Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900 Band I/II
1
2
Kurt Bänteli Mitarbeit: Katharina Bürgin
Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 – 1550 und archäologisch-historischer Stadtkataster des baulichen Erbes 1045 – 1900 Band I/II
3
Schaffhauser Archäologie 11 Monographien der Kantonsarchäologie Schaffhausen 2 Bände Schaffhausen 2017
Die Publikation haben durch Beiträge ermöglicht: Druck: Stadt Schaffhausen Visualisierungen sh_ift: Stiftung Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte, Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung, Basel
Konzept und Text: Kurt Bänteli Gestaltung, Pläne und Fundfotos: Katharina Bürgin Lektorate: Andreas Heege, Archäologe, Zug; Hans Ulrich Wipf, Historiker, Schaffhausen Redaktion: Elke Jezler, Schaffhausen Druck: Unionsdruckerei AG, 8200 Schaffhausen Einband: BUBU AG (Buchbinderei Burkhardt), 8617 Mönchaltdorf
4
© 2017 Baudepartement des Kantons Schaffhausen, Kantonsarchäologie ISBN 978-3-9523689-3-0
Inhaltsverzeichnis Band I Geleitwort des Regierungspräsidenten und des Stadtpräsidenten Geleitwort des Kantonsbaumeisters Vorwort und Dank des Verfassers Aufbau und Benutzung des Buchs
Anhang 6 6 7 11
I. Erforschung der Stadt als Generationenprojekt 15
Der lange Weg zur Stadtarchäologie
18
Eine neue Stadtgeschichte nach 32 Jahren Forschung am Objekt
23
Ausblick und Perspektive für die künftige Stadtkernforschung 26 28
II. Schaffhausen im Mittelalter – Baugeschichte 1045 –1550 33
«Boomstadt» der Nellenburger 1045−1125
37
Stadtstruktur, Barfüssermönche und Blütezeit des Benediktinerinnenklosters 1218−1301
Abkürzungen in Text und Tabellen
204
Abkürzungen von Quellen, Institutionen und Literatur 204
Verzeichnis der Fundstellen
214
Register der behandelten Häuser und wichtigsten Örtlichkeiten
217
Abbildungsnachweis 224 Beilagen 1–3
im Umschlag hinten
Band II III. Stadtentwicklung 1045 –1900 nach Quartieren und Fundstellen
Älteste Siedlungsspuren und nellenburgische Anfänge 7. Jahrhundert bis 1045
Ruhige Jahrzehnte bis zum Stadtausbau in zähringischer Zeit 1125−1218
203
Literatur 205
Die Stadtentwicklungstheorien von Rüeger, Harder, Bächtold und Schib
Der archäologische Stadtrundgang
Plan- und Bildquellen und weitere, nicht in jedem Fall eigens angemerkte Grundlagen
61 87
Letzte Stadterweiterung, Rathaus und Bauvorschriften 1301−1372
105
Stadtbrand, Aufstieg von Bürgertum und Zünften 1372−1415
117
Kriegerische Zeiten und Ausbau der Grabenwerke 1415−1460
145
Neuer Bauboom bis zur Reformation 1460−1524
155
Reformation und Neuorganisation der Stadt 1524−1550
187
A. Quartier St. Johann und Fischmarkt
226
B. Quartier Freier Platz und Rheinbrücke − Unterstadt und Bachbrücken
264
C. Quartier Fischerhäusern und Munot
380
D. Quartier Kloster Allerheiligen
398
E. Quartier Markt, Oberstadt und Spital
432
F. Quartier Kloster St. Agnes
512
G. Quartier Rindermarkt (innere Vorstadt)
530
H. Quartier Repfergasse und Webergasse
558
I. Quartier Barfüsserkloster
586
J. Quartier Vorstadt (äussere Vorstadt)
606
K. Quartier Herrenacker und obere Neustadt
648
L. Quartier Grueb und untere Neustadt
676
M. Quartier Mühlen
698
N. Quartier Steig, Ölberg und Griesbach
700
O. Quartier Emmersberg und Buchthalen
706
P. Mogern, Geissberg, Berslingen
712 5
Geleitworte
Schaffhausen besitzt eine der grossen Altstädte der Schweiz und damit ein Kulturdenkmal von unermesslichem Wert. Mehr als 30 Generationen haben nach ihrer Gründung in dieser Altstadt über einen Zeitraum von bald 1000 Jahren gelebt, geplant, gebaut, erweitert, verdichtet, aufgestockt, optimiert und umgenutzt. Teile davon wurden abgebrochen und wieder aufgebaut oder durch Katastrophen wie Feuer oder Bomben zerstört. All diese Aspekte werden in diesem Buch erstmals in dieser Dichte beleuchtet. Es ist eine eigentliche Gesamtschau der Untersuchungen von Archäologie und Bauforschung in der Altstadt von Schaffhausen über einen Zeitraum von 35 Jahren. Die Ergebnisse zeigen etwa, dass Schaffhausen in der Schweiz die älteste Stadtbefestigung (950 Jahre), die ältesten mittelalterlichen Dachziegel (900 Jahre) und aus dem gleichen Material eine ebenso alte Wasserleitung besitzt. Zum Kloster Allerheiligen gehört der architektonisch einzigartige Kreuzhof der Zeit um 1070, den die Wissenschaft mit der Heiliggrabkirche in Jerusalem vergleicht. Die Dendrochronologie, die jahrgenaue Datierung der beim Bau verwendeten Hölzer, führte zu einem erheblichen Erkenntnisgewinn im Verständnis der mittelalterlichen Stadtentwicklung und zur spannenden Neuinterpretation historischer Quellen. Viele geschichtliche Ereignisse und politische Handlungen schlugen sich direkt in der Bautätigkeit nieder und werden so am Baudenkmal Schaffhauser Altstadt ablesbar und nachvollziehbar. Die Publikation ermöglicht einen grossartigen, neuen und umfassenden Blick auf die Stadtentstehung und die Stadtentwicklung und wird damit auch der weiteren archäologischen, bauhistorischen und historischen Forschung dienen. «Schaff hausen im Mittelalter» soll als Grundlagenwerk darüber hinaus auch eine möglichst breite Leserschaft für die Baugeschichte der Stadt interessieren und so einen Beitrag leisten zur Sensibilisierung für das bauliche Erbe der Altstadt. Wir danken daher auch allen Sponsoren, welche die Herausgabe im Druck ermöglicht haben. Allen Leserinnen und Lesern wünschen wir viel Freude beim neuen Entdecken der Geschichte der Stadt Schaffhausen. Schaffhausen, im Dezember 2016 Dr. Reto Dubach, Regierungspräsident Peter Neukomm, Stadtpräsident
6
«Nur wer die Vergangenheit kennt, hat eine Zukunft». Das meinte der deutsche Kulturwissenschaftler Wilhelm von Humboldt (1767–1835), und völlig zurecht. Mit Blick auf das vorliegende Werk von Kurt Bänteli, welches die Erkenntnisse der Mittelalterarchäologie auf dem Gebiet der Stadt Schaffhausen zusammenfasst, wird uns wieder einmal bewusst, dass bereits vor uns viele Generationen von Schaffhausern an unserer «kleinen Stadt» gebaut haben, und dass auch wir in der uns zugemessenen Lebensspanne dieselbe nicht fertigbauen werden. Diese Erkenntnis verpflichtet uns, bauliche Eingriffe sorgfältig und nachhaltig zu tätigen, damit unsere Nachfahren mit ähnlichem Stolz auf die lebens- und liebenswürdige Stadt blicken können, wie wir es heute tun. Während frühere Generationen vor allem aus ökonomischen und technischen Zwängen heraus sorgsam mit dem baulichen Erbe umgingen, tragen heute die zum Teil ungeliebten gesetzlichen Vorgaben dazu bei, dass bauliche Vorhaben in der Altstadt unter Schonung der originalen Bausubstanz umgesetzt werden. Archäologie und Denkmalpflege tragen dabei durch die begleitenden Untersuchungen jeweils zum Kenntniszuwachs über die Vergangenheit bei. Die damit verbundenen Restriktionen für die Bauherrschaften benötigen in der meist hektischen Planungs- und Bauzeit viel Verständnis und Geduld. Längerfristig gesehen ist der sorgfältige Umgang mit dem baulichen Kulturerbe aber ganz sicher ein Gewinn für das jeweilige Objekt und die ganze Stadt als Ensemble. Ich wünsche den Lesern nun viel Freude beim persönlichen Kennenlernen der Vergangenheit unserer Stadt und möchte Kurt Bänteli zu diesem grossartigen Kataster gratulieren. Zudem danke ich der Stadt Schaffhausen, der Stiftung Schaffhauser Gesellschaften und Zünfte, der Claire Sturzenegger-Jeanfavre Stiftung Basel und der Oberen Gesellschaft «zun Herren» für ihre finanziellen Beiträge, die die Entstehung dieses Werks massgeblich unterstützt haben. Schaffhausen, im Dezember 2016 Mario Läubli, Kantonsbaumeister
