandsteinstufen mit rechtwinklig anschliessenden Brettern als Reste HLQHV OlQJOLFKHQ +RO]WURJHV KLQ]X $EE (LQHP ZHLWHUHQ 8PEDX HQWVWDPPHQ OlQJOLFKH stufenartige Sandsteine auf diesen Brettern. Ob es sich bei den Fundamenten um die Reste des mittelalterlichen Herrenacker-Brunnens handelt, XQG RE GHU %UXQQHQ GLHVHQ 6WDQGRUW YRQ $QIDQJ an hatte, wissen wir nicht. Der Brunnen wird erstPDOV HUZlKQW als der Karrer Schopper ai 9 10
18
6WDGW$6+ 7DJHEXFK ,P 7KXUQ * ± S. 59. 67$6+ 85 Vgl. oben, S. 126. Wipf 1992, S. 59. %lQWHOL 6 ± %lQWHOL E 6 ± 5 HJHU 6 II 6WDGW$6+ $ ,, ± 5 HGL S. 208f.; zum «Weinrufer» vgl. Schultheiss 2006, S. 199. 67$6+ 85 /DQGROW 6 6FKXOWKHLVV 6 I +lXVHUGDWHQEDQN 67$6+ 53 +DQQVHQ 5LVFKDFKHU ]XJHVDJW ZHQQ HU VLQ +XV] XII GHP +HUUHQDFNHU EXZH GDV] ,P GHQQ PLQ +HUUHQ PLW GHP ZlVFK KXV] ZLFKHQ XQG GDV GDQQ GDQQHQ WKXQ ZHOOHQ 67$6+ 53 GDV ]ZD\ Z|VFKK VHU DQ RUGW XQG HQGHQ GD GLH DOWHQ Z|VFKK VHU JHVWDQGHQ QDPOLFKHQ DLQV XIIP KHUUHQD FNHU XQG DLQV E\ GHU VWDLQHUQHQ EDFKEUXJN ZLGHU XII JHULFKW XQG JHEDXZHQ ZHUGHQ VROOLQGW «ZHOFKHU JH VWDOW XQG PDVVHQ EHPHOWH Z|VFKK VHU LQQV ZHUFN ]XULFKWHQ UDWVFKODJV SÀHJHQ VROOLQG. 67$6+ 53 + EXZPDLVWHU VDPW V\QHQ REKHUUHQ VROOHQ EHUDWKVFKODJHQ RE HV WXQOLFK XQQG QXW]OLFK ]X GHQ EUXQHQ GDPLW GLHVHOELJHQ GHVWR V EHUHU HUKDOOWHQ ZHUGHQ P|JLQGW QHEHQGW WU|J K OW]L RGHU VWDLQL ]XPDFKHQ; Rüedi 1944, S. 122. Hauser 1996, S. 359.
1
FKLQ +ROW] ]XP %UXQQHQ XII GHP $NHU lieferte VFKUHLEW GDV $PWOHXWHEXFK GHQ :LQU HIIHUQ YRU GDVV VLH LKUHV $PWHV X D DXFK XII GHP +HUUHQ DJNHU ELP %UXQQHQ walten sollen.13 8QG 1495 erbaute die Spende, eine Stiftung für verarmte Stadtbürger,14 hier an der Ecke zur Frauengasse beim Brunnen ein Kornhaus neben das Haus des Stadtrichters und Brunnenmeisters oder BrunQHQN|QLJV +DQV 5LVFKDFKHU )UDXHQJDVVH Herrenacker 8). Zweiter Brunnenmeister war der öffentliche Notar und kaiserliche Schreiber Johannes Gretschart auf der gegenüberliegenden Seite des Platzes im Haus «Zur Luft». Wie überall in der Stadt wurde das Brunnenmeisteramt von Mitgliedern des Rats oder angesehenen Personen DXVJH EW GLH LQ XQPLWWHOEDUHU 1lKH ]X GHQ MHZHLligen Brunnen wohnten.15 6HLW GHP 6SlWPLWWHODOWHU JDE HV JDQ] LQ GHU 1lKH des Brunnens ein isoliert stehendes Waschhaus. (V PXVVWH GHP EHUHLWV HUZlKQWHQ +DXV GHV Hans Rischacher weichen, wurde aber 1593 gleichzeitig mit seinem Gegenstück bei der steinernen Bachbrücke neu gebaut (1.224).16 Ebenfalls zu den Brunnen gehören üblicherweise SuGHOEUXQQHQ GLH ]XVDPPHQ PLW )HJElQNHQ VHLW GHP VSlWHQ -DKUKXQGHUW LQ GHQ 4XHOOHQ KlX¿J HUZlKQW VLQG $Q GLHVHQ 1HEHQWU|JHQ ZXUGH gewaschen, ohne den Hauptbrunnen zu verschmutzen.17 Der Herrenacker-Brunnen stand bis 1861 an dieser Stelle; dann wurde er durch einen WandbrunQHQ DP QHX JHEDXWHQ 0XVHXPVJHElXGH +HUUHQacker 7) ersetzt. Von 1887 bis 1937 gab es ausserdem in der Mitte des Herrenackers einen Springbrunnen mit kreisförmigem Wasserbecken.18
2 3 4
$EE Herrenacker (1.166). Vor GHP KHXWLJHQ &DVLQR KlOItig freigelegtes Fundament des HerrenackerEUXQQHQV PLW $EGUXFN GHU %UXQQHQVlXOH DQschliessend zwei Sandsteinstufen (3). Die Reste eines Holztrogs (4) stammen vom so genannten Sudelbrunnen, in dem gewaschen wurde, um den Hauptbrunnen sauber zu halten.
655
1.188 Ringkengässchen 18 (Herrenacker 8 «Oberer Jordan») +LQWHUKDXV 6WUDVVHQSUR¿O .HOOHUKDOV Literatur: Wipf 2011, S. 114; Hauser 1996, S. 359; Frauenfelder 1951, S. 358. Bei den umfassenden Renovationsarbeiten des +DXVHV YHUEXQGHQ PLW HLQHU 8PQXW]XQJ GHV )DEULNJHElXGHV GHU 6LOEHUZDUHQIDEULN -H]OHU ]X HLQHP 9HUZDOWXQJVJHElXGH ZXUGHQ GLH lOWHVWHQ 7HLOH GHU REHUHQ +DXVKlOIWH GRNXPHQWLHUW $QOlVVOLFK GHU (UQHXHUXQJ GHU :HUNOHLWXQJHQ LP -DKU HUIROJWH ]XVlW]OLFK HLQH 3UR¿ODXIQDKPH YRU GHP +DXV LP 5LQJNHQJlVVFKHQ :LH GHU 3H\HUSODQ YRQ GHXWOLFK PDFKW GLHQWH GDV VFKPDOH *HElXGH DOV +LQWHUKDXV GHV ©2EHUHQ -RUGDQª :lKUHQG GLHVHV LP VSlWHUHQ Jahrhundert19 entstandene herrschaftliche HauptJHElXGH DP +HUUHQDFNHU GHU %RPEDUGLHUXQJ YRP $SULO ]XP 2SIHU ¿HO EOLHE GDV +LQterhaus wundersamerweise verschont. $XV GHQ $QIlQJHQ GHV ©-RUGDQª VWDPPW GLH +RIPDXHU OlQJV GHV 5LQJNHQJlVVFKHQV ,KUH )XQGDmente reichen gut 80 cm tief unter das heutige Strassenniveau und stehen auf dem anstehenden /HKP 1DFKWUlJOLFK ZXUGH GDV P EUHLWH 5XQGbogentor aus Kalkstein mit dem einseitigen Stützpfeiler aus dieser Mauer herausgebrochen. Das [ P PHVVHQGH )DFKZHUNJHElXGH I JW VLFK in den Winkel zwischen Haupthaus und Hofmauer ein. Es besitzt im Erdgeschoss eine nach
$EE 5LQJNHQJlVVFKHQ (1.188). Ehemaliges Hinterhaus des 1944 bombardierten «Oberen Jordan». 'DV )DFKZHUNJHElXGH PLW offener Halle, getragen von den beiden KalksteinVlXOHQ VWDPPW DXV GHU 2. H. 16. Jh. Etwa ein -DKUKXQGHUW VSlWHU NDP das 2. OG mit dem einzigartigen, lauschigen Fachwerkerker und den kunstvoll geschweiften $QGUHDVNUHX]HQ KLQ]X
656
2VWHQ RIIHQH +DOOH $EE (LQ PLWWLJHU /lQJVXQWHU]XJ DXI HLQHU .DONVWHLQVlXOH PLW 6DWtelholz teilt die Halle in zwei Schiffe. Zwei gleiFKH .DONVWHLQVlXOHQ XQWHU GHU 2VWIDVVDGH WUDJHQ GHQ 2EHUEDX :HLWHUH VROFKH 6lXOHQ PLW LGHQWLVFKHQ .DSLWHOOHQ ¿QGHQ ZLU LP ©6 VVHQ :LQNHOª und in der «Treu», die 1567 respektive 1579 entstanden (1.060 und 1.156), und auch am Hinterhaus der «Weissen Rose» an der Rosengasse 16 YRQ $P Q|UGOLFKHQ (QGH DQVFKOLHVVHQG DQ das Tor, wurde ein massives Treppenhaus eingebaut. Es besteht aus einem überwölbten Kellerhals, dessen Treppe in den Keller des HauptgeElXGHV I KUWH $XI GLHVHP *HZ|OEH VLW]W GLH PHKUOlX¿JH .DONVWHLQWUHSSH ]XP 2EHUJHVFKRVV Diese ganze Treppensituation erinnert stark an jene an der Hoffassade des «Gelben Hauses», die etwa zur gleichen Zeit entstand (1.137). Im 1. Obergeschoss trennt im Westen ein weiterer /lQJVXQWHU]XJ PLW (LFKHQVW W]H XQG 6DWWHOKRO] einen Gang vom übrigen Raum. Dazu gehören die Fenster in der massiven Fassade am RingkenJlVVFKHQ GHUHQ .DONVWHLQJHZlQGH )DVHQ PLW HLQVHLWLJ DEJHVFKUlJWHP $XVODXI EHVLW]HQ 6SlWHU wurde das 2. Obergeschoss mit dem lauschigen und in Schaffhausen einzigartigen FachwerkerNHU $EE HUULFKWHW ,P *HJHQVDW] ]XP HUV ten Obergeschoss sind hier die Gefache noch weitgehend original erhalten. Drei kunstvoll geVFKZHLIWH $QGUHDVNUHX]H GHXWHQ DXI HLQH (QWVWHKXQJV]HLW LQ GHU ]ZHLWHQ +lOIWH GHV -DKUKXQderts hin, wie entsprechende Beispiele an UHSUlVHQWDWLYHQ %DXWHQ GHU 6FKDIIKDXVHU /DQGschaft zeigen.20
62
3
Tanne
1.113 Herrenacker 9 «Luchs» (Herrenacker 10 «Peyerburg») 0DULHQ $QQDNDSHOOH %UXGHUVFKDIW :RKQKDXV
7
K 60
2
3
Rebleutgang
1
Rathausbog en
19
56
58
20
1
23 24
26
17
52
18
54
25
15
Herrenacker
2703220
44
N Parzellen des Klosters Allerheiligen 60 x 100 Fuss = 17,5 m x 29,5 m
0
5
2
13
10 m
42
3160
2
Ackergässchen
3
5
10
24
7
12
9
40
11
22
n Ringkengässche
Literatur: Schultheiss 2006, S. 93–95; Landolt 6 ± 6 ± :LSI +DQV 8OULFK :LONH 'DJPDU +DXV ]XP /XFKV (LQ +DXV mit Geschichte, Schaffhausen 1991; Frauenfelder 1951, S. 210; Reinhard Frauenfelder: Das Haus zum Luchs auf dem Herrenacker, in: SN 15.7. 1944. +DXVLQYHQWDU *D PN =XP /XFKV 2NWREHU 'DJPDU :LONH =XU 3H\HUEXUJ 0DL
$EE «Luchs» (1.113). Die VSlWPLWWHODOWHUOLFKH 3DUzellierung am Herrenacker entspricht mit etwa 60 x 100 Fuss jener aus den $QIlQJHQ GHV .ORVWHUV $OOHUKHLOLJHQ XP (M 1:2000).
26
38
Rosengasse
16
Frauenga
+lXVHUGDWHQEDQN +HUPDQQ 5lEHU 6 ± 5 HJHU 6 $ %lQWHOL 6 I %lQWHOL D 6 67$6+ 85 allg. Rüeger 1884, S. 311f. %lQWHOL 6 I 6FKXOWKHLVV 6 ± /DQGROW 6 ± 5 HJHU 6 I +lXVHUdatenbank. =XP 6WLIWHU +lXVHUGDWHQEDQN )UDXHQIHOGHU E
Latrine 18
20
0DULHQNDSHOOH PLW 6HHOKDXV Merckli seinerseits verkaufte 1477 Haus, Hof und Hofstatt mit Garten, Scheune und Stall an die Stadt, damit diese aus dem Haus ein «Seelhaus» RGHU HLQH ©(OHQGKHUEHUJHª PDFKHQ NRQQWH $OV *HJHQOHLVWXQJ ZXUGH LKP HLQH OHEHQVODQJH $OWHUVUHQWH LP 6SLWDO JHZlKUW 23 Es entstand die ]ZHLWH (OHQGHQKHUEHUJH GHU 6WDGW GLH 9RUJlQJHULQ LQ GHU 8QWHUVWDGW ]ZLVFKHQ )LVFKHU XQG /lXIHUJlVVFKHQ ZXUGH DXIJHJHEHQ 24 Das +DXV +HUUHQDFNHU GLHQWH IRUWDQ DOV 8QWHUNXQIW für bedürftige Pilger, wandernde Handwerksburschen und Bettler. Heute steht die «3H\HUEXUJª an ihrer Stelle, weshalb weitere bauliche Infor-
17
9RUJlQJHUEDXWHQ In der Ostfassade des Hauses «Zum Luchs» am 5LQJNHQJlVVFKHQ VWHFNHQ QRFK 0DXHUWHLOH HLQHV 9RUJlQJHUEDXV PLW HLQHU PlFKWLJHQ 7 UVFKZHOOH DXV .DONVWHLQ P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH $EE 902). Es sind die Reste des Hauses von Clewi Werkmeister, das er 1445 dem Metzger Heinrich Merckli verkaufte.21 6HLQH 3DU]HOOH OlVVW VLFK DOV Teil einer Reihe von weiteren Grundstücken am Herrenacker rekonstruieren, die etwa 60 x 100 )XVV E]Z [ P PDVVHQ $EE 6ROFKH +RIVWlWWHQ YHUSDFKWHWH GDV .ORVWHU $OOHUKHLligen als Grundherr der Stadt seit alters her.22
18
Tor?
15
Im Rahmen der sanften Sanierung des Hauses ZXUGH LQ GHQ -DKUHQ YRU DOOHP GLH .Dpelle im Erdgeschoss des «Luchs» baugeschichtOLFK XQG DUFKlRORJLVFK XQWHUVXFKW :HLWHUH +LQZHLVH ]XP +DXV HUJDEHQ VLFK ZlKUHQG GHU :HUNOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ LP 5LQJNHQJlVVFKHQ
M1 M3
M5
mationen zur Herberge fehlen. Dagegen haben sich im Nachbarhaus «Zum Luchs» erstaunlicherweise Teile der zugehörigen Herbergskapelle bis in unsere Zeit erhalten. Stifter der Kapellenpfrund I U GLH 0HVVH XQG GHQ 8QWHUKDOW HLQHV 3ULHVWHUV ZDU 5XGROI 6WLJElU DXFK 6WLSSHU JHQDQQW (U ZDU seit den 1440er-Jahren Priester im Spital und zog 1475 ans Kollegiatsstift Münster, heute Beromünster im Kanton Luzern. Sein sprechendes FaPLOLHQZDSSHQ HLQ VWHLJHQGHU %lU ZDU HLQHU GHU Gewölbeschlusssteine im Kapellenchor und kam bei Renovationsarbeiten 1944 etwa im Zentrum der östlichen Giebelwand zum Vorschein.25 Die Kapelle wurde ebenfalls auf dem Mercklischen *UXQGVW FN HUULFKWHW YRP 5DW ¿QDQ]LHUW XQG GXUFK GHQ $EW YRQ $OOHUKHLOLJHQ DP -XQL als Marienkapelle geweiht. Sie besass kein BeJUlEQLVUHFKW GDPLW GHP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ durch hierher abwandernde Spenden kein Nachteil erwuchs.
3
$EE «Luchs» (1.113). Bei den Werkleitungssanierungen von 2004 zeigten sich die Kalksteinschwelle (1) des 9RUJlQJHUEDXV XQG GHU Eingang (2) der Marienkapelle von 1480 mit der Chorschulter (3).
2
1
657
rge/
1.113
Elendenherbe Seelhaus Peyerburg
'HU SRO\JRQDOH &KRU OLHJW HLQH 6WXIH K|KHU 'HU YROOVWlQGLJ HUKDOWHQH &KRUERJHQ EHVWHKW DXV graugrünem und rotem Sandstein. Im Gegensatz GD]X ZXUGH I U GLH 'UHLYLHUWHOVlXOHQ GHU 'LHQVWH GHU &KRUZlQGH PLW GHQ *HZ|OEHULSSHQ DXVschliesslich grüngrauer Sandstein verwendet $EE 5HVWH GHU 6FKDOEUHWWHU GHV *HZ|OEHV zeichneten sich über der Giebelwand im 1. Obergeschoss 1,8 m über dem Boden ab. Damit betrug die Chorhöhe maximal 6,3 m. In der Westwand gegen das Haus Herrenacker 10 zeichnen sich drei JURVVÀlFKLJH 1HJDWLYH YHUVFKLHGHQHU HQWIHUQWHU *HZlQGH DE $EE XQG %HLP &KRUERJHQ EHIDQG VLFK GLH 7 UH ]XU 6DNULVWHL %HLP $Otar gab es eine Sitznische für den Priester. Die leicht vorspringende Bank der Nische mit einem gotischen Spitzbogenfenster darüber ist noch zur +lOIWH HUKDOWHQ 'LH )HQVWHU VLQG ZLH DOOH DQGHUHQ $UFKLWHNWXUHOHPHQWH GHV &KRUV GXUFK HLQHQ PLWtelgrossen Bollenfries mit roter Begleitlinie gefasst. Ähnliche Farbfassungen, aber mit schwar]HU %HJOHLWOLQLH ¿QGHQ VLFK LQ GHU 6WDGWNLUFKH 6W
sschen Ringkengä
Den Grundriss der Kapelle legte erst die BauXQWHUVXFKXQJ GHU -DKUH IUHL (V wurde deutlich, dass der Chor nicht, wie bis anhin vermutet, auf der Seite des Herrenackers lag, VRQGHUQ V GVHLWLJ KDQJDEZlUWV $EE 'DV Schiff entspricht dem heutigen Vorderhaus «Zum Luchs». Seine Mauern bestehen aus unUHJHOPlVVLJHP .DONVWHLQPDXHUZHUN GDV PLW HWwas Hohlziegelbruch und Sandsteinbrocken durchsetzt ist. Bemerkenswert sind die Reste des Eingangs, eine Sandsteinschwelle mit dem PfosWHQ GHV JHIDVWHQ *HZlQGHV DXV 5DQGHQJURENDON GHU LQ GHU )DVVDGH LP 5LQJNHQJlVVFKHQ etwa 9 m von der Hausecke entfernt, noch sichtEDU LVW $EE ± (V LVW ELVODQJ GDV M QJVWH bekannte Vorkommen dieses Steins in der Stadt.26 Nochmals 6 m weiter unten erkennt man in der Fassade noch deutlich die Ecke der ChorVFKXOWHU ELV DXI +|KH GHU )HQVWHUElQNH LP 2EHUJHVFKRVV $EE 'HU 6FKLIIERGHQ OLHJW etwa 35 cm unter der Schwelle bzw. 1,4 m unter dem heutigen Bodenniveau.
Schiff MarienAnnakapelle Luchs
Mitte 15. Jh. Vorgängerbauten 1479/80
Eingang Kapelle
Anbetung der heiligen Drei Könige um 1500
0
1
Marienkapelle
um 1520
Annakapelle
nach 1532
Wohnhaus
1707/08
Erweiterung/Umbau
2
3
4
5m
N St. Annen Bruderschaft Türschwelle Vorgängerbau Clewi Werkmeister Stufe
Türe Sakristei
Christus in Gethsemane
Schlussstein mit Stigbär-Wappen Chor
Sitznische Priester
Altar
Hinterhaus
$EE «Luchs» (1.113). GrundULVV GHU 0DULHQ $QQDNDpelle mit Bauphasen (M 1:200).
658
Kalksteinbasis
K Johann und datieren in das Jahr 1472. Hier wie GRUW VLQG GLH 6DQGVWHLQH ÀlFKLJ JUDXVFKZDU] JHfasst.27 Erstaunlicherweise blieb das Fresko an der Westwand des Chors durch die Jahrhunderte VLFKWEDU $EE (V ]HLJW GHQ EHWHQGHQ &KULV tus im Garten Gethsemane mit schlafenden Jüngern, Judas und seine Knechte, wie wir sie auch von der Kirche St. Johann her kennen.28 Die schiffseitigen Malereien an der Chorbogenwand sind hingegen nicht mehr bestimmbar. :HFKVHO ]XU $QQDNDSHOOH PLW %UXGHUVFKDIW K|UHQ ZLU YRQ HLQHU 6W $QQHQ %UXGHUVFKDIW die in der Marienkapelle ihre Gottesdienste abKlOW 29 $EHU VFKRQ EHVLW]W GLH HKHPDOLJH 0DULHQNDSHOOH GDV QHXH 3DWUR]LQLXP YRQ $QQD GHU Mutter von Maria. Ein identischer Vorgang fand ]HLWJOHLFK DXFK LP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ VWDWW Dort war er mit dem Neubau des Chors der Münsterkapelle verbunden.30 Im Schiff der Kapelle ZXUGHQ QDFKWUlJOLFK ]ZHL :DQGSIHLOHU LQ VLQJXOlUHU 0DFKDUW HLQJHEDXW $EE XQG 6LH sind noch 1 P KRFK HUKDOWHQ $XI LKUHU HLQIDFKHQ
gefasten Sandsteinbasis wurde der Pfeiler mit gleich geformten Backsteinen aufgemauert, verputzt und wie die Sandsteine im Chor grauVFKZDU] EHPDOW $EE 'DGXUFK ZXUGH GDV vordere Schiffsdrittel schrankenartig abgetrennt, RIIHQEDU DOV $EJUHQ]XQJ GHV %HUHLFKV GHU QHX hinzugekommenen Bruderschaft. Wie der Oberbau der Pfeiler ausgesehen hat, ist unklar. Ein ebenfalls grauer, 20 cm breiter giebelförmiger Streifen an der Westwand gegen den Chorbogen VFKHLQW GDPLW ]XVDPPHQ]XKlQJHQ 6HLQH 6FKHLtelhöhe liegt 5,5 m über dem Boden. Erst bei der letzten Sanierung kam das Fragment HLQHU JHPDOWHQ $QEHWXQJVV]HQH GHU +O 'UHL .|QLJH DXV GHU =HLW XP ]XP 9RUVFKHLQ $EE 903 und 298). Es liegt etwa in der Mitte der westOLFKHQ /lQJVZDQG GLUHNW YRU GHP VSlWHU HLQJHbauten Pfeiler. Besteht hier ein Zusammenhang mit einer Stiftung dieser kaum bekannten Bruderschaft von Handwerksgesellen?
$EE V «Luchs» (1.113). Reste des Kapelleneingangs der 0DULHQ $QQDNDSHOOH LQ der Ostfassade des «Luchs». Sandsteinschwelle mit Türpfosten aus Randengrobkalk (M 1:50). $EE VV «Luchs» (1.113). Westwand des Chores der MaULHQ $QQDNDSHOOH PLW %Hmalung von 1480 0 YJO $EE
Ostfassade Blick West 1 :20
ehemalige Türe
26
Vgl. oben, S. 86. %lQWHOL 6 6WlKHOL %lQWHOL /LHE 6 5 HJHU 6 $ 67$6+ 85 ]X $OOHUKHLOLJHQ %lQWHOL D S. 104.
Ringkengässchen
Boden Schiff Marienkapelle
Sitznische Priester Türe Sakristei
St. Annen Bruderschaft
659
1DFKUHIRUPDWRULVFKH 8PQXW]XQJ DOV :RKQKDXV 'DV EHQDFKEDUWH 6HHOKDXV VSlWHU ©=XU 3H\HUburg», diente noch bis 1581 seinem Zweck und wurde dann in die Grueb, an die untere Rosengasse verlegt (1.085). Im Gegensatz dazu wurde GLH .DSHOOH LQ GHU 5HIRUPDWLRQ VlNXODULsiert31 und ging 1532 in den Besitz des nachmaOLJHQ 5HLFKVYRJWV XQG *URVVUDWV +HLQULFK 3H\HU (1510–1553) über.32 1581 taucht der Hausname ©/XFKVª DOV %HKDXVXQJ +HLQULFK 3H\HUV GHV $Oten auf, in dessen Familie die Liegenschaft bis 1750 verblieb. :HLO GDV *HElXGH VDQIW VDQLHUW ZXUGH OLHJHQ ]X VHLQHU 8PQXW]XQJ DOV :RKQKDXV nur wenige Baubeobachtungen vor. Vom Schiff der Kapelle waren die Nordwand und ein gleich ODQJHU $EVFKQLWW GHU 2VWZDQG ELV ]XP (LQJDQJ
Pfeiler 1:20
$EE «Luchs» (1.113). Wandpfeiler in Formbacksteinen auf einer Sandsteinbasis um 1500 (M 1:50), /DJH YJO $EE
heutiger Boden
Bollensteinpflästerung
Boden Schiff
Ansicht Blick Nord
Achse Liftschacht
$EE «Luchs» (1.113). Quadratische Bodenplatten mit Eichblattdekor über der abgebrochenen südlichen Chorfront, 16. Jh.
Grundriss
abgebrochen, der Bereich sodann unterkellert und neu aufgebaut worden. Vom Chor waren Dach, Gewölbe und die südliche Stirnwand abgebroFKHQ ZRUGHQ 'HU XQWHUVWH $EVFKQLWW GHU 6 GRVWwand diente zusammen mit der Westwand als Mauerkrone für den neuen Keller. Das gleiche 9RUJHKHQ OlVVW VLFK EHL GHU 8PQXW]XQJ XQG 8Qterkellerung des Chors der Barfüsserkirche beobachten (1.062). Die Funktion einer Kalksteinbasis im Bereich der QHXHQ 6 GRVWHFNH OLHVV VLFK QLFKW UHVWORV NOlUHQ $EE -HGHQIDOOV NDP GLH QHXH 6 GIDVVDGH an diese Stelle im Bereich der ehemaligen Chorfront zu liegen. Es ist davon auszugehen, dass der damalige Neubau weitgehend dem heutigen GeElXGH HQWVSULFKW DEJHVHKHQ YRQ HLQHU M QJHUHQ einraumtiefen Hinterhauserweiterung. Letztere JHK|UW ]XP GDWLHUWHQ 8PEDX PLW GHP +DOEHUNHU LP 2EHUJHVFKRVV DP 5LQJNHQJlVVchen und dem herrenackerseitig neu eingebauten Kastenerker mit den dortigen Kalksteinstützpfeilern. Im Innern ist schliesslich die Beobachtung von quadratischen Bodenplatten mit Eichblattdekor über der abgebrochenen, ehemals südlichen &KRUIURQW $EE EHPHUNHQVZHUW 2E VLH noch aus der Kapelle stammen und wiederverwendet oder neu verlegt wurden, ist unklar.33 Die &KRUZHVWZDQG ZXUGH ]XU GDXHUQGHQ 3UlVHQWDWLRQ $EE GXUFK HLQHQ P WLHIHQ DUFKlRlogischen Schnitt bis auf ihr ursprüngliches Bodenniveau freigelegt. Im Schutt über dem jüngeren Kellergewölbe fanden sich drei Spolien von Gewölberippen34 VRZLH 6FK VVHO XQG 7RSIUlQGHU und eine Napfkachel aus grauer und grünglasierter Keramik, die aus dem 15. und frühen 16. Jahrhundert stammen und damit ausgezeichnet in GLHVH 8PEDX]HLW SDVVHQ 35
31 Vgl. oben, S. 194. 32 Schmuki 1986, S. 499. 33 Zur Problematik Lehmann 1999, S. 186–188; allg. zu %RGHQSODWWHQ DXFK +RPEHUJHU =XEOHU 6 I 34 Sie werden vor Ort aufbewahrt. .$6+ ± 36 Vgl. oben, S. 102.
660
K 1.186 Herrenacker 15 Werkhaus/«Kornhaus»/«Haus der Wirtschaft» (Herrenacker 13 «Glocke» und 17 «Goldenes Lamm») :HUNKDXV .RUQKDXV %XQWPHWDOOJLHVVHU +DIHQ JLHVVHU 6LFNHUJUXEH .HOOHUKDOV /LWHUDWXU %lQWHOL 6 .XUW %lQWHOL 9RQ der Giesserei zum Zeughaus, in: SN 5.6.2003; 'RPLQLN (UQL MlKULJH *LHVVHUHL HQWGHFNW LQ 61 +DQV 8OULFK :LSI .RUQKDXV ZDU Handelszentrum bis die Eisenbahn kam, in: SN 27.4.1979; Frauenfelder 1951, S. 234, S. 360– 362; Reinhard Frauenfelder: Das Korn- oder Kaufhaus auf dem Herrenacker, in: SN: 20.12.1943. Hausinventar: Dagmar Wilke, Korn- und KaufKDXV $XJXVW $XIQDKPHSOlQH % UJHUKDXV 7DIHO I Bildquellen: Grütter 2005, S. 98, Kat. 401.
Das von der Stadt im Baurecht abgegebene «Kornhaus» wurde 2001–2003 durch die KornKDXV /LHJHQVFKDIWHQ $* UHVWDXULHUW ]XP ©+DXV der Wirtschaft» umgebaut und erlebte nach Jahrzehnten des Niedergangs eine Renaissance. Die |VWOLFKH +lOIWH ZXUGH XQWHUNHOOHUW XQG GDKHU ]XVDPPHQ PLW GHQ %UDQGPDXHUQ ÀlFKLJ XQWHUVXFKW Dabei zeigte es sich, dass die Hausgeschichte tief ins Mittelalter reicht, um Jahrhunderte weiter zurück als zu Beginn der Renovationsarbeiten angenommen. :RKQKlXVHU XQG HLQH *ORFNHQ XQG %XQWPHWDOO JLHVVHUZHUNVWDWW XP 'LH $QIlQJH GHV *HElXGHV OLHJHQ XP LQ der Zeit der jüngsten Erweiterung Schaffhausens um die Neustadt.36 Die bisherige Sackgasse von GHU 2EHUVWDGW KHU ZXUGH PLW GHP $FNHUJlVVFKHQ bis auf den Herrenacker erweitert (1.159 und 1.183.) Beidseits entstanden freistehende Einzel-
436.00
um 1300
Haus A: des Glockengiessers mit Werkstattgruben
435.00
um 1300
Haus B:
goldenes Lamm
14. / frühes 15. Jh.
