Schaffhauser Silex-Vorkommen und Nutzung
Beiträge zur Schaffhauser Archäologie 5
Kurt Altorfer Jehanne Affolter
Beiträge zur Schaffhauser Archäologie 5
Kurt Altorfer Jehanne Affolter Schaffhauser Silex-Vorkommen und Nutzung Wirtschaftsarchäologische Untersuchungen an den Silices der jungneolithischen Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi
Mit einem Beitrag von David Brönnimann und Philippe Rentzel
Beiträge zur Schaffhauser Archäologie 5
Beiträge zur Schaffhauser Archäologie 5 Schaffhausen 2011
Die Publikation haben durch Beiträge ermöglicht: Kanton Schaffhausen Pro Iuliomago-Gesellschaft für Archäologie im Kanton Schaffhausen H. W. Impressum: Redaktion: Markus Höneisen Gestaltung: Katharina Bürgin Fundzeichnungen und Lebensbilder: Ruth Baur; Tafelmontage: Monika Krucker Druck: Unionsdruckerei AG, Schaffhausen © 2011 Baudepartement des Kantons Schaffhausen, Kantonsarchäologie ISBN 978-3-9523689-3-0
Inhaltsverzeichnis
Vorwort und Dank
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1 Einleitung (Kurt Altorfer) 1.1 Problemstellung 1.2 Themenabgrenzung 1.3 Forschungsstand 1.4 Methodischer Ansatz
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2 Die jungneolithischen Stationen des Reiat (Kurt Altorfer) 2.1 Naturräumliche Voraussetzungen 2.2 Die untersuchten Stationen 2.2.1 Büttenhardt-Zelg 2.2.2 Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 2.2.3 Lohn-Setzi 2.3 Datierung der Fundstellen
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3 Petrographische Charakterisierung der Silex-Rohstoffe (Jehanne Affolter) 3.1 Forschungsstand und Analysemethoden 3.2 Regionale geologische Verhältnisse 3.3 Grundzüge der Sedimentologie 3.4 Der Silex: Bildung, Eigenschaften und Untersuchungsmethoden 3.5 Sedimentpetrografie der regional vorhandenen Silexrohstoffe 3.6 Geographische Verhältnisse der Rohstoff aufschlüsse — einst und heute 3.7 Fazit
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9 9 9 12 25 27 31 31 31 33 38 46 51 52
4 Technologie und Typologie der Silexartefakte (Kurt Altorfer) 4.1 Grundsätzliches 4.2 Analyse der Grundformen 4.3 Analyse der Werkzeuge 4.4 Schlussfolgerungen und Perspektiven
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5 Übrige Funde (Kurt Altorfer) 5.1 Keramik 5.2 Felsgesteinartefakte 5.3 Varia
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6 6.1 6.2 6.3
Rohstoffanalysen (Kurt Altorfer und Jehanne Affolter) Forschungsstrategie und Zielsetzungen Präsentation der untersuchten Inventare Ergebnisse
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95 7 Kulturhistorische Interpretation (Kurt Altorfer) 7.1 Vorbemerkungen 95 7.2 Die Region Schaffhausen im älteren Jungneolithikum 95 7.3 Überlegungen zu den Rechts- und Besitzverhält nissen an den Schaffhauser Hornsteinvorkommen 97 7.4 Zur Frage der Funktion der Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen) Grüthalde und Lohn-Setzi 99 7.5 Regionale und überregionale Austauschsysteme 103 7.6 Fördermengen, Produktionsumfang und Rohstofftransfer 107 7.7 Bemerkungen zur Kalksteinschmuck-Produktion im älteren Jungneolithikum 113 Zusammenfassung/Résumé/Summary
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120 Anhang Grundformdefinitionen 120 Fundstellenliste 121 Anmerkungen 125 Abbildungsnachweis 132 Abkürzungen 133 Literatur 134 Katalog und Fundtafeln 139 Katalog 139 Fundtafeln 144
Wir widmen diesen Band Horst Worm (rechts im Bild neben dem Kantonsarchäologen Markus Höneisen), dem Entdecker von Büttenhardt-Zelg und unermüdlichen Erforscher der Archäologie im Kanton Schaffhausen.
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Vorwort und Dank
In den 1970er Jahren entdeckte der unermüdliche ehrenamtliche Mitarbeiter Horst Worm bei Büttenhardt-Zelg eine neolithische Fundstelle, die ihn nicht mehr los liess. In den kommenden Jahren sammelte er Tausende von Artefakten, die er auf einer Fläche von gegen 8 Hektaren fand. Schon bald wurde ihm klar, dass es sich hierbei nicht um ein Siedlungsinventar handeln kann, eher wohl um die Reste eines ausgedehnten Abbau- und Verarbeitungsplatzes. Wie so vieles, meldete er auch diese Funde dem damals zuständigen Amt für Vorgeschichte. Die wissenschaftliche Bearbeitung liess allerdings noch längere Zeit auf sich warten. Den Anstoss hierzu gab wiederum Horst Worm, indem er erneut auf die Funde aufmerksam machte und interessante Fragen aufwarf. Kurt Altorfer übernahm dann verdankenswerterweise die Auswertung des riesigen Fundmaterials. Es war nahe liegend, die beiden vergleichbaren und auch schon länger bekannten Bestände von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi in die Bearbeitung einzubeziehen, zumal die beiden Fundstellen auf eine ähnliche Zeitstellung hindeuteten. Klar war von Anfang an, dass die Auswertung auch Fragen betreffend der lokalen Rohstoffvorkommen, der Silexgewinnung, der Verarbeitungstechnologie und des Rohstofftransfers beantworten sollte. Voraussetzungen hierzu waren die Analyse der natürlichen Rohstoffaufschlüsse, wie auch die genaue mikroskopische Ansprache der Artefakte. Beides wurde von der Geologin Jehanne Affolter übernommen. Die vorliegende Publikation befasst sich somit erstmals umfassend mit den Schaffhauser Silex-Vorkommen und deren Nutzung. Die untersuchten Fundstellen geben uns Einblick in spannende wirtschaftsarchäologische Zusammenhänge. 6000 Jahre vor der Industrialisierung lagen offenbar im Reiat Werkplätze, wo Silex abgebaut und lokal verarbeitet wurde. Die Produkte gelangten auch in den Bodenseeraum.
gert Elburg, Jürgen Hald und Urs Leuzinger. Für Rohstoff analysen an Silices aus dem Bodenseegebiet bedanken wir uns bei den Leihgebern: Pfahlbaumuseum Unteruhldingen (Günter Schöbel, Peter Walter), LDA Baden-Württemberg (Aussenstelle Hemmenhofen), Amt für Archäologie des Kantons Thurgau (Albin Hasenfratz), Heinz Hertlein (Singen), Gerhard Dannegger (Jestetten), Klaus Kiefer (UhldingenMühlhofen) und Herbert Giess (Dingelsdorf). Bildmaterial verdanken wir Ulrich Eberli (Museum für Urgeschichte, Zug), Bruno Valcke und Helga Zapf. Das Fachlektorat besorgten Peter Kelterborn, Marjorie de Grooth und Katharina von Salis. Dank gebührt auch den Gestaltern der vorliegenden Publikation: Katharina Bürgin (Layout), Ruth Baur (Zeichnungen und Lebensbilder) und Monika Krucker (Fundtafeln) sowie der Unionsdruckerei Schaffhausen für die sorgfältige Drucklegung. Für die finanzielle Unterstützung möchte ich mich beim Regierungsrat des Kantons Schaffhausen, bei der Gesellschaft Pro Iuliomago und bei H.W. ganz herzlich bedanken. Silex – der Bodenschatz aus dem Kanton Schaffhausen: Ich wünsche eine spannende Lektüre!
Markus Höneisen Kantonsarchäologe
Ich möchte es nicht versäumen, allen Mitwirkenden für ihre Arbeit und Unterstützung herzlich zu danken. An erster Stelle der treibenden Kraft: Horst Worm. Er darf die Entdeckung der frühen Industrialisierung unseres Kantons für sich in Anspruch nehmen! Für die sorgfältigen Recherchen danke ich den Autoren: Kurt Altorfer (Projektleiter), Jehanne Affolter, David Brönnimann und Philippe Rentzel. Zahlreiche Fachkollegen steuerten wertvolle Informationen bei: Helmut Schlichtherle, Bodo Dickmann, Jutta Hoffstadt, Irenäus Matuschik, Marion Heumüller, Renata Huber, Patrick Nagy, Ren5
1 Einleitung 1.1 Problemstellung Der Feuerstein (franz. «Silex») gehört zu den wichtigsten Rohstoffen in der Urgeschichte des Menschen. Seine günstigen Brucheigenschaften (Amorphismus, Isotropie, Härte, Abnutzungsresistenz u.s.w.) waren es, die ihn zum bevorzugten Ausgangsmaterial für die Herstellung scharfkantiger Instrumente machten. Die natürlichen Vorkommen von Feuerstein sind im europäischen Raum zahlreich, wenn auch von unterschiedlicher Qualität. Die qualitativ besten Lagerstätten wurden schon in prähistorischer Zeit intensiv genutzt, zunächst durch sukzessive Ausbeutung oberflächennaher Aufschlüsse, später durch die Anlage eigentlicher Bergwerke. Viele dieser urgeschichtlichen Bergbauregionen sind schon seit Jahrzehnten Gegenstand archäologischer Forschungen, weswegen unser Kenntnisstand zur bergmännischen Nutzung der Silexressourcen als sehr fortgeschritten bezeichnet werden darf. Die Lückenhaftigkeit und Komplexität der archäologischen Quellen bringt es allerdings mit sich, dass eine Rekonstruktion der wirtschaftshistorischen Zusammenhänge nur in einer sehr eingeschränkten Weise möglich ist. Wohl lassen sich die damaligen Abbaumethoden in erstaunlicher Detailtreue nachzeichnen; die dem Abbau zugrunde liegende Struktur und Organisation der sich dahinter verbergenden, neolithischen Gesellschaft lässt sich hingegen nur schwer durch die spärlichen archäologischen Hinterlassenschaften rekonstruieren. Ungeachtet dessen eröffnet die archäologische Untersuchung der Rohstoffvorkommen ein neues Fenster in die Vergangenheit, das nicht nur für das Verständnis der prähistorischen Rohstoffnutzung, sondern für unser ganzes Bild der neolithischen Gesellschaft ganz neue Gesichtspunkte eröffnet. Auch aus dem Schaffhauser Tafeljura sind natürliche Feuerstein-Vorkommen seit längerem bekannt. Über ihre Stellung im wirtschaftlichen Gefüge der prähistorischen Siedlungslandschaft ist sozusagen nichts bekannt. Dies liegt mitunter daran, dass bis heute keine eindeutigen Abbauplätze lokalisiert und analysiert werden konnten. Etliche dieser prähistorischen Abbauspuren (Kuhlen- bzw. Pingenbauten im Bereich der silexführenden Bohnerztaschen) dürften durch den ausgedehnten spätmittelalterlichen Bohnerzabbau zerstört oder überprägt worden sein,1 weswegen die Chance, auf noch unbeeinträchtigte Spuren zu stossen, als sehr gering einzuschätzen ist. Auch im Bereich der primären Lagerstätten, also den anstehenden malmzeitlichen Kalkschichten, gestaltet sich die Suche nach allfälligen Abbauspuren als schwierig. Dort sind die unscheinbaren Abbauspuren durch natürliche Verwitterung und kolluviale Schuttfächer derart stark überprägt, dass der Nachweis einer Abbaustelle nur durch einen ausserordentlichen Glücksfall gelingen kann. Ähnlich bescheiden ist auch der Kenntnisstand zum Kreis der prähistorischen Rohstoffnutzer, da bis heute erst wenige Siedlungsinventare2 aus der näheren Umgebung durch mikrofazielle Analysen untersucht worden sind. Dieser auf beiden Ebenen noch ungenügende Forschungsstand erschwerte es bis heute, ein in sich kohärentes Bild von Rohstoffabbau und -nutzung im Schaffhauser Tafeljura zu entwerfen. 6
Im frühen und im ausgehenden 20. Jahrhundert wurden im nordöstlichen Teil des Kantons Schaffhausen drei Freilandstationen durch Feldbegehungen und punktuelle Sondagen entdeckt und erforscht, die für die Frage der wirtschaftlichen Bedeutung der Schaffhauser Silexvorkommen von zentraler Bedeutung sind. Es handelt sich um Fundstellen, die aufgrund der dort geborgenen Silices als Werkplätze zu bezeichnen sind, wofür die Zehntausenden von Silexkernen, Abschlägen, Klingen, Lamellen und Werkzeug-Halbfabrikaten nur allzu deutlich Zeugnis ablegen. Das Besondere und Ungewöhnliche an diesen Fundstellen ist die typologische und technologische Einheitlichkeit der gefundenen Silexabfälle. Dies spricht dafür, dass die Werkplätze nur für eine vergleichsweise kurze Phase der Urgeschichte – vielleicht einige Jahrzehnte oder Jahrhunderte – genutzt wurden. Daher unterscheiden sie sich in wesentlichen Punkten von gleichartigen Stationen in den grossen, durch jahrtausendelangen Silexabbau geprägten Abbaurevieren. Dort haben immer wiederkehrende Eingriffe in den Boden und ständig hinzugekommene Schlagabfälle die Merkmale der jeweiligen Ateliers unwiederbringlich verwischt. Ganz anders zeichnen die nur über wenige Jahrzehnte oder Jahrhunderte genutzten Schaffhauser Werkplätze ein ungeahnt detailliertes Bild der handwerklichen Prozesse in einer jungneolithischen Silexwerkstatt. Gerade die hier vorliegende Situation dreier nahe beieinander liegender, ungefähr gleich alter Werkplätze ist als besonders Erfolg versprechend einzuschätzen, bietet sich doch die günstige Gelegenheit, die Inventare der jeweiligen Stationen untereinander zu vergleichen, wodurch die Auswertungsergebnisse gegenseitig überprüft werden können. Die Schaffhauser Werkplätze nehmen aber nicht nur in der Lagerstättenarchäologie des frühen Jungneolithikums, sondern auch innerhalb der regionalen Siedlungsarchäologie eine bedeutende Stellung ein: Über die Rohstoffspektren der Silexartefakte aus benachbarten Siedlungen erfassen wir jenen Kreis der neolithischen Gesellschaft, der direkt oder indirekt Nutzniesser der Schaffhauser Silexvorkommen war. Genau diese Inventare sind es auch, die uns einen Einblick in den wirtschaftlichen Stellenwert der Schaffhauser Lagerstätten ermöglichen. Besonders aufschlussreiche Erkenntnisse erbrachte die Untersuchung der Silices der Seeufersiedlung Hornstaad-Hörnle IA. Dort wurden in einer vor wenigen Jahren vorgelegten Studie3 plausible Argumente für eine (saisonale) Spezialisierung einzelner Haushalte im jungneolithischen Dorf vorgelegt. Dabei konnten Hinweise für eine besonders ausgiebig betriebene Kalksteinperlen-Produktion beigebracht werden, für die geradezu Unmengen an Silexbohrern (rund 18’900 Stück!) verbraucht wurden. Dies wiederum wirft die Frage auf, in welchem wirtschaftlichen Beziehungsgeflecht die dafür nötigen Silexrohstoffe nach Hornstaad gelangt sind? Die aus diesen Beobachtungen resultierenden Fragen sind fundamental für unser Verständnis der damaligen Wirtschafts- und Sozialstrukturen. Die vermehrten Hinweise auf eine Überproduktion bestimmter Sachgüter in den Ufersiedlungen4 und die weitreichenden Fernverbindungen, die wir über hochwertige, importierte Rohstoffe und Gegenstände5 fassen, zeigen – zusammen mit den fachmännisch ausgereiften Bergbaumethoden6 der damaligen Zeit – dass wir komplexe Wirtschaftsgefüge vor uns haben, die noch lange nicht in ihrer ganzen Bandbreite verstanden worden
sind. Die vorliegende Studie versucht, diese Aspekte für eine Kleinregion zu beleuchten, neue Fragen zu stellen und schliesslich auch eine breite Arbeitsgrundlage für weiterführende Forschungen bereit zu stellen.
1.2 Themenabgrenzung Der grosse Umfang der Silexinventare aus den Fundstellen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi sowie der enge zeitliche und finanzielle Rahmen des Projekts, setzten der wissenschaftlichen Auswertung klare Grenzen. Um dennoch die wichtigsten Eckdaten der Komplexe erfassen zu können, wurde ein abgekürztes Aufnahmeverfahren angewandt. Auf diese Weise sollten die Komplexe wenigstens in ihrer Bandbreite erfasst und typologisch charakterisiert werden, damit zumindest Grundlagen für den typologischen Vergleich mit anderen Siedlungsinventaren vorhanden sind. Leider ermöglichte der enge Projektrahmen es nicht, einige heute an sich zum Standard gehörenden Untersuchungsfelder wie beispielsweise die statistische Analyse von Schlagmerkmalen, eingehender zu bearbeiten. Durch eine intensivere Beschäftigung mit den Nuklei, einer genaueren Analyse potentieller Schlaggeräte sowie durch Replikationsversuche konnte die Thematik immerhin aus einer anderen Richtung andiskutiert werden. Der Schwerpunkt des Projekts wurde ganz klar auf die Analyse und Beschreibung der verwendeten Silexrohstoffe (Aufschlüsse, Materialeigenschaften u.s.w.) sowie auf Aspekte der regionalen Rohstoffversorgung gelegt. Im Sinne einer fundierten Arbeitsgrundlage für weiterführende Studien sollten
Informationen zur Lagerstättenkunde, zur Nutzung der Schaffhauser Hornsteine sowie zur Lokalisierung etwaiger Abbauplätze geschaffen werden. Darüber hinaus interessierte auch, welchen wirtschaftlichen und sozialen Stellenwert die Werkplätze auf der Reiat-Hochfläche gehabt haben mochten, wie die Silexrohstoffe verarbeitet und weiter gegeben worden waren und wer letztlich unmittelbar oder mittelbar von den dort gewonnenen Erzeugnissen profitiert haben könnte? Nicht zuletzt galt es auch zu klären, wer die «Betreiber» der Schlagplätze gewesen sein könnten, ob die Arbeit auf den Schlagplätzen saisonal stattfand, ob von irgendeiner Form der Arbeitsteilung auszugehen ist und welche Gründe für die spätere Aufgabe der Werkplätze verantwortlich gewesen sein könnten?
1.3 Forschungsstand Die Erforschung des älteren Jungneolithikums in der Bodensee- und Hochrheinregion wurde in den letzten Jahrzehnten vor allem durch das von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderte Langzeitprojekt «Siedlungsarchäologie im Alpenvorland» geprägt. Dank verschiedener, in den 1970er bis 1990er Jahren durchgeführter Grabungen im Bodenseegebiet und mehrerer, daraus entstandener wissenschaftlicher Arbeiten7 ist der Kenntnisstand zur Besiedlung des Bodenseegebietes am Übergang vom 5. zum 4. Jahrtausend v. Chr. aussergewöhnlich gut. Weitaus schlechter ist der Forschungsstand in der benachbarten Region Schaffhausen. Dies liegt zum einen daran, dass die meisten Funde aus der Zeit um 4000 v.Chr. aus Altgrabungen8 Abb. 1: Schaffhausen-Schweizersbild. Stimmungsbild einer Bestattungsszene unter dem markanten Abrifelsen. .
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stammen, weshalb kaum brauchbare Hintergrundinformationen bekannt sind. Zum anderen haben in den letzten Jahrzehnten kaum neuere Untersuchungen stattgefunden, weswegen bis anhin nur sehr allgemeine Aussagen zu den jungneolithischen Stationen im Raum Schaffhausen möglich waren. Besonders aufschlussreich, weil ansonsten selten belegt, sind mehrere Grabfunde aus leider unsystematischen Höhlengrabungen des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts (Abb. 1, 114+115). Diese inzwischen nach modernen anthropologischen Gesichtspunkten ausgewerteten Skelettreste9 verleiteten die Zürcher Anthropologin E. Langenegger zur Folgerung, dass die bestatteten Personen «ein gutes Sozialgefühl» und «ein komplexes Sozialgefüge» gehabt haben mussten.10 Über die in den Gräbern gefundenen Grabbeigaben einerseits, die in den 1990er Jahren vorgenommenen Radiokarbondatierungen andererseits11 lassen sich die Funde zweifelsfrei in die Zeit um 4000 v.Chr. datieren, weshalb sie für die vorliegende Studie von grossem Interesse sind. Aufschlussreiche Funde hat auch die zu Beginn des 20. Jahrhunderts entdeckte, und durch Guyan in den 1940er Jahren publizierte Station Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde geliefert. Die dort gefundenen Silices, Scherben und Knochen können als das derzeit beste Referenzmaterial für das frühe Jungneolithikum in der Hochrheinregion bezeichnet werden. Bedauerlicherweise sind sie bis heute nur auszugsweise veröffentlicht worden. Deswegen konnte die archäologische Forschung bisher auch nur in eingeschränkter Weise auf diesen wichtigen Materialbestand zurückgreifen. Wichtige Arbeiten, die sich speziell mit den Silexartefakten und –rohstoffen der Region befassten, entstanden in den 1990er Jahren im Rahmen des Schwerpunktprogramms «Siedlungsarchäologie im Alpenvorland». Neben Dieter Neubauer-Saurer (1993), welcher sich vor allem mit den früh- und mittelneolithischen Silices der Hegauregion auseinander gesetzt hat, haben insbesondere Helmut Schlichtherle (1990) und Jutta Hoffstadt (2005) in Ihren Dissertationen die dringend notwendige Vergleichsbasis für die hier zur Diskussion stehenden Schaffhauser Funde geschaffen. Leider sind über die Grenzen der Bodenseeregion hinaus kaum neuere Arbeiten zu Silexkomplexen des älteren Jungneolithikums entstanden. Eine wichtige Stellung hat in diesen Arbeiten stets die Frage nach der prähistorischen Nutzung der lokalen Silexvorkommen eingenommen. Die Rohstoffherkunft lässt sich mit den konventionellen Bestimmungsmethoden (makroskopische Beurteilung von Farbe, Kortex, Bruchflächen etc.) nur in ungenügender Weise bestimmen, zumal die Bestimmungsergebnisse meist stark von der Erfahrung des Bearbeiters, seinen Bestimmungskriterien sowie den verfügbaren Referenzhandstücken abhängt. Gerade bei den Silexrohstoffen des mittleren Jurabogens kommt erschwerend die Problematik hinzu, dass die Proben sich optisch zu ähnlich sind, als dass sie eine zuverlässige Herkunftsbestimmung zuliessen. Darüber hinaus sind sie sehr anfällig auf oberflächliche Patinierungen, wodurch zum Teil erhebliche Farbveränderungen auftreten, die eine Bestimmung zusätzlich erschweren. Sehr viel zuverlässiger ist daher die mikroskopische Analyse von Silexrohstoffen, die schon seit den 1980er Jahren praktiziert wird und heute zu recht als die derzeit zuverlässigste, 8
zerstörungsfreie Methode der Rohstoffbestimmung12 bezeichnet werden kann. Dabei werden die Silices auf ihre mikroskopische Struktur und Textur sowie die in den Proben enthaltenen Mikrofossil-Faunen untersucht, wodurch Rückschlüsse auf die Paläogeografie des Entstehungsortes möglich sind. Dies wiederum lässt häufig eine recht verlässliche Herkunftsbestimmung eines Rohstoffes zu. Durch den Vergleich der archäologischen Proben mit geologischen Proben aus primären Aufschlüssen ist die Gewähr für eine zuverlässige Zuordnung gegeben. Im Idealfall ist sogar eine kleinräumige Unterscheidung von Silexrohstoffen möglich, falls die Gesteine in unterschiedlichen Ablagerungsmilieus entstanden sind. In der Schweiz konnte in den letzten Jahren bereits eine Vielzahl von Silexkomplexen aus verschiedenen Landesteilen auf diese Weise analysiert werden. Dies zeigte das ungeheuer grosse Forschungspotential dieser Methode klar auf. Dennoch ist der Forschungsstand von Region zu Region verschieden. Aus dem westschweizerischen Raum – und dort vor allem aus den dendrodatierten, neolithischen Ufersiedlungen – liegen bereits grössere Analysenserien vor.13 Im Gegensatz dazu sind das Bodenseegebiet14 und der Raum Zürich15 bis dato erst punktuell durch Rohstoffuntersuchungen abgedeckt, so dass hier viel Nachholbedarf besteht. Ganz im Speziellen trifft dieses Analysenmanko auf die Region Schaffhausen zu. Hier hat eine kleine Stichprobe analysierter Silices aus der frühund mittelneolithischen Siedlung von Gächlingen-Gold äcker16 gezeigt, dass die lokal anstehenden Rohstoffressourcen (in diesem Fall die sogenannten Jaspisse17 aus den eozänen Bohnerztaschen) zumindest zu Beginn des Neolithikums eine grosse Bedeutung für die lokalen Siedlungsplätze gehabt haben müssen. Dieses an sich wenig überraschende Ergebnis sagt wohl wenig über die wirtschaftliche Bedeutung der Schaffhauser Rohstoffvorkommen für die angrenzenden Gebiete aus; es zeigt aber allzu deutlich, dass spätestens seit dem Frühneolithikum mit Schaffhauser Bohnerzjaspis in den angrenzenden Siedlungskammern gerechnet werden muss. Mit der mikroskopischen Analyse von Silexinventaren aus Siedlungen des älteren Jungneolithikums wird in der Hoch rheinregion archäologisch gesehen Neuland betreten. Die Untersuchungen versuchen, eine wichtige Forschungslücke zur Frage der Rohstoffversorgung und –nutzung während des älteren Jungneolithikums in der Hochrhein-/Bodenseeregion zu schliessen, was letztlich zu einem besseren Verständnis der damaligen Kommunikationsnetze führen soll.
1.4 Methodischer Ansatz Die hier vorliegende Auswertung umfasst drei grundsätzliche Themenbereiche, aufgrund derer die jungneolithische Silexnutzung in der Region Schaffhausen nachgezeichnet werden soll. Es sind dies erstens die geologischen Verhältnisse, zweitens die archäologischen Werkplätze mit den von den neolithischen Siedlern zurückgelassenen Artefakten und drittens die mikrofaziellen Analysen an ungefähr gleich alten Silexkomplexen des benachbarten Hochrhein- und Bodenseegebietes. Im ersten Themenschwerpunkt geht es darum, die wichtigsten, heute noch zugänglichen, natürlichen Rohstoffaufschlüsse zu
lokalisieren (Abb. 2), in ihren Eigenschaften bestmöglichst zu beschreiben und mit den bisher bekannten archäologischen Fundstellen der Umgebung in Beziehung zu bringen. Dabei sollen vor allem klärende Informationen hinsichtlich bestehender Fragen rund um die Gewinnung und Nutzung der lokalen Hornsteine gewonnen werden, was vor allem für die Gegenüberstellung mit dem archäologischen Fundmaterial von grossem Interesse ist. An Untersuchungsmethoden kamen das konventionelle Feldstudium und die Mikroskopie zur Anwendung. Der zweite Themenbereich umfasst das genaue Studium der archäologischen Fundstellen und eine typologische und technologische Analyse der bisher gefundenen Artefakte, wobei das Hauptaugenmerk vor allem auf der Rekonstruktion der Zerlegungsverfahren sowie auf den angestrebten Halbfabrikaten und Endprodukten liegt. Die daraus gewonnenen Erkenntnisse sollen es erlauben, die Abläufe auf den neolithischen Werkplätzen besser zu verstehen, um daraus allfällige Rückschlüsse auf etwaige wirtschaftliche Zusammenhänge zu den Nachbarsiedlungen ziehen zu können. Wichtige, für die archäologische Deutung der Schaffhauser Stationen absolut grundlegende Ergebnisse lieferte die mikroskopische Analyse an stichprobenartig ausgewählten Silexartefakten aus der Hochrhein- und Bodenseeregion, die den dritten und logistisch aufwändigsten Pfeiler dieses Auswertungsprojekts bildete. Sinn und Zweck der Analysen war der Nachweis der Schaffhauser Hornsteine in den Ufer- und Landsiedlungen des Hochrhein- und Bodenseegebietes. Auf der Basis dieser Ergebnisse sollte auch die Menge des exportierten Hornsteinmaterials grob quantifiziert werden können. Die Ergebnisse dieser drei Themenbereiche bilden zusammen die Basis einer ganzheitlichen Betrachtung, welche die wirtschaftsarchäologischen Zusammenhänge rund um den Abbau und Vertrieb der auf der Reiat-Hochfläche gewonnenen und verarbeiteten Hornsteine aufzeigen soll. Abb. 2: Die Geologin Jehanne Affolter anlässlich der geologischen Prospektion im Umland der Fundstelle Büttenhardt-Zelg.
2 Die jungneolithischen Stationen des Reiat 2.1 Naturräumliche Voraussetzungen Nordöstlich von Schaffhausen liegt eine durch das Durachtal vom Schaffhauser Randen abgetrennte und im Nordosten durch das Bibertal begrenzte Landschaft, die im Volksmund im weiteren Sinne als Reiat18 bezeichnet wird (Abb. 3). Sie ist ein stufig gegliederter Abschnitt des nordostschweizerischen Tafeljuras, der zusammen mit dem Randen, dem Klettgau und dem Wutachgebiet die sogenannte Ostabdachung des Schwarzwaldes bildet. Auf den Hochflächen des Reiat treten Ablagerungen der Trias, der Jurazeit, des Tertiärs und des Quartärs an die Oberfläche.19 Charakteristisch für die Region sind die teils mächtigen Massenkalkschichten, die den Ostteil der Weissjura-Schichtstufe bilden und die nur im Osten von den jüngeren Plattenkalken überlagert werden. Wegen einer schwachen südöstlichen Neigung des kristallinen Grundgebirges fallen diese Ablagerungen in südöstlicher Richtung in einem Winkel von ungefähr sieben Winkelgraden ein, was einer der Gründe für die starke Zergliederung der Landschaft ist. Gegen Osten hin geht sie in eine risseiszeitliche Schotterund Moränenlandschaft über, die den östlichen Kanton Schaffhausen mit dem Bodenseegebiet verbindet. Die stark ge gliederte Landschaft mit ihren teils offen zugänglichen Felsformationen ist nicht ohne Reize; und bei klarer Sicht bietet sich von den Hochflächen des Reiat eine hervorragende Aussicht bis in den voralpinen Bereich oder zu den Vulkankegeln des benachbarten Hegau. Wegen seiner generellen Wasserarmut und der eher windgepeitschten, kargen Landschaft mit den mässig ertragreichen Böden ist der Reiat seit jeher dünn besiedelt gewesen. Natürliche Quellaustritte bilden auf den Hochflächen die Ausnahme und nicht selten reicht der anstehende Massenkalk bis nahe an die Oberfläche, was die landwirtschaftliche Ertragfähigkeit der Böden stark einschränkt. Es erstaunt deshalb wenig, dass archäologische Fundstellen im Vergleich zu den fruchtbaren Schotterebenen der umliegenden Landschaften (Klettgau, Hegau) auffallend selten sind. Eine spürbare Zunahme der Siedlungsaktivitäten ist erst ab dem Früh- und Hochmittelalter nachweisbar.
2.2 Die untersuchten Stationen 2.2.1 Büttenhardt-Zelg Die Station Büttenhardt-Zelg20 (Abb. 4) wurde in den 1970er Jahren durch einen Zufall entdeckt, als die Tochter unseres verdienten, ehrenamtlichen Mitarbeiters Horst Worm anlässlich eines sonntäglichen Spaziergangs zufälligerweise eine neolithische Pfeilspitze von der brachliegenden Ackeroberfläche aufhob. Durch diesen Fund angeregt, begannen die Entdecker, die Umgebung der Fundstelle genauer abzusuchen und stiessen dabei völlig unerwartet auf eine grössere Zahl von Silices. Immer mehr wurden sie gewahr, dass sich ihre Fundstelle über eine ungewöhnliche Fläche ausdehnte, die schät9
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Singen am Hohentwiel 3
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Geologische Aufschlüsse
Rhein
Archäologische Fundstellen Grabplätze des älteren Jungneolithikums
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Büttenhardt - Zelg Schaffhausen (Herblingen) - Grüthalde Lohn - Setzi Altenburg - Sinkelosebuck Dachsen - Lauferfeld Benken - Hämmenriet Eschenz - Werd
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Thur
Abb. 3: Karte der Region Schaffhausen. Das Arbeitsgebiet liegt nordöstlich von Schaffhausen. Kartiert sind Fundstellen aus der Zeit zwischen 4300 und 3850 v.Chr. sowie die aktuell bekannten Silexvorkommen.
Abb. 5 (unten): Büttenhardt-Zelg. Der 1989 im Bereich der Fundstelle angelegte Leitungsgraben. Unten in Bildmitte, die bereits untersuchte neolithische Grube am rechten Grabenrand. Von Nordwesten.
zungsweise gegen 8 Hektaren Acker-, Wald- und Wiesland miteinschloss. In den darauf folgenden Jahren unermüdlicher Tätigkeit21 sammelten sie Tausende von neolithischen Artefakten auf der Zelg und meldeten ihre Funde gewissenhaft der zuständigen Behörde. Durch diese früheren Funde auf die Fundstelle aufmerksam geworden, begleitete die Kantonsarchäologie im Oktober 1989 den Ausbau der Reiat-Wasserversorgung Lohn/Stetten/ Büttenhardt, welcher auch das Sammelgebiet der Familie Worm tangierte.22 In dem 1,5 m tiefen und 1 m breiten Leitungsgraben (Abb. 5) wurde an der tiefsten Stelle des Geländes eine kleine Grube angeschnitten, die etwas neolithische Keramik und Silices enthielt (Abb. 6). Dank dieser Bodeneingriffe ist die geologische Situation vor Ort recht gut bekannt. Die im Gelände gut erkennbare Hügelkuppe ist zur Hauptsache mit lehmigen Ablagerungen der miozänzeitlichen Brackwassermolasse überdeckt, die reichlich bis zu faustgrosse Quarzite enthält. Unter diesen mit Graupensanden angereicherten Rinnenschotter-Ablagerungen tritt an einzelnen Stellen schon in 30 cm Tiefe der anstehende Kalkfels ans Tageslicht. Um einen präziseren Einblick in die Bodenstrukturen zu erhalten und allfällige archäologische Befunde besser lokalisieren zu können, wurde das gesamte Fundgebiet im Frühjahr 2009 geophysikalisch untersucht.23 Dabei konnten mit dem Magnetometer24 8,61 Hektaren gemessen und kartiert werden (Abb. 7). Ergänzend dazu fand eine Messung von vier geo elektrischen Tomografie-Profilen von insgesamt 260 m Län-
Abb. 6: Büttenhardt-Zelg. Detailaufnahme des Grubennegativs von Nordosten.
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Abb. 4: Büttenhardt-Zelg. Übersicht über die Fundstelle. Eingetragen sind die Ausdehnung der Fundstreuung (1), die Lage der vermuteten Silexabbaustellen (2) sowie der Standort der «Hohle Fluh»-Höhle (3).
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Abb. 7: Büttenhardt-Zelg. Die Ergebnisse der geomagnetischen Messungen von 2009. Im südwestlichen Teil ist die Lage des im Herbst 2009 angelegten Sondierschnittes zum Hinteren Freudental eingetragen.
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Abb. 8: Büttenhardt-Zelg. Der Eingang der sogenannten «Hohle Fluh»Höhle. Von Westen.
ge statt. Bei der Auswertung der Messungen stellte sich leider heraus, dass die Messergebnisse kaum Nennenswertes zur Diskussion um die Struktur der Fundstelle beitragen werden, weil der geologische Untergrund sehr unregelmässig und stark verkarstet ist. Daher zeichneten sich die allenfalls vorhandenen archäologischen Befunde kaum vom geologischen Untergrund ab. Folglich sind gegenwärtig auch keine zusätzlichen Erkenntnisse zur räumlichen Nutzung des Areals im Neolithikum zu erwarten. Wesentlich aufschlussreicher präsentierten sich die geoelektrischen Tomografie-Profile vom Böschungsbereich zum Hinteren Freudental hin, wo der anstehende Kalkfels nur ausnahmsweise ans Tageslicht tritt; die hier rechtwinklig zum unregelmässigen Verlauf der Plateaukante in der Fallinie zum Tal hin angelegten Profile zeigten ungefähr 7–8 m unterhalb der Plateaukante auffallende mulden- oder höhlenartige Strukturen unter einem mächtigen kolluvialen Schuttpaket. Da oberflächlich nichts auf solche Höhlungen hinweist, in der fraglichen Zone aber Silexvorkommen vermutet werden, ist ein archäologischer Hintergrund durchaus denkbar. Letztlich wird aber nur eine archäologische Sondage Klarheit in dieser Frage bringen können. Ganz im südwestlichen Teil der Böschung liegt eine kleine Höhle (Abb. 8), die im Volksmund den Namen «Hohle FluhHöhle»25 trägt. Sie ist bis heute noch nie archäologisch untersucht worden, so dass vorderhand auch nichts über eine allfällige prähistorische Nutzung ausgesagt werden kann. Wenige Meter daneben konnten die Verfasser anlässlich einer Geländebegehung in rund 7 m Tiefe unterhalb der Plateaukante noch anstehenden Silex im Kalkfels beobachten (Abb. 9).26 Abb. 9: Büttenhardt-Zelg. Silexstück des Rohstofftyps 271 im anstehenden Kalkfels.
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250 m weiter nördlich wurde – direkt unterhalb der Fundstelle– ein Klopfstein aus Quarzit (Kat. 79) geborgen. Er deutet – zusammen mit den merkwürdigen, in den Tomografieprofilen erkennbaren Höhlungen – an, dass hier möglicherweise jene Silices abgebaut wurden, die auf der benachbarten Hochfläche zu Grundformen und Werkzeugen verarbeitet worden sind. Das Hochplateau von Büttenhardt hat im Vergleich zu den fruchtbaren Tallagen kaum Vorzüge.27 So peitschen oft kräftige Winde über die Reiathochfläche und die Böden sind ohne Düngung vergleichsweise ertragsarm. Natürliche Quellaustritte sind auf der Hochebene keine vorhanden; die heute erschlossenen Quellen werden durch heraufgepumptes Tiefenwasser gespeist. Früher musste das Trinkwasser vermutlich aus den Tallagen herbei geschafft werden, wo im Hangfussbereich häufig Quellaustritte vorhanden sind. Die geringe archäologische Fundstellendichte auf der Reiathochfläche könnte aufgrund der schwierigen Wasserversorgung durchaus die geschichtliche Realität wiedergeben. Sie lässt sich jedenfalls nur teilweise durch den ungenügenden archäologischen Forschungsstand erklären. Aus den Aufsammlungen der Familie Worm und den Fundbergungen der Kantonsarchäologie liegen 8‘691 Silexartefakte mit einem Gesamtgewicht von 52 Kilogramm vor. Hinzu kommen 18 Felsgesteinartefakte sowie einige Dutzend Keramikscherben aus dem Neolithikum, der Bronzezeit und dem Hochmittelalter. Das Spektrum der Silexfunde von Büttenhardt-Zelg wirkt technologisch und typologisch sehr einheitlich (vgl. Abs. 4). Es gibt daher keinen Grund zur Annahme, dass der Materialkomplex massiv mit deutlich älterem oder jüngerem Material durchmischt sein könnte. Wenn auch die pauschale Auswertung von unstratifiziertem Lesefundmaterial nie über alle Zweifel erhaben sein wird, so werden die Lesefunde aus Büttenhardt-Zelg in dieser Publikation aus den oben genannten Gründen als Einheitskomplex diskutiert. 2.2.2 Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde Lage und Topografie Nordöstlich von Schaffhausen liegt das bis zu 60 m tief in den Tafeljura eingeschnittene Fulach- oder Herblingertal (Abb. 10), das Schaffhausen mit der Region Thayngen verbindet. Die heute partiell trockengelegte Talsohle war in urgeschichtlicher Zeit versumpft. Etwa in der Mitte des Talabschnitts befindet sich an der Westflanke des Fulachtals eine 5000 m2 grosse Hangmulde (Abb. 11), die von einer Felsrippe gegen das Tal hin abgegrenzt ist. Diese an der sogenannten Grüthalde gelegene Hangmulde war noch in den 1960er Jahren eine kleine Waldwiese,28 die später mit Nadelhölzern aufgeforstet wurde. Im randlichen Bereich der Hangmulde liegt eine kleine Quelle, die älteren Berichten zufolge durch Wasser vom Wettenwiesli unterhalb des Schlosses Herblingen gespeist wurde.29 Sie soll zeitweise soviel Wasser geführt haben, dass die gesamte Hangmulde überschwemmt wurde, so dass dort Riedgras und Schilf wachsen konnten. Erst durch den Bau der Wasserversorgung Herblingen im Jahr 1893 soll der Wasserzu-
Abb. 10: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Ausschnitt aus der Geologischen Karte 1:25’000, Blatt 1032 Diessenhofen. Der Pfeil markiert die Lage der Fundstelle. Hellblau=Malmkalke, hellgrün=Würmschotter (Moränen). Reproduziert mit Bewilligung von swisstopo (BA110463).
Abb. 11: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Übersichtsplan mit verschiedenen Sondierschnitten. Die rot hinterlegte Fläche entspricht der mutmasslichen Ausdehnung des Siedlungsareals.
N
Schnitt II Schnitt I
Alte Quelle Schnitt III
Schnitt IV
Schnitt VI
Schnitt VII
Schnitt V
0
5
10
15 m
J1 sse Au to str a
Grabung 2007
5
Grabungen 1938/39
13
fluss vom Wettenwiesli so stark gedrosselt worden sein, dass keine periodischen Überschwemmungen der Grüthalde mehr stattfanden. Auf diese Weise konnten dort dauerhaft Trockenböden entstehen. Die eigentliche Hangmulde mit dem ehemaligen Grütwiesli liegt in einer ausgesprochen siedlungsgünstigen, windgeschützten Lage. Zusammen mit der nahen Quelle und der talwärts vorgeschobenen, südostexponierten Hangrippe, die eine gute Übersicht über die Talsituation ermöglichte, bot sie ideale Voraussetzungen für einen Siedlungsplatz. Das angrenzende Fulachtal selber dürfte in neolithischer Zeit reich an Wildtieren aller Art gewesen sein und bot sicherlich auch ausreichend Gelegenheiten zur Tränke.30 Die Talsohle war einst völlig versumpft, so dass etwaige Verkehrswege am ehesten entlang der Talflanken und daher entlang der niederen Talstufe bei der Grüthalde vorbeiführten.31 Fruchtbares, gut sonnenexponiertes Ackerland fand sich 40 m über dem Grütwiesli, auf der westlich an die Grüthalde grenzenden Hochterrasse über dem Fulachtal. Die Sondagen von 1918/19 und 1938/39 Die Fundstelle Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde wurde in den letzten Kriegstagen des Jahres 191832 entdeckt, als «geschäftige Maulwürfe verräterische Feuersteine» an die Oberfläche der damaligen Waldwiese heraufbeförderten. Durch diese Funde angeregt, nahmen die Entdecker Hans (1886– 1949) und Karl Sulzberger (1876–1963)33 sogleich eine erste Sondage vor und stiessen in rund 1 m Tiefe auf eine «Pflästerung aus Tuffsteinen» mit zahlreichen Feuersteinartefakten (u.a. Dickenbännlibohrer).34 Ein Jahr später legten sie einen zweiten Sondierschnitt an, welcher erneut zahlreiche Silices, Knochen und Keramikscherben lieferte. Obschon die Ausgräber in Fach- und Laienkreisen ein grosses Interesse an der Fundstelle wecken konnten, geriet die Station in den darauf folgenden Jahrzehnten fast völlig in Vergessenheit. Im November 1938 bot sich im Rahmen eines mehrtägigen, in der Region Schaffhausen abgehaltenen Kurses der Schweiz. Gesellschaft für Urgeschichte ein zweites Mal die GelegenAbb. 12: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Der von Kantonsgeometer H. Bührer erstellte Plan der Untersuchungen von 1938/39. M. 1:200.