Vorwort
Ein Werk wie das vorliegende realisieren zu können war eine einmalige und für die Geschichte einer Stadt selten genutzte Chance. Anlass für seine Entstehung war, dass der Verfasser Ende des Jahres 2016 in den Ruhestand treten würde. Trotz regelmässiger Publikationstätigkeit drohten umfangreiches Wissen und enorme Detailkenntnis verloren zu gehen, erworben in mehr als 40-jähriger Tätigkeit in der Kantonsarchäolo gie Schaffhausen, zu der auch die Stadtarchäologie gehört. Viele Fundstellen waren unbearbeitet, die Akten noch nicht archivfähig abgelegt. Schon länger plante deshalb die Kantonsarchäologie, die seit 1982 neu gewonnenen Erkenntnisse der Schaffhauser Mittelalterarchäologie für die Stadt Schaffhausen in einem «Archäologischen Stadtkataster» vorzulegen. Vorbild war dabei die seit dem Jahr 2000 erscheinende Reihe der archäologischen Stadtkataster in Baden-Württemberg.1 Ziel war eine Zusammenstellung der archäologischen Befunde und Funde für alle an der Stadtgeschichte interessierten Laien und Fachleute, Planer und Amtsstellen, allen voran Archäologie, Denkmalpflege, Archive und Stadtplanung. Die letzten Publikationen zum Baudenkmal «Altstadt Schaffhausen» erschienen vor mehr als 60 Jahren. Unter dem noch nahen Eindruck der Bombardierung Schaffhausens am 1. April 1944 stand der Band der Reihe «Das Bürgerhaus in der Schweiz» von 1946: «Wir freuen uns, zwei Jahre nachdem die Stadt Schaffhausen auf so tragische Weise von einer Bombardierung getroffen wurde, den neuen Band über die bürgerlichen Baudenkmäler des Kantons Schaffhausen herausgeben zu können».2 Der erste Band der Kunstdenkmäler des Kantons Schaffhausen kam dann, wohl eher zufällig, «kurz nach der eindrücklichen 450-Jahrfeier des Eintritts Schaffhausens in den Bund der Eidgenossen» heraus.3 Beides sind architektonische und kunsthistorische Bearbeitungen, ergänzt mit historischen Quellen, die auch heute noch in vielen Belangen ihre Gültigkeit besitzen. 1972 erschien dann die Geschichte von Stadt und Kanton Schaffhausen, eine Gesamtschau des damaligen Forschungsstandes, die die Geschichte der Stadt in jene des Kantons einbettet.4
1 2 3 4 5 6 7
Landesdenkmalamt Baden-Württemberg, Stuttgart 2000. Bürgerhaus 1946, S. 5. Frauenfelder 1951, S. VII. Schib 1972. Roth Heege/Thierrin-Michael 2016; Boschetti-Maradi 2012. Jenisch 1999. Untermann 2005, S. 9–13.
Das baugeschichtliche Erbe im Boden und die Grundstrukturen der Gebäude hinter den Verputzen und Verschalungen mussten hingegen weitgehend unberücksichtigt bleiben. Die Stadtarchäologie als wissenschaftliche Disziplin war damals noch kaum entwickelt, ebenso wenig die Bauforschung und die Dendrochronologie, die eine jahrgenaue Datierung der Bauwerke ermöglicht. Diese neuen Methoden führten zu einem Quantensprung im Verständnis der mittelalterlichen Stadtentwicklung und zur Neuinterpretation vieler historischer Quellen. Die Zusammenführung aller von 1982 bis 2013 durchgeführten mittelalterlichen und neuzeitlichen Ausgrabungen mit den baugeschichtlichen Recherchen an vielen Bauwerken ermöglichte eine einmalige, dreidimensionale Auswertung und Erforschung der Stadt, wobei der Schwerpunkt der Publikation ergebnisorientiert auf den Befunden liegt. Im Gegensatz zu dem anfänglich geplanten Stadtkataster, der vor allem eine Zusammenstellung des bereits vorhandenen Wissens geboten hätte, ist ein eigenständiges Grundlagenwerk über die Schaffhauser Altstadt entstanden. Vergleichbar umfassende Studien, die die Archivalien, die Bausubstanz und die Archäologie berücksichtigen, sind bisher in der Schweiz eine grosse Seltenheit, sieht man von der Stadt Zug ab.5 Für den süddeutschen Raum ist etwa Villingen zu nennen, wobei sich jene Arbeit eher auf die archäologischen und stadt topo graphischen Kontexte beschränkt.6 Die hiermit vorgelegte Arbeit erfüllt den Zweck eines Stadtkatasters,7 könnte aber auch zu einem Markstein für die Geschichte Schaffhausens werden, indem sie diese ergänzt oder ihr neue, bislang unbekannte Abschnitte hinzufügt. Im Hinblick auf die Gesamtauswertung legten Valentin Homberger und Kurt Zubler 2010 eine Grundlagenarbeit zur Datierung der mittelalterlichen und neuzeitlichen Keramik der Region Schaffhausen vor. Die Keramikseriation basiert auf geschlossenen Fundinventaren, die mittlerweile einzelne Zeitabschnitte gut datieren. Grundsätzlich ist die Anzahl der Fundinventare jedoch für verlässliche Aussagen nur in der Zeit zwischen etwa 1100 und 1500 ausreichend. Jüngere Inventare sind nicht nur in Schaffhausen, sondern in der ganzen Deutschschweiz stark unterrepräsentiert. Diese Vorarbeit ermöglichte dem Verfasser, sich auf eine Sichtung der noch nicht ausgewerteten Fundkomplexe zu beschränken und diese summarisch auszuwerten. Im Sinn einer ergebnisorientierten Publikation werden die stratigraphischen Abfolgen der einzelnen Fundstellen tabellarisch getrennt nach Ausgrabungsbereichen dargestellt und das Fundmaterial entsprechend der Publikation von Homberger/Zubler bezeichnet und datiert. Ergänzende Komplexe oder Sonderformen werden gezeichnet vorgelegt. Zudem sind alle bemerkenswerten Fundkomplexe in Gesamtaufnahmen vorgestellt, damit der Leser einen repräsentativen Querschnitt des archäologischen Fundmaterials in unserer Stadt erhält. 7