Haus C:
obere Glocke
14. / frühes 15. Jh.
Haus D:
Anbau goldenes Lamm
14. / frühes 15. Jh.
Haus E:
Werkhaus
14. / frühes 15. Jh.
Haus F:
Werkhaus
um 1515
Haus G:
Neubau Werkhaus
1678/79
Neubau Kornhaus
434.00
433.00
432.00
431.00
430.00
429.00
428.00
427.00
Kamin Nordseite G
426.00
425.00
Aufstockung obere Glocke
424.00
DG
423.00
422.00
421.00
3.OG
420.00
419.00
418.00
Haus E 2.OG
417.00
416.00
415.00
414.00
Haus C
Haus A
Haus F
1.OG
413.00
412.00
411.00
Haus B
Erweiterung Haus D 410.00
409.00
Tor obere Glocke
408.48 EG
408.00
407.00
0 406.00
405.00
404.00
403.00
Latrine G5
5
10 m
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Querschnitt mit Bauphasen, Blick Süd (M 1:200).
661
0
goldenes Lamm
M10
Keller
Wohnung Werkmeister G
M12
G16
M14 G12C M8 G12D G15 G12B M7
Ofen G13 M6 G12A Brunnen
E
M5
Kornhaus
Neustadt
M3
A
G9
Kanal
G11
G18
Tor
G8
Werkstatt
Sickergrube G14 M4
M11
G17
G3
M1
M2
Glockengiesser
G1
F
Tor
Profil C
N
Latrine
M13
10 m
Herrenacker
17
D Profil
B
5
15
52
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Situation mit Bauphasen und Gruben der Buntmetallgiesserei (M 1:400).
44
13
Sickergrube G5
um 1300
Haus A: des Glockengiessers mit Werkstattgruben
um 1300
Haus B: goldenes Lamm
14. / frühes 15. Jh.
Haus C: obere Glocke
14. / frühes 15. Jh.
Haus D: Anbau goldenes Lamm
14. / frühes 15. Jh.
Haus E: Werkhaus
14. / frühes 15. Jh.
Haus F: Werkhaus
um 1515
Haus G: Neubau Werkhaus
1678/79
Neubau Kornhaus
obere Glocke
KlXVHU DXI DQIlQJOLFK JURVVHQ *UXQGVW FNHQ =ZHL VROFKHU +lXVHU ODVVHQ VLFK LP ©.RUQKDXVª UHNRQVWUXLHUHQ $EE XQG ,KUH 0DXHUscheiben, zum Teil bis zum First erhalten, stecken in den Brandmauern, und im Boden liegen zugehörige Fundamentreste. Haus B (Neustadt 52) gehört zur Parzelle des «Goldenen Lamms», ist OHLFKW DXV GHU 6WUDVVHQÀXFKW GHU 1HXVWDGW ]XU FNversetzt, dreigeschossig und besitzt ein Satteldach. 'DV +DXV GHV *ORFNHQJLHVVHUV $ VWHKW TXHU LP Zentrum der Kornhausparzelle, ist dreigeschosVLJ XQG EHVLW]W HLQ 3XOWGDFK $EE XQG ,P XQUHJHOPlVVLJHQ .DONEUXFKVWHLQPDXHUZHUN in der Brandmauer sind Löcher der Deckenbalken und Negative der Böden ablesbar. Die Nordfassade endet im Westen stumpf, was auf eine verschwundene Fachwerkfassade zur Strasse KLQGHXWHW 'DV :RKQKDXV OlVVW VLFK GHPQDFK DOV unübliche Mischbauweise rekonstruieren. Dies ZLUIW GLH )UDJH DXI RE GHU %HVLW]HU ]XQlFKVW HLQ Fachwerkhaus bauen wollte, der Feuergefahr seines Gewerbes wegen aber zum Teil darauf verzichtete? Der Sickerschacht G5 an der SüdostHFNH GHV *HElXGHV JHK|UWH YRQ $QIDQJ DQ GD]X Bei einem Durchmesser von 3,5 m besass er eine 7LHIH YRQ HWZD P $EE Im Hof gegen den Herrenacker lag über einer beUHLWV YRQ 6LHGOXQJVWlWLJNHLW YHUXQUHLQLJWHQ +XPXVVFKLFKW HLQH ± FP PlFKWLJH GXQNOH Brandschuttschicht mit Humus und Kies, viel 662
Holzkohle, verbrannten Lehmbrocken und Bron]HEU|FNFKHQ GHUHQ %UDQGLQWHQVLWlW YRQ 6 GHQ nach Norden zunahm. Dazu gehören etwa ein Dutzend zum Teil mehrfach benutzte Gruben, die EHU HLQH )OlFKH YRQ [ P YHUVWUHXW OLHJHQ und auf den Platz bis in die Baugrube des ParkKDXVHV +HUUHQDFNHU KLQDXVUHLFKHQ $EE XQG *LHVVHUHLDEIlOOH G K 5HVWH GHU Tonformen und Bronzeschlacken in den Grubenfüllungen zeigen, dass hier die Werkstatt eines Buntmetallgiessers lag. Bronzebröckchen DXV GLHVHU $NWLYLWlW ¿QGHQ VLFK DXFK DXVVHQ LP 6WUDVVHQNRIIHU GHU 1HXVWDGW ELV KLQ ]XP $FNHUJlVVFKHQ 'HU %HWULHE ZLUG GXUFK .H UDPLNIXQGH DXI GLH +lOIWH +lOIWH 14. Jahrhundert datiert. Hohlziegel- und Backsteinfragmente mit stellenweise anhaftenden Bronzespuren sind teilweise bis zur Verglasung geschmolzen. Sie sind als Bestandteile der Öfen zu interpretieren, in denen das Metall, zur HauptVDFKH .XSIHU PLW HLQHP $QWHLO DQ =LQQ VRZLH $OWmetall, geschmolzen wurde. Ein Ofenstandort ist mit G13 lokalisiert, der unter der Brandschuttschicht und einem unverbrannten 15 cm starken /HKPSDNHW ]XP 9RUVFKHLQ NDP 'LH ÀDFKH QXU 15 cm tiefe und massiv brandgerötete Mulde war mit ebenso verbrannten Bollen- und Randengrobkalksteinen sowie Backsteinfragmenten gefüllt, den Resten des Ofenkörpers. Ostseitig schloss ein halbkreisförmiger Kranz von kleineren Gruben DQ * $±( 6LH KDWWHQ 'XUFKPHVVHU YRQ ± 1,6 m und Tiefen von 0,4–0,8 m. Sie waren nicht alle gleichzeitig entstanden, wurden aber mehr-
K Brandmauer Süd Werkhaus
409.00
Boden 408
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Profil Blick West mit der Glocken- und Buntmetallgiesserei (M 1:50), /DJH YJO $EE
408.00 Giessereigrube G1
Baugrube Latrine G5 407.00
Latrine G5 406.00
Boden 408.48
Gehniveau Buntmetallgiesserei um 1300
ehemalige Kellertüre
M1
Giessereigrube G8 M4
Glockengussgrube G3
Älter als Giesserei
M5
Kellerhals mit Rampe
Latrine G14
Anstehender Boden
um 1300
Haus A: Gruben Glockengiesserei
um 1300
Brandschutt und Gehhorizonte der Glockengiesserei
um 1300
Brandhorizont
14. / frühes 15. Jh.
Haus C: obere Glocke
14. / frühes 15. Jh.
Haus D: Anbau goldenes Lamm
14. / frühes 15. Jh.
Haus E: Werkhaus
14. / frühes 15. Jh.
Haus F: Werkhaus
um 1515
Haus G: Neubau Werkhaus
Brandmauer Nord Werkhaus Brunnen, Abwasserkanal 1679
M7
M14 Lehmboden S4 Glockengiesserei 408.00
G12C
iessereigrube G8 G12B Giessereigrube G9
M5
G11
Giessereigrube G12D
663
3 2 2
2 1
2
KHLWOLFK JHPHLQVDP YHUI OOW 8PJHEHQ ZDUHQ VLH YRQ IHLQ JHElQGHUWHQ JUDXHQ /HKPKRUL]RQWHQ den hart gepressten Gehniveaus der Giesserei. $XFK GLH ZHLWHU |VWOLFK OLHJHQGHQ XQG HWZDV JU|Vseren Gruben 8 und 9 mit Durchmessern von 1,5–2 m und Tiefen von 0,8–0,9 m gehören dazu. Nach den aufgefundenen Formbestandteilen wurden in all diesen Gruben u.a. kleine Glöckchen gegossen, deren Formen zum Teil erhalten sind $EE XQG (LQ VROFKHV QRFK JXW HUKDOtenes Glöckchen aus etwas jüngerer Zeit kam im %UDQGVFKXWW GHV $GHOVKRIV 0RJHUQ ]XP 9RUschein (1.070).37 $QGHUHUVHLWV JLEW HV HLQH $Q]DKO :XOVWSUR¿OH GLH ]X ) VVHQ XQG :DFKVWURSIVFKDlen von sogenannten Scheibenleuchtern passen N|QQWHQ 'HQNEDU ZlUHQ MHGRFK DXFK )RUPHQ I U Füsse, wie sie Kannen mit Deckel und Henkel DXIZHLVHQ $EE ± XQG 38 Hatte die Dreibeinpfanne, deren Scherben in den Gruben * % & ( ]XP 9RUVFKHLQ NDPHQ $EE eine spezielle Funktion in der Giesserwerkstatt? $XV YHUVFKLHGHQHQ *UXEHQ ZXUGHQ +RO]NRKOHproben untersucht, die vermutlich als Meilerkohle zur Hitzeerzeugung in die Stadt gebracht ZXUGH 0LW HLQHU $XVQDKPH KDQGHOW HV VLFK XP Buchenholz.39 Die übrigen Gruben weisen keiQH VSH]L¿VFKHQ 0HUNPDOH DXI *LHVVHUHLDEIDOO macht ihre Werkstattzugehörigkeit klar. In der grössten und tiefsten Grube G3 wurde eine grosse Glocke mit einem Durchmesser von etwa 1,4 m JHJRVVHQ ZLH GHU ÀDXH 1HJDWLYDEGUXFN GHU *OR-
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU :LUWVFKDIWª %LUQHQI|UPLJH *ORFNHQJXVVJUXEH * PLW )HXHUNDQDO XQG 6DQGVWHLQTXDGHUQ DOV $XIODJH I U GLH *ORFNHQIRUP + + -K UHFKWV JHVW|UW GXUFK GLH M QJHUH 0DXHU 0 VLFKWEDU HUKDOWHQ DOV DUFKlRORJLVFKH 6WDWLRQ $67
*X\DQ 6FKQ\GHU 6 6 .$6+ 66125. )DONH 0H\HU 7KHXHUNDXII /LHGHUZDOG I U +LQZHLVH GDQNH LFK 6WHIDQ .UDEDWK /I$ ' 6DFKVHQ 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW YRP Die dendrochronologische Messung erbrachte keine Ergebnisse.
$EE Graue Dreibeinpfanne aus den BuntmetallgiessergruEHQ + + -K (M 1:2).
664
K $EE Y ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Gussformstücke mit Wulstprofilen, die von Füssen von Kerzenleuchtern oder Kannen stammen können, + + -K 0 YJO $EE
$EE YV ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Gussformstücke von kleinen Glöckchen mit verschiedenen Griff- oder ÖsenIRUPHQ + 1. H. 14. Jh., YJO $EE
665
6WUDWLJUD¿H ©.RUQKDXVª $EE jünger als Giesserei
Fundnummer Datierung Schichten und Gruben der Buntmetallgiesserei Störung S4 Pfeiler15, zwei Münzwischen M7, fundament zen, Rappen M8, M10 1 2 und 5-Rappen «Kornhaus» .$6+ 42 Ofenkachel
G14 Latrine 32, 33, 34, 14. – DTR 6, PFR frühes 2gs, Münze, 16. Jh. Heller 14. Jh. .$6+ 81997,44 HZ
Lehmboden S4 zwischen M7, M8, M10
Fundnummer Datierung G 12 Grubenkranz aus- Fundnummer Datierung gehend von Ofen G 13 19, HZ, BS, Bronze, Bronzeschlacke, Pfennig Stadt SH 1657 oder VSlWHU $EE 917)43
18, Bronzeschlacke, BS
unter Lehmboden 20, HZ S4 zwischen M7, M8, M10, (Dreibeinpfanne, Passscherben mit * % & (
G11, Grube lOWHU DOV Giesserei
24, TK
*
G8
G9
2. H. 1. H. 14. Jh.
2, 5, 6, GFS stabförmig, Bronze, FZah, HZ, BS, TK 1, 13, GFS mit Randnegativen, Bronze, HZ, BS
14, 17, GFS mit Wulst SUR¿OHQ YRQ Füssen für Kannen oder Kerzenleuchter, Bronze HZ, BS * /$5 Glockengussgrube 3a, Bronze, oben feiner Bronzestift hohl, Enden zugeklappt, FZah, HZ, BS * 9, 10, 11, 12, Glockengussgrube 16, SR 2, unten GFS,Bronze, HZ, BSü
666
neuzeitlich, Bauzeit "
22, 27, HZ, BS, sehr viele GFS, mehrere Glöckchen, teilw. mit Henkelansatz, WulstSUR¿OH YRQ Füssen für Kannen oder Kerzenleuchter, 1 RS eines Einfüllstutzens? Bronze, Schlacke G12B, 23, 25, GFS, (Dreibeinpfanne, Pass- Bronze, HZ VFKHUEHQ PLW * & ( S4) * $
+ 1. H. 13. Jh.
+ 1. H. 14. Jh.
+ G12C (Dreibeinpfanne, 21, 29 Passscherben mit (über 12C?), 1. H. 14. Jh. * % ( 6 30, GFS mit :XOVWSUR¿OHQ von Füssen für Kannen oder Kerzen leuchter, Bronze, HZ, BS G12D 26, Bronze, BSü
G12E, (Dreibeinpfanne, Passscherben PLW * % & 6
28, GFS mit + :XOVWSUR¿O 1. H. 14. Jh. von Füssen für Kannen oder Kerzen leuchter, Bronze, HZ 31, GFS, Bronzeschlacke, BS
13. –ev. frühes 14. Jh.
G13
VSlWHV 13.– 14. Jh.
G17 (1999 vor Werkhaus)
13.– frühes 14. Jh.
G18 GFS, Bronze, (1.176, 2001 vor Werk- BSü, HZ, TK haus)
Bronze, HZ
K ckenform deutlich macht. Die Grube ist birnenI|UPLJ PLW [ P $XVGHKQXQJ EHL HLQHU 7LHIH von 1,4 m. Im Zentrum lag ost-westlich ausgerichtet ein 40 cm breiter und 15 cm tiefer FeueUXQJVNDQDO ÀDQNLHUW YRQ MH ]ZHL YHUEUDQQWHQ 6DQGVWHLQTXDGHUQ YRQ FD ± FP 6HLWHQOlQJH GLH DOV $XÀDJH I U GLH *ORFNHQIRUP GLHQWHQ $EE 910 und 911).40 )OlFKLJH DEHU ZHQLJ VSH]L¿VFKH Gussformreste sind ebenfalls vorhanden. Ein Lehmstück mit Loch ermöglichte wohl das EntZHLFKHQ GHU /XIW EHLP *XVV $EE 'DQN GHP ,QWHUHVVH XQG GHU 8QWHUVW W]XQJ GHU %DXKHUUschaft liess sich die Grube an Ort und Stelle erhalten und bildet heute ein Schmuckstück im Empfang von «Schaffhausen Tourismus». Es ist der dritte Nachweis einer Glockengussgrube im Kanton neben jenen in der Kirche Schleitheim aus der Mitte des 15. Jahrhunderts und im Pfalzhof LP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ DXV GHP IU KHQ -DKUhundert. Von letzterer stammt auch der im «Kornhaus» ausgestellte Glockenkern.41 6WlGWLVFKHV :HUNKDXV XQG :RKQRUW GHV :HUNPHLVWHUV IU KHV -DKUKXQGHUW 'DQN VHLQHV |IIHQWOLFKHQ $PWV JLEW HV ]XP :HUNmeister sehr viele Quellen, die bislang nur vereinzelt ausgewertet wurden. Der Werkmeister war als JHOHUQWHU =LPPHUPDQQ PLW VHLQHQ :HUNPlQQHUQ I U GHQ %DX XQG GHQ 8QWHUKDOW DOOHU VWlGWLVFKHQ Holzwerke verantwortlich, so etwa für die RheinEU FNH :HKUJlQJH RGHU 'DFKVW KOH GD]X DXFK für die Wasserversorgung der Stadt mit ihren Teuchelleitungen und hölzernen Brunnen.45 Sein :RKQ XQG $UEHLWVRUW KLQJHJHQ GDV :HUNKDXV GDV ]X GHQ ZLFKWLJVWHQ |IIHQWOLFKHQ *HElXGHQ GHU 6WDGW JHK|UWH ZDU ELV ]X GLHVHQ 8QWHUVXFKXQJHQ QRFK QLH *HJHQVWDQG QlKHUHU %HWUDFKWXQJ
seite des Werkhauses an der Neustadt 46–50, bis GDKLQ :RKQRUW GHU =LPPHUPDQQVIDPLOLH 6SlW Seit jener Zeit umfasste das Werkhaus also mit GHQ +lXVHUQ GHU $PWVOHXWH XQG .QHFKWH GLH JHVDPWH KHXWLJH )OlFKH ]ZLVFKHQ 1HXVWDGW XQG +HUrenacker.47 Folglich entstand das Werkhaus im Verlauf des 14. und frühen 15. Jahrhunderts schrittweise aus HLQHP JDQ]HQ .RQJORPHUDW YRQ (LQ]HOJHElXGHQ PLW lKQOLFKHQ *UXQGÀlFKHQ 9RQ HLQHP LVW GHU Kauf in den Stadtrechnungen 1438 überliefert. Es war das Wohnhaus des Frauenwirts Clewi Vogler XQG ODJ DQ GHU 6WHOOH GHU VSlWHUHQ :HUNPHLVWHUwohnung in der Nordwestecke an der Neustadt neben dem «Goldenen Lamm».48 'LH 0DXHUQ GLHVHU (LQ]HOKlXVHU VLQG IUDJPHQWDrisch erhalten und deshalb nicht immer eindeutig zuzuordnen. Südseitig des Glockengiessers kommt das 4-geschossige Haus C (Neustadt 44) hinzu, das die Flucht der Neustadt aufnimmt. Es LVW ZRKO GHU lOWHVWH *HElXGHWHLO GHV KHXWLJHQ Hauses «Zur Glocke». Gegenüber und herrenackerseitig wurde am «Goldenen Lamm» (NeuVWDGW GHU JHVFKRVVLJH $QEDX ' DQJHEDXW 'DQQ IROJW GDV *HElXGH ( LQ GHU 1RUGRVWHFNH GHV heutigen «Haus der Wirtschaft», das sich mit seinen ebenfalls 4 Geschossen bereits deutlich über das «Goldene Lamm» erhob. Im Fundament blieb gegen den Herrenacker ein 4 m breites Tor aus-
OlVVW VLFK PLW -RKDQQ 2WZDQJHU HUVWPDOV HLQ Werkmeister fassen, der von Konrad dem Hün das Haus an der Neustadt 66 erwarb, das 1388 von seiner Witwe Katharina weiterverkauft wurde.46 Im ersten Steuerbuch von 1392 erscheint sein Nachfolger 0DLVWHU +DQV :HUNPDLVWHU an der heutigen Stelle am Herrenacker 15. Ihm folgt im Steuerbuch von 1427 0DLVWHU +DLQULFK YRQ Meynow GHU GDPDOV GLHVHV $PW VFKRQ PLQGHV tens 8 Jahre bekleidete. Dessen Schwester Elli Werchmaister wohnte nun auf der anderen Haus40 42 43 44 45
Drescher 1992; König 2008. %lQWHOL E 6 %lQWHOL D 6 ± Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. Landolt 2004, S. 453–470; Schultheiss 2006, S. 221– %lQWHOL 6 67$6+ 85 %lQWHOL E 6 +lXVHUGDWHQEDQN 6WDGW$6+ $ ,, ±
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Das Lehmstück mit Loch aus der Grube G3 diente wohl dem Entweichen der Luft EHLP *XVV + + 14. Jh. Zeichnung M 1:1.
667
gespart; eine Binnenwand trennte nordseitig einen Drittel des Erdgeschosses ab. In diesem Raum sind Reste des Lehmbodens vorhanden, die über die ehemaligen Gruben der Buntmetallgiesserei hinwegziehen. Schliesslich entstand Haus F in der Südostecke des heutigen «Haus der Wirtschaft», bei dem ein neues Dach vom First des *ORFNHQJLHVVHUV $ ELV DXI GLH KHUUHQDFNHUVHLWLJH %DXÀXFKW JHVFKOHSSW ZLUG +LHU VLQG QRFK Teile der Dachlattung in der Brandmauer erhalten. Ein Tor in der Südwand mit Stichbogensturz und Leibung aus Randengrobkalksteinen49 diente als Verbindung zum Hof der «Oberen Glocke». 'LH PlFKWLJH 6LFNHUJUXEH * GLH VLFK DXV VWDtischen Gründen nur teilweise ausgraben liess, JHK|UWH ]X +DXV ( $EE XQG 6LH unterscheidet sich kaum vom Sickerschacht G5 und hat die gleiche Lage an einer ehemaligen GeElXGHU FNIURQW 9LHOOHLFKW GLHQWH DXFK VLH YHUschiedenen Parteien, wie die Latrine G5, die im /DXI LKUHU YLHO OlQJHUHQ 1XW]XQJVGDXHU ]XHUVW ost-westlich und dann nord-südlich unterteilt wurde. Im Gegensatz zu G14 war das noch zuJlQJOLFKH 9LHUWHO YRQ * YROOVWlQGLJ OHHU XQG RIfenbar bis zur Einführung der SchwemmkanaliVDWLRQ XP LQ %HWULHE $EE ([NXUV ]X GHQ +DXVQDPHQ ©=XU *ORFNH» 9RUGHUJDVVH XQG ©=XU REHUHQ *ORFNH» +HUUHQDFNHU Mit seiner Nennung im Jahr 1303 gehört das Haus ©=XU *ORFNHª ]X GHQ lOWHVWHQ EHUOLHIHUWHQ +lXsern: GD] KXV GD GHU *ORJJHQHU LQQH LVW. Wahrscheinlich ist es das 1335 erneut genannte Haus, GDV $EW -DNRE YRQ $OOHUKHLOLJHQ DQ 8OULFK GHQ Gloggener verlieh, JHOHJHQ ]Z VFKHQW +XJHV GHV *ORJJHQHUV VLQHV EUXRGHUV XQG LUR EDLGHU JHPDL QHQ K VHUHQ EL VDQW -RKDQV NLOFKRI 1LFKW ]XIlOlig liegt das Haus «Zur Glocke» mittig vor der Stadtkirche St. Johann. Deshalb scheint es, dass GDV $PW GHV *O|FNQHUV GHU 6WDGWNLUFKH ]XP KHXWH noch verwendeten Hausnamen führte (1.145).50 $QGHUV YHUKlOW HV VLFK PLW GHP +DXVQDPHQ ©=XU oberen Glocke», dem südlichen Nachbarn des Werkhauses. Hier entstand mehr als hundert Jahre QDFK GHU DUFKlRORJLVFK QDFKJHZLHVHQHQ *ORcken- und Buntmetallgiesserei im Werkhaus erneut eine Glockengiesserei, die dem Haus den 1DPHQ JDE ,Q GHQ 6WHXHUE FKHUQ HUVFKHLQW VSltestens 1437 an dieser Stelle der Hafengiesser von = ULFK VSlWHU HLQIDFK +HLQULFK +DIHQJLHVVHU JHnannt, der hier eine mehr als 150 Jahre andauernde Glocken- und Hafengiessertradition begründete.51 6LH HQGHWH VSlWHVWHQV DOV GDV erstmals «zur Gloggen» genannte Haus von $JQHV .RFK GHU :LWZH GHV +DIHQJLHVVHUV +DQV Jakob Lamprecht, an die Witwe des Stadtschreibers Hans Forrer verkauft wurde. Man könnte sich nun die Frage stellen, ob diese zweimalige 668
Verbindung zwischen dem Glocken- bzw. Hafengiesserhandwerk und dem Werkhaus zwingend RGHU ]XIlOOLJ LVW 9HUPXWOLFK WULIIW HKHU OHW]WHUHV zu, denn weitere Hafengiesser gab es im ausgehenden 14. und 15. Jahrhundert auch an der Neustadt, in der Sporrengasse und am Münsterplatz.52 1HXEDX GHV VWlGWLVFKHQ :HUNKDXVHV XP :LH GLH /LHJHQVFKDIW LQ VWlGWLVFKHQ %HVLW] NDP LVW QRFK XQJHNOlUW (V LVW GDYRQ DXV]XJHKHQ GDVV dies schrittweise geschah. In den Stadtrechnungen sind verschiedene Zinsen aufgeführt, bei denen jeweils nach :HUFNKXV und :HUFKPDLVWHUV KXV unterschieden wird. Es handelt sich um *UXQG]LQVHQ DQV .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ XQG ZHLtere Zinsen an verschiedene Kirchen und Klöster.53 Die baulichen Überreste in den Brandmauern des «Haus der Wirtschaft» machen deutlich, GDVV GDV :HUNKDXV VFKOLHVVOLFK YROOVWlQGLJ QHX gebaut wurde. Der heterogene, in vielen SchritWHQ ]XVDPPHQJHZDFKVHQH *HElXGHNRPSOH[ DXV YLHU +lXVHUQ ZXUGH ZHLWJHKHQG DEJHEURFKHQ QXU GLH EHLGHQ lXVVHUVWHQ 3DU]HOOHQPDXHUQ ZXUGHQ übernommen und um ein bis zwei Geschosse erK|KW 'DGXUFK HQWVWDQG GLH JURVVH *UXQGÀlFKH GHV KHXWLJHQ *HElXGHV (V ZDU JHVFKRVVLJ XQG wie die Negative der Deckenbalkenlagen verraten, war das Erdgeschoss mit 4 m Höhe fast 1 m QLHGULJHU DOV KHXWH ZlKUHQG GLH 2EHUJHVFKRVVH mit je 3 m in etwa den heutigen Höhen entspraFKHQ $EE ,P HUVWHQ 2EHUJHVFKRVV ZDUHQ die Deckenbalken nicht in die Wand eingelassen, sondern lagen auf einem Streifbalken auf, der seinerseits auf Sandsteinkonsolen aus graugrünem 6DQGVWHLQ DXÀDJ 'HU )LUVW GHV QHXHQ :HUNKDXVHV lag 3 m tiefer als heute. Die Giebelmauern waren übers Dach hochgezogen, abgetreppt und beidVHLWLJ EHIHQVWHUW $EE 'DPLW EHUUDJWH HV GLH NOHLQHUHQ 1DFKEDUKlXVHU GHXWOLFK XQG ZXUGH ]X HLQHP GHU PDUNDQWHVWHQ *HElXGH DP +HUUHQDFNHU ZLH GLHV 0HQW]LQJHUV $QVLFKW YRQ GHXWOLFK PDFKW $EE 6 $UFKLYDOLVFKH Quellen für das Baudatum fehlen bislang, datierende Bauhölzer sind nicht mehr vorhanden.54 Trotzdem gibt es für die Datierung einen kleinen Hinweis am Bau: Ein Steinmetzzeichen, seiner Grösse wegen wohl ein Meisterzeichen, an einer 6WUHLIEDONHQNRQVROH LP 2EHUJHVFKRVV ¿QGHW deckungsgleiche Parallelen im südlichen Seitenschiff der Stadtkirche St. Johann, das 1515–1517 HUEDXW ZXUGH $EE 55 Gleiche SandsteinNRQVROHQ ¿QGHQ ZLU LP KHXWLJHQ 5HVWDXUDQW «Schützenstube», die ebenfalls 1517 erbaut wurde (1.220). Gut in diese Zeit passen auch die Fensterstürze aus Backstein und schliesslich Treppengiebel, die in Schaffhausen erstmals am .DXIKDXV YRUNRPPHQ 56
K (LQLJH 6SXUHQ HUP|JOLFKHQ $XVVDJHQ ]XP YHUORrenen Innenausbau: Die Wohnung des Werkmeisters und seiner Knechte lag im Nordwestviertel GHV *HElXGHV * $EE XQG ,Q GHU Q|UGlichen Brandmauer sind im Zentrum von Haus B im zweiten Obergeschoss und im ehemaligen 'DFKEHUHLFK VWDUNH 5XVVVFKZlU]XQJHQ YRUKDQGHQ XQG GDU EHU ¿QGHW VLFK LQ GHU VSlWHUHQ $XIVWRFNXQJ GHU YHUPDXHUWH .DPLQ GHU GHQ Rauch über den Treppengiebel des Werkhauses führte. Kamin und Russ sind letzte Reste der ehemaligen Rauchküche mit dem Treppenhaus im Zentrum von Haus G. Gegen die Neustadt lag die rauchfreie Stube, und gegen das Innere des Werkhauses lagen die Kammern. Im Erdgeschoss des Werkhauses wurde die Sickergrube G14 mit BauVFKXWW DXIJHI OOW $EE .HUDPLNVFKHUEHQ DXV GHQ )lNDOLHQVFKLFKWHQ GDWLHUHQ YRP ELV ins frühe 16. Jahrhundert. Das Ende der Latrine passt gut in die Zeit des Neubaus des Werkhauses. Darüber wurde ein Kellerhals gebaut, mit einer Rampe als Zugang zu einem neuen kleinen, zen49 Vgl. oben, S. 85f. 67$6+ 85 XQG 85 YJO 6FKZHL]HULVFKHV Idiotikon digital, Band II, s.v. Gloggner 2,619. 51 Stiefel 1969; Thurm 1976; vgl. oben, S. 152. +lXVHUGDWHQEDQN = % 6WDGW$6+ $ ,, ± $ ,, ± $ ,, 1453–1453. ,Q GHQ 5DWVSURWRNROOHQ ZlUHQ ZHLWHUH +LQZHLVH ]X ¿QGHQ HWZD 67$6+ 53 GHPQDFK VROOHQ =XQIWPHLVWHU (UPDWLQJHU +DQV =LHJOHU XQG -XQNHU 8Uban Siggen den wohl schadhaften WDFKVWXKO XIIP ZHUFK KXV EHVLFKWLJHQ. %lQWHOL 6 56 Vgl. oben, S. 176, 179f. und 182. 57 Vgl. oben, S. 170f. 67$6+ 85 XQG 85 +lXVHUGDWHQEDQN
WUDOHQ .HOOHU PLW %DFNVWHLQZlQGHQ $EE Er liegt ausserhalb des Grabungsbereichs, wurde QXU REHUÀlFKOLFK IHVWJHVWHOOW XQG SDVVW PLW VHLnen Dimensionen von 3,8 x 4,8 m zu den kleinen, wenig tiefen Kellern, die im neuen Salzhof YRQ DXV HEHQ GLHVHU =HLW ]XP 9RUVFKHLQ gekommen sind (1.235).57 Randengrobkalkfragmente eines gefasten Rundbogens aus dem Füllmaterial stammen vom ehemaligen Kellertor, das wohl aus den VorJlQJHUEDXWHQ EHUQRPPHQ XQG DQ GLHVHU 6WHOOH ZHLWHUYHUZHQGHW ZXUGH $OV /DWULQH I U GDV QHXH Werkhaus legte man die runde, gemauerte SiFNHUJUXEH * DQ GLH HEHQIDOOV QXU REHUÀlFKOLFK XQWHUVXFKW ZHUGHQ NRQQWH 6SlWHU ZXUGH VLH durch ein kleines Gewölbe nach Süden erweitert, was offensichtlich mit der Einrichtung eines +DXVEUXQQHQV ]XVDPPHQKlQJW ZLH XQWHQ GDUgelegt wird. 'DV :HUNKDXV DOV WHPSRUlUHV =HXJKDXV Bereits 1484 wird an der Ecke zur Frauengasse am Herrenacker 5 erstmals ein offensichtlich neu JHEDXWHV =HXJKDXV HUZlKQW 'RUW KDWWH GLH 6WDGW ein gutes Jahrzehnt zuvor ein kleines Haus gekauft.58 Bis dahin lagerte man Teile des 6WDWW = J im Rathaus (leichtere Handwaffen, 1.199) und LP :HUNKDXV $UWLOOHULHJHVFK W]H ZLH HLQ ,Qventar von 1479 deutlich macht: 6R LVW GLHVHU = J KDUQDFK JHVFKULEHQ LQ GHU VWDWW ZHUFKKXVV XII GHP DJNHU ,WHP JURVVL +RSWE FKV ,WHP 6FKODQJHQE FKVV NDPHQ YRQ *UDQVH DOV VL GHP +HUW]RJHQ YRQ %XUJXQQ DQJHZXQQHQ ZXUGHQ ,WHP +DJHOE FKV ,WHP 9, 6WHLQE FKVVHQ ,WHP .DPHUE FKVV ,WHP 0|UVHO ,WHP 9, %|JNOL ,WHP ,,, 'DUUHVVE FKVVHQ ,WHP JURVVL E|VL
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Die PlFKWLJH 6LFNHUJUXEH * PLW $XVJUlEHU 9Dlentin Homberger) wurde mit dem Neubau des Werkhauses um 1515 ausser Betrieb gesetzt.