14
heit für klärende Sondagen. Mit zwei Stellenlosen liess der damalige «Kantonale Konservator» Walter Ulrich Guyan (1911–1999) über einen Zeitraum von vier Wochen35 mehrere Sondierschnitte ausheben. Tatsächlich stiess er in zwei von fünf Schnitten (Schnitte III und IV; vgl. Abb. 11) auf prähistorische Siedlungsspuren mit reichem Fundinventar. Durch einen mehrmonatigen Aktivdiensteinsatz unterbrochen, nahm er dann die Grabungen im Juni 1939 wieder mit zwei Hilfskräften auf. Dabei erweiterte er Schnitt IV auf eine Fläche von rund 29 m2. Wegen des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges wurden die Grabungen in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde endgültig eingestellt und auch nach Kriegsende nicht wieder aufgenommen. Das von den Gebrüdern Sulzberger und von Guyan geborgene Fundmaterial ist – verglichen mit der ausgegrabenen Fläche – ungewohnt umfangreich: Auf den etwa 50 m2 Fläche konnten die Ausgräber über 14400 Silexartefakte mit einem Gesamtgewicht von 42 kg, über 3500 Keramikscherben sowie Knochenreste und Felsgesteinartefakte bergen. Sie stellen das bislang aussagekräftigste Siedlungsinventar des älteren Jungneolithikums in der Region Schaffhausen dar. Über die Grabungen Guyans liegen leider nur wenige Informationen vor. Deshalb ist der aktuelle Kenntnisstand zu den Fragestellungen der Ausgräber, den genauen Grabungsabläufen und zu den angetroffenen Befunden äusserst lückenhaft. Die wichtigsten Grabungsdokumente sind zwei 1938 von Kantonsgeometer Hermann Bührer (1891–1943) aufgenommene Übersichtspläne in den Massstäben 1:1000 und 1:50. Darauf sind die verschiedenen Sondiergräben der ersten Grabungskampagne sowie die Profile und der Grundriss von Schnitt IV eingetragen (Abb. 12). Die Erweiterungsfläche von Schnitt IV aus dem Jahr 1939 lässt sich über den von Guyan 1942 publizierten Grabungsplan rekonstruieren. Da die zum Planmaterial gehörigen, numerischen Vermessungsdaten fehlen, konnten die Sondagen der Jahre 1938 und 1939 bis vor Kurzem nur sehr vage lokalisiert werden. Eigentliche Grabungstagebücher, Schicht- oder Befundbeschriebe fehlen vollständig. Die Grabungsdaten müssen daher der umfangreichen Korrespondenz Guyans36 mit in- und ausländischen Spezialisten sowie aus der Schlusspublikation von 1942 entnommen werden. Die Nachgrabungen von 2007 haben gezeigt, dass Guyan in seinem veröffentlichten Grabungsbericht (Abb. 13) die Schichtverhältnisse vor Ort falsch wiedergegeben hat. So bezeichnete er fälschlicherweise die strichpunktierte Schicht als Kulturschicht.37 Richtigerweise entspricht aber die schwarz eingefärbte Schicht der neolithischen Kulturschicht. Konsultiert man ferner die originalen, auf der Grabung angefertigten Profilunterlagen (Abb. 12), so fällt auf, dass das von Guyan publizierte Profil offenbar idealisiert und aus verschiedenen Einzelprofilen zusammengesetzt sein muss. Insbesondere die gegen die angrenzende Hangrippe hin zwischen die Humusund die Fundschicht keilförmig geschobene Kalkschuttschicht ist auf keinem der originalen Grabungspläne verzeichnet und muss daher später hinzugefügt worden sein. Aus dieser Schicht sollen nach den Aussagen Guyans auch die wenigen latènezeitlichen Funde stammen.38 Massive Unterschiede zeigt überdies ein Vergleich der Höhenkoten der Grabungen 1938/39 und 2007. Diese Diskre-
panz von nahezu 10 m lässt sich nur durch eine rezente Korrektur der Referenzkoten erklären, zumal die damaligen Vermessungsarbeiten durch einen ausgewiesenen Fachmann (Kantonsgeometer Bührer) ausgeführt worden waren. In den verschiedenen Publikationen wird mehrmals darauf hingewiesen, dass einige gut erkennbare Pfostengruben in Schnitt IV dokumentiert worden seien. Diese Beobachtung lässt sich am originalen Planmaterial leider nicht mehr nachvollziehen, da auf den Grabungsplänen Befundbeschriftungen und Planbeschriebe fehlen. Interessant sind die im Anschluss an die Guyan’schen Untersuchungen durchgeführten Studien des Freiburger Sedimentologen Robert Lais (1886–1945).39 Lais kam aufgrund der Analyse von Molluskenresten (Abb. 14) aus der neolithischen Fundschicht zum Schluss, dass die Hangmulde in neolithischer Zeit ein feuchtes Biotop gewesen sein müsse, in welchem zahlreiche milieutypische Schneckenarten gelebt hätten. Dieser Befund bestärkte Guyan in seiner Vermutung, dass die eigentliche Siedlung auf der flachen, angrenzenden Kuppe zu suchen sei. Das von Guyan während der Grabung von 1938/39 geborgene Fundmaterial wurde leider weder nach Sondierschnitten,40 noch nach anderen Kriterien getrennt aufbewahrt. Daher lassen sich auch keine Fundkartierungen vornehmen. Aus der Korrespondenz des Ausgräbers und dem Vorhandensein zahlreicher Kleinstformen im Silexmaterial ist es sehr wahrscheinlich, dass Guyan zumindest einen Teil der Fundschicht hat schlämmen lassen.41 Zu Beginn der vorliegenden Auswertungsarbeiten war nur ein kleiner Teil der Geräte aussortiert und inventarisiert. Das Gros der Funde war unsortiert in Sammelkisten verpackt. Daher konnten bei der abschliessenden typologischen Sortierung der Silices noch etliche Geräte ausgesondert werden, wodurch die von Guyan42 genannten Zahlen zum Teil deutlich nach oben korrigiert werden konnten. Gesamthaft bleibt festzuhalten, dass die Auswertung der Altgrabungen mit einer breiten Palette von ungelösten Fragen verbunden war, die zum Teil auf die mangelhafte Grabungsdokumentation, zum Teil aber auch auf die anschliessende museale Aufbereitung der Funde zurückzuführen sind. Diese für heutige Verhältnisse nicht mehr ganz zeitgemässe, archi-
valische Ausgangslage einerseits und die unklare Befundlage andererseits, erlauben nur eine pauschale Beurteilung der Befund- und Fundsituation der Grabungen von 1938/39. Die Sondagen von 2007 In Anbetracht des unbefriedigenden Dokumentationsstandes der Grabungen Sulzbergers und Guyans reifte der Wunsch nach einer modernen Sondage. Im Herbst 2007 bot sich dann endlich die Gelegenheit dazu. Das hauptsächlichste Ziel der Aktion war die Klärung verschiedener Fragen, die aus der Auswertung der alten Grabungsunterlagen entstanden waren. So sollte beispielsweise Guyans Schnitt IV, der in den alten Grabungsakten als eine der hauptsächlichsten Fundstellen genannt wird, präzise lokalisiert und eingemessen werden. Ferner galt es, die Stratigrafie mit modernen Methoden zu untersuchen, die Befundsituation abzuklären sowie die Streuung und Dichte des Fundmaterials detailliert zu erfassen, um die Vorgehensweise bei der Silexbearbeitung besser nachvollziehen zu können. Zusammen mit zwei gezielt angelegten Sondierschnitten (Schnitte VI und VII) sollte auch die noch immer offen stehende Frage nach dem genauen Siedlungsstandort geklärt werden. Abb. 14: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Auswahl von Molluskenschalen aus der neolithischen Kulturschicht (Fk. 35). Der Durchmesser der Molluskenschalen beträgt nur wenige Millimeter.
Abb. 13: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Das von W.U. Guyan in der ZAK 1942 publizierte, idealisierte Profil der Fundstelle. Die neolithische Fundschicht entspricht der schwarz eingefärbten Schicht.
15
Schnitt IV: Da aus den Altgrabungen keine metrischen Messdaten überliefert waren, liess sich die genaue Lage von Schnitt IV zunächst nur grob über den 1938 erstellten Übersichtsplan (Massstab 1:1000) bestimmen. Nachdem die Humusdecke maschinell abgezogen (Abb. 15) und störende Wurzelstöcke entfernt worden waren, kamen mächtige Schwemmsedimente zum Vorschein. Diese wurden mit dem Bagger sorgfältig in ungefähr 10 cm mächtigen Abstichen abgezogen. Bald zeichneten sich in der nordwestlichen Zone die Umrisse eines Sondiergrabens von 1938 ab, so dass der weitere Verlauf der Grabungsfläche recht genau vorausgesagt werden konnte. In etwa 1 m Tiefe kam eine dunkle, gut erkennbare Kulturschicht zum Vorschein, deren Oberkante sorgfältig freigelegt wurde (Abb 16 + 17). Zum modernen Strassenkoffer hin konnten über der Fundschicht vermehrt malmzeitlicher Blockschutt und grobe alpine Gerölle beobachtet werden. Bereits Guyan hatte diese Blöcke beobachtet und sie als Bestandteile neolithischer Strukturen gedeutet, wofür die Untersuchungen von 2007 allerdings keine Bestätigung lieferten. Aus grabungstechnischen Gründen wurden die Steinblöcke deshalb noch während der Aushubarbeiten maschinell entfernt. Die stark mit zersetztem, organischem Material versehene Kulturschicht war noch auf rund 20 von 35 m2 intakt erhalten (Abb. 18)43 und zwischen 10 und 30 cm mächtig. Sie wurde in Flächeneinheiten von 40x40 cm in ein bis zwei Abstichen44 abgebaut. Grössere Kalksteinbrocken ohne Bearbeitungsspuren wurden direkt auf dem Grabungsplatz ausgesondert und entsorgt. Das übrig gebliebene und von Hand abgegrabene Kulturschichtmaterial wurde in Polyethylensäcke verpackt, wegtransportiert und in Sieben mit einer Maschenweite von 1,65mm geschlämmt. Anschliessend wurden die Siebrückstände zuerst durch eine freiwillige Fachkraft nach Funden durchsucht, worauf im Anschluss daran noch eine zusätzliche Nachkontrolle durch den Verfasser stattfand. Nach dem Abbau der Fundschicht wurde die Oberkante des sterilen Lehmuntergrundes mit Kleinwerkzeugen gereinigt, gezeichnet und vermessen. Auffallende Farb- und Materialkontraste im Lehmuntergrund wurden markiert, durch kleinflächige Sondierschnitte geschnitten und auf einen möglichen anthropogenen Hintergrund überprüft.
Abb. 16: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Ostprofil von Schnitt IV. M. 1:50.
198.00
197.00
196.00
Schnitt VI: Walter Ulrich Guyan hatte während seiner Grabungskampagne von 1939 die Untersuchungsflächen bis weit unter den Waldweg ausgedehnt, um die bis zum Hangfuss reichenden Kulturschichtreste untersuchen zu können. Ebenso hatte er den eigentlichen Standort der Siedlung auf dem benachbarten Plateau vermutet. Es bestand daher schon seit langem der Verdacht, dass die Kulturschichtreste von der nahen Hangrippe erodiert und in der Hangmulde abgelagert worden sein könnten. Um in dieser Frage genauere Aufschlüsse zu erhalten, wurde mit dem Bagger nahe von Guyans Schnitt IV
Abb. 15: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Stimmungsbild bei Grabungsbeginn. Der Humus und die sterilen Deckschichten über der neolithischen Kulturschicht werden maschinell entfernt. Von Norden.
195.00
194.00
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1 439.50
2 Grabung W. U. Guyan 1938/39 3 M1
M2
M3
4
5 438.50 6
16
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Abb. 17: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Detailaufnahme aus dem Ostprofil von Schnitt IV. Die dunkle Kulturschicht und die darin enthaltenen horizontal eingelagerten Kalksteinplättchen sind gut erkennbar. Höhe des Profils: ca. 1,4 m.
Abb. 18: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Detailplan von Schnitt IV mit Eintragung der Grabungsflächen von 1938/39 und 2007 sowie der Lage der dokumentierten Profile.
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445.00
445.00
Schnitt VII 444.00
444.00
443.00
443.00
442.00
442.00
Schnitt VI
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441.00
Waldstrasse 440.00
Schnitt IV
440.00
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Abb. 19: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Aus verschiedenen Einzelprofilen zusammengesetztes Profil am Übergang von der Hangrippe zur Hangmulde. Nur in der Hangmulde konnten Kulturschichtablagerungen nachgewiesen werden. M. 1:30.
ein Sondiergraben (=Schnitt VI) in der Hangböschung ausgehoben (Abb. 19). Schon bei den ersten Schaufelstichen zeigte sich, dass hier offenbar keine kolluvialen Schuttschichten mit anthropogenem Material vorhanden waren. Aus diesem Grund wurde der Schnitt dann auch in einem Zug bis auf den anstehenden Kalkfels ausgehoben. Angesichts der Tatsache, dass es sich hierbei um einen reinen geologischen Aufschluss handelt, wurden lediglich die Umrisse des Sondiergrabens und dessen Westprofil dokumentiert.
Abb. 20: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Ansicht von Schnitt VII mit gut erkennbarer, stark durchfurchter Felsoberkante unmittelbar unter dem Waldboden. Von Süden.
Abb. 21: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Der einzige Fund aus Schnitt VII war ein Silex-Restkern (Fk. 227).
Schnitt VII: Um die Erkenntnisse aus der Anlage von Schnitt VI durch weitere Befunde untermauern zu können, wurde auf der nahe gelegenen, ausgesprochen siedlungsgünstigen Hangrippe eine kleine Sondierfläche angelegt (Abb. 11+20). Hier galt es zu klären, ob an dieser exponierten Lage über dem Fulachtal allenfalls neolithische Befunde verborgen liegen könnten. Unmittelbar unter dem knapp 20 cm mächtigen Waldboden trat der anstehende Massenkalk zum Vorschein. Eigentliche archäologische Siedlungsanzeiger (Holzkohle, Befunde etc.) konnten in der rund 3x4 m grossen Sondierfläche keine gefasst werden. Auch archäologisches Fundmaterial fehlte – mit Ausnahme eines isolierten Silexnukleus aus dem Waldboden (Abb. 21), der bei den Aushubarbeiten zutage trat – vollständig. Dies überraschte umso mehr, als die zahlreichen Risse im anstehenden Massenkalk eigentliche Sedimentfallen darstellen, worin sich archäologische Funde hervorragend hätten erhalten können. Schon W.U. Guyan hatte 1938 auf dem betreffenden Plateau eine kleine Sondage angelegt, die ebenfalls ergebnislos verlief. Er begründete den Negativbefund damit, dass seine Sondagefläche vielleicht zu weit westlich angelegt worden war.
Abb. 24 (Seite 19 unten): Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Schematische Schichtabfolge. Die Schichten 1, 2, 3 und 7 wurden makroskopisch beurteilt. Die Angaben zu den Schichten 4 und 6 beruhen auf der mikroskopischen Analyse.
18
Herblingen - Grüthalde Schnitt IV Profil 4 (Südwestprofil)
440.50
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194.00
193.00
196.00
195.00
197.00
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1 Wurzelga ng
Wurzelgang
439.50
Wurzelgang
Grabung W. U. Guyan 1938
Wegkofferung
2 3
M5 M4
4 5
7
6
438.50
Einleitung und Fragestellung
AS 3
Abb. 23: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. In Kunstharz eingegossene und aufgesägte Probe M3 (Anschliff) mit Schichtbezeichnung und Interpretation. Schicht 1 115 - 135 cm 2 93 - 115 cm 3 73 - 93 cm 4 47 - 73 cm 5 25 - 47 cm
6 11 - 25 cm
7 0 - 11 cm
Sandig-kiesiger Silt mit vereinzelten Silices und vielen Kalkkonkretionen; deutlicher Wassereinfluss
4
DS 3.2
DS 3.1
Während der im Herbst 2007 durchgeführten Sondiergrabung der Kantonsarchäologie in der Fundstelle Herblingen- Grüthalde wurden insgesamt fünf Proben aus dem Nordost- respektive dem Westprofil entnommen (Abb. 22). Im Rahmen eines kleinen Auswertungsprojektes wurden diese mikromorphologisch untersucht. Die zu klärenden Fragestellungen drehten sich primär um die als Kulturschicht bezeichnete Schicht 5, welche mit ihrer hohen Dichte an Silices und Keramikscherben sowie ihrer dunklen Farbe und einer an der Basis befindlichen horizontalen Kalksteinlage auffiel. Mit Hilfe geoarchäologischer Methoden wurde untersucht, wie diese Schicht entstanden ist und ob die darin befindlichen Artefakte in situ sind oder von einem anderen Ort, z.B. dem südlich anschliessenden Kalkplateau, eingetragen wurden. Ferner interessierten die unmittelbar über und unter der genannten Schicht gelegenen, weitgehend fundleeren Sedimente. Deren Analyse lieferte Hinweise auf Prozesse, die vor und nach der neolithischen Besiedlung abliefen.
Kulturschicht Sandiger Lehm mit vielen Silices, einigen Keramikscherben und Holzkohle-Stücken. Viele Kalkkonkretionen; deutlicher Wassereinfluss.
DS 3.3
5
6 0
DS 3.4
Mikromorphologie (David Brönnimann und Philippe Rentzel)
Abb. 22: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Westprofil mit den Proben M1 – M5. Zur Lage der Proben M1 - M3 vgl. Abb. 16. Höhenangaben in m ü. M. M. 1:50.
Anstehender, gelblich-brauner, kompakter, toniger Silt. Verwitterungslehm aufgrund einer Bodenbildung.
5cm
Beschreibung
Interpretation
Dunkelbrauner, humoser, krümeliger Silt. Stark bioturbiert und mit Mollusken durchsetzt.
Rezenter Waldboden.
Hellbrauner, leicht sandiger, kalkhaltiger Silt mit starker Durchwurzelung und Molluskenresten. Vereinzelte Kalkkonkretionen. Hellbrauner bis leicht gräulicher, sandiger Silt. Stark kalkhaltig. Wenige Mollusken, einige kristalline Kiesel (Moränenmaterial) und Kalkkonkretionen. Einzelne isolierte Silices. Hellbrauner bis gräulicher Silt mit wenig Fein- bis Mittelsand (10%). Deutliches Kanal & KammerGefüge. Porosität bis 30%. Deutliche Durchwurzelung und Regenwurmaktivität (Regenwurmkalzite). Einzelne Silices, kristalline Kiesel und Sandsteine (Moränenmaterial). Einige Kalkkonkretionen und Molluskenschalen. Regelmässig Eisen- und Manganausfällungen. Sehr hoher Kalkanteil. Dunkel- bis gräulichbrauner Silt mit Fein- bis Mittelsand (30%). Starke Bioturbation (Wurzel- und Wurmgänge). Kanal & Kammer-Gefüge mit einer Porosität bis 30%. Hoher Kalkanteil. Viel Mikroholzkohle, unverwitterte Silices und Holzkohlestücke. Einzelne, recht gut erhaltene Knochen- und Keramikfragmente. Regelmässig Sandsteine und kristalline Kiesel (Moränenmaterial). Zahlreiche Kalkkonkretionen, Regenwurmkalzite und Molluskenschalen. Gegen unten stark zunehmende Eisen- und Manganausfällungen. Oberhalb der Unterkante ist eine Lage horizontal eingeregelter Malmkalkplättchen. Heterogenes Sediment mit 1 bis 3 mm grossen, rundlichen Sediment-Agglomeraten. Gelbbrauner, toniger Silt mit Fein- bis Mittelsand (15%). Beinahe karbonatfrei (kann Kalkkiesel und Kalksteine enthalten). An der Oberkante starke Bioturbation (Durchwurzelung) und sehr starke Eisenund Manganausfällungen. Vereinzelt Mikroholzkohle. Sehr kompaktes Sediment mit wenigen ovalen Poren. Porosität maximal 5%. Leicht netzstreifig ausgerichtete Tonsubstanz. Einige staubige Einschwemmungen in den Porenräumen.
Stark durchwurzelter Oberboden. Oberboden mit einigen Moränen-Komponenten. Eingeschwemmtes Sediment mit begleitender Bodenbildung und periodischer Überschwemmung. Eingeschwemmtes, karbonatisches Substrat. Von späterer Bodenbildung und Staunässe überformt. Anthropogene Einflüsse deutlich erkennbar.
Gelbbrauner, toniger Silt mit viel Kalkbruch.
Gekappter, teilweise offen gestandener Bt-Horizont eines Luvisols. Hat wasserstauende Wirkung. Anstehender Unterboden.
19
Material und Methoden
Schichtinterpretation
Für die mikromorphologischen Untersuchungen wurden insgesamt 5 Proben von 19 respektive 24 cm Höhe und 9 cm Breite und Tiefe aus den beiden Hauptprofilen entnommen (Abb. 16 + 22). Gleichzeitig wurden die Profile während ei nes Grabungsbesuches makroskopisch beschrieben. Die ent nommenen Proben wurden im Labor unter Vakuum in Kunstharz eingegossen und in ausgehärtetem Zustand mit einer Diamantsäge in 1 cm dicke Scheiben getrennt (Abb. 23). Aus diesen wurden 11 Plättchen à je 47 x 47 mm gesägt, welche schliesslich durch Th. Beckmann, Braunschweig, zu 30 µm dicken Dünnschliffen verarbeitet wurden.45 Die Präparate decken die Schichten 4, 5 und 6 ab und stellen die Basis der mikromorphologischen Auswertung dar. Diese erfolgte mittels Binokular und Polarisationsmikroskop am Institut für Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie (IPNA) der Universität Basel. Die mikromorphologische Beschreibung richtete sich nach den Anleitungen von Bullock et al. (1985) und Courty et al. (1989). Die entsprechenden Ergebnisse sind der Abb. 24 zu entnehmen.
Die folgenden Ausführungen beruhen sowohl auf den makroskopischen als auch auf den mikromorphologischen Untersuchungen. Es wird mit den ältesten Sedimenten begonnen.
Stratigraphie Die Schichtabfolge erweist sich sowohl im Ost- als auch im Westprofil als beinahe identisch. Eine detaillierte Schichtansprache ist in Abb. 24 festgehalten und bezieht sich auf das Westprofil (Abb. 22). Unter dem aktuellen Waldboden (Schicht 1) folgen mehrere, nur schwer voneinander zu trennende, siltige Schichten (Schicht 2 – 4), welche gegen unten hin vermehrt Anzeichen von Wassereinfluss aufweisen. Un ter diesen bräunlichen Siltschichten folgt schliesslich die deutlich dunklere Kulturschicht (Schicht 5), welche durch eine hohe Silices-Dichte auffällt. Weiter finden sich regelmässig Keramikscherben und Holzkohle. An der Basis ist eine hori zontale Lage von Kalksteinplättchen zu erkennen, welche zum Teil eine rötliche Färbung aufweisen. Darunter folgt eine meist scharf abgetrennte, gelblich-braune Lehmschicht (Schicht 6). Diese ist kalkfrei und stellt eine deutliche Zäsur dar. Sie bildet den natürlich anstehenden Untergrund.
Abb. 25: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Kalkstein mit oberflächlichen Eisenausfällungen (braun), Schicht 5. Bildbreite: 2.5 mm. Gekreuzte Polarisationsfilter (XPL).
20
Schicht 6: Der kompakte, mit Ton angereicherte, gelblichbraune Lehm ist natürlich anstehend und wirkt aufgrund seiner Eigenschaften wasserstauend. Dies zeigt sich anhand von an der Oberkante und in Schicht 5 befindlichen, stark ausgeprägten Eisen- und Manganausfällungen (Abb. 25). Diese schen sind charakteristisch für periodischen Wechsel zwi wassergesättigtem und trockenem Zustand. Der fehlende Kalk in Schicht 6 weist auf eine tiefgründige Verwitterung im Zug einer nacheiszeitlichen Bodenbildung hin. Da keine Hinweise auf einen Oberboden vorliegen, muss davon ausgegangen werden, dass dieser vor der Sedimentation von Schicht 5 erodiert ist. Schicht 6 entspricht somit einem Bt-Horizont (= mit Ton angereicherter Unterboden) eines gekappten Luvisols (Nomenklatur nach WRB 2008). Dieser ist aufgrund des erhöhten Tonanteils wesentlich besser vor Erosion geschützt und deshalb noch erhalten. Die netzstreifige Struktur der Ton substanz sowie vor allem die staubigen Einschwemmungen in den Porenräumen weisen darauf hin, dass die Oberfläche von Schicht 6 während einer gewissen Zeitspanne offen ge standen hat. Dies bedeutet, dass zwischen der Ablagerung von Schicht 6 und 5 eine zeitliche Lücke vorliegt, während derer erosive Prozesse stattgefunden haben. Schicht 5: Die in ihrer Mächtigkeit zwischen 10 und 20 cm va riierende, deutlich dunklere Schicht macht einen sehr heterogenen Eindruck und enthält verschiedene Komponenten wie Kalkkonkretionen (Abb. 26), Molluskenschalen (Abb. 27), Silices oder Kalkplättchen. Diverse Beobachtungen wei sen darauf hin, dass Schicht 5 aus eingeschwemmtem Substrat besteht. Stärkstes Argument dafür sind die zahlreichen rundlichen, 1 bis 3 mm grossen Sediment-Agglomerate, welche für die hetero gene Erscheinung des Sedimentes hauptverantwortlich sind. Darunter finden sich zahlreiche dunkle, kalkfreie, krümelige Agglomerate, welche erodiertes und wieder abge lager tes Ma terial eines Ober bodens dar stellen. Die auffallend häufig zu beobachtenden, konzentrischen Kalkkonkretionen (auch «Onkoide» genannt; Abb. 26) entstehen bei der chemischen Ausfällung von Kalk aus fliessendem, kalkhaltigem Wasser.46 Solche Prozesse sind z.B. an Quellen zu beobachten. Wasseraustritte mit stark kalk haltigem Wasser sollen noch Ende des 19. Jahrhunderts wenige Dutzend Meter nordwestlich der Grüthalde am Hangfuss bestanden haben, was aus einem Brief von Frau Suter-Bührer an Karl Sulzberger (1876–1963) aus dem Jahr 1939 hervorgeht.47 Folglich ist es nahe liegend, dass sowohl die Kalk konkretionen als auch ein Teil des Sedimentsubstrates mit dem Quellwasser vom nordwestlich gelegenen Hang eingetragen und in der Mulde der Grüthalde abgelagert wurden. Für einen relativ kurzen Transport des Materials spricht die gute Erhaltung der Molluskenschalen. Die kristallinen Kiesel sowie die Sandsteine, welche in Schicht 4 und 5 immer wieder zu fin den sind, können als eingelagertes Moränenmaterial interpre
tiert werden. Entsprechende Schotterdecken finden sich nördlich der Grüthalde.48 Einen anderen Ursprung haben die vor allem in Schicht 5 und 6 häufig auftretenden Steine und Plättchen aus Malmkalk. Diese stammen aus der unmittelbaren Umgebung und sind als eingetragene Bestandteile zu ver stehen. Wie die mikro s kopische Untersuchung zeigt, ist deren rötliche Färbung Resultat intensiver Eisenausfällungen infolge der Ausbildung eines Verwitterungssaums und steht nicht im Zusammenhang einer Brandrötung (Abb. 25). Schliesslich sind die zahlreichen Spuren einer starken Durchwurzelung sowie einer intensiven Regenwurmaktivität zu erwähnen. Unter dem Mikroskop erkennt man eine Vielzahl von Re genwurm kalziten (Abb. 28) sowie diverse Mollus ken schalen (Abb. 27). Regenwurmkalzite sind karbonatische Kügelchen, die von Regenwürmern ausgeschieden werden.49 Regenwürmer treten in gut durchlüfteten Oberböden in grosser Zahl auf und sorgen für eine starke Durchmischung und einer damit verbundenen horizontalen als auch vertikalen Verlagerung kleinerer Objekte um mehrere Zentimeter.50 Solche se kundären Prozesse sind bei der Interpretation einer archäologischen Fundstelle immer zu berücksichtigen. Die oben genannten Aspekte sowie das deutlich ausgeprägte Kammer-Kanal-Gefüge weisen darauf hin, dass Schicht 5 einst ein Oberboden mit hoher biotischer Aktivität war. Schicht 5 entstand durch kontinuierliches Einschwemmen von karbonatischem Substrat, welches von einer Bodenbildung und einer damit einhergehenden Humifizierung überprägt wurde. Das Sediment wurde im Verlaufe der Zeit sowohl durch starke Durchwurzelung als auch durch periodisch auftretende Staunässe zusätzlich überformt. Die eingebetteten Artefakte sind auffallend frisch und scheinen – auch aufgrund ihrer auffälligen Verteilung – grösstenteils in situ zu liegen. Allerdings muss von einer geringfügigen sekundären Verlagerung als Folge der Bioturbation ausgegangen werden. Schicht 4: Davon wurde nur der unterste Abschnitt analysiert. Dieser kann analog zu Schicht 5 als ein eingeschwemmtes Se diment mit begleitender Bodenbildung interpretiert werden. Die vereinzelt auftretenden Silices sind wohl die Folge der starken Durchwurzelung und der intensiven Regenwurmtätigkeiten.
Abb. 26: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Kalkkonkretion mit konzentrischem Aufbau in Schicht 5. Bildbreite: 5 mm (XPL).
Abb. 27: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Gut erhaltene Molluskenschale in siltiger Matrix, Schicht 5 (vgl. auch Abb. 14). Bildbreite: 2.5 mm. Parallele Polarisationsfilter (PPL).
Fazit zur Schichtgenese Einige der zu Beginn gestellten Fragen liessen sich mit Hilfe der mikromorphologischen Untersuchung klären. So ist davon auszugehen, dass Schicht 5 nach ihrer Bildung vom nörd lich austretenden Bach überformt und mit Feinsediment bedeckt wurde. Im Rahmen der Untersuchungen konnten keine Hinweise auf erhaltene neolithische Gehhorizonte oder andere anthropogene Einflüsse eindeutig erkannt werden. Allerdings sei hier angemerkt, dass in einem dauerfeuchten, resp. periodisch überschwemmtem Milieu, wie es für die Fundstelle aufgrund der Mikromorphologie und der Molluskenreste postuliert werden muss, ein solcher kaum erhalten geblieben wäre.
Abb. 28: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Schnitt IV. Kalkausscheidung eines Regenwurms mit typischen radialstrahligen KalzitKristallen. Bildbreite: 1.25 mm (XPL).
21
Die Rötungen auf den Kalksteinen sind eine Folge von starken Eisenausfällungen. Spuren von Hitzeeinwirkungen sind keine zu erkennen. Das Niveau mit den horizontal liegenden Malmkalkplättchen an der Basis der Schicht 5 ist mit Hilfe der Mikromorphologie nicht sicher zu interpretieren, dürfte aufgrund stratigraphischer Überlegungen aber kaum natürlich entstanden sein und scheint eine ehemalige Aktivitätszone zu markieren. Nach der Bildung der fundreichen, holzkohlehaltigen Schicht 5 ist von einer langsamen Überdeckung mit gleichzeitiger Bodenbildung, das heisst mit Vegetationsent wicklung und Akkumulation von Humus, auszugehen. Diese Prozesse dürften nebst der weiteren Durchmischung durch Regen wür mer für die Ho mogeni sierung der Fundschicht verantwortlich sein. Unter solchen Voraussetzungen können sich feine Strukturen wie z.B. ehemalige Gehhorizonte nur schwer erhalten. Die Untersuchungen konnten weiter bestäti gen, dass die Grüthalde früher periodisch überschwemmt wurde und die Böden unter dem Einfluss von Feuchtigkeit und Staunässe standen. Dieser Schluss wird nicht nur durch schriftliche Belege, sondern auch von den Molluskenuntersuchungen von Robert Lais, die auf ein Feuchthabitat hinweisen, bestätigt.51 Keramikfragmente und Silices sind als weitgehend in situ zu betrachten, obwohl das Substrat der Schicht 5 mit nur geringer Transportkraft eingeschwemmt wurde. Der frische Zu stand der Artefakte sowie deren Verteilung innerhalb der untersuchten Fläche (Abb. 29) sind weitere klare Hinweise darauf, dass kaum oberflächliche Umlagerung stattgefunden hat. Später erfolgte allerdings eine sekundäre Verlagerung von wenigen Zentimetern als Folge von Wurzelgängen und Wurmaktivitäten. Solche Prozesse sind wohl auch für das isolierte Auftreten einzelner Silices in Schicht 4 verantwortlich. Vorläufige Interpretation Wie die mikromorphologischen Untersuchungen an den Profilkolonnen von 2007 gezeigt haben, fällt es auch heute noch – trotz modernerer Untersuchungsmethoden – nicht leicht, die Fundstelle Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde siedlungsarchäologisch zu interpretieren. Als grösstes Hindernis erweist sich nach wie vor das Fehlen eigentlicher Baustrukturen, so dass über die Siedlungsform einstweilen keine Aussagen gemacht werden können. Immerhin spricht die Zusammensetzung des Fundmaterials für eine permanente oder periodische, aber zeitlich nicht unbedingt langfristige Nutzung der Örtlichkeit. Gegenwärtig deutet sich aufgrund der bisher bekannten Fundstreuung an, dass die primäre Aktivitätszone im Nordosten der kleinen Hangmulde gelegen hat. Diese Zone muss nach Ausweis der Molluskenuntersuchungen von Lais sowie der neuerdings durchgeführten mikromorphologischen Untersuchungen relativ feucht gewesen sein. Dazu passt die möglicherweise anthropogene, flächig ausgebrachte Pflästerung aus Kalksteinplättchen in der neolithischen Fundschicht, die wir vorläufig als Massnahme zur Verbesserung der Begehbarkeit interpretieren möchten. Inwieweit auch die Wohnoder Wirtschaftsbauten in diesem Areal gelegen haben, muss gegenwärtig mangels entsprechender Befunde offen bleiben. 22
Eine Kartierung der Silexartefakt-Streuungen und der Verteilung der Keramikscherben (Abb. 29) zeigt zweifelsfrei, dass das Fundmaterial nicht stark verlagert sein kann. Vielmehr sprechen die teils klaren Konzentrationen für in-situ liegende Werkplätze, die offenbar relativ rasch von einem mächtigen Kalksinterpaket versiegelt worden sind. Auf der angrenzenden Hangrippe konnten bislang ebenfalls keine Spuren einer Besiedlung gefunden werden, obwohl sich die Stelle wegen der nahezu planen Oberfläche grundsätzlich für den Bau von Gebäuden eignen würde. Abgesehen von einem einzigen Silexnukleus aus Schnitt VII (Abb. 21) scheint diese Zone im Allgemeinen sehr fundarm zu sein. Dies ist insofern interessant, als in den dortigen Kalkspalten durchaus Funde erhalten geblieben sein müssten, falls dort wirklich intensive Siedlungsaktivitäten stattgefunden hätten. Auch das völlige Fehlen von Siedlungsanzeigern in Schnitt VI an der Böschung zur Hangmulde hin deutet an, dass es wenig wahrscheinlich ist, dass auf der Hangrippe ausgedehnte Siedlungsaktivitäten stattgefunden haben. Somit ist auch nicht von einem geologisch bedingten Abtrag allfälliger Fundschichten auf der Hangrippe zu rechnen. Die typologische Einheitlichkeit der Funde als auch die Existenz von nur einer einzigen «Kulturschicht» in der Hangmulde spricht gegenwärtig eher für eine einmalige Besiedlung des Ortes im Jungneolithikum, wobei die Dauer der Besiedlung vorderhand nicht präziser eingegrenzt werden kann. Es kann aber auch nicht völlig ausgeschlossen werden, dass die Station periodisch über einen Zeitraum von mehreren Jahrzehnten genutzt worden ist und dass die Fundschicht eine Akkumulation von saisonalen Siedlungsniederschlägen darstellt. Dass sie dennoch nicht Relikte einer jahrhundertelangen Nutzung umfassen kann, geht aus dem sehr einheitlichen und begrenzten Merkmalsspektrum der Keramik hervor. Die Annahme, dass Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde als chronologischer Einheitskomplex zu bewerten ist, hat vor dem Hintergrund der vorliegenden Befundsituation und dem begrenzten Merkmalsspektrum des Fundmaterials einiges für sich. Unter der Voraussetzung, dass die Fundschicht in relativ kurzer Zeit entstanden ist, wäre der Station durchaus ein gewisser Referenzcharakter beizumessen. Dies ist umso bedeutsamer, als die Keramik von Herblingen aller Wahrschein- lichkeit nach als älter einzustufen ist als Hornstaad-Hörnle IA (vgl. Abs. 2.3.2), womit das Ensemble in eine Phase fällt, die archäologisch noch kaum durch charakteristische Funde belegt ist. Mit einer geschätzten Fläche von 600–1000 m2 ist die Aktivitätszone auf dem Grütwiesli vergleichsweise klein. Umso beeindruckender ist die grosse Zahl an Silexartefakten, die auf die ganze Fläche hochgerechnet bei etwa 4 Millionen Stück liegt, wovon fast 90% Absplisse sind. Dies spricht für eine intensiv betriebene Feuersteinverarbeitung. Wenige Perlenfunde sprechen überdies für eine lokale Herstellung von Röhrenperlen und Kalksteinknöpfen vom Typ Glis. Abb. 29: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondagen 2007. Verschiedene Fundkartierungen in Schnitt IV. 1 Kartierung aller Silices nach Gewicht. 2 Kartierung aller Silexkerne (Anzahl). 3 Kartierung aller Abschlagprodukte aus Silex (Anzahl). 4 Kartierung aller retuschierten Artefakte (Anzahl). 5 Kartierung aller Keramikfunde (Gewicht). 6 Kartierung aller Keramikfunde (Anzahl). Ca. M. 1:110.
Silices (Gewicht)
1
500
501
502
503
Silexkerne (n)
2
504
500
501
502
503
504
198
198
198
198
197
197
197
197
196
196
196
196
195
195
195
195
194
194
194
193
193
193
192
192
192
194 Grabung Guyan 1938/39
Grabung Guyan 1938/39
192
N 500
3
501
502
503
N
504
500
4
Silexgrundformen (n) 500
501
502
503
193
504
501
502
504
Silexgeräte (n)
Kalksteinperlen 500
503
501
502
503
504
198
198
198
198
197
197
197
197
196
196
196
196
195
195
195
195
194
194
194
194
Grabung Guyan 1938/39
Grabung Guyan 1938/39
193
193
193
193
192
192
192
192
N 500
501
502
500
501
503
504
503
504
N
Keramik (Gewicht)
5
502
500
501
500
501
502
503
504
503
504
Keramik (n)
6
502
198
198
198
198
197
197
197
197
196
196
196
196
195
195
195
195
194
194
194
Grabung Guyan 1938/39
193
192
193
193
192
192
194
Grabung Guyan 1938/39
192
N 500
501
502
503
504
193
N 500
501
502
503
504
23
1
2
? Abb. 31: Lohn-Setzi. Stimmungsbild der Fundstelle. In der kleinen Senke im rechten Bildvordergrund tritt heute ein kleiner Bachlauf ans Tageslicht.
Abb. 30: Lohn-Setzi. Die Fundstelle aus der Vogelperspektive. Sie liegt heute im Bereich einer landwirtschaftlich genutzten Hangterrasse (1). Im vorgelagerten, gegen Südosten hin abfallenden Waldgelände konnte eine ähnliche geologische Situation wie in Büttenhardt-Zelg beobachtet werden, so dass mit der Existenz ehemaliger Silexabbaustellen (2) gerechnet werden kann. Abb. 32: Lohn-Setzi. Die Ergebnisse der geomagnetischen Messungen von 2009. M. 1:1250. , 69 3 350
69 3400
69 3500
69 3450
18090060
N
430
18090207
18090059
28 0000
5
29 0000
56
18090208
18090054 18090056 18090055
94
9
426
18090053
18090057 18090205
18090058
429
1800401
18090181 18090206
18090182
29 9950
289950
164
18090204 18090203
1800615
18090183
18090202
1800617
436
1800616
18090138
56
4 18090142
18090200
1800857 18090139
2 8 9900
29 9900
18090201
435
18090140
1800856 1800424 18090146
0
5
10
20
30
40
50 Meters 18090135
18090184
18090137 18090136
69 3350
24
69 3400
69 3450
69 3 500
2.2.3 Lohn-Setzi Die Entdeckung der Fundstelle von Lohn-Setzi52 (Abb. 30) reicht ungefähr in die Zeit des aufflammenden Ersten Weltkrieges zurück, wobei über die Umstände, die zur Entdeckung des Platzes geführt hatten, kaum etwas bekannt ist. Aktenkundig wird die Fundstelle53 erst durch eine Notiz des damaligen Sekretärs der Schweizerischen Gesellschaft für Urgeschichte, Eugen-Tatarinoff (1868–1938);54 darin erwähnt er, dass er zusammen mit Hans Sulzberger (1886–1949) am «Abhang nördlich der Setze [...] eine Masse von Feuersteinen» gefunden habe. 1925 gelangte eine grössere Sammlung55 mit Funden ins Museum zu Allerheiligen in Schaffhausen. Sie dürfte im Zusammenhang mit den Aufsammlungen der Gebrüder Sulzberger stehen. Eine weitere Kollektion mit Silices gelangte 1980 durch M. Bolli in die kantonalen Bestände. Den bisher letzten Eingang von Silexfunden aus Lohn-Setzi verzeichnen die Eingangsbücher der Kantonsarchäologie für das Jahr 1987, als Horst Worm ein kleines Fundensemble56 einlieferte, das er wenige Jahre zuvor auf der Ackeroberfläche gesammelt hatte. Bei all diesen Funden handelt es sich ausnahmslos um Lesefunde. Eigentliche archäologische Sondagen haben in der Setzi bislang keine stattgefunden. Die Fundstelle liegt auf einer kleinen, nach Südosten geneigten Hangterrasse, unweit eines idyllischen, heute teilweise unterirdisch geführten Bachlaufs (Abb. 31). Topografisch hat die etwa 2000 m2 grosse Fundstelle durchaus Gemeinsamkeiten mit Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Auch LohnSetzi liegt auf einer windgeschützten Hangterrasse mit nahem Wasservorkommen. Die stark gegliederte Landschaft bot Wildtieren sicherlich ideale Lebensgrundlagen. Daneben dürften in der Jungsteinzeit Ackerböden mit durchschnittlicher Ertragsfähigkeit in der näheren Umgebung vorhanden gewesen sein. Insofern schiene die Fundstelle durchaus die Anforderungen an einen permanenten Siedlungsplatz zu erfüllen.
3000
SN
v.Chr.
4500
MN
4000
Jungneolithikum
3500
Gewisse Ähnlichkeiten bestehen allerdings auch mit der ausgedehnten Fundstelle von Büttenhardt-Zelg, vor allem, was die geologische Situation anbelangt: So kommt die östlich an die Hangterrasse grenzende Böschung mit den pfeilerartig stehen gebliebenen Korallenstöcken57 durchaus als primäre Silexlagerstätte und damit auch als ehemaliger Abbauplatz in Frage. Dies erschwert die funktionale Deutung des Fundplatzes zusätzlich. Ohne aufwändige, archäologische Nachforschungen wird hier kaum eine zuverlässige Einschätzung möglich sein. Leider haben auch die geophysikalischen Messungen keine verwertbaren Ergebnisse für die Interpretation der Fundstelle geliefert (Abb. 32). Ein eigentümliches Bild zeichnen insbesondere die bisher geborgenen Funde. Durch die insgesamt 828 Silexartefakte mit einem Gesamtgewicht von knapp 6 kg ist das Inventar im regionalen Vergleich eher als klein zu taxieren. Von diesen 828 Artefakten machen die Kerne und Kernfragmente einen Anteil von beachtlichen 43% aus,58 währenddessen die bearbeiteten Artefakte nur gerade 11% an der Gesamtmenge ausmachen. Auffallend ist des Weiteren auch das völlige Fehlen von Felsgesteinartefakten (Steinbeilklingen, Mahlsteine u.a.).59 Selbst wenn man davon ausgehen muss, dass diese Zahlenwerte durch eine gewisse Selektion der Finder spürbar beeinflusst worden sind, lässt sich das Inventar gesamthaft recht gut mit jenen aus Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herb lingen)-Grüthalde vergleichen. Analog zu Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde spricht auch für Lohn-Setzi die Zusammensetzung des Fundspektrums (Geräte- und Abfallspektrum) dafür, dass der Ort nicht über einen längeren Zeitraum des Neolithikums genutzt worden sein kann. Angesichts dessen erscheint es auch in diesem Falle zulässig, das Lesefundmaterial in der Auswertung als Einheitskomplex zu behandeln. Abb. 33: Chronologieschema des Mittel- bis Spätneolithikums zwischen Westschweiz und Oberschwaben. Der graue Bereich markiert den Zeitraum, in den die drei Schaffhauser Fundstellen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi typologisch eingeordnet werden können. MK=Michelsberger Kultur, MN=Mittelneolithikum, SN=Spätneolithikum.
Westschweiz
Zentralschweiz/ Zürichsee
Ostschweiz/ Bodensee
Neckargebiet
Oberschwaben
Lüscherz
Spätes Horgen
Spätes Horgen
Goldberg III
Goldberg III
Westschw. Horgen
Horgen
Horgen
?
Horgen
Cortaillod
Pfyn
Pfyn/Altheim
Cortaillod
Cortaillod
«Proto-» Cortaillod ?
MK V MK IV
Frühes Pfyn (Hornstaad)
MK III
Pfyn/Altheim
«Lutzengüetle-Stil»
Schussenried / MK II
Schwieberdingen / MK I
Schussenried
Egolzwil
«Epi-Rössen»
«Epi-Rössen»
Aichbühl
(Rössen?)
Rössen
Rössen
(Rössen?)
25
Abb. 34: Ausgewählte Keramikfunde aus den Stationen HornstaadHörnle IA, Archäologische Horizonte 1-3 (oben) und Eschen FL-Lutzengüetle, Schicht VI (unten). M. 1:6.
26
2.3 Datierung der Fundstellen 2.3.1 Typologische Datierung Der erste Anhaltspunkt für eine zeitliche Einordnung (Abb. 33) der drei untersuchten Stationen bildet die Keramik von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, die zwar stark fragmentiert, aber hinsichtlich des Formen- und Verzierungsschatzes genügend aussagekräftig für eine typologische Datierung ist. Emil Vogt hat sie schon in den 1950er Jahren mit den Funden vom Lutzengüetle bei Eschen (FL) verglichen60 und brachte sie mit dem von ihm geschaffenen Terminus der «Lutzengüetle Kultur» (Abb. 34) in Verbindung. Guyan, der Ausgräber der Fundstelle Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, glaubte Bezüge zur Schussenrieder Kultur erkennen zu können.61 Vogts Terminus der «Lutzengüetle-Kultur» ist heute umstritten.62 Die Problematik liegt insbesondere in der unzureichenden Definition der «Lutzengüetle-Kultur» und ihrer unscharfen Abgrenzung gegen andere zeitgleiche Keramikstile. Ausserdem wurden die Funde der Patenstation vom Lutzengüetle bei Eschen nie vollständig ausgewertet und publiziert, was mit ein Grund dafür sein dürfte, dass sich der Vogt’sche Kulturbegriff in der Fachwelt nie richtig hat durchsetzen können. Tatsache ist, dass die von Magdalena Maczynska publizierten Keramikfunde vom Lutzengüetle recht gute Anknüpfpunkte63 an die Schussenrieder-Keramik zeigen, so dass es beim heutigen Forschungsstand gerade aufgrund der Funde der Patenstation schwer fallen dürfte, den Terminus der «Lutzengüetle-Kultur» als eigenständigen Kulturbegriff zu rechtfertigen.64 Überdies ist alles andere als klar, wie homogen der vermeintliche Referenzkomplex vom Lutzengüetle in chronologischer Hinsicht tatsächlich ist.65 Solange die Unklarheiten rund um den Begriff der «Lutzengüetle-Kultur» nicht geklärt sind, erscheint es folglich ratsam, den Begriff einstweilen aus dem archäologischen Wortschatz zu verbannen und auf neutralere Bezeichnungen auszuweichen. Wesentlich klarer, weil aus einem zuverlässigen Befundkontext stammend, ist ein Keramikensemble, das im Rahmen einer grösseren Rettungsgrabung des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in der Ufersiedlung Hornstaad-Hörnle IA ausgegraben wurde.66 Dort wurde ein Keramikensemble geborgen, das sich in erster Linie durch Flaschen mit tiefsitzenden Ösen, Gefässe mit schulterständigen Ösenpaaren, Töpfe mit Knubben im Bauchbereich sowie durch gelegentlich auftretende unverzierte Randleisten, Krüge mit Bandhenkeln sowie becherartige Gefässe mit Henkeln auszeichet67 (Abb. 34). Als verbindendes Element zu den Funden vom Lutzengüetle sind insbesondere die Flaschen mit ihren tief sitzenden Ösen zu nennen, die doch recht typisch für das ältere Jungneolithikum des Bodenseegebietes zu sein scheinen. Aufgrund der sich auf einige wenige Zierelemente beschränkenden, aber doch in einigen Punkten offensichtlichen Differenzen gegenüber anderen Zierstilen des betreffenden Zeithorizontes sah sich B. Dieckmann veranlasst, den Begriff der «Hornstaader Gruppe»68 ins Leben zu rufen. Im Gegensatz zu Vogt hat er das Beiwort «Kultur» bewusst vermieden, umso mehr als der Kulturbegriff nicht nur eine eigenständige Ausprägung des Formen- und Verzierungsschatz von Keramik, sondern auch verschiedene andere Ausdrucksformen miteinschliesst.