Die Ergebnisse der dendrochronologischen Untersuchungen als grundlegende Datenbasis für die Stadtgeschichte werden mit allen relevanten Angaben jeweils in Tabellenform bei den einzelnen Fundstellen aufgeführt. Alle Untersuchungen für die Stadtarchäologie wurden vom Labor für Unterwasserarchäologie und Dendrochronologie der Stadt Zürich (UWAD) durchgeführt. Die Proben wurden in den ersten Jahren von Matthias Seifert und Richard Meier, danach meistens von Felix Walder gemeinsam mit dem Verfasser auf den Baustellen gebohrt. In Einzelfällen, etwa wenn Balken ausgebaut wurden, schickte der Verfasser Baumscheiben ans Labor. Vereinzelt wurden auch Funde in Feuchtbodenerhaltung wie etwa Daubengefässe und andere Hölzer datiert (1.048; 1.211). Die Kantonale Denkmalpflege vergab ihre Untersuchungen üblicherweise an das Laboratoire Romand de Dendrochronologie, Moudon (LRD), in einzelnen Fällen an die Firma dendron in Basel. Schliesslich wäre die Publikation in dieser Form nicht möglich gewesen, hätte der Verfasser nicht in den letzten Jahren als privates Projekt die «Häuserdatenbank» aufgebaut. Sie wurde für das Stadtbild «Schafhusen anno MCCCCXI», welches zum Jubiläum «600 Jahre Zunftverfassung.SH 1411– 2011» entstand, entwickelt und bei jener Gelegenheit erstmals öffentlich vorgestellt.8 Weitere Ergebnisse aus dieser Häuserdatenbank liessen sich 2014 im Rahmen der Turnierausstellung im Museum zu Allerheiligen vorlegen.9 Gegenwärtig umfasst die Datenbank im Wesentlichen den Zeitraum von 1250 bis 1600. Ihr Rückgrat bilden die «Steuer- und Behebbücher» der Stadt Schaffhausen, die seit 1392 (mit Lücken) vorhanden sind.10 Auf einem so genannten Gassenkehr haben Stadtschrei-
ber und -rechner den jährlichen Steuereinzug festgelegt und die Stadtbewohner mit ihren Steuerposten notiert. Der Rundgang wurde jahrzehntelang in gleicher Abfolge durchgeführt und konnte durch Karl Schmuki für den Zeitraum 1459–1641 in groben Zügen rekonstruiert werden.11 Der ältere Rundgang von 1392–1458 lässt sich nun durch die Häuserdatenbank ebenfalls rekonstruieren, genauso bislang unklare Teilbereiche des jüngeren Gassenkehrs. Weitere mittelalterliche Quellen, die die Stadt Schaffhausen und ihre Hausbesitzer und Bewohner betreffen, ermöglichen schliesslich eine hausgenaue Verortung. Hauptsächlich sind dies die von Olga Waldvogel nach ihrer Pension viele Jahre lang transkribierten Stadtrechnungen.12 Das Stadtarchiv hat diese seit 1396 (mit Lücken) erhaltenen Rechnungen digital zugänglich gemacht.13 Hinzu kommen Urkunden und die seit 1467 vorhandenen Ratsprotokolle und Häuserfertigungen im Staatsarchiv Schaffhausen sowie Quellen in anderen Archiven und historische Publikationen. In der Häuserdatenbank werden Personen, Handlungen und Örtlichkeiten zusammengeführt und mit der Stadttopografie verbunden. Bislang verborgen gebliebene Einblicke in die Geschichte der Stadt und ihrer Bewohner werden möglich: Hunderte von Personen sind neu fassbar mit ihren Namen, Wohnorten, Berufen und Fragmenten ihrer Lebensgeschichte. Die Bau- und Besitzergeschichte vieler Häuser lässt sich bis tief ins Mittelalter zurück neu schreiben oder ergänzen. Aus der Fülle dieser Ergebnisse flossen auch einige in die vorliegende Publikation ein. Die Häuserdatenbank zu Schaffhausen ist noch nicht öffentlich zugänglich.14
8 Bänteli 2011. 9 Bänteli 2014b. 10 StadtASH, Steuerbücher A II.06.01, http://www.stadtarchiv-schaffhausen.ch. 11 Schmuki 1988, S. 472–475. 12 Olga Waldvogel versah jahrzehntelang das Sekretariat des Staatsarchivs Schaffhausen und fertigte in dieser Funktion Transkriptionen für viele Historiker. 13 StadtASH, Stadtrechnungen A II.05.01, http://www.stadtarchiv-schaffhausen.ch. 14 Kontakt: Kurt Bänteli, Rosenbergstr. 10a, 8200 Schaffhausen, kurt.baenteli@bluewin.ch.
8
Dank
Um die Realisierung eines solchen Grossprojekts zu ermöglichen, was parallel zu neu anfallenden Bauprojekten und Untersuchungen auf den Baustellen nicht möglich gewesen wäre, wurde der Verfasser Ende 2013 organisatorisch aus der Kantonsarchäologie ausgegliedert. Dass die Arbeit erfolgreich abgeschlossen werden konnte, ist vor allem Kantonsbaumeister Mario Läubli zu verdanken, der von Anfang an die Bedeutung dieses Projekts für das Kulturdenkmal «Altstadt Schaffhausen» erkannte. Er integrierte alle relevanten Kreise und sorgte für die notwendige Finanzierung. Das Projekt stand unter der Schirmherrschaft von Regierungsrat Reto Dubach, zu dessen Baudepartement die Archäologie zählt. Tragende Stütze des Projekts war vor allem Katharina Bürgin, die in geduldiger Arbeit die unzähligen, komplexen Pläne herstellte, die Funde fotografierte und das Buch herausragend gestaltete. Gemeinsam mit Christian und Julian Wäckerlin vom Büro für gestalterische Angelegenheiten sh_ift war sie auch an den Rekonstruktionsbildern beteiligt, die fünf bislang unbekannte oder kaum beachtete Marksteine unserer Stadt geschichte visualisieren. Die neu für dieses Werk angefertigten Fundzeichnungen stammen von Silvia Pfister aus Bülach. Hansueli Krapf aus Dörflingen fertigte mit seiner Drohne die grossartigen Luftaufnahmen. Aus dem Team der Kantonsarchäologie ist vor allem Daniel Gerbothé zu danken, der als Fundverwalter und Archivverantwortlicher viel Arbeit im Hintergrund leistete.
Für die umsichtige Redaktion bin ich Elke Jezler, Schaff hausen, zu Dank verpflichtet, ebenso dem ehemaligen Kantonsarchäologen Markus Höneisen, dessen Verdienst es ist, diese Schriftenreihe begründet zu haben. Den Druck besorgte in bewährter Weise die Unionsdruckerei Schaffhausen. Dank für die jahrzehntelange Unterstützung schulde ich auch vielen anderen Amtsstellen, allen voran Stadt- und Staatsarchiv, Stadtbibliothek, Denkmalpflege und Vermessungsamt sowie die Hoch- und Tiefbauämter von Stadt und Kanton Schaffhausen. Schliesslich ist den vielen Grabungshelferinnen und -helfern zu danken, die über die Jahrzehnte in einem nicht immer einfachen Einsatz auf den pulsierenden Baustellen bei Wind und Wetter, Lärm und Dreck zu diesem Gesamtergebnis beigetragen haben. Nicht vergessen sei aber auch der Dank an all die vielen Bauherren, Architekten, Bauunternehmer und ihre Mitarbeiter auf den Baustellen. Mit ihnen ein gutes Einvernehmen zu haben und sich als manchmal «störendes Element» dennoch konstruktiv in den Bauablauf einzugliedern, war mir immer ein grosses Anliegen. Dies hat sich, wie das vorliegende Ergebnis zeigt, ausgezahlt. Kurt Bänteli Schaffhausen, im September 2016
Weiterer Dank geht an die kritischen Leser des Buchmanuskripts, allen voran als Archäologe und Hauptlektor Andreas Heege aus Zug, der mir immer ein grossartiger Diskussionspartner war. Seine Anregungen und Hinweise haben viel zur Präzisierung der archäologischen Fragestellungen und Inhalte beigetragen. Spezielles Augenmerk auf die historischen Quellen und Fragen legten die Schaffhauser Historiker Hans Ulrich Wipf, Staatsarchivar Roland E. Hofer und Stadtarchivar Peter Scheck. Zu einer Diskussionsrunde über offene Fragen im Manuskript trafen sich die Genannten dankenswerterweise im Sommer 2016 in Schaffhausen mit dem Autor. Für Einzelfragen hatte auch der Historiker Peter Niederhäuser aus Winterthur immer ein offenes Ohr. Für alle historischen, archäologischen oder bauhistorischen Unstimmigkeiten, die trotz dieser wohlwollenden Unterstützung im Buch verblieben sein sollten, trägt der Autor die Verantwortung, in der Hoffnung, sie seien Anregung für künftige archäologische und historische Forschung.