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% FKVV XQG EURFKLQ 'DUUHVVE FKVV ,WHP %R OHU ,WHP ,,,, +DXJNHQE FKVV ,WHP 9, +DQGE FKV VHQ ,WHP ,, =HQWQHU 6DOEHWHU ,WHP 9 )lVVOL PLW %XOIHU.59 Die grosse Hauptbüchse und die «grosse böse % FKVHª ZDUHQ %HODJHUXQJVJHVFK W]H $OV )HOGartilleriegeschütze dienten die Steinbüchsen, die, wie der Name sagt, Steine schossen. Leichtere Büchsen, die in den Türmen und Bollwerken aufgebockt werden konnten, waren die Schlangenbüchsen (die man 1476 den Burgundern in der Schlacht bei Grandson abgenommen hatte), die Darresbüchsen (eine davon zerbrochen) und eine Kammerbüchse. Sie waren alle für Blei- oder Eisenkugeln geeignet. Die Hagelbüchse hatte eine Batterie von Rohren, um mehrere Schüsse gleich]HLWLJ DE]XJHEHQ =X GHQ NXU]OlX¿JHQ 6WHLOIHXergeschützen für Steinkugeln gehören die Mörser XQG %|OOHU YJO $EE +DNHQE FKVHQ XQG Handbüchsen waren Handfeuerwaffen. Salpeter, der ebenfalls im Zeughaus aufbewahrt wurde, war neben Schwefel und Kohle der Hauptbestandteil des Pulvers.60 1HXEDX DOV .RUQ XQG .DXIKDXV /LHVV VLFK GLH lOWHUH +DXVJHVFKLFKWH QXQ HUVWPDOV GXUFK DUFKlRORJLVFKH XQG EDXJHVFKLFKWOLFKH 8Qtersuchungen erschliessen, so sind wir zur jüngsWHQ *HVFKLFKWH GXUFK GLH YRQ +DQV 8OULFK :LSI ausgewerteten Ratsprotokolle ausgezeichnet informiert.61 NDP HV ]X HLQHP 1HXEDX I U die neue Funktion als Korn- und Kaufhaus, die YRP lOWHUHQ .DXI XQG 5DWKDXV KLHUKHU verlegt wurde.62 $QGHUHUVHLWV LVW GLH *HVFKLFKWH des nun an einen neuen Ort verlegten Werkhauses XQEHDUEHLWHW 6LH KlQJW RIIHQEDU PLW MHQHU GHV M QJHUHQ =HXJKDXVHV KHXWH 5HJLHUXQJVJHElXGH ]XVDPPHQ GHVVHQ 8QWHUVXFKXQJ HEHQIDOOV QRFK HLQ Desiderat ist (1.049).63 Die Stadtschlosserei wurde jedenfalls ins Spital im ehemaligen KlosWHU 6W $JQHV YHUOHJW
$EE ©.RUQKDXVª ©+DXV GHU Wirtschaft» (1.186). Der QDFK JHSUlJWH Schaffhauser Pfennig mit Widder nach links aus dem Turm springend ging vermutlich in der Bauzeit des «Kornhauses» YHUORUHQ 0
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$P -DQXDU EHVFKORVV GHU 5DW GDVV GDV EHO ]HUJlQJWH :HUN+DXVV ]XVDPW GHQ YRUGHUHQ XQG KLQWHUQ PDXHUQ XQG LQZHQGLJHQ 6WRNPDXHUQ DXFK GHV 6WDWWVFKORVVHUV XQG :HUNPHLVWHUV +HUEHUJHQ DEJHEURFKHQ XQG QDFK -XQNHU +DXSWPDQQ +HLQULFK 3H\HUV YHUIHUWLJWHP PRGHOO ]X HLQHP .RUQ RGHU .DXIKDXVV XIJHEDXHQ ZHUGHQ VROOH 3H\HU ZDU VHLW VWlGWLVFKHU Oberbaumeister und hatte zwei Jahre zuvor in Rekordzeit die neue Wilchinger Kirche mit ihrem originellen oktogonalen Grundriss entworfen und errichtet.64 Er konnte den Rat davon überzeugen, dass der erst gut 150 Jahre alte Werkhausneubau erneut zu ersetzen sei, um gegenüber dem Haus «Zur Glocke», das mittlerweile ein Stück über das :HUNKDXV KLQDXVJHZDFKVHQ ZDU $EE ZLHder dominanter in Erscheinung zu treten. Der Rat wollte nicht, dass Fahrzeuge direkt ins Haus fahren konnten und verlangte grössere Balkenquerschnitte sowie enger verlegte Balken als üblich, damit die Böden die zentnerschweren Kornlasten auch sicher tragen würden: …GDVV LQ GDV QH H .DXIKDXVV PDQ PLW :lJHQ XQG .lUUHQ QLW IDKUHQ GLH VlXOHQ XQG XQWHU= J QLW ]XYLO LQ GLH 6SlQ JH KDZHQ XQG DXFK GLH 7U|PPHU ]LPOLFK QDKH JH OHJW ZHUGHQ VROOHQ 'HU YROOVWlQGLJH $EEUXFK GHV *HElXGHV XQWHU %HODVVXQJ GHU %UDQGPDXHUQ HUIROJWH LP -XQL XQG HLQ -DKU VSlWHU ZDU GHU Neubau fertiggestellt. Er zeigt heute noch weitJHKHQG GDV RULJLQDOH $QWOLW] DOV JURVV] JLJHU 5HQDLVVDQFHEDX PLW V GOlQGLVFKHU $XVVWUDKOXQJ $XV GHP 5HFKQXQJVEHOHJ I U GDV $XIULFKWPDKO OlVVW VLFK GLH $Q]DKO GHU DP %DX EHWHLOLJWHQ +DQGwerker ersehen. Es waren vier Meister, 15 Zimmerleute, 14 Maurer und 13 %XEHQ.65 Vermutlich aus der Bauzeit stammt ein Schaffhauser Pfennig $EE GHU RGHU VSlWHU GDWLHUW66 und in HLQHU 6W|UXQJV]RQH YRQ 0 0 0 JHIXQGHQ wurde. $P $XJXVW ZXUGH HUVWPDOV .RUQ YHUkauft. Eine Kaufhaus-Ordnung regelte den KornYHUNDXI GHU ZlKUHQG GHU IROJHQGHQ IDVW -DKUH betrieben wurde. Die heute noch auf den EichenVlXOHQ LP (UGJHVFKRVV DEOHVEDUHQ 1XPPHUQ bis 32 bezeichneten die Standorte der verschieGHQHQ 0DUNWVWlQGH GLH IHKOHQGHQ 1XPPHUQ ELV ZDUHQ ZRKO DXI GHQ :lQGHQ DQJHEUDFKW 67 Die Regierung hatte für die Sicherstellung genüJHQGHU *HWUHLGHYRUUlWH XQG GHUHQ 9HUWHLOXQJ ]X sorgen, was nicht immer gelang. Nach verheeUHQGHQ (UQWHDXVIlOOHQ GXUFK 8QZHWWHU NDP HV 1789 zu einem Volksaufstand: 700 Personen stanGHQ PLW LKUHQ 6lFNHQ YRU GHP ©.RUQKDXVª )RUWDQ wurde wöchentlich pro Kopf der Bevölkerung ein dreipfündiges Brot zu einem bescheidenen Preis abgegeben.
K (UVW GDV $XINRPPHQ GHU (LVHQEDKQ PLW QHXHQ 9HUNHKUV XQG :DUHQÀ VVHQ I KUWH ]XU QDFKKDOWLJHQ 9HUlQGHUXQJ GHU 6WDGWVWUXNWXU ]XU HUQHXWHQ Verlegung des «Kornhauses» und auch des Salzhofs (1.235). Die private Korn- und Lagerhausgesellschaft wurde gegründet, welche hinter dem %DKQKRI QHXH /DJHUJHElXGH HUULFKWHWH XQG DP $XJXVW ZXUGH GHU .RUQPDUNW GRUWKLQ YHUlegt. Die nachfolgenden Funktionen markieren GHQ XQDXIKDOWVDPHQ $EVWLHJ GHV HLQVW EHGHXWHQGHQ +DXVHV DOV 0DUNWORNDO 0LOLWlUXQWHUNXQIW und zuletzt als Lager und Magazin. $UFKlRORJLVFK OLHVVHQ VLFK ]X GLHVHU M QJVWHQ %DXSKDVH QXU REHUÀlFKOLFK IUHLJHOHJWH 0DXHUQ fassen. Der grössere Mauerwinkel in der Nordwestecke diente wohl als Ersatz des zugeschütteWHQ NOHLQHQ ]HQWUDOHQ %DFNVWHLQNHOOHUV ZlKUHQG der kleinere Mauerwinkel in der Nordostecke die QHXH /DWULQH 6LFNHUJUXEH PDUNLHUWH $EE 'DQHEHQ ODJ HLQ VFKPDOHU JHPDXHUWHU $EZDVVHUNDQDO GHU DXI +|KH GHU HUVWHQ K|O]HUQHQ 6lXOH DQ einer quadratischen Kalksteinplatte endete. OfIHQEDU GLHQWH GHU .DQDO GHU (QWZlVVHUXQJ HLQHV Hausbrunnens auf den Herrenacker. Die Leitung des Mühletalwassers führte an der Ostfassade des «Kornhauses» vorbei.68
1.219 Herrenacker 20/Rebleutgang 1 «Schäfer» (Neustadt 60 «Rebschoss» und 62 «Rebleutstube») 'HXWVFKHU 2UGHQ =XQIWKDXV 5HEOHXWH :RKQKDXV /DWULQH Literatur: Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1961, S. 165–168; Frauenfelder 1951, S. 263– 264. Bildquellen: Grütter 2005, S. 98, Kat. 401, S. 102, Kat. 210. =XU 7URFNHQOHJXQJ GHV .HOOHUV ZXUGH OlQJV GHU 1RUGIDVVDGH GHV +DXVHV ©=XP 6FKlIHUª HLQ Graben abgetieft. Bei der Besichtigung war das Mauerwerk leider bereits von einem Zementansprutz bedeckt. Das vorhandene KalksteinmauerZHUN LVW JUXQGVlW]OLFK VSlWPLWWHODOWHUOLFK $XV den Schriftquellen wurde deutlich, dass die westOLFKH +lXVHU]HLOH GHV +HUUHQDFNHUV EHUHLWV LP lOtesten Steuerbuch von 1392 fassbar wird.69 ErNHQQEDU ZDU GHU $QVDW] GHU 2VWIDVVDGH GHV +DXVHV ©=XP 5HEVFKRVVª GDV LP 3H\HUSODQ YRQ QRFK GLH +lOIWH GHV KHXWLJHQ +|IFKHQV HLQQLPPW XQG DXI GLH KHXWLJH %DXÀXFKW ]XU FNYHUsetzt wurde. Der Fundamentabsatz zeigt, dass das damalige Bauniveau etwa 70 cm unter der KHXWLJHQ 2EHUÀlFKH ODJ $Q GLHVHV )DVVDGHQ fragment schliesst sich nach Osten, unter der 1RUGIDVVDGH GHV ©6FKlIHUVª $EE HLQ Kalksteingewölbe an. Es war Teil der Sickergrube EHLGHU +lXVHU XQG ZXUGH VSlWHU XQWHUWHLOW (LQH vergleichbare Lösung für eine gemeinschaftlich genutzte Latrine liess sich auch im benachbarten «Kornhaus» beobachten (1.186). Mit dem Neubau von 1861 wurde der Rebleutgang, der sich bis dahin im Erdgeschoss der nebenan liegenden «Rebleutstube» (Neustadt 62) befand, an seine heutige Stelle verlegt.70 Wie die Skizzen von Hans Wilhelm Harder zu seinem 1863 entstandenen Bild des Zunfthauses und seiQHU 8PJHEXQJ ]HLJHQ $EE ZDU HV HLQHV
$EE ©6FKlIHUª 'DV von einem modernen Zementansprutz bedeckte Kalksteingewölbe unter der Nordfassade des Hauses gehörte zu einer Sickergrube.
67$6+ 2UGQXQJHQ $ $OOHU $PWO WHQ 2UGQXQJHQ %XFK %lQWHOL 6 ± 6FKLE 6 %lFKWROG 6 I $OOJ ]X GHQ :DIIHQ .XQ] =HXQH 6 Gessler 1918, S. 380ff. 61 Wipf, SN 27.4.1979. 62 Frauenfelder 1951, S. 215. 63 Frauenfelder 1951, S. 228–230; Lieb 1994. 64 Frauenfelder 1960, S. 292–296. =LWDWH LQ GLHVHP $EVFKQLWW DOOH QDFK + 8 :LSI 61 27.4.1979. 66 Bulletin IFS 22, 2015, S. 35. 8UVSU QJOLFK EHJDQQ GLH =lKOXQJ PLW 1U UHFKWV YRP Eingang vom Herrenacker und lief in zweimaligem GeJHQXKU]HLJHUVLQQ GHQ :lQGHQ XQG $XVVHQVHLWHQ GHU 6lXOHQ HQWODQJ ELV 1U DQ GHU 6lXOH OLQNV YRP (LQJDQJ YRQ GRUW LP 8KU]HLJHUVLQQ LQQHQ DQ GHQ 6lXOHQ ELV 1U DQ GHU 6lXOH UHFKWV %lQWHOL 6 1HW]SODQ %lQWHOL E 6 ± +lXVHUGDWHQEDQN 6WDGW$6+ & ,, ±
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$EE «Rebleutstube» (1.219). Die Skizzen von Hans Wilhelm Harder von 1863 zeigen Einer- und Zweierfenster mit breiter Fase RKQH XQG PLW JHVFKUlJWHP $XVODXI GHU =HLW XP Damit war dies eines der lOWHVWHQ *HElXGH GHU 1HXstadt. Es gehörte dem Deutschen Orden, wurde 1448 Zunfthaus der Rebleute und 1944 durch die Bombardierung zerstört, YJO $EE
GHU lOWHVWHQ *HElXGH GHU 1HXVWDGW 71 Harder zeichnete detailliert je ein Einer- und Zweierfenster mit breiter Fase, ohne und mit beidseitig geVFKUlJWHP $XVODXI GHU =HLW XP 72 Sie lagen im Zentrum des Hauses im 2. Obergeschoss der Nordfassade. Es sind die Reste des ehemaligen «Deutschen Hauses», so genannt nach ihrem ersten bekannten Besitzer (und vermutlichen Erbauer), der Kommende, einer Niederlassung des Deutschen Ordens.73 Erst 1448 wurde es Zunfthaus der Rebleute und als solches erweitert. LeiGHU ZXUGH HV DP $SULO GXUFK GLH %RPEDUGLHUXQJ ]HUVW|UW $EE
Trottoirbereich ist vor dem «Haberhaus» (Neustadt 51), dem «Oberen Schenkel» (Neustadt 59) und dem «Tigertier» (Neustadt 73; 1.183) noch originaler Humus vorhanden. Dies zeigt, dass die 6WUDVVHQNRIIHUXQJ DQIlQJOLFK QLFKW ELV ]X GHQ Hausfassaden reichte, so dass in der Frühzeit der 6WDGW PLW 9RUJlUWHQ RGHU /DXEHQ75 zu rechnen ist, die im Trottoirbereich parallel zur Strasse verliefen. Im Strassenbereich liegt auf dem Lehm ein maximal 60 cm starkes Paket, in dem sich zum Teil mindestens drei kiesige, hart gepresste StrasVHQNRIIHU DEOHVHQ ODVVHQ $EE ,P .LHV kommen Steine bis Faustgrösse vor, zum Teil auch Ziegelsplitt, abgewittertes Material der umOLHJHQGHQ +DXVGlFKHU ,P 8PIHOG GHV ©.RUQKDXVHVª ELV KLQ ]XP $FNHUJlVVFKHQ ¿QGHQ VLFK zudem einzelne Bronzebröckchen der dortigen %XQWPHWDOOJLHVVHUHL GHU +lOIWH +lOIWH -DKUKXQGHUW $Q GLHVHU 6WHOOH OLHJW LQ GHU Strassenmitte unter dem Strassenkoffer eine mit sterilem Material gefüllte Grube von mindestens 3 m Durchmesser. Das wenige Fundmaterial vor dem «Oberen Schenkel» datiert die StrassenkofIHU LQV VSlWH XQG -DKUKXQGHUW
1.159 Neustadt 47–73, Ackergässchen 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O .DQDO Literatur: Hauser 1996, S. 385. ,Q GLHVHP HEHQHQ XQG K|FKVWJHOHJHQHQ $EVFKQLWW der Neustadt wurden 1993 die Leitungsarbeiten der damaligen PTT beobachtet. 2003 wurde die Erneuerung aller Werkleitungen kontrolliert und VFKOLHVVOLFK GHU %DX HLQHV 8QWHUÀXUFRQWDLners vor dem Haus 59. $EE ZZ Neustadt 47–75 (1.058). 9RU GHP ©.RUQKDXVª «Haus der Wirtschaft» (1.186) liegen die mittelalterlichen Strassenkoffer GHV IU KHQ -KV direkt auf dem anstehenden, abhumusierten Lehm (1).
'LH DQ DXVJHZlKOWHQ 6WHOOHQ GRNXPHQWLHUWHQ 3UR¿OH ]HLJHQ GDVV GDV KHXWLJH 1LYHDX LP %HUHLFK GHU +lXVHU 1HXVWDGW ± HWZD FP EHU GHP anstehenden ockerfarbenen Lehm liegt. Bei der $QODJH GHU *DVVH ]XVDPPHQ PLW GHU 6WDGWHUZHLWHUXQJ GXUFK GLH 1HXVWDGW LP VSlWHQ -DKUKXQdert74 wurde das Terrain abhumusiert. Nur im
2
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6WUDWLJUD¿H 1HXVWDGW ± 8QWHUÀXUFRQWDLQHU YRU 1HXVWDGW ©2EHUHU 6FKHQNHOª Schichtaufbau kiesig-lehmig, 2. Strassenkoffer hart gepresster Kies, 1. Strassenkoffer humose Kulturschicht
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Fundnummer )8E += 7. 2, Bs rot engobiert, Webgewichtfragment 1, WS
Datierung 14. Jh. + -K -K
K Heute liegt der höchste Punkt der Neustadt im 8PIHOG GHU +lXVHU $Q MHQHU 6WHOOH lQGHUW VLFK KHXWH GLH (QWZlVVHUXQJVULFKWXQJ GHU .DQDlisation. Der eine Strang führt nach Norden in die Oberstadt (1.183), der andere nach Süden in die 5KHLQVWUDVVH +LHU YRU GHQ +lXVHUQ XP GHQ 5HEleutgang (1.219), liegt auf der mittelalterlichen 6WUDVVHQNRIIHUXQJ JHOEHU 6DQG GHU HUVWHQ 3ÀlVWHrung, die in der Neustadt wie in den anderen Stadtteilen im früheren 15. Jahrhundert verlegt wurde.76 Der Sand ist erhalten, weil hier die Überdeckung des natürlichen Terrains durch die neuzeitliche $XII OOXQJ ELV P EHWUlJW *HJHQ 1RUGHQ UHGX]LHUW VLFK GLHVH ELV ]XU *UHQ]H GHU +lXVHU 1HXVWDGW DXI QXU QRFK FP ZHLO GRUW $EJUDbungen zur Reduktion der Strassensteigung von der Oberstadt her (1.183) erfolgten.77 Wohl aus dieser Zeit stammt auch der aus Kalksteinen gemauerte Einlaufkanal mit quadratischem Querschnitt von etwa 20 cm Breite, der das DachwasVHU GHV )DOOURKUV DQ GHU *UHQ]H GHU +lXVHU 1HXVWDGW DXIQLPPW
67$6+ 3HUVRQDOLD & +DQV :LOKHOP +DUGHU =HLFKnungs- und Notizbüchlein. 72 Vgl. oben, S. 110. 67$6+ 85 DOOJHPHLQ ]X 5LWWHURUGHQVNRPPHQGHQ 8QWHUPDQQ 6 I 74 Vgl. oben, S. 102. 75 Vgl. oben, S. 39. 76 Vgl. oben, S. 130. 77 Wipf 1992, S. 58f. 78 Die Interpretation des unterirdischen Gangs ist obsolet JHZRUGHQ YJO %lQWHOL D 6 'HU 6FKQLWW GXUFK GHQ *HZ|OEHNHOOHU PLW $QVLFKW 7UHSpenhaus gegen Osten ist eindeutig dem «Haberhaus» zuzuordnen und ist bei Grütter falsch beschriftet. 80 Vgl. oben, S. 102. %lQWHOL F 6 ± 67$6+ 85 XQG 85
1.208 Neustadt 51 «Haberhaus» 6WDGWPDXHU =LQQH :HKUJDQJ /DJHUKDXV Literatur: Frauenfelder 1951, S. 234–237; Frauenfelder 1945b.78 +DXVLQYHQWDU 2OLYHU /DQGROW 'DJPDU +DFNOlQder-Wilke, ca. 1997. $XIQDKPHSOlQH % UJHUKDXV 7DIHO I Bildquellen: Grütter 2005, S. 141, Kat. 208, S. 148, Kat. 273.79 ,P =XJH GHU 5HQRYDWLRQ YRQ OLHVVHQ VLFK einige Baubeobachtungen machen, die vor allem mit dem Einbau eines Fensterbandes unter der 'DFKWUDXIH ]XVDPPHQKlQJHQ 1XU LQ GLHVHP $Eschnitt wurde der Verputz entfernt. 6WDGWPDXHU Die Stadtmauer ist in der ganzen Westfassade des «Haberhauses» erhalten. Ihr unterer Mauerabschnitt von ca. 6,5 m Höhe entstand um 1290.80 In einem zweiten Schritt wurde der obere, etwa P KRKH $EVFKQLWW DXIJHVHW]W GHU ELV ]XU MHW]LJHQ Traufhöhe reicht und nach der Bauabfolge beim Diebsturm um 1381 zu datieren ist (1.136). Die 0DXHUVWlUNH EHWUlJW QRFK P XQG YHUM QJW VLFK auf Höhe des Zinnenkranzes auf 75 cm. Die Zinnen sind 1,64 m breit, noch 1,10 m hoch und die gIIQXQJHQ GD]ZLVFKHQ P EUHLW $EE 81 ©7LHIHU .HOOHUª ©+DEHUKDXVª 1421 nennen die Quellen das Haus, über dem sich ein Wohnhaus und eine Scheune mit Hof befand, «Zum tiefen Keller».82 Diese Bauten wurden aber YROOVWlQGLJ DEJHWUDJHQ XQG KLQWHUOLHVVHQ NHLQH Spuren. Wie die Ratsprotokolle überliefern, bestand 1590 nur noch eine an die Stadtmauer angebaute Scheune, die durch einen Brand zerstört
2 2
1 3
$EE «Haberhaus» (1.208). Stadtmauer im 2. OG. ZXUGHQ PLW GHP Neubau des «Haberhauses» die Zinnen vermauert (1) und alternierend Scharten (2) eingebaut. Die Balkenlöcher (3) stammen vom Boden des durch den Dachraum geführten Wehrgangs.
673
ZXUGH $XFK GLH 'lFKHU YRQ YLHU 1DFKEDUKlXVHUQ ZXUGHQ GDEHL VWDUN EHVFKlGLJW 'LH +DXVEHVLW]HU erhielten von der Stadt zur raschestmöglichen Reparatur XV] JQDGHQ ]LHJHO XQQG VFKLQGOHQ.83 Starke Brandrötungen auf den Steinen und am Mörtel der Stadtmauer zeugen von diesem Ereignis. *UXQGVlW]OLFK ZXUGH GLH 0DXHU YRP %UDQG MHGRFK QXU ZHQLJ EHVFKlGLJW 84 In der Folge errichWHWH GHU +lQGOHU -RVXD %DXPDQQ PLW VHLQHU )UDX $JQHV 3H\HU PLW GHQ :HFNHQ GDV ©+DEHUKDXVª ZLH KHXWH QRFK $OOLDQ]ZDSSHQ PLW GHQ -DKUHV]DKOHQ HU]lKOHQ GLH DQ YHUVFKLHGHQHQ 2UWHQ DP %DX DQJHEUDFKW ZXUGHQ 'LH DUFKlRORJLVFKHQ 8QWHUVXFKXQJHQ ]HLJHQ GDVV PLW GLHVHP 1HXEDX GHU XUVSU QJOLFK ZLH LP ©$GOHUª freitragende Wehrgang in den Dachraum verlegt wurde.85 Die Balkenlöcher seines Bodens zeigen, GDVV HU P WLHIHU JHOHJW ZXUGH DOV VHLQ 9RUJlQger. Dazu gehören modern vermauerte, 1,7 m EUHLWH 'XUFKJlQJH EHLP $QVFKOXVV GHU %UDQGPDXHUQ LQ GLH 'DFKUlXPH GHU 1DFKEDUKlXVHU «Schlüssel» und «Landkutsche» (Neustadt 49 XQG $XFK GLH =LQQHQ ZXUGHQ ]XJHPDXHUW DOternierend baute man Schiessscharten für Hakenbüchsen ein.86 Der neue Mörtel ist fein und besitzt viel Hohlziegeldurchschuss. Die beiden 6FKDUWHQ LP ©+DEHUKDXVª EHVWHKHQ DXV VRUJIlOtig behauenen Kalksteinen mit kantigen, senkUHFKWHQ /HLEXQJHQ $EE ,GHQWLVFKH 6FKDUWHQ ZXUGHQ DP 0XQRW QDFKWUlJOLFK LQ GLH |VWOLFKH Flankenmauer eingebaut (1.112).87 Der riesige Gewölbekeller besitzt sehr heterogene Steingrös-
sen, die auf Wiederverwendung alten Materials hinweisen. Ob er nun erweitert oder nochmals tiefergelegt wurde, ist unklar. Jedenfalls wurde GLH 6WDGWPDXHU PLW PlFKWLJHQ .DONVWHLQEO|FNHQ unterfangen. Ebensolche Steine fanden auch in der gegenüberliegenden Stirnmauer gegen die Neustadt Verwendung, wie noch heute im Keller zu beobachten. Die Ratsprotokolle von 1591 enthalten die detailOLHUWHQ $XÀDJHQ DQ GLH VLFK GHU %DXKHUU ]X KDOWHQ KDWWH 6R HUIlKUW PDQ YRQ GHQ NKHUO|FKHUQ, GHQ / IWXQJVVFKlFKWHQ LP .HOOHU XQG YRQ GHU Teuchelleitung, die an der Decke durch den Keller führte und im Netzplan von 1870 noch eingetragen ist.88 Der Rat erlaubte Baumann, die Stadtmauer zu XQGHUIKDUHQ (unterfangen), kleinere Öffnungen, JHVLFKWVO|FKHU, darin zu machen, und schrieb ihm vor, dass der XPEORXI, der Wehrgang, nicht weiter als auf die Zinne, die ZK|UL, gehen solle. Würden allerdings Risse entstehen oder die ULQJPXU JKDU XPEIDOOHQ VR KlWWH %DXPDQQ VLH auf eigene Kosten wieder herzustellen, andererseits wollte man ihn belohnen, sollte der Bau ohne Schaden realisiert werden.89 Der Rat sicherte dem Bauherrn die Lieferung des notwendigen Steinmaterials zu und beauftragte die Überwachung der delikaten Baustelle YO\VVLJ XQG RUGHQOLFK GXUFK GLH HQWVSUHFKHQGHQ $EJHRUGQHWHQ YHUJOHLFKEDU GHU KHXWLJHQ $XIJDEH GHU %DXSROL]HL 90 1.177 Grabenstrasse, Höhe Neustadt 55 *UDEHQ 3DOLVDGH =DXQ Literatur: Hauser 1996, S. 357; Wipf 1992, S. 61f.