Wiederum anders als der Komplex aus Hornstaad-Hörnle IA präsentiert sich das Ensemble von Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde. Der kleine, leider sehr stark zerscherbte Komplex69 (Kat. 161–186) fällt in erster Linie durch den charakteristischen Ritzdekor auf, der sich vorläufig auf eine einzige Gefässform, nämlich die konischen Schüsseln beschränkt. Diese Verzierungen wurden gut erkennbar in den lederharten Ton eingearbeitet und unterscheiden sich damit erstens von Schussenrieder Dekors, die noch in einen relativ plastischen Ton eingearbeitet worden sind, als auch von norditalienischen Verzierungen,70 die erst nach dem Brand in die Gefässoberfläche eingeritzt worden waren. Der Musterschatz ist vergleichsweise einfach und besteht hauptsächlich aus tannenbaumförmigen Dekors (Kat. 179–184). Für die Herblinger Schüsseln ist zudem der ausgeprägte, stark ausladende Standfussboden charakteristisch (Kat. 179–180, 182). Gleichermassen auffällig ist in Herblingen die Häufigkeit der ein- druck- und stempelverzierten Keramik, wobei die zumeist punktförmigen Einstiche offenbar mit unterschiedlich beschaffenen Instrumenten erzeugt wurden (Kat. 168–172, 175). Soweit dies der hohe Zerscherbungsgrad der Keramik zulässt, scheint es sich bei den eindruck- und stempelverzierten Scherben um Reste von Krügen zu handeln. Ausserdem sind die Krüge von Herblingen mit einem betonten Bauchumbruch versehen (Kat. 168–170). Ausgesprochen typisch scheinen auch relativ dicke Krughenkel mit rundem bis spitzovalem Querschnitt zu sein (Kat. 168, 176–178). Sie sind im MateriAbb. 35: Auswahl sogenannter Becher des Typs «Borscht» (Variante B) aus dem Hochrhein- und Bodenseegebiet. 1-2 Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde, 3-8 Tägerwilen TG-ARA Strasse, 9 Unteruhldingen-Bayenwiesen [Fst. 20], 10 Hornstaad-Hörnle I [Fst. 9], 11 Steckborn-Turgi, 12 Altenburg-Sinkelosebuck, 13 Hemmenhofen-Im Bohl. M. 1:4.
1
2
3
5
4
6
7
8
9 10 11
12
13 27
al von Hornstaad-Hörnle IA offenbar weitaus seltener belegt.71 Kennzeichnend für den Komplex von Herblingen sind auch Flaschen mit bauchständigen, horizontal durchbohrten Ösen (Kat. 163, 165, 167), die in gleicher Art auch aus Hornstaad-Hörnle IA und Eschen-Lutzengüetle bekannt sind.72 Auch schulterständige, horizontale Ösen liegen in mehreren Exemplaren vor (Kat. 166). Soweit sich dies aufgrund des hohen Zerscherbungsgrades sagen lässt, handelt es sich bei den Schulterösen ausnahmslos um Einzelösen, während aus Hornstaad-Hörnle IA in erster Linie (grazilere) Ösenpaare vorliegen.73 Bei den Töpfen fällt insbesondere das völlige Fehlen von randständigen Knubben in Herblingen auf. Wenn Knubben vorhanden sind, dann sind sie meistens in der Bauch- oder Schulterregion angebracht (Kat. 161–162). Randleisten sind an weniger als an 10% der Randscherben nachweisbar. Dabei handelt es sich um ein Merkmal, das bis in die späte Pfyner Kultur beliebt war.74 Randkerbungen, wie sie beispielsweise im Material des Lutzengüetle bei Eschen nachgewiesen sind, fehlen in Herblingen völlig. Da Randkerbungen schwerpunktmässig in Rössener und Epi-Rössener Komplexen belegt sind,75 muss es sich um ein älteres Merkmal handeln, das im Hochrheingebiet zur Zeit der Herblinger Besiedlung offenbar schon nicht mehr in Mode war. Ein durchaus an ältere Komplexe anklingendes Element sind die zwei im Herblinger Material nachgewiesenen Schulterfragmente (Kat. 185–186) von Bechern des Typs «Borscht»76 (Variante B) mit stark betonter Schulter (Abb. 35).77 Bei einem der zwei Stücke (Kat. 185) sind auf der stark erodierten Schulter mutmassliche Spuren eines ehemals vorhandenen Einstichdekors erkennbar.
Das unmittelbare Nebeneinander von Bechern des Typs «Borscht» mit ritzverzierter Keramik vom Typ «Lutzengüetle» ist ein neuartiger Aspekt, den Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde in die Chronologiediskussion rund um die Datierung und Einordnung der ritzverzierten konischen Schüsseln miteinbringt. Auch wenn man aufgrund der Flaschen mit tiefsitzenden, horizontal durchbohrten Einzelösen zunächst eine ungefähre Gleichaltrigkeit der Komplexe von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Eschen-Lutzengüetle und Hornstaad-Hörnle IA annehmen wollte, so fallen am Material von Herblingen doch einige Merkmale auf, die auf ein geringfügig höheres Alter schliessen lassen, als es für Hornstaad-Hörnle IA durch Dendrodaten (3917–3904 v.Chr.78) belegt ist. Als erstes ist das Fehlen von eigentlichen Bandhenkeln in Herblingen zu nennen. Hier sind ausschliesslich stabförmige Henkel mit rundem oder ovalem Querschnitt nachgewiesen. Zweitens spricht das Fehlen von stark betonten Standfussböden in Hornstaad auf eine gewisse chronologische Differenz. Drittens fehlen in Hornstaad-Hörnle IA eindruck- und stempelverzierte Dekors, wie sie in Herblingen in mehreren Exemplaren belegt sind.79 Viertens liegen aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde keinerlei randständige Knubben vor und fünftens unterscheiden sich die ritzverzierten Gefässe aus Hornstaad-Hörnle IA in einigen Punkten deutlich von den Schüsseln aus Herblingen. Folglich spricht das Fehlen eines deutlich ausladenden Standfussbodens und das Vorhandensein randständiger Knubben an einigen ritzverzierten Schüsseln von Hornstaad für eine entwickeltere Form dieses Gefässtyps relativ zu Herblingen (Abb. 36). Überdies fallen die
Abb. 36: Konische Schüsseln aus jungneolithischen Feuchtbodensiedlungen des Bodensee- und Zürichseegebietes, teils im charakteristischen Ritzstil («Lutzengüetle-Zierstil«) des Hochrhein-/Bodenseegebietes verziert. Fundorte: Hemmenhofen-Im Bohl (1), Hornstaad-Hörnle IA (2–3), Zürich-Bauschanze (4), Zürich-Kleiner Hafner, Schicht 4C (5) und Schicht 4A+B (6). M. 1:6.
1
4
3
2
28
5
6
Schüsseln aus Hornstaad dadurch auf, dass die Knubben von konzentrisch angeordneten Ritzlinien umgeben sind («Sonnenmotiv?»), was in Herblingen völlig fehlt. Auch ein Gefäss aus den jüngeren cortaillodzeitlichen Phasen 4C+D von Zürich-Kleiner Hafner, das ungefähr gleich alt wie die Schüsseln aus Hornstaad anzusetzen ist, zeigt keinerlei Anzeichen einer Standfussbildung.80 Ein weiteres Gefässfragment aus Zürich-Bauschanze81 (Abb. 36,4) ist leider unstratifiziert und kann hier nichts zur Lösung des Problems beitragen, auch deshalb, weil der originale Boden fehlt. Eine wichtige Rolle in der Datierungsfrage sprechen des Weiteren die zwei Becherfragmente vom Typus «Borscht». Im Gegensatz zu den Funden aus dem Bodenseegebiet,82 für die teilweise diskutiert wird, dass die Becherfragmente des Typs «Borscht» durch die Einbringung von Lehm aus benachbarten Trockenbodenzonen in die Siedlungsareale gelangt sein könnten,83 lässt sich ein vergleichbares Szenario für Herblingen aus verschiedenen Gründen ausschliessen. Zum einen unterscheidet sich die Qualität der beiden Becher in keinster Weise von derjenigen der übrigen Keramiken und zum anderen lässt sich auch ein späteres Hinzukommen ausschliessen, weil die Fundschicht allem Anschein nach recht rasch durch sterile Süsswassersedimente (Kalktuffausscheidungen) versiegelt worden sein muss.84 Hinzu kommt, dass die starke Schulterprofilierung typologisch ausserordentlich gut zu den deutlich ausladenden Standfussböden passt. Aus der Tatsache, dass in Herblingen kein einziges Randfragment mit Randkerbung vorliegt, lässt sich ableiten, dass der Komplex wohl kaum unmittelbar an die Epi-Rössener Keramik anzuschliessen ist. Vielmehr könnte man annehmen, dass sich in der auffallenden Verzierungsarmut der beiden Herblinger Becherfragmente ein gewisser zeitlicher Abstand zu den Epi-Rössener Komplexen des dritten Viertels des 5. Jahrtausends v.Chr. abzeichnet, wobei einschränkend betont werden muss, dass die Diskussionsbasis mit nur zwei stark fragmentierten Becherscherben als völlig unzureichend bezeichnet werden muss. Eine gewisse zeitliche Differenz zu den klassischen «Epi-Rössener» Gruppen deuten auch die charakteristischen Flaschen mit tiefsitzenden Ösen an. Solche sind aus Epi-Rössener Komplexen bisher noch unbekannt. Folglich müsste der Komplex von Herblingen also jünger als die klassischen Epi-Rössener Becher, aber älter als die Keramik von Hornstaad-Hörnle IA sein. Aufgrund der zahlreicheren Anknüpfpunkte an das Material von Hornstaad-Hörnle IA dürfte er aber zeitlich näher bei Hornstaad als bei den Epi-Rössener Gruppen liegen.85 Somit ist eine Datierung zwischen 4150 und 3950 v.Chr. für Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde am Wahrscheinlichsten (Abb. 33). Dieser Verdacht wird auch durch ein 14C-Datum gestützt (vgl. Abb. 37). Sehr viel schwieriger gestaltet sich die Einordnung des Fundkomplexes von Büttenhardt-Zelg, zumal von hier bis jetzt lediglich einige ganz kleine Keramikfragmente vorliegen, die ganz pauschal ins Jungneolithikum einzuordnen sind, was mitunter auch durch die charakteristische Tonqualität unterstrichen wird. Abgesehen von der Keramik offenbart sich die kulturelle Verwandtschaft der Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi recht klar über das lithische Material. Sowohl metrisch, herstellungstechnisch, als auch formenkundlich (Gerätespektrum)
sind sich alle drei Inventare derart ähnlich, dass sie dem gleichen Traditionskreis zugeordnet werden können. Im Gegensatz zum Material aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, das durch seine vergleichsweise einheitliche Keramik auffällt, kann die zeitliche Tiefe der beiden anderen Materialkomplexe nur unbefriedigend eingeschätzt werden, insbesondere wenn man von der Annahme ausgeht, dass es sich um periodisch aufgesuchte Werkplätze handeln könnte. Eine weitere Verbindung zwischen den Inventaren stellt die petrografische Analyse der Silexkomplexe her, wo ein in sich einheitliches Rohstoffspektrum nachgewiesen werden konnte. Gut in dieses Bild fügt sich auch das Formenspektrum der Steinbeilklingen aus Büttenhardt-Zelg ein: Es passt ganz hervorragend in einen Kontext des älteren Jungneolithikums (vgl. Abs. 5.2). All diese Beobachtungen zeigen, dass die typologische Einordnung der drei Fundstellen in ein älteres Jungneolithikum auf jeden Fall richtig sein muss. Unklar ist allerdings ihr exaktes zeitliches Verhältnis zueinander. Anhand der Rohstoffspektren der Silices aus den Ufersiedlungen des Bodensees lässt sich überdies eindeutig zeigen, dass vermutlich über das gesamte ältere Jungneolithikum hinweg Schaffhauser Silexrohstoffe in die Siedlungskammern des Bodensees gelangten. Dies bestärkt einmal mehr den Verdacht einer längeren Benutzungszeit der Fundstelle Büttenhardt-Zelg und vielleicht auch von Lohn-Setzi. 2.3.2 Radiokarbondatierungen Um die typologisch erarbeiteten Datierungsansätze durch naturwissenschaftliche Daten absichern zu können, wurden Radiokarbondatierungen durchgeführt (Abb. 37). Dabei erwies sich die Selektion des Probenmaterials als echte Herausforderung, lag doch aus Büttenhard-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde nur wenig und aus Lohn-Setzi überhaupt kein Probenmaterial mit bekanntem Kontext vor. In Büttenhardt waren einzig die zwei Knochenfragmente aus der 1989 gegrabenen neolithischen Grube (vgl. Abb. 6) für eine naturwissenschaftliche Datierung geeignet. Weil nicht klar war, ob die beiden Knochenstücke usprünglich zum selben Skelett gehörten, wurde nur das grössere Fragment für eine Analyse ausgewählt. In Herblingen war das Probenangebot etwas breiter, indem neben einer geringen Zahl kleinster Holzkohleflitter auch noch auf vereinzeltes Knochenmaterial zurückgegriffen werden konnte. Da sich nur ein einziger Holzkohleflitter für eine Radiokarbondatierung anbot, mussten zwei Knochenstücke aus dem Fundus ausgewählt werden, um die Probenzahl soweit zu vergrössern, dass eine einigermassen zuverlässige Datenmenge erreicht werden konnte. Der Entscheid fiel auf zwei grössere Knochenstücke aus den Grabungen von 2007 und 1938/39, dies zum einen, um abzuklären, ob die früher geborgenen Knochenstücke durch die Lagerung im Depot kontaminiert waren, zum anderen aber auch, um eine mit Büttenhardt vergleichbare Ausgangslage für den Datenvergleich zu haben. Mit einem kalibrierten Vertrauensintervall von 3990 bis 3710 v.Chr. (2 Sigma) fällt das Datum aus der neolithischen Grube von Büttenhardt (ETH38942) in einen Zeitraum, der in etwa mit der Besiedlung der ältesten Ufersiedlungen am Bodensee zusammenfällt. 29
Befund
Lab.-Nr. ETH
C14 y BP (Material)
δ-C13 (‰)
Büttenhardt-Zelg, Grube 1 (1989)
ETH– 38942
5085±65 (Knochen, 2,3g)
HerblingenGrüthalde 2007, Fk. 230: Schnitt IV, Koord. 504,00/198,00, OK Pos. 6
ETH– 38943
5250±35 (Holzkohleflitter)
HerblingenGrüthalde 2007, Fk. 229: Schnitt IV, Koord. 501,60520,10/195,40– 195,80, Pos. 5
ETH– 38944
3965±50 (Knochen, 4,7g)
-19,5±1,1
HerblingenGrüthalde 1938/39, ohne Fk Nr.
ETH– 38945
3875±55 Knochen, 14,6g)
-18,5±1,1
Cal 1 σ BC (68,2%)
Cal 2 σ BC (95,4%)
Interval
Relat. p
p in %
Interval
Relat. p
p in %
-19,1±1,1
3960–3790
1,000
68,2
3990–3710
1,000
95,4
-23,3±1,1
4220–4200 4160–4150 4140–4120 4050–3980
0,183 0,048 0,109 0,660
12,5 3,3 7,4 45,0
4230–4190 4170–3970
0,159 0,841
15,2 80,2
2570–2510 2500–2400 2380–2350
0,371 0,570 0,059
25,3 38,9 4,0
2580–2300
1,000
95,4
2460–2280
1,000
68,2
2490–2190 2170–2140
0,984 0.016
93,9 1,5
Abb. 37: Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Übersicht über die AMS-Datierungen. Die Kalibration erfolgte mit dem Programm OxCal v3.9 (Kalibrationskurve: Atmospheric data from Stuiver et al. (1998), cub r:4 sd:12 prob usp[chron]).
Ganz anders präsentierten sich die Daten aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Während das datierte Holzkohlestück (ETH-38943) ein kalibriertes Vertrauensintervall von 4230 bis 3970 v.Chr. (2 Sigma) ergeben hat und damit gut zum übrigen Fundmaterial passt, sind die beiden Knochenstücke (ETH-38944, 38945) aus derselben Schicht deutlich jünger datiert. Durch die fast meterhohe, sterile Überdeckung der Fundschicht kann mit Sicherheit ausgeschlossen werden, dass zu einem späteren Zeitpunkt jüngeres Knochenmaterial in die Kulturschicht gelangte. Dazu passt auch, dass beide Knochenstücke von unterschiedlichen Punkten stammen und dass während der Grabung keine erkennbaren jüngeren Störungen (ausser den Grabungen Sulzbergers und Guyans) beobachtet werden konnten. Darüber hinaus spricht die massive Kalksinter-Sedimentation über der Kulturschicht dafür, dass die Fundschicht relativ rasch durch Sedimente versiegelt worden sein muss. Zudem gibt es keinerlei archäologische Indizien im ke-
30
ramischen und anorganischen Fundgut, die für eine Durchmischung der Kulturschicht mit schnurkeramischen Funden sprechen würden. Folglich müssen wir davon ausgehen, dass die Daten der beiden Knochenstücke für eine Altersbestimmung der archäologischen Überreste ungeeignet sind.86 Im Allgemeinen sind das Radiokarbondatum von Büttenhardt-Zelg (Grube 1; ETH-38942) und das an einem Holzkohleflitter von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde gemessene Datum (ETH-38943) gut mit den in Abschnitt 2.3.1 typologisch erarbeiteten Datierungsansätzen vereinbar. Während das Datum von Büttenhardt nur einen begrenzten Abschnitt des vermuteten Nutzungszeitraums abdeckt, fällt das Datum von Herblingen noch ins ausgehende 5. Jahrtausend v.Chr. und damit in eine Phase, die im Hochrhein- und Bodenseegebiet bislang noch kaum belegt ist. Dies könnte auch das eigentümliche Gepräge des Herblinger Fundmaterials plausibel erklären.
3 Petrographische Charakterisierung der Silex-Rohstoffe * (Jehanne Affolter)
Der Jura selber besteht aus Sedimenten, die im Mesozoikum und Tertiär abgelagert wurden. Seine geologische Entwicklung ist eng mit derjenigen der Alpen verbunden, durch deren Hebung der Jura gefaltet und verschoben wurde.
3.1 Forschungsstand und Analysemethoden
3.2.2 Ablagerungen im mesozoischen flachen Meer
Dank der intensiven Forschungstätigkeit in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten ist bereits sehr viel über die Herkunft der in den prähistorischen Siedlungen der Schweiz verwendeten Silexrohstoffe bekannt. Vor einigen Jahren wurde das ganze Juragebiet einer ersten systematischen, aber nicht allumfassenden Bestandesaufnahme unterzogen.87 Parallel dazu wurden die ersten Rohstoffanalysen an Silexartefakten aus archäologischen Grabungen durchgeführt. Die Grabungen in der Region um Schaffhausen konnten zum damaligen Zeitpunkt nicht in die Betrachtungen mit einbezogen werden. Die vorliegende Arbeit erlaubt es, diese Lücke zu schliessen.
Am Anfang der mesozoischen Zeit war die Gegend, wo heute der Jurabogen liegt, eine Zone, die durch ein von Osten vordringendes Meer nach und nach überflutet wurde.90 Diese marine Überschwemmung hat die Ablagerung detritischer Formationen wie Sande und Transgressionskonglomerate verursacht. Sie hat, während der Triaszeit, manchmal auch zur Bildung von Gips und Salz geführt. Dieses flache, epikontinentale Meer senkte sich langsam unter der Last des zugeführten und chemischen sowie von Lebewesen ausgefällten
3.2 Regionale geologische Verhältnisse 3.2.1 Der Jurabogen Die Region um Schaffhausen ist Teil des Jurabogens und teilt dessen Geschichte. Der geologische Untergrund des Jurabogens hat sich während des Paläozoikums gebildet88 (Abb. 38). Er umfasst Gesteine, die mehrfach metamorphisiert wurden und heute aus Gneis und Schiefern bestehen. Am Ende des Paläozoikums erfolgte im Nordwesten des Juras eine von Vulkanismus geprägte Episode. Damit bildete sich eine spezielle Fazies aus, das Culm, das zudem eine erste Tendenz einer Hebung markierte. Die Culm-Fazies entspricht zu einem grossen Teil dem, was im regionalen archäologischen Sprachgebrauch als «Aphanit» bezeichnet wird.89 Dieser wurde im Neolithikum gebraucht, um geschliffene Beile herzustellen. Das Material dazu stammt von Aufschlüssen in den Vogesen.
* Übersetzt aus dem Französischen von Katharina von Salis.
Zeitalter
Serie
Beginn vor Mio Jahre
Holozän
0.01
Pleistozän
1.8
Pliozän
6
Miozän
23
Oligozän
34
Eozän
55
Paläozän
65
Späte Kreide
92
Frühe Kreide
142
Weissjura (Malm)
160
Braunjura (Dogger)
181
Schwarzjura (Lias)
210
Känozoikum
Quartär
Jungtertiär (Neogen) Alttertiär (Paläogen)
Kreide Mesozoikum
Der Vorteil der hier angewandten Methode besteht darin, dass sie systematisch auf alle Silex-Artefakte einer archäologischen Serie angewandt werden kann. Sie erlaubt demnach sowohl eine qualitative wie auch eine quantitative, zerstörungsfreie Analyse der Verwendung kieseliger Rohstoffe während der Ur- und Frühgeschichte.
System
?
Paläozoikum
Silex ist zum allergrössten Teil aus der Umwandlung von bestehenden Sedimenten entstanden. Wir legen deshalb — nach einer Vorstellung der regionalen geologischen Struktur — eine kurze Darstellung der Entstehung von solchen Sedimenten vor. Beides zusammen ermöglicht es, zu verstehen, weshalb so viele verschiedene Silex-Materialien auf natürliche Weise in einem so begrenzten geographischen Gebiet zusammen vorkommen. Danach folgt die Beschreibung der nicht-destruktiven Methode der Untersuchung von archäologischen Silex-Proben. Die Anwendung der Methode auf archäologische Stücke und ihre Auswirkung auf das Verständnis der neolithischen Gesellschaften wird im Kapitel 6 behandelt.
Abb. 38: Geologische vereinfachte Zeitskala mit den der internationalen Farbkonvention entsprechenden Farben für die einzelnen Zeitabschnitte. Alter und Namen nach Murawski et al. 1998.
Jura
Trias
245
Perm
292
Karbon
31
Materials. So konnten während praktisch des ganzen restlichen Mesozoikums mächtige Flachwasser-Serien abgelagert werden. Diese bestehen vor allem aus mächtigen Kalken, die manchmal von mergeligen oder sandigen Zwischenlagen charakterisiert sind. Die Mächtigkeit der Ablagerungen ist von Ort zu Ort unterschiedlich, und die lokalen Ablagerungsbedingungen haben zur Entwicklung verschiedener Gesteinstypen (Fazies) geführt. Im Grossen und Ganzen sind die Ablagerungen neritisch, das heisst, sie wurden in einem wenig tiefen Meer abgelagert. Dazu gehören auch die Rifffazies — Korallenriffe im weitesten Sinne — und Sedimente, welche am Strand und im intertidalen Gebiet entstanden sind. Diese Flächen werden im Verlauf der Gezeiten teilweise von Wasser überflutet und stehen teilweise trocken.
3.2.3 Tektonische Bewegungen verursachen Vielfalt Während des späteren Mesozoikums hat sich das Meer durch die Annäherung der europäischen und der afrikanischen Platte nach und nach geschlossen.91 Diese tektonischen Bewegungen haben die Topographie des Meeresbodens in der Zone des späteren Juras beeinflusst und erklären teilweise die grosse Variabilität der Fazies sowie die verschiedenen Mächtigkeiten der sedimentären Serien im heutigen Jura. Als am Ende der Kreidezeit und am Anfang des Känozoikums diese Bewegungen kulminierten und damit die Hebung der Alpen verursachten, wurden gleichzeitig nach und nach der Jura und die Schwäbische Alb zerklüftet, gefaltet und gehoben. 3.2.4 Verwitterung, Abtrag, Auffüllung, Vulkanismus, Eiszeiten
Oxfordien
W
Portlandien
O
Kimmeridgien Schaffhausen
W
A
erodierte Oberfläche = Eozänbasis vor der Verkarstung
Rhein
O Tithonium/Portlandium Kimmeridgium Oxfordium
Nachdem die Gegend aus dem Meer aufgetaucht war, setzten die Verwitterung und der Abtrag ein (Abb. 39A). Das dabei entstehende detritische Material bildete einen Teil der auf dem aufgetauchten Gelände abgelagerten terra rossa, oder «Siderolithikum», wie man sie nördlich des Juras nennt (Abb. 39B). Damit begann die Auffüllung der Vertiefungen wie das schweizerische Molassebecken, das Allgäu und das bayerische Vorland.92 Die Molasseablagerungen bestehen generell an der Basis aus Konglomeraten, gefolgt von Mergeln und Sandsteinen. Die «Graupensandsteinrinne» ist dabei ein spezielles Niveau, das von Ulm entlang des Fusses der Schwäbischen Alb verläuft93 (Abb. 40). Am Ende des Tertiärs und im frühen Quartär erfolgten im Hegau, also nördlich von Schaffhausen, vulkanische Ausbrüche. So entstand das für das Gebiet typische Relief (vgl. Kap. 2.1). Das folgende Quartär war durch eine Serie von Vereisungen gekennzeichnet, welche hier und da Moränen hinterliessen, während die Wasserläufe sich dem neuen Relief anpassten. So hat der Rhein, der sich ursprünglich in Richtung Donau entwässerte, im Westen die Ur-Aare
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Zufuhr aus dem Fränkischen Raum
NE
RIN
Zufuhr aus dem Schwarzwälder Sockel
IN TE
S
ND
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N PE
GR
AU
LAND
Schaffhausen
B Abb. 39: Eozän. A) Vor der Ablagerung der Eozänen Schichten hat die Erosion nach und nach einen Teil der an die Oberfläche geratenden MalmSchichten wieder abgetragen. Zur Eozänzeit waren deshalb Schichten verschiedenen Alters von der Karstbildung betroffen. Entsprechend beinhalten die eozänen Schichten nicht überall dieselben Komponenten. B) Die mächtigen roten Schichten wurden im Eozän abgelagert. Darin sind umgelagerte verschiedenaltrige Silexknollen aus dem Malm zu finden. Aufschluss bei Lausen-Chohlholz (BL).
32
Zufuhr aus dem Napfgebiet
Abb. 40: Schema der zur Miozänzeit bestehenden Graupensandsteinrinne. Die Pfeile zeigen die wichtigsten Erosions- und Transportrichtungen auf dem Festland. Zusammengestellt nach Pfiffner 2009, Geyer et al. 2003 sowie Graf 1991.
angezapft und sich dann, den Südfuss des Schwarzwaldes umfliessend, in Richtung Nordsee gewendet.94 Nachdem sich ein mildes Klima etabliert hatte, wurden die entstandenen Täler teilweise wieder aufgefüllt. Dies hatte zur Folge, dass Zonen, welche früher aufgeschlossen waren, durch Detritus begraben wurden. Damit wurden sowohl Silex-Aufschlüsse als auch von Menschen geschaffene Strukturen der unmittelbaren Beobachtung entzogen.
A
3.2.5 Hauptvorkommen von silexführenden Schichten In der Region von Schaffhausen ist der Malm der Hauptlieferant von Verkieselungen; er enthält mehr riffhaltige Partien als die Regionen südwestlich davon.95 Diese Serien liefern viele verschiedene Fazies, die sich in einer gewissen Distanz von anderen Fazies bildeten. Alle wurden später an ihre heutige Lage umplatziert, sei es durch sich folgende Phasen des Abtrags, sei es durch tektonische Geschehnisse (siehe Abschnitt 3.6). Zusätzlich enthalten auch Karstlöcher, Moränen und Flussbette umgelagerte Verkieselungen, deren Ursprung ausserhalb der Umgebung von Schaffhausen zu suchen ist.96 Deshalb präsentieren wir hier auch die Beschreibung dieser Materialien, denn sie spielten während der Steinzeit die Rolle von Konkurrenten oder von Ergänzungen für die lokale Silex-Versorgung in der Gegend von Schaffhausen.
B
3.3 Grundzüge der Sedimentologie
a
3.3.1 Allgemeines Die petrographische Analyse von sedimentären Gesteinen basiert auf dem Prinzip des Aktualismus: Was wir heute beobachten können, ist auch in der Vergangenheit so abgelaufen.97 Heute kann man beobachten, dass jedes Biotop seine speziellen Charakteristika hat, welche ihre speziellen Spuren im Sediment hinterlassen, das die Unterlage des Biotops bildet. Einige dieser Charakteristika sind von blossem Auge erkennAbb. 41: Rezente Fazies-Interpretationen als Beispiele für Komponenten und Strukturen in den Sedimentgesteinen. A) Wurmspuren auf intertidaler Strandebene; die Wurmhäufchen entstehen, während die Würmer im Sand ihren Gang graben. St Malo/Le Sillon (F). B) Uferzone an der Grenze zwischen supratidaler und intertidaler Zone. Typisch ist das Vorhandensein von grossen und kleinen Komponenten, die vom Wellengang grössensortiert werden. Rügen/Sassnitz (D). C) Unteres Intertidal: Die Rippelmarken entstehen am Strand da, wo die Wellen den sandigen Untergrund immer wieder aufarbeiten, um- und ablagern: a = Zone mit sehr feinem, gut sortiertem Sand, b = Einzelne Muschelakkumulationen in kleinen Haufen, c = Rippelmarken. St Malo/ L‘Eventail (F). D) Mittleres Intertidal — oberhalb der Rippelmarken; die Schalen der Muscheln sind bereits auseinander gefallen, es sind kaum mehr grobe Komponenten vorhanden. Die Strömung der sich zurückziehenden Flut bildet sogenannte Schattenmarken hinter den Muschelschalen. St Malo/ Le Sillon (F). E) Intertidal: Sich kreuzende Rückzugsspuren der Wellen auf einem offenen Schelf. a = Mikrorinne, b = der «Flutsaum» markiert die Stelle, wo die Flut pausierte, c = eine Mikrorinne durchschlägt den «Flutsaum», d = flache Zone mit untiefen Wasserrinnen. St Malo/Le Sillon (F).
c
b
a
b
C
D c a
d b
E 33
1
A
1
2
2
3
B
1 C
34
2
3
Abb. 42: Lebende marine Organismen und ihre fossilen Äquivalente. A) Seeigelstachel: 1 auf einem lebenden Seeigel; 2 versteinert, von der Schale getrennt, in einer Silexknolle mit dünner Rinde (Restkern aus der Fundstelle Büttenhardt-Zelg). B) Separate Muschelschalen: 1 rezent, nicht abgerollt; 2 subrezent, leicht abgerollt und auf dem Weg, ein Fossil zu werden; 3 in einer Silexknolle (Restkern aus der Fundstelle Büttenhardt-Zelg). C) Schneckenschalen: 1 rezent, nicht abgerollt; 2 subrezent, leicht abgerollt und auf dem Weg, ein Fossil zu werden; 3 fossil.
bar: Spuren vom Graben verschiedener Tiere (Abb.41A) oder Wurzeln, Sortierung von Körnern nach ihrer Grösse (Abb. 41B), Rippeln von Wellen (Abb. 41C), Lage von Komponenten (Abb. 41D-E), Fragmente von Makrofossilien wie Seeigel (Abb. 42A), Muscheln (Abb. 42B) oder Schnecken (Abb. 42C) zum Beispiel. Weitere Komponenten sind nur mit einem Mikroskop erkenn- und bestimmbar: Skelette und Schalen von mikroskopischen Lebewesen wie dem Krill, wovon sich Wale ernähren, oder den Foraminiferen (Abb. 43A-B), Mineralien die antransportiert wurden oder sich hier formten, Partikel, welche vom Grund des Meeres und den Seen durch die Bewegung des Wassers (Abb. 43C) oder von Stürmen aufgewühlt wurden, Totholzfragmente (Abb. 43D). Nach dem Verschwinden des Biotopes wandelten sich die Sedimente seiner Unterlage durch Wasserverlust und Kompaktion in Stein. Auf diese Weise wurde der Grossteil der Charakteristika der Biotope erhalten, welche wir heute im Sediment beobachten können. So kann z.B. die Schale einer Schnecke in einem Seeschlamm erhalten bleiben, während die Schnecke selbst und die Pflanzen, von welcher sie sich ernährte, bis auf die Spuren ihrer Wurzeln verschwunden sind. Die Gesamtheit der verbleibenden Charakteristika des Biotopes wird als «Sedimentfazies» bezeichnet.98 Diese Sedimentfazies findet sich vor allem in den Kalken99 und damit auch in den Silices, die daraus gewonnen werden.100
g g
r r
g A
B
In der Praxis charakterisiert man die Sedimentfazies durch die «Textur»101 und die Komponenten.102 Die Textur103 repräsentiert das Verhältnis zwischen der Grundmasse des Gesteins und den Komponenten. Man erfasst dabei die Häufigkeit, die Verteilung und den Aspekt der Grundmasse. Die Textur ist mehr oder weniger abhängig von den Ablagerungsbedingungen wie Tiefe, Wasserbewegung, Vorhandensein von Strömungen oder Hindernissen, Topographie (Abb. 44A-C) etc.
e e h
Die Komponenten sind immer Bestandteile, welche sich von der Grundmasse des Gesteins unterscheiden: ganze oder fragmentierte (Mikro-)Fossilien, detritische Mineralien, metallische Oxyde und allerlei andere Partikel.
C
In einem bestimmten Biotop leben zahlreiche Organismen. Die Seeigel, zum Beispiel, leben immer nahe dem Strand, aber in Zonen, die ständig von Wasser bedeckt sind. Anders die Muscheln, die auch in Zonen überleben, welche von den GeAbb. 43: Mikrofotos von in Silex erhaltenen Organismen und Bioklasten (befeuchtete Silexoberflächen). A) Foraminiferen in feiner Grundmasse (Typ 260) vom Monte Avena (I). Im Wasser ob dem pelagischen Ablagerungsraum sind planktonische Foraminiferen zuhause. Die abgebildeten Globotruncanideen (g) lebten nur in der späten Kreidezeit und können so Silex geologisch datieren. Die weissen kl. Kreise sind Radiolarien (r), die ebenfalls im offenen Meer lebten. B) Benthische, d.h. am Meeresboden lebende Foraminifere in Grundmasse des Typs 135; von Bendorf im südlichen Elsass. C) Seeigelstacheln (e), zerbrochen und abgerollt, sowie inkohltes Holz (h) in Silex mit Grundmasse des Typs 339 aus dem Dogger des Balmbergs am Weissenstein. Bewegtes Infratidal. D) Inkohltes Totholz im Silex mit Grundmasse des Typs 347 aus dem Dogger von Mittelberg/Rangiswangerhorn (D).
D 35
zeiten geprägt werden. Dem Prinzip des Aktualismus folgend, interpretieren nun Geologinnen die Sedimente, in welchen man Fragmente von Seeigeln findet, als Sedimente, welche in einem Milieu entstanden sind, das ständig unter Wasser stand. Die Bestimmung von im Stein — auch in den Silices — enthaltenen Fossilien ist wichtig für die Identifikation des früheren Biotopes, in welchem er entstand. Diese Überlegungen haben es erlaubt, die kontinentalen, marinen und lakustrinen Zonen im Laufe der Zeit zu erkennen, zu unterscheiden und zu rekonstruieren.104 Und dabei wurde klar, dass die Geographie der Erde sich seit dem Anfang ihrer Geschichte stark verändert hat.
S
S S A
«Im Verlauf der Jurazeit stiegen die warmen Meere an und überschwemmten einen Grossteil von Europa und fast halb Nordamerika. Korallen bauten ihre Riffe bis 3000 Kilometer weiter nördlich von ihren heutigen Vorposten. Feigen und Brotfruchtbäume wuchsen in Grönland, Palmen in Alaska».105 Wie oben erwähnt ist die Umgebung von Schaffhausen reich an koralligenen Gesteinen. Es scheint uns deshalb nützlich, uns der hauptsächlichen Charakteristika dieser Biotope zu erinnern. Der Begriff «Koralle» wird hier in seinem weitesten Sinn verstanden. Aus biologischer Sicht liefern mehrere Ordnungen das, was man umgangssprachlich als «Korallen» bezeichnet. Alle diese Ordnungen gehören zu den Coelenterata. Einige davon haben kein Skelett und wurden entsprechend nur sehr selten fossilisiert — mit ihnen befassen wir uns hier nicht.
B
L
B
C Abb. 44: Beispiele von Küsten. A) Steilküste mit Strandkliff am offenen Meer in Rügen (D). Die Silexknollen (S) fallen direkt aus ihrem Muttergestein in der Schreibkreide an den Strand runter. Auch im Erosionstrichter sind Silexknollen zu finden. B) Ruhige, geschützte Meeresbucht mit nur geringen Gezeitenunterschieden. Vegetation bis in Ufernähe. Feine Sedimente mit kaum gerollten Muschelschalen. Strand von Dierhagen (D). C) Kleine, geschlossene Lagune (L) mit nur einer schmalen, gegen Norden wachsenden Riffbarriere (B) bei La Saline auf der Insel La Réunion (F).
36
3.3.2 Die Riffe und ihre Umgebung
Die Korallen, die fossilisiert werden, sind oft sehr kleine Wesen, welche sich ein Aussenskelett aufbauen. Sie leben meist als Kolonien und teilen sich Partien ihres Skelettes — das sind die vielfältigen Formen, welche man mit blossem Auge beobachten kann (Abb. 45A-C). Sie ernähren sich tagsüber von Licht und nachts von Plankton. Die lebenden Korallen dieser Gruppe leben heute in tropischen Meeren. Sie ertragen keine Temperaturen unter 22° und brauchen einen felsigen Untergrund, um sich fest zu halten.106 Die geographische Zonierung der korallinen Biotope verschiebt sich in Funktion der Entwicklung des Klimas, also mit der Zeit. Das führt dazu, dass man sowohl übereinander als auch seitlich davon dieselben Faziesänderungen beobachten kann: vom Riff zum Strand oder umgekehrt, je nachdem sich der Meeresspiegel gehoben (Transgression) oder gesenkt (Regression) hat. Zudem führt das Wachstum des Riffs durch dessen steigendes Gewicht zu seiner Absenkung. Damit erhalten die tiefsten Teile des Riffes nicht mehr genug Licht, sie sterben allmählich ab, während die höheren Teile weiterwachsen.107 Falls der marine Untergrund instabil ist, z.B. nach der Erschütterung durch Erdbeben, kann er sich schneller senken als dass das Riff wachsen kann. Beim nächsten Reproduktionszyklus kolonisieren die Larven noch lebender Riffe — sich selbst fortbewegend oder durch Meeresströmungen transpor-
1A
1B
2A
2B
3B
3A
Abb 45: Riffe. Beispiele von lebenden Korallen (Beispiele aus La Réunion) und fossilen Korallen in Silex. Korallen-Ausläufer unterhalb von 5m Tiefe, auf der inneren Seite eines Riffes: 1A) Lebende Korallen (Acropora sp.), 1B) Korallenreste im Silex. Silex Typ 146, Lägern (ZH). Massige Korallenkolonie. In unruhigem Wasser zwischen Wasseroberfläche und 5m Tiefe, an der inneren Seite eines Korallenriffes: 2A) Lebend, 2B) Im Silex fossilisiert. Silex Typ 416, Charbonny (F). Ramöse Kolonie. Im ruhigeren Wasser werden die Korallengehäuse grösser und sind weniger dicht gepackt als im unruhigeren: 3A) Lebend, 3B) Detail, im Silex fossilisiert. Silex Typ 507, Mammirolle (F).
37
tiert — Gebiete näher der Küste. Falls das Riff über den Meeresspiegel auftaucht, bildet sich das neue Riff je nach den Möglichkeiten, welche ihm die regionale Topographie des Meeresbodens bieten. Dieses Phänomen wird als «Migration der Riffe» bezeichnet. Durch den Einfluss verschiedener Umweltfaktoren entwickelt jedes Riff eine eigenständige Morphologie. Seine progressive Zerstörung, z. B. durch Wellenschlag, verursacht die Bildung verschiedener sedimentärer Fazies daneben. Deshalb ist es sehr selten, dass man zwei total identische Fazies findet, die mehr als 500 m voneinander entfernt liegen. Dies gilt vor allem für weniger tiefe Fazies, während tiefere Fazies auch über 10 bis 20 km ähnlich oder gleich ausgebildet sein können.
S
A
3.4 Der Silex: Bildung, Eigenschaften und Untersuchungsmethoden Die Gruppe «Silex» im weiteren Sinne umfasst verschiedene Gesteine. Dies erklärt sich durch die Art ihrer Entstehung: Der Grossteil der kieseligen Gesteine entstand durch die Umwandlung bereits bestehender, stark variierender Sedimente.
S
3.4.1 Silex-Bildung B
C
S
S
D 38
Die Silices sind Kieselansammlungen, welche sich am häufigsten in kalkigen und selten in sandigen Sedimenten bilden. Sie stammen von der Ausfällung von Silicium, das dem Meer durch Erosion vom Festland oder durch Vulkanismus zugeführt wurde.108 Hier wurde das Silizium eventuell biologisch fixiert und, falls nicht wieder aufgelöst, sedimentiert. Dieses Silizium infiltriert entweder den noch weichen Kalkschlamm oder entlang von Schwächezonen des bereits erhärteten Gesteins in die Poren eines sich kompaktierenden Sandes.109 Im Falle der Kalke wird bei der Infiltration das Silizium Molekül um Molekül an Wasser (H2O) gebunden in das Sedi ment eingebracht.110 Dabei werden die CaCO3-Moleküle verdrängt und mit dem Porenwasser wegtransportiert. Bei diesem Prozess bleiben die Strukturen erhalten und denaturieren das Sediment nicht: die Moleküle des Ausgangs- und des Zielmaterials haben ähnliche Dimensionen, die Transformation provoziert also keine Distorsionen im Material. Der Silex erbt also einen Grossteil der Charakteristika seines Muttergesteins, dem Kalk. Wenn der Ersatz des Kalziums durch das Silizium vollständig erfolgt, entsteht ein homogener Silex. Erfolgt der Ersatz nur teilweise, bleiben kalkhaltige Schlieren in den sili fizierten Zonen. Die Silizium-Infiltration im Massstab von Bänken ist normalerweise unregelmässig. Sie führt selten zu gänzlich verkieselten Lagen, sondern eher zu mehr oder weniger regelmässig silifizierten, manchmal verbundenen Zonen. Deren Grösse variiert von Zentimetern bis zu Metern (Abb. 46A-D). Abb. 46: Morphologien von Silexblöcken im Feld: A) Silexwarzen (S) im Muttergestein aus der Trias von Mauchen/Aspen; B) Silexknolle (S) im Muttergestein aus dem Malm von Schleitheim/Talmüli; C) Plattensilex (S) von Linsberg (D); D) Miozäne Nagelfluh mit Silex (S)- und anderen Geröllen aus den Alpen. Diese finden sich, rausgelöst, auch in Äckern. Bargen (SH).