9
10
Aufbau und Benutzung des Buchs
Zur Benutzung des zweibändigen Buchs sei empfohlen, die drei dem ersten Band beiliegenden Stadtpläne zur Hand zu nehmen. Beilage 1 zeigt die Lage sämtlicher Fundstellen der Stadt mit den archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen bis Ende 2013. Dazu gehört ein Gesamtregister der Fundstellen und ein Register aller im Buch erwähnten Hausnamen und wichtigsten Örtlichkeiten, auch wenn sie keine eigene Fundstelle bilden. Auf der Beilage 2 sind alle Einzelpläne mit den Ergebnissen der archäologischen Untersuchungen in einem Plan zusammengestellt. Beilage 3 zeigt den Bausubstanzverlust durch Neubauten in der Altstadt von 1870 bis 1990 und jenen durch die Bombardierung von 1944. Teil I der vorliegenden Arbeit beleuchtet die bisherige Forschung und beschreibt die Entstehung einer systematisch arbeitenden Stadtarchäologie mit den wichtigsten Forschungserträgen im Zeitraum von 1982 bis 2013. Ein Ausblick mit offenen Fragestellungen möchte Perspektiven für die zukünftige stadtarchäologische Arbeit aufzeigen. Die Untersuchungen fügten sich im Lauf der Zeit zu einem eigentlichen Stadtrundgang, auf dem die baulichen Hinterlassenschaften unserer Vorfahren durch den interessierten Leser erkundet werden können. Der Schwerpunkt der archäologischen und baugeschichtlichen Untersuchungen lag im Zeitraum von den Anfängen der Stadt im Jahr 1045 bis in die frühe Neuzeit um 1550. Damit kann in Teil II nun erstmals die Baugeschichte der ganzen Stadt Schaffhausen im Mittelalter nachgezeichnet werden. Gewisse Fragestellungen wurden erst durch diese einzigartige, flächendeckende Bearbeitung überhaupt möglich. Wie in einem grossen Puzzle zeigten sie sich als Fehlstellen, die analysiert und oft auch gefüllt werden konnten. Manche unserer Denkmäler erscheinen nun in neuem Licht. Die bald 1000-jährige Geschichte wird an der Schaffhauser Altstadt lesbar, weil historische Ereignisse und politische Handlungen sich direkt in der Bautätigkeit niederschlugen. Der umfangreichste Teil III bildet den zweiten Band und umfasst 220 mittelalterliche und neuzeitliche Fundstellen, die bis Ende 2013 in Schaffhausen bekannt wurden. Ihre quartierweise Behandlung erlaubt, lokale Zusammenhänge herzustellen. So lässt sich die Struktur der Stadt als Ganzes im Lauf der Zeit besser begreifen als bei einer Gliederung etwa nach Sakralbauten, Befestigungen, Bürgerhäusern etc. Die gewählten Quartiergrenzen berücksichtigen in groben Zügen das historische Wachstum der Stadt, die Klosterareale, aber auch topografische und untersuchungstechnische Gegebenheiten. Zwei Ansichten stehen jedem Quartier voran: Die eine zeigt das Quartier in der präzisen Darstellung von Johann Jacob Mentzinger aus dem Jahr 1644, die andere den gleichen Ausschnitt als Luftaufnahme aus dem Jahr 2016. Mit knappen Worten wird einleitend die Bedeutung des Quartiers im Mittelalter charakterisiert. Abgesehen von den etwas über 20 Fundstellen, die das weitere Umfeld der Stadt betreffen, liegt der überwiegende Teil innerhalb der Stadtmauern oder in deren unmittelbarem Vorgelände. Die meisten Strassen und Plätze, sämtliche öffentlichen Gebäude, die Klöster, die Stadtmauern mit ihren Türmen und an die 90 Häuser samt punktuellen Informationen zu deren etwa 80 Nachbarhäusern liefern Ergebnisse in ganz unterschiedlicher Breite und Dichte. Entsprechend der unterschiedlichen Untersuchungstiefe der einzelnen Objekte werden hier in Text, Bildern und Plänen alle Ergebnisse der Auswertungen vorgelegt, die im Einzelfall bis ins frühe 20. Jahrhundert reichen können.
Abb. 1 Johann Ludwig Peyer, Plan der Stadt Schaffhausen, 1820, Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen.
11
In den Plänen werden die meisten relevanten Grundrisse und Schnitte vorgelegt; die Profile der Ausgrabungen werden aber nur ausschnittweise publiziert, da sie der notwendigen Verkleinerung wegen ihre Aussagekraft verlieren würden. Sie befinden sich aber als Profilzusammensetzungen in den entsprechenden Fundakten der Kantonsarchäologie und können dort eingesehen werden. Die Situationspläne basieren auf dem Stadtplan von Johann Ludwig Peyer von 1820 im Museum zu Allerheiligen (Abb. 1). Er wurde von Peter Albertin, Winterthur, 1993/94 auf den heutigen Stadtplan übertragen und im Bereich der Hinterhöfe nach den Detailplänen von 1868–1872, die sich im Stadtarchiv befinden, ergänzt. Felix Berger vom Amt für Geoinformation des Kantons Schaffhausen hat den Plan digitalisiert und ins GIS des Kantons Schaffhausen übernommen. Die alten Parzellengrenzen dieser Pläne sind im neuen Plan jeweils blau gepunktet dargestellt. Die einzelnen Fundstellen werden in lockeren Quartierrundgängen vorgestellt: - Die Bezeichnung der Fundstellen (z.B. 1.206) richtet sich nach dem Fundstellenregister der Kantonsarchäo logie Schaffhausen. In der Beilage 1 wurde aus Gründen der Übersichtlichkeit die vorgestellte Ziffer 1. bzw. 1.0 weggelassen (206 = Fundstelle 1.206; 37 = Fundstelle 1.037). - Im Titel jeder Fundstelle sind in Klammern jene Nachbarhäuser hinzugesetzt, zu denen sich ebenfalls Hinweise zur Baugeschichte ergeben. Üblicherweise stammen diese aus den gemeinsamen Brandmauern. - Schlagworte benennen die wichtigsten Befunde der Fundstelle. Wo die Untersuchungen bereits publiziert sind, sind sie als Hinweise auf weiterführende Arbeiten zu verstehen. - Literatur zur Fundstelle: In der Regel sind nur nach 1951 erschienene Titel aufgeführt, d.h. nach dem bis zu jenem Zeitpunkt massgebenden Kunstdenkmälerband von Frauenfelder. In Einzelfällen wird aber auch ältere Literatur erwähnt. - Hausinventare: Sie wurden üblicherweise im Rahmen von Baubewilligungsverfahren erstellt, entweder im Auftrag des Hochbauamts der Stadt Schaffhausen oder durch die kantonale Denkmalpflege, in deren Archiv sie sich heute befinden. - Bildquellen: Zeichnungen, Stiche und Drucke sind weitgehend publiziert, so dass darauf jeweils bei den Fundstellen verwiesen werden kann. Abgebildet werden in der Regel nur unpublizierte Bildquellen. Die historischen Fotos entstammen den digital zugänglichen Beständen des Stadtarchivs; eine umfassende Bildrecherche war nicht Ziel dieser Publikation. - Schliesslich wird einleitend zur Fundstelle erklärt, welche Umstände zu ihrer Untersuchung führten. - Mit Verweisen werden die Fundstellen untereinander vernetzt und über Fussnoten mit dem auswertenden Kapitel II verbunden.