$EE «Haberhaus» (1.208). Schiessscharte aus Kalkstein für Hakenbüchsen aus der Zeit des Neubaus YRQ
674
Bei der Sanierung eines kurzen Teilstücks der Gas- und Wasserleitungen liess sich 1999 mitten in der Grabenstrasse und oberhalb des Haberhausstieges erstmalig eine Palisade der Stadtbefestigung beobachten. Sie liegt 3 m vor dem inneren Stadtgraben auf dem Wall zwischen innerem und lXVVHUHP *UDEHQ VFKHLQW DEHU QLFKW JHQDX SDUDOOHO ]X YHUODXIHQ $QGHUQIDOOV ZlUHQ LP *UDEHQDEVFKQLWW QDFK 1RUGHQ ZHLWHUH 3IlKOH ]XP 9RUVFKHLQ JHNRPPHQ $EE XQG 'LH vier Rundhölzer mit einem Durchmesser von 12– 15 cm sind unten angespitzt und im anstehenden /HKP QRFK ± P KRFK HUKDOWHQ ,KU $EVWDQG von 50 cm zeigt, dass sie weniger eine Palisade als vielmehr Teil eines massiven Zauns waren, zu GHP )OHFKWZHUN JHK|UWH GDV GLH =ZLVFKHQUlXPH VFKORVV 'DV (UOHQKRO] GHU 5XQGK|O]HU OlVVW VLFK nicht dendrochronologisch datieren. Die 14C-Datierung ins 14. Jahrhundert macht aber deutlich, GDVV GHU =DXQ HLQ HUVWHV $QQlKHUXQJVKLQGHUQLV vor dem Graben war und aus jener Zeit stammt, als die Stadt nur mit einem Graben umgeben war.
K 14C-Datierung
$EE V Grabenstrasse (1.177). Lage des Zauns aus dem 14. Jh. vor dem inneren Stadtgraben (M 1:400).
1.177 Grabenstrasse 5591
14& $OWHU
\ %3 į 13C: -28.67‰
Kalibrationsergebnis (1 Sigma, 68,3%) 1292–1307, 35,3% 1345–1391, 64,7%
Material Pfahl 4, Erlenholz
N
0
10 m
57
Pfähle
innerer Graben
Wall / Rondenweg
Grabenstrasse
53
äusserer Graben
55
67$6+ 53 53 $OV] GDQQ YHUVFKLQHQ IU\WDJ GHP -RVXZH %XZPDQ VLQ VFK ZU LQ GHU Q ZHQVWDWW ODLGHU YHUEUXQQHQ GDUGXUFK GHP EUXQQHQPDLVWHU %DUGWORPH 0HGHU XQG +DQV 9\WWHQ GHP PHVVHUVFKPLGW DQ LUHQ GHFKHUQ JURVHQ VFKDGHQ EHVFKHKHQ VR Z|OOHQ PLQ JQHGLJ KHUUHQ LQQHQ XI LU XQGHUWKHQLJV SLWWHQ XV] JQDGHQ ]LHJHO XQQG VFKLQGOHQ GXUFK GHQ KHUUHQ EXZ PDLVWHU GLH ZLGHUXPE ]XYHUSHVVHUQ JHEHQ XQG YHUH KHUHQ ODVVHQ 'HV JO\FKHQ GHP %HUQKDUW =LPHUPDQ XQG 5RJJHQPH\HU VR RXFK GXUFK EHPHOWH EUXQVW GLH UDIIHQ DQ LUHQ GHFKHUQ ]HUEURFKHQ JHJHEHQ XQQG YHUHKHUW ZHUGHQ 67$6+ 53 - &DVSDU 5LQJNK «VLQGW YHURUGW QHW PLW EHIHOFK GDV VLH GLH UKLQJPXU KLQGHU -RVXZH %XZPDQV VFK U VR YHUVFKLQHQ MDUV YHUSUXQQHQ RE GLH VHOELJ ULQJPXU GXUFK GDV IK U QLW RXFK YHUSUXQQHQ XQG VFKDGKDIIW JHPDFKW ZRUGHQ. 85 Vgl. oben, S. 122. 86 Vgl. oben, S. 130 und 151. %lQWHOL 6 J HLQH GHU EHLGHQ HQWIHUQWHQ 6FKDUWHQ OLHVV VLFK LQV 'HSRW GHU .$6+ EHUI KUHQ 67$6+ 53 GHVJO\FKHQ GLH JHOHJHQKDLW GHU ULQJPXU VR JHVDJWHU %XZPDQ LQ ZLOOHQV NKHUO|FKHU ]X PDFKHQ RXFK DLQHQ NHQQHU ZHJHQ GHU WK FKHOHQ VR GXUFK GHQ NHOOHU ]X OHJHQ EHGDFKW LVW %lQWHOL D S. 145. 67$6+ 53 0LQ JQHGLJ +HUUHQ Z|OOHQ -RVXZH %XZPDQ ]XODVVHQ XQQG EHZLOOLJHQ GDV HU ]X VLQHP YRU KDEHQGHQ EXZ ZLH HU I UJHEHQ GHU VWDWW ULQJNPXU XQ GHUIKDUHQ JHVLFKWVO|FKHU JHJHQ GHQ JUDEHQ PDFKHQ ODVVHQ P|JH GDVVHOELJ LQQ VLQHP FRVWHQ ZRYHU DEHU DQ GHU ULQJPXU VFKDGHQ QDFKWDLO PLW U\VHQ RGHU JKDU XPEIDOOHQ VROWH GDV HU %XZPDQ GDVHOELJ DOOHV ZDV VFKDGHQ GDUXV] YROJHQ VROWH LQ VLQHQ XQG RKQH PLQ KHUUHQ FRVWHQ ZLGHUXPE ]X PDFKHQ ODVVHQ VFKXOGLJ VLQ VROOH RXFK PLW YRUEHKDOW G] GHU XPEORXI QLW Z\WWHU GDQ XI GLH ZK|UL JKRQ VROOH ZKDQQ GDQQ VROOLFKHU EXZ YROO I HUW XQG RKQ VFKDGHQ JHPDFKW Z UW VROO LPH QDFK PL QHU KHUUHQ HUNKDQGWQXV] DLQ YHUHKHUXQJ JHJHEHQ ZHU GHQ 67$6+ 53 'HV] KHUQ EXZPDLVWHUV YHURUGWQHWH «VLQGW YHURUGWQHW GLH ULQJPXU KLQGHU -RVXZH %XZ PDQ] VFK U RGHU EODW] DOOHU QRGWGXUIIW QDFK YO\VVLJ XQG RUGHQOLFK EHVHKHQ UDWKVFKODJHQV WKXQ VROOHQ RE GLH VHOELJ ULQJPXU ]X XQGHUIKDUHQ XQG GDULQQ ]X SUHFKHQ V\JH RGHU QLW« 67$6+ 53 'LH YHURUGWQHWHQ VR YRUPDOV LQQ VWDLQSUXFK YHURUGWQHW VROOHQ QRFKPDOV XI JHOHJQHQ WDJH LP VWDLQSUXFK ]XVDPHQ NKRPPHQ UDWKVFKODJHQV WKXQ ZHOFKHUPDVVHQ GHU VSHQGW XQG -RVXZH %XZPDQQ PLW VWDLQHQ ]X LUHQ YRUKDEHQGHQ E ZHQ YHUKLOIÀLFK VLQ P|JHQ. 8QLYHUVLWlW = ULFK ,UFKHO *HRJUDSKLVFKHV ,QVWLWXW : $ .HOOHU %HULFKW YRP )HEUXDU 3 =8 *UXQGVlW]OLFK ]XU $QZHQGXQJ GHU 14C-Datierungen Zubler 2000, S. 110–112.
5
Haberhaus
2703082
404.50
alter Strassenkoffer 404.00
Sand
$EE Y Grabenstrasse (1.177). 3URILO GHU (UOHQKRO]SIlKOH des Zauns aus dem 14. Jh. vor dem inneren StadtgraEHQ YJO $EE (M 1:50).
Lehm 403.00
675
676
L
L. Quartier Grueb und untere Neustadt Innerstädtischer Kalksteinbruch, der nach seiner Verlegung vor die Stadtmauern im Jahr 1379 zur Anlage von Gärten und als Wohnquartier genutzt wurde.
untere Rose
12
14
Rippe im Kalkfels ehemaliges Ringkengässchen
Schmelzofen Maschinenfabrik Rauschenbach um 1880
Lindenhof 1.085 Friedhof Seelhaus
10
Rosengasse
unterer Lindenhof
ältere Mauer
8
1.086
6
32 6
Im Zuge der Umbauarbeiten für die Kantonale Motorfahrzeugkontrolle kamen 1978 in den Fundamentgräben für einen Neubau im Hinterhof menschliche Knochen zum Vorschein. Drei Bestattungen wurden freigelegt (Abb. 925). Die Toten lagen nordwest-südöstlich orientiert in der Auffüllung des ehemaligen Steinbruchs, gut 1 m XQWHU GHU 2EHUÀlFKH =ZHL GHU 7RWHQ KDEHQ LQ Elicher spätmittelalterlicher Stellung die Arme oberhalb des Beckens verschränkt und die Beine gestreckt (Abb. 926). Beim dritten liegen die Hände im Becken, der Unterkörper ist merkwürdig verdreht, die Beine sind angezogen (Abb. 927). Die anthropologische Untersuchung steht noch aus. Weil sich im übrigen Aushubmaterial weitere menschliche Einzelknochen zeigten, handelt es sich zweifellos um einen Sonderfriedhof.1 Er gehört zum dritten städtischen Seelhaus, das 1581/82 hier in der Rosswette an der Stelle des heutigen Hauses «Zum Gerberhof» erbaut wurde. 1584 wurde das Seelhaus auch noch um das danebenliegende Haus am ehemaligen Müligässli2 (1.195) erweitert. Junker Hans Jacob Ziegler hatte es gekauft, damit es nach seinem Willen als Unterkunft für arme Pilger dienen sollte.3 Hier fanden wandernde Handwerksgesellen, fremde Bett-
Abb. 925 «Unterer Lindenhof»/ «Lindenhof» (1.085). Situation von Seelhaus und Sonderfriedhof 1581– 1848 und Schmelzofen um 1880 (M 1:400).
29 M35 M30
M34
4
Literatur: Schultheiss 2006, S. 94f.; Hauser 1996, S. 397; Ruckstuhl 1990, S. 119f.; Bürgi/Bänteli/ Höneisen 1984, S. 322; SN 29.3.1978; Schib 1972, S. 159f.; Frauenfelder 1966, S. 9. Hausinventar: Vestigia, Gerberhof Rheinstrasse 10, Dezember 2011; Vestigia, Rheinstrasse 6/Rosengasse 8–12, Februar 2012. Bildquellen: Grütter 2005, S. 140, Kat. 206.
OHU XQG 3LOJHU 8QWHUNXQIW XQG 9HUSÀHJXQJ VSlWHU auch arme Kindbetterinnen. Die Gebäude ersetzten die zweite Elendenherberge, das Seelhaus auf dem Herrenacker (1.113), der mittlerweile bevorzugter Wohnort der vornehmen Schaffhauser geworden war. Erst 1848, nach der Errichtung des neuen Krankenhauses an der Hintersteig, wurde auch dieses dritte Seelhaus aufgegeben (1.088).1947 wurden die beiden Häuser abgebrochen (Abb. 929).
M36
Seelhaus 1581/84 Gerberhof
2
1.085 Rosengasse 10/12 «Unterer Lindenhof»/«Lindenhof» (Rheinstrasse 10 «Gerberhof») Seelhaus, Friedhof, Schmelzofen
14 12
1 2 3
10
Allgemein dazu: Illi 1992, S. 55–60. Vgl. oben, S. 107. STASH RP 41,32 (1581); StadtASH AI/1030.
677
Abb. 926 Z «Unterer Lindenhof»/ «Lindenhof» (1.085). Sonderfriedhof Seelhaus, spätes 16.–18. Jh. Bestattung mit oberhalb des Beckens verschränkten Armen. Abb. 927) ZZ «Unterer Lindenhof»/ «Lindenhof» (1.085). Sonderfriedhof Seelhaus spätes 16.–18. Jh. Bestattung mit Händen im Becken und merkwürdig verdrehtem Unterkörper mit angezogenen Beinen.
Abb. 928 V «Unterer Lindenhof»/ «Lindenhof» (1.085). Keramikfragmente von seltenen Blumentöpfen 18./19. Jh.? Abb. 929 ZZ «Unterer Lindenhof»/ «Lindenhof» (1.085). Die beiden giebelständigen Häuser des ehemaligen Seelhauses vor ihrem Abbruch 1947 für den Neubau «Gerberhof», Rheinstrasse 10.
678
In der nordöstlichen Ecke des Hinterhofs der Kantonalen Motorfahrzeugkontrolle kamen die Reste eines Schmelzofens der Maschinenfabrik Rauschenbach zum Vorschein, die von 1875 bis 1890 kurze Zeit im Besitz dieser Liegenschaft war.4 Der leicht ovale Ofen mit einem Durchmesser von 1,6–2 m ist aus Kalk- und Bollensteinen gemauert (Abb. 925). Innen ist er mit Lehm ausgestrichen, der von einer harten Eisenschlackenschicht bedeckt ist. Im Ofen lag zum einen Fundmaterial, das ab Mitte 19. Jh. auftritt, so eine Flasche und ein Teller mit brauner Manganglasur, ein innen
glasierter Topf mit orangefarbiger Grundengobe, eine glatte Ofenkachel mit blauer Fayenceglasur sowie Teile von Petroleumlampen. Es fanden sich aber auch Fragmente zweier an sich seltener, unglasierter Blumentöpfe, die wohl ins 18. und 19. Jahrhundert datieren. Der eine ist gelbtonig mit hohl gearbeiteten Knäufen, der andere besteht erstaunlicherweise aus Grauware, ist innenseitig geglättet und hat oberrandständige Bandhenkel (Abb. 928). Es handelt sich insgesamt um im späten 19. Jahrhundert entsorgtes Altmaterial, das noch aus dem Seelhaus stammen kann.
L 1.139 Rosengasse 26 Jugendheim (Klosterstrasse 15) 6WHLQEUXFK 3UR¿O (LVHQYHUK WWXQJ Literatur: Hauser 1996, S. 397f.; Bänteli 1994, S. 89. 1991 wurden die Leitungen für den Wärmeverbund Herrenacker zwischen der Heizzentrale im Hinterhof und den Abzweigungen Rosengasse 16 und Gefängnis bzw. Klosterstrasse 15 verlegt. Der Kalkfels kam im Garten des Hauses Rosengasse 26 nirgends zum Vorschein, im Gegensatz zum anstehenden ockerfarbenen Lehm, der Bohnerztaschen enthält und demnach als Boluston anzusprechen ist. Zumindest für das Frühmittelalter ist die Verhüttung von Bohnerz in der Stadt nachgewiesen.5 In diesem Lehm zeigten sich 30 bzw. FP XQWHU GHU 2EHUÀlFKH GUHL *UXEHQNDQWHQ die zu den Steinbrüchen am Südabhang des Herrenackers gehören (Abb. 934) (1.042.1; 1.086; 1.091; 1.162; 1.185 und 1.200). Die oberste Kante ist die Fortsetzung der entsprechenden Kante in der Rosengasse (1.185). Nach Süden erscheint die zweite Grubenkante nach 28 m, gefolgt von einem ungestörten, 11 m breiten Streifen bis zur Hauptabbaukante (Abb. 930 und 931).
Vielleicht wurde die obere Grube ebenfalls durch Private ausgebeutet, wie für die Neustadt nachgewiesen (1.091). Hier hinter der Rosengasse reicht die Schuttfüllung mit unbrauchbarem .DONEUXFK ELV P XQWHU GLH 2EHUÀlFKH 'Drauf liegt eine Brandschicht mit verbrannten Randengrobkalksteinen, Mörtelabbruch, etwas verbrannten Lehmbrocken mit Rutenabdrücken von Holzbauten, Tierknochen, kleinen Bronzeund Eisenbröckchen, einer Murmel sowie Hohlund Flachziegelfragmenten. Einige Keramikund Becherkachelfragmente datieren den Brandschutt ins 14. Jahrhundert.6 Auch zuunterst im Hof an der Hauptabbaukante gegen die «Weisse Rose» besteht die Auffüllung aus Brandund Bauschutt. Kleinteiliges Fundmaterial datiert die Schichten grob ins 13./14. Jahrhundert. Der Steinbruchschutt ist auch unter dem Haus Klosterstrasse 15 vorhanden, das in die Zeit um 1100 zurückreicht (1.042.5).
6
Abb. 931 VV Rosengasse 26 (1.139). Überhöhtes Profil B–B, Blick West. Im Hof sind im Profil des Leitungsgrabens für den Wärmeverbund Herrenacker die Abbaukanten des Steinbruchs erkennbar (Längen M 1:400, Höhen M 1:100), Lage vgl. Abb. 934.
1 2 4
4 5
Abb. 930 V Rosengasse 26 (1.139). Im Grabenprofil zeigt sich der anstehende gelbe Boluston, der Bohnerztaschen enthält (1). Darin eingetieft liegt der obere Kalksteinbruch, aufgefüllt mit Steinbruchschutt (2) und Brandschutt (3) und rekultiviert mit Humus (4), Blick Südost.
3
Schreiben Stadtarchivar H. U. Wipf vom 28. 3. 1978. Besichtigung 1991 vor Ort mit dem Geologen Franz Hoffmann; Beck/Senn 2000, S. 246f., S. 250–253; Bänteli 1999, S. 28f. TR 20f, KR 2, 3 und 5a.
404.00
Jugendheim Rosengasse 26
403.00
402.00 anstehender Lehm
401.00
Weisse Rose Rosengasse 16
Humus rekultiviert
400.00
Bauschutt
399.00 Humus rekultiviert 398.00
anstehender Lehm mit Bohnerz
Brandschutt
Steinbruchschutt anstehend 0
10
20 m
Brand- und Bauschutt
679
1.086 Rosengasse 2–26 6WHLQEUXFK 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O .DQDO Färberhandwerk
Abb. 932 Rosengasse (1.094). Stehengebliebene Felsrippe im Steinbruch vor der «Unteren Rose» (Rosengasse 14) als Rest des bis ins frühe 15. Jh. hier nach Osten zum Kloster Allerheiligen weiterlaufenden Ringkengässchens, vgl. Abb. 305, Lage vgl. Abb. 941.
Literatur: Bänteli 2014b, S. 76; Hauser 1996, S. 397f.; Bänteli 1994, S. 89. 1994 wurden die Werkleitungen in der Rosengasse erneuert. In den zum Teil bis zu 3,5 m tiefen Gräben zeigte sich überall schichtweise eingebrachtes Füllmaterial des mittelalterlichen Steinbruchs (Abb. 933 und 934) (1.042; 1.091; 1.139; 1.162; 1.185 und 1.200). Im Hausbereich der «Unteren Rose» (Rosengasse 14) liegt der Kalkfels als Rippe nahe der OberÀlFKH %HLGVHLWV ZXUGH .DONVWHLQ DEJHEDXW 'LH südliche Steinbruchkante liegt in der Verlängerung der alten Parzellengrenze zwischen Frauen- und Rosengasse, als Rest des ursprünglich bis hierher durchlaufenden Ringkengässchens (1.200). Sie liess sich auch in der Baugrube Herrenacker Süd dokumentieren (Abb. 932, 934 und 942). Diese Grenze ist noch heute im markanten Fassadenknick der Häuser Rosengasse 12/14 erkennbar. An die nördliche Felskante schliesst sich ein noch erhaltener Streifen ockerfarbenen Lehms an. Hier, vor der «Weissen Rose» (Rosengasse 16), liessen sich aus den sonst meist recht sterilen Auffüllschichten der ehemaligen Grube einige Scherben bergen, die zeitlich nur grob ins 14./15. Jahrhundert datiert werden können.7 ,P REHUHQ %HUHLFK GHU 5RVHQJDVVH ¿QGHQ GLH LP Hof des Jugendheims festgestellten Abbaukanten (1.139) ihre Fortsetzung. Die oberste Steinbruchkante entspricht der alten Südgrenze der Häuser Herrenacker 3–5 (1.200). Zuoberst in der Rosengasse, etwas aus der Strassenmitte nach Westen verschoben, zeigen sich P XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH XQG DXI HLQHU Länge von 25 m die Reste des alten, gemauerten Strassenkanals, an dessen Stelle um 1900 wie üblich die Zementrohrleitung trat.8 Sehr gut erhalWHQ LVW HLQ VHLWOLFKHU =XÀXVVNDQDO YRP ©*U Wª DXI Höhe des Fassadenrücksprungs mit einem quadratischen Querschnitt von 25 cm. Ob dieser noch mit der städtischen «Färbe» zusammenhängt, die 1412 als Vorgänger des «Grüt» gebaut wurde, ist unklar.9
Abb. 933 Rosengasse (1.086). Im Grabenprofil oberhalb der «Weissen Rose», Rosengasse 16, zeigt sich das schichtweise eingebrachte Füllmaterial des mittelalterlichen Steinbruchs.
6WUDWLJUD¿H 5RVHQJDVVH $XII OOXQJ 6WHLQEUXFK YRU ©:HLVVHU 5RVHª 5RVHQJDVVH Schichtaufbau Auffüllschichten Steinbruch, südlicher Abschnitt Auffüllschichten Steinbruch, mittlerer Abschnitt Auffüllschichten Steinbruch, oberer Abschnitt
680
Fundnummer Datierung 1, HTR 2a?, KR 3 und 20g, FUb, Blattkachel grüne Gla- 14./15. Jh. sur auf weisser Engobe, braune Glasur, TK 2, Blattkachel braune Glasur, HZ, wenig Keramik, TK – 3, Bronzebröckchen, TK
–
L 1.200 Herrenacker Süd (Frauengasse 8–16, Rheinstrasse 20) Steinbruch, Kalkbrennofen, Wohnhaus, Paternosterhandwerk, Schmiedehandwerk, Kanal, Latrine, Regenwassersammler
Steinbruch Es ist sicher nicht alltäglich, dass ein mittelalterlicher Steinbruch unter archäologischer Begleitung wieder ausgegraben wird (Abb. 96 und 97). Eindrucksvoll sind vor allem die abgebauten und wieder eingefüllten Materialmengen. Die Baugrube umfasst horizontal gemessen eine Fläche von 30 x 100 m. Das heutige Gefälle am Hang beträgt von Norden nach Süden knapp 10,5 m und liegt zwischen 401,80 und 391,40 m ü. M., während die originale Abbausohle auf ganz unterschiedlichen Niveaus, hauptsächlich zwischen 395 und 390 m ü. M. angetroffen wurde. Das bedeutet, dass im Mittelalter allein auf diesem Grundstück, mit der in unbekannter Höhe über GLH KHXWLJH 2EHUÀlFKH DXIUDJHQGHQ )HOVEDQN schätzungsweise 20–25’000 m3 Kalkfels abgebaut wurden, von dem sich vielleicht die Hälfte verwerten liess. Wie sich in der Baugrube zeigte, sind jene nicht abgebauten Bereiche unbrauchbar, wo der Kalkstein aus geologischen Gründen rot verfärbt ist. Im nördlichen, am tiefsten ausgebeuteten Abschnitt ist der Kalkstein schneeweiss, sehr hart und von ausgezeichneter Qualität. Gegen Süden, gegen den Rhein hin, wird er gelblich, manchmal leicht bläulich, besitzt einen höheren Lehmanteil und zerfällt, sobald er nass wird. Zum Teil wurde das unbrauchbare Material umgelagert und zur Auffüllung der ausgebeuteten Abschnitte verwendet. Einige Tausend Kubikmeter Füllma-
Literatur: Bänteli 2013a, S. 377; Bänteli 2011, S. 54; JbAS 88, 2005, S. 390; Baggern im alten Steinbruch, in: SN 11.3.2004; 800-jährige Kalkbrennöfen entdeckt, in: SN 26.5.2004; Bänteli 1999a, S. 29; Hauser 1996, S. 354, S. 394f., S. 397f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 141, Kat. 207. Auf der seit der Bombardierung von 1944 nur provisorisch genutzten Parzelle entstand ab Januar 2004 eine umfangreiche Überbauung mit 19 Wohnungen, Büros und Tiefgarage. Die während fünf Monaten andauernden Aushubarbeiten im mittelalterlichen Steinbruch wurden archäologisch begleitet und führten in den Bereichen, in denen Befunde vorhanden waren, zu partiellen Ausgrabungen.
KASH 36760–36781. Bänteli 2010a, S. 162–164. Bänteli 2011, S. 53–55. 15
7 8 9
Abb. 934 (1.086, 1.162, 1.185, 1.200) Situation des mittelalterlichen, innerstädtischen Steinbruchs Grueb, am Südabhang des Herrenackers. Spätestens nach dem Stadtbrand 1372 wurde der innerstädtische Kalksteinabbau aufgegeben (M 1:2000).
55
Beckenstube
2703220 11
53 13
44
31
9
42
2
51
2703160
2
7
3
49
5 24
7
12
9
10
n rboge Kloste
Ackergässchen 2703082
45
e gsgebäud Regierun
47
40
11
Kreu
22
n Ringkengässche
39
Neustadt
43
1
37
40
38
Jugendheim
26
1.086
1.139 Museum zu Allerheiligen 5
20
35
35a
Gottesack
18
3
17
33 15
Kalkbrennöfen 1.042
19
18
Grube
16 19 13
26
Baumgartenstrasse
1.162
Grube
15
23
24
20
22
1.200
16
Frauengasse
1.185
16
Profil B
16
18
29
15
Mang Thöning Haus
Klosterstrasse
Rosengasse
31
Grabenstrasse
unterer Jordan
oberer Diebsturm
11
2703217
18
23
22
13
2703164
12
11
19
M4
N
16
2703163 0
1
5
10 m
M3
14
Rosengasse
Frauengasse
9
16
17 5
8
weisse Rose
Ringkengä
sschen
12
7 6
8
9
Genügsamkeit
trasse Klosters
10
7
8
9
Kalkbrennöfen 6
Ofen B Ofen A
2
8
4
3
Neustadt
Rosenstaude
8
4
Profil A
11
Grabenstrasse
4
6
5
6
1.091
12
Ofen C
10
13
3
r Varlauf
14
ehemalige
Steinbruchkanten 12. / 13. Jh. Steinbruch Kalkbrennöfen 13. / 1. Hälfte 14. Jh.
Rippe im Kaklfels ehemaliges Ringkengässchen
15
unterer Diebsturm
1 18
16
2
9
Rheinhof
6
7
20
24
4
5 14
1
12
Rheinstrass e
28
2703219
10
30
1
3
2
29
e Rheinstrass
36
25
2703218
31
38
23
1
40
37
17
Rheinschulhaus
7
2703165
ein Rh
2703075
Rheinuferstrasse
Rheinuferstrasse 10318350
2703166
681
terial wurden schliesslich von ausserhalb zugeführt, grösstenteils weitgehend steriles Aushubmaterial von den damaligen Baustellen der Stadt. Nur partiell sind Ablagerungen mit Siedlungsabfall vorhanden, so unter der Häuserzeile an der mittleren Frauengasse 16–18. Dieser Abfall datiert die jüngsten Auffüllungen und Rekultivierungen ins 14. und frühe 15. Jahrhundert. Ein grösserer Komplex Eisenschlacken aus einer Schmiede wurden hier ebenfalls entsorgt. In die gleiche Zeit datieren die Funde einer weiteren, kleinen Flächenuntersuchung an der mittleren Rosengasse, oberhalb der «Weissen Rose» (Rosengasse 16). Das horizontale Schichtpaket einer ehemaligen Gartenterrasse liegt 1–1,5 m unter der heute ansteigenden Strasse. Eine wenig tiefe Mulde mit ganz kleinen Bronzebröckchen zeugt vielleicht von handwerklicher Aktivität an Ort und Stelle, im Gegensatz zum Abfall eines Paternosterers, eines Rosenkranzmachers, der ebenfalls hier entsorgt wurde (Abb. 935).10 Das gesamte im Spätmittelalter eingefüllte Material wurde 2004 erneut ausgehoben, diesmal mit Baggern, und mit Lastwagen abtransportiert (Abb. 97).
Die aktuelle Baugrube wurde zudem noch einige Meter weiter unter die Sohle des mittelalterlichen Steinbruchs abgetieft. Hier war der Fels am härtesten. Hinweise zu den mittelalterlichen Abbauarbeiten sind trotz der intensiven Beobachtungen dürftig. Arbeitsspuren fehlen weitgehend. Nordseitig zeigte sich die etwa 5 m hohe Steinbruchwand mit Oberkante 397,40 m ü. M. in Fortsetzung der Abbaukanten in der Frauen- und Rosengasse (1.086 und 1.185). Die unregelmässige Sohle liegt auf unterschiedlichen, teils abgetreppten Niveaus nordseitig auf 392,40 m ü. M., südseitig auf 390,00 m ü. M., mit verschiedenen Kanten und Rippen dazwischen, die partiell bis 394,70 m ü. M. aufragen können (Abb. 96). Vermutlich lag nicht die ganze Fläche des Steinbruchs gleichzeitig frei, sondern es wurden einzelne Sektoren fortlaufend wieder aufgefüllt (Abb. 934). Immerhin gibt es in den Stadtrechnungen in der ersten Hälfte des 15. Jahrhunderts viele Hinweise zu den Arbeiten im Steinbruch, die von den Steinlösern, Steinbrechern oder Rumern verrichtet
Abb. 935 Herrenacker Süd (1.200). Die abgehackten Knochenenden stammen aus der Werkstatt eines Paternosterers, der für die Herstellung von Rosenkränzen nur die Knochenschäfte verwendete.
6WUDWLJUD¿H +HUUHQDFNHU 6 G 6WHLQEUXFK XQWHU GHU +lXVHU]HLOH PLWWOHUH )UDXHQJDVVH ± $EE Schichtaufbau S3, Rekultivierung Steinbruch, humos, kiesig mit viel Holzkohle und Ziegelbruch, TK und Bronzebrocken
Fundnummer 1, 8, 14–19, HTR 2a, KR 3 und KR 5a, SR 12c und 13, TR 20a, d und h, FUb, graue Ware, frühe olivgrüne Glasur, grüne Glasur auf weisser Engobe, braune Glasur, Becher- und Blattkacheln, ca. 19 kg Eisenschlacke mit Kalottenschlacken, wenig Bronzeschlacke, HZ, FZah, BS, Fachwerklehmbrocken S2, Auffüllung Steinbruch, 12, 20, KR 4 und 5, TR 20d, Blattkachel mit früher olivgrüner Kalkbruchschutt mit Mörtelabbruch Glasur, Eisenschlacke S1, Auffüllung Steinbruch, steril grauer, fetter Lehm
682
Datierung 2. H. 13./ 1. H. 15. Jh.