3.4.2 Eigenschaften Mechanische Kennzeichen Silex ist dadurch charakterisiert, dass er auf einen schockartigen Schlag mit einem muscheligen Bruch reagiert. Deshalb lässt er sich leichter spalten als metamorphe Gesteine und zerfällt in mehr oder weniger längliche, dünne Fragmente. Silex hat – wie Glas - keine Kristallgitterstruktur und besitzt in alle Richtungen hin gleiche Brucheigenschaften. Dies ermöglicht es, aus einem Silexblock ganz gezielt spezifische Gerä teformen herauszuarbeiten (vgl. Kap. 6). Der Silex ist gebrauchsresistenter als alle anderen Sedimentgesteine. Seine Härte entspricht 7 auf der Mohs‘schen Skala;111 wie der Quarz ritzt er sowohl Eisen wie Glas. So nützt er sich nur langsam ab, man kann ihn also über eine längere Zeit benützen, ehe er unbrauchbar wird. Danach kann man ihn bis zu einer gewissen Steilheit der Kanten mehrmals nachschärfen. Deshalb war er für die Menschen der Steinzeit bis zur Verwendung von Metallen unabkömmlich. Er war vor der Kenntnis der Metalle das einzige Material, mit welchem Fleisch, Knochen, Pflanzen usw. geschnitten werden konnte. Patina-Entstehung vor und nach der Silexbearbeitung Aus chemischer Sicht ist Silex instabil. Um eine grössere chemische Stabilität zu erreichen, hat er die Tendenz, mit seiner unmittelbaren Umgebung zu reagieren und mit ihr Elemente auszutauschen. Das Resultat dieses Prozesses ist die sogenannte Patina.112 Bei ihrer Entstehung handelt es sich also um ein natürliches Phänomen, das keiner Intervention durch den Menschen bedarf. Der Silex des Malms zum Beispiel hatte die Tendenz, nachdem er ins Eozän aufgearbeitet wurde, Eisen-Atome aus den ihn umgebenden Tonen aufzunehmen. Dies gab ihm seine charakteristische, braune Farbe wie in Abb. 48B illustriert. In der Archäologie beachtet man vor allem die Patina, welche sich nach der Aufgabe eines bearbeiteten Silex-Objektes gebildet hat. Dies erlaubt die Taphonomie, d.h. die Geschichte seiner Einlagerung zu untersuchen. Klassischerweise unterscheidet man eine «weisse Patina», eine «schwarze Patina» und eine «braune Patina». Die weisse Patina signalisiert, dass das Objekt lange im Kontakt mit der Luft gestanden ist, oder dass es in einem sehr kalkreichen Milieu gelegen hat. Im letzteren Fall ist der Umwandlungsprozess von RekristallisationsErscheinungen begleitet. Eine schwarze Patina entwickelt sich auf bearbeiteten Silex-Objekten, welche längere Zeit in einem feuchten Milieu lagen, das reich an organischem Material ist (z.B. in Kulturschichten prähistorischer Feuchtbodensiedlungen) — siehe Abb. 49A2, B2 und C2. Die braune Patina hat denselben Ursprung wie diejenige aus dem Eozän, allerdings ist sie weniger stark ausgeprägt: die Stücke werden durch Eiseneinlagerungen nur an der Oberfläche braun. Wenn ein bearbeiteter Silex nach seiner Aufgabe mehrere natürliche Umlagerungen in verschiedenen Milieus durchlaufen hat, weist er mehrere übereinander liegende Patina-Schichten auf. So kann ein im Eozän braun verfärbter Silex in organischen Kulturschichten häufig eine dunkle, zuweilen tiefschwarze Farbe annehmen. Es kann auch zwischen eozänzeitlichen («primären») und späteren Braunfärbungen durch Eisenimprägnation unterschieden werden. Beide Patinie-
rungen erscheinen von blossem Auge betrachtet gleich braun. Sie lassen sich aber unter dem Mikroskop gut unterscheiden. Aus diesem Grund ist das Verständnis der einzelnen Patinierungsvorgänge bei der Beurteilung archäologischer Stücke von erheblicher Wichtigkeit. 3.4.3 Silex-Analysemethode für archäologische Objekte Allgemeines Es existieren mehrere Methoden um die geologische Herkunft von Silex zu bestimmen. Wir haben die einzige heute existierende wissenschaftliche Methode gewählt, bei welcher das Objekt für seine Analyse nicht zerstört werden muss: die Bestimmung der sedimentären Mikrofazies unter dem Stereomikroskop. Wenn man die Oberfläche eines Silexstückes befeuchtet, wird es über 1 oder 2 mm Dicke durchsichtig. Dies erlaubt es, dessen Inhalt zu analysieren (siehe Abb. 43, 45B2 und 45B3) und ermöglicht eine dreidimensionale Sicht aller oberflächennahen Komponenten der Gesteinsprobe. Das Studium eines traditionellen Dünnschliffes ermöglicht dagegen nur die Untersuchung einer Fläche von ca. 2 mal 4 cm und einer Dicke von ca. 30/1000 mm und zerstört dazu die archäologischen Artefakte. Unsere Analysemethode entspricht in etwa dem Studium von polierten Oberflächen, die man früher für die Analyse von Kalken verwendete — mit dem Vorteil, dass es nicht notwendig ist, die zu untersuchende Proben oberfläche vorgängig zu polieren. Es ist also möglich, die archäologisch interessanten Serien vollständig zu untersuchen, wobei die Artefakte für weitere Studien intakt bleiben. Analysevorgang Jedes archäologische Artefakt wird zuerst mit dem Stereomikroskop studiert und die entsprechenden Beobachtungen werden unter der Inventarnummer des Artefakts auf einer Liste eingetragen. Alle Stücke, welche dieselben sedimentologischen und mikrofaziellen Charakteristika aufweisen, werden unter demselben Code oder Typ gruppiert, da sie zu derselben Varietät gehören.113 Interpretation der Analyse Wie dargelegt, kann man aus der Sedimentfazies das Biotop, in welchem sie entstand, rekonstruieren. Häufig kann auch – durch die Fossilien-Familien – sein geologisches Alter bestimmt werden. Auf diese Weise kann ein Gestein, dessen primäre Herkunft man wie bei Silices-Artefakten meist nicht kennt, einem Ursprungsgebiet oder gar einem bestimmten Silex-Abbaugebiet zugewiesen werden. Die Geologen haben für jeden geologischen Zeitabschnitt der Erdgeschichte die «Paläogeographie», d.h. die jeweilige Verteilung der Ozeane und Landmassen, von Stränden und Riffen, von Seenregionen und dem Lauf von Flüssen in paläogeographischen Karten rekonstruiert (Abb. 47).114 Jeder dieser potentiellen Ablagerungsräume entspricht einem speziellen, meistens einmaligen Biotop, das für bestimmte Fazies typische Sedimente hervorgebracht hat. Die Analyse der sedimentären Mikrofazies eines Silex-Artefaktes erlaubt demnach Rückschlüsse auf das geologisch erhaltene Biotop, in welchem der Silex entstanden ist. 39
Suche nach entsprechenden geologischen Aufschlüssen Somit genügt es, den Ort oder die Orte zu suchen, an welchen im Gelände oder auf einer paläogeographischen Karte dieser Fazies-Typ vorkommt, um die Herkunft eines Silexrohstoffs zu bestimmen. Einerseits kann man in der näheren und weiteren Umgebung der archäologischen Fundstelle systematisch auf die Suche nach potentiellen Vorkommen von Silex-Rohmaterial gehen und den dort auftretenden Silex mikrofaziell untersuchen. Ein Vergleich mit der Mikrofazies der archäologischen Fundstücke zeigt schnell, ob sie von diesen Aufschlüssen stammen können oder nicht. Enthält ein naher Aufschluss z.B. eine Riff-Fazies, das Artefakt aber eine Tiefseefazies, wird schnell klar, dass es nicht vom Aufschluss mit der RiffFazies stammen kann. Bleiben nach einem solchen Vergleich noch Artefakte unbekannter Herkunft übrig, kann man diejenigen geologischen Fazies-Proben suchen, welche mit der archäologischen Probe bestmöglich übereinstimmen. Hat man eine «Lithothek» — eine Sammlung von geologischen Silexproben möglichst vieler Gebiete, wie sie z.B. die Autorin, aber auch die Universi-
täten Innsbruck, Wien, Grenoble sowie die Museen von Orgnac, Limoges und Budapest aufgebaut haben — zur Hand, kann man dabei zuerst die Analysen und danach die Silices selber vergleichen. Ohne eine solche «Lithothek» bleibt einzig ein Vergleich der Analysen, falls solche überhaupt bestehen. Für immer noch nicht zuweisbare Artefakte kann entsprechend angenommen werden, dass ihr Herkunftsort noch nicht beprobt und analysiert wurde. Gezielte Prospektion Bei der gezielten Prospektion nach geologischem Silex entfaltet die hier benutzte Methode ihre ganze Kraft. Von den archäologischen Proben weiss man, welche sedimentären Fazies aus welchen geologischen Zeitperioden man suchen muss. So ist es nicht unbedingt notwendig, über eine Lithothek mit geologischen Referenzproben mit Verkieselungen zu verfügen. Es genügt im Idealfall, respektiv wenn vorhanden, die oben beschriebenen paläogeographischen Karten zu Rate zu ziehen. Darauf können die gesuchten Fazies passenden geologischen Alters gesucht und anschliessend im Feld beprobt
Abb. 47: Paläogeographie des Malms in Süddeutschland und der Schweiz. Die Verteilung von Land und Meer änderte sich mit der Zeit: Riffe bildeten an wechselnden Orten Barrieren zwischen dem offenen Meer und der Küste. Zusammengestellt nach Pfiffner 2009, Geyer und Gwinner 1986, Dercourt et al. 1993 sowie Laternser 2001.
Regensburg
Donau
Schaffhausen
Festland
40
Schwelle
Flachsee
Riffbildung
Malm-Geografie im süddeutschen Raum
Tiefsee
werden. Für die Herkunft einer archäologische Probe A, die nach der hier benutzten Methode als Fazies F aus der Z-Zeit bestimmt wurde, sucht man die Sedimente der Z-Zeit in der Fazies F auf der paläogeographischen Karte zuerst in der Fundregion des archäologischen Objektes A. Falls auf der Karte keine passende Fazies F aus der Z-Zeit in der Region vermerkt ist, sucht man zuerst in den Nachbarregionen und dann immer weiter, bis man die gesuchte Fazies F mit dem Alter Z in einer Region gefunden hat. Danach kann gezielt in diesen Gebieten nach potentiellen Aufschlüssen oder gar z.B. neolithischen Abbaustellen der gesuchten Fazies F gesucht werden, von welcher die Objekte A stammen. Die angewandte Methode ist demnach auch dazu geeignet, um die Analyse der Herkunft von Silexobjekten in einer Gegend anzugehen, welche vorher nicht auf Silexvorkommen prospektiert werden konnte und aus welcher deshalb noch keine mikrofaziell entsprechende geologische Proben oder Analysen zur Verfügung stehen.
Knolle
dicke Rinde dünne Rinde
A
Zuweisung eines Silex-Typs zu einem Referenzvorkommen Manchmal kommen mehrere Aufschlüsse oder Fundstellen in Frage, weil z.B. ein Gletscher oder ein Fluss ein silexhaltiges geologisches Niveau abgetragen, die Silexstücke mehr oder weniger weit transportiert und sie auf sekundärer oder gar tertiärer Lagerstätte abgelagert hat (Abb. 46D und 48C). Dann ist wohl wahrscheinlich, dass der prähistorische Mensch nach dem Prinzip der «kleinsten Anstrengung» das Material, das er benötigte, so nah wie möglich von seinem Lebensraum aufgesammelt hat. In diesem Zusammenhang kann man die Stücke mit Rindenresten (Kortex) speziell untersuchen. Je nach deren Zustand kann manchmal präzisiert werden, ob das Material in einem Flussbett aufgesammelt wurde, oder ob die Anstrengung unternommen wurde, um das Material an seinem ursprünglichen Vorkommensort zu holen. An einer dazwischen liegenden Lagerstätte hätte sich eine erkennbare, intermediäre Rinde zwischen den beiden eben zitierten Rinden-Arten bilden können (Abb. 48A-E).
S
B
k
q
r S
C
n D Abb. 48: Vielfalt der Rinden von geologischen Silexproben und Radiolarit: A) Silex aus dem Malm mit verschiedenen Rinden aus einem sub-primären Aufschluss. Südranden (SH). B) Aufgearbeiteter Silex (S) aus dem Eozän. Osterfingen (SH). C) Pliozänes Flussbett bei Löhningen/Schmerlet-Waldhof mit Silex- (S), Quarzit- (q), Kalk- (k) und Radiolaritknollen (r). D) Silex mit fluviatil geprägter Rinde und natürlichen Schlagmarken (N). Reims, Montagne d‘Attiche (F). E) Radiolarit von einem primären Aufschluss. Was aussieht wie eine Rinde ist keine, sondern ein Teil des die Radiolaritbank umgebenden Sedimentes. S-Chanf (GR).
Bankfläche
E 41
A1
A2
B1
B2
C1
C2
Abb. 49: Katalog mit Mikroaufnahmen der hauptsächlichsten Malm-Varietäten der Region Schaffhausen sowie ein paar Malm-Varietäten, welche im Neolithikum in Süddeutschland und der Schweiz in Minen abgebaut wurden. Frische geologische Proben und archäologische, patinierte Stücke. A) Silextyp 271: 1) geologische Probe aus Büttenhardt/Hinteres Freudental, 2) archäologisches Stück aus der Siedlung Markelfingen/ Kleine Espen. B) Silextyp 346: 1) geologische Probe aus Mühlhausen/ Ehingen. 2) archäologisches Stück aus der Siedlung Hornstaad-Hörnle 1A. C) Silextyp 366: 1) geologische Probe aus Thayngen-Fisterwald, 2) archäologisches Stück aus der Siedlung Markelfingen-Kleine Espen.
42
Abb. 50 (linke Seite): Geologische Proben aus der Region Schaffhausen und der zwei nächstliegenden Minenstandorte, welche im Neolithikum als Konkurrenz zu den Rohstoffen aus der Gegend von Schaffhausen wirken konnten: D) Silextyp 177 (geologische Probe aus Lohn/ Oberholz). E) Silextyp 179 (geologische Probe aus Lohn-Blattenacker). F) Silextyp 188 (geologische Probe aus Wilchingen-Rossberghof). G) Silextyp 291 (geologische Probe aus Herblingen-Rosenhalde). H) Silextyp 436 (geologische Probe aus Honstetten-Engen bei Singen). I) Silextyp 812 (geologische Probe aus dem Randengebiet). J) Typ 146 (geologische Probe aus Otelfingen-Weiherboden). K) Silextyp 375 (geologische Probe aus Wittlingen D).
D
E
F
G
H
I
J
K
1 mm
43
X
153
5Y8/1
X
X
159
5PB6/1
X
X
166
2,5GY7/1
177
5Y6/1
179
2,5Y6/6
184
2,5GY7/1-3
188
10YR7/4
X
256
5Y7/1
(X)
271
5Y5/2
X
X
271 002
2,5YR8-6/6
X
X
291
N9/0
X
292
10Y6/1
311
5PB5-7/1
(X)
313
10YR8/2
X
346
10YR8/1
366
N9/0
375
(X) X
X
X
X
ka/ki
5
30
Kn
X
X
X
ka
1
40
Kn
X
X
ki
2~4
30
Kn
X
X
X
ka/ki
1
30
P, Kn
X
X
X
X
ki
1~5
(X)
30
Kn
X
X
ki
1
(X)
20
Kn
X
X
ki
<1
2
Pl
ki
5~10
30
Kn
ki
1
60/ 2
Pl
X
X
(X) X
X
X
X
X
X
X
X
X
(X)
Bindemittel
4
80
2
v
80 2000
1~ 10
v
501000
X
1~ 25
1 4
X
5~ 15
3 4
X
X
2~ (20)
1
(n) X
X
2~ (20) 1 4
X X
n
n (n)
n (X) (X)
5
X
(X) n n X
X
n (n) X
n
X
n X
(X) n
(n) X
X
X
ka
1~3
10
Kn
(X) X
X
X
ki
1
10
Kn
(X) X
X
ki
1~3
(X)
40/ 3
Pl
n
X
ki
5~10
(X)
12
Kni
n
X
ka/ki
3
20
Kn
X X
X X
X
X
1~ 5
4
1 (100)
1
1~5
1
1~3 (100)
1
n
X
1~ 5
2 3
n
X
1
1
1~ 5
2
X
1
4
X
X
5~ 30
4
n
X
X (X) ka/ki
1~ 5
8
Kn
X
n
n
(n) X
X
15~40
3
X
X
Ki
2~5
7
Kn
X
n
n
(n) X
X
15~40
3
X
X
Ki
1
10
Kni
1~ 2
4
X
X
ka
2~5
10
Kni
X
5~ 20
4
X
X
X
ki
2~3
10
Kn
X
X
X
ka
1
30
Kn
X
X
X
X
(X)
X
X
X
X
ki
10
8
Kn
X
X
X
X
X
ki
1
6
Kn
10YR7/3
X
X
X
X
ka
v
10
Kn
436
2,5Y8-7/2
X
X
X
X
ka
8
504
2,5Y7/2
X
X
X
ka
3
812
5G7/1
X
X
X
ka/ki
2~5
Abb. 51: Übersichtstabelle mit den Charakteristiken der hauptsächlichsten Silexvarietäten des Jurabogens, der Schwäbischen Alb und von Bayern. Die sehr vielfältige Geologie der potentiellen Herkunftsorte der Silices gibt klare Hinweise für deren Differenzierung obwohl sich die Silexstücke von blossem Auge sehr ähnlich sehen.
44
(X)
Grösse in µ
X
Kn
Komponente
Form
7,5R3/4
7
undurchsichtig
152
1~3
durchsichtig
X
ki
Inhalt
%
boundstone
(X) X
X
grainstone
10YR5/8
X
packstone
146 002
(X) n
X
wackestone
X
n
mudstone
(X) X
Bioturbation/ Stromatolith
10YR8/1
Kn
Kornsortierung
146
20
(X)
X
Feinschichtung/ Strömung
(X) X
1~4
Geoden und Löcher
2,5Y6-5/2
ki
Adern
142
Form
N9/0
maximale Grösse (cm)
135
X
Geröll
10R4/2
Dicke (mm)
114
Natur
10YR7/2
Textur
X
glänzend
102
(X) X
Struktur
rauh
10YR6/3 7,5YRN7/1
Rinde
undurchsichtig
101
durchsichtig
heterogen
homogen
Aussehen
Bänderung
Farbe
Typus
Färbung
X
n X
X
n
n
n
n
X
1~ 30
3
n
X
10~50
1 4
20
4
X
30~ 40
4
X
10~60
3
40~ 50
2
X (X) (X)
(X) X
n
X
(n) X n
n
(X)
n
n
n
Kn
(X)
n
n
n
35
Kn
X
10
Kn
n
X X
n
Kennzeichen X anwesend (n) spärlich/zufällig v variabel Rinde ka kalzitisch ki kieselig s sandig Form Kl Knollen (r: regulär, i: irregulär) G Geröll Pl Platte Bt Bankteile Un unbekannt
n (X)
5
3
100
1
200 40000 40 80 200800 200800 80600 40100 100 40 100 200 800 200 1000 40 100 400 800 bis 2000 100 10000 100 10000 200 400 50 400 50 400 80 70000 800 2000 400 3000 100 10000 50 200 300 2000 10cm
Form der Komponenten (Pilkey-Klassen)
Inhalt
Schlussfolgerungen
X
X
X
X (X) (X)
X (X) X X
X
X
X
X
X
X
X
(X)
X
X
X
X
X
X
(X)
(X) (X) (X)
X
X
Malm
(X)
mar
Malm ζ
(X) (X) (X)
Mar Prfi
Malm ε
(X)
Mar inf
Malm ε
Sth
X
(X) X
X (X)
X
(X) (X) X
X X
X (X)
X
X
(X) X
Ablagerungsumwelt Li limnisch/Süsswasser Mar marin/Salzwasser Ner neritisch Pel pelagisch (Tiefpel: tiefpelagisch, < CCD) Int intertidal/Strand Inf infratidal pf Plattform (e: externe, i: interne) Rf Riff PRf Riffumgebung Tur türbiditisch Gol Oolithenmillieu Cir Circalitoral Lag lagünär/Brackwasser Det detritisch
X
X
X
X (X) (X)
166
Wilchingen/ Rossberghof Flintsbach/ Hardt (D)
188 256
Büttenhardt
271
Neunkirch / Wasenhütte Herblingen Rosenhalde Honstetten bei Engen (D)
271 002
311
Mar Rf
Malm ε
De A
Mar Pfi
Malm ζ
Sth
Mar Pfi
Malm/ Eozän
De A
Mar Ner
Malm
Sth
Egerkingen
Mar Rf
Malm/ Eozän
Mar inf/ int
Malm/ Graupensd
De A; Neo Be
Mar PRfe
Malm ε
Sth
Mar Pfi int
Liel - Schliengen (D) Mühlhausen/ Ehingen (D) Thayngen/ Fisterwald (SH)
Malm ζ
De A
Wittlingen (D)
375
Malm/ Eozän
De A
Engen bei Singen
436
Mar-Pfi
Malm Malm ζ
Lampenberg/ Stälzler
504
Rf
Sth; Neo Be
(X) (X) Mar Pfi (X)
159
184
Mar Rf
X
153
Baiersdorf (D)
epd
X
152
179
Malm β
X
146 002
Lohn/ Blattenacker
mar-pf
X
146
Sth
De A
X
142
Malm/ Eozän
Malm/ Eozän
X
135
177
Mar Pfi
X
114
Lohn/ Oberholz
X
X
Auggen (D)
102
Sth
(X)
X
X
Typus
(X)
Malm
X
X
Geologischer Referenzaufschluss/ Typuslokalität
Malm ζ
mar pel/ ner
X
X
Vorkommensart
Mar Prfi
De A
De A; Abensberg/ Neo Be Arnhofen (D) Sth; Neo Kleinkems/ Isteiner Be Klotz (D) Sth; Neo Oberfecking (D) Be
Mar inf
X X
geologischer Alter
mar-circ Malm/ Eozän
X
X
Ablagerungsmilieu
Seeigel, Gehäuse
Seeigel, Stacheln
Krinoïde
Muscheln
Brachiopoden
Schnecken
(X) (X) (X) mar Prfe
(X)
X
X
Mar Ner
X
X
X
mar-int
Sth; Neo Olten / Chalchofen Sequan Be (SO) Alle/Les Aiges, Sth; Neo Kim Pré au Prince, Pré Be Monsieur Bendorf/ Kohlberg Malm β Sth (F 68) Sth; Neo Malm γ Pleigne/ Löwenburg Be Otelfingen/ Sth; Neo Malm Weiherboden Be (Lägern) Otelfingen/ De A; Malm/ Eozän Weiherboden Neo Be (Lägern)
De A; Neo Be
X (X)
X
101
(X)
X
X
Région Olten Aarau
mar, PRf
X
X
X
X
(X) (X)
X
(X) X
Sth
(X)
X (X) (X)
X
X
X
X
X
X X
Sequan
(X) (X) mar Prfe
(X)
(X)
X
X
X
X
X
X
(X)
Mar Pel Mar Pel / Ner
X X
X
(X)
X
X
X
Schwammnadeln punkt X
X
X (X)
X
Schwammnadeln kurz
Schwammnadeln lang
X
X
X
Schwämme ganz
Bryozoen
X
X
X
Ostrakoden
X
(X)
X
X
(X) (X) (X)
X
X
X
X
(X)
X
X
(X) X
(X) X
X
Foraminiferen
Algen (C: Characeen
andere/ unbestimmte
Eisenoxyde
(X)
Radiolarien
X
Paläontologie
detritischer Quarz
Ooide
Aggregate
Pillen
Intraklasten; Onkoide
Biokalsten
Komponente
De A
Sth
Randen allgemein
291 292
313 346 366
812
Vorkommens-Art Sth Steilhang oder „Bed-rock“ Ger Gerölle Pud Konglomerat Mor Moränen Ans Anschwemmung De A anderes Detritus Neo Be Neolithischer Bergbau Farbe nach Munsell‘s International Soil Colors Chart
45
3.5 Sedimentpetrografie der regional vorhandenen Silexrohstoffe Die systematische Beschreibung von jedem gefundenen archäologischen Silex-Material würde den Leser schnell langweilen. Deshalb wird hier ein Katalog mit Mikrofotografien präsentiert, welche bei der Beschreibung hilfreich sind (Abb. 49 + 50). Dazu kommt eine Tabelle, in welcher die wichtigsten Charakteristika von allen in der Gegend von Schaffhausen natürlich vorkommenden, archäologisch belegten Materialien des Malms aufgelistet sind; dazu sind auch die Malm-Varietäten des schweizerischen Juras sowie der Schwäbischen Alb, die in Konkurrenz zu den Schaffhauser Rohstoffen kommen konnten, eingetragen (Abb. 51). Um den Schutz der archäologischen und geologischen Fundstellen zu gewährleisten, werden ihre Koordinaten hier nicht publiziert.115 3.5.1 Trias: Silex aus dem Muschelkalk Der Silex aus dem Muschelkalk stammt entweder aus Bänken aus dem «Trigonodus-Dolomit» und dem Muschelkalk sensu petro, oder in Form von Knollen aus dem Keuper.116 Da in den hier behandelten Stationen kein Silex aus der Trias gefunden wurde, wird er hier nicht weiter beschrieben. 3.5.2 Dogger Die Schichten des frühen und mittleren Jurazeitalters sind in der hier behandelten Gegend silexfrei. 3.5.3 Malm Die Verkieselungen des Malms bestehen vor allem aus sehr kleinen Knollen und etwas grösseren, nieren- oder irregulär geformten Gebilden. Wie bereits erwähnt, entsprechen diese Malmschichten einer Sedimentation in einem perirezifalen Ablagerungsraum. Bei einer makroskopischen Untersuchung erscheinen die Oberflächen solcher Proben recht homogen. Bei der mikroskopischen Untersuchung stellt sich allerdings dann heraus, dass sie eine vielfältige Mikrofazies enthalten (Abb. 52). Diese sedimentären Faziesvarianten erlauben es uns, die meisten archäologischen Silex-Varietäten aus der Umgebung von Schaffhausen sehr genau definierten Herkunftsgebieten zuweisen zu können (Abb. 53). Insgesamt wurden in der Gegend von Schaffhausen lediglich fünf SilexVarietäten verwendet. Typ 177 steht primär in Lohn-Oberholz an. Die Silex-Knollen erreichen selten 10 cm Durchmesser und sind schwierig aus ihrem Muttergestein zu extrahieren. Die Rinde weist eine unregelmässige Mächtigkeit von 1 bis 3 mm auf. Typ 271 kann man anstehend unterhalb von Büttenhardt-Zelg finden. Dort wurde er höchstwahrscheinlich bergmännisch abgebaut, was den aktuellen, nurmehr minimen Aufschluss sowie die heutige merkwürdige Topographie erklären würde. 46
Die Knollen sind bis 8 cm gross und von einer ziemlich dicken Rinde umhüllt. Ihre Extraktion aus dem Muttergestein ist sehr schwierig. Es lohnt sich hier, den Kalk zuerst in Blöcke zu unterteilen, um dann nach und nach die Silexknollen daraus zu gewinnen. Ein solches Verfahren ist teilweise durch archäologische Funde belegt: es wurden Kalkbrocken und Knollen-Fragmente mit Muttergesteinsresten in der Station Büttenhardt-Zelg gefunden (vgl. Kap. 6). Typ 291 kann in Herblingen-Rosenhalde aufgesammelt werden. Wegen seiner unregelmässigen Verkieselung wurde er in prähistorischer Zeit vergleichsweise selten verwendet. Typ 366 stammt von Thayngen-Fisterwald. Seine Silifizierung ist excellent, aber er tritt in nur bis 6 cm grossen Knollen auf und kann deshalb nur für extrem reduzierte Grundformen benutzt werden. Typ 812 entspricht der Fazies im Inneren eines Korallenriffes. Man findet solche vereinzelte Knollen praktisch überall auf dem Randen. Er wurde selten verwendet, weil seine biologische Struktur dazu führt, dass er bei der Bearbeitung unkontrolliert spaltet. Die Malm-Silex-Varietäten der Region Schaffhausen sind also von unterschiedlicher Qualität. Der prähistorische Mensch hat sie aber wahrscheinlich sehr bewusst aussortiert. Die Arten, die wirklich verwendet wurden, lassen sich im Ganzen gut spalten und liefern von den nicht durch eine Rinde bedeckten Teilen messerscharfe und lang haltbare Instrumente. Wegen ihrer nur kleinen Grösse bedarf es jedoch vertiefter Überlegungen, bevor man sich an ihre Bearbeitung macht. Denn es ist nicht möglich, dabei der klassischen Bearbeitung der Kerne zu folgen, wie sie vor allem aus Gebieten bekannt ist, in denen kein Feuersteinmangel herrschte. Letztere besteht darin, zuerst die Knolle zu entrinden, das heisst praktisch zu «schälen», um mit einem Block ohne Rinde weiter arbeiten zu können. Nur auf diese Weise ist es möglich, scharfkantige Grundformen ohne Rinde abzuspalten. Der nach der Dekortifikation zurückbleibende Kern wäre praktisch schon zu klein, um davon noch brauchbare Grundformen zu extrahieren (vgl. Kapitel 6). Darüber hinaus erfolgte die Verkieselung der Malmschichten generell meist zentripetal, d.h. von aussen hin zum Zentrum des betroffenen Kalkes. Dieses Phänomen provoziert recht schnell eine Verstopfung der Poren, was das Silizium daran hindert, weiter in das Gestein einzudringen. Dieser Effekt führt dazu, dass mit zunehmender Grösse der Knolle auch ihr Zentrum zunehmend kalkhaltiger ist oder jedenfalls schlechter verkieselt als gegen den Rand hin. Die Malmschichten bestehen aus recht hartem Kalkstein, welcher manchmal Silex enthält, und sie bilden oft Steil- und Felswände (siehe z.B. Abb. 46). Es ist und war deshalb schwierig, Silexknollen aus ihrer Kalkumgebung zu lösen. Man kann natürlich darauf warten, dass die Silexknollen nach und nach durch die Erosion herauswittern und sich am Fusse der Felswand ansammeln. Diese Art der Silex-Versorgung ist aber zufällig und unzuverlässig. Deswegen wuchs im Neolithikum der Bedarf, die Rohstoffe bergbaumässig zu gewinnen (siehe dazu Kapitel 7.6).
Rohstoff-Typ
177
179
271
346
366
436
Geologische Herkunft
Lohn/ Oberholz
Lohn/ Blattenacker
Büttenhardt/ Hinteres Freudental
Mühlhausen/Ehingen (Blaubeuren/ Sonderbuch)
Thayngen/ Fisterwald
Engen bei Singen
Form Grösse Farbe Rindendicke
Knollen 10 cm 5Y6/1 1 bis 3 mm
Knollen 10 cm 2,5Y6/6 1 mm
Knollen 8 cm 5Y5/2 1 bis 5 mm
Knollen 8 cm 10YR8/1 10 mm
Knollen 6 cm N9/0 1 mm
Knollen 8 cm 2,5Y8-7/2
Körnung
fein
fein
fein
mittelmässig
fein
Homogeneität
Homogen bis heterogen
homogen
heterogen
heterogen
Durchsichtigkeit
opak
opak
opak bis transluzid
opak bis transluzid
Homogeneität
Homogen
Homogen
Homogen bis heterogen
Heterogen
Homogen
Heterogen
Durchsichtigkeit
opak
opak
halbopak
halbopak
halbopak
Mudstone
Mudstone
Wackestone bis Grainstone; Boundstone
opak, porzellanartig
Wackestone bis Packstone
Wackestone bis Packstone
Wackestone bis Grainstone
durchsichtig
durchsichtig
opak oder transluzid
opak
n
n
n
opak oder transluzid n
n
n
n
n
n
n
n
ganze Schwämme
Muscheln, Krinoide
(biologische)
Bioturbation
Makroaufnahme
Makro
Bindemittel
Textur Durchsichtigkeit längliche Spikula
Komponente punktförmige Spikula Intraklasten/ Onkoide
n
Andere Strukturen
keine
Foraminiferen; Eisenoxyde Bioturbation
Homogen bis heterogen opak bis transluzid
keine
mittelmässig bis grob Homogen bis heterogen opak
opak n n Muscheln, Seeigel, Schnecken leichte Schichtung
Mikroaufnahme
Abb. 52: Diagnose der Silexvarietäten aus dem Malm, ob primär oder sekundär im Tertiär umgelagert, welche an den archäologischen Fundorten der Region Schaffhausen benützt wurden. Da diese oft recht ähnliche Fazies repräsentieren, wurde das übliche Beschreibungsraster durch weitere Charakteristika ergänzt, die deren Unterscheidung erleichtern: die Durchsichtigkeit der Grundmasse und der Komponenten sowie deren Erhaltungszustand (Stand der Kenntnisse 2009).
n vorhanden Typ 271: auch umgelagert in der ganzen Gegend im Eozän zwischen Singen und Wutachtal. In dem Fall als Silextyp 271/002 kodiert.
3.5.4 Eozän
zeichnet, was ihnen die Benennung als «Jaspis» eingebracht hat. Sie können relativ leicht im Tagebauverfahren aus den Tonablagerungen gewonnen werden. Möglicherweise wurde zusätzliches Silizium aus den umgebenden Tonen den Kieselknollen zugeführt, da die in den eozänen Ablagerungen enthaltenen Silexknollen oft kieselreicher sind als diejenigen, welche noch in ihrem jurassischen Muttergestein stecken.
Im Eozän des Gebietes um Schaffhausen findet man Silexknollen, welche dank der oben beschriebenen, natürlichen Erosionsprozesse — ohne das Zutun von Menschen und lange vor ihrer Existenz — aus dem Malm herauswitterten. Dies geschah während der lange andauernden und zeitweise intensiven Erosion, welcher die Region ausgesetzt war, als sie nach und nach über den Meeresspiegel geriet, weil sich das Meer aus der Gegend zurück zog. Die Knollen wurden dann zunehmends in Richtung der tiefsten Gebiete der gerade herrschenden Topographie transportiert. Dort wurden sie in eisenreiche Tone — sogenannte Bolus und Huppererde — eingelagert. Diese Silexknollen sind durch eine unterschiedlich stark ausgeprägte Imprägnation durch Eisenoxyd gekenn-
In der Region Schaffhausen wurden vier Varietäten aus dem Malm gefunden, die heute in eozänzeitlichen Ablagerungen zu finden sind: Typ 179 steht zum Beispiel bei Lohn/Blattenacker an. Seine groben, gut silifizierten Fragmente sind durch eine braune Farbe und ihre sehr dünne Rinde gekennzeichnet. 47
292
436 346
Hohenstoffeln
Hohentwiel
177 271
Singen am Hohentwiel 179
366
291
Schaffhausen
Rhein
5 km
Abb. 53: Geographische Position der in Abb. 52 präsentierten geologischen Silexaufschlüsse. 177 Lohn-Oberholz, 179 Lohn-Blattenacker, 271 Büttenhardt-Hinteres Freudental, 291 Schaffhausen (Herblingen)Rosenhalde, 366 Thayngen-Fisterwald, 292 Honstetten bei Engen (D), 346 Mühlhausen-Ehingen (primär Blaubeuren-Sonderbuch), 436 Engen bei Singen.
Typ 188 findet sich in den eozänen Tonen in Wilchingen/Rossberghof. Seine Knollen können einen Durchmesser bis 12 cm erreichen. Weil seine Silizifikation nicht sehr regelmässig ist, wurde er in der Region nicht sehr oft benützt. Typ 271/002 korrespondiert mit der Fazies von Büttenhardt, die im Eozän aufgearbeitet wurde; man findet ihn beispielsweise in Neunkirch-Wasenhütte. Er unterscheidet sich vom Silex, der direkt aus dem Muttergestein in Büttenhardt gewonnen wurde, nur durch das Fehlen einer kalkigen Rinde und der Imprägnierung seiner Matrix durch Eisenoxyde. Typ 292 kommt von Honstetten bei Engen. Obschon er in bis zu 10 cm messenden Knollen vorkommt, hat seine mehrere Millimeter dicke Rinde wahrscheinlich dazu geführt, dass er in den prähistorischen Siedlungen nicht sehr häufig vertreten ist. Leider konnten in der Gegend um Schaffhausen bisher keine Pingenbauten gefunden werden, welche anzeigen würden, dass im Neolithikum Silex systematisch abgebaut wurde: der mittelalterliche bis neuzeitliche Bohnerzabbau hat möglicherweise alle älteren Abbauspuren in den Bolustonvorkommen verwischt.117 48
3.5.5 Miozän Im Miozän haben grosse Flüsse in der Umgebung von Schaffhausen reichlich verschiedene Gerölle aus höher gelegenen Herkunftsgebieten abgelagert. Der bekannteste dieser Flüsse hat als Alluvionen die Formation der «Graupensandsteinrinne»118 hinterlassen. Darin findet man unter anderem Silexgerölle, die nach ihrer mikrofaziellen Untersuchung aus dem Malm der Region um Ulm stammen. Im Nordosten von Schaffhausen findet man zwei solche, aus dem Malm umgelagerten Varietäten: Typ 346 kann man in sekundärer Lagerung in der Gegend von Mühlhausen-Ehingen aufsammeln. Dort entspricht seine Fazies derjenigen seiner primären Vorkommen in der Region von Ulm (Blaubeuren-Sonderbuch). Näher bei Schaffhausen messen seine Knollen kaum noch 8 cm im Durchmesser. Typ 436 wurde beim Bau der Autobahnzufahrt bei Engen (Landkreis Singen) gefunden. Trotz seiner heterogenen Struktur scheint er leicht spaltbar zu sein und wurde in den Siedlungen der Region sehr geschätzt. Die Knollen sind zwar leicht zu finden und zu sammeln, aber ihre Qualität und Nutzbarkeit ist nicht immer gegeben. Man
musste sie also da, wo man sie fand, auch sortieren. Während des ganzen Miozäns erfolgten in der Umgebung von Schaffhausen — je nachdem welche tektonischen Einheiten der sich bildenden und hebenden Alpen gerade abgetragen wurden — mehrere Schüttungen und Ablagerungen von alpinen Geröllen.119 So findet man zum Beispiel bei Büttenhardt aus den Alpen stammende Quarzitgerölle (Abb. 54).
Silexaufschlüsse
Qu ar zit e
3.5.6 Pliozän und Quartär
Büttenhardt
Im Pliozän und Quartär wurden Gerölle unterschiedlichster Herkunft jeweils dort abgelagert, wo sich die Flüsse als Reaktion auf die Vorstösse und Rückzieher der Gletscher und der tektonischen Bewegungen im Untergrund immer wieder neue Wege gebahnt hatten.120 Das so umverteilte Material enthält vor allem alpine Gerölle, wovon nur etwa 5% aus Silex bestehen. Dieser ist oft tektonisch stark beansprucht worden und war entsprechend schlecht nutzbar.
Abb. 55: Theoretisches Profil durch das Meer zur Malmzeit und Positionierung der Silex-Varietäten nach ihrer Mikrofazies. Die Sedimentationsbereiche 1-16 werden durch verschiedene Silex-Typen charakterisiert. Silextypen rot: aus der Gegend von Schaffhausen; schwarz: übrige Silextypen; (812): nicht näher lokalisierbare Riffazies. Schlüssel für Rohstoffcode siehe Abb. 51. Verteilung der diversen Elemente nach Flügel 1978; Purser 1980; Rat 1984-1985 und Robin et al. 1997.
N
5 km
Lohn
n
zä Eo
Abb. 54: Ausdehnung der Aufschlüsse von Eozän und Miozän in der Nähe von Büttenhardt. Von der Geologie her war die Situation hier sehr günstig für die Anlage eines Werkplatzes zur Silexbearbeitung: es gab Aufschlüsse von Muttergestein unterhalb und nördlich der Fundstelle Büttenhardt. Sekundäre Lagerstätten im Eozän finden sich auf dem Plateau und auch Gerölle aus dem Miozän (Quarzite), die als Schlagsteine verwendet werden konnten, kommen in der unmittelbaren Umgebung vor. Nach der Geologischen Karte der Schweiz 1:25‘000, Blatt Neunkirch (Hofmann 1981).
Plattform
Theoretisches Profil
interne Lagune
Proximal Hinterriff
mesiales Riff
Pelagisch
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14
15
16
(812)
184 346 153 292
(812)
(166) 188
271
(812)
375
177
291
(812) (146)
(102)
366
(101)
Riffbarriere
179
1
internes Riff
Vorriff
436
Charakteristika Sedimentationsbereich
externe Lagune
mittlere Lagune
Versteinerungen
Komponente
Fabrik
Darstellung von Kornform, Korngrösse, Sortierung und Textur Stromungsmarken Laminationen Slumps Onkolithe Intraklasten Kotpillen Ooïde Aggregate abgerollte Fossilien Zweischaler, dick Zweischaler, fein Brachiopode Echiniden Gastropoden Krinoide Stromatholithe Bryozoen Coelenterata, Spikula Coelenterata, baumförmig Coelenterata, astförmig Coelenterata, massiv Coelenterata, krustenbildennd Biokänose Thanathokänose Rohstoffcode
(Terrestrisch)
49
Schweizer Abk.
Schwäbische Abk.
Stufe
Subsystem
System
Alter (Mio J.)
Schichtnamen in der Schaffhauser Gegend Lithostratigraphie
Lithologie (mit Resistenz der Bänke)
Chronologische Zuteilung der heute bekannten Silexaufschlüsse im Juragebirge und der Schwäbischen Alb
Schutt, Sand
08
Portland ien Kimmeridgien
Hiatus
Sand, Lehm
Blaubeuren (“Feuersteinlehme“)
Schotter, Moränen
Engen (436); Ehingen (346)
Sand, Mergel, Vulkanische Bildungen, Molasse/Graupensandsteinrinne, Bohnerz/Bolus/Huppererde
Tertiär
Malm = Weissjura
65 130
Känozoikum
6
Quartär
ζ
i8
Plattenkalk
ε
i7c
Massenkalk
δ
i7b
Quaderkalk
γ
i7a
Mittlere Malmmergel
i6
(Wettinger-Schichten) (Badener-Schichten) Wohlgeschichtete Kalke
β
Volcano: - 14 Mo 7 Mo
Lohn (179); Lausen (109); Auggen (152); Liel-Schliengen (313); Engen (436) Blaubeuren (o. Nr.); Wilchingen (188) Neunkirch/Wasenhütte (271/002) Wittlingen (375) Alle (114) Kelheimer Gegend (153/166/184) Bibern, Thayngen (366); Ulmer Gegend (o. Nr.) Büttenhardt (271); Lohn/Oberholz (177)
Osterfingen/Rossberg (o. Nr.) Lägern (146) Beurnevesin (o. Nr.)
Aalenien Keuper Muschelkalk
245
50
Buntsandstein
Paläozoikum
Lochen-Schichten (= Crenularis Schichten)
α
i5e
ζ
i5 i3
Birmensdorfer-Schichten Macrocephalos-Schchten
ε
i2
Varians-Schichten
Impressa-Tone
δ γ β
Olten (102) Bendorf (139) Courchavon (160); Stälzler (504) Bure (o. Nr.) Oberlarg; Istein (159) Flintsbach-Hardt (256) Reclère (o. Nr.) Cornol (508) Mont-Russelin (248) Balmberg (339)
Blaukalke i1
α
ε δ γ β α
Trias
200
Mesozoikum
175
Lias = SchwarzJura
Dogger= Braunjura
150
Bajocien
Batho- Callo- Oxford- Sequannien vien ien ien
(Wangener-Schichten)
Opalinus-Tone
l6
Posidonien-Schiefer
l3 l2
Obtusus-Ton Arieten-Kalk Stubensandstein Schilfsandstein Gipskeuper Trigonodus-Dolomit
Wutachtal; Degerfelden (349)
Nodosus-Kalk Hauptmuschelkalk Liegende Oolith
Wutachtal; Maulburg
Anhydirgruppe Wellenkalk Wellendolomit Sandstein Kristallines Grundgebirge
Karneol-Horizont (652) Wutachtal; Basel
3.6 Geographische Verhältnisse der Rohstoffaufschlüsse — einst und heute
3.6.1 Rekonstruktion der Malm-Landschaft anhand der Paläogeographie
In der Umgebung von Schaffhausen fand und findet sich also eine grosse Vielfalt verschiedener Silexypen, von denen jeder ein ihm eigenes, charakteristisches Biotop repräsentiert (Abb. 55). Um zu verstehen, wie das möglich wurde, müssen wir etwas intellektuelle Gymnastik betreiben und probieren, uns vorzustellen, wie die Geographie der Region im Verlaufe der Malmzeit aussah (Paläogeographie). Danach müssen wir uns die oben vorgestellten Prozesse vorstellen, welche zur Bildung der heutigen Landschaft geführt haben.
Die Frage der Korrelation von Schichten stellt sich sowohl in der Geologie wie auch in der Archäologie und ist abhängig von der Genauigkeit der Datierungen. Die Ablagerung der Malmschichten brauchte ca. 20 Millionen Jahre. Da inzwischen ein Teil der Malmsedimente von jüngeren Schichten überlagert wurde, fällt es nicht überall leicht, die Ablagerungen aus diesem Abschnitt der Erdgeschichte zu unterteilen. Dazu kommt, dass der Malm nur . unvollständig aufgeJ UTeil erodiert wurde. schlossen ist, da er inzwischen zum
JU
JU
RA
. 292
436
Engen
346 Mühlhausen
I TR
AS
TE
Büsslingen
Bargen
I RT
ÄR
U
Beggingen
Q
177 Merishausen
Schleitheim
271 Büttenhardt
U
D A
Ä RT
R Singen
Thayngen 366
179
Hemmental
N
291 Herblingen Dörflingen Gächlingen
Schaffhausen
Hallau Beringen Neunkirch Trasadingen
Wilchingen
JU
RA 271/002
188 271/002 Tektonische Brüche Geologische Aufschlüsse
Abb. 56 (linke Seite): Detaillierte Stratigraphie der Malmschichten und stratigraphische Position der Silexvarietäten. Die lithologische Kolumne repräsentiert die Schichtfolge in der Region Schaffhausen. Die exogenen Silices sind entsprechend ihrem genauen geologischen Alter am linken Rand angeordnet, sind jedoch in der lithologischen Kolumne selber nicht repräsentiert. Zusammengestellt und ergänzt nach Affolter 2008, Hofmann 1977, Geyer und Gwinner 1986 und den geologischen Karten Neunkirch, Diessenhofen, Beggingen, Hilzingen, Stühlingen, WiechsSchaffhausen und Jestetten-Schaffhausen.
Abb. 57 (oben): Vereinfachte tektonische Karte der Region um Schaffhausen. Die Brüche haben vor allem die Trias- und Juraschichten stark verworfen, weil diese Gesteine leicht brechbar sind. Nach der tektonischen Karte 1: 200‘000 der NAGRA und den geologischen Karten von Neunkirch, Diessenhofen, Beggingen, Hilzingen, Stühlingen, WiechsSchaffhausen und Jestetten-Schaffhausen.