12
I. Erforschung der Stadt als Generationenprojekt
Die erste archäologische Fundmeldung aus Schaffhausen verdanken wir dem Jerusalempilger Hans Stokar. Er notierte 1527 entzückt all die Schätze, die beim Leeren der Sickergrube in seinem eigenen Haus, dem «Stokarhof» an der Vorstadt 10, zu Tage traten (1.037): Uff dye Zitt hain jch min Briffett [Privet] lassen ruman… und fundend ain hübschen Durm und ain hübschin Gewelb und ain guttan Kysboden wunderbarlichen gemachatt, und ist dieser Durm düff 7 guttin Klafftar, und 3 Klafftar ob dem Gwelb gemuratt; und als ich rumen lies, funden sy vil wunderbarlich Dings drin von hübschem Glas und Ros- und Kügen-Kebff [Ross- und Kuhköpfe] und vil gutz Grund, den lies ich uff dye Wys füren und uff Reben und in Krutt-Garden, soll gar gutt sin, segend dye Altten.1
Die Stadtentwicklungstheorien von Rüeger, Harder, Bächtold und Schib Seit mehr als 400 Jahren beschäftigen sich die Lokalhistoriker mit der Genese der Stadt Schaffhausen. Einig waren sie sich immer über die Gründe, die zur Entstehung der Siedlung führten: Die Unterbrechung der Rheinschifffahrt durch Stromschnellen, Lächen genannt, hervorgerufen durch eine Felsbank, die den Rhein quert und seit dem Kraftwerkbau der 1960er-Jahre überflutet ist (Abb. 19). Deshalb mussten an dieser Stelle Handelswaren umgeladen und etwa 3,5 km auf dem Landweg bis unterhalb des Rheinfalls transportiert werden, um sie wieder auf Schiffe zu verladen. Zur Sicherung des dortigen Umschlagplatzes wurde Mitte des 11. Jahrhunderts die rund 70 m über dem Fluss gelegene Burg im Fischerhölzli angelegt, die heute noch als unscheinbare Ruine erhalten ist. 1348 wurde sie auf eine Felsinsel direkt ins Rheinfallbecken verlegt, wo sie als palasartig anmutendes Schlösschen Wörth heute noch besteht.2 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Schib 1949, S. 12–21. HLS 13, S. 588, Wörth; Akten KASH; Schib 1937. Rüedi 1938, S. 7–10; Bänteli 1999a, S. 19, S. 29; Gamper 1999, S. 131. Gamper 1999, S. 130. Landolt 2004, S. 34, bes. Anm. 94; Ammann 1948, S. 22f., S. 222. Landolt 2004, S. 38; Gamper 1999, S. 130f., S. 142, S. 294; Hildbrand 1996, S. 163ff.; Peyer 1987, S. 85–89. Baumann 1888, S. 68. Schib 1972, S. 24; Ammann 1948, S. 31; Schib 1942, S. 9; Bächtold 1901b, S. 29f. Grütter 2005; Elsener/Weigele 2005. Biografie bei Mezger 1859 und Schib, Karl: Johann Jakob Rüger, in: SHBG 58, 1981, S. 246–251.
Uneinigkeit herrschte aber bei den Historikern über die Definition der ältesten Stadtanlage. Das Umladen bei der Furt am Rhein3 setzte einen Stapelplatz voraus, von dem man annahm, dass er am schmalen Uferstreifen liege und aus diesen topographischen Gründen nicht mit dem 1080 erstmals erwähnten Markt4 identisch sein könne. Die Urkunden liefern nur wenige Hinweise zur Anlage der frühen Stadt. Wichtigste Quelle ist die um 1120 entstandene Güterbeschreibung des Klosters Allerheiligen. Darin werden Abgaben von 112 Hofstätten erwähnt, woraus auf eine Einwohnerzahl von über 600, bzw. 1000 unter Einschluss von Mönchen und Dienstleuten, ge schlossen wurde.5 Neun Bierschenken und die Brotbäcker zahlen je 18 Talente, zwei Weinschenken 14 Talente, hinzu kommen Abgaben von den Marktbänken, vom Schiffs- und Fahrverkehr. Genannt werden schliesslich die Münze und die beiden Klostermühlen, die rheinabwärts unmittelbar vor der Stadt im Gebiet des Mühlenquartiers lagen.6 1145 erscheint das naulum, die Abgabe von den anlegenden Schiffen.7 Aus der Schilderung des Überfalls des jungen Konrad von Zähringen auf Schaffhausen im Jahr 1120 leitete man eine damals vorhandene Stadtmauer ab.8 So setzte sich die Darstellung der frühen Stadtanlage zusammen aus zeitgenössischen Quellenfragmenten, Rückschlüssen aus jüngeren Urkunden und Interpretationen erster Bildquellen zur Stadtanlage, die nicht weiter als bis in die Mitte des 16. Jahrhunderts zurückreichen.9 Johann Jakob Rüeger, Pfarrer am Münster (Abb. 2),10 ging in seiner 1606 fertiggestellten und 1884–1910 von Carl August Bächtold edierten «Chronik der Stadt und Landschaft Schaffhausen» davon aus, dass «Schaffhusen» um 1100 noch kein stat, sonder nur ein dorf gewesen. Es hätte aus zwei umfangreichen Teilen bestanden: Einem Unterdorf im Gebiet Salzhof/Fischerhäu15
Abb. 2 s Der Schaffhauser Chronist Johann Jakob Rüeger (1548–1606) im Alter von 51 Jahren. Abb. 3 s w Hans Wilhelm Harder (1810–1872), Historiker und Pionier der Bauforschung in Schaffhausen.
16
sern beim Stapelplatz und hinuss biss zu dem bruderhöfli. Das Oberdorf hätte oberhalb der Kirche St. Johann um die Märkte gelegen und hätte sich von der oberen Vordergasse bis zur Oberstadt und in die Vorstadt hinaus erstreckt, über den nüwen turn hinuss biss an den Hornberg. Zwischen beiden Dorfteilen lag schliesslich unverrückbar das Kloster Allerheiligen mit seinen lustigen boumgarten und matten.11 Weiter ging Rüeger davon aus, dass Sant Johans kilchen im dorf gelegen sei, und nit lang nach der stiftung des closters… sige gebuwen worden.12 Seine Meinung teilten auch alle späteren Forscher. Erst die Ausgrabungen der späteren 1980er-Jahre machten deutlich, dass die Leutkirche St. Johann älter sein muss als das 1049 gegründete Kloster Allerheiligen.13 Mit dem nach der Mitte des 19. Jahrhunderts neu erwachten Interesse für die Lokalgeschichte nahm sich Hans Wilhelm Harder (1810–1872), Stadtweibel und späterer Gefängnisdirektor, in seinen «Wanderungen durch das alte Schaffhausen» erneut dieses Themas an (Abb. 3). Er vertrat die neue Auffassung, dass der älteste Stadtkern ein langgestrecktes Rechteck beidseits von Vordergasse und Oberstadt gewesen sei, sich also vom Gerberbach bis zum Obertor erstreckt hätte.14 Carl August Bächtold (1838–1921), Pfarrer an der Steigkirche und Herausgeber der Rüeger-Chronik, kam 1901 zur Überzeugung, dass dieses Rechteck nochmals zu verkleinern sei und sich im Wesentlichen auf die Häuser beidseits der Vordergasse mit dem Marktplatz vor der Kirche St.