2. H. 13./ 14. Jh. –
L wurden. Hölzer zum Steinlösen wurden von den Förstern geliefert. Sie wurden in die natürlichen Spalten des Kalkfelsens getrieben und quollen bei Regen auf. Die feinen, natürlichen, mit Lehm gefüllten Spalten von 1 bis 10 mm Stärke liessen sich immer wieder beobachten. So wurden die Steine abgesprengt, die dann zu handgerechten Stücken gehauen wurden.11 An Gerätschaften werden Schyben genannt, die als Rollen der Flaschenzüge dienten. Daneben benutzte man Seile sowie Steinäxte, Zweispitze bzw. Spitzhauen und andere Werkzeuge aus Eisen.12 Kalk- und Ziegelbrennöfen Im aufgefüllten Steinbruch kamen auch die Reste von drei Kalkbrennöfen zum Vorschein. Sie reihen sich ein in eine ganze Anzahl solcher Öfen in der Stadt, im Kloster Allerheiligen oder auf der anderen Seite der Rheinbrücke (1.042.1 und 1.080).13 Im Gegensatz zu diesen Feldöfen mit ihrem üblichen runden oder ovalen Grundriss sind
10 Vgl. oben, S. 140. 11 Bänteli 2011, S. 62; StadtASH A II.05.01.007/029 1408–1409: ; V GHP /|I¿QJHU YRQ DLP GU U|VVLJHQ .DUUHQWDJZDQ IXRUW DEHU ) OOKROW] DE GHP 5DQGHQ LQ den Stainbruch Item I s dem Vorster ze Stainlösi derselben Vart; A II.05.01.075/031 1441–1442: IIII ß dem Vorster § von Herblingen von des von Goldenbergs holtzern zuo steinlosy; A II.05.01.080/067 1444–1444: V ß stainlösi dem Forster ze Rinouw. 12 StadtASH A II.05.01.047/041 1430–1431: I ß heller dem Trayer umb I schyben in den Stainbruch; A II.05.01.067/044 1438–1438: 9,, OE 9,,,, 5 HGH (Qgel umb sail in Stainbruch; A II.05.01.074/045 1441– 1441: XVI ß VIIII heller umb stahel und isen maister Pettren zuo stainagxsen und zwayspitz. 13 Vgl. oben, S. 85 und 179. 14 Heege 2011; Heege/Leibundgut 2008a. 15 Landolt 2004, S. 457–460. 16 Vgl. oben, S. 123. 17 StadtASH A II.05.01.011/166 1411–1412: XVIIII lb IIII ß Berchtolt Ziegler von kalch, ziegel und ziegelstain; A II.05.01.002/35 1401–1402: II lb V s dem Ziegler von Hoffsteten umb Kalch und umb Ziegel; A II.05.01.034/062 1428: IIII ß von I fuoder kalch, gefuort von Auchzhain in dz koffhus; A I/1221 1461 und A I/1222 1494, vgl. auch Landolt 2004, S. 457–461; vgl. oben, S. 179.
die drei Öfen am Herrenacker Süd aber quadratisch. Diese Form ermöglichte, sowohl Kalk als auch Ziegel zu brennen. In solchen klassischen Ziegelöfen altdeutschen Typs wurde üblicherweise im untersten Meter der Einfüllung Kalk gebrannt, während gleichzeitig in der oberen Einfüllung Dachziegel und Backsteine produziert wurden.14 Dies bestätigen auch die Schriftquellen: 1445 werden die Löhne für die Knechte erwähnt, die am Kalkofen Ziegelsteine herstellten, und ein Vertrag von 1461 mit dem Ziegler Georg Hön über eine vor dem Mühlentor neu gebaute Ziegelhütte regelt, dass der Ziegler auch die Kosten für die Ausbesserung des Kalkofens übernehmen muss.15 Die beiden Beispiele zeigen, dass der Ofen des Zieglers in alter Tradition Kalkofen genannt wird. Unsere archäologisch untersuchten Öfen vom Herrenacker Süd gehören zur nahen innerstädtischen Ziegelhütte am Rheinufer (1.083). Die Verhältnisse änderten sich auch nicht durch die Verlegung des Steinbruchs im Jahr 1379 in die Mühlenen.16 Auch in den beiden städtischen Ziegelhütten in Neuhausen, in Hofstetten und beim Aazheimerhof, stellte der Ziegler Kalk, Ziegel und Backsteine her.17 Ofen A Dieser wird durch den jüngeren Ofen B gestört, war vermutlich wie dieser quadratisch mit erhaltenen Seitenlängen von noch 2,9–3,2 m und steht auf dem anstehenden Fels (Abb. 941). In der Nordwestecke ist eine noch bis zu 25 cm starke Kalkschicht des letzten Brandes vorhanden. Ofen B Er steht ebenfalls direkt auf dem anstehenden Fels, ist annähernd quadratisch, aber mit inneren Seitenlängen von 1,6–1,8 m deutlich kleiner als der Vorgängerofen A. Auf zwei Seiten ist ein noch knapp 0,5 m hohes Mäuerchen vorhanden (Abb. 936). Die anderen Seiten zeichnen sich als Felskanten ab, zusammen mit der 70 cm breiten Feueröffnung auf der Ostseite. Die ganze Anlage ist stark brandgerötet oder grau verbrannt. An den 5lQGHUQ ¿QGHW VLFK +RO]NRKOH XQG LQ GHU )OlFKH eine Schicht von bis zu 10 cm weissem Kalk.
6WUDWLJUD¿H +HUUHQDFNHU 6 G )OlFKHQJUDEXQJ PLWWOHUH 5RVHQJDVVH REHUKDOE ©:HLVVH 5RVHª 5RVHQJDVVH (Abb. 941) Schichtaufbau S7, Auffüllung Steinbruch, kiesige Planie mit viel Ziegelschutt S8, Auffüllung Steinbruch, kiesig, sandig mit viel Sandsteinsplitt (Steinmetzabfall) ÀDFKH *UXEH PLW NOHLQHQ %URQ]HEU|FNchen, Holzkohle, Ziegelsplitter
Fundnummer 21, 23, 24, KR 3, grüne und braune Glasur, HZ, TK (Knochenschnitzerabfall, Phalangen) 22, 25 KR 5a, HZ, Hüttenlehm
Datierung 14./ frühes 15. Jh. 14.– frühes 15. Jh.
26, TR 20a, graue Ware, FZah olivgrün glasiert, HZ, TK 2. H. 13./ 14. Jh.
683
1 1
3 2 Abb. 936 Herrenacker Süd (1.200). Quadratischer Kalkbrennofen B mit Mauerresten (1), Felskante (2) und Feuerloch auf der Ostseite (3), Blick Süd.
Abb. 937 Herrenacker Süd (1.200). Südostecke der Baugrube mit dem Gebäude M23– M35, nördlich davon die markante Rotfärbung im Bereich des noch nicht ausgegrabenen Kalk- und Ziegelbrennofens C (1).
Ofen C 8 m oberhalb der beiden Öfen und 5 m höher als diese liegt der am besten erhaltene Ofen C. Er wird nur in der Südwestecke durch die Latrinengrube M37 gestört. In der Auffüllung des SteinEUXFKV ]HLFKQHW HU VLFK GXUFK VHLQH VWDUNH Àlchige Brandrötung ab (Abb. 937–941 und 98). Darunter kam ein annähernd quadratischer Ofengrundriss mit inneren Seitenlängen von 3,3– 3,8 m zum Vorschein. Der Ofenmantel ist 0,5 m stark, noch 1,2 m hoch erhalten und lagenhaft mit Kalksteinen gemauert, die in gemagerten Lehm versetzt sind. Längs der Ost- und Westseite ist eine Steinbank von 40 cm Breite und 20 cm Höhe vorhanden, an die der aus einer harten Kalkmörtelplatte bestehende Boden anschliesst. Letzterer liegt auf 20 cm Steinbruchschutt auf, in dem sich eine Randscherbe von der 2. Hälfte 13./1. Hälfte 14. Jahrhundert fand.18 Darunter folgt der Kalkfels. Diese Drainageschicht erinnert an jene unter dem Backofen von Allerheiligen (1.042.3), bei den Öfen im Posthof (1.104) und beim Töpferofen 3 in der Vorstadt (1.218). Die einhäuptige Wandkonstruktion mit hinterfüllten Steinen
1
684
macht deutlich, dass man den Ofen in den zum Teil bereits aufgefüllten Steinbruch abgetieft hatte. Nordseitig ist keine Mauer vorhanden; die Grubenwand ist mit gemagertem Lehm verstrichen. Wahrscheinlich ist dies eine jüngere Flickstelle, worauf Steinreste am Boden hindeuten, die YRQ GHU HKHPDOLJHQ :DQG VWDPPHQ 'LH 2EHUÀlchen der Steine des Mantels sind durch die Hitze des Brandes von 1000° C leicht gerundet, geschmolzen und abgewittert. Boden, Wände und Umgebung des Ofens sind im Schnitt etwa 40 cm, ostseitig bis zu 70 cm tief brandgerötet (Abb. 938 und 939). Von der vollständig in den Hang hineingebauten Anlage lag nur die Ofenbrust mit der Schnauze, dem aus grösseren Steinen gemauerten Feuerloch von etwa 1 m Breite, frei (Abb. 940). Innen endete der Mörtelboden am 90 cm tiefen Schürloch. Hier ist der Boden, als letzte Spur des Arbeitsprozesses, stark kohlig und reicht so bis 1,8 m vor die Ofenbrust. Die seitlichen Steinbänke im Innern dienen als Unterlage für den Himmel, das Kalksteingewölbe über dem Feuerungsraum, das mit viel handwerklichem Geschick für jeden Brand neu aufgemauert wurde.19 Es hält den Feuerraum frei, muss durchlässig sein für die heisse Luft und trägt das Gewicht der eingefüllten Kalksteine. Bei einer anzunehmenden Höhe von 3,5 m, die etwa dem Niveau des aufgefüllten Steinbruchs entsprechen würde, betrug das Volumen der Brennkammer etwa 40 m3. Das Gewicht der Kalksteinfüllung wog etwa 60 t, wenn ausschliesslich Kalk gebrannt wurde. Wie oben dargelegt, diente ein solcher Ofen auch zum Brennen von Ziegeln. Die vermutete Datierung in die Zeit um 1300 lässt an Hohlziegel denken; Backsteine wurden damals noch nicht hergestellt.20 Die Beschickung des Ofens erfolgte von der höchsten Stelle an der Nordseite her. Hier lag, wie auch unten beim Haus «Rosenstaude» festzustellen, die Verlängerung des Ringkengässchens, die sich im Peyerplan 1820 noch als alte Grenze abzeichnet. Wie die nach den Schriftquellen anzunehmende Zweitnutzung als Ziegelbrennofen funktionierte, ist ungeklärt. Häuserzeile mittlere Frauengasse 16–18 Die Häuser Herrenacker 3–5 wurden in den Jahren um 1440 erbaut. Erst dadurch wurde die Südseite des bis dahin nur dreiseitig bebauten Platzes geschlossen.21 Mit diesem Häuserblock entstanden die Rosen- und die Frauengasse. Im Bereich der südlichen Parzellengrenzen liegt die Abbaukante des Steinbruchs (1.085; 1.113 und 1.185). Das an diese Grenze anschliessende Haus Frauengasse 18 steht bereits im aufgefüllten und rekultivierten Steinbruch (Abb. 934 und 941). Weil es bis zur zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts als
L Abb. 938 Herrenacker Süd (1.200). Kalk- und Ziegelbrennofen C, um 1300. Im Schnitt wird die rote Verfärbung der Ofenkonstruktion und der Umgebung bis in eine Tiefe von 40–70 cm deutlich, die durch den Ofenbetrieb bei einer Temperatur um 1000° C entstand, vgl. Abb. 98 und 940.
Ofenmantel Schnauze / Feuerloch Süd
Auffüllung Steinbruch brandgerötet
Auffüllung Steinbruch brandgerötet
391.00
Feuerraum
Steinbänke Kalkmörtelplatte Humus
kohlig
Humus
Steinbruchschutt
390.00 anstehender Fels
0
1
2
3
4
Abb. 939 Herrenacker Süd (1.200). Querschnitt durch den Kalk- und Ziegelbrennofen C, um 1300 (M 1:50).
5m
Abb. 940 Herrenacker Süd (1.200). Kalk- und Ziegelbrennofen C, um 1300, Blick durch das Feuerloch Richtung Herrenacker. Diese so genannte Schnauze war zusammen mit der Ofenbrust der einzige freiliegende Teil des in den Hang hineingebauten Ofens, vgl. Abb. 98 und 938.
18 Fd. 32, TR 20a. 19 Allgemein zum Thema: Kalkbrennen, Kurszentrum Ballenberg, Sonderausgabe Handwerk, in Zusammenarbeit mit dem Freilichtmuseum Ballenberg 2/2001; Bitterli 1991; Gerber/Portmann/Kûndig 2002. 20 Vgl. oben, S. 179. 21 Vgl. oben, S. 182f.
685
16 18
Tor?
Profil B-B
1.200 M1 M5
M3 16
M4 M2
Latrine
Grube Flächengrabung oberhalb weisser Rose (Nr. 16)
Grube
2703164
12
Krypta
N 0
1
5
10 m
weisse Rose 16
1.086 8
Steinbruchkanten 12. / 13. Jh. Kalkbrennöfen 13. / 1. Hälfte 14. Jh. 1. Hälfte 15. Jh. 15. Jh. Spätes 16. / frühes 17. Jh. 17. Jh.
Ringkeng
Rippe im Kalkfels ehemaliges Ringkengässchen
ässchen
untere Rose
6
Frauengasse
er Verlauf
14
ehemalig
1.200 12
Genügsamkeit
M37
4
Keller R10
Vorraum R9
M19
M21 Kanal M10
M15 M9 R6 R4
R1
8
Ofen B
M32
M27
M13 M12 M23 M24 Pfosten M25 R2 R3
M14
ältere Mauer
1.086
Ofen A
M20 R7
unterer Lindenhof
M11 M7
M22 18
20
M26
M31
6
M16
Rampe R8
1.185
10
M18
Rosenstaude
Rosengasse
Profil A-A
1.085 Friedhof Seelhaus
Ofen C
Schmelzofen Maschinenfabrik Rauschenbach um 1880
M29 M35
M28
M33
M30
M34
4
M17
Lindenhof
16
M36
Kanal M8
686
2
M6
Seelhaus 1581/84 Gerberhof
L 18
17
e Rosengass
Latrine 16 18
Tor?
1.200
M5
M3 16
e Frauengass 1.185
M1 M4 M2
Latrine
16 19
Grube Flächengrabung
Remise und Stall des Hauses «Zur Alpenrose» diente und erst dann zum Wohnhaus umgebaut wurde, verzichtete man auf eine nähere Untersuchung. Eine Sondage zeigte innen im Boden wenig Ergiebiges. Das in der Baugrube dokumentierte südseitige Kalksteinfundament M1 ist zweihäuptig, nur 58 cm breit und mit viel Hohlziegeln und Backsteinen durchsetzt. Es diente als Sockel für einen Fachwerkaufbau und datiert wohl nicht vor das 17. Jahrhundert. Daran schliesst nachträglich ein kleiner südlicher Anbau an, der auf dem Peyerplan 1820 nicht mehr vorhanden ist. Dieses gut 4 m breite Handwerkerhäuschen ist 9 m tief, ebenso wie das Haus Frauengasse 18. Seine einhäuptigen, trocken gemauerten Sockelmauern M2 aus Blöcken von 25–30 cm Höhe und Längen von 45–70 cm gehören ebenfalls zu einem Fachwerkaufbau, der im 17. Jahrhundert entstanden sein dürfte (Abb. 941, 942 und 245). Auch das Fundmaterial auf dem Kellerboden stammt aus dieser Zeit.
Offenbar haben die noch andauernden Setzungen des Untergrundes schon bald zu Schäden und zur mehrfachen Erneuerung des Häuschens geführt. Wohl aus diesem Bewusstsein heraus wurde das übrige Gelände unterhalb der Steinbruchkante gar nie überbaut, sondern immer als Garten genutzt. Zuerst wurden die West- und Ostteile der Südmauer (M2a/b) innen vorgemauert. Am östlichen Ende ist eine offenbar sekundär verwendete Säulenbasis aus Kalkstein vorhanden (Abb. 245), die zu jenen am «Oberen Jordan» aus dem späteren
Abb. 941 YY/U Herrenacker Süd (1.200). Situation mit Bauphasen (M 1:400). Abb. 942 Herrenacker Süd (1.200). Frauengasse unterhalb Haus Frauengasse 22. Fundamente des kleinen Handwerkerhauses M1– M4, das mehrfach umgebaut wurde, vgl. Abb. 245.
6WUDWLJUD¿H +HUUHQDFNHU 6 G +lXVHU]HLOH PLWWOHUH )UDXHQJDVVH ± $EE Haus Schichtaufbau Auffüllung Latrine M5, Hausabbruch Auffüllung Gewölbekeller M3, Hausabbruch S4, Auffüllung Keller M2 unter S4 auf Kellerboden zu M2
Fundnummer 13, Manganglasur, FZ
Datierung 18. Jh.– vor 1820 9, Steinzeug, Borstenzugdekor, grüne Glasur 18. Jh.– vor 1820 3?, 5, 10, weisse Glasur, SR grün mit tordiertem Rand- 17./18./ KHQNHO 0DQJDQJODVXU JHÀDPPWHV 'HNRU += )= %6 frühes 19. Jh. 2, 6, 7, 11 Borstenzugdekor, SR grün, TLR Spritzde- 17./18./ kor, Malhorndekor, Ofenkacheln glatt grün/blau frühes 19. Jh.
687
16. Jahrhundert passt (1.188). Nochmals später wurde an der gleichen Stelle der wenig tiefe Keller M3 mit einem Gewölbe eingebaut. Während letzteres nur noch in Ansätzen vorhanden ist, zeigt GHU %RGHQ HLQH VHKU VRUJIlOWLJH .DW]HQNRSISÀlV terung mit diagonaler Entwässerungsrinne (Abb. 245). In einem nächsten Schritt wurde auch der übrige Hausbereich 80 cm tiefer als die KatzenNRSISÀlVWHUXQJ DEJHWLHIW 6SlWHU ZXUGH GLHVHU Raum wieder um 0.5 m aufgefüllt und dann die Südostecke durch den Einbau der Vormauerung M4 verstärkt. Aussen ostseitig wurde die rechteckige Latrinengrube M5 angefügt. Vor 1820 wurde das ganze Gebäude wieder abgebrochen. Dazu passt auch das Fundmaterial. Häuserzeile Rheinstrasse 16–22 Die Häuserzeile entstand in mehreren Abschnitten (Abb. 937, 941 und 943). Auch wenn nur ihre Fundamente erhalten sind, gibt uns doch das nahe, bis ins späte 14. Jahrhundert zurückreichende «Störchlein» einen guten Eindruck ihres ehemaligen Aussehens (1.244). Die Mauerzüge setzen alle auf dem recht einheitlichen Felsniveau von etwa 390,50 m ü. M. an. Nur im äussersten südöstlichen Bereich der Häuserzeile liegt das Niveau mit einer weiteren, diagonal verlaufenden Kante nochmals tiefer auf etwa 389,90 m ü. M. Ältestes Haus dieser Zeile ist das mittige Handwerkerhaus M22/23/25 (R3) mit einem recht-
3 2
Abb. 943 Herrenacker Süd (1.200). Fundamente der Häuser des 15./16. Jhs. in der Südwestecke der Baugrube. Im Zentrum der Keller des Hauses «Rosenstaude» (1) mit Zufahrtsrampe (2) und Vorraum (3).
688
eckigen Grundriss von 5 x 10 m. Es stört den Kalkbrennofen A und ist wegen der Feuergefährdung und der geringen Distanz vermutlich jünger als Ofen B. Sein nur 0,65 cm breites Kalksteinfundament besitzt Steinlagen von 10–20 cm Höhe. Die unteren beiden Lagen sind trocken verlegt, um Staunässe zu vermeiden; darüber sind die Steine mit einem harten weissen, typisch gotischen Mörtel vermauert. Die Funktion eines exzentrisch vermauerten Pfostens mit einem Durchmesser von 15 cm in der nördlichen Schmalseite ist unklar. In der Südostecke der Baugrube liegt das fast quadratische Eckhaus M31/32. Das einhäuptige Kellermauerwerk ist innen verputzt und besteht aus Mischmauerwerk von grösseren Kalksteinen mit 25–30 cm Höhe, das durchsetzt ist mit Sandsteinspolien, Fragmenten von Hohl- und Biberschwanzziegeln sowie Backsteinen (Abb. 937). Damit ist es kaum vor dem früheren 16. Jahrhundert entstanden. Eine in der Kellerauffüllung gefundene grüne Blattkachel mit Medaillon und Frauenbüste datiert ins späte 16./frühe 17. Jahrhundert.22 Wandvorlagen in den Ecken und in der Mitte deuten auf eine Gewölbekonstruktion hin. Die Wände sind verputzt. Die Mauer M26 deutet auf eine erste Erweiterung nach Westen bis zum ältesten Gebäude R3.
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L Häuserzeile Frauengasse 4/6 ©5RVHQVWDXGHª ©*HQ JVDPNHLWª Rosengasse 3/5 Von den sich an die Rheinstrassenzeile hangaufwärts anschliessenden Gebäuden, die der Peyerplan von 1820 noch zeigt, sind die Fundamente grösstenteils schon 1970 beim Bau des Parkhausprovisoriums abgetragen worden. Vom Haus Rosengasse 3 ist die tiefer reichende, neuzeitliche Latrinengrube M37 erhalten geblieben. Sie ist rechteckig gemauert und verputzt und stört die Reste des viel älteren Kalkofens C. In M37 ist viel Geschirr eines Haushalts des 18./19. Jahrhunderts entsorgt worden.23 Gut erhalten sind einzig die Reste des herrschaftlichen Hauses «Rosenstaude» (Abb. 941 und 6HLQH %DXÀXFKW RULHQWLHUW VLFK QLFKW QDFK der Rheinstrasse, sondern an der alten, schräg in die Parzelle hineinlaufenden Grenze in Verlängerung des Ringkengässchens. Offensichtlich verlief das Gässchen durch diese Parzelle weiter nach Osten, nach dem Peyerplan von 1820 zu schliessen durch die Klostermauer wohl bis in die Klosterstrasse, bevor Rosen- und Frauengasse im mittleren 15. Jahrhundert angelegt wurden (Abb. 934 und 932).24 Der älteste Teil des Hauses «Rosenstaude» M18–21, der Kellerraum R10, ist annähernd quadratisch, bis zu 1,3 m hoch erhalten und mit bemerkenswerten Mauerstärken von knapp 1 m einhäuptig gegen den Fels gemauert. Die Steine sind 30–45 cm hoch und mit weissem, hartem Mörtel vermauert, der sehr gut in die spätgotische Zeit passt. Der Raum besitzt eine Kat]HQNRSISÀlVWHUXQJ XQG ZLUG DXIZHQGLJ HQWZlVsert, wie unten nochmals dargelegt. Später kommen westseitig die Mauern M15–17 hinzu. Sie bilden eine 2,20 m breite Zufahrtsrampe mit einem trapezförmigen Vorraum zum Keller der «Rosenstaude». Zu dieser Erweiterung gehört auch die Parzellenmauer M12/13 gegen die Häuser an der Rheinstrasse, deren Übergang zu M11 nicht restlos klar ist. Alle Wände wurden ÀlFKLJ YHUSXW]W LP .HOOHUUDXP ZXUGH GLH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ HUQHXHUW 'HU +DQGZHFKVHO des Hauses 1575 von Messerschmied Heinrich Koch zu einem Mitglied der Familie Waldkirch und der herrschaftliche Umbau mit Zufahrtsrampe beweisen die gestiegene Anziehungskraft der Wohnlage. Den Waldkirch folgt 1606 Stadtarzt Georg Möckli und danach ein Zweig der Familie Peyer, der sich nach der «Rosenstaude» nannte.25 22 23 24 25
Parallelen dazu bei Heege 2010, S. 129, 5.5.5. KASH Fd. 31 Vgl. oben, S. 182. Rüeger 1882, S. 1057, Anm. 5 und S. 1058; StadtASH G 02.04/A-0632, C II.73.05.02/04, G 02.04/A-0673 etc.
Vielleicht nochmals später wurde die südwestliche Eckparzelle durch M6/7 in die beiden Räume R1/2 geteilt. Die Fundamente zeigen einen sandigen, barocken Mörtel. Der Peyerplan verzeichnet auf dieser Fläche 1820 einen von Hofmauern eingefassten Garten. Später stand hier ein Holzschuppen der «Rosenstaude», und auch das Haus M22/23/25 (R3) diente nun dem gleichen Zweck. (QWZlVVHUXQJ GHU ©5RVHQVWDXGHª XQG Regenwassersammler Das in den Keller R 10 einsickernde RegenwasVHU PXVVWH YRQ GHU )HOVREHUÀlFKH DEJHI KUW ZHUden. Dazu liegen interessante Beobachtungen vor. Entlang der Nordwand M18 ist eine Rinne im Fels vorhanden, die rechtwinklig in den aus Backstein gemauerten und damit abgedeckten Kanal M10 mündet, der leicht diagonal durch R10 nach Süden führt (Abb. 941). Er besitzt einen quadratischen Querschnitt von 15 cm und ist sekundär LQ GLH .DW]HQNRSISÀlVWHUXQJ GHV .HOOHUV HLQJHbaut. Durch eine Aussparung in der Südwand M20 führt er in R6 zuerst in einen in den Fels abgetieften polygonalen Regenwassersammler von bis zu 2,9 m Tiefe (Abb. 944). Diesem ist seitlich eine zweite Struktur mit einem Backsteingewölbe angegliedert, die ebenfalls polygonal aus dem Fels geschrotet wurde. Das Gewölbe wurde von Sandsteinplatten abgedeckt. Obwohl diese Anlage nicht weiter untersucht werden konnte, dürfte sie als Zisterne anzusprechen sein, mit vermutlich ähnlicher Tiefe wie R6 und Aussenmassen
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3 4
Abb. 944 Herrenacker Süd (1.200). Vom Kohlenkeller (1) des Hauses «Rosenstaude» führte im 16. Jh. ein Kanal (2) das Sickerwasser in einen Sammler (3), so dass das Regenwasser zum Tränken für Vieh und Garten genutzt werden konnte. Der Überlaufkanal R6 (4) führte das Wasser zum Abflusskanal in der Rheinstrasse.
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von etwa 3 x 1,5 m. Die zum Haus gehörende Latrine liegt gemäss dem Katasterplan von 1868/72 an der Ostseite des Hauses im Bereich der temporären Bauzufahrt und liess sich deshalb nicht untersuchen. Von R6 führt der Kanal als Überlauf M9 durch die Mauer M13 und dann im Abschnitt M8, 40 cm breit aus dem Fels geschrotet, unter der späteren Mauer M7 hindurch. Dort liegt der Fels wieder tiefer, weshalb der Kanal in der Auffüllung wieder gemauert ist. Mindestens ein Teil dieser Anlage erscheint in den Quellen. 1560 erhielt der Hausbesitzer, alt Stadtschreiber Marsilius Bertz, die Erlaubnis, im Stall des Nachrichters einen steinernen Kanal zu erstellen, um inskünftig sein Regenwasser ableiten zu können.26 Industrialisierung Im Zuge der Industrialisierung wurden im späten 19. Jahrhundert die Gebäude in diesem Bereich zum Teil umgenutzt und umgebaut. Das Eckhaus M31/32 erhielt an der Rheinstrasse und Rosengasse mit M35/36 neue Fassaden sowie innen die in den aufgefüllten Keller eingebauten Pfeilerfundamente M26–30 und M33/34. 1866 kam die «Rosenstaude» in den Besitz von Carl Bürgin. Der Keller diente neu als Kohlenkeller; gegen die Rheinstrasse hin liess Bürgin Erweiterungstrakte anbauen. Er betrieb eine Möbelnägelfabrik und Metallgiesserei, die er 1893 an die Hochstrasse verlegte.27 Neben Bronzeschlacke als Giessereirückstand in den Gruben zeigte sich ein ganz bemerkenswerter und einzigartiger Fund aus dieser Zeit. Der Regenwassersammler R6 wurde bei der Verlegung der Fabrik mit Abfall aufgefüllt, doch sammelte sich nach wie vor Wasser darin. In dieser dauerfeuchten Umgebung blieb ein merkwürdiges hölzernes Fass mit einer schräg darin steckenden Kurbel erhalten (Abb. 945). Das sehr schön restaurierte Objekt (Abb. 946) entpuppte sich als trommelartiges Fass mit drei eisernen Reifen, zum Teil mit textilen Resten, einem Durchmesser von 45 cm und einer Höhe von 38,5 cm. Es besitzt eine Einfüllöffnung mit Scharnierresten und Verschlussöse. Die exzentrische, an einem Ende abgekröpfte Achse zeigt, dass es mittels Muskelkraft mit Handkurbel oder Fusswippe gedreht werden konnte. Messingob-
Abb. 945 Herrenacker Süd (1.200). Im Regenwassersammler R6 der «Rosenstaude» kam ein hölzernes Fass mit schräg darin steckender Kurbel in Fundlage zum Vorschein.
Abb. 946 Herrenacker Süd (1.200). Das restaurierte Fass aus der «Rosenstaude», vgl. Abb. 945. Es wurde mit Muskelkraft zum rotieren gebracht, um Möbelnägel aus Messing zu polieren, die Carl Bürgin 1866– 1893 hier fabrizierte. Heute ist das Verfahren als Gleitschleifen sowie unter der Marke «Trowalisieren» bekannt.
6WUDWLJUD¿H +HUUHQDFNHU 6 G +lXVHU]HLOH 5KHLQVWUDVVH )UDXHQJDVVH 5RVHQJDVVH $EE
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Schichtaufbau R6, Möbelnägel-Polierfass Fabrik Bürgin R7, Bronzeschlacken Fabrik Bürgin Kellerauffüllung M31/M32
Fundnummer 28, Steinzeug, BS 29 30, Blattkachel grün mit Medaillon, glatte Ofenkacheln hellblau, Steinzeug
Latrinengrube M37, Inhalt
31, Haushaltsgeschirr mit Marmorierung, Spritzdekor, Malhorn- und Pinseldekor, Porzellan
Datierung 19. Jh. 2. H. 19. Jh. spätes 16./ frühes 17. Jh. 18./1. H. 19. Jh. 18./19. Jh.