51
Nach Untersuchungen im Steinbruch von Bibern westlich von Thayngen, ist es der «Massenkalk» (Abb. 56), welcher Kieselschwämme und Silexknollen enthält. Hier ist der Silex durch eine feine Kornverteilung und einen grossen Inhalt an Biodetritus charakterisiert, was einer Riffschutt-Fazies entspricht. Diese Formation ist hier nur 7.20 m mächtig. Sie wurde nach einer ersten Karstepisode vom Plattenkalk überlagert.121 Das Dach des Massenkalks liegt hier auf 502.60 m ü.M. Nach Hofmann122 fallen die Schichten alle leicht gegen Südosten ab. Es scheint deshalb unwahrscheinlich, dass dieses Schichtpaket gleichaltrig ist mit demjenigen, welches unterhalb von Büttenhardt ansteht. Letzteres ist übrigens umgeben, und nicht überlagert durch den Massenkalk, ohne dass man zwischen den beiden Formationen Karstphänomene beobachten könnte. Dies kann damit erklärt werden, dass der Steinbruch von Bibern im Inneren einer kleinen tektonischen Einheit liegt, die durch zwei das Bibertal begrenzende Brüche limitiert wird (Abb. 57).123 In Abb. 56 haben wir versucht, die Silexlagen des Schaffhauser Malms auf dessen detaillierte stratigraphische Einteilung zu positionieren. Dazu wurde die Verkieselungen des ganzen Malms von Süddeutschland und dem Norden des Jurabogens eingezeichnet, die teilweise während der Ur- und Frühgeschichte auch in der Gegend von Schaffhausen verwendet wurden.124 Für eine Rekonstruktion der geologischen Situation während des Malms müssen wir auch die heutzutage umgelagerten Silex-Varianten berücksichtigen: Die sekundär liegenden Silexrohstoffe, die in den eozänen Formationen enthalten sind, wurden aus nördlicher liegenden Malmvorkommen her transportiert. So stammen einige Silexmaterialien aus Biotopen aus der Gegend von Ulm, welche zwischen den Riffen der Region Schaffhausen und der damaligen Küste im Norden, ungefähr auf der Höhe des zentralen heutigen Deutschlands, lagen (Abb. 47). Die umgelagerten Silexmaterialien aus der miozänen Graupensandsteinrinne stammen von verschiedenen Quellen: einerseits von der Schwäbischen Alb, andererseits aus der Region des Napfs und der Voralpen. Der sich auffüllende Graben erhielt Material von beiden Seiten, da das Flusssystem, das sich darin entleerte, Beiträge von mehreren Zuflüssen erhielt (Abb. 40). Im Grossen und Ganzen dürften die aufgearbeiteten Malm-Silices aus der Graupensandsteinrinne etwas älter sein als diejenigen, welche man in den eozänen Bolustonen findet (Abb. 56). Sie lagen unter den Schichten, welche während des Eozäns erodiert wurden, und wurden somit erst danach, also während des Miozäns, erodiert. Die Kontakte zwischen den verschiedenen Meeresarmen haben zur Malmzeit in der Gegend von Schaffhausen zu einer Mischung von warmen und kalten Gewässern und zur Entwicklung einer submediterranen Zone geführt. Die Fazies variierten, abhängig vom Zufluss von terrestrischem Material einerseits und von den natürlichen Strukturen der Riffe andererseits. Als danach die ersten tektonischen Bewegungen erfolgten, welche zur Bildung und Hebung der Alpen führten, bildeten sich kleinere Unterschiede in der Meerestiefe und die Riffe begannen zu migrieren. Es ist deshalb klar, dass alle fossilen Riffe, die man heute im Jura findet, nicht wirklich gleichzeitig existierten.125 52
Daraus folgt, dass die in Abb. 58 vorgeschlagene Rekonstruktion eine Synthese der Biotope darstellt, welche in der Region über einen Zeitraum von ca. 20 Millionen Jahren bestanden haben. Die Fazies, welche man heute aufgearbeitet im Eozän und im Miozän der Region um Schaffhausen findet, wurden in der Abbildung zusammengeschoben, was durch Unterbrüche im Blockdiagramm dargestellt wird. 3.6.2 Die Bildung der Alpen und die heutigen geographischen Verhältnisse Nach der Ablagerung der Kalke zur Jurazeit und ihrer teilweisen Abtragung während der Kreide- und frühen Tertiärzeit, haben sich die geographischen Verhältnisse zwischen den oben beschriebenen verschiedenen fossilen Biotopen durch tektonische Bewegungen während der Alpenbildung und -hebung zur Tertiärzeit weiter verändert. Die entstandenen Berge der Alpen wurden wieder abgetragen und deren Material in Flüssen ins Vorland transportiert, wo es die Molasseformationen bildete.126 Etwas weiter im Norden begann sich durch den lateralen Schub die Sedimentbedeckung des Sockels des Jurabogens und der Schwäbischen Alb abzulösen und zu falten. Dies erfolgte nicht ohne Schäden: in den Kalken entstanden Brüche, es formten sich je nach lokalen Drucksituationen auch Verwerfungen und Überlagerungen. In der Folge spielten die Verwerfungen eine grosse Rolle beim Entstehen von Becken und Horsten. Diese Tektonik führte zu einer starken Zerstückelung der Formationen an der Erdoberfläche. Und so haben — speziell in der Region um Schaffhausen — die Kalkblöcke immer nur einen geringen Umfang (Abb. 57). Entsprechend sind auch ihre silexführenden Schichten an der Oberfläche von eng begrenzter Ausdehnung und verschiedener geologischer Alter. So ist z.B. der Silex, der in Thayngen ansteht, jünger als derjenige von Büttenhardt, auch wenn ersterer heute topographisch unterhalb letzterem liegt. Die beiden Zonen sind durch eine Verwerfung getrennt, welche das Schichtpaket von Büttenhardt im Vergleich zu demjenigen von Thayngen-Bibern gehoben hat. Deshalb müssen Silexrohstoffe der Fazies «Thayngen» zweifelsfrei durch den Menschen aus dem Fulachtal nach Büttenhardt transportiert worden sein, weil es dort keine entsprechenden Vorkommen geben kann.
3.7 Fazit Die aktuelle Geologie zeigt die zerstückelte Struktur der Region. Diese Struktur bedingt sowohl die gegenwärtige Geomorphologie als auch die Verteilung der Gesteine und des darin enthaltenen Silex im Untergrund. Sie hilft zu verstehen, warum man heute so viele verschiedene Fazies in den Aufschlüssen einer so kleinen Gegend findet, und warum diese nicht überall dasselbe geologische Alter haben. Es ist aber gerade diese geologische Vielfalt, die eine recht zuverlässige Zuordnung archäologischer Silexartefakte zu bestimmten lokalen Aufschlüssen ermöglicht.
166
812 153
375
179 436
436
346
812 177
188
271
66 366 146
346
366
271
812 812
Abb. 58: Schematisches Blockdiagramm der verschiedenen sedimentären Malm-Fazies Süddeutschlands und der Schweiz. Nach eigenen Beobachtungen an den untersuchten geologischen Silices. Die Nummern verweisen auf die in Abb. 51 und 52 beschriebenen Silextypen. Block A: Strand-Fazies (Hinterriff) Block B: Innere Patch-Formation (interne Lagune) Block C: Innere vorgeschützte Riffbarriere (Rand der mittleren Lagune und des inneren mesialen Riffes) Block D: Riffbarriere Block E: Externer Riffabhang (Vorriff)
53
4 Technologie und Typologie der Silexartefakte 4.1 Grundsätzliches 4.1.1 Vorgehensweise, Materialbestand und Quellenkritik Fundinventare mit einer Grösse von einigen Zehntausend Stück stellen immer eine besondere Herausforderung an den jeweiligen Bearbeiter dar, insbesondere wenn der zeitliche und finanzielle Rahmen für die Bearbeitung eng begrenzt ist. Es ist daher eine gängige Praxis, dass man sich in solchen Fällen auf die Untersuchungen von Teilaspekten und auf die Analyse von Stichproben beschränkt. Im vorliegenden Fall erschien es zweckmässig, die grossen Fundbestände nach Grundformen und Werkzeugtypen zu sortieren, um einen allgemeinen Eindruck des Materialspektrums zu erhalten. Auf diesen Ergebnissen sollte dann eine grobe Einschätzung der Inventare möglich sein, die noch durch detailliertere Untersuchungen zu Teilaspekten gezielt vertieft wurde. Letzteres war aus zeitlichen Gründen nur an Stichproben möglich. Diese konnten, dank der vollständigen Auszählung des Inventars, so gewählt werden, dass sie in Bezug auf ihre Repräsentativität für den jeweiligen Materialkomplex eine hohe Zuverlässigkeit haben dürften. Abb. 59: Büttenhardt-Zelg. Querschnitt durch das Fundspektrum (Auswahl von Knollen, Kernen und Abschlagprodukten).
54
Für die Detailuntersuchungen an den Stichproben wurde versucht, die Probenserien so auszuwählen, dass sie für die jeweilige Objektgruppe statistisch repräsentativ sind. Bei den Nuklei wurde die Testserie so gewählt, dass die Zahl der Kerne pro Abbaustadium ihrem prozentualen Anteil an der Gesamtmenge entspricht. Auf diese Weise dürfte die Schätzung der Produktionsmengen auf eine einigermassen zuverlässige Zahlengrundlage abgestützt sein. Die hier bearbeiteten Materialkomplexe sind zu unterschiedlichen Zeiten von unterschiedlichen Personen und unter unterschiedlichen Rahmenbedingungen zusammengetragen worden. Dies hatte einschneidende Konsequenzen auf deren Zusammensetzung, so dass ein unmittelbarer Vergleich nur unter Vorbehalt zulässig ist. Die Sedimente aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Grabung 1938/39 wurden – bezieht man sich auf den Korrespondenznachlass des Ausgräbers - offensichtlich partiell geschlämmt. Dies zeichnet sich auch in der Zusammensetzung des Fundinventars ab, wo relativ viele Kleinstformen wie Retuschierabfälle oder Bohrer des Typs Dickenbännli vorhanden sind (Abb. 60). Überraschenderweise sind im Vergleich mit dem vollständigen geschlämmten Schichtmaterial von 2007 die Kleinstformen aber immer noch massiv unterrepräsentiert. Dies kann nur bedingt durch eine unterschiedliche Maschenweite der verwendeten Schlämmsiebe erklärt werden.
Büttenhardt-Zelg
Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 1918/19, 1938/39
Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 2007
Lohn-Setzi
12‘562
11‘503
79.6
Modifizierte Artefakte
2‘629
30.2
12‘511
1‘536
10.6
TOTAL Silices
8‘691
100.0
52‘407
14‘442
100.0
Gew. [g].
45.4
%
3‘948
Anzahl
Grundprodukte (unmodifiziert)
19‘326
Gew. [g]
9.7
%
1‘403
Anzahl
27‘334
Gew. [g]
24.3
%
Anzahl
2‘114
%
Kerne
Anzahl
Gew. [g]
ÜBERSICHT
509
0.4
6‘561
356
43.1
4‘269
20‘001 134‘223
98.9
13‘521
376
45.5
1‘333
942
0.7
446
94
11.4
372
42‘015 135‘674
100.0
20‘528
826
100.0
5‘975
2‘688
Abb. 60: Übersicht über die im Rahmen der vorliegenden Arbeit bearbeiteten, jungneolithischen Silexinventare aus dem Raum Schaffhausen. Das Inventar der Grabung von 2007 in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde wurde aus Zeitgründen teilweise hochgerechnet; so ist nur ein Viertel aller Grundprodukte (61 von 227 Fundkomplexe) effektiv ausgezählt worden. Das so ermittelte Durchschnittsgewicht diente als Basis für eine Hochrechnung aller geborgenen Grundprodukte (=Zahl in Kursivschrift; Richtwert: Durchschnittsgewicht aller ausgezählten Grundprodukte). Die Kerne und die Modifizierten Artefakte der Untersuchung von 2007 wurden hingegen vollständig ausgezählt.
Büttenhardt-Zelg
Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 1918/19, 1938/39
Lohn-Setzi
Geschätzt
Effektiv vorhanden
Geschätzt
Effektiv vorhanden
Geschätzt
Effektiv vorhanden
ÜBERSICHT
Kerne
2‘114
2‘114
1‘403
1‘403
356
356
Grundprodukte (unmodifiziert) > 1cm
3‘636
57‘824
10‘102
38‘376
363
9‘738
312
499‘500
1‘401
331‘503
13
84‘116
Modifizierte Artefakte
2‘629
3‘911
1‘536
2‘596
94
659
TOTAL Silices
8‘691
563‘349
14‘442
373‘878
826
94‘869
Absplisse
Abb. 61: Hochrechnung der mutmasslich vorhandenen Silex-Stückzahlen für die Altbestände der drei untersuchten Stationen. Als Berechnungsgrundlage dienten die Zahlenwerte des 2007 geborgenen und vollständig geschlämmten Komplexes von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (vgl. Abb. 60). Unter der Prämisse, dass die Verhältnisse der Grundprodukte und modifizierten Artefakte zu den Kernen in allen drei Stationen gleich gewesen sind, gelangt man zu den vorliegenden Ergebnissen. Werte in Kursivschrift = Hochgerechnete Werte, übrige= effektiv vorhandene Werte. Man beachte die eklatanten Differenzen zwischen den geschätzten und den effektiv vorhandenen Grundformen.
55
Noch verzerrter ist das Bild in Lohn-Setzi, hier stellen die ausschliesslich von der Ackeroberfläche aufgesammelten Funde mit Sicherheit nur einen Ausschnitt des tatsächlich vorhandenen Materialbestandes dar. Ähnlich präsentiert sich die Quellenlage im benachbarten Büttenhardt, wo Horst Worm mit seiner Familie Tausende von Silexartefakten auf den Feldern aufgesammelt hat. Wie in Lohn sind auch hier die Kleinstformen massiv unterrepräsentiert, was in aller Deutlichkeit aus dem Vergleich der Zahlenwerte der drei bearbeiteten Stationen zum Ausdruck kommt (Abb. 60). Besonders deutlich wird das Missverhältnis unter den Artefaktgruppen, wenn man die Objektmengen der einzelnen Ensembles mit denjenigen aus der jüngst durchgeführten Sondage in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (2007) vergleicht. Hier wurde das gesamte Kulturschichtmaterial geschlämmt, weswegen es von allen bisher vorliegenden Ensembles wohl die authentischste Zusammensetzung hat. Nimmt man nun die jeweiligen Anteile der Kerne, Geräte und Abschlagprodukte von 2007 als Berechnungsgrundlage und geht von der Prämisse aus, dass das Verhältnis der Kerne zu den übrigen Artefaktgruppen ursprünglich in allen Ensembles ungefähr gleich gewesen sei, so kommt man zu den Zahlenwerten in Abb. 61: Erwartungsgemäss zeigt sich das grösste Missverhältnis in allen drei Inventaren in der Menge der Absplisse. Besonders bemerkenswert ist die grosse Diskrepanz in den Lesefund-Inventaren von Lohn und Büttenhardt. Auch bei den übrigen, unretuschierten Grundprodukten (grösser 1 cm), sind eklatante Differenzen in den Zahlenwerten erkennbar, obschon dies auf Anhieb nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre. Sogar bei den modifizierten Artefakten sind markante Differenzen erkennbar. In Anbetracht dieser doch recht signifikanten Unterschiede in den tatsächlich vorhandenen Stückzahlen und den Ergebnissen der Hochrechnungen auf der Basis des Ensembles von 2007 stellt sich natürlich die Frage nach den Ursachen. In allen drei Fällen spielt die Bergungsmethode eine entscheidende
Rolle, was in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde am deutlichsten zum Ausdruck kommt. Erstaunlicherweise liegt die Anzahl der Geräte in Büttenhardt noch immer weit hinter dem erwarteten Wert, was umso mehr überrascht, als Horst Worm eingeräumt hat, dass er in späteren Jahren stark selektioniert habe, was zwangsläufig zu einem erhöhten Anteil der Werkzeuge hätte führen müssen. Da gerade die kleinformatigen Dickenbännlibohrer einen hohen Anteil an den Geräten ausmachen, lässt sich der tiefere Werkzeuganteil in den Lesefundkomplexen wenigstens partiell durch die geringeren Auffindungschancen der kleinen Bohrer erklären. Bei aller Kritik an der angewandten Bergungsmethode darf aber auch nicht ausser Acht gelassen werden, dass sich auch noch andere Faktoren hinter den teils eklatanten Zahlenunterschieden verbergen könnten. Ein möglicher Faktor ist beispielsweise der, dass die drei Fundstellen einen unterschiedlichen wirtschaftlichen Hintergrund gehabt haben könnten, was letztlich auch einen Einfluss auf die Zahlenwerte der Geräte hat. Wenn nun also die Stationen Büttenhardt und Lohn in einem direkten Bezug mit der Grundverarbeitung des geförderten Guts gestanden hätten, so müsste man davon ausgehen, dass an solchen Schlagplätzen vor allem der nicht weiter verwendbare Produktionsabfall liegen geblieben ist. Die Mitnahme der qualitativ besseren, weiter verwendbaren Produkte in die Siedlungen müsste folglich zu einer deutlichen Verzerrung der ursprünglich vorhandenen Artefaktverhältnisse geführt haben, ähnlich wie dies beispielsweise aus Abb. 60 ersichtlich ist. Wie dies bei archäologischen Fundstellen oft der Fall ist, werden sich mit den zur Verfügung stehenden Ensembles und Untersuchungsmethoden wohl nie absolut zuverlässige Aussagen machen lassen, welche Faktoren in den vorliegenden Fällen für die Zahlendifferenzen verantwortlich sind. In Anbetracht der grossen Unterschiede in den Grundform- und Werkzeuganteilen der Lese- und Altfundkomplexe ist bei der Interpretation der Zahlenwerte entsprechende Vorsicht geboten.
Abb. 62: Verwendete Termini für geschlagene Silexartefakte.
5 4
4 1
6 5
7
1
6
7 11
16
21
21 19
11 8
2
10
2
8 10
12
8
3
Legende:
Legende:
1 2 3 4 5 6
56
9
8
12 14
13 3
16 7
1514
13 9
19
17 7
18
17 18
20
20
22
22
23
23
15
9
9
19 Bulbus/Schlagbuckel 13 Distalteil 13 Distalteil 7 Nukleuswinkel/Abbauwinkel Schlagfläche 1 Schlagfläche 19 Bulbus/Schlagbuckel 7 Nukleuswinkel/Abbauwinkel 8 Abbaunegative 20 Schlagnarbe20 Schlagnarbe 14 Linkslaterale14Kante Kernfront (Kernrücken) 8 Abbaunegative Linkslaterale Kante 2 Kernfront (Kernrücken) Dorsale Reduktion 9 Dorsalgrate/Leitgrate Kernfuss 21 Dorsale Reduktion 9 Dorsalgrate/Leitgrate 15 Rechtslaterale 15 Kante Rechtslaterale21 Kante 3 Kernfuss 22 Wallnerlinien 16 Schlagflächenrest Schlagflächenfazettierung 10 Angelbruch 10 («Hinge fracture») 22 Wallnerlinien 16 Schlagflächenrest 4 Schlagflächenfazettierung Angelbruch («Hinge fracture») Einreisslinie 5 Einreisslinie 17 Schlagauge 17 Schlagauge 23 Lanzettbrüche 11 Proximalteil11 Proximalteil 23 Lanzettbrüche 18 Schlagkegel Schlagflächenrand/Abbaukante 12 Medialteil 18 Schlagkegel 6 Schlagflächenrand/Abbaukante 12 Medialteil (Hertz‘scher Kegelstumpf) (Hertz‘scher Kegelstumpf)
4.1.2 Aufnahmesystem und Grundformdefinitionen
In der deutschsprachigen Silexforschung wird zwischen Voll-, Produktions- und Restkernen unterschieden.132 Alle drei Termini beschreiben grundlegende Zustände eines Kerns innerhalb des Produktionsprozesses. Einzelne dieser Zustände lassen sich noch weiter in Abbau-«Stadien» unterteilen. Diese Stadien beschreiben in der Regel eine bestimmte Problemlösung bei Schlagunfällen (Abb. 63, vgl. auch Abb. 64) und dienen hier als zusätzliches Kriterium zur morphologischen Gliederung der Inventare.
Da eine konventionelle Merkmalsanalyse aus den oben erwähnten Gründen nicht möglich war, beschränkten sich die Merkmalsbestimmungen auf ein absolutes Minimum. Die Grundformen sind auf S. 120 definiert und allenfalls verwendete morphologische Termini aus Abb. 62 ersichtlich. Sofern im Text auf Gerätetypen eingegangen wird, liegen ihnen die Definitionen in den Arbeiten von U. Leuzinger und J. Hahn127 zugrunde. Auf eine Trennung von Präparations-/Kortexabschlägen und normalen Abschlägen wurde verzichtet.128 Der Grad der Kortexbedeckung aller vollständig erhaltenen Grundformen ist aus einer separaten Tabelle (vgl. Abb. 76) ersichtlich. Die Auswertung der Pfeilspitzen stützte sich grundsätzlich auf das von P. Kelterborn129 definierte Aufnahmesystem ab. Die Länge der Abschlagprodukte (=Hauptachse) wurde immer in Schlagrichtung gemessen.130 Senkrecht dazu sind die grösste Breite und Dicke131 ermittelt worden. Ausnahmen bilden die Kerne und Trümmer: Wenn bei den Kernen nur eine Abbaurichtung ermittelt werden konnte, diente diese als primäre Bezugsachse («Länge») für die Bestimmung der Messstrecken. Bei Nuklei mit mehreren Schlagrichtungen wurde die grösste Ausdehnung des Kerns als Längenmass und die zweitgrösste als Breite gewählt.
Vollkerne In der vorliegenden Arbeit werden die Vollkerne in zwei Gruppen unterteilt. Dabei werden vollständige (d.h. «Rohknollen»; =Abbaustadium 0.1) oder durch das Abschlagen eines oder zweier Kortexabschläge geöffnete Knollen oder Platten (=Abbaustadium 0.2) voneinander unterschieden. Während es sich bei den Vollkernen des Stadiums 0.1 um intakte, direkt vom Abbauplatz bezogene Rohknollen handelt, sind die Vollkerne des Stadiums 0.2 bereits einer Qualitätskontrolle unterzogen worden, indem sie an einer oder zwei Stellen durch das Abtrennen von Kortexabschlägen geöffnet worden sind (Abb. 66). Durch das Öffnen der Silexknollen konnte der Steinschmied relativ rasch schlecht verkieselte Knollen, Klüfte oder Fehlstellen aller Art erkennen und die minderwertigen Rohstücke aussondern. Bessere Vollkerne wurden durch das Abschlagen weiterer Kortexkappen und – falls nötig – durch das Anlegen von Kernkanten (Abb. 67) zu Produktionskernen hergerichtet. Vollkerne des Abbaustadiums 0.1 sind in den untersuchten Inventaren äusserst selten, da die rohen Hornsteinknollen in der Regel zu Grundprodukten verarbeitet wurden. Gleiches gilt für Vollkerne des Stadiums 0.2, die nur in Ausnahmefällen überliefert sind, etwa wenn die Abbaukanten durch unsachgemässe Handhabung stumpfwinklig geschlagen wurden und
4.2 Analyse der Grundformen 4.2.1 Kerne Für die Rekonstruktion von Herstellungsabläufen bei der Steingeräteproduktion spielen die Kerne eine Schlüsselrolle. An ihnen haben sich die Negative der abgelösten Grundformen der letzten Abbauphase, Schlagunfälle infolge fehlerhafter Handhabung und Reste der Schlagflächenpräparation erhalten. Dies alles liefert wichtige Hinweise auf die Kernpräparation und die Methoden der Problemlösung bei Schlag unfällen.
Abb. 63: Für die Schaffhauser Fundstellen entwickeltes Schema des Kernabbaus, geordnet nach Abbaustadien.
Phase 0
Präparation der ersten Schlagflächenkante STADIUM 1
Phase 1.2b
Wechsel der Abbaurichtung
Seitliches Erweitern der Schlagflächenkante
Phase 1.1
Phase 1.2a
Abbau rundum
Phase 1.3
Präparation einer zweiten Schlagflächenkante Rechtwinklig zur ersten Abbaukante
STADIUM 2
Gegenüber der ersten Abbaukante
Abbau einseitig
Abbau zweiseitig
Abbau einseitig
Abbau zweiseitig
Phase 2.1b
Phase 2.2b
Phase 2.1a
Phase 2.2a
Präparation einer dritten Schlagflächenkante Prapäration einer dritten Schlagflächenkante
STADIUM 3
Phase 3.1
Diskoider Kern
Polyedrischer Kern
Phase 3.2
Phase 3.3
57
Stadium 1.1a Kat.6
Stadium 2.1a Kat.87
Stadium 2.2a Kat.190
Stadium 1.2a Kat.10
Stadium 1.2b Kat.8
Stadium 2.1b Kat.13
Stadium 2.3 Kat.14
Stadium 2.2b Kat.89
Stadium 3.1 Kat.91 Abb. 65: Beispiele für die in Abb. 64 definierten Abbaustadien. Die grossen Pfeile bezeichnen die Abbaupole (Schlagrichtungen), die kleinen Pfeile geben schematisch die Schlagrichtung der Grundformnegative an.
58
Stadium 1.3 Kat.11
Stadium 3.2 Kat.16
Stadium 3.3 Kat.19
Abb. 67: Auswahl von Kernkantenklingen aus Büttenhardt-Zelg. KASH 66866.
die Fehler nicht mehr korrigierbar waren. Bei einigen Stücken lässt sich nur schwer entscheiden, ob die erkennbaren Abschlagnegative von der Schlagflächenpräparation oder aber vom beginnenden Grundformenabbau stammen.
Gruppe Restkerne mit einem Abbaupol
Restkerne Zu den Restkernen werden Nuklei gezählt, die durch ungewollte Schlagunfälle (stumpfwinklige Abbaukanten, «hinge fractures» etc.), natürliche Bruchflächen, ihre Dimensionen, oder durch ihre spezielle Form für einen weiteren Grundformenabbau unbrauchbar geworden und daher als Abfall verworfen worden sind (Abb. 68). Sie sind ein klares Indiz für eine vor Ort ausgeübte Tätigkeit eines Steinschmiedes. Als eigentliche Abfallprodukte bilden sie nur die letzte Abbauphase der Grundformproduktion ab, wohingegen sich aus der Art und Form der Negativbahnen nichts über frühere Abbauphasen ableiten lässt. Solche vorangegangenen Abbaustadien liessen sich bestenfalls durch Zusammensetzungen oder eine präzise Analyse der grösseren Abbauprodukte (Klingen, Abschläge etc.) erschliessen. Um die Restkerne aus den Schaffhauser Fundstellen überhaupt technologisch und metrisch miteinander vergleichen zu können, mussten sie nach Zerlegungsstadien geordnet werden. Als primäres Ordnungskriterium diente – in Anlehnung an die früheren Arbeiten E.H. Nielsens133 und anderer Autoren – die Anzahl der Schlagrichtungen («Abbaupole»). Dabei Abb. 66: Büttenhardt-Zelg. Beispiele von unverarbeiteten oder oder nur leicht angetesteten Rohnollen. Der grösste Durchmesser der Knolle links oben beträgt nur 3,4 cm (KASH 67052).
Kat. 6, 7, 82, 83, 189
Stadium 1.2a: Nuklei mit einer Schlagfläche (ein 8, 8, Abbaupol) und einer einheitlichen Abbaurichtung. 84 Bis zu zwei Drittel des Schlagflächenumfangs dienten als Abbaukante.
Produktionskerne Eindeutig identifizierbare Produktionskerne, die für einen Grundformenabbau präpariert, aber noch nicht, oder nur in geringem Mass abgebaut worden sind, kommen in prähistorischen Siedlungsinventaren äusserst selten vor. Dies liegt daran, dass brauchbare Produktionskerne entweder auf den Schlagplätzen oder aber in den Siedlungen bis an die Grenze ihrer Abbaukapazität abgebaut wurden, ehe sie als Abfall entsorgt wurden. Der Aufwand, an gute Rohknollen zu kommen war viel zu gross, um gutes Rohmaterial einfach so als Abfall liegen zu lassen. Das Fehlen eindeutiger Produktionskerne auf den jungneolithischen Werkplätzen des Schaffhauser Reiat ist daher keine grosse Überraschung.
Abbaustadien Stadium 1.1: Nuklei mit einer Schlagfläche (ein Abbaupol) und einer einheitlichen Abbaurichtung. Maximal ein Drittel des Schlagflächenrandes wurde als Abbaukante verwendet.
Stadium 1.2b: Nuklei, bei denen von einer 10, 85 einzigen Schlagflächenkante aus in entgegen gesetzter Richtung zwei Kernzonen abgebaut wurden. Morphologisch als Mischform zwischen einpoligen und zweipoligen Kernen zu betrachten.
Restkerne mit zwei Abbaupolen
Stadium 1.3: Nuklei mit einer einzigen Schlagfläche und einer einheitlichen Schlagrichtung. Mehr als 2/3 des Schlagflächenumfangs dienten als Abbaukante («pyramiden-» bzw. kegelförmiger Kern)
11, 12, 86
Stadium 2.1a: Nuklei mit zwei entgegen gesetzten Schlagflächen, von welchen aus ein einzelner Kernbereich (die Kernfront) abgebaut wurde. Die Grundformnegative auf der Kernoberfläche verlaufen entgegengesetzt. Stadium 2.1b: Nuklei mit zwei verschiedenen, meist rechtwinklig zueinander angeordneten Schlagflächen, von welchen aus ein einzelner Kernbereich abgebaut wurde. Die morphologischen Längsachsen der Grundformnegative auf der Kernfront überkreuzen sich.
87
13
Stadium 2.2.a: Nuklei mit zwei entgegen gesetzten Schlagflächen, von welchen aus zwei verschiedene, räumlich getrennte Kernbereiche abgebaut wurden. Die Grundformnegative der Kernfront und des Kernrückens verlaufen in entgegen gesetzter Richtung oder sind in beiden Zonen bipolar.
88, 190
Stadium 2.3: Nuklei mit zwei entgegen gesetzten Schlagflächen, von denen mindestens einer der beiden Schlagflächenumfänge zu mehr als 2/3 als Abbaukante benutzt wurde («Prismatische» Kerne).
14, 15
Stadium 3.2: Nuklei, deren Kernfront und Kernrücken aus unterschiedlichen Richtungen bearbeitet wurde. Die Grundformnegative verlaufen mehrheitlich konzentrisch («Diskoide» Kerne).
16, 17, 18, 92, 192
Stadium 3.3: Nuklei mit mehr als zwei Schlagflächen und Abbaurichtungen («Polyedrische» Kerne)
19, 20, 93, 193
Stadium 2.2b: Nuklei mit zwei verschiedenen, 89, 90, ungefähr rechtwinklig zueinander angeordneten 191 Schlagflächen, von welchen aus zwei verschiedene, räumlich getrennte Kernbereiche abgebaut wurden. Die Grundformnegative auf der Kernfront und dem Kernrücken stehen ungefähr im rechten Winkel zueinander. Gelegentlich sind gegenläufige Grundformnegative beobachtbar (Korrekturabschläge)
Restkerne mit Stadium 3.1: Flache Nuklei (Dicke= max. ½ des mehr als zwei grössten Kerndurchmessers), deren Kernfront Abbaupolen aus mehr als zwei Richtungen bearbeitet wurde. Die Grundformnegative verlaufen mehrheitlich konzentrisch (Kerne in der Form eines «Schildkrötenpanzers»).
91
Abb. 64: Definition der Abbaustadien bei den Restkernen. In der rechten Spalte sind jeweils Beispiele aus dem Tafelteil aufgeführt.
59
Abb. 68: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Auswahl von völlig abgebauten Restkernen (KASH 67901). Ohne Massstab.
Stadium 0.1
Komplette Rohknolle
Stadium 0.2
3
Aufgebrochene Rohknolle
Stadium 1.1
Stadium 1.2a
Stadium 1.2b
Stadium 1.3
Stadium 2.1a
Stadium 2.1b
Stadium 2.2a
Stadium 2.2b
Stadium 2.3
Stadium 3.1
Stadium 3.2
Einpolig–Einseitig
157
Einpolig-rundum
105
Einpolig–Zweiseitig, Variante B
Zweipolig–einseitig, Variante B
47
Zweipolig–zweiseitig, Variante A
Zweipolig–zweiseitig, Variante B
Zweipolig–rundum
Kerntrümmer
895
4.5
1‘056
7.4
1‘930
40
59
44
574
23
85
12.0
2‘235
6.2
1‘290
4.2
893
2.9
3.1
1.6
6.1
621
43
301
2‘093
17
0.8
274
31
2.2
478
137
6.5
2‘308
14.3
439
20.8
2114
3‘612
100
Abb. 70: Graphische Darstellung der Kernanteile, auf der Basis der in Abb. 69 vorgelegten Prozentwerte (Grundlage: Abbaustadien). Die Kerne der Grabung von 2007 in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde wurden in der Grafik nicht berücksichtigt.
106
5‘116
27‘334
237
360
1‘403
0.5
7.6
16.9
25.7 100
13
12
1‘220
10.5
7
71
19
12
148
381
0
3
596
3‘144
1.5
60
1‘478
3‘943
3‘915
19‘326
8
0.0
0.8
19.9 5.3
3.7
3.4
442
2.2
1.4
53
356
201
120
12.1
5
21
812
239
130
10.1
50
0
110
3.4
36
10
Gew. [g].
%
Lohn-Setzi Anzahl
%
Anzahl
Gew. [g] 1‘354
87
101
104
11.4
302
(Stadium unbestimmbar)
5.0
169
0.1
0.4
240 31
Mehrpolig–mehrseitig
1‘848
2.2
157
6
3‘425
7.4
2.6
95
1
1‘334
13.2
56
Zweipolig–einseitig, Variante A
86
2.3
280
Einpolig–Zweiseitig, Variante A
Mehrpolig–zweiseitig
TOTAL
0.1
48
Mehrpolig–einseitig
Stadium 3.3
%
Anzahl
KERNE
Gew. [g]
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
Büttenhardt-Zelg
2.8
5.9
14.0
14.9
110
405
146 63
280
763
449
100 4‘269
Abb. 69: Statistik der Kerne, aufgeschlüsselt nach Abbaustadien. Die prozentualen Anteile der jeweiligen Abbaustadien zeichnen in allen drei Stationen ein auffallend ähnliches Muster (vgl. auch Abb. 70), was neben der einheitlichen Metrik als ein weiteres Indiz für die technologische Verwandtschaft der bearbeiteten Bestände gewertet werden kann.
30.0 25.0 20.0 15.0 10.0
Lohn-Setzi (n=326)
60
Kerntrümmer
Stadium 3.3
Stadium 3.2
2.1b 2.2a 2.2b
Stadium 3.1
Stadium 2.3
Stadium 1.3
Stadium 2.2b
2.1a
Stadium 2.2a
Stadium 2.1b
Stadium Stadium 0.1 Stadium 0.2 1.1
1.2b
Stadium 2.1a
1.2a
Stadium 1.3
Stadium 1.2b
Stadium 1.2a
Büttenhardt-Zelg (n=1886)
Stadium 1.1
0.0 Stadium 0.2
Herblingen-Grüthalde (n=1380)
Stadium 0.1
5.0
Stadium Stadium 2.3 Stadium 3.1 Stadium 3.2 3.3 Kerntrümmer
wurden drei Hauptgruppen von Restkernen unterschieden: Restkerne mit einer (Gruppe 1), zwei (Gruppe 2) und mit drei und mehr Schlagrichtungen (Gruppe 3). Wie einige nur unvollständig abgebaute Kerne zeigen, könnten sich hinter diesen verschiedenen Hauptgruppen auch unterschiedliche Formen von Rohstücken verbergen: Aus länglichen, astartigen Rohlingen entstanden mehrheitlich Kerne der Gruppen 1 und 2, aus grösseren plattigen Rohstücken eher Nuklei der Gruppe 3. Grund dafür könnte das offensichtliche Ziel der Steinschmiede gewesen sein, möglichst lange Grundformen mit einem Minimum an Präparationsaufwand zu produzieren. Zumindest deuten dies die vielen, parallel zur Längsachse des Rohstücks ausgerichteten Abbaunegative an. Die grobe Unterteilung der Restkerne in drei Hauptgruppen lässt sich im Folgenden noch weiter (vgl. Abb. 66) aufschlüsseln.134 Diese im Folgenden als «Abbaustadien» bezeichneten Zustände der Kerne widerspiegeln primär unterschiedliche Konzepte zur Lösung von Schlagunfällen: War eine Schlagflächenkante im Verlauf des Arbeitsprozesses unbrauchbar geworden, so konnte die völlige Aufgabe des Restkerns nur durch einen Wechsel der Schlagrichtung oder eine Korrektur
der zertrümmerten Schlagflächenkante verhindert werden. Dieses ständige, situationsbezogene Drehen der Kerne lässt sich, genauso wie das Anlegen neuer Schlagflächenkanten, an den Originalen hervorragend beobachten (Abb. 72). Es war dies die materialsparendste Methode, um die Kerne bestmöglich und ohne aufwändige Korrekturmassnahmen auszunutzen. Erst dann, wenn sich keine Schlagflächenkante mehr präparieren liess und wenn nur noch ganz kleine, nicht mehr weiter verwendbare Grundformen hätten abgebaut werden können, wurde der Kern als Abfall entsorgt. In den bearbeiteten Inventaren machen Knollenbruchstücke mit deutlichen Kernmerkmalen (sog. «Kerntrümmer») einen signifikanten Anteil (zwischen 14 und 26%) an der Gesamtmenge aus. Bei näherer Betrachtung handelt es sich vielfach um Stücke, die durch alte (tektonisch bedingte) Klüfte unkontrolliert auseinanderbrachen und deshalb nicht mehr weiter verwendet werden konnten. Diese Klüfte zählen neben der Abb. 72: Büttenhardt-Zelg. Auswahl von Silexkernen in verschiedenen Abbaustadien (KASH 67690.05; 67690.06; 67691.03; 67691.05; 67691.06; 67692.02; 67692.03; 67694.05; 67694.10; 67696.05).
61
Büttenhardt-Zelg
Anz
Min
Max
Mittelwert
Median
Stabw
Schiefe
Wölbung
Länge
100
1.8cm
4.7cm
3.23cm
3.20cm
0.66cm
0.174
-0.765
Dicke
100
0.7cm
3.5cm
1.79cm
1.70cm
0.53cm
0.514
0.354
Breite
Gewicht
100
100
1.6cm 4.6g
4.2cm 68.0g
2.66cm 18.46g
2.60cm 15.00g
0.57cm
0.736
11.64g
1.575
0.325
2.870
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39 Länge
Anz
Min
Max
Mittelwert
Median
Stabw
Schiefe
Wölbung
100
2.4cm
6.2cm
3.17cm
3.10cm
0.52cm
2.165
10.453
Dicke
100
1.0cm
3.9cm
1.92cm
1.85cm
0.46cm
1.105
3.296
Breite
Gewicht
100
100
2.0cm
3.9cm
6.5g
101.1g
2.68cm 17.81g
2.65cm 16.10g
0.40cm 10.36g
0.891
0.540
5.582
42.609
Lohn-Setzi
Anz
Min
Max
Mittelwert
Median
Stabw
Schiefe
Wölbung
Länge
100
2.1cm
4.7cm
2.97cm
2.90cm
0.43cm
1.389
3.574
Dicke
100
1.0cm
2.8cm
1.62cm
1.55cm
0.41cm
0.511
Breite
Gewicht
100 100
1.7cm 6.1g
3.4cm 28.8g
Abb. 71: Statistik einer Stichprobe von jeweils 100 Nuklei aus den drei bearbeiteten Stationen. Bei der Selektion der Stichproben wurde auf den jeweiligen prozentualen Anteil der einzelnen Abbaustadien (vgl. Abb. 69) geachtet.
dünnen Knollenrinde und den samtig-weich anzufühlenden Bruchflächen zu den typischen Eigenschaften der in den Kalkbänken eingeschlossenen Silexknollen aus der Region Schaffhausen. Es kann an den Originalen nicht selten beobachtet werden, dass gerade solche natürlichen Klüfte als Schlagflächen für den Grundformenabbau gewählt wurden. Dies war deshalb schon sinnvoll und zweckmässig, weil die natürlichen Spaltflächen recht gute, ebene Schlagflächen bilden und dass durch den Einbezug solcher Spaltflächen in den Zerlegungsprozess nicht unnötig Material für die Präparation der Schlagflächen verschwendet werden musste. Vergleicht man die Stückzahlen der Kerne aus den einzelnen Abbaustadien, so ist unter den drei untersuchten Stationen ein vergleichbares Zahlenmuster erkennbar (Abb. 69+70). Dies deutet auf eine ähnliche Verfahrensweise bei der Zerlegung der Knollen hin, hängt aber auch in indirekter Weise mit den verwendeten Knollenformen und der materialsparenden Verarbeitungsstrategie zusammen (siehe oben). Besonders häufig sind in allen drei Fundstellen die Kerne der Stadien 1.1, 2.2b und 3.3. Die grosse Ähnlichkeit zwischen den drei Inventaren lässt sich auch durch eine stichprobenartig erhobene, metrische Analyse belegen. Von jeweils hundert gemessenen Nuklei, die anteilsmässig (prozentuale Anteile der Abbaustadien, ohne Kerntrümmer) aus den Komplexen ausgewählt wurden, wurden die grösste Länge, Breite und Dicke sowie das Gewicht statistisch ausgewertet (Abb. 71). Dabei zeigte sich, dass die Unterschiede zwischen den statistisch ermittelten Werten relativ marginal sind. Zieht man zudem die Mittelwerte der Gewichte aller vorhandenen Kerne (Büttenhardt: 14.2 g, Herblingen: 14,6 g, Lohn: 12,6 g) in die Betrachtungen mit ein, so zeigt sich, dass die in den Stichproben errechneten Zahlen eher etwas zu hoch ausgefallen sind und dass die 62
2.42cm 13.22g
2.40cm 12.30g
0.39cm
4.91cm
0.468
-0.122
0.872
0.358
-0.369
statistischen Daten bei einer Vergrösserung der Stichproben vermutlich noch einheitlicher ausfallen würden. Die Statistik der metrischen Daten zeigt also – genauso wie die Zahlenmuster der typologischen Gruppen («Abbaustadien») – dass die verglichenen Silexinventare einander ausserordentlich ähnlich sind. Dies lässt sich nur so erklären, dass an allen drei Orten die gleiche Zerlegungsmethode angewandt wurde. Die einheitlichen Dimensionen der aufgegebenen Restkerne rühren zum einen daher, dass es technisch kaum mehr möglich war, Kerne dieser Grösse noch weiter abzubauen. Zum anderen wird sicherlich auch die Tatsache eine Rolle gespielt haben, dass sich ein weiterer Abbau nicht mehr gelohnt hätte, weil die möglichen Zielprodukte zu klein geworden wären. Die Negative der Restkerne lassen deutlich erkennen, dass in der letzten Phase vor dem Verwerfen hauptsächlich Lamellen und schmale Abschläge – möglicherweise für die Bohrer-Produktion – abgetrennt wurden. Einige wenige Restkerne sind deutlich grösser als das Gros der Funde. Hier handelt es sich meistens um Stücke, deren Abbaukanten bereits derart stark zertrümmert waren, dass keine Korrektur (z.B. Abschlagen einer Kernscheibe) mehr möglich war. Für eine systematische Dekortifikation – das heisst ein vollständiges Entfernen der natürlichen Knollenrinde – finden sich in keinem der drei Inventare Hinweise. Diese Massnahme wäre auch weder sinnvoll noch notwendig gewesen, zumal die natürliche Aussenschicht der Knollen so dünn ist (vgl. Abb. 126), dass ihr Vorhandensein für die Funktionalität der Geräte keinerlei Nachteil gebracht hätte. Überdies hätte eine vollständige Entrindung der Kerne zu einem unnötigen Abfallvolumen geführt, was in Anbetracht der geringen Menge der Silexkollen in den feuersteinführenden Kalkbändern viel zu verschwenderisch gewesen wäre. Auf vielen Restkernen sind unkorrigierbare Schlagunfälle (stumpfe Schlagwinkel, kollabierte Abbaukanten etc.) erkennbar, die zum Verwerfen des Werkstückes geführt haben. Vorschnell könnte man sie als Hinweis auf ein handwerkliches
Abschlag
vollständig ≤ 2cm
vollständig > 2cm
Kernkantenlamelle Kernkantenklinge Kernscheibe
Trümmer
Siretbruch
«Stichel-«Lamellen TOTAL
11.9
561.9
1‘401
2‘264
12.2
19.7
225.5
1‘620.3
625
15.8
2‘542.8
1‘441
12.5
5‘312.7
70
1.8
162.0
301
2.6
359.1
Gew. [g]
% 18.6
291.3
17
4.5
38.3
12.7
2‘153.7
53
14.1
134.5
52
1.3
67.5
486
4.2
285.5
16
4.3
23.0
1.6
44
0.4
20.3
2
0.5
0.5
proximal
16
distal
18
unbestimmt gebrochen
vollständig
4
19
distal
27
unbestimmt gebrochen
primär einseitig
17
primär einseitig
9
sekundär
primär doppelseitig
primär doppelseitig
1.7
236.1
229
13.5
1.7
301.8
0.0
68
44
39
43
92 5
65
51.6
46
0.4
25.3
28
0.2
38.7
10
116.7
9
0.0
7
56.3
91.1
0.1
0
2.2
0.7
0.3
3
20
261
0.0
68
primär einseitig
11.7
0.1
0
10
0.5
0.5
5
primär doppelseitig
16.4
0.1
66
proximal
649
0.4
0.1
3
212.4
0.2
0.5
14.9 0.0
37.5
0
7
3
5.6
0.6
2.3
0.4
2.0
914.3
59.8
70
1‘464
3.1
5.4
12.0
3.0
1‘088.4
122
625
45
3.5
11.9
unbestimmt gebrochen
343.4
13
468
vollständig
4.7
Anzahl
Gew. [g]
%
Anzahl
Gew. [g] 65.4
distal
medial
Kernkantenabschlag
468
7.9
187
medial
Klingen
312
Lohn-Setzi
proximal
medial
Lamellen
%
Anzahl
GRUNDFORMEN
Absplisse
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
Büttenhardt-Zelg
630.1 35.9
109.0 14.8
768.9
0.3
104.7
0.8
247.4
0.4
0.0
0.6
83.5
17.1
182.5
19
6
0
0
0
5
2
0
1
0
1
0.4
213.3
11
0.2
30.7
1
0.1
41.1
0.1
65.9
0.0
0.1
0.0
0.0
5.6
9.2
1
1
1
0
0
5.1
1.6
0.0
0.0
0.0
1.3
0.5
0.0
0.3
0.0
0.3
55.3
17.6 0.0
0.0
0.0
16.1 7.5
0.0
6.3
0.0
3.1
2.9
30.9
0.3
1.0
0.3
0.3
0.3
0.0
0.0
1.2
1.5
3.1
0.0
0.0
1‘342
34.0
6‘478.1
1‘825
15.9
6‘512.4
111
29.5
639.3
0
0.0
0.0
38
0.3
8.8
0
0.0
0.0
3‘948
100
12‘561.6
11‘503
100
20‘000.9
376
100
1‘333.3
10
0.3
24.3
16
0.1
28.6
0
0.0
0.0
Abb. 73: Statistik der unretuschierten Grundformen. Die Funde der Grabung von 2007 in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde sind hier nicht berücksichtigt.
Unvermögen des Steinbearbeiters werten. Tatsache ist aber, dass es mit zunehmend geringerer Grösse des Kernstückes immer schwieriger wird, den optimalen Schlagwinkel einzuhalten. Hinzu kommt, dass die abnehmende Trägheit der Kerne bewirkt, dass die Kerne häufiger zu einer Rotation in Schlagrichtung tendieren. Dies kann im Moment der Bruchbildung zu einer Veränderung des Schlagwinkels und damit zu einer Häufung von Schlagunfällen führen. Werden kleine Kerne indessen auf einer harten Unterlage fest abgestützt, so kann diese Rotationstendenz spürbar eingedämmt werden. Einige Kerne – vor allem die grösseren Exemplare – zeigen Spuren einer sekundären Nutzung als Klopfinstrument. Sie wurden also nach Möglichkeit auch nach der Aufgabe des Grundformenabbaus in irgendeiner Weise noch sinnvoll weiterverwendet. Sehr häufig sind bei den Kernen auch Rostflecken erkennen, die von den modernen Ackerbaumaschinen herrühren.