Johann beschränke.15 Bächtolds Auffassung haben sich 1942 Karl Schib und 1951 auch Reinhard Frauenfelder angeschlossen. Ihre Vorstellung der frühen Stadtentwicklung war in der Folge bis ins späte 20. Jahrhundert gültig (Abb. 4).16 Schib untermauerte diese These erstmals mit baugeschichtlichen Argumenten in Form von romanischem Mauerwerk im Fischgratverband, dem so genannten opus spicatum.17 Er ging zudem wie andere davon aus, dass die zum Teil noch erhaltenen und in den Quellen auch immer wieder genannten Wohntürme einmal «an der Peripherie der Stadt lagen und ins städtische Verteidigungssystem eingereiht» gewesen seien.18 Den heute im Stadtzentrum am Fronwagplatz gelegenen «Turm am Ort» bezeichnete er als den «bestbezeugten Markstein des ältesten Stadtkerns»,19 weil er nach den verschiedenen Stadtentwicklungstheorien zur Stadtanlage des späteren 11. Jahrhunderts entweder deren Südende bildete (Rüeger), oder ein Teil der Nordmauer (Harder), die nordwestliche Ecke (Bächtold und Schib) oder schliesslich ein Teil der Ostmauer (Werner) war. Grundlage all dieser Deutungen des «Turms am Ort» ist Rüegers Aussage: In diesem turn hat ein statlich und rittermessig geschlecht gwonet, ... die am Ort sind gnamset worden, zu latin in Foro oder in Fine und das in uralten briefen.20 Alle späteren Autoren übernahmen hier unkritisch die Gleichsetzung der beiden unabhängig voneinander genannten Geschlechter in Foro, am Markt und in Fine, was Ecke oder Ende meint.21
Im jüngeren Grundzinsrodel des Klosters Allerheiligen von 1299 werden erstmals sechs Wohntürme als turris genannt; sie alle sind nicht im Besitz derer in Foro oder in Fine, sondern in den Händen anderer Familien. Der «Turm am Ort» wird 1352 erstmals erwähnt und lässt sich nun baugeschichtlich in die 2. Hälfte des 13. Jahrhunderts datieren (1.189).22 In allen Theorien zur Ausdehnung der frühen Stadt bildet unverrückbar der Gerberbach die östliche Stadtgrenze. Dies auf Grund der Nennung der Unterstadt im Zinsrodel von 1253 als infra civitatem und des Osttors inri halp dume tori. Letzteres setzte wiederum Rüeger mit einem 1594 abgebrochenen Torbogen beim Haus «Zur Platte», Vordergasse 2, gleich, den er als Rest des einstigen Stadttors betrachtete. Es handelt sich aber um einen einfachen, innerstädtischen Torbogen, der gegenüber, am Ende der Brunnengasse, ein Pendant besessen hat, das zur gleichen Zeit entfernt wurde (1.110; 1.209).23 Deshalb war die Unterstadt zum 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21
22 23 24 25 26 27 28 29 30 31 32 33 34
Rüeger 1884, S. 336f. Rüeger 1884, S. 303f. Bänteli 1999a, S. 49; Bänteli 1990, S. 21. Harder 1869; Biographie bei Schib, Karl: Hans Wilhelm Harder, in: SHBG 33, 1956, S. 317–325; Grütter 2005, S. 13–17. Bächtold 1901b, S. 31; Biographie bei Schib, Karl: Carl August Bächtold, in: SHBG 34, 1957, S. 157– 162. Schib 1942, S. 10–11. Auch Frauenfelder 1951, S. 19–23, bes. S. 20 mit Anm. 1; Schib 1972, S. 24–25, S. 73. Schib 1942, S. 13; siehe auch unten S. 82. Schib 1942, S. 12; Schib 1945, S. 48; Schib 1972, S. 69. Schib 1972, S. 25. Rüeger 1884, S. 57. STASH UR 1/120, 1253: Heinrich, Rudolfi und Wezilonis In Foro besitzen je ein Haus, Burchardi in Fine Domus und due aree; Eberhardi in Fine ein weiteres Haus; STASH UR 1/149 von 1261: Ebirhard und Hainrich in Foro, in Fine Hermann, Burchart miles, petrus filius suus, letztere dann 1277 militis, dicti an dem Orth, Rüeger 1884, S. 57, Anm. 1. Schon Bächtold 1901b, S. 31 vermutete, dass der Turm «erst später entstanden sein kann». Rüeger 1884, S. 338 mit Anm. 7; Schib 1942, S. 10. STASH UR 1/120; UR 1/276. Rüeger 1884, S. 339–353; zum Gassenkehr auch Schmuki 1988, S. 472–475; siehe auch oben, S. 8) und Häuserdatenbank. Rüeger 1884, S. 338–339. Harder 1869, S. 4. Bäschlin 1878, S. 155–161. Rahn 1889, S. 173–176. Bächtold 1901b. Ammann 1948. Schib 1942, S. 11–20; Schib 1945, S. 49–55; Schib 1972, S. 68–79 mit Plan S. 73. Frauenfelder 1951, S. 22–23 mit Plan Abb. 14. Zusammengestellt bei Frauenfelder 1951, S. 11–19. Zu den beiden ältesten Stadtansichten von 1548 und 1550 Frauenfelder 1942, S. 128–137. Neu auch Elsener/Weigele 2005 und Grütter 2005.
grössten Teil auch keine Vorstadt, sondern sie reichte von Anfang an bis auf die Höhe des Läufergässchens, wo das erste Osttor gelegen haben muss (1.240). Zur Entstehung der jüngeren Stadterweiterungen gleichen sich die Meinungen der Forscher an, weil sie sich mit zunehmend besserer Quellenlage ein deutlicheres Bild machen konnten. Ihre Überlegungen basieren wiederum auf den beiden Zinsrodeln von 1253 und 1299.24 Darin wird der jährliche Grundzins von Häusern und Hofstätten aufgelistet, der von den Hausbesitzern ans Kloster Allerheiligen zu bezahlen war. Die Aufzählung folgt einem bestimmten Rundgang, dem bereits erwähnten Gassenkehr durch die Stadt, der ausgehend vom Kloster innerhalb und ausserhalb der Ringmauern verlief.25 So kommen die Vorstadt und die Unterstadt hinzu, 1253 vico textorum und infra civitatem und die Neustadt, 1299 in nova civitate, während die äussere Vorstadt erstmals 1365 erwähnt wird.26 Auch Harder kam zum Schluss, dass die Stadt in der Mitte des 14. Jahrhunderts die volle Grösse erreicht hatte.27 Auf diesen Grundlagen basieren die Zusammenfassungen des Forschungsstandes von Johann Heinrich Bäschlin (1878),28 Rudolf Rahn (1889) 29 und Carl August Bächtold (1901).30 Später haben Hektor Ammann (1948),31 Karl Schib (1942, 1945 und 1972)32 und Reinhard Frauenfelder (1951)33 diese Darstellungen in den wesentlichen Zügen übernommen. Bildliche Darstellungen schliesslich stehen erst ab Mitte des 16. Jahrhunderts zur Verfügung.34
Abb. 4 Die Stadtentwicklung Schaffhausens, dargestellt nach Bächtold/Schib/ Frauenfelder durch Karl Schib, Stand 1972, noch ohne Stadtarchäologie und Bauforschung.
17
Der lange Weg zur Stadtarchäologie
Abb. 6 s «Grosser Engel», Fronwagplatz 22. Blick durch die Baulücke des 1956 abgebrochenen Hauses gegen das Stadthaus. Abb. 7 ss EPA 1, Etappe 1977 (1.095). «Orgelpfeife», «Palmbaum» und «Löwengrube» sind als damaliger Fortschritt der Altstadterhaltung noch als Fassade erhalten geblieben. Heute lässt sich sagen, dass die ältesten Fenstergewände bis ins 14. Jh. zurückreichen. Abb. 5 s w Aufnahmeskizze der sogenannten Krypta (1.134) vor der Zuschüttung 1857 von Hans Wilhelm Harder. Vgl. die daraus resultierende Rekonstruktion Abb. 691.