L 1.162 Ringkengässchen 13, Mang Thöning-Haus Steinbruch, Wohnhaus, Malerei
jekte müssen üblicherweise nach dem Guss entgratet und poliert werden. Im rotierenden Fass lassen sich nicht zu schwere Massenartikel durch Reibung polieren. Offensichtlich diente das Fass zum Polieren der Möbelnägel aus Messing, die Bürgin fabrizierte.28 Heute ist das Verfahren als Gleitschleifen oder unter dem Markennamen «Trowalisieren» bekannt.
Literatur: Michler 1992, S. 197; SN 13.1.1967; Frauenfelder 1966, S. 9; Frauenfelder 1960, S. 342; Frauenfelder 1951, S. 408f. Hausinventar: Dagmar Wilke, Mang ThöningHaus, März 1992; Dagmar Hackländer-Wilke, Ringkengässchen 15, Wohnhaus, November 1999.
1.185 Frauengasse 1–24 6WHLQEUXFK 6WUDVVH 3UR¿O
Die Um- und Neubauarbeiten von 1994/95 ergaben keine weiterführenden Erkenntnisse zu diesem bedeutenden Gebäude. Hingegen zeigte sich in der südlich anschliessenden Baugrube für einen Neubau die nordwestliche Kante des Steinbruchs, deren Fortsetzung nach Norden 2004 bei den Werkleitungserneuerungen im Ringkengässchen zum Vorschein kam.
Literatur: Frauenfelder 1966, S. 7. Bei der Erneuerung der Werkleitungen wurden im Jahr 2000 die Bauarbeiten begleitet und die GraEHQSUR¿OH GRNXPHQWLHUW Die Abbaukante des Steinbruchs liegt 11 m unterhalb des «Unteren Jordan» (Obergericht) im Bereich der Ausfahrt des Parkhauses Herrenacker (Abb. 934). Sie liegt an der gleichen Stelle eines alten Grenzverlaufs wie im Ringkengässchen und an der Neustadt (1.162 und 1.091). Oberhalb davon ist wieder der sterile ockerfarbene Lehm vorhanden, der den Kies einer eiszeitlichen Rinne bedeckt. Unterhalb einer schmalen Restkante des Kalkfelsens tritt sehr viel Füllmaterial aus Kalksteinabraum zu Tage (Abb. 947). Er ist partiell mit kleineren oder grösseren Sand-, Lehm- oder Humuslinsen durchsetzt, die mit wenig Siedlungsabfall verunreinigt sind (Abb. 948).
Steinbruch 12.–14. Jahrhundert In der 3 m tiefen Baugrube zeigte sich 1994 im :HVWSUR¿O HLQ ZHLWHUHV 7HLOVW FN GHU .DQWH GHV ehemaligen Steinbruchs (1.042.1; 1.086; 1.091; 1.139; 1.185 und 1.200). Gegen den Herrenacker ist der anstehende Kalkfels bis etwa 2 m unter die 2EHUÀlFKH HUKDOWHQ ZLH EOLFK EHGHFNW YRP IHWten ockergelben Lehm, dem so genannten BolusWRQ $EE ,P V GOLFKHQ 3UR¿ODEVFKQLWW
Abb. 947 Frauengasse (1.185). Im Bereich der Ausfahrt Parkhaus Herrenacker liegt die ehemalige Abbaukante des mittelalterlichen Steinbruchs, der mit Kalksteinabraum aufgefüllt wurde.
26 Breiter 1962, S. 88. 27 Hauser 1996, S. 361f., S. 396. 28 Für die Deutung ist Peter Bretscher zu danken. Restaurierung im Konservierungslabor Potthast/Riens, Konstanz.
395.00
1.185 Profil 15, Steinbruch Blick Ost 1:20
eff. 2.2m
Asphalt Wandkies modern Asphalt 394.00
Störung
Wandkies modern
anstehender Kalkfels 393.00
Rekultivierte, braune, humose Gartenerde etwas Hoko, kleine Scherben und Knochen
Humusband
OK eingefüllter Kanal 2000
anstehend 0 392.00
anstehender Kalkfels
Mörtelband
Steinbruchschutt mit Sand/Kies/Lehm/Humus
1
2
3
4
5m
Abb. 948 Frauengasse (1.185). Das Profil A–A vor dem Haus Frauengasse 5 zeigt den abgebauten Kalkfels, bedeckt von einer ersten humosen Rekultivierungsschicht, auf der Steinbruchschutt liegt, Blick Ost (M 1:50), Lage vgl. Abb. 941.
691
zeichnet sich im Lehm die Kante des Steinbruchs ab, welche in die Baugrubensohle verschwindet. Darauf liegt Kalksteinschutt, zum Teil mit Lehm durchsetzt. Es handelt sich um Abraum des SteinEUXFKV GHU HWZD P XQWHU GHU 2EHUÀlFKH HLQH humose Zwischenschicht aufweist, als Rest einer ersten Rekultivierung. Die 2004 im Ringkengässchen festgestellte Fortsetzung dieser Steinbruchkante nach Osten (Abb. 934) streift die Südostecke des später entstandenen Mang ThöningHauses und zeigt, dass die Abbaukante des Steinbruchs noch bis in die Neuzeit als Grundstücksgrenze weiterlebte. Das Wohnhaus von 1493 Der Hausbrand von 1967 und die nachfolgenden Instandstellungsarbeiten haben grosse Teile der mittelalterlichen Bausubstanz zerstört. Erhalten blieben Teile der ursprünglich zweigeschossigen Fassade am Ringkengässchen mit Standerker, originalen Tür- und Fenstergewänden, einem ehemaligen Kreuzstockfenster sowie der Jahrzahl des Baujahrs 1493 am rundbogigen Sturz der Haustüre. Am schmerzlichsten ist der Verlust des einzigen mittelalterlichen Wappenfreskos in Schaffhausen, das 1943 im 1. Obergeschoss entdeckt worden war. Neben dem grossen Wappenschild König Maximilians I., der den Erbauer des Hauses Mang Thöning 1488 auf Grund seiner Kriegstüchtigkeit geadelt hatte, waren in drei Reihen übereinander 26 Wappen von Adelsgeschlechtern dargestellt. Die Malerei dürfte in der Bauzeit oder kurz danach entstanden sein.29
1.244 Rheinstrasse 29 «Störchlein» Fassade, Fenster, Reitertritt Literatur: Frauenfelder 1951, S. 408. Aufnahmepläne: Bürgerhaus 1946, Tafel 73. Bildquellen: Grütter 2005, S. 146, Kat. 258. Die Fassade gegen die Rheinstrasse zeigt im Erdgeschoss ein gestaffeltes Dreierfenster mit Hohlkehle und beidseitig gekehltem Auslauf aus der Zeit von 1373/1403,30 das vermutlich eine Bohlenstube31 belichtet hat (Abb. 174). Damit dürfte es wohl das älteste Haus im ehemaligen Steinbruch in der Grueb sein. Darüber folgt im 1. Obergeschoss ein gestaffeltes Viererfenster mit doppeltem Fenstererker und seitlichen Hohlkehlen mit einseitigem Auslauf, das am Sturz 1561 datiert ist.32 Dazu gehören auch das darüberliegende Viererfenster und die beiden Doppelfenster. Bemerkenswert ist schliesslich der Reitertritt neben der Haustüre, der nochmals etwas jünger ist und dieses Haus zusammen mit den Fenstern deutlich aus seiner heute bescheidenen Umgebung hervorhebt. Es macht die neuzeitliche Aufwertung dieser Wohnlage deutlich, wie dies auch an der «Rosenstaude» festzustellen war (1.200).
4
3 2 1
Abb. 949 Mang Thöning-Haus (1.162). In der Baugrube für den Anbau zeichnet sich im Westprofil der aufgefüllte Steinbruch des 12.–14. Jhs. ab: anstehender Kalkfels (1), bedeckt von Lehm (2), Kante des Steinbruchs (3), Auffüllung mit Abraum (4).
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L 1.083 Rheinstrasse 37 «Rosengarten» =LHJHOK WWH =LHJOHUKDQGZHUN
1.175 Rheinhof (Rheinstrasse 24–40) 6WHLQEUXFK 6WUDVVHQSUR¿O
Literatur: Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1953, S. 24; Frauenfelder 1960, S. 342; Frauenfelder 1951, S. 408.
Literatur: Frauenfelder 1966, S. 9.
Bei Umbauarbeiten kamen 1953 Reste der ehemaligen städtischen Ziegelei zum Vorschein. Es wurden aber nur einige Backsteine mit Handabdrücken aufgesammelt und ins Museum zu Allerheiligen gebracht. Das langrechteckige, an die rheinseitige Stadtmauer angebaute Gebäude ist auf dem Stadtprospekt von Mentzinger von 1644 gut zu erkennen. Die Ziegelhütte war ursprünglich ein Lehen des Klosters Allerheiligen; 1512 verkaufte sie der Ziegler Wilhelm Löli an die Stadt.33 Daneben gab es zwei Ziegelhöfe oberhalb von Neuhausen, jenen in Hofstetten, der schon in der ältesten Stadtrechnung von 1397 auftaucht, und einen zweiten, wohl etwas jüngeren, südlich davon beim Aazheimerhof.34 1461 wurde eine vierte Ziegelhütte unmittelbar vor dem Mühlentor errichtet, die ebenfalls auf dem genannten Stadtprospekt gut zu erkennen ist.35 Die Ziegler stellten nicht nur Dachziegel, Backsteine und Tonplatten her, sondern lieferten auch Kalk, weil alles im selben Ofen gebrannt wurde.36 An Stelle der Ziegelhütte erbaute Junker Hans Jakob Peyer das Haus «Zum Rosengarten». Die Ziegelei wurde 1682 auf den Schindanger oder Wasenplatz, die mittelalterliche Tierkadaverentsorgungsstelle bei der Teuchelgrube im Urwerf verlegt, wie der Peyerplan von 1820 zeigt. In dieser Ziegelhütte eröffnete 1828 der Winterthurer Industrielle Jakob Ziegler-Pellis (1775– 1863) die gleichnamige bedeutende Tonwarenfabrik (1.241).37
29 30 31 32 33 34
35 36 37 38
Frauenfelder 1951, S. 408, Abb. 565. Vgl. oben, S. 123. Vgl. oben, S. 167. Vgl. oben, S. 196. STASH UR 1/3983. StadtASH A II.05.01.001/22 1396–1397: I lb dem Ziegler von Hofstetten umb Kalch; A II.05.01.002/35 1401– 1402: II lb V s dem Ziegler von Hoffsteten umb Kalch und umb Ziegel; A II.05.01.036/031 1422–1432: XXI lib haben wir gelihen Hanman Ziegler sabato in Pasca DQQR ;;9R GDI U KDXW XQV VLQ EUXRGHU -RV =LHJOHU VLQ ziegelhof ze Atzen ze phand ingesetzt und uns versprochen das ze geben, darumb sind burg Berchtold Goldsmid und Marti Muntzmaister; A II.05.01.034/062 1428: ,,, GHP (QGLQJHU YRQ , IXRGHU NDOFK ]H VZHOlen Item IIII ß von I fuoder kalch, gefuort von Auchzhain in dz koffhus… Landolt 2004, S. 460. Vgl. oben, S. 179. Hauser 1996, S. 376; Rüeger 1884, S. 370, Anm. 6; zur Firmengeschichte: Ziegler-Keramik 1993. Bänteli 2010a, S. 168.
Die Werkleitungserneuerungen von 1999 in der Rheinstrasse, Abschnitt Frauengasse bis Neustadt, zeigten nur punktuell kleine, noch ungeVW|UWH 3UR¿OVWHJH ,P 5KHLQKRI OLHJW XQWHU GHU PRGHUQHQ 3ÀlVWHUXQJ ELV LQ FP 7LHIH QHX]HLWOLFKHU Strassenkies, darunter der anstehende Lehm, auf den der Kalkfels in 90 cm Tiefe folgt. In der Rheinstrasse reicht die abgebaute, von SteinEUXFKDEUDXP EHGHFNWH )HOVREHUÀlFKH QRFK ± P XQWHU GLH 2EHUÀlFKH ZDV PLQGHVWHQV GLH Aussage zulässt, dass das hier noch nicht erfasste Rheinufer zur Zeit der Stadtgründung maximal ELV ]XU V GOLFKHQ +lXVHUÀXFKW UHLFKWH 1.138 Mühlentor, Neustadt 1/3 «Beckenburg»/«Vulkan» 0 KOHQWRU %U FNH 6WDGWPDXHU 6WDGWJUDEHQ Kanal Literatur: Hauser 1996, S. 357; Wipf 1992, S. 60f.; Frauenfelder 1951, S. 32, S. 374; Museumsverein Schaffhausen Jahresbericht 1960, S. 37 und 1949, S. 39. Hausinventar: Norbert Kaspar, Beckenburg, Vulkan, 1988. Bildquellen: Grütter 2005, S. 24, Kat. 346, S. 25, Kat. 125, S. 156, Kat. 347. Beim Bau der Rheinuferstrasse 1967 und im Rahmen von Werkleitungserneuerungen in den Jahren 1949, 1998 und 2001 wurden Teile der Brücke über den inneren Stadtgraben angeschnitten. Die an diesem wichtigen Strassenknotenpunkt zum Teil sehr stark gestörten Befunde wurden rudimentär dokumentiert. Anschlussfugen zeigen, dass auch hier die doppelbogige Brücke nachträglich vor dem Mühlentor zwischen die Grabenmauern gebaut wurde, wie dies etwa beim Engelbrechtstor und beim Schwarztor festzustellen war (1.069 und 1.124). Sie tritt vermutlich in der 2. Hälfte des 17. Jahrhunderts an die Stelle der Holzbrücke, die 1592 zusammen mit dem Mühlentor-Vorwerk entstanden war und die Mentzinger 1644 zusammen mit der Fallbrücke zeigt. Vom südlichem Rundturm des Vorwerks liessen sich bei einem Hausabbruch 1960 Reste von 1,5 m starkem Mauerwerk beobachten (Abb. 128). Der im Rahmen dieser Bauarbeiten ebenfalls verschiedentlich angeschnittene, vermeintliche unterirdische Gang diente der Entwässerung der 1875/76 angelegten Grabenstrasse.38 Er liegt im 693
XQQG LQQHUHQ P OLWKRU LQ GHU VWDWW ULQJNKPXZU ettliche schutzlöcher howen und insetzen lassen.41 Wohl nochmals später wurden Teile der Stadtmauer im Bereich der «Beckenburg» neu gebaut. Vielleicht geschah dies kurz vor 1780, als die «Beckenburg» gemäss Grundbuch durch das städtische Seckelamt als Holzmagazin neu erbaut wurde.
2 2
1
1.136 Grabenstrasse 14, unterer Diebsturm Diebsturm, Stadtmauer, Zinne, Wehrgang
Abb. 950 Mühlentor (1.138). Vermeintlicher unterirdischer Gang (1) für die Entwässerung der 1875/76 im ehemaligen Stadtgraben angelegten Grabenstrasse zwischen den stehengelassenen Bogenfragmenten (2) der steinernen Brücke vor dem Mühlentor.
aufgefüllten Stadtgraben zwischen den stehengelassenen Bogenfragmenten der Brücke (Abb. 950). Stadtmauer Im Rahmen der Fassadenrenovation der Häuser «Beckenburg» und «Vulkan» liessen sich 1997 einige Beobachtungen zur Stadtmauer machen. Sie ist ab Terrain auf die ganze Höhe von 11,5 m hoch erhalten, gut 1,3 m stark, im Zinnenbereich noch knapp 70 cm stark. In diesem Zustand datiert sie aus der Zeit der Aufstockung des Diebsturms um 1381 (1.138). Nur im «Vulkan» sind die liegend rechteckigen Mauerzinnen mit 1,9 m Breite erhalten. Ihre quadratischen Zinnenöffnungen besitzen Seitenlängen von 1,55 m.39 Durch einen ersten Umbau, wohl im 15. Jahrhundert, wurden die Öffnungen auf 0,95 x 1,10 m verkleinert, bis sie schliesslich im späteren 16./ 17. Jahrhundert zugemauert und durch Kalksteinscharten ersetzt wurden.40 Eine der vielen Schriftquellen, die vom dauernden Unterhalt der Ringmauer berichten, kann in diesem Zusammenhang stehen. Sie stammt aus dem Jahr 1579: herr buwPDLVWHU VROO RXFK ]Z VFKHQW GHP XQQGHUQ WKXUP
Literatur: Bänteli 2014, S. 75; Bänteli 1996, S. 238; Hauser 1996, S. 385; Bänteli 1994, S. 90; Frauenfelder 1951, S. 35f. Bildquellen: Grütter 2005, S. 132, Kat. 127, S. 158, Kat. 367. Die Dokumentation der Stadtmauern beim «Adler» und am Munot (1.111 und 1.112) führte 1991 ]X HUVWHQ %HJHKXQJHQ (LQH REHUÀlFKOLFKH %DXanalyse, verbunden mit Dendrodatierungen, lässt die wichtigsten Bauphasen des Turms deutlich werden. Durch die Aussenrenovation von 1995 ergaben sich kaum neue Hinweise. Diebsturm von 1296 Ursprünglich war die Stadtmauer an der unteren Neustadt, der zweitletzten, gegen Ende des 13. Jahrhunderts entstandenen Stadterweiterung, mit zwei Türmen bewehrt, dem unteren und dem oberen Diebsturm.42 Während letzterer 1856 abgebrochen wurde, ist ersterer 1982 durch den Abbruch der zweigeschossigen Vorbauten der ehemaligen Garage Baldinger an der Grabenstrasse freigestellt und wieder zu einem markanten Blickfang geworden (Abb. 130 und 131). Vom jetzigen Terrain aus gemessen ist der Turmkörper 22,2 m hoch; die unteren 16,4 m gehören der ältesten Bauphase an (Abb. 951). Der Turm
Dendrodatierung 1.136 Grabenstrasse 14, Diebsturm44 Bauphase
Ort
Holz Datierung, WK=Waldkante Holzart probe (in Klammern Anzahl Splintjahre) 3 1295/96 WK (16) Eiche
Neubau Turm 1296
Schiesskammer 2. OG, Sturzbalken seitlicher 2 Balkenstumpf Türsturz 1
Umbau Hocheingang vor Brand 1337 Umbau Hocheingang nach Brand, zu 1381? Turmaufstockung 1381 Decke 2. OG, 4 Deckenbalken Decke 3. OG = 5, 6 Boden Turmzinne, Deckenbalken Unterbau 7–9 Dachstuhl 694
1336/37 WK (24)
Eiche
1343
Eiche
1373 (7)
Eiche
2 x 1380/81 WK (14, 15)
Eiche
1373, 1376? 1377/78 (WK)
Weisstanne Fichte
L besteht aus lagenhaftem Kalkbruchsteinmauerwerk. Im 1. und 2. Obergeschoss sind Gerüsthebellöcher vorhanden. Der aussen schräge Sockel des Turms ist neuzeitliches Flickwerk. Der Rundturm tritt mit seiner eigenen Mauerstärke von 1,8 m aus der wohl gleichzeitig entstandenen Stadtmauer hervor und besitzt einen Innendurchmesser von 3 m. Innen liegt das Bodenniveau 2,2 m über dem Aussenterrain; es besteht aus groben Kalksteinplatten. Wo genau der hier anstehende Kalkfels ansetzt, ist weder innen noch aussen geklärt. Jedenfalls liegt 5,5 m über diesem Boden die SchwelIe des originalen, nordseitigen Hocheingangs mit einem Mass von 0,67 x 1,80 m. Das 1982 vermauerte, noch innenseitig sichtbare und leicht spitzbogige Gewände besteht hauptsächlich aus graugrünem Sandstein, einem einzelnen Randengrobkalk und zeigt im Ansatz äussere Buckel (Abb. 952). Original sind auch die beiden darüber liegenden stadtaussenseitigen Schiesskammern im 2. und 3. Obergeschoss, deren ursprüngliche Scharten nachträglich nach unten auf die ganze Nischenhöhe verlängert wurden. Es entstanden 1,2 m lange Schlitzscharten für Bogenschützen. Die untere Schiesskammer besitzt zwei originale Sturzbretter, von denen eines in das Jahr 1296 datiert werden konnte (Abb. 954). Damit passt der Diebsturm in allen Belangen mit dem Finsterwaldturm aus dem Jahr 1283 (1.111) zusammen.
Abb. 951 Diebsturm (1.136). Querschnitt mit Bauphasen (M 1:200).
4. OG / Zinne
Blockstufentreppe 3. OG
Sturzbalken 1296 Gerüsthölzer 2. OG
Wehrgang oberhalb Diebsturm Neustadt 13
Hocheingang Türsturz 1381?
1. OG
Gerüsthölzer Balkenstumpf 1337
UG / EG Kalkplatten
Vorplatz Neustadt
Grabenstrasse
1296 1337 Umbau 1381 Aufstockung 17. Jh.
In einem ersten Umbau wurde 1337 stirnseitig neben der Eingangspforte ein Balken mit 20 x 27 cm Querschnitt 55 cm tief ins Mauerwerk eingelassen. Er wurde in einen anderen Mörtel versetzt. Gleichzeitig wurde die Türschwelle 0,5 m tiefer gelegt, so dass noch eine Durchgangshöhe von 1,6 m verblieb. Offensichtlich diente dieser hebelartige Eichenstumpf der Verankerung eines Aufzugs mit Seil und Korb oder einer Strickleiter für den Kerker, für Gefangenentransporte. Auch für den Unterhalt musste der Totengräber immer wieder auf den Turmboden hinuntersteigen, wie entsprechende Lohnzahlungen in den Stadtrechnungen zeigen: dem tottengreber IIII lb YRQ GHQ W UQHQ XQG YRQ GHU NlI¿ ]H UXPHQ DLQ MDU RGHU GHP WRWWDQJUHEHU YRQ EHGDQ WK UQDQ ]H ZLVVODQ.43
Vgl. zu Mauerzinnen: Bänteli 2010c, S. 80–82. Vgl. oben, S. 199. STASH RP 39,77. Vgl. oben, S. 102. StadtASH A II.05.01.036/103 1422–1432; A II.05.01.036/105 1422–1432; A II.05.01.038/050 1427–1428; A II.05.01.117/131 1457–1458. 44 UWAD, Felix Walder, Bericht vom 11.4.1991, Bericht Nr. 306 vom 20.10.2003 und Bericht vom 4.7.2007.
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Wehrgang unterhalb Diebsturm Neustadt 11
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Abb. 952 Diebsturm (1.136). Pforte des vom Wehrgang her zugänglichen Hocheingangs mit spitzbogigem Sandsteingewände von innen (1), nachträglich 1337 eingesetztem Balkenhebel (2) für einen Aufzug oder eine Strickleiter sowie nach dem Stadtbrand 1381 eingesetztem Türsturz (3). Zeichnung der ganzen Pforte M 1:50.
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kenlagen ein. Wahrscheinlich ebenfalls aus dieser Zeit stammen die Blockstufentreppen in den oberen 3 Geschossen (Abb. 954). Im Rahmen dieser Aufstockung erhielt die Schiesskammer im 3. Obergeschoss einen neuen Kalksteinsturz. Darüber verjüngte man im 4. Obergeschoss die Mauerstärke auf noch 80 cm.
Abb. 953 Diebsturm (1.136). Die ursprüngliche Gestalt des Zinnengeschosses von 1381 ist noch ungeklärt. Vermutlich gab es einen hölzernen Wehrerker, der später von den mit Kalksteinen überwölbten Schiesskammern abgelöst wurde, in die im späten 16./17. Jh. Scharten für Hakenbüchsen eingebaut wurden.
Abb. 954 Diebsturm (1.136). Originale Schiesskammer mit Sturzbrettern von 1296 und Blockstufentreppe von 1381(?).
Brand und Aufstockung von 1381 Das bisher beschriebene Mauerwerk weist starke Brandrötungen auf, die Hölzer sind alle stark angekohlt. Es spricht nichts dagegen, dass es sich um Spuren des Stadtbrands von 1372 handelt.45 Nach diesem Brand wurde der Turm saniert und mit etwas grösseren Kalkbruchsteinen um 5,8 m aufgestockt (Abb. 951). Gleichzeitig wurde die westliche Stadtmauer erhöht (1.138 und 1.208). Die dendrochronologischen Daten lassen auf das Baujahr 1381 schliessen. Damals entstand auch der neue, freitragende Wehrgang entlang der nordwestlichen und nordöstlichen Ringmauer der Stadt.46 Der bislang nicht untersuchte zugehörige Wehrgang liegt unter der Dachtraufe in den heutigen Häusern Neustadt 11 und 13. Zu diesen Bauarbeiten gehört das unverbrannte Sturzbrett aus Eichenholz am Hocheingang mit dem Drehzapfenloch der Türe (Abb. 952). Der oben beschriebene, ebenfalls verbrannte Aufzug wurde an dieser Stelle nicht mehr erneuert. Über dem 2. und 3. Obergeschoss zog man neue Eichenbal-
'DV 0DXHUZHUN LP =LQQHQJHVFKRVV LVW LQQHQ Àlchig verputzt und zeigt heute einen Zustand des späten 16. oder 17. Jahrhunderts mit vier stadtaussenseitig angebrachten Schiesskammern, die innen mit Backsteinen überwölbt sind. Ihre Schiessscharten bestehen aus Kalkstein mit geUXQGHWHQ /HLEXQJHQ ,GHQWLVFKH 6FKDUWHQ ¿QGHQ sich am Munot oder beim Webertor (1.112 und 1.238). Stadtinnenseitig ist ein einzelnes Fenster aus rotem Sandstein mit Hohlkehle vorhanden. Die ursprüngliche Gestalt des Zinnengeschosses ist noch ungeklärt. Das aussen unruhige Mauerwerk unter dem polygonalen Dachgesims deutet darauf hin, dass die aussen mit Kalksteinbögen überwölbten Schiesskammern zwar älter sind als die genannten Scharten, aber ebenfalls nicht zum originalen Bestand der Aufstockung gehören (Abb. 953). Vermutlich gab es ursprünglich einen hölzernen Wehrerker, der vielleicht halbseitig um den Turm lief. Hinweise dazu könnten am original erhaltenen Nadelholzunterbau des Dachs von 1381 vorhanden sein (Abb. 159). An zwei kreuzförmig verlegte Balken schliesst sich ein quadratischer Mittelteil an, von dem aus je drei sternförmig verlegte Stichbalken den Unterbau für die wohl 1820 ausgewechselten Sparren bilden. In den Stadtrechnungen sind erstmals für 1429 Reparaturen am Turm überliefert, als rafen und latWHQ ]XQ 'LHEW UQHQ geliefert wurden.47
45 46 47 48 49 50
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Vgl. oben, S. 122. Vgl. oben, S. 122. StadtASH A II.05.01.041/048. STASH UR 1/572; Rüeger 1884, S. 370, Anm. 4. Rüedi 1945, S. 209f. Wipf 1992, S. 58.
L 1.091 Neustadt 1–47 6WHLQEUXFK 6WUDVVH %UXQQHQ 6WUDVVHQSUR¿O Literatur: Bänteli 2014b, S. 75; Bänteli 1999, S. 29; Bänteli 1994, S. 89; Frauenfelder 1951, S. 374–381. Im Zuge der Werkleitungserneuerung in der unWHUHQ 1HXVWDGW ZXUGHQ GLH *UDEHQSUR¿OH dokumentiert. Sie zeigen grundsätzlich drei verschiedene Abschnitte, die die schrittweise Entwicklung der unteren Neustadt im Verlauf des 14. und früheren 15. Jahrhunderts zu einem durchgehenden Strassenzug verdeutlichen. Heute ist dies in den Hausfassaden, deren Fenster kaum vor 1500 zurückreichen, nicht mehr nachvollziehbar. Weiterführende Hausuntersuchungen fehlen in diesem Quartier. Unterer Abschnitt Auf der Höhe des Diebsturms (1.136) zeigt sich in der Neustadt eine senkrecht abfallende Abbaukante des mittelalterlichen Steinbruchs (Abb. 934). Unterhalb davon, im Bereich der Häuser Neustadt 1–11, reicht die Auffüllung der Grube mit Steinbruchabraum bis 0,5 m unter die heutige 6WUDVVHQREHUÀlFKH XQG ZLUG YRQ HLQHP HUVWHQ feinkiesigen Strassenkoffer bedeckt. Nach Westen dürfte der Steinbruch bis kurz vor die Stadtmauer ausgebeutet worden sein. Dieser unterste Teil der Neustadt war ursprünglich nur über die Rheinstrasse zugänglich. 0LWWOHUHU $EVFKQLWW %HL GHU $EEDXNDQWH UHLFKWH GLH )HOVREHUÀlFKH ELV P XQWHU GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH $EE XQG stieg dann nach Norden an, aber weniger stark als die Strasse. Der auf der Grabensohle nur zum Teil noch sichtbare Fels wird von humosen Deckschichten überlagert, die mit etwas Kalksteinen, Holzkohle, Tierknochen und kleinen Keramiksplittern durchsetzt sind. Sie stammen von einer Rekultivierung zur Nutzung als Gartenland und belegen, dass auch hier der Kalkstein abgebaut wurde, aber in eine geringere Tiefe als im eigentlichen Steinbruch. Vermutlich stammt dieser mittlere, steilste Abschnitt der Neustadt, der vom unteren Diebsturm bis über die Mitte der Häuser Neustadt 23/20 reicht, von einer privaten Steingrube, wohl von jener, die eine Schriftquelle von 1335 überliefert. Ulrich der Gloggener (1.186) hatte mit seinem Bruder Hug einen Garten in der Neustadt als Lehen von Allerheiligen inne, in dem sie nach Steinen gegraben hatten. Das Kloster verlangte, dass us der staingrub wider ain garten gemacht werde.48 Der erwähnte Gartenhumus wird in einer Tiefe von 40–90 cm von mindestens drei kiesig-sandigen Strassenkoffern überdeckt, die von der Anlage der bis zur Rheinstrasse durchge-
1
henden Neustadt wohl im früheren 15. Jahrhundert und deren nachfolgenden Erneuerungen stammen. Oberer Abschnitt Im oberen Drittel der Häuser Neustadt 23/20, etwa 20 m unterhalb des ehemaligen, noch im Peyerplan 1820 eingezeichneten oberen 'LHEVWXUPV HUVFKHLQW GLH RULJLQDOH )HOVREHUÀlFKH P XQWHU GHU 6WUDVVHQREHUÀlFKH 6LH LVW vom anstehenden gelben Lehm bzw. sterilem rotbraunem Humus bedeckt. Darüber folgt der oben erwähnte Gartenhumus. Diese alte Grenze des Steinbruchs läuft etwa auf gleicher Höhe nach OsWHQ XQG ¿QGHW VLFK ZLHGHU LP 5LQJNHQJlVVFKHQ und an der Frauengasse (Abb. 934) (1.162 und 1.185). Kurz vor der Grenze Neustadt 35/37 reicht GHU )HOV ELV FP XQWHU GLH 6WUDVVHQREHUÀlFKH wo er senkrecht abfällt und nordseitig der fette Lehm anschliesst, der die eiszeitliche, mit Kies gefüllte Rheinrinne bedeckt.