4.2.2 Merkmale und Masse der Grundformen Als Ergänzung zur Analyse der Restkerne kann die Untersuchung der Grundformen (Abschläge, Klingen, Lamellen) wichtige Hinweise für die Rekonstruktion der angewandten Zerlegungsmethode liefern. Dabei können einerseits die Grundformanteile, die Dimensionen und Gewichte der Artefakte sowie auch verschiedene morphologische Kriterien zum besseren Verständnis der Verarbeitungsprozesse beitragen. Schon beim Vergleich der Grundformanteile der Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi fällt auf, dass die Inventare klar abschlagdominiert sind (Abb. 73), wobei das Verhältnis der Klingen und Lamellen zu den Abschlägen zwischen 1:6 und 1:10 beträgt. Die allgemeine Seltenheit von Kernkantenabschlägen, -klingen und –lamellen in allen drei Inventaren zeigt, dass in der Regel auf eine systematische Präparation der Kerne verzich63
tet wurde, was mitunter auch aus dem Zahlenverhältnis von Präparations-Grundformen und Restkernen besonders deutlich wird. Dieser vergleichsweise geringe Präparationsgrad der Kerne ist nicht etwa auf das technische Unvermögen der Steinschläger zurückzuführen, sondern hat ganz unmittelbar damit zu tun, dass die kleinen Knollen aufgrund ihrer geringen Grösse keine aufwändige Präparation zuliessen, weil dadurch viel wertvolles Material verloren gegangen wäre. Aus diesem Grund muss man annehmen, dass die Kerne nur dann für den späteren Grundformenabbau präpariert worden sind, wenn es die Knollenform unbedingt erforderte. Diese Beobachtungen stimmen recht gut mit der Feststellung überein, dass eine möglichst materialsparende und damit auch opportunistische Verarbeitungsmethode gewählt wurde, um aus den ausserordentlich kleinen Kieselknollen ein Maximum an verwertbaren Grundformen zu gewinnen. Als eine direkte Folge des geringen Präparationsaufwandes ist das uneinheitliche Erscheinungsbild der Grundformen zu werten. So fällt bei den Klingen und Lamellen vor allem die breit gefächerte Morphologie auf (Abb. 74), die zum einen in der variablen Krümmung und der stark schwankenden Artefaktdicke und zum anderen auch in der geringen Parallelität der Dorsalgrate zum Ausdruck kommt. Diese durchwegs beobachtbare morphologische Bandbreite kann einerseits auf die angewandte Zerlegungsmethode (vgl. 4.2.4) und andererseits wieder auf den geringen Präparationsaufwand zurückgeführt werden. Mit zunehmendem Grad des Präparation werden auch die abgelösten Klingen und Lamellen gleichförmiger
64
und einheitlicher, was sich zum einen in einer höheren Uniformität der statistischen Masszahlen, zum anderen aber auch in einer grösseren morphologischen Einheitlichkeit der Grundprodukte ausdrückt. Die häufig an den Grundformen vorhandenen Kernfussreste sprechen dafür, dass es bei der geringen Grösse der Knollen nicht einfach war, die Schlagenergie richtig zu dosieren, um die Kerne während der Verarbeitung nicht ungewollt zu verkürzen. Metrisch und morphologisch sind sich die aus den drei Inventaren überlieferten Klingen, Lamellen und Abschläge auffallend ähnlich (Abb. 75).135 Dies spricht neben dem einheitlichen Rohstoffspektrum klar dafür, dass das Fundmaterial aus den drei untersuchten Stationen mit der selben Zerlegungsmethode verarbeitet worden sein muss, was letztlich auch ein Beleg für ihre typochronologische Nähe zu werten ist. Dieses Ergebnis ist umso interessanter, als davon auszugehen ist, dass ein wesentlicher Anteil der regelmässigen Klingen, Abschläge und Lamellen im Verlauf des Zerlegungsprozesses ausgesondert und an Dritte weiter gegeben worden ist, was letztlich auch einen Einfluss auf die metrischen Werte haben dürfte. Die mit einem Anteil von bloss 2-4% am gesamten, unretuschierten Grundformenspektrum vertretenen Klingen- und Klingenfragmente sind für neolithische Verhältnisse eher kleinformatig. Morphologisch zeigen sie eine ganz geringe Uniformität, die in sehr unregelmässigen Kanten und Gratverläufen zum Ausdruck kommt (Abb. 74). Klingen mit annähernd parallelen Seitenkanten und Dorsalgraten sind äus-
Büttenhardt-Zelg ABSCHLÄGE Länge Breite Dicke Gewicht Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
ABSCHLÄGE Länge Breite Dicke Gewicht
Büttenhardt-Zelg
KLINGEN Länge Breite Dicke Gewicht
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
KLINGEN Länge Breite Dicke Gewicht
Büttenhardt-Zelg
LAMELLEN Länge Breite Dicke Gewicht
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
LAMELLEN Länge Breite Dicke Gewicht
Anz 202 202 202 202
Min 1.1cm 0.8cm 0.2cm 0.2g
Max 4.3cm 4.6cm 1.4cm 17.1g
Mittelwert 2.35cm 1.95cm 0.62cm 3.32g
Median 2.30cm 1.90cm 0.60cm 2.60g
Stabw 0.62cm 0.59cm 0.22cm 2.80g
Schiefe 0.515 1.202 0.765 2.365
Wölbung 0.390 3.134 0.936 6.902
Anz 100 100 100 100
Min 1.1cm 0.7cm 0.1cm 0.1g
Max 4.5cm 3.3cm 1.1cm 11.1g
Mittelwert 1.94cm 1.62cm 0.38cm 1.45g
Median 1.60cm 1.50cm 0.30cm 0.65g
Stabw 0.77cm 0.55cm 0.21cm 2.00g
Schiefe 1.112 0.880 1.546 2.755
Wölbung 0.818 0.346 2.654 7.962
Anz 79 79 79 79
Min 2.6cm 1.3cm 0.3cm 1.7g
Max 5.3cm 2.2cm 1.2cm 10.2g
Mittelwert 3.54cm 1.57cm 0.71cm 4.21g
Median 3.50cm 1.60cm 0.70cm 3.60g
Stabw 0.57cm 0.20cm 0.19cm 1.86g
Schiefe 0.686 0.632 0.292 1.201
Wölbung 0.107 0.373 0.092 1.188
Anz 100 100 100 100
Min 2.4cm 1.1cm 0.2cm 0.6g
Max 5.1cm 2.3cm 1.1cm 6.9g
Mittelwert 3.65cm 1.60cm 0.51cm 2.991g
Median 3.60cm 1.50cm 0.50cm 2.70g
Stabw 0.53cm 0.25cm 0.17cm 1.34g
Schiefe 0.358 0.569 0.687 0.913
Wölbung 0.231 -0.227 0.729 0.742
Anz 83 83 83 83
Min 1.3cm 0.6cm 0.2cm 0.2g
Max 3.6cm 1.4cm 1.0cm 3.9g
Mittelwert 2.47cm 1.01cm 0.48cm 1.41g
Median 2.50cm 1.00cm 0.50cm 1.2g
Stabw 0.56cm 0.18cm 0.19cm 0.92g
Schiefe -0.172 -0.435 0.499 0.883
Wölbung -0.677 -0.512 -0.201 0.309
Anz 100 100 100 100
Min 1.3cm 0.4cm 0.1cm 0.1g
Max 3.7cm 1.4cm 0.6cm 1.7g
Mittelwert 2.30cm 0.89cm 0.25cm 0.56g
Median 2.20cm 0.90cm 0.30cm 0.45g
Stabw 0.58cm 0.22cm 0.11cm 0.39g
Schiefe 0.424 0.035 0.546 0.919
Wölbung -0.542 -0.853 0.241 0.100
Abb. 75 (oben): Metrische Analyse an Stichproben vollständig erhaltener Grundformen (Abschläge, Klingen, Lamellen) aus den Stationen Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Aus Lohn-Setzi liegen leider nicht genügend vollständige Grundformen für einen statistischen Vergleich vor.
Abb. 74 (linke Seite): Beispiele von Abschlägen und Klingen aus den bearbeiteten Beständen. Obere zwei Reihen: Abschläge aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (KASH 67852). Unterste Reihe: Klingen aus Büttenhardt-Zelg (KASH 66836). Man beachte die unterschiedliche Patinierung der Silexrohstoffe sowie die grosse morphologische Variabilität der Grundformen, die typisch für die Inventare ist.
65
Abschläge
Ohne Kortex
314
28.7
Bis 2/3 Kortex
192
17.6
Bis 1/3 Kortex Mehr als 2/3. aber nicht vollst. kortexbedeckt 3/3 Kortex
Total Abschläge
Lamellen
Ohne Kortex
Bis 1/3 Kortex Bis 2/3 Kortex
Mehr als 2/3. aber nicht vollst. kortexbedeckt 3/3 Kortex
382 124 81
34.9 11.3 7.4
1‘093
100.0
13
25.0
22 17
0
0
42.3 32.7
0.0
0.0
690.0 1‘590
42.9
1885.9
31
27.0
573.1
504
13.6
1384.2
18
15.7
360.5
140
22.4
225
25.3
80
1047.7 1‘251 433.4
220
3104.7 3‘705 19.8 0.0
0.0
160 16 5
33.8 5.9
3.8
2303.0 909.1
450.8
46 9
11
40.0 7.8
9.6
Gew. [g].
%
Anzahl
Gew. [g]
%
Gew. [g]
Lohn-Setzi
71.9
131.5 43.7
34.9
69.1
100.0
6933.0
115
100.0
351.1
32.9
104.8
4
25.0
8.0
3.3
17.3
46.3 16.5 1.0
96.4 63.9 3.1
9 3
0
0
56.3 18.8
0.0
0.0
10.9 4.1
0.0
0.0
Total Lamellen
52
100.0
67.5
486
100.0
285.5
16
100.0
23.0
Bis 1/3 Kortex
25
37.9
96.3
80
34.9
262.7
2
40.0
5.5
Ohne Kortex Klingen
%
Anzahl
KORTEXBEDECKUNG
Anzahl
Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 1918/19, 1938/39
Büttenhardt-Zelg
Bis 2/3 Kortex
Mehr als 2/3. aber nicht vollst. kortexbedeckt 3/3 Kortex
Total Klingen TOTAL
9
20
8
4
66 1211
13.6 30.3
12.1 6.1
100.0
23.5 70.3
27.4
18.6
54 64
21
10
236.1
229
3408.3
4420
23.6 27.9
9.2
4.4
100.0
148.4 230.9
91.1
1 1
0
35.8
1
7987.4
136
768.9
5
20.0 20.0
0.0
20.0
100.0
3.8 2.2
0.0
4.6
16.1 390.2
Abb. 76: Statistik der vollständigen Grundformen nach dem Grad der Kortexbedeckung.
serst selten. Auch die stark variable Dicke der Klingen unterstreicht den Eindruck einer doch recht grossen morphologischen Bandbreite. In der Seitenansicht vollkommen gerade oder kaum gekrümmte Klingen stellen die Ausnahme dar. Folglich standen nur wenige Stücke für eine längsparallele Schäftungsweise zur Verfügung. Der Kortexanteil ist mit bis zu 86% bei den Klingen ausserordentlich hoch. Alle diese Merkmale stehen ganz offensichtlich in einem direkten Zusammenhang mit der geringen Grösse der verfügbaren Silexknollen. Ganz ähnlich verhält es sich mit den überlieferten Lamellen. Ihr Anteil beträgt bis zu 8% des Grundformenspektrums. Im Gegensatz zu den Klingen sind kortexfreie Lamellen mit bis zu 56% signifikant häufiger, was ein untrüglicher Beleg dafür ist, dass Lamellen erst in einer recht finalen Abbauphase produziert wurden. Dies lässt sich insbesondere auch an den Negativbahnen der Nuklei ablesen. Regelmässige Lamellen sind in den Inventaren gesamthaft klar häufiger als regelmässige Klingen. Dies lässt sich durch den bereits fortgeschrittenen Abbaugrad der Kerne und das häufigere Vorkommen von Leitgraten erklären. Ebenso scheinen die Lamellen gesamthaft weniger stark gekrümmt zu sein als die Klingen. Im direkten Vergleich macht es den Anschein, dass gleichmässige Lamellen im Fundmaterial von Herblingen zudem wesentlich häufiger vorkommen als in Büttenhardt oder Lohn. Dies wirft die Frage auf, ob die Selektion regelmässiger Grundformen in Lohn 66
und Büttenhardt systematischer vorgenommen wurde als in Herblingen? Erwartungsgemäss ist die morphologische Bandbreite bei den Abschlägen am Grössten (Abb. 74). Durch den häufigen, an den Restkernen ablesbaren Wechsel der Abbaurichtung ist der Verlauf der Dorsalgrate zuweilen recht unregelmässig. Ausgesprochen variabel ist auch die Dicke der Abschläge, wohingegen der Kortexanteil bei den Abschlägen mit 57–62% deutlich geringer ausfällt als bei den Klingen (Abb. 76). Dies mag damit zusammenhängen, dass die Knollen bei der Zerlegung bevorzugt entlang natürlicher Leitgrate abgebaut wurden, was letztlich wiederum das Bestreben ausdrückt, möglichst lange Grundformen aus den kleinen Rohknollen zu gewinnen. Ebenso kann der deutlich höhere Kortexanteil bei den Klingen davon herrühren, dass dort bevorzugt kortexfreie Grundformen für die Weiterverarbeitung ausgelesen und an Dritte weiter gegeben worden sind. Ganz charakteristisch für neolithische Silexinventare aus der Zeit der nordalpinen Seeufersiedlungen ist der hohe Fragmentierungsgrad der Grundformen. Es scheint, dass stark gekrümmte Abschläge, Lamellen und Klingen häufig durch Entfernen der Proximal- und Distalenden «begradigt» worden sind, damit sie leichter geschäftet werden konnten. Dabei scheinen die stark gekrümmten und häufig dünnen Distalenden häufiger entfernt worden zu sein als die robusten Proximalenden.
4.2.3 Trümmer Trümmer136 entstehen, wenn Silexrohstoffe von Natur aus mit Rissen und Klüften durchzogen sind, oder wenn in den Rohstücken infolge starker Temperaturschwankungen (Frost, Überhitzung) feine Haarrisse entstehen, die zu unkontrollierbaren Brüchen führen. Werden solche Handstücke durch einen gezielten Schlag aufgebrochen, so zerbrechen sie meist in blockartige Teile. Auch hitzeversehrte Stücke können blockartig brechen, wenn sie unvorteilhaft im Feuer gelegen haben, denn durch die uneinheitliche Hitzeeinwirkung entstehen Spannungen im Gestein, die zu einer mikroskopisch feinen Rissbildung führt. Schon bei geringer Energieübertragung brechen die Knollen entlang dieser feinen Haarrisse auf und sind für eine weitere Verwendung unbrauchbar. Oft wird in der Fachliteratur die Frage nach einer möglichen, intentionellen Befeuerung137 von Silexrohstoffen, das sogenannte «Tempern» (engl. «heat treatment»), diskutiert. Dabei wird gebundenes Kristallwasser aus dem Kieselgestein freigesetzt, wobei im mikroskopischen Bereich erste Verschmelzungserscheinungen an Quarzschuppen und –nadeln auftreten. Die auf diese Weise stattfindende Homogenisierung des Gesteins führt zu einer Optimierung der Brucheigenschaften. Was sich in der Theorie einfach anhört, ist in der Praxis ohne die Möglichkeit einer strikten Temperaturkontrolle mittels moderner Messapparaturen alles andere als trivial; das sog. Tempern bringt nämlich nur den erhofften positiven Erfolg, wenn die Stücke langsam aufgeheizt, einige Stunden auf einer konstanten Temperatur belassen und auch wieder langsam abgekühlt werden können.138 Dazu ist eine konsequent gehandhabte Kontrolle des Temperaturverlaufs nötig. Ist dies nicht gewährleistet, so entstehen zwangsläufig Spannungsrisse. Darüber hinaus macht das Tempern nur immer an plattigem Material und nicht allzu dicken Abschlägen und Klingen Sinn, während sich massige Stücke kaum je schadlos optimieren lassen. Der Grund liegt darin, dass die Temperatur bei dicken Rohstücken nur langsam das Gestein durchdringen kann, wodurch sich Zug- und Druckspannungen zwischen der Kern- und der Randzone aufbauen. Ist der Temperaturunterschied zwischen beiden Zonen zu gross, so spalten sich die äussersten Lagen zwiebelartig vom Kernbereich ab. Ein allzu starkes Tempern kann auch zu einer verminderten Abnutzungsresistenz führen, was bei schneidenden Geräten prinzipiell unerwünscht ist. Mit archäologischen Mitteln lässt sich eine intentionelle Temperung von Silexrohstoffen ganz selten zweifelsfrei nachweisen,139 weil es unter anderem an griffigen Identifikationskriterien fehlt. Um einen archäologischen Nachweis für die Temperung erbringen zu können, wäre eine eindeutige und gut dokumentierte Befundlage erforderlich. Diese Anforderung wird aber nur in ganz aussergewöhnlichen Fällen erfüllt. Von den vielen Trümmerstücken aus den drei untersuchten Stationen zeigen viele Exemplare Spuren einer Befeuerung. Allerdings lassen die teils äusserst stark verbrannten, blockartig gebrochenen Trümmer keine dahinter verborgene Systematik erkennen. Auch unter den Kernen und Grundformen finden sich immer wieder verbrannte Stücke, ohne dass irgendeine Regelhaftigkeit ersichtlich wäre. Alles in allem
zeichnet das breite Spektrum an verbrannten Grundformen und Geräten eher das Bild einer bloss zufälligen Befeuerung der Silexartefakte. Letztlich bleibt die Frage nach dem Ursprung des Feuers offen. Eine mögliche Erklärung ist in der Abbaumethode zu suchen. So ist es beispielsweise denkbar, dass die tauben Deckschichten über den silexhaltigen Lagen befeuert und die stark erhitzten Gesteinslagen mit Wasser, das mühsam von den Talsohlen hätte herbeigeschafft werden müssen, abgeschreckt worden waren. Auf diese Weise hätte der anstehende, doch recht kompakte Kalk wesentlich einfacher mit den zur Verfügung stehenden Quarzitschlägeln abgebaut werden können. Eine analoge Vorgehensweise wird übrigens auch für andere, gleich alte Abbaureviere in Erwägung gezogen.140 Dabei könnte auch ein Teil der Silexknollen unvorteilhaft befeuert worden sein. Allerdings kann man mit grosser Wahrscheinlichkeit davon ausgehen, dass die Bergleute diese Methode ausschliesslich für die tauben Deckschichten, nicht aber für die silexführenden Kalkschichten angewandt haben, denn eine derart starke und unkontrollierte Befeuerung hätte die begehrten Knollen zweifelsohne beschädigt. In Anbetracht der geringen Grösse des Rohstoffvorkommens und der Tatsache, dass es sinnlos gewesen wäre, die mit grossem Aufwand freigelegten, feuersteinführenden Schichten durch ein derart unvorsichtiges Vorgehen zu gefährden, ist kaum davon auszugehen, dass man beim Abbau der silexhaltigen Kalkschichten bewusst einen grossen Rohstoffausschuss in Kauf genommen hat. Eine andere, mögliche Erklärung für den deutlichen Anteil hitzeversehrter Stücke könnte in der periodischen Nutzung der Werkplätze zu suchen sein. Bei einer nur saisonalen Nutzung der Schlagplätze muss mit einer sukzessiven Überwucherung durch Wildwuchs (Brombeersträucher etc.) gerechnet werden. Die einfachste Methode solchen Wildwuchs zu beseitigen, ist die Brandrodung. Durch solche flächig gelegte Feuer könnten nicht nur Sträucher und herumliegende Hölzer, sondern auch Silices früherer Zerlegungsprozesse befeuert worden sein. Neben der Brandrodung kommen aber auch noch andere Erklärungsmodelle (Herdfeuer oder natürliche Brandereignisse) als Ursache in Frage. 4.2.4 Rekonstruktion der Zerlegungsmethode In der prähistorischen Archäologie, deren Informationsquellen ausschliesslich aus Bodenfunden bestehen, nimmt die Rekonstruktion von Herstellungsprozessen eine wichtige Rolle ein. Durch das schrittweise Nachvollziehen und Verstehen technologischer Vorgänge werden nicht nur das handwerkliche «Know-How» früherer Epochen, sondern auch komplexe Produktions- und Problemlösungsprozesse erfahrbar. Sie liefern wertvolle Daten zur Kulturgeschichte des Handwerks und zum Umgang des Menschen mit Rohstoffen und Ressourcen. Im grundlegenden Bestreben der Archäologie, handwerkliche Prozesse möglichst detailgenau verstehen zu wollen, haben Silexartefakte seit jeher eine wichtige Funktion eingenommen. Dies liegt zum einen daran, dass sie zerstörungsresistent sind und daher häufig in urgeschichtlichen Fundkomplexen 67
anzutreffen sind. Zum anderen lassen sich aus Silices oft wichtige Hinweise auf die angewandten Verarbeitungsmethoden sowie das jeweils verwendete Werkzeuginstrumentarium ableiten. Dank ihrer Formbeständigkeit ist auch ein einwandfreies Zusammenpassen möglich, wodurch ausserordentlich komplexe Produktionsabläufe («chaînes opératoires»141) Schritt für Schritt nachvollzogen werden können. Dies erlaubt es auch, die Materialkenntnisse und die manuellen Fertigkeiten des Handwerkers sowie die Qualität der Ressourcennutzung archäologisch erfahrbar zu machen. Der Idealfall einer fast vollständigen Überlieferung sowohl des Handwerksgeräts als auch des liegen gebliebenen Abfalls ist ausserordentlich selten. Dadurch ist die Rekonstruktion eines Herstellungsprozesses in der archäologischen Praxis oft mit vielerlei Problemen behaftet. So sind beispielsweise viele Befunde durch natürliche142 und anthropogene143 Prozesse derart gestört, dass die eigentlichen Werkplätze nicht oder dann nur mit grossem Aufwand erfasst und richtig gedeutet werden können. Es ist daher unverzichtbar, die Befundsituation genauestens zu kennen und über die ganze Bandbreite der Funde zu verfügen. Dies ist nur durch aufwändige Grabungen nach modernsten Standards möglich. Unsystematische Materialbergungen, wie sie aus Büttenhardt-Zelg und Lohn-Setzi vorliegen, erschweren eine zuverlässige Rekonstruktion der Herstellungsabläufe erheblich. Wenn nun im vorliegenden Fall die Frage nach der angewandten Bearbeitungstechnik gestellt wird, so muss sich die Analyse hauptsächlich auf die am Ort zurück gelassenen Werkabfälle abstützen. Dabei fehlt ein guter Teil der Endprodukte. Es sind dies zum einen die sogenannten Zielprodukte der Steingerätherstellung (Klingen, Lamellen, regelmässige Abschläge). Sie wurden noch im Verlauf des Zerlegungsprozesses von den Steinschlägern aussortiert und zusammen mit den noch einsatzfähigen Schlaginstrumenten mitgenommen. Folglich kann sich die Analyse nur auf die zurück gebliebenen, nicht immer repräsentativen Abfälle abstützen. Zum anderen fehlen natürlich auch all jene Stücke, die bei den Feldbegehungen übersehen oder bewusst am Ort liegen gelassen worden sind. Aufwändige Zusammensetzungen, welche ein schrittweises Nachvollziehen der Zerlegungstechnik erlauben würden, sind wegen des Fehlens detaillierter Befundinformationen weder sinnvoll noch in vernünftiger Zeit realisierbar. Ausserdem hinterlassen einige Parameter überhaupt keine Spuren.144 Dies schränkt die Auswertungsmöglichkeiten stark ein. Erste Anhaltspunkte auf die im älteren Jungneolithikum der Region Schaffhausen angewandten Verarbeitungsmethoden von Silexrohstoffen liefern die Schlagmerkmale an den vorhandenen Werkabfällen. So deuten mehrere ideomorphe Kegel145 (Abb. 77) und Siretbrüche146 klar auf die Anwendung einer «harten Schlagtechnik»147 hin. Dazu passen die häufig an den Produktionsabfällen erkennbaren Schlagkegel, die kräftigen Bulben und die zur geringen Grösse der Abschlagprodukte vergleichsweise grossen, unregelmässigen Schlagflächenreste. Auch die mehrheitlich spitzen Winkel zwischen Schlagfläche und Kernrücken bei Abschlägen und Nuklei fügen sich gut in diesen Rahmen ein. Die meist nur wenige Millimeter grossen Schlagaugen (=Deckflächen der Hertz’schen 68
Kegel) zeigen, dass hier vor allem zähe und harte Schlaginstrumente148 aus Stein zur Anwendung gekommen sind. Man wird daher mit guten Gründen davon ausgehen können, dass mindestens die Präparation der Kerne in direkter, harter Schlagtechnik stattfand, wobei vorwiegend Abschläge entstanden sein dürften. Wenn man nun die Klingen und Lamellen, also die eigentlichen Zielprodukte, genauer betrachtet, zeigt sich ein ähnliches Bild. Auch hier sind gelegentlich ganz kleine Schlagaugen auf den Schlagflächenresten erkennbar. Besonders augenfällig sind der im Durchschnitt spitz ausgeprägte Winkel zwischen Schlagflächenrest und Klingenrücken sowie die grosse Variabilität in den Dimensionen der Schlagflächenreste. Gleichermassen ist auch die vergleichsweise grosse morphologische Bandbreite der Klingen und Lamellen als charakteristisches Merkmal des Ensembles zu werten. Technisch wäre es durchaus möglich, Kerne mit einer Grösse von wenigen Zentimetern in indirekter Schlag- oder aber in Drucktechnik zu zerlegen. So beschreibt beispielsweise Holmes die Anwendung einer Miniatur-Punch-Technik aus dem Bereich nordamerikanischer Kulturen149 (vgl. Abb. 78). Auch Callahan hat erfolgreich dünne Silexlamellen des nord europäischen Mesolithikums in Drucktechnik repliziert.150 Es gilt hier aber unbedingt zu bedenken, dass es mit der zunehmenden Miniaturisierung der Kerne immer anspruchsvoller wird, die für den Erfolg und Misserfolg entscheidenden Energieübertragungs-Parameter (Schlagwinkel, Schlag-Druckpunkt, Nukleuswinkel etc.) zu kontrollieren. Bereits kleinste Abweichungen in der Gestik des Steinbearbeiters können einen erheblichen Einfluss auf die Morphologie der Produkte haben. Eine ganz entscheidende Rolle spielt während des Bruchvorgangs die Unbeweglichkeit des Kerns, insbesondere, wenn die Objekte nur noch über eine vernachlässigbar kleine Trägheit verfügen. Wie sich im Rahmen von eigenen praktischen Versuchen gezeigt hat, ist es nahezu unmöglich, polyedrische Objekte in der Art der vorliegenden Mikrokerne mit der blossen Hand so fest zu halten, dass sie den während der Bruchinitialisierung auftretenden Kräften genügend Widerstand entgegen bringen können.151 Abhilfe schafft hier einzig eine speziell konstruierte Haltevorrichtung, auf welcher sich das Kernstück so fixieren lässt, dass es bei Abb. 77: Silexstücke mit ideomorph ausgeprägtem Hertz’schem Kegelbruch aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (links, KASH 67810) und Büttenhardt-Zelg (rechts, KASH 67’810). Breite des Stückes rechts: 4,4 cm.
richtungsorientierter Schlag- oder Druckeinwirkung seitlich nicht wegrutschen kann. Die Verwendung einer Haltevorrichtung bedingt aber auch, dass sich die Nuklei sowohl metrisch wie auch morphologisch in einem gewissen Rahmen bewegen und dadurch auch an die Form der Haltevorrichtung adaptiert sind. Betrachtet man die Restkerne aus den drei Schaffhauser Fundstellen näher, so fällt rasch auf, dass das Erfordernis einer Normierung von Morphologie und Metrik in keiner Weise auf die bearbeiteten Silexkerne zutrifft. Selbst wenn man über verschiedene Haltevorrichtungen verfügt hätte, wäre es äusserst umständlich gewesen, vor jedem Schlag- oder Druckvorgang die zur Kernform passende Fixierungsvorrichtung heraus zu suchen, zumal sich ja die Winkel und Wölbungen der Kerne unter sukzessivem Grössenverlust immer stärker veränderten. Und selbst wenn die jungneolithischen Steinschläger verschiedene Haltevorrichtungen verwendet hätten, so würde man doch nicht eine derart breit gefächerte Morphologie der Kerne erwarten, wie sie uns tatsächlich vorliegt. Dies alles spricht relativ deutlich gegen eine Anwendung der Druckbzw. der indirekten Schlagtechnik. Dazu passt, dass die bei der indirekten Schlagtechnik gelegentlich auftretenden, zungenförmigen Klingenbrüche («fractures en languette»152), oder die hin und wieder unterhalb der Bulbuswölbung entstehenden, kahnförmigen Aussprünge («fractures en nacelle»153) in den Inventaren konsequent fehlen. Dies alles spricht doch eher dagegen, dass die neolithischen Steinbearbeiter ihre Klingen und Lamellen in Druck- oder indirekter Schlagtechnik gefertigt hatten. Vom herstellungstechnischen Standpunkt aus gesehen ist es mit Abstand am einfachsten, kleinformatige Knollen mittels der direkten Schlagtechnik zu zerlegen (Abb. 79). Sie ist einfach und flexibel in der Anwendung und kommt ohne aufwändige Hilfskonstruktionen aus. Die Zielprodukte sind zwar nicht so gleichförmig wie sie mittels der Druck- oder Punchtechnik erzielt werden könnten; die direkte Schlagtechnik erfordert aber auch keine aufwändige Präparation der Produktionskerne, was gerade bei einer begrenzten Verfügbarkeit eines Rohmaterials von Vorteil ist. Auch wenn man zunächst dem Irrtum unterliegen könnte, zu glauben, dass die direkte Schlagtechnik im Vergleich mit anderen Schlagtechniken nicht allzu anspruchsvoll sei, so zeigen doch gerade praktische Versuche, dass genau das Gegenteil der Fall ist; je kleiner nämlich der Kern ist, desto präziser muss der Schlag auf den gewünschten Schlagpunkt auf der Schlagfläche geführt werden. Dies erfordert ein hohes Mass an Konzentration und Fingerfertigkeit. Bei gleichzeitiger Verwendung einer stabilen Unterlage154 können mittels der direkten Schlagtechnik Klingen und Lamellen produziert werden, die im Längsschnitt relativ gerade verlaufen und sich somit auch nur unwesentlich von Mikroklingen in Drucktechnik unterscheiden. Wenn es nun nach den obigen Ausführungen verschiedene Gründe gibt, von der Anwendung einer direkten «harten» Schlagtechnik auszugehen, so stellt sich unweigerlich die Frage nach dem dazu verwendeten Schlaginstrumentarium. Als wahrscheinlichste Schlaginstrumente bieten sich in erster Linie Klopfsteine aus sehr harten und formbeständigen Materi-
1
2 Abb. 78: 1 Völkerkundliches Vergleichsbeispiel für die Anwendung der Miniatur-Punch-Technik zur Herstellung kurzer Lamellen. Die Methode erfordert ausserordentlich viel Geschicklichkeit und eine bestimmte Form und Grösse des Kernstücks. Wie praktische Versuche gezeigt haben, versagt die Methode bei allzu kleinen, zur Kugelform tendierenden Kernstücken, weil das Kernstück nicht mehr stabil genug gehalten werden kann. 2 Beispiel eines experimentell erzeugten Lamellenkerns (Drucktechnik) nach dem Vorbild analoger Kerne aus dem dänischen Mesolithikum. Man beachte die längliche Kernform, die es ermöglicht, eine Fixierungshilfe anzubringen, um dem Kern mehr Stabilität beim Druckvorgang zu verleihen, sowie die ganz charakteristischen, spitz auslaufenden Distalenden der Lamellen.
69
A
B
C
D
E
F
Abb. 79: Im Replikationsversuch (K. Altorfer) hat sich die hier postulierte Schlagtechnik als sehr praktikabel erwiesen. A) Versuchsanordnung: Der Nukleus ruht auf einem kleinen Ambossstein, welcher dem kleinen Kernstück nicht nur eine grössere Trägheit verleiht, sondern auch die Rotationstendenz des Kernstücks während des Bruchvorgangs eindämmt. B) Das für den Replikationsversuch verwendete Werkzeuginstrumentarium: Links Schlagstein aus Quarzit (aus der miozänen Brackwassermolasse bei Büttenhardt; G= 109,1g), mitte Unterlagsstein mit vernarbter Oberfläche (G=34,6g) und diskoider Silexschlagstein aus Jurahornstein der Region Olten (G=39,7g). Da die in den Schaffhauser Fundstellen verarbeiteten Silexrohstoffe bereits in prähistorischer Zeit fast vollständig ausgebeutet worden waren, musste für den vorliegenden Replikationsversuch (Werkzeuge und Testmaterial) Hornstein aus der Region Olten (Silextyp 102) verwendet werden. Dieser hat vergleichbare Rohstoffeigenschaften wie das Schaffhauser Silexmaterial. C+D) Zwei Beispiele aus der Testserie: Kernstücke und Abfallprodukte. Die Knolle links wog im Rohzustand 82,6g , jene rechts 93,4g. In einer ersten Phase konnte mit dem längsovalen Quarzitklopfer wegen dessen grösserer Masse deutlich besser gear-
beitet werden. Erst in der Schlussphase - bei der Erzeugung von Lamellen und dünnen Abschlägen – vermochte der leichtere, diskoide Kern durch seine schmale Kante zu überzeugen. Letztere lässt eine sehr präzise Energieübertragung zu. Wie bei den Originalfunden weisen die in einer späten Abbauphase erzeugten Abschläge und Lamellen lineare Schlagflächenreste auf, obschon mit einem harten Silexschlagstein gearbeitet wurde. Dies hängt mit dem tangential geführten Schlag auf den äussersten Rand der Schlagfläche zusammen. Ausserdem war wegen der identischen Materialeigenschaften des diskoiden Silexklopfers und des Testmaterials ein mit den Originalen gut vergleichbares Merkmalsspektrum an den Produkten zu erwarten, was sich durch den Replikationsversuch bestätigte. Mit einem intensiveren Training könnten wesentlich regelmässigere Abschlagprodukte erzeugt werden. E) Die mit dem Silexschlagstein er- zeugten Schlagaugen sind aufgrund der grösseren Här te des Ma- terials durchwegs klein (vgl. auch Abb. 81, 1-3), während die mit dem Quarzitklopfer (F) erzeugten Schlagaugen im Mittel deutlich grösser und uneinheitlicher sind.
70
alien wie beispielsweise Quarzit oder auch Silex an. Der Präzision wegen sind weniger kugelförmige, sondern vielmehr längliche oder scheibenförmige Klopfer mit möglichst kleiner Arbeitsfläche zweckmässig. Geweih- und Holzschlägel sind für die Verarbeitung derart kleiner Kerne ungeeignet, vor allem deshalb, weil es die Materialeigenschaften elastisch reagierender Werkstoffe nicht erlauben, Geräte mit ausgesprochen kleiner und trotzdem schlagresistenter Kontaktfläche zu konstruieren; sie würden bei starker Energieübertragung unweigerlich brechen oder aussplittern. Folglich kommt nur Stein als Ausgangsmaterial für die Herstellung der Schlag geräte in Frage. Tatsächlich liegen im Lesefundmaterial von Büttenhardt-Zelg einige Instrumente vor, die diesen Anforderungen entsprechen (Abb. 80). Es handelt sich um kleine Schlagsteine, mit deutlich bestossenen Kanten und Narbenfeldern. Eines der Stücke ist von diskoider Form (Kat. 1) und hat eine nur 8 mm breite,
Abb. 80: Büttenhardt-Zelg. Beispiele verbrauchter und verworfener Schlagsteine (KASH 67698.02, 67698.04, 67698.05, 67698.07, 67808.04). Man beachte die breiten Narbenfelder und die konvex gewölbten Arbeitsflächen.
leicht angeschliffene, das heisst bewusst abgestumpfte155 Arbeitsfläche. Der sekundär umgenutzte Restkern beschreibt einen schwach abgekanteten, fünfeckigen Umriss. Die durch kontinuierliche Perkussion entstandene, abgeflachte Arbeitskante muss für eine punktgenaue Kraftübertragung – wie dies bei der Verarbeitung derart kleiner Produktionskerne essentiell ist – ideal gewesen sein, weswegen sich das Gerät hervorragend für eine Verwendung als Schlagstein eignet. Passenderweise finden sich auch an einem Teil der Restkernen kleine, sichelförmige Einreisslinien entlang des Schlagflächenrandes (Abb. 81), die nur durch kleinformatige Hertzkegel entstanden sein konnten, wie sie bei der Verwendung von sehr harten Schlaginstrumenten entstehen. 71
Abb. 81: Büttenhardt-Zelg. Schlagmerkmale als Informationsträger für die Rekonstruktion der Zerlegungsmethode. An einzelnen Nuklei (1) und Abschlagprodukten (2+3) sind kleine, ovale Risse (sog.«Schlagaugen»), erkennbar. Es handelt sich um die Deckflächen von Hertz’schen Kegelstümpfen. Solche «Hertz-»Kegel entstehen üblicherweise beim Aufprall von sehr harten Schlaginstrumenten auf silexartige Materialien. Der Durchmesser der Schlagaugen ist unmittelbar abhängig von der Härte des verwendeten Schlaginstrumentes (vgl. Abb. 79, E+F). Die meist nur 1-2 mm grossen Schlagaugen an den Silices von Büttenhardt sprechen für die Verwendung von ausserordentlich zähen und harten Schlaginstrumenten (z.B. aus Silex). 4: Beispiel einer sehr ausgeprägten, sichelförmigen Einreisslinie wie sie typisch für Negative von Hertz’schen Kegelbrüchen ist. 5: Kernstück mit mehrfach stecken gebliebenen Brüchen. Sie sind die Folge eines ungünstigen Kern-Abbauwinkels. Mit Sachverstand hat der Steinbearbeiter den Schlagpunkt des jeweils nächstfolgenden Abschlags um eine halbe Abschlagbreite verschoben und auf diese Weise versucht, den Fehler zu korrigieren. 6: Kern mit ausgeprägten Angelbrüchen (Schlagunfälle). Auch hier wurde vergeblich versucht, den Fehler zu beheben, indem der Schlagpunkt um eine halbe Abschlagbreite verschoben wurde. 7: Beispiel einer völlig ausgesplitterten Schlagflächenkante. Hier ist es dem Steinhandwerker nicht gelungen, die Fehler zu korrigieren (KASH 66831, 66851, 67748.01, 66729, 66828, 66722).
Abb. 82 (rechte Seite): Büttenhard-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde. Auswahl von Restkernen mit relativ flachen Narbenfeldern. Da sie für eine präzise Energieübertragung ungeignet sind, kommt für sie am ehesten eine Funktion als Unterlagssteine (Handamboss) in Frage (KASH 67808.03, 67841).
72
73
Abb. 83: Rekonstruktionsvorschlag für die in den Schaffhauser Stationen angewandte Zerlegungsmethode. Das Kernstück wird auf einem Unterlagsstein (Handamboss) abgestützt. Diese Massnahme ist wegen der geringen Massenträgheit der kleinen Kerne sinnvoll, weil diese im Zeitpunkt des Bruchvorgangs zu einer seitlichen Drehbewegung tendieren.
Eine aus technologischer Sicht äusserst interessante Fundgruppe stellen mehrere Restkerne mit flächig angeordneten Narbenfeldern (Abb. 82) dar. Das Spezielle an diesen eigentümlichen Geräten sind die ebenen oder leicht sattelförmigen Arbeitsflächen. Ihre geringen Dimensionen und das knappe Gewicht wollen nicht so ganz zu gewöhnlichen Schlagsteinen passen, denn ihre eingesattelten Arbeitsflächen lassen kein punktgenaues Übertragen der Schlagenergie zu, wo doch gerade bei der geringen Grösse der verarbeitenden Knollen höchste Präzision geboten war. Es ist daher wahrscheinlicher, dass es sich dabei nicht um Schlag- sondern um Unterlagssteine handelt. Gerade bei sehr kleinen Kernen ist die Unterstützung durch eine harte Unterlage hilfreich, weil dadurch die seitliche Drehbewegung des Kerns im Moment des Aufpralls des Schlaginstrumentes auf die Schlagfläche eingedämmt werden kann.156 Die vernarbte Oberfläche lieferte eine ideale, rutschfeste Unterlage für die Kerne. Durch die so erzielte Stabilisierung der Nuklei war es möglich, annähernd gerade Grundformen157 herzustellen, wie es für die Herstellung von Rohlingen für die Bohrerfabrikation erwünscht war. Überdies konnten die kleinen Kerne auf diese Weise sehr viel stärker abgebaut werden.158 Wie eigene praktische Versuche gezeigt haben, ist die Unterstützung kleiner Kerne durch Unterlagssteine äusserst praktikabel und führt auch zu guten Ergebnissen (Abb. 83).159 Wenn nun also einige Rätsel der Zerlegungsmethode gelöst zu sein scheinen, bedürfen einige Details dennoch einer Erklärung, weil sie im Widerspruch zur allgemeinen Lehrmeinung stehen. Im Inventar liegen mit einer gewissen Regelmässigkeit ganz dünne Abschläge und Lamellen mit schmalen, linearen oder punktförmigen Schlagflächenresten und einer schwach ausgeprägten, aber deutlich erkennbaren Lippenbildung auf der Ventralseite des Schlagflächenrestes vor. Kon74
ventionellerweise würde man solche Merkmalskombinationen als Indizien für die Anwendung «elastisch»160 reagierender Schlaginstrumente (sog. «weiche« Schlagtechnik) interpretieren.161 Es ist nun aber so, dass sich bei einer tangentialen Führung eines «harten» Schlaginstrumentes Abschläge und Lamellen mit Merkmalen des Biegebruches vom Kern lösen können, ohne dass irgendeine Kegelbildung erkennbar ist.162 Dies lässt sich durch ganz simple Schlagexperimente problemlos verifizieren: Durch die tangentiale Führung des Schlaginstrumentes wird der Abschlag mehr vom Kern weggerissen, als dass eine direkte Kollision von Schlaginstrument und Kern wie beim Hertz’schen Kegelbruch stattfindet. Dies führt zu einem Biegebruch.163 Dass Abschlagprodukte mit Merkmalen des Biegebruches durch «harte» Schlaginstrumente erzeugt werden können, ist eine schon länger bekannte Beobachtung, die in der europäischen Fachliteratur höchst selten zur Kenntnis genommen worden ist. Daraus zeigt sich einmal mehr, wie problematisch die Interpretation einzelner Schlagmerkmale ist und dass aus Merkmalen des Biegebruches nicht a priori auf die Verwendung eines «weichen» Schlaginstrumentes geschlossen werden kann. Abschliessend bleibt also festzuhalten, dass es vorderhand keine zwingenden Gründe gibt, die Schlagabfälle der Stationen Büttenhardt-Zelg, Lohn-Setzi und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde mit einer anderen Zerlegungsmethode als mit dem direkten «harten» Schlag in Verbindung zu bringen.164 Im Gegenteil bietet sich diese Vorgehensweise hier gerade an, weil sie erstens kein komplexes Werkzeuginstrumentarium erfordert, zweitens sehr flexibel in der Ausführung ist und sich drittens auch in modernen Replikationsversuchen als äusserst praktikabel erwiesen hat.
4.3 Analyse der Werkzeuge
4.3.2 Gekerbte Stücke
4.3.1 Kanten- und flächenretuschierte Artefakte
In den bearbeiteten Ensembles wurden Kerben vor allem an dickeren Abschlägen (Kat. 30–31; Abb. 85+86) und unregelmässigen Klingen (teils mit Kernkanten; Kat. 32–33), seltener auch an Trümmern und Lamellen angebracht. Dem unregelmässigen Verlauf der dorsalen Grate und der variablen Dicke der verwendeten Stücke nach zu schliessen, scheint es bei der Auswahl der Grundformen keine bestimmten Präferenzen gegeben zu haben. Vielmehr macht es den Anschein, dass vorwiegend Grundformen verwendet wurden, die für die Herstellung spezifischerer Geräte wie Bohrer, Pfeilspitzen und Messerklingen ungeeignet waren und sich daher zur Fertigung weniger anspruchsvoller Gerätetypen anboten. Es kommt nicht selten vor, dass an ein und demselben Stück mehrere Kerben angebracht wurden, je nach der Morphologie der dafür geeigneten Schneidekanten. Darüber hinaus scheint die Vollständigkeit der Grundformen kein Kriterium für die Herstellung dieses Gerätetyps gewesen zu sein; nicht selten wurden auch Bruchstücke von Klingen und Abschläge als Rohlinge verwendet. Bei einigen Distalfragmenten konnte beobachtet werden, dass die Kerbe an der Bruchstelle der Grundform angelegt wurde, wo das Werkstück die grösste Festigkeit (Dicke) besitzt. Dies zeigt, dass die Kerben nicht wahllos, sondern durchaus nach bestimmten handwerklichen Gesichtspunkten angelegt worden sind. Auffallenderweise liegen die Kerbretuschen auch nicht bei allen Stücken auf der Dorsal-, sondern teilweise auch auf der Ventralseite. Viele der Kerben sind diffus und unregelmässig ausgearbeitet und teilweise auch ausgebrochen. Sie geben folglich nicht mehr den ursprünglichen Fertigungszustand wider, sondern sind durch die Abnutzung morphologisch stark verändert. Dies spricht deutlich dafür, dass die Geräte stark beansprucht und unmittelbar nach dem Gebrauch verworfen worden sind, ohne dass sie für eine etwaige Weiterverwendung nachgearbeitet worden wären. Dies würde jedenfalls die grosse Zahl dieser ansonsten eher selten in Siedlungszusammenhängen gefundenen Geräte plausibel erklären. Aufgrund der starken Abarbeitung der Arbeitskanten fällt es in vielen Fällen schwer, den ehemals angestrebten Kerben-Durchmesser zu ermitteln. Um dennoch einen Eindruck von der Bandbreite der KerbenDurchmesser zu erhalten, wurde eine Stichprobe165 aus Büttenhardt-Zelg genauer vermessen (Abb. 88). Als Kriterium
Die kanten- und flächenretuschierten Artefakte (Kat. 21–22, 23–26, 94–97 etc. ) gehören in allen drei Komplexen zu den häufigsten Geräten. In Büttenhardt und Lohn machen sie über 30% aller modifizierten Artefakte aus, in Herblingen liegt ihr Anteil bei etwa 13% am gesamten Gerätespektrum (Abb. 84). Am Häufigsten sind retuschierte Abschläge vertreten, wobei in der Lage der Retuschen keine offensichtliche Regelhaftigkeit erkennbar ist. In den meisten Fällen ist der Zweck der angebrachten Retuschen nicht ersichtlich, es scheint sich also eher um improvisierte Geräte zu handeln. Morphologisch handelt es sich soweit ersichtlich um kurze Schuppenretuschen, wie sie beispielsweise durch leichtes Andrücken eines Schlagsteins gegen die Artefaktkante entstehen. Klassische, lange Druckretuschen, wie sie in einigen neolithischen Inventaren öfters an den Pfeilspitzen beobachtet werden können, fehlen in den bearbeiteten Inventaren, während gelegentlich kleinere Serien von subparallelen Retuschen vorkommen. Sie dürften eher zufällig entstanden sein. Abb. 86: Büttenhardt-Zelg. Detailaufnahmen einer Auswahl von gekerbten Stücken (KASH 67639.11, 67639.04, 67639.02, 67639.09).