18
Aus den 1850er- und 1860er-Jahren, aus der Zeit auch der grossen Entfestigung der Stadt sind Hans Wilhelm Harders Skizzenbücher erhalten, die er als Grundlage für seine Zeichnungen verwendete.35 Mit seinen zum Teil detaillierten und mit Massen versehenen Skizzen von Türen, Fenstern, Säulen, Gebäudeteilen, ganzen Bauten und anderem kann er als eigentlicher Pionier der Bauforschung bezeichnet werden (Abb. 5). Vieles, das heute nicht mehr vorhanden ist, lässt sich so noch einordnen und datieren (1.133; 1.134; 1.196; 1.219; 1.228).36 Leider fand Harders Dokumentationstätigkeit, abgesehen von den Arbeiten Karl Sulzbergers im Kloster Allerheiligen, keine Nachfolger. 1918 erschien der Band des Kantons Schaffhausen in der Reihe «Das Bürgerhaus der Schweiz». Die grossen Schäden an den am 1. April 1944 bombardierten Altstadthäusern (1.059; 1.152; 1.188; 1.199; 1.200; Abb. 204 mit 1.219 und Beilage 3,) führten dazu, dass 1946 eine erweiterte Neuauflage des «Bürgerhauses» gedruckt wurde.37 1951 erschien in der Reihe «Die Kunstdenkmäler der Schweiz» der Band über die Stadt Schaffhausen des Kunsthistorikers und
Staatsarchivars Reinhard Frauenfelder. Ungeachtet dieser Veröffentlichungen folgten bis weit in die 1970er-Jahre massive Abbrüche von Altstadthäusern, die zum Standard der Altstadtsanierung durch Neubauten wurden (Abb. 6 und 7). Dies verursachte weitaus grössere Schäden an der Bausubstanz der Altstadt als die Bombardierung von 1944 (1.067; 1.095; 1.116; 1.124; 1.130; 1.138; 1.212; 1.221 und Beilage 3).38 Weder die Hausabbrüche noch die dazugehörenden Aushubarbeiten in der Altstadt wurden baugeschichtlich oder archäologisch begleitet. Niemand fühlte sich dafür zuständig, obwohl die Historiker schon sehr früh erkannten, dass Bodenoder Maueruntersuchungen hätten gemacht werden sollen. So beispielsweise anlässlich der Erstellung der Gasbeleuchtung ab 1860, der Wasserversorgung ab 1883 sowie der Kanalisation ab 1900.39 Einzig im Kloster Allerheiligen setzte bereits ab 1921 die archäologische Erforschung des Bodens und der Gebäude durch den ersten Museumsdirektor Karl Sulzberger ein, der in Personalunion Vorsteher des Amtes für Vorgeschichte war (Abb. 8). In den 1950er-Jahren kam die Ausgrabung des Münsters durch den Zürcher Archäologen Walter Drack hinzu und Anfang der 1970er-Jahre mit dem Münsterturm die erste rich-
tige Bauuntersuchung durch den Mittelalter archäologen Hans Rudolf Sennhauser aus Zur zach.40 Im restlichen Stadtgebiet wurden zufällige Beobachtungen rudimentär notiert oder aufgelesene Fundgegenstände ins Museum zu Allerheiligen gebracht. Walter Ulrich Guyan, Direktor des Museums, führte in den 1960er-Jahren im Bereich der Mittelalterarchäologie die Ausgrabungen im Kreuzgang des Klosters Allerheiligen und die Wüstungsgrabungen nördlich der Stadt in Berslingen und Mogern durch (Abb. 9; 1.050; 1.070). Nach Guyans Rücktritt 1972 verwaiste das im Museum angesiedelte Amt für Vorgeschichte und damit die archäologische Betreuung des Kantons Schaffhausen. Von 1974 bis 1985 wurde die Leitung des Amtes dem thurgauischen Kantonsarchäologen Jost Bürgi übertragen.41 In diese Zeit fällt auch die eigentliche Geburtsstunde einer systematisch arbeitenden Stadtarchäologie, die als explizit eigene Aufgabe in Schaffhausen inexistent ist. Ihre Tätigkeit ist Teil des Grundauftrags des Amts für Vorgeschichte, der Kantonsarchäologie.42 Eine zufällige Fundmeldung löste 1982 die erste Ausgrabung in der Altstadt aus. Auf der Baustelle hinter den Häusern «Kronsberg» und «Bogen» in der Vorstadt wurde ein vermeintlicher Sodbrunnen gefunden, der sich als neuzeitlicher Sickerschacht entpuppte (1.100, S. 3). Bei der Begehung durch den Verfasser und den zufällig anwesenden Mittelalterarchäologen Jakob Obrecht wurden aber mittelalterliche Latrinen und Keramik aus dieser Zeit entdeckt, die in der Folge ausgegraben wurden (Abb. 10). Die Methode der Bauforschung steckte damals noch in den Kinderschuhen. 1983/84 arbeitete der Mittelalterarchäologe Daniel Gutscher kurzzeitig in Schaffhausen. Seine Tätigkeit übernahm in der Folge der Verfasser als Projektleiter Mittelalter der Kantonsarchäologie. Erste Objekte der Bauforschung im Kanton waren der «Winkel» in Neunkirch und Schloss Beringen, gefolgt von der Stadtkirche St. Johann in Schaffhausen (Abb. 11).43 Von 1986 bis 1990 lag 35 36 37 38 39 40 41 42
43
Abb. 8 v Kloster Allerheiligen (1.042), Ausgrabung im Höfli durch Karl Sulzberger 1921–23.
Abb. 9 s Mogern im Herblingertal (1.070), Ausgrabung des Kellers des 1528 abgebrannten Adelshofs durch Walter Ulrich Guyan 1971. Abb. 10 ss «Kronsberg»/«Bogen» (1.100), erste Ausgrabung in der Schaffhauser Altstadt von 1982, im Hintergrund zähringerzeitliche Stadtmauer.
Grütter 2005, S. 13–17 und S. 156–163. STASH, Personalia C, Hans Wilhelm Harder, Zeichnungs- und Notizbüchlein; Grütter 2005, S. 13–17. Siehe oben S. 7. Bürgi 1982. Schib 1942, S. 12; Frauenfelder 1951, S. 19 Anm. 1; Frauenfelder 1945b. Bänteli 1999a, S. 13–16. Bürgi/Bänteli/Höneisen 1984, S. 265–268. Schaffhauser Rechtsbuch 1997: 451.100 Gesetz über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Schaffhausen vom 12. Februar 1968 bes. Art. 8 und 452.001 Verordnung betreffend den Schutz der Kulturdenkmäler vom 20. September 1939. Bürgi/Bänteli/Höneisen 1984, S. 321f.; Bänteli 1988; Bänteli/Cueni/Etter/Ruckstuhl 1990.
19
die Leitung des kantonalen Amtes für Vorgeschichte in den Händen von Beatrice Ruckstuhl, ihr folgte 1991 Markus Höneisen, der das Amt in die heutige Kantonsarchäologie umwandelte. Die folgende Tabelle zeigt die verschiedenen Interventionen ab 1982 im Vergleich mit der Situation zuvor. Abb. 11 Schlüsselstelle der Bauforschung in der Stadtkirche St. Johann Anfang Dezember 1986: Südwest ecke der romanischen Kirche Bau IIa, um 1100 (1); Wandpfeiler der Arkadenwand Bau III, 1. H. 12. Jh. (2); Fundamentmauerwerk der nach dem Stadtbrand von 1372 um 2,7 m höher gelegten gotischen Kirche Bau IV, Ende 14. Jh. (3); Anbau der äusseren Seitenschiffe Bau VI, 1515/1517 (4).
4 3 3
1
2
3
Seit dieser zufälligen Geburtsstunde der Stadtarchäologie ab 1982 wurden die meisten Aushubund Werkleitungssanierungen im Altstadtbereich systematisch begleitet und dokumentiert; Untersuchungen in den Aussenquartieren wurden nur punktuell durchgeführt. Das gleiche gilt für die parallel dazu entstandene Bauforschung, d.h. Bauuntersuchungen im Rahmen von Hausumbauten und -restaurierungen. Dies allerdings mit der wichtigen Einschränkung, dass aus ökonomischen und personellen Gründen Häuser, die offenkundig ab dem späten 16. Jahrhundert neu erbaut worden sind, während des Bauprozesses nur sporadisch begangen, aber nicht weiter untersucht wurden. An diesen Objekten war jeweils ausschliesslich die Kantonale Denkmalpflege beteiligt. Die stadtarchäologische Tätigkeit lag zum grössten Teil in den Händen des Verfassers in einem 80 %-Pensum, oft allein, bei grösseren Projekten mit ad hoc zusammengestellten Grabungstrupps (Abb. 12). Für die temporären Mitarbeiter stellvertretend genannt seien die lang jährigen Begleiter Ruth Harder, Marlise Wunderli, Martin Mühlethaler, Richard Meier, Gishan Schaeren und Andreas Vogelsanger. Aus dem Team der Kantonsarchäologie langjährig beteiligt waren vor allem Katharina Bürgin als Zeichnerin und Gestalterin und Daniel Gerbothé als Stellvertreter, temporärer Grabungsleiter und Fundverwalter.