Abb. 955 Neustadt 1–47. Bei den Werkleitungssanierungen 2002 zeigte sich auf Höhe des unteren Diebsturms die Abbaukante des mittelalterlichen Steinbruchs (1) im anstehenden Kalkfels.
Vor dem «Vorderen Stadthof», Neustadt 39, liegt das aus Kalksteinen gemauerte, 5,4 m lange und PD[LPDO P XQWHU GLH 2EHUÀlFKH UHLFKHQGH )XQdament des Neustadtbrunnens. Der rechteckige Brunnentrog ist an dieser Stelle im Peyerplan 1820 eingezeichnet und wurde 1836 auf die andere Strassenseite versetzt.49 Gleichzeitig wurde oberhalb davon das steile Niveau der Neustadt tiefergelegt, um die Einfahrt ins Ackergässlein zu verbessern.50
1.150 Neustadt 45 «Kümmichweggen» Stadtmauer Im Jahr 1957 erfolgte hier eine rudimentäre Beobachtung des Mauerfusses der Stadtmauer an der Grabenstrasse mit Auslauf eines Entwässerungskanals in den Stadtgraben.
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M. Quartier Mühlen Getreide- und Walkmühlen unterhalb der Stromschnellen am Rhein. Im Verlauf des 14. Jahrhunderts .DONVWHLQEUXFK XQG QHXH ÀDFKHUH 9HUELQGXQJVVWUDVVH DQ 6WHOOH GHU 6WHLJ I U GHQ * WHUWUDQVSRUW ELV unterhalb des Rheinfalls.
1.072 Mühlenstrasse 87 «Friedau» (Marienstift) Sodbrunnen, Schleiferhandwerk Literatur: Hauser 1996, S. 375f.; Wipf 1992, S. 65f. Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 72, Kat. 120, S. 90, Kat. 173.
aufgrund der Lage an der erwähnten StrassenNUHX]XQJ EHL GHU HQWVWDQGHQHQ /HW]LPDXHU mit dem äusseren Mühlentor.3 (LQLJH WHLOV YHUschliffene Keramikscherben aus der Füllung des Sodbrunnens datieren ins 17./18. Jahrhundert. Spätestens 1861 wurde der Brunnen beim AbEUXFK GHV *HElXGHV I U GHQ 1HXEDX GHU 9LOOD ©)ULHGDXª I U )ULHGULFK 3H\HU LP +RI DXIJHKRben.
Bei Kanalisationsarbeiten wurde 1976 im Leitungsgraben in der Mühlenstrasse ein Sodbrunnen angeschnitten. Er war sorgfältig abgedeckt mit einer runden, grauroten Sandsteinplatte, die 90 cm XQWHU GHU 2EHUÀlFKH ]XP 9RUVFKHLQ NDP 'HU 'XUFKPHVVHU EHWUlJW FP GLH 6WlUNH QLPPW ]XP =HQWUXP YRQ DXI FP ]X 'LH 6FKHLEH LVW LQ XQUHJHOPlVVLJHQ $EVWlQGHQ NRQ]HQWULVFK gerillt, hat in der Mitte ein Loch und ist offensichtlich ein ausgedienter Schleifstein aus einer der seit dem Mittelalter im Mühlenquartier ansässigen Schleifen (Abb. 956).1 'HU %UXQQHQVFKDFKW KDW HLQHQ ,QQHQGXUFKPHVVHU YRQ FP LVW PHKU als 3,1 m tief, aus Kalkbruchsteinen trocken gemauert, teilweise auch gemörtelt. Er liegt genau LQ GHU 9HUOlQJHUXQJ GHV IU KHU DQ GLHVHU 6WHOOH LQ die Mühlenstrasse einmündenden SchleipfgässFKHQ GDV ]XP 5DGDFNHU XQG ]XP .|SIHUSODW] führt (1.076). *HPlVV GHP 3H\HUSODQ YRQ OLHJW GHU %UXQQHQ YRU GHP VRJHQDQQWHQ ©6FKRSHQKlXVOLª (BK LP *DUWHQ DXI GHU 0LWWHODFKVH GHV *HElXGHV HWZD P YRU GHU 6 GIDVVDGH XQG P YRP 5KHLQXIHU HQWIHUQW 'LHVH VRUJIlOWLJH 3ODW]LHUXQJ GHV %UXQQHQV N|QQWH DXI HLQHQ =XVDPPHQKDQJ mit der Gartenanlage des Hauses hindeuten, das sich seit etwa 1700 an dieser Stelle befand.2 (EHQVR LVW DEHU HLQH lOWHUH =HLWVWHOOXQJ P|JOLFK 67$6+ 85 85 85 %lQWHOL 2011, S. 62f. 6FKULIWO $XVNXQIW YRQ 6WDGWDUFKLYDU +DQV 8OULFK :LSI 5. Mai 1978. 67$6+ 85
Abb. 956 Mühlenstrasse 87 (1.072). 'HU DXIJHGHFNWH Sodbrunnen ist mit einem ausgedienten Schleifstein aus Sandstein abgedeckt, wie das Loch in der Mitte XQG GLH NRQ]HQWULVFKHQ 5LOOHQ PLW XQUHJHOPlVVLJHQ $EVWlQGHQ ]HLJHQ Er dürfte aus einer der seit dem Mittelalter im Mühlenquartier ansässigen Schleifen stammen.
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N. Quartier Steig, Ölberg und Griesbach Vorstädtisches Quartier aus dem 13. Jahrhundert mit dem Siechenhaus, an der alten Reichsstrasse ]XP 5KHLQIDOO +LQ]X NRPPHQ GLH EULJHQ )XQGVWHOOHQ LP ZHVWOLFKHQ 8PIHOG GHU 6WDGW
1.093 Vordersteig 2 7|SIHUHL +DIQHUKDQGZHUN *HVFKLUU 2IHQNDcheln, Waschhaus /LWHUDWXU +DXVHU 6 9HUZDOWXQJVEHricht Stadt Schaffhausen 1930, S. 13f.; Schaffhauser Tagblatt 1930, S. 208; Geschäftsbericht Stadtrat Schaffhausen 1930, S. 13f. Beim Ladenumbau des Fotografen Carl Koch am $QIDQJ GHU 9RUGHUVWHLJ NDPHQ GLH 5HVWH HLQHU 7|SIHUHL ]XP 9RUVFKHLQ ,P 5DKPHQ GHU 8P XQG 1HXEDXDUEHLWHQ YRQ ZXUGHQ GLH Kanalisations- und Fundamentierungsarbeiten ausserhalb des Hauses archäologisch begleitet, RKQH GDVV VLFK QRFK ZHLWHUH 5HVWH GLHVHU 7|SIHrei gefunden hätten. 'HU $XVJUlEHU .DUO 6XO]EHUJHU EHVFKUHLEW GLH %HIXQGH ZLH IROJW ©«5HVWH GUHLHU %UHQQ|IHQ I U 7RSIZDUHQ 'HUHQ :lQGH ZDUHQ ]XP 7HLO QRFK LQ HLQHU +|KH YRQ P HUKDOWHQ 'HU 'XUFKPHVVHU GHU HLQ]HOQHQ gIHQ EHWUlJW P« ,Q HLQHP 2IHQ EHIDQG VLFK QRFK HLQH 0HQJH YRQ W|nernen Brennständern und durch den Brand deIRUPLHUWH .HUDPLNª 1 ,P ]ZHLWHQ %HULFKW VFKUHLEW 6XO]EHUJHU ©8P GLHVH %UHQQ|IHQ XQG VRJDU LQ GHQ +HL]XQJVNDQlOHQ IDQGHQ VLFK ]DKOUHLFKH 6FKHUEHQ YRQ JDQ]HQ *HIlVVHQ XQG JDQ] NOHLQH *HVFKLUUHª 2 =XP %HIXQG JLEW HV GUHL %LOGHU GLH aus dem nicht unterkellerten, östlichen Hausteil VWDPPHQ P VVHQ 6LH ]HLJHQ GLH YRP 6FKXWW EHIUHLWHQ gIHQ PLW MH ]ZHL UXQGHQ DXV %DFNVWHLQHQ gemauerten Kammern, die durch einen Kanal PLWHLQDQGHU YHUEXQGHQ VLQG $EE ,P V GGHXWVFK±VFKZHL]HULVFKHQ 5DXP JLEW HV NHLQHUOHL 7|SIHUHLNRPSOH[H PLW YHUJOHLFKEDUHQ 7|SIHU 1 2 5 6
ofenkonstruktionen. Spätestens ab ca. 1500 arbeiWHWHQ GLH VFKZHL]HULVFKHQ :HUNVWlWWHQ DOOH PLW VWHKHQGHQ gIHQ PLW UHFKWHFNLJHP *UXQGULVV YRP 7\S ©3LFFROSDVVRª LQ GHQHQ VRZRKO EOHLJODVLHUtes Geschirr als auch Ofenkacheln und Fayence gebrannt wurden.3 'LH DQ GHU 9RUGHUVWHLJ JHIXQGHQHQ 6WUXNWXUHQ HULQQHUQ PLW 'LPHQVLRQHQ XQG 0DWHULDO YLHO PHKU DQ 6HFKW RGHU %XFK|IHQ GLH NODVVLVFKHQ .HVVHODQODJHQ ]XU +HUVWHOOXQJ GHU :DVFKODXJH XQG ]XP :DVFKHQ Im Brandkataster des 19. Jahrhunderts ist das Waschhaus neben dem Stall als Teil des Wohnhauses aufgeführt.5 Eindeutige Elemente eines Töpfereibetriebs sind hingegen die ungewöhnlichen Brennhilfen (Abb. 183), ein Model sowie Produktionsabfall in Form YRQ )HKOEUlQGHQ XQG +DOEIHUWLJSURGXNWHQ GLH teilweise engobiert, aber noch nicht glasiert sind.6 +LQ]X NRPPW HLQ UHLFKKDOWLJHV )XQGPDWHULDO DQ JUDXHU UHGX]LHUHQG JHEUDQQWHU RGHU JU Q JODVLHUter Gebrauchskeramik wie Teller, Schüsseln mit $XVJXVV XQG +HQNHOQ 7|SIH XQG 'HFNHO QHEVW
Abb. 957 9RUGHUVWHLJ 'LH EHLGHQ YRP 6FKXWW EHIUHLWHQ YHUPHLQWOLFKHQ Töpferöfen bestehen aus MH ]ZHL UXQGHQ DXV %DFNsteinen gemauerten Kammern. Es handelt sich dabei um Secht- oder Buchöfen aus dem 19. Jh., die klassischen KesselanODJHQ ]XP +HUVWHOOHQ GHU :DVFKODXJH XQG ]XP :Dschen.
Schaffhauser Tagblatt 1930, S. 208. Geschäftsbericht Stadtrat Schaffhausen 1930, S. 13f. =XP 7KHPD JUXQGVlW]OLFK $QGUHDV +HHJH 6FKZHL] ,GLRWLNRQ %DQG 6 StadtASH Brandkatasterbuch. Materialdurchsicht Andreas Heege 25.8.2016, dem ich DXFK GLH IROJHQGH )XQGEHVFKUHLEXQJ YHUGDQNH
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einer Platte, Lämpchen, Schröpfköpfe und SparKlIHQ (LQ]HOQH GHU 6FK VVHOQ WUDJHQ TXDOLWlWYROOHQ 6FKDEORQHQGHNRU DXI GHU ,QQHQ RGHU Aussenseite, wie wir ihn sonst nur aus einer TöpI HUHL GHUVHOEHQ =HLW LQ =XJ XQG DOV %RGHQIXQGH aus Bern und Schloss Hallwil kennen.7
Abb. 958 9RUGHUVWHLJ Umgelagerte KeramikIXQGH GLH ]XP 7HLO $EIlOle einer benachbarten Töpferei sein dürften. +HUYRU]XKHEHQ VLQG GLH Fayencen, der Schablonendekor und der Model für ein Tintengeschirr oder einen MiniaturkaFKHORIHQ YJO $EE und 306.
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$Q 6SLHO]HXJ JLEW HV HLQ ]HLWW\SLVFKHV 7HUUDNRWWD )LJ UFKHQ XQG HLQH DEJHEURFKHQH :DO]HQSIHLIH DXV 7RQ 7HLOH YRQ 5HLWHU )O|WSIHLIFKHQ GHQ Schrühbrand eines bemalten Pferdchens, sowie die Fragmente eines älteren, grün glasierten 5HLWHU¿J UFKHQV DXV GHP -DKUKXQGHUW +HUYRU]XKHEHQ VLQG DXIZHQGLJHU GHNRULHUWH *Hschirrkeramiken mit einer polychrom bemalten )D\HQFHJODVXU RGHU NREDOWEODXHQ *ODVXUHQ ] % Apothekengefässe, kleine Teller, teilweise mit *ULIÀDSSHQ 0LQLDWXUJHIlVVH 6SLHO]HXJ XQG ]DKOUHLFKH GD]X SDVVHQGH 6FKU KEUlQGH I U 7HOler und Schüsselchen. In Kenntnis dieser Objekte muss für einen Teil der Fayencefunde aus der Abtslatrine des Schaffhauser Klosters AllerheiliJHQ GLH YRU LQ GHQ %RGHQ JHODQJWHQ PLW ORkaler Produktion in Schaffhausen gerechnet werden.8 'LHVH )HVWVWHOOXQJ PDFKWH EHUHLWV .DUO 6XO]EHUJHU GHU VFKRQ GLH .ORVWHUODWULQHQ DXVJHJUDEHQ KDWWH ©'LH DXI GHU 6WHLJ JHIXQGHQH bemalte Keramik lässt nach Technik und FarbenVNDOD NHLQHQ =ZHLIHO EULJ GDVV DXFK GLH .ORVWHU-
IXQGH GHV -DKUKXQGHUWV DXI GHU 9RUGHUVWHLJ HQWVWDQGHQ VHLQ P VVHQ ª9 Wenige Fragmente einer gemodelten Ofenkachel tragen ebenfalls polychrome Fayenceglasur (Abb. 958). Schliesslich gibt es auch Napfkacheln und Blattkacheln mit Waffelmuster oder Lilien, die deutlich machen, GDVV GHU 7|SIHU ZLH LQ GHU 9RUVWDGW 2IHQNDFKHOQ XQG $EGHFNSODWWHQ SURGX]LHUWH XQG GDKHU ZRKO DXFK DOV 2IHQVHW]HU WlWLJ ZDU bXVserst ungewöhnlich ist ein Model für einen Miniaturkachelofen oder ein Schreibgeschirr.10 'DV ZRKO LQVJHVDPW XPJHODJHUWH XQG DQ GHU Fundstelle sekundär eingefüllte Fundmaterial der Töpferei datiert schwerpunktmässig in die 2. +lOIWH GHV -DKUKXQGHUWV 'LH $QIlQJH GHU 7|Sferei können aber durchaus noch ins 15. JahrhunGHUW ]XU FNUHLFKHQ 'LH ORNDOH 3URGXNWLRQ YRQ )D\HQFHJHVFKLUU GHU ]ZHLWHQ +lOIWH GHV -DKUKXQGHUWV LVW KHUYRU]XKHEHQ XQG VWHOOW 6FKDIIKDXVHQ LQ HLQH 5HLKH PLW GHQ ELVKHU EHNDQQWHQ 1DFKZHLVHQ LQ =XJ XQG = ULFK 11 (LQ ]XVDPPHQ PLW dem Töpfermaterial gefundener Backstein trägt GLH -DKUHV]DKO 12 In den Steuerbüchern ist HLQ +DIQHU DQ GHU 6WHLJ DQ GLHVHU 6WHOOH DE QDFKZHLVEDU ± LVW HV 3HWHU +DIQHU GHU DOV HLQHU GHU HUVWHQ 9HUWUHWHU GHP JHJU QGHten Hafnerbund angehörte.13
N 1.094 Vordersteig 10 2IHQNDFKHOQ /LWHUDWXU ([ 7HUUD /X[ 6 I 9HUZDOWXQJVEHULFKW 6WDGW 6FKDIIKDXVHQ *HVFKlIWVEHULFKW 6WDGWUDW 6FKDIIKDXVHQ %HL 8PEDXDUEHLWHQ GHV 6FKXKKDXVHV NDP in einer Fachwerkwand im 1. Stock spätmittelalWHUOLFKH .HUDPLN ]XP 9RUVFKHLQ GLH DOV ) OOPDterial diente. Ein ähnlicher Befund konnte in der ©8QWHUHQ 6DQGXKUª EHREDFKWHW ZHUGHQ 'DV 7RQ¿J UFKHQ XQG GLH NQDSS 2IHQNDFKHOQ datieren ins 15. Jahrhundert. Ob sie aus dem Haus selbst stammen oder aus der nahen Töpferei (1.093), ist unklar.
1.143 Stokarbergstrasse 11 'UHLN|QLJVNDSHOOH )ULHGKRI Literatur: Frauenfelder 1951, S. 211; Wipf 1986; +DUGHU
(LQ P WLHIHU )HUQKHL]XQJVJUDEHQ ]ZLVFKHQ dem Steigschulhaus und der Turnhalle führte GXUFK GHQ )ULHGKRI GHU /HSURVHQ ,P JDQ]HQ 2VWSUR¿O ]HLJWH VLFK )ULHGKRIVHUGH PLW PHQVFKOLFKHQ .QRFKHQ IHUQHU HLQ HLQ]LJHV 6NHOHWW PLW XQ EOLFKHU 2VW :HVW 2ULHQWLHUXQJ 'LH REHUVWHQ FP GHV 6FKXOKDXVSODW]HV VLQG PRGHUQ DXIJHVFK WWHW 'HU GDKLQWHU OLHJHQGH KHXWH QRFK bestehende ummauerte Friedhof für die Bewohner der Steig wurde erst Ende des 16. Jahrhunderts angelegt.15
5RWK +HHJH 7KLHUULQ 0LFKDHO 6 ± EHVRQGHUV 6 ± 9JO REHQ 6 /HKPDQQ EHV 6 ± 9 Schaffhauser Tagblatt 1930, S. 208. 9JO GLH 0LQLDWXUNDFKHO|IHQ LQ 5RWK +HHJH EHV S. 168–178. 5RWK +HHJH 7KLHUULQ 0LFKDHO 6 ± )RWR LQ )XQGDNWHQ .$6+ 2ULJLQDO YHUVFKROOHQ 13 Häuserdatenbank; Schnyder 2011a, S. 67. 0]$ ,QY 67$6+ 53 XQG 53 %LQGKDXV .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ YRQ LQ %lQWHOL D 6 'RUPLWRULXP .ORVWHU 6W *HRUJHQ YRQ $EW -RGRNXV .UXP ± LQ )UDXHQIHOGHU 6 XQG 6 6SLWWHO YRQ XQG 0LWWHOEDX YRQ 1515 in Bänteli 2006, S. 32f. und S. 38f. 17 Bänteli 2006, S. 12, S. 32–37. 9JO REHQ 6
1.144 Stokarbergstrasse 21 Sondersiechenhaus/Altersheim Steig 6RQGHUVLHFKHQKDXV )DFKZHUN 'DFKVWXKO 6LFKWbackstein /LWHUDWXU +HUPDQQ 5lEHU 6 /DQGROW 6 ± 3XKDQ :LSI )UDXHQIHOGHU 6 6 I +DUGHU +DXVLQYHQWDU 1RUEHUW .DVSDU $V\O 6WHLJ -DQXDU 1991. Bildquellen: Grütter 2005, S. 138, S. 187, S. 158, Kat. 376. 'LH 6WHLJ LVW GLH 9RUVWDGW DQ GHU DOWHQ 8PJHKXQJVVWUDVVH ]XP 5KHLQIDOO +LHU YRU GHU 6WDGW ZHUGHQ NXU] QDFK GLH 6RQGHU RGHU )HOGVLHFKHQ GLH /HSUDNUDQNHQ HUVWPDOV HUZlKQW ]XVDPPHQ PLW GHU ]XJHK|ULJHQ 'UHLN|QLJVNDSHOOH $EE 'DV DOWH )DFKZHUNJHElXGH ZXUGH YROOVWlQGLJ UHQRYLHUW XQG PLW 1HXEDXWHQ ]XP Altersheim erweitert. Eine Bauuntersuchung fand QLFKW VWDWW 'LH $XVKXEDUEHLWHQ EHVFKUlQNWHQ sich auf Leitungsgräben, deren Beobachtung nur Marginalien erbrachte. 1DFK GHU GHQGURFKURQRORJLVFKHQ 'DWLHUXQJ HQWVWDQG GDV 6LHFKHQKDXV DOV 1HXEDX $EE (V LVW JU|VVWHQWHLOV LQ VHLQHU RULJLQDOHQ %DXVXEVWDQ] HUKDOWHQ 'HU IUHLVWHKHQGH ]ZHLVW|FNLJH Fachwerkbau ist stockwerkweise abgebunden PLW WUDXIVHLWLJ OHLFKW YRUNUDJHQGHP 2EHUJHVFKRVV XQG GUHLVW|FNLJHP 'DFKVWXKO PLW 6DWWHOGDFK XQG +DOEZDOP 'LH KHXWH YHUSXW]WHQ HKHmaligen Sichtbacksteinausfachungen kennen wir YRQ ZHLWHUHQ VSlWJRWLVFKHQ %DXWHQ LP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ LQ GHU 6WDGW 6WHLQ DP 5KHLQ ¿QGHQ sie sich im Kloster St. Georgen und im Bürgerasyl.16 'LH ,QQHQHLQWHLOXQJ GHU 5lXPH EHLGVHLWV eines Mittelgangs lässt sich in beiden Geschossen rekonstruieren. Im Obergeschoss gab es siFKHU .DPPHUQ 2E HV LP (UGJHVFKRVV 5lX me waren, ist unsicher, genauso deren Funktion. (LQH VHKU VFK|QH 3DUDOOHOH ¿QGHW GDV %DXZHUN LP ©6SLWWHOª GHP % UJHUDV\O LQ 6WHLQ DP 5KHLQ GDV nur wenige Jahre später entstand.17 'DV 6WHLQHU Spital hatte die gleichen Funktionen wie das mittelalterliche Spital ]XP KDLOLJHQ JDLVW in Schaffhausen, das im heutigen Posthof lag (1.239).18
703
1.179 Stokarbergstrasse 65, Stokartrotte Trotte, Dachstuhl +DXVLQYHQWDU 'DJPDU +DFNOlQGHU :LONH 7URWWgebäude, Mai 1999.
Abb. 959 Stokartrotte (1.179). Querschnitt durch den 'DFKVWXKO YRQ (M 1:100). Er ist als abgesprengtes Hochstrebengerüst ausgeführt, was eine JU|VVHUH 5DXPK|KH HUP|JOLFKWH YJO $EE
'DV HKHPDOLJH 7URWWHQJHElXGH ZXUGH YRU VHLQHP 8PEDX ]XU *DUDJH NXU] XQWHUVXFKW =ZHLfellos ist es die bislang älteste, erhaltene Trotte im Kanton.19 Seine 3,8 m hohen Mauern besteKHQ DXV YHUP|UWHOWHQ %ROOHQVWHLQHQ GLH PLW ZHQLJ .DONVWHLQHQ XQG +RKO]LHJHOQ GXUFKVHW]W VLQG ,Q GHU 1RUGRVWHFNH VWHFNHQ 5HVWH HLQHV 9RUJlQJHUEDXV +LHU VLQG QXU .DONVWHLQH YRUKDQGHQ GLH WURFNHQ PLW /HKP YHUPDXHUW VLQG ,Q GHU :HVWVHLWH EH¿QGHW VLFK HLQ UXQGERJLJHV 7RU PLW JHfastem Kalksteingewände und innerem BackVWHLQVWXU] 8P HLQH P|JOLFKVW JURVVH 5DXPK|KH I U GHQ 7URWWEDXP ]X HUUHLFKHQ I KUWH PDQ GHQ 'DFKVWXKO lKQOLFK HLQHP DEJHVSUHQJWHQ +RFKstrebengerüst aus (Abb. 959 und 266).20 So kaPHQ GLH HUVWHQ 4XHUEDONHQ P K|KHU ]X OLHJHQ DOV HV EHL HLQHU EOLFKHQ 'DFKVWXKONRQVWUXNWLRQ GHU )DOO JHZHVHQ ZlUH 'LH GUHL YRQ 2VWHQ QDFK :HVWHQ DEJHEXQGHQHQ %LQGHU VLQG PLW 5LVSHQ längs ausgesteift. Neben Eiche fand gegen den )LUVW KLQ DXFK 1DGHOKRO] 9HUZHQGXQJ 'LH 'DFKQHLJXQJ YRQ GHXWHW DXI HLQ ]LHJHOJHGHFNWHV 'DFK KLQ 21 Mittelpfettenverlängerung mit Schrägblattstoss, beidseitig
'LH GHQGURFKURQRORJLVFKH 'DWLHUXQJ ]HLJW GDVV GLH 7URWWH HUULFKWHW ZXUGH XQG GDEHL +|O]HU HLQHV NOHLQHUHQ 9RUJlQJHUEDXV DXV GHP -DKU ZLHGHUYHUZHQGHW ZXUGHQ 1DFK HLQHP /RKQYHU]HLFKQLV I U GLH :HLQIXKUHQ DXV GHQ 7URWWHQ YRQ JDE HV GDPDOV LQ 6FKDIIKDXVHQ 7URWWHQ Es spricht nichts dagegen, dass das untersuchte Gebäude die dort als Nr. 58 genannte 6WRJNDU WURWW ist, die auch im Stokarberg liegt, wie der PeyerSODQ YRQ GHXWOLFK PDFKW $OV OHW]WHV )DPLlienmitglied war Nikolaus Stokar bis 1835 Miteigentümer.22
1.172 Stokarbergstrasse/Rosenbergstrasse 6WUDVVH 6WUDVVHQSUR¿O $Q GLHVHU KLVWRULVFKHQ 6WUDVVHQNUHX]XQJ EHLP /HW]LWRU XQG 5DGDFNHU GLH VHLW GHQ $Qfängen der Stadt im 11. Jahrhundert besteht, ZXUGH LP 5DKPHQ YRQ :HUNOHLWXQJVHUQHXHUXQJHQ HLQ 3UR¿O GHU QHX]HLWOLFKHQ 6WUDVVHQNRIIHU DXIJHQRPPHQ 'LH PLWWHODOWHUOLFKHQ 1LYHDXV ZXUGHQ LP P WLHIHQ *UDEHQ QLFKW HUUHLFKW $Q GHU gOEHUJVHLWH IDQGHQ VLFK GLH 5HVWH HLQHU 6W W]mauer aus dem 19. Jahrhundert.
Schaffhausen Stokarbergstrasse Ansicht Binder Ost M 1: 50 Blick West
Mittelpfettenverlängerung mit Schrägblattstoss, beidseitig
1488 1426
'HQGURGDWLHUXQJ 6WRNDUWURWWH23 Bauphase ZLHGHUYHUZHQGHWH +|O]HU 1HXEDX
Ort
+RO] 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH +RO]DUW probe LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH Fussband, Strebe, 2, 3, 6 :. Eiche 'UXFNULHJHO Kopfband :. :. Eiche [ :. [
N 1.076 Radacker (Ölberg, St. Wolfgang) 5LFKWVWlWWH *DOJHQ
1.135 Ölberg, Sandacker :DVVHUIDVVXQJ 6LFNHUZDVVHUVWROOHQ
/LWHUDWXU 6FKLE 6 ± 0XVHXPVYHUHLQ 6FKDIIKDXVHQ -DKUHVEHULFKW 6
Literatur: Bänteli 2010a, S. 152–155; Bänteli 2009, S. 132f.; JbAS 90, 2007, S. 213.
%H]HXJW ZLUG GLH )XQGVWHOOH GXUFK GLH )OXUQDPHQ 5DGDFNHU XQG .|SIHUSODW] REHUKDOE GHV /HW]LWRUV 6 GOLFK GDYRQ OLHJW GHU *DOJHQEXFN GHU WUDGLWLonelle Standort des Galgens.25 ,P 5DGDFNHU NDP HLQ 6NHOHWW ]XP 9RUVFKHLQ GHP GHU 6FKlGHO ]ZLVFKHQ GLH %HLQH JHOHJW ZRUGHQ ZDU /HLGHU ZXUGH GLH )XQGVWHOOH LP =XVDPPHQKDQJ PLW dem Bau der Einfamilienhäuser nicht weiter untersucht, so dass offen bleibt, ob der mittelalterliche Galgen ebenfalls ursprünglich an dieser Stelle stand.26 Bemerkenswert sind auch die an dieser Stelle durchführenden Hohlwegbündel in die Enge, die ]XP 7HLO ELV LQ GLH $QIlQJH GHU 6WDGW ]XU FNJHhen dürften.27 ,Q XQPLWWHOEDUHU 1lKH GHU 5LFKWVWlWWH HQWVWDQG ]XGHP GLH .DSHOOH 6W :ROIgang auf dem kleinen, markanten Ölberg oberhalb GHU DOWHQ 8PJHKXQJVVWUDVVH DQ GHQ 5KHLQIDOO 28
'LH HUVWPDOV DQJHVFKQLWWHQH XQG LQ HLQHU %DXJUXEH JURVVÀlFKLJ XQWHUVXFKWH $QODJH HLQHV 6LFNHUVWROOHQV ]XU )DVVXQJ YRQ 7ULQNZDVser (Abb. 960 und 961) reicht wohl ins MittelalWHU ]XU FN XQG GLHQWH GHU 9HUVRUJXQJ YRQ 6LHFKHQKDXV XQG 6WHLJTXDUWLHU XQG ,P späten 16. Jahrhundert wurde auch die SpitalP KOH PLW :DVVHU DXV GHP QDKHQ 2HUOLIDOO YHUsorgt (1.106), was den Wasserreichtum in diesem Gebiet deutlich macht. Abb. 960 6DQGDFNHU 'HU mittelalterliche SickerstolOHQ ]XU )DVVXQJ YRQ Trinkwasser für das Steigquartier wurde 2006 entdeckt. Er reicht etwa 65 m in den Hang hinein, ist unWHQ FP REHQ FP EUHLW XQG FP KRFK
1.055 Eschheimertal, Eschheim 'RUI :HLOHU : VWXQJ Literatur: Schib 1970; Tesdorpf 1969, S. 110f.; -E$6 6 9HUZDOWXQJVEHULFKW 6WDGW Schaffhausen 1933. Noch nicht genau lokalisiertes, seit etwa 1100 erZlKQWHV '|UIFKHQ LP (VFKKHLPHUWDO
Abb. 961 Sandacker (1.135) Im Baugrubenprofil deutlich sichtbar ist der künstliche, mit Sickerkies aufgefüllte Grabeneinschnitt (1) über dem Wasserfassungsstollen (2).