Abb. 85: Büttenhardt-Zelg. Auswahl gekerbter Silexstücke. In den meisten Fällen wurden Fragmente zerbrochener Grundformen oder Trümmerstücke für die Anbringung der Kerben ausgewählt, wobei mehrfache Kerbungen nicht selten sind. Die Durchmesser der Kerben können zum Teil massiv variieren (KASH 67639 und 67786).
75
Abschlag. retuschiert
720
27.4
3‘233.9
141
Klinge. retuschiert
84
3.2
421.9
Kernkantenklingen/-abschläge/ -lamellen retuschiert
19
0.7
83.6
Lamelle. retuschiert
Ausgesplittertes Stück
Bohrer
Typ Dickenbännli
Spitze
an Abschlag
34
113
1.3
4.3
32.3
564.7
22
23.4
82.9
43
2.8
209.3
7
7.4
19.9
0
0.0
0.0
0
0.0
0.0
19.8
1‘019.0
4.3
16.6
304
108.1
838
54.6
35
1.3
152.0
6
0.3
42.4
9
248
9.4
1‘286.7
an Klinge
35
1.3
159.0
Kratzer
an Abschlag
59
2.2
416.8
Pfeilspitzen
mit eingezogener Basis
an Lamelle an Klinge
Endretusche
Übrige Spitzen
an Abschlag an Lamelle
Übrige Endretuschen
an Klinge
übrige Kratzer
mit gerader Basis
mit konvexer Basis
Kerbe
Stichel
Fragmente
2
8
3
8
3
9
1
0.1
0.3
0.1
0.3
0.0
17.3
15.8
17.9
54.6
5.6
4
2.1
1.2
253.3
11
11.7
0.4
12.0
6
6.4
25.8
0.6
15.1
0
0.0
0.0
29
1.9
108.0
10
10.6
31.3
0
0.0
0.0
3
3.2
13.3
0.0
0.0
11 0
0
0
0
18 5
0
0.7
0.0
0.0
0.0
0.0
1.2 0.3
0.0
26.4 0.0
0.0
0.0
0.0
155.4
13.0
0.0
0
0
0
0
0
0
0
0
0.0
0.0 0.0
0.0 0.0
0.0
0.0
2.9
0.0
0.0 0.0
0.0 0.0
0.0
0.0
61.4
22
1.4
29.3
1
1.1
1.9
2
0.1
1.9
1
0.1
1.3
0
0.0
0.0
0
2
0.0
0.1
0.0
2.4
2
13
0.1
0.8
4.4
12.6
0
1
0.0
1.1
0.0
0.9
an Abschlag
676
25.7
3‘157.6
54
3.5
126.9
16
17.0
56.0
an Klinge
121
4.6
574.5
0
0.0
0.0
6
6.4
25.8
an Lamelle
übrige Kerben
12
87 6
Trümmer, retuschiert
0.5
3.3
0.2
19.6
651.1 35.2
0
0
0
1.0
1‘172.2
14
24
0.9
200.0
2‘629
100.0
12‘511.0
0
0.0
Abb. 84: Statistik der retuschierten Artefakte. Die zum Teil deutlichen Differenzen in den Artefaktanteilen sind – vor allem bei den kleinformatigen Silexbohrern des Typs «Dickenbännli» – durch die unterschiedliche Bergungsmethoden erklärbar. Die unterschiedlichen Anteile bei den Kerben und den Ausgesplitterten Stücken sprechen aber auch für unterschiedliche handwerkliche Schwerpunkte in den drei Stationen.
76
3.7
2
1.6
27
TOTAL
0.1
18.8
15.7
41
Klopf- oder Unterlagsstein
Trapezspitze
0.2
Gew. [g]
356.7
1.4
9.3
5
%
9.2
22
245
Übrige Bohrer
Lohn-Setzi
Anzahl
%
Anzahl
Gew. [g]
%
Anzahl
GERÄTE
Gew. [g]
Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde 1918/19, 1938/39
Büttenhardt-Zelg
0.0
0.0
0.0
0.0
0.0
0.0
0.0
0.9
322.2
2
0.1
6.5
1‘536
100.0
2‘688.4
2
0.1
1.3
0
2
0
3
0.0 2.1
0.0
0.0 9.0
0.0
3.2
84.4
0.0
0.0
94 100.0
371.9
0
0
0.0
0.0
In den Gerätespektren der drei besprochenen Fundstellen kommen gekerbte Stücke mit völlig unterschiedlichen Anteilen vor. Während sie in Büttenhardt-Zelg und Lohn-Setzi bis zu 25,7% aller Geräte ausmachen, beträgt ihr Anteil in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde nur gerade 3,5% (Abb. 84).168 Dieser deutliche Unterschied lässt sich fast nur dadurch erklären, dass in Büttenhardt und Lohn offenbar bestimmte Arbeiten (wofür die gekerbten Silices notwendig waren) mit grösserer Intensität verrichtet worden waren als in Herblingen. Ein chronologischer Hintergrund ist als Ursache für diesen Befund sehr unwahrscheinlich, da die Geräte- und Abfallspektren aller drei Fundstellen sonst in ihrer gesamten Erscheinung weitestgehend übereinstimmen. 20
18
16
14 Anzahl Kerben
für die Bestimmung des Kerbdurchmessers diente die Faustregel, dass die Kerbe einen idealen Kreis mit vorgegebenem Durchmesser (in Millimeter) an mindestens drei Punkten berühren musste. Dies kann verständlicherweise nur als Näherung verstanden werden, sollte aber dennoch einen ungefähren Eindruck der vorhandenen Bandbreite vermitteln. Interessant ist nun, dass eine Häufung der Kerbdurchmesser bei ca. 6–8 mm Durchmesser beobachtbar ist. Eine weitere Konzentration der Einzelmessungen lässt sich bei Durchmessern um und über 13 mm feststellen. Hier sind es vor allem sehr flache, d.h. nicht zur Kreissegmentform tendierende Einkerbungen. Die Messresultate deuten an, dass es wohl kein angestrebtes Standardmass für die Einkerbungen gab. Zu den naheliegendsten Einsatzmöglichkeiten für die gekerbten Stücke gehört die Pfeilschaftherstellung, insbesondere die Entrindung der frisch geernteten Schösslinge. Ob die Tatsache, dass die Bandbreite der Kerbdurchmesser weitestgehend mit jenen der bisher bekannten, prähistorischen Pfeilschäfte166 übereinstimmen, für eine Funktionsbestimmung ausreichend ist, sei einstweilen dahin gestellt. Fest steht indessen, dass je nach der Zugstärke eines Bogens auch unterschiedlich dicke Pfeilschäfte notwendig sind, wodurch die zunächst etwas befremdlich wirkende Bandbreite der Kerbdurchmesser eine plausible Erklärung fände. Ebenso hat sich in praktischen Versuchen gezeigt, dass gekerbte Stücke ausserordentlich praktische Geräte für die Entrindung gerade gewachsener Schösslinge sind (Abb. 87) und dass die Kerbkanten sich bei relativ trockenen Hölzern vergleichsweise rasch abnützen. In ähnlicher Weise ist auch eine Verwendung bei der Herstellung von Haltevorrichtungen für die Bohrspitzen denkbar.167
12
10
Anzahl Kerben 8
6
4
2
0 1
2
3
4
5
6
7
8
9
10
11
12
13
14 +
Durchmesser [mm]
Abb. 88: Büttenhardt-Zelg. Statistische Auswertung einer Stichprobe von 144 Kerbdurchmessern (KASH 67786; N=144). Die grosse Bandbreite der Kerbdurchmesser spricht für eine nicht allzu spezifische Anwendung. Abb. 87: Gekerbte Silexstücke eignen sich hervorragend zum Entrinden von Pfeilschaftrohlingen.
77
4.3.3 Pfeilspitzen
Abb. 89: Büttenhardt-Zelg. Beispiele von Pfeilspitzen aus dem Fundbestand (KASH 67638.01–14).
Abb. 90: Büttenhardt-Zelg. Die unregelmässigen Kantenverläufe und Defekte mancher Pfeilspitzen belegen zweifelsfrei, dass das Gros der Pfeilspitzen bereits in Gebrauch war. 1 konkav einziehende Schneiden und rechtsseitige Asymmetrie (2) als Belege für ein Nachretuschieren defekter Schneidekanten. 3-8 Spitzen- und Basisfragmente mit Impaktbrüchen. 9 Retuschierte Bruchstelle eines Impaktbruches als Beispiel für einen begonnenen Flickungsversuch (KASH 67638.05, 67638.06, 67678.03. 67678.20, 67678.27, 67678.05, 67678.24, 67678.17, 67638.04).
78
Bei den Pfeilspitzen aus den bearbeiteten Beständen (Kat. 35– 39, 111–124, 201–202) handelt es sich ausnahmslos um Dreieckspitzen mit gerader oder eingezogener Basis (Abb. 89). Nur ganz wenige Stücke sind beidflächig retuschiert; oft sind Kortexreste oder Teile dorsalseitiger Schlagbahnen erkennbar. Soweit dies die vorliegenden Stücke erkennen lassen, handelt es sich in der Regel um kurze Schuppenretuschen von bis zu einem Zentimeter Länge. Abschnitte mit subparallelen Retuschen sind selten (Kat. 119) und allem Anschein nach eher zufällig entstanden. Überhaupt sind vollflächig retuschierte Pfeilspitzen in den bearbeiteten Inventaren selten (Kat. 39). Handwerklich sind die Pfeilspitzen durchaus gekonnt gearbeitet, jedoch zeigen verschiedene Details, dass insgesamt noch nicht das hohe Niveau169 horgenzeitlicher Pfeilspitzenhersteller erreicht wurde. So ist beispielsweise auffallend, dass unter den Spitzen einige Stücke vertreten sind, die eine sehr unregelmässige Dicke aufweisen (Kat. 111–113); hier gelang es den Bearbeitern offensichtlich nicht, die Werkstücke gleichmässig auszudünnen, um die ideale Linsenform zu erreichen. Auch lange Basisretuschen, die ein Merkmal hoher handwerklicher Fertigkeiten sind, fehlen in den drei jungneolithischen Inventaren völlig. Alle diese kleinen Mängel haben aber keinen Einfluss auf die Funktionalität der Projektile. Ob sie nun auf handwerkliches Unvermögen zurück zu führen sind, oder ob sich die Handwerker bewusst auf eine möglichst ökonomische Arbeitsweise beschränkt hatten, lässt sich auf der Basis der vorliegenden Stücke nicht entscheiden. Es mag sein, dass die eingeschränkte Verfügbarkeit genügend grosser Grundformen einen gewissen Einfluss auf den Überarbeitungsgrad der Spitzen ausgeübt hat. Dies würde zumindest die teils starken Unterschiede in den Pfeilspitzenquerschnitten erklären. Ein Teil der Pfeilspitzen (Kat. 36–37, 116, 119; Abb. 90) weist Brüche auf, wobei nicht immer klar ist, ob diese Defekte schon bei der Herstellung oder erst beim Gebrauch entstanden sind. Speziell die kleinen Pfeilspitzen aus Büttenhardt waren wegen ihrer geringen Dimensionen nicht mehr reparierbar und mussten daher als Abfall entsorgt werden. Wie mehrere charakteristische Rohlinge beweisen (Kat. 121– 123), wurden die Pfeilspitzen vor Ort angefertigt. Dafür waren flache, ca. 4-5 mm dünne und möglichst gerade Grundformen (Abschläge, Klingen) nötig. Da man davon ausgehen muss, dass die Auswahl an geeigneten Grundformen wegen der geringen Grösse der verarbeiteten Knollen nicht gerade gross war, wird man annehmen dürfen, dass geeignete Grundformen schon recht früh im Verlauf des Zerlegungsprozesses der Knollen ausgesondert worden sind. Auf diese Weise liess sich der Aufwand für die Herstellung von Pfeilspitzen in einem vertretbaren Rahmen halten. Ein besonders auffallendes Merkmal einiger Pfeilspitzen von Herblingen sind die teils recht breiten und rund gearbeiteten Flügelspitzen (Kat. 111, 116, 124). Es mag sein, dass es sich hierbei um Fabrikate eines einzelnen Pfeilspitzenherstellers handelt.
4.3.4 Bohrer des Typs «Dickenbännli» Einer der Gründe, weshalb die Kerne in den Stationen von Büttenhardt, Herblingen und Lohn derart stark abgebaut worden waren, dürfte in der Tatsache zu suchen sein, dass die jungneolithischen Bauern Kalksteinperlen im grossen Stil produzierten und dafür auch grössere Mengen an Silexbohrern benötigten (Kat. 40–45, 127–129, 203–206). Für die Herstellung geeigneter Bohrerrohlinge eigneten sich die etwa eigrossen, sehr homogen verkieselten Silexknollen aus dem Schaffhauser Massenkalk besonders gut. Die wenige Zentimeter langen, mit einer kaum erkennbaren Basis versehenen Bohrer werden in der Fachliteratur schon seit längerem als «Dickenbännlispitzen» oder «Dickenbännlibohrer»170 (Abb. 91) bezeichnet. Sie waren im älteren Jungneolithikum weit verbreitet und kommen in den Siedlungen meist zu Hunderten oder sogar Tausenden vor. Alleine in der Seeuferstation Hornstaad-Hörnle IA am Bodensee wurden auf 120‘000 Silices fast 19‘000 meist fragmentierte Dickenbännlibohrer gezählt.171 Wie praktische Versuche von Friedrich Seeberger gezeigt haben,172 reicht ein einziger Bohrer zum Durchbohren von bis zu zehn Kalksteinperlen, wobei anzumerken ist, dass die Dauerhaftigkeit der Bohrer sowohl von der Härte des verwendeten Silexmaterials als auch der des verwendeten Kalksteinmaterials abhängt.173 Für die Herstellung der Bohrer eigneten sich Abschläge und Lamellen mit einer minimalen Längskrümmung und einer nicht allzu grossen, aber konstanten Dicke (Abb. 92). Oft reichte es, wenn bei nicht allzu stark gekrümmten Grundformen die Proximal- und Distalenden gekappt wurden, um einen relativ geraden Bohrerrohling zu erhalten. Dabei erforderte die Herstellung dieser Massenartikel keinerlei besonderen Fähigkeiten, insbesondere, wenn die Grundformen nicht zu breit waren: In weniger als einer Minute konnte mit einem Retuscheur aus Geweih oder Stein eine widerstandsfähige Bohrerspitze aus einem Abschlag oder einer Lamelle gefertigt werden. Die serielle Herstellung geeigneter Grundformen erforderte hingegen wesentlich mehr Geschick. Sedlmeier174 hat sich vor einigen Jahren mit Nachdruck dafür ausgesprochen, dass für die Herstellung jungneolithischer Dickenbännlibohrer ausschliesslich «Abschläge und Absplisse» verwendet worden seien. Diese Aussage findet in der von Sedlmeier verwendeten Ausschliesslichkeit indes keine Bestätigung am Schaffhauser Fundmaterial. Ebensowenig trifft es hier zu, dass den verwendeten Grundformen eine «unsorgfältige Abschlagtechnik» zugrunde liegt. Ganz im Gegenteil lassen die Negative auf den zahlreich erhaltenen Restkernen erkennen, dass es die Steinbearbeiter vor allem auf die Herstellung von regelmässigen Abschlägen und Lamellen mit konstanter Dicke abgesehen hatten. Dies umso mehr, als sich solche Stücke wesentlich leichter zu Bohrern verarbeiten liessen. Neben den Abschlagnegativen auf den Restkernen deuten auch die kantenparallel verlaufenden Dorsalgrate auf vielen Bohrern eindeutig darauf hin, dass die Zerlegung der Rohknollen in den Schaffhauser Fundstellen alles andere als unsorgfältig war, sondern ganz im Gegenteil mit System erfolgte. Dies lässt sich übrigens auch an anderen Bohrerfunden aus umliegenden Siedlungsplätzen der Hochrhein- und Bodenseeregion175 beobachten. Die gelegentlich erkennba
Abb. 91: Büttenhardt-Zelg. Auswahl von Bohrern des Typs «Dickenbännli». Länge des Stückes am mittleren linken Bildrand: 1,1 cm (KASH 67635 und 67636).
Abb. 92: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Auswahl vollständig erhaltener Lamellen. Solche möglichst gleichförmigen, nicht allzu dicke Grundformen eigneten sich hervorragend zur Herstellung von Bohrern des Typs «Dickenbännli» (KASH 61861).
ren, quer zur Längsachse verlaufenden Dorsalnegative rühren vom ständigen Wechsel der Schlagrichtung (vgl. Abs. 4.2.1) beim Grundformenabbau her und sind ein Ausdruck des hohen Ausnutzungsgrades der Kerne und mitnichten ein Beleg für eine «unsorgfältige Abschlagtechnik». Das Gros der Dickenbännlibohrer weist keine dorsalen Kortexreste auf. Dies ist ein Indiz dafür, dass die Herstellung geeigneter Grundformen für die Bohrerfabrikation erst in einem sehr fortgeschrittenen Kern-Abbaustadium erfolgte und dass vorher möglichst grosse Grundformen geschlagen wurden, die sich beispielsweise für die Herstellung von Pfeilspitzen etc. eigneten. Die Dickenbännlibohrer aus Büttenhardt, Lohn und Herblingen decken ein breites Grössenspektrum ab, wobei Bohrer mit einer Länge von 3 cm und einem Bohrerdurchmesser von 0.5 cm zu den grössten bisher Gefundenen gehören.176 Während in den Lesefundkomplexen von Büttenhardt und Lohn eher grössere Stücke dominieren, sind aus den Schlämmrückständen von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde wesentlich grazilere und feinere Bohrer überliefert. Dies spricht dafür, dass nicht nur fragile Kalksteinperlen, sondern auch andere, 79
wesentlich grössere (Schmuck-) Gegenstände durchbohrt worden waren. Eine sehr seltene, möglicherweise für die Durchbohrung von Glisknöpfen verwendete Bohrerform liegt in Form eines hakenförmigen Stücks aus Herblingen-Grüthalde vor (Kat. 130). Es dürfte vor allem für die Nachbesserung der Durchbruchstelle der v-förmig aufeinander treffenden Bohrungen hilfreich gewesen sein. Viele Bohrer zeigen deutlich erkennbare Gebrauchsspuren wie quer durchgebrochene oder ventral ausgesplitterte, zuweilen auch stark abgenutzte Bohrerspitzen, so dass an allen drei Lokalitäten nicht nur die Herstellung, sondern auch der Gebrauch dieser Bohrer zweifelsfrei nachgewiesen werden kann (Abb. 93). In Anbetracht der massenhaften Verarbeitung der Perlen ist es naheliegend, davon auszugehen, dass die Bohrer nicht mit der blossen Hand verwendet wurden, sondern beim Bohrprozess geschäftet waren. Wie diese Halterung ausgesehen haben könnte, bleibt nach wie vor spekulativ, zumal sich die organischen Schäftungen nicht erhalten haben. Es dürfte sich aber um eine eher flexible Konstruktion gehandelt haben, die unterschiedlich dicke Bohrer fest greifen und stabil in der Schäftung halten konnte, und die auch ein rasches Auswechseln verbrauchter Bohrer ermöglichte. Bei der nicht unerheblichen Härte des gebohrten Kalksteins und dem experimentell erprobten, langsamen Bohrfortschritt erscheint es ausserdem wahrscheinlich, dass für den Bohrvorgang ein Schwungscheiben- oder ein Fiedelbohrer verwendet worden ist177 (vgl. Abb. 120).
Abb. 93: Büttenhardt-Zelg. Beispiele von Abnützungsspuren an Bohrern des Typs «Dickenbännli». Sie sind ein Beleg für die Verwendung solcher Bohrer im Werkplatzareal von Büttenhardt (KASH 67635.02, 67635.03, 67636.03, 67636.06, 67636.08, 67637.05, 67637.07).
80
4.3.5 Spitzenvarietäten Zu den Spitzenvarietäten (Kat. 46–50, 133–134, 207; Abb. 94) wurden retuschierte Geräte gezählt, die eine konisch verlaufende Spitze aufweisen und sich metrisch und morphologisch von den Bohrern des Typs Dickenbännli und anderen Bohrerformen mit parallel verlaufenden Arbeitskanten unterscheiden. Funktional ist diese Gerätegruppe schwierig einzuordnen, da das Spektrum der Geräteformen doch sehr breit ist und auch nicht in allen Fällen eine Verwendung als Bohrer kategorisch ausgeschlossen werden kann. Als Grundformen wurden häufig regelmässige Abschläge, seltener Klingen verwendet, wobei offenbar darauf geachtet wurde, dass die Grundform distalseitig nicht allzu stark gekrümmt war. Abgesehen vom umfangmässig eher kleinen Inventar von Lohn-Setzi machen die Spitzenvarietäten einen recht bescheidenen Anteil am Gerätespektrum aus (Abb. 84).
Abb. 94: Büttenhardt-Zelg. Auswahl verschiedenartiger, retuschierter Spitzen (KASH 67643, 67645.01, 67645.03, 67645.04).
4.3.6 Kratzer und Endretuschen Die Gruppe der Kratzer und Endretuschen umfasst Grundformen mit intentionell retuschiertem Distal- oder Proximalende (Abb. 95). Als Kratzer wurden Stücke bezeichnet, die ein rundlich zugearbeitetes Funktionsende aufweisen (Kat. 51–60, 135–139, 208–209). Endretuschen zeichnen sich durch einen eher geraden Verlauf der Arbeitskante aus, wobei die Endretusche durchaus schräg zur morphologischen Hauptachse des Gerätes stehen kann (z.B. Kat. 57, 209). Die typologische Grenze zwischen Kratzern und Endretuschen ist zu einem gewissen Grad fliessend, was wohl teilweise auch mit dem jeweiligen Abnutzungs- und Nachschärfungsgrad der Geräte zusammenhängen mag. Ebenso finden sich bei den Endretuschen gelegentlich auch Stücke, die schwach eingekerbt sind. Dies kann ebenfalls die Folge einer starken Kantenabnutzung sein. Der grossen metrischen Bandbreite dieser Geräte entsprechend, scheint es prinzipiell keine Präferenzen bei der Auswahl geeigneter Grundformen gegeben zu haben. Offenbar war es für die Funktionalität unerheblich, ob die Stücke dick
oder gekrümmt, oder einen unregelmässigen Kantenverlauf hatten. Daher scheinen für die Herstellung von Kratzern und Endretuschen vorwiegend Grundformen verwendet worden zu sein, die für die Fabrikation von Pfeilspitzen oder Bohrern ungeeignet waren, dennoch aber für diesen spezifischen Gerätetyp günstige, morphologische Eigenschaften hatten. Die ehemalige Funktion der Kratzer und Endretuschen ist vermutlich in der Verarbeitung organischer Oberflächen zu suchen (Leder, Holz etc.), wobei der Anwendungsbereich relativ breit gewesen sein kann. Auffallenderweise sind Endretuschen in Büttenhardt-Zelg und Lohn-Setzi mit rund 10% aller Geräte auffallend häufig vertreten, während sie in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde eher selten sind.178 Viele Stücke sind augenscheinlich abgenutzt bzw. verbraucht und deshalb wohl auch vor Ort entsorgt worden (Abb. 96). Dies ist vor allem für das ausgedehnte Fundareal in Büttenhardt ein starkes Indiz dafür, dass die Stelle nicht nur zur Silexverarbeitung diente, sondern dass dort eine breite Palette von Werktätigkeiten durchgeführt worden ist.
Abb. 95: Büttenhardt-Zelg. Auswahl an Kratzer und Endretuschen (KASH 67647.02, 67647.05, 67680.02, 67680.04, 67680.07, 67680.12).
Abb. 96: Büttenhardt-Zelg. Detailaufnahme dreier Kratzer mit verrundeter bzw. ausgesplitterter Arbeitskante. Die stufige, teils deutlich übersteilten Aussplitterungen lassen sich als mögliche Abnutzungserscheinungen durch den Gebrauch interpretieren (KASH 67647.02, 67647.06 und 67680.02).
81
4.3.7 Abnutzungsgeräte Zu den Abnutzungsgeräten wurden einerseits Klopf- oder Unterlagssteine mit flächigen Vernarbungen oder Stücke mit ventralen bzw. dorsalen Aussplitterungen gezählt. Die Klopf- und Unterlagssteine (Abb. 80+82) der drei Ensembles wurden bereits in Abschnitt 4.2.4 eingehend besprochen, so dass hier auf eine Diskussion dieser Fundgattung verzichtet werden kann. Mit einem Anteil von bis zu 20% am Gerätespektrum sind die sogenannten Ausgesplitterten Stücke179 (Kat. 61, 140–145, 210) vertreten. Dabei handelt es sich meist um Abschlagprodukte mit unkontrolliert stufig ausgebildeten Ausplitterungen, die teils bifaziell, teils unifaziell und gelegentlich auch bipolar auftreten (Abb. 97). Als Grundformen dienten vollständige oder fragmentierte Abschläge und Klingen mit einer nicht zu geringen, aber auch nicht zu kräftigen Dicke. Diese Mindestdicke von ungefähr 5 mm war erforderlich, um dem Werkzeug die nötige Festigkeit zu verleihen und einen quer zur Arbeitskante verlaufenden Bruch zu verhindern. Häufig scheinen bevorzugt Medialteile von Grundformen für diesen häufig auftretenden Gerätetyp verwendet worden zu sein. Die Massivität des Gerätes scheint offenbar eine gewisse Rolle bei der praktischen Anwendung gespielt zu haben. Es ist denkbar, dass es sich bei diesen funktional noch nicht zufrieden stellend interpretierten,180 aber in neolithischen Inventaren häufig vorkommenden Geräten um meisselartige Einsätze oder kleine, spaltkeilähnliche Geräte handelt. Besonders bei der Verarbeitung von besonders zähen und spröden Materialien (Kalk, Hartholz, Geweih etc.) könnten Ausgesplitterte Stücke nützlich gewesen sein. In Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde ist dieser Gerätetyp auffallend häufig belegt. BemerkensAbb. 97: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Auswahl sogenannter Ausgesplitterter Stücke. Einige der Stücke sind bipolar ausgesplittert (KASH 67844).
82
wert ist dabei die grosse metrische Bandbreite, die von langschmalen bis zu relativ breiten Stücken reicht, was insgesamt eher für eine doch tendenziell breit gefächerte Anwendungspalette spricht. Im vorliegenden Fall wäre zu überlegen, ob der hohe Anteil dieser Geräte in Herblingen allenfalls mit der Zurichtung von geeigneten Perlenrohstücken (Spaltprodukte) aus Kalkstein zusammenhängen könnte? Morphologisch stimmen die Ausgesplitterten Stücke aus Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi problemlos überein, so dass auch hier keine typologischen Differenzen ausgemacht werden können.
4.4 Schlussfolgerungen und Perspektiven Obschon die drei Silexinventare von Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi zu verschiedenen Zeiten und unter völlig unterschiedlichen Voraussetzungen zusammen getragen worden sind, zeigt der diametrale Vergleich der Grundformen und Geräte – abgesehen von einigen, ganz offensichtlich durch die unterschiedlichen Bergungsmethoden verursachten Zahlendifferenzen bei kleinformatigen Stücken – eine auffallende Übereinstimmung des Artefaktspektrums. Diese augenscheinlichen Ähnlichkeiten können auch durch die statistisch an Stichproben erhobenen metrischen Daten bestätigt werden. Dies spricht unseres Erachtens sehr dafür, dass die Herstellung der Grundformen und Geräte nach einem einheitlichen Muster stattfand und dass die Hersteller dem gleichen Traditionskreis entstammten. Ebenso deuten die vergleichbaren Zahlenwerte auch darauf hin, dass die Inventare gar nicht oder höchstens geringfügig durch deutlich ältere oder jüngere Werkabfälle kontaminiert sein können, weswegen die drei Fundensembles unter Vorbehalt als weitestgehend einheitlich zu betrachten sind. Der Umfang der Silexinventare sowie die Befundsituation von 2007
in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde mit erkennbaren Dichtezonen in der Artefaktstreuung sprechen zudem eindeutig für eine vor Ort ausgeübte Schlagtätigkeit. Folglich ist es zulässig, alle drei Stationen als «Werkplätze» im weiteren Sinne zu bezeichnen. Dazu passt der hohe Anteil an natürlichem Bruchmaterial (Trümmern), der in abseits der Rohstoffvorkommen gelegenen Siedlungen an den voralpinen Seen stets deutlich geringer ausfällt. Interessanterweise sind kleine, aber doch statistisch signifikante Unterschiede in den Werkzeuganteilen der drei Silex inventaren erkennbar. Während in Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde auffallend viele Ausgesplitterte Stücke und Bohrer des Typs Dickenbännli im Siedlungsschutt zurückgeblieben sind (vgl. Abb. 84), wurden in Büttenhardt-Zelg und LohnSetzi offensichtlich deutlich häufiger gekerbte Stücke sowie Endretuschen fabriziert und auch gebraucht. Hinzu kommt, dass weder aus Lohn-Setzi noch aus Büttenhardt-Zelg Geräte mit Lackglanzspuren gefunden wurden, so dass von dort also keinerlei Indizien für das Schneiden von Gräsern oder Getreidearten vorliegen. Es ist daher gegenwärtig eher unwahrscheinlich, dass im Umfeld dieser beiden Stationen Getreideanbau praktiziert wurde. Aus Schaffhausen (Herb lingen)-Grüthalde liegen immerhin drei Sicheleinsätze mit Lackglanzspuren vor, die für eine Ausübung des Getreideanbaus im weiteren Umfeld des Platzes sprechen. Alle diese kleinen Unterschiede sprechen für eine in einzelnen Punkten doch etwas verschiedene, wirtschaftliche Ausrichtung der drei Stationen. In Anbetracht des doch recht einseitigen Fundspektrums (Steinartefakte und Keramik) fällt es allerdings nicht leicht, die drei Fundstellen in ihrer ökonomischen und soziokulturellen Funktion präziser zu fassen. Dies wird sich vermutlich auch durch künftige Forschungen nicht wesentlich ändern, sind die Erhaltungsbedingungen in Büttenhardt-Zelg und Lohn-Setzi doch gesamthaft als schlecht zu bezeichnen.
5 Übrige Funde 5.1 Keramik Da die chronologische Stellung der Keramik von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde bereits in Abschnitt 2.3 besprochen worden ist, werden die nachfolgenden Ausführungen bewusst knapp gehalten. Aus der 1989 untersuchten neolithischen Grube in Büttenhardt-Zelg liegen 14 kleine Wandscherben und zwei Ösenfragmente mit einem Gesamtgewicht von 36,7 g vor. Sie lassen sich typologisch nicht weiter beurteilen und erlauben nur eine ganz grobe Zuordnung ins Jungneolithikum. Wesentlich besser lässt sich das Keramikspektrum von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde durch die bisherigen Keramikfunde fassen (Abb. 98; Kat. 161–186). Die insgesamt 5236 Scherben mit einem Gesamtgewicht von 26,8 kg (Abb. 99) können verschiedenen Flaschen, Becher, Krügen und Töpfen zugeordnet werden (Abb. 100). Mit einem Durchschnittsgewicht von 5,12 g sind die Scherben aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde um ein Mehrfaches kleiner als jene aus den nordalpinen Seeufersiedlungen.181 Soweit beur- teilbar ist die Keramik sorgfältig geglättet, entsprechend ihrem frühen jungneolithischen Alter vergeichsweise dünnwandig geformt. Als Magerungsmaterial wurde dem Ton etwas zerstossener Milchquarzgrus sowie reichlich Schamottmaterial beigefügt. Vereinzelte grob zerschlagene Milchquarzbrocken (Abb. 101) deuten an, dass die Keramik von Herblingen möglicherweise vor Ort hergestellt worden ist. Aus Lohn-Setzi liegen zur Zeit keine Keramikfragmente vor. Dies kann durchaus erhaltungsbedingte Gründe haben und muss nicht zwingend der archäologischen Realität entsprechen.
Abb. 98: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Auswahl ritz- und einstichverzierter Keramikscherben (Kat. 175, 179, 181, 180). Unmassstäblich.
Abb. 99: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Statistik der neolithischen Keramikfunde.
Henkel mit spitzovalem oder rundem Querschnitt
Knubben
Horizontal gelochte Ösen
profilierte Standfussböden
3‘529
153
24‘229.4
15
28
22
16
36
49
8
12
1‘332
11
2‘574.7
-
1
-
3
5
4
-
211
4‘861
164
26‘804.1
15
29
22
19
41
53
8
Bodenscherben
199
Wandscherben
Wandscherben, stempel- und eindruckverziert
TOTAL
Wandscherben, ritzverziert
Grabung 2007
Randscherben mit Leiste
Grabungen 1918/19 und 1938/39
Randscherben
KERAMIK
Merkmale
Gewicht
Scherbenstatistik
83
Abb. 100: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Rekonstruktionsversuch des Formensets der jungneolithischen Keramik. Abb. 101 (links): Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Quarzbruchschutt aus der neolithischen Fundschicht (Grabungen 1938/39). In noch stärker zerstossenem Zustand wurde dieser Werkstoff der neolithischen Keramik beigefügt. Ohne Massstab.
Abb. 104: Büttenhardt-Zelg. Fragment einer im Nacken durchlochten Beilklinge des Typs Zug aus Diopsid-Marmor (Kat. 62). Erhaltene Länge: 4,5 cm.
5.2 Felsgesteinartefakte Neben den zahlreichen Silices haben die Stationen Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde einige Dutzend Felsgesteinartefakte geliefert (Abb. 102). Deutlich am häufigsten sind Steinbeilklingen vertreten. Fast alle Beilklingen weisen Gebrauchsspuren wie Aussplitterungen oder unkontrolliert entstandene Brüche auf, die letztlich zum Verwerfen der Stücke geführt haben. Lediglich ein Miniaturbeilchen ist in gebrauchsfähigem Zustand. Es war wohl ursprünglich in einer Sprossenfassung des Typs C182 geschäftet, die über eine Zapfen-Tüllen-Verbindung mit einem hölzernen Knieholm verbunden war. Alle anderen Stücke waren vermutlich direkt in hölzernen Flügelholmen geschäftet. Typologisch lassen sich die sieben aus Herblingen und sechzehn aus Büttenhardt stammenden Steinbeilklingen (Kat. 62–78, 146–149) problemlos in ein älteres Jungneolithikum datieren. Analoge Beilklingen mit stark ausgeprägtem spitzem Nacken und ovalem Querschnitt sind in der Nordostschweiz typisch für Inventare um 4000 v.Chr.183 An Gesteinsarten wurden in den 84
Reiatstationen zähe Gabbros, Amphibolite, Serpentinite und Quarzite verwendet (Abb. 103). Sie sind meist schwer zu verarbeiten, aber auch sehr bruchresistent unter starker Beanspruchung. Zwei spezielle, im Nackenbereich durchlochte Äxte (Kat. 62–63; Abb. 104) wurden aus Diopsid-Marmor gefertigt. Ob sie ebenfalls lokal gefertigt wurden, lässt sich beim aktuellen Forschungsstand nicht sagen. Auffallend ist an den Schaffhauser Fundstellen das völlige Fehlen von Kieselschiefern («Aphaniten») aus den Vogesen. Diese in der älteren Literatur oftmals als «Aphanite» bezeichneten Gesteine kommen in Seeuferstationen der Zeit um 4000 v.Chr. ausserordentlich häufig vor, so auch in Hornstaad-Hörnle IA oder in verschiedenen cortaillodzeitlichen Stationen des Zürichseegebietes.184 Ihr bisheriges Fehlen in den Schaffhauser Fundstellen ist daher etwas rätselhaft, kann aber auch mit der Art der Fundbergung185 (Lesefunde) zusammenhängen oder sogar chronologische Ursachen haben. Die zwei im Nackenbereich durchlochten Beilklingen aus Diopsid-Marmor finden nur wenige, aber doch recht gute Parallelen im schweizerischen Mittelland und im Bodenseegebiet.186 Typologisch sind sie mit den sogenannten CarnacBeilen der Bretagne verwandt, wo sie unter anderem in Depots und Gräbern gefunden werden und teilweise sogar bildlich dargestellt sind.187 Neuere Forschungen haben gezeigt, dass die dort gefundenen Beile aus hochwertigen südalpinen Felsgesteinrohstoffen (Jadeitite, Eklogite, Omphazite) gefertigt worden sind und möglicherweise durch Warentausch in die Bretagne gelangt sind. Dort müssen sie Gegenstände mit hohem Prestigewert gewesen sein.188 Die Funde aus dem schweizerischen Mittelland sind mit den Carnac-Beilen zwar verwandt, werden aber in der neueren Literatur unter einem eigenen Terminus («Beile des Typs Zug»; Abb. 105) geführt, weil sie aus alternativen Rohstoffen (Serpentinite etc.) gefertigt worden waren und typologisch nicht völlig exakt den Carnac-Beilen entsprechen.189 Chronologisch sind die süddeutschen und schweizerischen Stücke auch eine Spur jünger anzusetzen als die bretonischen Funde. Prinzipiell ist auch bei den Beilen des Typs Zug eine Funktion als prestigeträchtiges Objekt bzw. als Statusinsignie denkbar.190 Über die Funktion der Nackenlochung herrscht allgemein Unklarheit. Falls solche Äxte überhaupt je geschäftet waren, wäre in Erwägung zu ziehen, ob diese Lochungen nicht etwa als Vorrichtung für die Aufnahme eines organischen Fixationsstiftes gedient haben könnten, um die konisch zulaufenden Nackenteile fest in der Axtschäftung zu verankern. Eine identische Konstruktionslösung findet sich auch bei jung- und endneolithischen Schlaghacken aus Geweih.191 Neben den Beilklingen liegen aus Büttenhardt-Zelg auch Klopfsteine aus Quarzit vor. Vergleichbare Quarzite finden sich in Büttenhardt direkt vor Ort in der miozänzeitlichen Brackwassermolasse. Es erfordert schon einiges an Aufmerksamkeit, diese natürlichen Gerölle auf den frisch gepflügten Äckern von prähistorischen Artefakten zu unterscheiden, so dass es guten Grund zur Annahme gibt, dass heute noch wesentlich mehr solche Geräte unerkannt auf den Ackerflächen liegen. Eines der beiden aus Büttenhardt stammenden Stücke (Kat. 79) wurde am Abhang zum Hinteren Freudental gefunden, wo auch die prähistorischen Abbaustellen vermutet werden.
FELSGESTEINARTEFAKTE
Schaffhausen Büttenhardt(Herblingen)Zelg Grüthalde
Vollständig
7
Mittelteil
2
Nacken
Steinbeilklingen
Schneide
Lateralfragment Splitter, indet.
Beilklingen Typ Zug Klopfsteine TOTAL
-
1
1
3
1
-
2
-
2
3
Mittelteil
2
-
Unipolar
1
1
Bipolar
1
1
19
9
Abb. 102: Tabellarische Übersicht über die Felsgesteinartefakte der Stationen Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (Kampagnen 1918/19, 1938/29 sowie 2007).
FELSGESTEINARTEFAKTE
Rohmaterial Serpentinit
Amphibolit Basalt
Beilklingen mit Nackenlochung Klopfsteine
1
1
-
2
4
1
Gabbro
4
GranatPyroxenit
-
1
1
-
Metamorpher Kalk
1
-
Alpiner Metaquarzit
1
-
Quarzit
2
-
Unbestimmt
1
2
DiopsidMarmor
2
-
Vulk. Tuff Steinbeilklingen
Schaffhausen Büttenhardt(Herblingen)Zelg Grüthalde
Quarzit
2
Gabbro
-
Sandstein
-
-
-
1 1
Abb. 103: Büttenhardt-Zelg und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Tabellarische Darstellung der Felsgesteinrohstoffe. Rohstoffanalyse J. Affolter.
Besonderes Interesse verdienen sechs Kalksteinperlen aus der Nachgrabung in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde von 2007 (Kat. 152–157). Die Tatsache, dass aus den früheren Grabungen in Herblingen sowie unter den Aufsammlungen der zwei anderen Stationen keine weiteren Perlenfunde oder Halbfabrikate vorliegen, zeigt anschaulich, dass die Auffindungschancen für solche Kleinstobjekte äusserst gering sind, wenn die Sedimente nicht systematisch geschlämmt werden. Gleiches gilt für die ganz kleinen Bohrer, die für die Herstellung der feinen Bohrlöcher notwendig waren. Die Tatsache, 85
dass von allen drei Orten gebrauchte Dickenbännlibohrer vorliegen, spricht relativ klar dafür, dass auch in Büttenhardt und Lohn mit dem Fund von Kalksteinperlen gerechnet werden müsste, sofern sie nicht schon durch saure Bodenlösungen zerstört worden sind. Interessanterweise können vier von sechs Perlenfunden aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde dem Typ Glis zugeordnet werden. Solche annähernd kegelförmigen, von zwei Seiten her V-förmig gebohrten Perlen sind interessanterweise auch von einem neolithischen Grabfund von Thayngen-Untere Bsetzi192 und in Einzelstücken aus den Ufersiedlungen des Bodenseegebietes193 bekannt. Sie können im Allgemeinen als selten bezeichnet werden, weswegen ihre starke Präsenz in Herblingen doch ziemlich überrascht. Auch wenn die Häufigkeit in Herblingen rein zufällig sein kann, so ist doch zumindest die ganze Produktionskette belegt, weswegen ihre Herstellung vor Ort als gesichert gelten kann. Man muss sogar die Möglichkeit in Erwägung ziehen, dass die Perlen aus dem nur 800 Meter entfernten Grab von der unteren Bsetzi in der Siedlung Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde hergestellt worden sind.
5.3 Varia In Anbetracht der schlechten Erhaltungsbedingungen für leicht vergängliche Materialien erstaunt es wenig, dass aus den drei Fundstellen nur wenige Funde dieser Art vorliegen. Besonders erwähnenswert ist das Fragment eines Zahnan hängers aus den Sondierungen von 2007 in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (Kat. 158). Es war möglicherweise Teil eines Reisszahns von einem kleinen Raubtier, vielleicht einem Fuchs oder Wolf, und dürfte im Bereich der künstlichen Wurzellochung zerbrochen sein. Des Weiteren liegen aus den Altgrabungen in Herblingen das mutmassliche Fragment eines Knochenpfriems (Kat. 159) sowie ein Knochenmeissel (Kat. 160) vor. Unter den Lesefunden aus Büttenhardt-Zelg befindet sich ein kleines, unbearbeitetes Muschelfragment194 (Abb. 106, links). Aufgrund der Tatsache, dass es sich hierbei nicht um einen fossilen Fund handelt, dürfte es sich um ein durch den Menschen nach Büttenhardt gebrachtes Objekt handeln, wobei das genaue Alter des Fundstückes völlig offen bleibt. Ein neolithisches Alter ist nicht wahrscheinlich, zumal derart fragile Funde in Mineralböden nur geringe Chancen haben, die Jahrtausende unbeschadet zu überdauern. Gleichermassen unklar ist das Alter eines mutmasslichen Pechkohlefragments195 aus Büttenhardt-Zelg (Abb. 106, rechts).
Abb. 106: Büttenhardt-Zelg. Unter den Lesefunden fanden sich auch ein stark verrundetes Fragment einer nicht fossilen Muschel (KASH 67712), sowie ein unbearbeitetes Pechkohle(?)-Bruchstück (KASH 67711). Diese Rohstoffe wurden in prähistorischer Zeit bevorzugt zur Schmuckherstellung verwendet.
Abb. 105: Zug-Vorstadt. Vergleichsbeispiel einer Axt des Typs «Zug» mit durchbohrtem Nacken. Die Äxte des Typs «Zug» gelten als Imitate wesentlich älterer, in den italienischen Westalpen aus Jadeitit hergestellter Prunkäxte, die bis nach Nordeuropa weiter gegeben wurden.
86
6 Rohstoffanalysen 6.1 Forschungsstrategie und Zielsetzungen Zur besseren Einschätzung der wirtschaftlichen Bedeutung der Schaffhauser Werkplätze wurden Stichproben von Silexartefakten aus ungefähr gleichzeitigen Ufersiedlungen des Bodensee- und Hochrheingebietes durch J. Affolter mikrofaziell analysiert. Dabei ging es darum, abzuklären, ob die Schaffhauser Silexrohstoffe tatsächlich in den untersuchten Komplexen vertreten sind und ob aus diesen Analysen etwaige Schlüsse zur geographischen Verbreitung und zur wirtschaftlichen Bedeutung der Schaffhauser Hornsteine im älteren Jungneolithikum abgeleitet werden können. Als Materialbasis für diese Studie waren zeitlich homogene, respektive gut datierbare Siedlungskomplexe vorgesehen, wobei durch eine gezielte Probenauswahl etwaige Verfälschungen mit älterem oder jüngerem Material vermieden werden sollten. Bei der Auswahl der zu analysierenden Komplexe zeigte sich schon bald, dass für eine optimale Probenauswahl nicht genügend gut stratifizierte Siedlungskomplexe vorhanden sind. So liegen – mit Ausnahme des dendrodatierten Komplexes von Hornstaad-Hörnle IA – ausschliesslich typologisch datierte Lesefundkomplexe vor, über deren zeitliche HomogeAbb. 107: Übersicht über das Arbeitsgebiet. Kartiert sind die im Text erwähnten Fundstellen sowie die Aufschlüsse der in den Analyseserien nachgewiesenen, regionalen Silexrohstoffe. Fundstellenschlüssel vgl. S. 121 ff. und Abb. 108.