Archäologische Interventionen in der mittelalterlichen Altstadt Schaffhausen und dem übrigen Stadtgebiet Institution und Zeitspanne
Amt für Vorgeschichte = Museum zu Allerheiligen 1921–1975 Amt für Vorgeschichte = Kanton 1976–1981
Bodenarchäologie Gebäudearchäologie (ungefähre Anzahl, Mehrfachnennungen (ungefähre Anzahl, Mehrfachnennungen pro Fundstelle möglich) pro Fundstelle möglich) umfangreiche Bauuntersuchung
Baubegleitung mit Untersuchung von Teilbereichen
umfangreiche Flächengrabung
Baubegleitung mit schriftliche Untersuchung von Aufzeichnungen und Einzelfunde Teilbereichen
(Münsterturm: extern durch Hans Rudolf Sennhauser) –
–
5 (Münster: extern durch Walter Drack)
17
28
–
–
5
1
5
2
17
–
17 8 14 10 1 (20 Fassaden optisch) nicht mehr Bestandteil dieser Publikation
5 2 2 4 –
21 17 26 26 2
– – – – –
2 systematische Stadtarchäologie durch Kanton 1982–1987 1988–1993 1994–1999 2000–2005 2006–2011 2012–2013 (2014/15) ab 2014
20
5 3 5 2 3
Die Aufgabe erforderte eine dauernde Präsenz auf den Baustellen in den Aushubphasen im Tiefbau und während der Abbruch- und Ausräumphasen im Hochbau (Abb. 13 und 14). Es war mir immer ein Anliegen, die Ausgrabungen und Bauuntersuchungen baubegleitend, in Diskussion mit Bauherrschaft und Unternehmern durchzuführen, Termine einzuhalten und eine Balance zu finden zwischen Nutzen und Aufwand. Dementsprechend wurde die Untersuchungstiefe, die Grabungs- und Dokumentationsmethodik ständig dem Baufortschritt und dem jeweiligen Objekt angepasst und je nach Möglichkeit alle Werkzeuge eingesetzt, vom Pinsel bis zur Zungenkelle, über Schaufel und Pickel, Maurer- oder Bohrhammer bis hin zu Baggern aller Grössen. Selten wurden bei Verpflichtungen auf anderen Baustellen im Kanton Untersuchungen aus personellen Gründen verunmöglicht. Insgesamt wurde sicher nicht das Maximum erreicht, aber ein sehr gutes Optimum gefunden.
Abb. 12 r Grabungsteam der Kirche St. Johann im eiskalten Dezember 1986; von links nach rechts: Martin Mühlethaler, Beat Künzler, Daniele Bünzli, Werner Knöpfel, Fritz Suligoi, Lukas Baumann, Richard Meier, Marlise Wunderli und Walter Fasnacht.
Schliesslich wurde der Verwaltungsaufwand minimal gehalten; drei, vier Sätze in den Baubewilligungen haben immer genügt. Nicht zu unterschätzender Vorteil war der Wohn- und Arbeitsort des Verfassers in der Stadt Schaffhausen. Nur die ständige Präsenz vor Ort machte viele zufällige Beobachtungen erst möglich bei Arbeiten, die gar nie in den Verwaltungsapparat eingeflossen sind, der im Laufe dieser Jahrzehnte immer grösser, umständlicher und unflexibler geworden ist.
1
Abb. 13 r Unterstadt-Ost (1.240). Trotz der grossflächigen Spriessung des über 3 m tiefen Kanalisationsgrabens in der Unterstadt führte die intensive archäologische Überwachung der Grabarbeiten zu vielen neuen Erkenntnissen in einem der ältesten Quartiere der Stadt.
Abb. 14 v Blick aus dem ehemaligen Kino «Buchsbaum» (1.152) auf die pultdachbedeckten Gebäude des Spitals zum Heiligen Geist aus dem 14. Jh., die mit dem Neubau des zuhinterst stehenden Eckhauses «Harmonie» (1) von 1870/71 stark umgebaut wurden; vgl. Abb. 111.
21
Rheinufer
Strassen M
22
Strassen u um 1050 um 1050 um 1200
Mitte 13. J östliche U Rheinbrüc
25 15
Ende 13. J Neustadt Erweiteru
19
Mitte 14. J Neuturm,
3 10
8
16
11
1443 - 144
Klöster / K
7
12 9
Rheinufer um 1000
13 14
Strassen Mitte 11. Jh.
22
20
21
Strassen um 1200/1250
18
um 1050 nellenburgischer Wall um 1050 Stadt- und Klostermauer um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer und innere Vorstadt
17
15 19
24
Mitte 13. Jh., äussere Vorstadt östliche Unterstadt mit Schwarztor, Rheinbrücke und Feuerthalen Ende 13. Jh. Neustadt mit Mühlentor und Mühlen Erweiterung St. Agnes
23
Mitte 14. Jh. Neuturm, Annot (Munot), Vorstädte
8
16
1443 - 1445 äusserer Graben Klöster / Kirchen / Spital bis 1524/29
7
12 9
Rheinufer um 1000
13 14
Strassen Mitte 11. Jh.
21
Strassen um 1200/1250
18
um 1050 nellenburgischer Wall um 1050 Stadt- und Klostermauer um 1200 zähringerzeitliche Stadtmauer und innere Vorstadt
17
Mitte 13. Jh., äussere Vorstadt östliche Unterstadt mit Schwarztor, Rheinbrücke und Feuerthalen Ende 13. Jh. Neustadt mit Mühlentor und Mühlen Erweiterung St. Agnes
23 Abb. 15 Übersicht der Stadtentwicklung Schaffhausens vom 11. bis 15. Jahrhundert mit Eintragung der Befestigungsringe und der im Text genannten Orte.
13 14
22
21
Mitte 14. Jh. Neuturm, Annot (Munot), Vorstädte 1443 - 1445 äusserer Graben Klöster / Kirchen / Spital bis 1524/29 1 2 3 4 5 6 7 8 9
Stadtkirche St. Johann um 1000 Schifflände Nellenburger Wall beim Rüden um 1050 Stadtmauern Quaistrasse um 1050/1200 Markt, Lauben Benediktinerkloster Allerheiligen 1049 Vorgängeranlage Kloster St. Agnes, vor 1080 (?) und ehemalige Schellengasse Benediktinerinnenkloster St. Agnes um 1090 Fischmarkt und niedere Trinkstube 1343, Rathaus
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Stadtkirche St. Johann um 1000 Schifflände Nellenburger Wall beim Rüden um 1050 Stadtmauern Quaistrasse um 1050/1200 Markt, Lauben Benediktinerkloster Allerheiligen 1049 Vorgängeranlage Kloster St. Agnes, vor 1080 (?) und ehemalige Schellengasse Benediktinerinnenkloster St. Agnes um 1090 Fischmarkt und niedere Trinkstube 1343, Rathaus Obertor und Stadtburg 11./12. Jh. Armenspital mit Kirche 13. Jh. Turm am Ort mit Vorgängerbebauung 12. bis 1. Hälfte 14. Jh. Haus zum Pelikan 1208 Salzhof Mitte 13. Jh. / 1529/30 Engelbrechtstor und Haus zum Grütli um 1200/1268 Barfüsserkloster um 1250 Kalksteinbruch und Kalköfen 11. Jh. bis 1372 Sandgrube 11. / 12. Jh. / Bau der österr. Herzöge 1405/06 Schwestern zum heiligen Kreuz 2. Hälfte 14. Jh. Marienkapelle und Seelhaus 1480 Schwarztor Neuturm (Schwabentor) Kolbentor Mühlentor und Mühlenquartier Bollwerk 1445
1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
Stadtkirch Schiffländ Nellenbur Stadtmau Markt, Lau Benedikti Vorgänge vor 1080 ( Benedikti Fischmark Obertor u Armenspi Turm am 12. bis 1. H Haus zum Salzhof M Engelbrec Barfüsserk Kalksteinb Sandgrub Schweste Marienka Schwarzto Neuturm Kolbentor Mühlento Bollwerk 1