1.063 Griesbach, Griesbacherhof :HLOHU .DSHOOH Literatur: Gamper 1999, S. 291, S. 295; Schib )UDXHQIHOGHU 6 0XVHXPVYHUein Schaffhausen Jahresbericht 1953, S. 25. 'HU EHUHLWV XP ]XP .ORVWHU $OOHUKHLOLJHQ JHK|UHQGH +RI EHVLW]W LP :RKQJHElXGH 5HVWH GHU HLQVWLJHQ .DSHOOH GLH ]XP 9RUVFKHLQ NDPHQ
+HUPDQQ 5lEHU 6 (LVVLQJ )XUUHU .LQJ 6 XQG $EE 9JO REHQ 6 /RKQYHU]HLFKQLV I U GLH :HLQIXKUHQ LQ .XPPHU S. 80f.; StadtASH Brandkatasterbuch. 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW YRP %lQWHOL 6 5 HJHU 6 XQG 6 ]X 6 XQG 6 Bänteli 2011, S. 38f. und Abb. 6. /LWHUDWXU ]XP 7KHPD 'HVFKOHU (UE 6WRSS 0DQser et al. 1992. ,96 6+ 6WUHFNH 6+ /LQLHQI KUXQJ 9JO REHQ 6 6FKXOWKHLVV 6 /DQGROW 6 I )UDXHQIHOGHU 6
1
2
705
706
O
O. Quartier Emmersberg und Buchthalen $XV HLQHP EHUHLWV LP -DKUKXQGHUW EHVWHKHQGHQ )URQKRI GHV .ORVWHUV $OOHUKHLOLJHQ JLQJ GDV 'RUI %XFKWKDOHQ KHUYRU +LQ]X NRPPHQ GLH EULJHQ )XQGVWHOOHQ LP |VWOLFKHQ 8PIHOG GHU 6WDGW
1.190 Emmersbergstrasse 73/75 )UDQ]RVHQJUlEHU $QWKURSRORJLH /LWHUDWXU &RRSHU &KULVWLQH 6ROGDWHQ YRQ 0DVVHQJUlEHU DXV = ULFK XQG 6FKDIIhausen, in: Bulletin de la Société suisse G¶DQWKURSRORJLH 1U 6 ± 6NHOHWWH YRP (PPHUVEHUJ LQ 61 +DXser 1996, S. 352. %HL GHU (UVWHOOXQJ HLQHU QHXHQ +DXVZDVVHU]XOHLWXQJ VWLHVV PDQ DXI 6NHOHWWUHVWH 'LH )XQGPHOGXQJ I KUWH ]X HLQHU NOHLQHQ *UDEXQJ GLH GLH hEHUUHVWH YRQ VLHEHQ ,QGLYLGXHQ ]X 7DJH I|UGHUWH Sie lagen neben-, über- und hintereinander in HLQHP FP WLHIHQ XQG P EUHLWHQ *UDEHQ 'LHser war entlang der spätmittelalterlichen Trotte DQJHOHJW GLH VHLW DOV :RKQKDXV JHQXW]W ZLUG $EE 6HFKV 6NHOHWWH ODJHQ SDUDOOHO ]XP *Hbäude mit Blick nach Südwesten, eines darüber LQ XPJHNHKUWHU 5LFKWXQJ $EE 'LH +lQGH waren in christlicher Manier gefaltet.
%HL I QI *UlEHUQ NDPHQ )XQGH ]XP 9RUVFKHLQ PHKUKHLWOLFK %URQ]HNQ|SIH YHUEXQGHQ PLW 7H[tilresten, die durch die Oxydation des Metalls NRQVHUYLHUW ZXUGHQ %HL *UDE XQG ODJHQ VLH LP %HUHLFK YRQ +lQGHQ XQG 6FKXOWHU EHL *UDE im Bauchbereich, bei Grab 1 am Knie und bei Grab 6 im Bereich der Oberschenkel (Abb. 967). 1XU EHLP OHW]WHUHQ NRPPHQ DXFK .Q|SIH DXV .QRFKHQ KLQ]X %HLP 6FKlGHO YRQ *UDE ODJ HLQ
Abb. 962 V Emmersbergstrasse 73/75 (1.190). Situation der längs der ehemaligen 7URWWH OLHJHQGHQ )UDQ]RVHQJUlEHU YRQ (M 1:50).
Abb. 963 VV Emmersbergstrasse 73/75 'LH QXU FP WLHI YHUVFKDUUWHQ Leichname liegen mit den Füssen im Südwesten, nur das mittlere Skelett liegt in Gegenrichtung.
Grab 6
Grab 2 Grab 3 Grab 5
Grab 1 Grab 4
Kanten Massengrab
Grab 7
Störung Wasserleitungsgraben
N
alte Leitung
M2
'LH DQWKURSRORJLVFKH $XVZHUWXQJ ]HLJWH GDVV HV sich bei den Bestatteten ausnahmslos um junge Männer handelte.1 'HP 7RWHQ YRQ *UDE GHU LQ XPJHNHKUWHU 5LFKWXQJ ODJ IHKOWHQ EHUHLWV ]X /HE]HLWHQ VHFKV =lKQH (LQH 6FKlGHOYHUOHW]XQJ DOV Folge einer Gewalteinwirkung und eine SchussYHUOHW]XQJ YRQ GHU YHUPXWOLFK HLQ NOHLQHV %URQ]HVW FN LP 6FKlGHO VWDPPW VLQG ZRKO +LQZHLVH DXI .ULHJVYHUOHW]XQJHQ 'HU 6FKlGHO YRQ *UDE GHXWHW PLW VHLQHP =DKQ (QJVWDQG DXI HLQHQ 3IHLfenraucher hin. Weitere anthropologische AussaJHQ ]X GHQ 6NHOHWWHQ VLQG DQJHVLFKWV GHU VWDUNHQ Störungen im Leitungsgraben und einer alten Störung durch den Kellereingang nicht möglich.
1
Trotte/Wohnhaus
Christine Cooper: Anthropologische Untersuchung der 6NHOHWWUHVWH DXV GHP 0DVVHQJUDE YRQ 6FKDIIKDXVHQ (PPHUVEHUJVWUDVVH
707
$EE Emmersbergstrasse 73/75 (1.190). Grab 2, Uniformknöpfe mit Textilresten der Bekleidung und FlintVWHLQ YRQ HLQHP 6WHLQschlossgewehr.
Abb. 965 Emmersbergstrasse 73/75 (1.190). Grab 3, Uniformknöpfe mit Textilresten der Bekleidung und Ohrring.
708
O Ohrring beim rechten Ohr und bei Grab 5 eine kleine Nadel, die aufgrund ihrer Lage auf dem +DOV ]X HLQHP +DOVWXFK JHK|UW KDEHQ G UIWH $EE XQG 'HXWHW EHUHLWV GLH /DJH GHU .Q|SIH DXI 8QLIRUPHQ KLQ ZLUG GLHV GXUFK GLH $XIVFKULIW ©5p SXEOLTXH IUDQoDLVHª DXI GUHL %URQ]HNQ|SIHQ DXV *UDE XQG *UDE $EE EHVWlWLJW 'LH /DJH DQ GHQ %HLQHQ ]HLJW GDVV GLHVH .Q|SIH YRQ %HLQkleidern stammen. Weitere Knöpfe lassen sich HEHQIDOOV DOV IUDQ]|VLVFKH 8QLIRUPNQ|SIH LGHQWL¿]LHUHQ +LQ]X NRPPW HLQ )OLQWHQVWHLQ YRQ HLQHP 6WHLQVFKORVVJHZHKU PLW %URQ]H XQG 0HWDOOUHVWHQ GHU ]ZLVFKHQ GHQ *UlEHUQ XQG DXI Höhe der Unterarme lag.
Abb. 966 Emmersbergstrasse 73/75 'HWDLO GHU 8QLformknöpfe mit der AufVFKULIW ©5pSXEOLTXH IUDQoDLVHª DXV *UDE XQG GHU Pferdedarstellung aus Grab 2.
=ZHLIHOORV OLHJW HLQ IUDQ]|VLVFKHV 0DVVHQJUDE DXV GHU =HLW GHV .RDOLWLRQVNULHJHV LQ GHQ -DKUHQ YRU $P 2NWREHU ZXUGH 6FKDIIKDXVHQ GXUFK IUDQ]|VLVFKH 7UXSSHQ EHVHW]W 'LH PLW GHQ 5XVVHQ YHUE QGHWHQ gVWHUUHL FKHU JULIIHQ DP $SULO GLH EHVHW]WH 6WDGW DQ $Q GLHVHP 7DJ ZXUGH GHU 0XQRW ]XP HUVWHQ XQG OHW]WHQ 0DO EHVFKRVVHQ XQG GLH QDFK 6 GHQ ]XU FNJHGUlQJWHQ )UDQ]RVHQ VHW]WHQ KLQWHU VLFK GLH *UXEHQPDQQVFKH K|O]HUQH 5KHLQEU FNH LQ Brand. Auf Schiffsbrücken überquerten die gVWHUUHLFKHU ÀXVVDXIZlUWV EHLP 6FKDDUHQ GHQ 5KHLQ 'DV GRUW GXUFK GHQ 9HUHLQ 5KHLQNDVWHOO ZLHGHU VLFKWEDU JHPDFKWH *UDEHQZHUN ]HXJW HLQGU FNOLFK YRP GDPDOLJHQ %U FNHQNRSI $P 0DL ZXUGH 6FKDIIKDXVHQ HUQHXW YRQ QDSROHRQLVFKHQ 7UXSSHQ EHVHW]W ZREHL KHIWLJH Strassenkämpfe stattfanden. 1802 wurden die 7UXSSHQ YRQ 1DSROHRQ ]XU FNJHUXIHQ XQG YHUOLHVVHQ 6FKDIIKDXVHQ NDPSÀRV 2 2
Schib 1972, S. 393–396.
Abb. 967 Emmersbergstrasse 73/75 (1.190) Grab 6, UniformNQ|SIH ©5pSXEOLTXH IUDQoDLVHª XQG .Q|SIH DXV Knochen. Ihre Lage im Bereich der Oberschenkel deutet auf Beinkleider hin.
709
1.053 Buchthalen, Kirchgasse 6, St. Lucia-Kapelle .DSHOOH
1.181 Buchthalen, Hintergasse 9 %DXHUQKDXV )DFKZHUN
/LWHUDWXU %lQWHOL 6 )UDXHQIHOGHU S. 35f. ZXUGH GHU *DUWHQ GHU :LUWVFKDIW ©=XU /LQGHª GHU VFKUlJ JHJHQ EHU DXI GHU DQGHUHQ 6WUDVVHQVHLWH OLHJW DXI GDV 1LYHDX GHU .LUFKJDVVH DEJHVHQNW 8QPLWWHOEDU YRU GHP KHXWH QRFK EHVWHKHQGHQ 6RGEUXQQHQ NDPHQ GLH 5HVWH GHU PLWWHODOWHUOLFKHQ 6W /XFLD .DSHOOH ]XP 9RUVFKHLQ $EE XQG (UKDOWHQ ZDU HWZD HLQ 'ULWtel des aus Bollensteinen gemauerten ApsisfunGDPHQWV PLW HLQHU %UHLWH YRQ P 'HU &KRU lag demnach wie üblich im Osten, das kleine 6FKLII SDUDOOHO ]XU .LUFKJDVVH %DXIRUP XQG 0DXHUWHFKQLN SDVVHQ ]X GHQ VDNUDOHQ %DXWHQ GHV VSlWHUHQ -DKUKXQGHUWV YRQ .ORVWHU $OOHUKHLOLgen und St. Johann.3 'HPQDFK VSULFKW QLFKWV GDJHJHQ GDVV GLHVH .DSHOOH ]XU =HLW GHU (UVWHUZlKQXQJ YRQ Bochtella (Buchthalen) 1122 bereits bestand. 'DV LQ GHU 5HIRUPDWLRQ VlNXODULVLHUWH *HElXGH ZXUGH LP 9RUIHOG GHV .LUFKHQQHXbaus am neuen, heutigen Standort abgebrochen. Abb. 968 Buchthalen, St. Lucia Kapelle (1.053). Mauerrest der Chorapsis der Kapelle YRU GHP 6RGEUXQQHQ
sse
hga
Sodbrunnen Apsisrest
Do
rfw eg
St. Lucia Kapelle spätes 11. Jh.
0
710
,P =XJH GHU *HVDPWVDQLHUXQJ ZXUGH LP -DKU GHU lOWHVWH 7HLO GHV %DXHUQKDXVHV NXU] XQWHUVXFKW 6HLQ XUVSU QJOLFKHU ]ZHLUDXPWLHIHU *UXQGULVV PLVVW [ P NRQQWH LQV 5HIRUPDWLRQVMDKU GDWLHUW ZHUGHQ XQG JHK|UW GDPLW ]X GHQ lOWHVWHQ +lXVHUQ LP 'RUINHUQ YRQ %XFKWKDOHQ ,P V GOLFKHQ VWUDVVHQVHLWLJHQ XQG PLW P schmaleren Teil liegen beidseits der FeuerungsZDQG 6WXEH XQG . FKH GDU EHU ]ZHL .DPPHUQ 'HU QRUGVHLWLJH 6WDOO 7HQQWHLO ZDU PLW P HWZDV EUHLWHU 'LH DP EHVWHQ HUKDOWHQH PLWWOHUH *HVFKRVVZDQG XPIDVVW ]ZHL 6WRFNZHUNH XQG ZLUG GXUFK HLQH HLQJH]DSIWH /DQJVWUHEH DXVJHVWHLIW (Abb. 970).5 9RQ .RSI XQG )XVVElQGHUQ VLQG QXU QRFK GLH %ODWWVDVVHQ YRUKDQGHQ 8UVSU QJOLFK ZDUHQ GLH *HIDFKH PLW OHKPYHUVWULFKHQHP )OHFKWwerk gefüllt. Ein tief eingreifender Umbau führte im späteren RGHU -DKUKXQGHUW ]XU 9HUVWHLQHUXQJ GHV +DXVHV 'DV )DFKZHUN GHU :HVWVHLWH ZXUGH YROOVWlQGLJ HUVHW]W XQG PLW GHQ DQVFKOLHVVHQGHQ Ecken komplett neu aufgemauert. Ob das Haus JOHLFK]HLWLJ JHPHLQVDP PLW GHP 1DFKEDUKDXV QDFK 1RUGHQ HUZHLWHUW ZXUGH EOLHE XQNODU 'DV Flechtwerk in den Gefachen wurde durch MauHUZHUN HUVHW]W XQG YHUSXW]W XQG HLQ QHXHU 'DFKVWXKO PLW HLQHP 6DWWHOGDFK DXIJHVHW]W LQ GHP YLHO $OWKRO] GHV 9RUJlQJHUEDXV ZLHGHUYHUZHQGHW wurde. In einem dritten Schritt wurde das Haus XQWHU $QKHEXQJ GHV 'DFKV DEHU PLW %HLEHKDOtung der alten Firstlinie um die Hälfte nach Osten erweitert.
Abb. 969 Buchthalen, St. Lucia Kapelle (1.053). Situation PLW /DJH GHU .DSHOOH YRU dem Haus Kirchgasse 6 0
Kirc
Literatur: Hans Peter Mathis, Peter Scheck: %XFKWKDOHQ .LUFKH XQG 'RUI 6FKZHL]HULVFKH Kunstführer GSK), Bern 2010, S. 22f.; Hermann/ 5lEHU 6 6 ± 6 ± +DXVLQYHQWDU 'DJPDU +DFNOlQGHU :LONH 2NWRber 1998.
5
10 m
N
O 'HQGURGDWLHUXQJ %XFKWKDOHQ +LQWHUJDVVH 6 Bauphase
Ort
+RO] 'DWLHUXQJ :. :DOGNDQWH +RO]DUW probe LQ .ODPPHUQ $Q]DKO 6SOLQWMDKUH Neubau 1529 Schwelle, Ständer, 1–9 ± [ ± Eiche 5lKP /DQJVWUHEH [ :. Türpfosten Abb. 970 Buchthalen, Hintergasse 9 (1.181). Mittlere Geschosswand des BauernKDXVHV YRQ DXV (LFKHQKRO] PLW HLQJH]DSIWHQ /DQJVWUHEHQ 0 1:100).
Ansicht Mittelwand M 1: 50 1529
1.214 Buchthalen, Buchthalerstr. 35 Trotte, Sodbrunnen
1.146 Grenzstrasse 12 Trotte, Sodbrunnen
/LWHUDWXU +DXVHU 6
Auf der Westseite des bereits im Peyerplan 1820 eingetragenen Gebäudes auf Buchthaler Gemarkung, in einem Baumgarten am Kegelgässchen KHXWH $EVFKQLWW *UHQ]VWUDVVH IDQG VLFK LP Garten gegen die Strasse hin ein aus BollensteiQHQ JHPDXHUWHU 6RGEUXQQHQ YRQ P 'XUFKPHVVHU XQG XQEHNDQQWHU 7LHIH ,P %UDQGNDWDVWHU YRQ 1855 wird das Gebäude als Trotte mit Wohnhaus EH]HLFKQHW XQG VWHKW LP %HVLW] YRQ .RQUDG *Horg Bürgin.7
:LH GHU 3H\HUSODQ YRQ ]HLJW $EE ODJHQ beidseits des Kegelgässchens an der BuchthalerVWUDVVH ]ZHL 7URWWHQ -HQH DXI 6WDGWJHELHW LVW QRFK HUKDOWHQ XQG JHK|UWH ]X GHQ 5HEHQ DP )LVFKHUKlXVHUEHUJ 'LH DQGHUH JHK|UWH ]XP GDPDOV KLHU beginnenden und sich weit nach Osten erstreckenden Herrenberg, dem alten Weinberg des Klosters Allerheiligen auf Buchthaler GemarNXQJ 6LH ZXUGH LP =XVDPPHQKDQJ PLW GHP 1HXEDX HLQHU %DXPHLVWHUYLOOD PLW *DUWHQDQlage abgebrochen. 10 m östlich dieser Trotte lag ein Sodbrunnen, der damals an die Kanalisation angeschlossen und bis 2006 als Sickerschacht JHQXW]W ZXUGH 8UVSU QJOLFK VDPPHOWH HU +DQJ wasser. Er ist aus Kalkbruchsteinen gemauert, beVLW]W HLQHQ 'XUFKPHVVHU YRQ P XQG LVW PHKU als 7 m tief.
1.054 Buchthalen, Buchthalerstrasse 113 Teuchel NDP YRU GHP +DXV LP .DQDOLVDWLRQVJUDEHQ HLQ 7HXFKHO ]XP 9RUVFKHLQ
%lQWHOL 6 ± %lQWHOL D 6 ± 67$6+ 85 +HUPDQQ 5lEHU 6 9HUV 1U /DQJVWUHEHQ PLW 6FKZHOOH XQG 5lKP YHU]DSIW XQG 6 I ]XP ]ZHLUDXPWLHIHQ +DXV 8:$' )HOL[ :DOGHU %HULFKW 1U YRP 7 StadtASH Brandkataster Buchthalen.
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P
P. Mogern, Geissberg, Berslingen $GHOVKRI 0RJHUQ XQG PLWWHODOWHUOLFKHV 'RUI %HUVOLQJHQ PLW GHQ EULJHQ )XQGVWHOOHQ LP Q|UGOLFKHQ 8PIHOG GHU 6WDGW
1.070 Mogern $GHOVKRI : VWXQJ :RKQKDXV .DFKHORIHQ .HOlerhals /LWHUDWXU &DSDXO 5LHFKH LQ 8QNHQQWQLV GHU $XVJUDEXQJ YRQ 0RJHUQ 8OULFK %HQW]LHQ %DXernarbeit im Feudalismus, Berlin 1990, S. 107– *X\DQ *X\DQ 6FKQ\GHU 5 HGL 1970; Steinemann 1970; Guyan 1952. ,P =XJH GHU 6FKDIIXQJ HLQHU DXVJHGHKQWHQ ,QGXVWULH]RQH LP +HUEOLQJHUWDO ZXUGH UXQG 100 m südöstlich des Forsthauses Neutal die 5XL QH HLQHV PLWWHODOWHUOLFKHQ +RIV DXVJHJUDEHQ 'DV GDPDOV DXIJHI OOWH *HOlQGH LVW QRFK KHXWH QLFKW EHUEDXW 'HU HUVWPDOV HUZlKQWH Adelshof 0RJHUHQ besass eine eigene Gerichtsbarkeit und brannte 1528 ab. Ausgegraben wurde GHU ]XP +DXV JHK|UHQGH .HOOHU PLW GHP .HOOHUhals. Hier liegt ein aus archäologischer Sicht selWHQHU *O FNVIDOO HLQHU %UDQGNDWDVWURSKH YRU YHUbunden mit der Wüstlegung des Hofes und einer anschliessend ausschliesslich landwirtschaftOLFKHQ 1XW]XQJ GHV *HOlQGHV 6R EOLHEHQ LP .HOOHU LP %UDQGVFKXWW DXV /HKP +RKO]LHJHOQ XQG +RO]NRKOH )XQGPDWHULDOLHQ DXV 0HWDOO DXV GHP 15. und frühen 16. Jahrhundert erhalten, die auch nach 30 Jahren Stadtarchäologie noch ihresgleichen suchen.
IXQGHQ VWHFKHQ YRU DOOHP GLH %HVWDQGWHLOH HLQHV PLWWHODOWHUOLFKHQ :HQGHSÀXJV KHUYRU =ZHL 6FKO|VVHU 7 UVFKDUQLHUH XQG %HVFKOlJH VLQG ]XVDPPHQ PLW %DFNVWHLQHQ +RKO]LHJHOQ XQG /HKPEURFNHQ PLW 5XWHQDEGU FNHQ GLH OHW]WHQ hEHUUHVWH GHV *HElXGHV 'D]X JHK|UHQ DXFK GLH OHW]WHQ 5HVWH GHV .DFKHORIHQV JODVLHUWH XQG XQJODVLHUWH 7HOOHU XQG 1DSINDFKHOQ 'LH .HUDPLNVFKHUEHQ VFKOLHVVOLFK SDVVHQ DXVJH]HLFKQHW ]XP )XQGPDWHULDO DXV GHU 7|SIHUHL LQ GHU 9RUVWDGW GLH ]XP 7HLO DOV GHUHQ 3URGXNWLRQVVWlWWH LGHQWL¿]LHUW ZHUGHQ NDQQ
Abb. 971 Mogern (1.070). Bron]HP|UVHU DXV GHP VSlWHQ -DKUKXQGHUW 'HUDUWLJH ungewöhnliche Objekte werden archäologisch üblicherweise nur in KataVWURSKHQKRUL]RQWHQ EHUOLHIHUW 'LH DP 5DQG umlaufende Inschrift lauWHW 0$5,$ Â :(17 Â 916(5 Â (/(17 Â 0$5,$ Â +,/) Â 916 Â 2)5$: «ZHQGH XQser Elend, hilf uns o Frau), YJO $EE
+|KHSXQNW GLHVHV )XQGHV VLQG GLH %URQ]HQ $EE XQG X D GHU XQYHUVHKUWH 0|UVHU PLW /|wenfüssen, Marieninschrift und dem beachtOLFKHQ *HZLFKW YRQ EHU NJ $XVVHUGHP IDQGHQ VLFK HLQ )DVVKDKQ 7HLOH ]ZHLHU %URQ]HNHVVHO XQG ]ZHL 'UHLEHLQW|SIH ZLH VLH PLWWOHUZHLOH LQ LKUHU VWDQGDUGPlVVLJHQ $XVI KUXQJ DXV 7RQ LQ YHUschiedenen städtischen Latrinen gefunden wurden (1.100; 1.156; 1.157 und 1.218). Eine kleine *ORFNH G UIWH HLQH 9LHKVFKHOOH JHZHVHQ VHLQ YRQ GHUHQ HWZDV lOWHUHQ 9RUJlQJHUQ HLQH 3URGXNWLRQVVWlWWH LQ]ZLVFKHQ ]XP 9RUVFKHLQ NDP GLH %XQWPHWDOOJLHVVHUZHUNVWDWW LP ©+DXV GHU :LUWVFKDIWª auf dem Herrenacker (1.186). Unter den Eisen713
Abb. 972 +RFKVWUDVVH %OLFN DXI GLH IUHLJHlegte, gepflästerte HochVWUDVVH GLH YHUPXWOLFK DXV GHU 1HX]HLW VWDPPW 'DUXQWHU OLHJHQ ]ZHL ZRKO mittelalterliche Karrengleise, eingeschrotet in den anstehenden Fels, der rechts sichtbar ist.
1.024 Hochstrasse 191 Strasse
1.051 Neufulach Weiler
/LWHUDWXU ,96 6+ *X\DQ -E$6 6 Bildquellen: Elsener/Weigele 2005, S. 72, Kat. 122.
/LWHUDWXU ,96 6+ 6FKLE 0XVHXPVYHUHLQ 6FKDIIKDXVHQ -DKUHVEHULFKW 6 61
OLHVV VLFK LP =XJH YRQ .DQDOLVDWLRQVDUbeiten an der Hochstrasse ein Strassenstück der DOWHQ 9HUELQGXQJVVWUDVVH YRQ 6FKDIIKDXVHQ EHU Herblingen nach Thayngen untersuchen (Abb. ,Q P 7LHIH ODJHQ ]ZHL .DUUHQJHOHLVH PLW $FKVDEVWDQG YRQ P LP DQVWHKHQGHQ )HOV 6LH wurden als römisch interpretiert, könnten aber auch aus dem Mittelalter stammen. In die Neu]HLW JHK|UW GLH EHU HLQHU VWHULOHQ =ZLVFKHQVFKLFKW OLHJHQGH .LHVHOSÀlVWHUXQJ YRQ P Breite.
Noch nicht genau lokalisierter, um 1100 erwähnter Weiler in der Nähe des Bocksriets, an der REHQ HUZlKQWHQ DOWHQ 9HUELQGXQJVVWUDVVH YRQ 6FKDIIKDXVHQ QDFK 7KD\QJHQ 1.087 Herblingen, Schlossgasse Teuchel /LWHUDWXU -E$6 6 I Bei Bauarbeiten kam 1960 ein Teuchel aus FöhUHQKRO] PLW HLQHU (LVHQPXIIH ]XP 9RUVFKHLQ (U ZXUGH GHP 0XVHXP ]X $OOHUKHLOLJHQ EHUJHEHQ 1.074 Orserental, Orsingen Weiler Literatur: Gamper 1999, S. 289, S. 291; Schib 7HVGRUSI 6 Nicht genau lokalisierter, bereits 1067 erwähnter :HLOHU ZDKUVFKHLQOLFK LQ 9HUELQGXQJ PLW GHP Wirbelberg (1.097).
1.097 Wirbelberg Erdwerk, Gebäude? /LWHUDWXU ,96 PLW ± *DPSHU 6 (UZLQ % KUHU 0LWWHODOWHUOLFKH /HW]LQHQ DXI GHP 5DQGHQ LQ $= 1U ± -E$6 1921, S. 120. Am ebenfalls, wie der Weiler Orsingen, 1067 erZlKQWHQ :LUEHOEHUJ OLHJW LP *HOlQGH HLQ YHUVFKOLIIHQHU 'RSSHOZDOO $XI GHP PDUNDQWHQ 3ODWHDX JLEW HV 6SXUHQ YRQ *HElXGHQ GLH möglicherweise aus dem Mittelalter stammen und LP =XVDPPHQKDQJ PLW GHU .RQWUROOH GHU DOWHQ /DQGVWUDVVH YRQ 6FKDIIKDXVHQ GXUFKV 'XUDFKWDO EHU %DUJHQ QDFK 'RQDXHVFKLQJHQ VWHKHQ ZDKUVFKHLQOLFK LQ 9HUELQGXQJ PLW GHP :HLOHU 2UVLQJHQ
P 1.050 Berslingen 'RUI : VWXQJ *UXEHQKlXVHU .LUFKH )ULHGKRI (LVHQYHUK WWXQJ /LWHUDWXU %lQWHOL 6 630 9,, 6 I 6 +HUPDQQ 5lEHU 6 I -E$6 6 I %lQWHOL +|QHLVHQ =XEOHU ,96 PLW ± 'HU %DX GHU $XWREDKQ $ I KUWH YRQ ± DXI HLQHU )OlFKH YRQ ¶ P2 ]XU JU|VVWHQ LP Kanton Schaffhausen je durchgeführten Ausgrabung (Abb. 973). 2008 wurde auf der Südseite EHLP /RJLHUKDXV HLQH ZHLWHUH )OlFKH YRQ P2 DXVJHJUDEHQ 'LH *U QGXQJ GHV 'RUIV DQ GHU REHQ HUZlKQWHQ DOWHQ /DQGVWUDVVH GXUFKV 'XUDFKWDO JHKW LQV VSlWH -DKUKXQGHUW ]XU FN .LUFKH XQG )ULHGKRI NDPHQ VSlWHU KLQ]X 'LH 6WDGWZHUGXQJ YRQ 6FKDIIKDXVHQ XQG GDV RIIHQEDU prosperierende Nachbardorf Merishausen führWHQ XP ]XU $XIJDEH YRQ %HUVOLQJHQ
%HL GHU *UDEXQJ YRQ NDP HUVWPDOV ZHVWOLFK GHU 6WUDVVH HLQ *HK|IW ]XP 9RUVFKHLQ (LQ *UXEHQKDXV ODJ ]XU +lOIWH XQWHU GHU M QJHUHQ /DQGVWUDVVH |VWOLFK GHU 6WUDVVH ODJHQ ]ZHL ZHLWHUH *UXEHQKlXVHU 'LH %HIXQGH JHK|UHQ LQ GLH 3KDVHQ D XQG E XQG ]HLJHQ GDVV LQ GHU ]ZHLWHQ %O WH]HLW GHV 'RUIHV PLW ± UHNRQVWUXLHUWHQ +|IHQ QRFKPDOV ± *HK|IWH KLQ]XNRPPHQ G UIWHQ
Abb. 973 Berslingen (1.050). Südöstlicher Grabungsausschnitt gegen das Logierhaus. Hauspfostengruben XQG *UXEHQKlXVHU ]HLFKQHQ VLFK LQ YHUZLUUHQGHU 9LHOIDOW DOV GXQNOH KXPRse Füllungen im hellen, anstehenden Boden ab.
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