177 271 Reiat 366 1
Hegau 436
nität und relativchronologische Stellung kaum etwas bekannt ist. Überdies stammt ein beträchtlicher Teil der in Frage kommenden «Pfahlbaufunde» aus Altsammlungen mit unzureichenden Herkunftsangaben. Daher war es problematisch, Komplexe mit zuverlässigen Provenienzangaben und statistisch relevanter Probenmenge zusammen zu tragen. In enger Zusammenarbeit mit dem Landesamt für Denkmalpflege Baden-Württemberg, Aussenstelle Hemmenhofen,196 wurden schliesslich verschiedene private und öffentliche Sammlungsbestände197 ausgewählt, die zumindest den bescheidenen Anspruch einer gesicherten Fundstellenzuweisung erfüllten. Die Durchsicht der in Frage kommenden Bestände zeigte schon bald, dass es griffige Kriterien für die Auswahl der Stichproben brauchte. Bei vermischten, undatierten Komplexen erschien es zweckmässig, die Probenauswahl auf Dickenbännlibohrer zu beschränken, da es sich hierbei um einen Gerätetyp handelt, der im Seeuferneolithikum eine begrenzte Laufzeit hatte.198 Bei Komplexen mit besser bekannter Fundund Befundsituation wurden auch andere Artefaktkategorien beprobt, wie beispielsweise Abschläge, Pfeilspitzen und Nuklei. Diese nicht nur auf die Dickenbännlibohrer beschränkte Probenauswahl liess es zu, zu untersuchen, ob in den Siedlungen nur spezielle Artefakttypen oder aber ein breiteres Spektrum an Silices aus dem Raum Schaffhausen vertreten ist. Am besonders sorgfältig ergrabenen Komplex von Hornstaad-Hörnle IA konnte überdies die Frage untersucht werden, ob sich die Rohstoffspektren verschiedener Hauseinheiten voneinander unterscheiden und/oder ob etwaige relativstratigrafische Unterschiede existieren.
5
346
6
21
3 16
2 Schaffhausen
19 14
13
22
u
7 12
9+10
tga
t Kle
4
17
15 20
18 8
11
Thurgau
N
0
5
10 km 87
Bodensee/Hochrhein
4 Bodman-Löchle (n=100)
000
001
177
179
271
Abschläge, unretuschiert
-
1
1
-
4
Dickenbännlibohrer
1
6
3
-
Kerne
-
-
-
-
Kerne
Pfeilspitzen 5 Bodman-Mooshof (n=10)
Dickenbännlibohrer
Lamellen, retuschiert Dreieck (Mesol.?)
6 Bodman-Weiler I (n=33) 7 Dingelsdorf-Klausenhorn (n=18) 8 Eschenz-Werd (n=100)
9 Hornstaad-Hörnle IA (n=334)
10 Hornstaad-Hörnle II (n=10)
Dickenbännlibohrer
Lamellen, retuschiert Dickenbännlibohrer
13 Markelfingen-Grosse Espen (n=15)
14 Markelfingen-Kleine Espen (n=101) 15 Maurach-Ziegelhütte (n=9) 16 Moos-Sänge, Fundplatz 7 (n=19)
17 Nussdorf-Strandbad (n=48)
18 Reichenau-Oberzell (n=8)
19 Süssenmühle-Aussereiche (n=4)
436
11
-
-
-
-
17
8
51
-
-
-
-
69
-
-
-
1
-
-
1 -
-
10 1 -
-
-
-
5
Radiolarit Oelquarzit -
-
-
-
Summe 12 2
1
6
1
-
-
-
-
1
-
-
2
-
3
-
-
7
11
3
7
-
-
31
-
4
-
3
7
3
1
-
-
18
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
2
-
-
1 -
-
-
-
23
41
2
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
-
-
-
-
1
2
98 1
1
Abschläge, unretuschiert
5
14
-
-
2
78
14
-
-
-
113
Dickenbännlibohrer
-
24
25
-
20
103
16
2
-
-
190
-
-
-
-
-
12
-
-
-
-
12
-
-
-
1
Kerne
Pfeilspitzen
Kratzer und Messer
Dickenbännlibohrer
-
-
1 -
-
2
-
-
Abschläge, unretuschiert
-
Abspliss
-
1
1
-
-
-
-
-
-
1
-
-
Dickenbännlibohrer
1
5
13
Lamellen, retuschiert
-
1
1
-
-
Klingenfragmente
Abschläge, retuschiert
Pfeilspitzen
-
-
-
-
1
3 -
-
-
-
-
2
1 -
1
-
-
-
-
-
8
5
1
2
-
5
-
3
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
3
-
-
-
-
1
-
2
1
-
1 -
4
-
-
27
20
17
-
-
2
-
-
-
-
-
-
1
-
-
Pfeilspitzen
Dickenbännlibohrer
-
-
-
2
-
6
-
-
-
5
1 -
3
2 -
-
-
5
-
7
-
17
Klingen, retuschiert
1
-
-
-
-
1
-
-
3
-
-
3
36
15
2
-
-
-
2
Abschläge, retuschiert
-
-
10
-
Dickenbännlibohrer
Dickenbännlibohrer
-
-
-
-
-
-
8
15
1
5
-
-
11
-
2
1
-
-
2
1
Dickenbännlibohrer
-
-
Dickenbännlibohrer
1 -
-
-
-
-
1
6
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
4
1 5
-
13
-
-
101
-
-
2
-
-
-
-
-
-
-
-
15 5
1
1
19
Dickenbännlibohrer
9
4
1
-
7
6
6
9
-
-
42
Lamellen, retuschiert
-
-
-
-
-
1
-
1
-
-
2
-
-
Abschläge, retuschiert Ausgesplitterte Stücke Pfeilspitzen
Dickenbännlibohrer
-
-
-
-
-
1 -
1
1
-
3
3
-
-
-
1
-
-
-
2
-
-
-
1
-
Trümmer, retuschiert
-
-
-
-
3
-
-
-
-
-
2
-
-
-
-
-
-
-
-
Klinge, unretuschiert
-
1
1
-
-
-
-
1
3
Dickenbännlibohrer
-
-
-
-
-
-
2 -
-
14
18
17
-
Abschläge, retuschiert
-
-
-
-
-
2
1
-
-
2
1
-
-
Klingen, retuschiert
Pfeilspitze
Spitze an Klinge Kerne
Dickenbännlibohrer
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
1 -
1
-
-
-
-
-
-
-
-
1
2
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
2
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
-
Ausgesplitterte Stücke
-
-
-
146
-
-
-
79
1
-
-
-
1
8
1
1
-
-
-
-
-
-
-
-
1
-
2
-
119
-
407
1
174
-
63
7
2
2
3
-
-
-
4
-
-
-
-
8
-
-
-
1
64
-
-
1
-
7
-
2
-
1
5
29
-
1
1
-
1
2
Anzahl
-
-
-
-
-
6
Dickenbännlibohrer
-
-
2
-
-
-
-
-
Lamellen, retuschiert
-
-
3
-
-
11
-
-
-
-
-
-
-
Abschläge, retuschiert Lamellen, retuschiert
-
-
-
-
-
-
-
-
14 -
-
1
1 -
-
-
Dickenbännlibohrer
«Stichel»
88
366
-
«Stichellamelle»
Trümmer, retuschiert
Total
-
-
Ausgesplitterte Stücke
22 Wallhausen-Ziegelhütte (n=20)
-
-
3
Bohrer
21 Wahlwies-Betten (n=33)
-
1
1
-
25
Lamellen, unretuschiert
20 Unteruhldingen-Bayenwiesen (n=91)
-
-
-
4
Kernkantenlamelle
Kerbe an Abschlag
12 Litzelstetten-Krähenhorn (n=13)
-
1
Dickenbännlibohrer
Lamellen, unretuschiert
11 Jestetten-Schnellgalgen (n=55)
-
346
-
1
-
1
3
3
3
1
1
1
1
5
26 1
1
18 1
1
1021
Geographisch decken die ausgewählten Siedlungskomplexe nur einen Teil der umliegenden Regionen ab (Abb. 107). Dies liegt primär am guten Forschungsstand im Bereich der nordalpinen Seeuferstationen und der vergleichsweise lückenhaften Quellenlage in den Gebieten abseits der Seeufer, vor allem in nördlicher, südlicher und westlicher Richtung von Schaffhausen. Überdies lassen sich die Funde aus den Seeufersiedlungen chronologisch besser einordnen, da in einigen Fällen Dendrodaten vorliegen, die einen groben Ankerpunkt für die zeitliche Einordnung der Besiedlungsphasen liefern. Bei Landsiedlungskomplexen ist eine Datierung oft wesentlich schwieriger, da sich Silexkomplexe ohne Beifunde von Keramik nur schwer datieren lassen. Aus diesem Grund wurden in dieser Studie Komplexe aus Seeuferstationen bevorzugt, wobei auf eine möglichst breit angelegte geographische Verteilung der Fundstellen Wert gelegt wurde. Insgesamt konnten im Rahmen dieser Studie 1021 Silices aus Vergleichsstationen der Bodensee- und Hochrheinregion analysiert werden (Abb. 108). Dabei wurde versucht, Stichproben mit einer statistisch relevanten Grösse auszuwählen, ohne dabei den verfügbaren Analysekredit allzu sehr zu belasten. Diesen Anspruch schien eine Stichprobe von jeweils 100 willkürlich ausgewählten Stücken zu erfüllen. Leider konnte die gewünschte Probenmenge nicht aus allen ausgewählten Stationen beigebracht werden, so dass in vielen Fällen auch mit kleinen bis kleinsten Probenserien Vorlieb genommen werden musste. Mit den nötigen Vorbehalten bei der Interpretation sind jedoch auch kleinere Probenserien für die hier untersuchten Fragestellungen aussagekräftig, sofern die Analyse ergebnisse nicht unnötig strapaziert werden. Weil der Komplex von Hornstaad-Hörnle IA feinstratigraphisch gegraben worden ist, waren hier wesentlich präzisere Ergebnisse zur Versorgung der Seeufersiedlungen mit Silexrohstoffen zu erwarten. Aus diesem Grund wurde hier auch eine wesentlich grössere Probenserie aus unterschiedlichen Straten und Flächen ausgewählt, um wesentlich komplexere Fragestellungen untersuchen zu können.199
6.2 Präsentation der untersuchten Inventare Von den 19 Vergleichsstationen liegen 6 am Untersee, 12 am Überlingersee und eine südlich von Schaffhausen ( Abb. 107). 15 Stationen sind Feuchtbodensiedlungen im engeren Sinne, während dessen 4 Stationen (Fst. 5, 11, 16, 21) heute auf Trockenböden liegen. Zwei dieser vier Siedlungsstellen, nämlich die Stationen Bodman-Mooshof und Moos-Sänge scheinen nach Ausweis der Beifunde älter als die Hornstaader Gruppe zu sein.200 Mit Ausnahme der Ufersiedlungen HornstaadHörnle IA und Hornstaad-Hörnle II, lässt sich über den exakten Besiedlungzeitraum der beprobten Ufersiedlungen kaum Sicheres aussagen. Die bisher bekannten Dendrodaten aus den Stationen Bodman-Weiler, Litzelstetten-Krähenhorn Abb. 108: Ergebnisse der Rohstoffanalysen an den stichprobenartig beprobten Silexkomplexen der Bodensee- und Hochrheinregion. Silextypen: 000 unbestimmt, 001 Süddeutsch-schweizerischer Jurabogen, Herkunft nicht genauer bestimmbar, 177 Lohn SH-Oberholz, 179 Lohn SH-Blattenacker, 271 «Randengebiet», 346 Mühlhausen-Ehingen (Ldkr. Konstanz), 366 Thayngen SH-Nähe Kesslerloch, 436 Engen bei Singen.
und Markelfingen-Grosse Espen (vgl. Abs. 9.2) sind als grobe Ankerpunkte aufzufassen. Eine direkte Verbindung dieser Daten mit den analysierten Lesefunden besteht nicht, so dass über das Verhältnis von Fundmaterial und Dendrodaten nur spekuliert werden kann. Überhaupt ist zu bedenken, dass in der Vergangenheit in vielen Stationen meistens nur sehr kleine Probenserien geborgen und einer dendrochronologischen Analyse zugeführt worden sind. Somit hat die Beprobung der Pfahlfelder einen äusserst subjektiven Charakter. Darüber hinaus ist es so, dass in der Regel fast ausschliesslich gut datierbare und jahrringreiche (Eichen-)Hölzer beprobt werden. Oft bleiben die übrigen Holzarten, für die nach wie vor keine lückenlosen Regionalkurven zur Verfügung stehen, unberücksichtigt. Nun ist aber aus zahlreichen Grossgrabungen der letzten Jahrzehnte – speziell der Zürcher Seenregion – bekannt, dass im Neolithikum auch häufig auf andere Holzartenspektren ausgewichen wurde, wenn Eichenholz nicht in ausreichender Menge und Qualität verfügbar war.201 Dies hat zur Konsequenz, dass zum Teil ganze Dorfanlagen aus dendrochronologisch kaum datierbaren Hölzern errichtet wurden. Es wäre folglich höchst problematisch, Lesefunde mit irgendwelchen zufällig ermittelten Dendrodaten in Verbindung bringen zu wollen. Vielmehr erscheint es angebracht, mit kleinen Dendroserien entsprechend vorsichtig zu operieren, wenn es um die Datierung von Funden und Siedlungsschichten geht. Überblickt man die mikrofaziell analysierten Silexbestände aus den 19 Vergleichsstationen (Abb. 108), so fällt zunächst ein grosses Ungleichgewicht in der jeweiligen Stichprobengrösse auf (Bandbreite von 4 bis 334 Stück). Letztere hat ihre Ursache in der jeweils unterschiedlichen Grösse und Zusammensetzung der beprobten Bestände und ist daher rein zufälliger Natur. Es ist aus diesen Gründen durchaus angezeigt, die Präsenz oder Absenz einzelner Silexrohstoffe, wie auch deren jeweiligen Anteile mit entsprechender Vorsicht zu behandeln. Einzig bei grösseren Probenserien wird man von einer gewissen Vertrauenswürdigkeit der jeweiligen Rohstoffanteile ausgehen können. Beste Voraussetzungen für eine detaillierte Untersuchung der lokalen Rohstoffversorgung aus dem Blickwinkel der Siedlungen boten die Funde aus der modern gegrabenen Station Hornstaad-Hörnle IA am Bodensee. Dort konnten aus dem riesigen Fundus an Silexartefakten gezielt Proben aus verschiedenen Einzelbefunden entnommen und mikrofaziell bestimmt werden (Abb. 109). Um einen ersten Einblick in das Rohstoffspektrum zu erhalten, wurden zunächst 81 Silices aus dem Archäologischen Horizont 1 (=AH 1) der Sondagen von 1973–74 (Grabung H. Schlichtherle) beprobt und analysiert. Weil es sich dabei in erster Linie um Funde aus einem Bereich mit unzureichender Schichterhaltung handelt, wurde im Anschluss an diese erste Testserie entschieden, auch ganz gezielt verschiedene Siedlungsbereiche und unterschiedlich alte Befunde aus den Rettungsgrabungen von Bodo Dieckmann zu beproben (253 Silices). Weil aus der Brandschicht des AH 2 fast nur hitzeversehrte und deswegen schwer bestimmbare Silices vorlagen, fanden lediglich Proben aus den archäologischen Horizonten AH 1 und AH 3 eine Berücksichtigung. Von den durch die Bearbeiter der Fundstelle herausgearbeiteten archäologischen Phasen A bis E konnten bis auf eine (B) alle Nutzungsphasen durch Materialproben erfasst werden. 89
Ebenso war es dank einer geschickten Probenauswahl möglich, die drei Auswertungsbereiche A bis C von J. Hoffstadt202 probenmässig zu erfassen. Auf diese Weise dürfte das strategische Ziel eines recht zuverlässigen Querschnittes durch das Rohstoffspektrum von Hornstaad-Hörnle IA sicherlich erreicht worden sein. Aus der Zone westlich des Auswertungsbereiches A (=Bereich West) konnte mit Befund 229-9 (alte203 Befundnummern 243 und 246) eine flächenmässig eng begrenzte Abfallschüttung der Phase E mit verschiedenen Werkzeugen beprobt werden.204 Aus dem Auswertungsbereich A von J. Hoffstadt205 wurden 15 Dickenbännlibohrer aus Konzentration II des AH 1206 (=Haus 9) sowie aus deren näheren Umfeld eine Pfeilspitze207 und ein Nukleus ausgewählt. Der jüngeren Phase D (Organische Schicht 223-2 und Lehm 225-2) sind 78 Dickenbännlibohrer aus einer grösseren Fundkonzentration zuzuordnen.208 Dabei liegt es im Bereich des Möglichen, dass Befund 225-2 Bestandteil eines ehemaligen Hauses gewesen sein könnte. Aus dem Auswertungsbereich B wurden von Phase D ein grosser Abfallhaufen unmittelbar unter dem Hauslehm 268-1 für eine Probenentnahme ausgewählt. Die dreiphasige Abfallstruktur (Abfallhaufen I–III nach Hoffstadt 2005209) besteht aus verschiedenen Lehm- und Detritusschichten und lieferte viel Silexmaterial, wovon 82 Dickenbännlibohrer, Abschläge und Klingen für eine mikrofazielle Analyse ausgewählt wurden. Von den zahlreichen Befunden im Auswertungsbereich C konnte eine grössere Abfallzone210 zwischen mindestens drei Häusern beprobt werden (Befund 206), wovon neben Kernen und Abschlägen auch diverse Pfeilspitzen und -Halbfabrikate berücksichtigt werden konnten. Stratigraphisch jünger einzuordnen sind zwei Silexkerne aus den Befunden 261-9 (289) bzw. 274 (286).
6.3 Ergebnisse Von den 1021 analysierten Proben aus den Vergleichsstationen konnten rund 83% einem bestimmten Rohstofftyp zugeordnet werden. Nur 177 Proben liessen sich aufgrund des Fehlens charakteristischer Merkmale oder wegen der starken Feuchtbodenpatinierung nicht eindeutig bestimmen. Die 844 bestimmten Silices können sechs regionalen Rohstofftypen zugeordnet werden (Abb. 108). Es sind dies die Rohstoffe 177, 179, 271 und 366 aus der Region Schaffhausen (siehe Beitrag J. Affolter in diesem Band), der Rohstoff 436 aus dem Grossraum Singen sowie der Silextyp 346, der in sekundärer Lage in den Graupensanden des Grossraums Singen gefunden werden kann, dessen primäre Aufschlüsse aber im Gebiet der Schwäbischen Alb zu suchen sind. Beim direkten Vergleich der Analyseergebnisse fällt auf, dass die nachgewiesenen Rohstoffe recht einheitlich auf alle beprobten Stationen verteilt sind. Dies trifft speziell auf Fundstellen zu, von denen grössere Probenserien analysiert werden konnten. Abweichungen in den Rohstoffspektren lassen sich vor allem an kleinen Probenserien erkennen, so dass der Verdacht nahe liegt, dass das Fehlen bestimmter Rohstofftypen in einem unmittel90
baren Zusammenhang mit der geringen Grösse der Stichproben steht. Auffallend, aber wegen der geringen Probenzahl nicht ganz eindeutig interpretierbar, ist die geringe Präsenz des Rohstoffs 346 in den relativchronologisch älter datierten Inventaren von Bodman-Mooshof, Moos-Sänge und Wahlwies-Betten. Hier sind in den Stichproben vor allem die Schaffhauser Rohstofftypen 177, 271 und 366 sowie der aus dem Grossraum Singen stammende Rohstoff 436 dominant. Allerdings erweist sich hier die geringe Stückzahl der Silexproben als Problem, weil die Seltenheit des Rohstoffs 346 auch rein zufällig sein könnte. Gegebenenfalls sind die erkennbaren Unterschiede als vage Hinweise auf allfällige Veränderungen bei der Rohstoffacquisition im Lauf der Zeit zu bewerten. Für eventuelle geographische Unterschiede in der regionalen Silexversorgung könnten die Rohstoffspektren der Fundstellen Eschenz-Werd und Jestetten-Schnellgalgen sprechen; hier fällt das Verhältnis der Schaffhauser Rohstoffvarietäten (Silextypen 177, 271 und 366) zu dem in den Bodenseestationen dominant auftretenden Rohstofftyp 346 deutlich zugunsten der Schaffhauser Rohstoffe aus. Auch wenn hier zugegebenermassen die Zahl der Vergleichsstationen äusserst ungleich ausfällt, so deutet sich doch ansatzweise an, dass die relative Lage der Siedlungsplätze zu den Rohstoffgebieten eine gewisse Rolle in der jeweiligen Rohstoffversorgung spielen könnte. Beim direkten Vergleich von Grundformen und Werkzeugtypen mit einzelnen Rohstofftypen ist kein offensichtlicher Bezug erkennbar, weshalb aus diesen Daten keine eindeutigen Hinweise abgeleitet werden können. So bleibt denn auf der Basis dieser Daten auch offen, ob bestimmte Werkzeuge bereits in vorfabrizierter Form in die Siedlungen gebracht worden sind, oder ob allenfalls für bestimmte Werkzeugtypen nur ganz bestimmte Rohstoffe bevorzugt worden sind. In Anbetracht der sehr subjektiven Beprobung der Inventare wäre ein eindeutiges Ergebnis eine grosse Überraschung gewesen. Obschon die Zahl der Kerne mit 11 analysierten Stücken aus Hornstaad-Hörnle IA nicht allzu gross ist, fällt insbesondere die klare Dominanz von Kernen des Rohstofftyps 346 auf (8 Stück). Es stellt sich daher die Frage, ob dies als Hinweis auf einen Teil-Import von vorfabrizierten Grundformen und Werkzeugen aus den Silexrohstoffen 177, 271 und 366 gewertet werden kann. Immerhin gilt es zu bedenken, dass die Zahl der Abschlagprodukte relativ zur Grösse der natürlichen Rohknollen beim Schaffhauser Material derart gross ist, dass man wesentlich mehr Restkerne in Hornstaad erwarten müsste als dies tatsächlich der Fall ist. Besonders deutlich wird uns diese Zahlendiskrepanz im direkten Zahlenvergleich mit den Funden aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (vgl. Abb. 110) vor Augen geführt. Äusserst aufschlussreich im Hinblick auf die Frage, ob bestimmte Wirtschaftseinheiten vielleicht speziell gute Beziehungen zu einzelnen Rohstoff-Liefergebieten gehabt haben könnten, sind die Analyseergebnisse für das Inventar von Hornstaad-Hörnle IA (Abb. 109). Hier zeigt sich, dass keine klar erkennbaren Unterschiede in den Rohstoffanteilen erkennbar sind, obschon sowohl in der Vertikalen wie auch der Horizontalen räumlich getrennte Abfallkonzentrationen beprobt worden sind. Dies spricht doch in der Gesamtheit dafür, dass alle Wirtschaftseinheiten die gleichen Möglichkeiten bei der Rohstoffbeschaffung hatten.
Abb. 109: Hornstaad-Hörnle IA. 1 Plan der Grabungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg mit Eintragung der hier verwendeten Auswertungsbereiche. 2 Vereinfachtes Schema der Stratigraphie. Die im Text erwähnten Befunde sind farblich hervorgehoben. 3 Tabellarische Zusammenstellung der im Rahmen dieses Projektes mikrofaziell analysierten See 84/25 Proben, aufgeschlüsselt nach Befunden und Artefaktgruppen. 28/25
0
10
20 m
Land N
Auswertungs- Auswertungsbereich bereich A B
28/64
Sondagen 1973 - 1978 (Publiziert von H. Schlichtherle 1990)
Auswertungsbereich 84/64 C
Sondagen 1980 (H. Schlichtherle) Grabungen 1983 - 1993 (B. Dieckmann) Auswertungsbereiche J. Hoffstadt (2005)
1 DendroPhasen
Arch. Horizonte Arch. Phasen
Auswertungsbereiche (AB) Sondagen 1980 (H. Schlichtherle)
B Grabungen 1983 - 1993 (B. Dieckmann)
A
WEST
229
A3+A4, ca. 3909 – 3902 v.Chr.
229-9
C
2
A
268-1
218; 223
223-2 (223)
AH 3 C-Nutzung, Destr.
C-Nutzung
274-1 (271)
Total
A-Nutzung
274 (x=76–84; y=52–59)
261-9 (289)
206-9
261-5; 261-6; 261-7; 20610; 206-11; 279-1; 261-2
206 (206)
206 (206)
202 AH 2
202 AH 2
AH 1
AH 1
279-2; 279-3; 279-4; 279-5
261-16 280 (x=82–84; y=58–59)
206/280 (206/280) (AH 1?)
Silextypen Befund Befund 229-9 (243+246) Befund 275 (275) Befund 225-2 (225) Befund 223-2 (223)
Quadrant Qm. 31/56; 32/56 Qm. 53/52 Qm. 43/56 Qm. 43/55
Befund 274 (274)
Qm. 62/55
Befund 274-6 (284) Befund 274-1 (271) Befund 274 (286) Befund 261-9 (289) Befund 206 (206) Befund 280 (280)
AH 1
268-3
274 (286)
274-6 (284)
Hornstaad-Hörnle IA
D-Nutzung
268-4
274 (274)
A1+A2, ca. 3917–3910 v.Chr.
AH 1
229
225-2 (225)
B AH 2
275 (275)
275-9
E
AH 3
E-Nutzung
C
Auswertungsbereiche J. Hoffstadt (2005)
D
Nutzungsphase
AH I, Grbg. Dieckmann AH I, Grbg. Schlichtherle
84/25
Sondagen 1973 - 1978 (Publiziert von H. Schlichtherle 1990)
gelb = organische Schicht blau = Baulehm Der besseren Verständlichkeit halber wurden den beprobten Befunden die alten, bei Hoffstadt 2005 (Abb. 28) verwendeten Befundnummern in Klammern beigefügt.
3
See
28/25
Qm. 64/57; 65/56; 65/57 Qm. 62/55 Qm. 71/58 Qm. 71/58 Qm. 53/52; 67/56; 68/54; 68/55; 70/53; 70/54; 72/54 Qm. 71/57; 72/52 Qm. 37/59; 41/59; 53/52
AB
Typologie
000 001
Summe
177 271 346 366 436
West Kratzer und Messer
-
-
-
-
12
-
-
12
B A A
-
8 4
1
-
3 22 26
6 10
1 -
3 37 41
4
9
-
-
27
8
-
48
1
2
-
2
7
6
-
18
-
5 1 -
4 -
-
7 1
-
-
16 1 1
-
3
-
-
44
-
-
47
-
2
1 -
1 -
3 4 1 1 12
2 1 -
1
4 4 1 3 1 1 15
-
5
20
20
36
-
-
81
26 23 206 33 2 7.8 6.9 61.7 9.9 0.6
334 100.0
Kerne Dickenbännlibohrer Dickenbännlibohrer Abschläge und Klingen, B unret. Abschläge und Klingen, B unret. B Dickenbännlibohrer C Kerne C Kerne Abschläge und Klingen, unret. B+C Kerne Pfeilspitzen Kerne C Pfeilspitzen Kerne A+B Pfeilspitzen Dickenbännlibohrer A+B Dickenbännlibohrer Anzahl in %
5 39 1.5 11.7
91
Hornstaad-Hörnle IA
Anzahl 321 90‘937 29‘283 120‘541
Kerne Grundprodukte Mod. Artefakte TOTAL Silices Gegrabene Fläche Maschenweite Schlämmsiebe Anz. Silices pro Quadratmeter Anz Silices pro Kern Anz. Dickenbännlibohrer Anz. Dickenbännlibohrer pro Kern
% 0.3 75.4 24.3 100.0
Anzahl 509 133‘923 940 135‘372
Fundstelle
Datierung [v.Chr.]
Kleiner Hafner (Egolzwil) Kleiner Hafner (Cortaillod) Mozartstrasse, Schicht 5/6 (Cortaillod) Kanalisationssanierungen Seefeld 9+8 (Pfyn) Mozartstrasse 4 (Pfyn)
ca. 4300 (typol.) ca. 4250–3900 (typol.) ca. 3910–3840? Dendro ca. 3816–3722 Dendro ca. 3668–3600 Dendro
ca. 3119–3098 Dendro um 3078 Dendro ca. 2718–2675 Dendro ca. 2625–2568 Dendro ca. 1800–1500 (typol.+Dendro)
Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde 000 0.7%
366 23.4%
001 14.6%
114 0.2% 146 0.5%
346 12.4%
% 0.4 98.9 0.7 100.0
20 m2 1.6 mm ca. 6768 ca. 265 711 1.4
1262 m2 3 mm 95,5 375 18‘891 58.9
Mozartstrasse 3 (Horgen) Kanalisationssanierungen Seefeld 2 (Horgen) Kanalisationssanierungen Seefeld A–E (SK) Mozartstrasse 2 (Schnurkeramik) Mozartstr. 1 (Frühbronzezeit)
Abb. 110: Die Silexinventare der Stationen HornstaadHörnle IA und HerblingenGrüthalde (Grabung 2007) im Vergleich. Aufgrund der Tatsache, dass beide Inventare geschlämmt worden sind, ist von einer recht hohen Zuverlässigkeit der Zahlenwerte auszugehen. Bemerkenswert ist der signifikant höhere Werkzeuganteil in Hornstaad, der insbesondere durch die fast 19’000 Bohrer des Typs «Dickenbännli» bedingt ist.
Herblingen-Grüthalde 2007
177 2 2 -
(+2) 5 -
271 23 (+2) 10 1 (+1) 11 (+4) 4 21 48 -
Silextypen 346 3 (+6) 7 6 5 (+5) 1 15 1 (+4)
366 2 (+1) 1 -
1 (+5) 3 -
-
-
Abb. 111: Seeufersiedlungen Zürich. Nachweis von Silexrohstoffen aus dem Hochrhein-/Bodenseegebiet in den einzelnen Siedlungsschichten (Stückzahl). In Klammern= Anzahl der unsicher bestimmten Stücke. Die aus einer Entfernung von ca. 50 km importierten Silices sind ein archäologischer Beleg für jahrtausendelange Kulturkontakte zwischen den zwei benachbarten Regionen.
177 27.8%
Abb. 112: Die prozentualen Anteile der nachgewiesenen Silextypen in den untersuchten Schaffhauser Stationen: Büttenhardt-Zelg (n=135), Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (n=410), Lohn-Setzi (n=160).
271 20.2%
Büttenhardt-Zelg
Lohn-Setzi 633 0.6%
296 436 0.7% 0.7%
001 11.3%
001 8.1%
177 4.4% 271 5.9% 346 2.2%
177 20.0%
366 41.3%
366 77.8% 346 8.8%
92
436 2 (+4) -
271 18.1%
Silextypen
Fundstellen Schaffhausen
1 Büttenhardt-Zelg (n=135)
2 Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (n=410)
3 Lohn-Setzi (n=160)
000
001
177
179
271
346
366
436
296
146
114
633
Summe
Abschläge, retuschiert Ausgesplitterte Stücke Dickenbännlibohrer Endretouchen Gekerbte Grundformen Kerne Kernkantenklingen Kernkantenlamellen Klingen, retuschiert Klopf- und Unterlagssteine
-
1 1 4 1 1
5 1 -
-
4 2 1
1 -
5 2 20 4 14 23 1 4
1 -
1
-
-
-
5 2 29 5 16 30 2 1 7
-
1
-
-
-
1
2
-
-
-
-
-
4
Kratzer
Pfeilspitzen Spitzen
-
-
1
-
9
-
-
-
-
-
10
-
1 1
-
Abschläge, retuschiert
-
-
1 -
6
1 3 21 14 2 -
14
-
8
3
-
-
1 -
-
1 -
-
38
-
-
1 1 -
Abschläge, unretuschiert Kernkantenabschläge Ausgesplitterte Stücke Bohrer Dickenbännlibohrer Endretouchen Kerben Kerne Klingen, retuschiert Klingen, unretuschiert Klopf- und Unterlagssteine Kratzer Lamellen, retuschiert Lamellen, unretuschiert Pfeilspitzen Spitzen Trapezspitze Trümmer Abschläge, retuschiert Abschläge, unretuschiert Ausgesplitterte Stücke Bohrer Dickenbännlibohrer Endretuschen Kerben Kernkanten Klingen, retuschiert Klopf- und Unterlagssteine Lamellen, retuschiert Lamellen, unretuschiert Kerne Pfeilspitzen Spitzen
-
-
1 -
12 9
-
7 4 1 20 21 6 2
2 1 10 8 6 3
3 1 1 1 15 1 29 9 6
1
-
-
1
3
-
-
-
-
-
5
1 2 1 5 4 1 3 1 2 -
5 3 2 11 1 1 1 4 3 1
-
4 1 2 4 2 1 1 2 1 5 1
3 1 6 2 1 1 1 1 2
4 2 3 9 6 2 1 6 2 9 2 4
-
-
1 -
-
1 -
17 9 9 36 15 1 3 1 6 4 0 11 3 18 7 8
-
-
-
-
-
-
1
-
-
-
-
-
1
-
11 -
21 1 -
-
1 16 2
1 8 1
35 1 3
-
-
-
-
-
1 1 91 2 6
1 3 4 31 2 1 18 14 3
-
6
-
-
-
-
-
-
-
-
14 10
14 2 11 7 97 3 1 90 38 14
Abb. 113: Die Ergebnisse der Rohstoffanalysen an den Silices aus Schaffhauser Stationen, aufgeschlüsselt nach Artefakt- und Silextypen.
93
Die Uniformität des Rohstoffspektrums aus den Vergleichsstationen des Bodensee- und Hochrheingebietes ist in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zum einen zeichnet die absolute Dominanz der lokalen Rohstoffvarietäten ein Bild, das sich doch in einigen Punkten von demjenigen verschiedener zeitgleicher Siedlungen des Zürichseegebietes unterscheidet (Abb. 111). So dominiert zwar in den Cortaillod-Schichten von Zürich-Mozartstrasse ebenfalls der einheimische Rohstofftyp 146 (Otelfingen-Lägern), jedoch liegt hier auch ein signifikanter Anteil, teils aus grösseren Distanzen importierter Silices vor,211 die auf eine grossräumige Vernetzung dieser Siedlungen hinweisen. Die aus der westlichen Hochrheinregion stammenden Rohstofftypen 177, 346, 366 und 436 sind indessen nur in kleinen Stückzahlen vertreten; eine ökonomische Relevanz können die wenigen Stücke für die Zürichseesiedlungen keine gehabt haben. Mit einem Anteil von 3% an der Gesamtzahl aller Silices kommen in Zürich-Mozartstrasse unter diesen Fremdrohstoffen aus der Hochrheinregion Silices des Rohstofftyps 271 vor. Aufgrund der Dimensionen der Stücke, der Rindenbeschaffenheit (sog. «Neokortex» vgl. Abb. 126 Mitte) sowie der teils offenkundigen Herkunft aus den eozänzeitlichen Bolustonschichten handelt es sich hierbei aber um Material aus dem Gebiet des Südranden, wo derartige Knollen vor ca. 65 Mio. Jahren in Karstspalten sekundär abgelagert worden sind (= Silextyp 271/002). Damit stammt dieses Rohmaterial aus einem anderen geologischen Umfeld als die Silices aus der Reiatregion, die mühsam aus den in situ liegenden Kalksteinbänken gefördert werden mussten. Also stammen die in den Cortaillod-Siedlungen des Zürichseegebietes gefundenen Silices des Silextyps 271 aus einem etwas anderen geologischen Umfeld als jene aus den Siedlungen der Hornstaader Gruppe am Bodensee, was letztlich die Zahlenstatistik in Abb. 111 relativiert. Die Tatsache, dass sich die Rohstoffspektren in den zwei benachbarten Kulturregionen in einer ungeahnten Einheitlichkeit präsentieren und sich im gleichen Zug auch so deutlich voneinander abgrenzen, spricht insgesamt doch dafür, dass die Rohstoffversorgung innerhalb der jeweiligen, kulturellen Grenzen doch in einem hohen Mass von soziokulturellen Antriebskräften gesteuert wurde. Wären Rohstoffe nach modernen, marktwirtschaftlichen Kriterien - das heisst in einem System von Angebot und Nachfrage gehandelt worden - so müsste sich die archäologische Quellenlage in einer völlig anderen Form präsentieren. Insbesondere ist es doch ein beachtenswertes Faktum, dass zwar immer wieder einzelne Silexstücke ihren Weg in das benachbarte Kulturgebiet fanden; ihre vernachlässigbar geringe Menge spricht aber klar gegen einen Rohstofftransfer von wirtschaftlicher Relevanz. Am plausibelsten lässt sich eine solche Weitergabe von Kleinstmengen durch einen sozial motivierten Gabentausch erklären. Wirft man einen genaueren Blick auf die Analyseergebnisse aus den drei Schaffhauser Fundstellen Büttenhardt-Zelg, Lohn-Setzi und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (Abb. 112+113), so fällt neben dem sehr einheitlichen Rohstoffspektrum aller drei Siedlungen insbesondere auf, dass die geographische Nähe der einzelnen Stationen zu bestimmten Rohstoffaufschlüssen offenbar keine allzu grosse Rolle bei der Rohstoffbeschaffung spielte. Vielmehr gewinnt man den Ein94
druck, dass gleichzeitig mehrere Aufschlüsse genutzt worden sind und dass das Fördergut zentral in den Siedlungen gesammelt und erst dort weiter verarbeitet worden ist. Ein besonders überraschendes Ergebnis hat dabei die Analyseserie von Büttenhardt-Zelg ergeben. Aufgrund der geographischen Lage der Fundstelle würde man prinzipiell eine Dominanz der Silexrohstoffe 271 und 177 erwarten. Dass nun aber hier der Rohstoff 366 – dessen einziger, heute bekannter Aufschluss in der Nähe des Kesslerlochs bei Thayngen und damit in rund 4 km Distanz zur Fundstelle liegt – einen Anteil von 78% an der Gesamtmenge aller analysierten Stücke ausmacht, übertrifft doch die Erwartungen. Wie schon in Abschnitt 3 eingehend dargelegt, ist es aus geologischen Gründen sehr unwahrscheinlich, dass in unmittelbarer Nähe der Fundstelle ein entsprechendes Vorkommen existiert hat, weswegen nur ein Antransport der Rohknollen aus grösserer Distanz in Frage kommt. Die Ursachen dieses Phänomens sind mangels genauerer Kenntnis der damals bewirtschafteten Rohstoffaufschlüsse nicht leicht zu eruieren, weshalb es auch nicht leicht fällt, schlüssige Erklärungen dafür zu finden. Es mag sein, dass die Kalkbänke mit Silexknollen des Typs 366 gegenüber den anderen Rohstoffaufschlüssen besonders ertragreich waren. Wir wissen es nicht. Offensichtlich muss es aber einen Grund gegeben haben, dass über längere Zeiträume hinweg Rohmaterial zur systematischen Zerlegung nach Büttenhardt geschafft worden ist. Vielleicht waren dort gelegentlich die erfahrenen Steinhandwerker der Region versammelt, die das wertvolle Fördergut am besten zu verwerten wussten? Analog zu den Stationen des Bodenseegebietes ist auch in den Fundinventaren der Schaffhauser Stationen keine Bevorzugung bestimmter Rohstoffvarietäten für spezifische Werkzeugtypen erkennbar. Somit wurden für die Herstellung der Dickenbännlibohrer auch keine spezifischen Rohstofftypen bevorzugt. Nebst den lokal abgebauten Silexvarietäten treten in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde auch die Rohstoffe 114 (Alle JU, Noir-Bois) und 146 (Otelfingen-Lägern) in Form von Einzelstücken auf. Ein weiteres Einzelstück stellt ein Klingenfragment aus Büttenhardt-Zelg (Abb. 118) dar, das dem Silextyp 296 zugeordnet werden kann. Es stammt aus einer Lagerstätte im südöstlichen Pariser Becken (Lailly, Dépt. Yonne). Bei diesen wenigen Stücken handelt es sich ausnahmslos um Sonderfälle innerhalb der untersuchten Probenserien, und es scheint, dass mit zunehmender Grösse der Inventare auch die Zahl solcher singulärer Importe proportional ansteigt. Insgesamt machen die Fernimporte aber nur einen Bruchteil eines Prozents an der Gesamtmenge aller Silexartefakte aus. Rein wirtschaftlich konnten sie absolut keine Relevanz für die Grundversorgung der Siedlungen mit Silexrohstoffen haben. Dennoch sind sie wertvolle Informationsträger in der Frage um die grossräumigen, interkulturellen Beziehungsgeflechte.
7 Kulturhistorische Interpretation 7.1 Vorbemerkungen Archäologische Daten sind nicht nur für den Laien, sondern auch den Fachmann häufig sehr schwer interpretierbar, weil sie lediglich einen kleinen Ausschnitt der (prä-)historischen Realität abbilden. Viel zu viele Aspekte des Alltags sind inzwischen dem Zahn der Zeit zum Opfer gefallen und haben keinerlei archäologischen Niederschlag gefunden. Diese Ausschnitthaftigkeit der archäologischen Quellen bringt es mit sich, dass auf konventionellem Weg kaum je ein in allen Details wahrheitsgetreues Bild der Vergangenheit gezeichnet werden kann. Daher muss die Archäologie vor allem auf andere Interpretations-Hilfsmittel ausweichen. Vor allem in der französisch- und englischsprachigen Forschung ist es seit geraumer Zeit üblich, ethnograhische Vergleiche zur Interpretation archäologischer Befunde beizuziehen.212 Es geschieht dies mit dem Anliegen, über den interkulturellen Vergleich die Wechselwirkung zwischen der materiellen Kultur, der Geisteswelt und der Soziokultur aufzuzeigen und diese dem archäologischen Befund gegenüber zu stellen. Wenn nun solche ethnographischen Vergleiche durchaus mit Problemen behaftet sind (andere Umweltbedingungen, andere Lebensweise, unterschiedliche Geisteswelt etc.), so ist der interkulturelle Vergleich insofern aufschlussreich, als er mögliche Verbindungen zwischen der materiellen und geistigen Kultur aufzeigt und damit die archäologische Befunddiskussion um wichtige Blickpunkte bereichert. Er ermöglicht es uns, unsere doch auch in erheblichem Mass vom Zeitgeist der westlichen Industriegesellschaft geprägte Denkweise213 soweit zu erweitern, dass uns fremdartige Wertvorstellungen und Verhaltensweisen sowie andersartige Gesellschaftsmodelle von Familien- und Stammesverbänden ohne zentrale Autorität (sog. «akephale Gesellschaften») ins Bewusstsein gerufen werden. Ein völlig anderes, für die Interpretation von archäologischen Befunden bedeutendes Arbeitsinstrument sind heuristische Modelle. Sie fügen die Einzelelemente aus Funden, Befunden und anderweitigen Daten zusammen und bringen sie in einen kausalen Zusammenhang. Die auf diese Weise erzeugten Arbeitshypothesen lassen sich wiederum an anderen, unabhängigen Quellen überprüfen, wodurch Schwachstellen und Stärken des jeweiligen Modells leicht erkannt werden können. Mit Vorteil werden heuristische Modelle auch mit ethnographischen Daten verglichen, um auf diese Weise die logische Kohärenz des Modells zu überprüfen. Dies bedingt allerdings, dass völkerkundliche Daten wegen der bereits weiter oben genannten Problematik nicht im direkten Analogieschluss auf archäologisches Material übertragen werden. Der nachfolgende Versuch, die jungneolithischen Funde und Befunde aus dem Raum Schaffhausen unter Zuhilfenahme von Gesellschaftsmodellen und völkerkundlichen Vergleichen zu interpretieren, ist als Arbeitshypothese zu verstehen. Dabei stützt sich die Hypothese auf eine ganze Reihe von Prämissen ab, die nicht zwingend unumstösslich sein müssen. Insgesamt verfolgt die Arbeitshypothese das Ziel, die verschiedenen Deutungsmöglichkeiten in Gedanken durchzu-
spielen und plausiblere von unplausibleren Interpretationsansätzen zu separieren. Zweifelsohne wird es auch die Aufgabe künftiger Forschergenerationen sein, die hier vorgelegten Thesen immer wieder zu überprüfen und notfalls zu revidieren.
7.2. Die Region Schaffhausen im älteren Jung neolithikum In der Region Schaffhausen ist die Zeit des älteren Jungneolithikums (ca. 4300–3800 v.Chr.) archäologisch erst ausschnitthaft fassbar. So vermitteln denn auch die wenigen Fundstellen ein sehr eigentümliches Bild der damaligen Siedlungslandschaft. Insbesondere fällt auf, dass alle bisher bekannten Wohn- und Werkplätze abseits der agrarisch fruchtbaren Talebenen und in eher abgelegenen Geländeabschnitten rund um die Reiathochfläche liegen. Dies lässt den Verdacht aufkommen, dass im älteren Jungneolithikum der Region Schaffhausen möglicherweise ganz andere Auswahlkriterien bei der Wahl der Siedlungs- und Werkplätze ausschlaggebend waren. Die dahinter verborgenen, mentalen Antriebskräfte werden der archäologischen Forschung wohl immer verborgen bleiben. Interessanterweise zeichnet sich ein ähnlich differenziertes Verhalten bei der Nutzung der einheimischen Silexressourcen ab: Während im Alt- und Mittelneolithikum der Region bevorzugt Silexknollen aus den eozänzeitlichen Bohnerzlehmen gewonnen wurden, ging man im Jungneolithikum dazu über, die wesentlich kleineren, teils besser verkieselten, aber sehr viel schwieriger zu gewinnenden Knollen aus den Kalkbänken des Reiat abzubauen. Die in den bohnerzführenden Lehmen enthaltenen Silexknollen des Südrandengebietes wurden in dieser Phase offenbar kaum mehr genutzt. Die Gründe für diesen Strategiewechsel sind gänzlich unbekannt. Es zeichnet sich aber ab, dass die bisher bekannten Siedlungs- und Werkplätze durchaus in einer gewissen räumlichen Beziehung zu den bekannten Silexlagerstätten stehen. Dabei ist unklar, ob diese geographische Nähe auch als Massnahme für eine bessere Kontrolle über die lokalen Silexvorkommen zu verstehen ist. Es ist wohl kein Zufall, dass nicht nur die Siedlungen, sondern auch die bisher bekannten jungneolithischen Gräber abseits der fruchtbaren Talebenen, in den schmalen, tief in den Tafeljura eingeschnittenen Durchgangs- und Seitentälchen liegen. Typischerweise wurden Höhlen, Felsüberhänge oder horizontale Felsspalten für die Anlage der Gräber ausgewählt. Dabei scheint es sich offenbar um eine charakteristische regionale Bestattungssitte zu handeln, die gegen 3750 v.Chr. wieder aufgegeben wurde. Als charakteristische Bestattungsform ist die gestreckte Rückenbestattung vorherrschend (Abb. 114). Nur ein Teil der Gräber weist zerstörungsresistente Beigaben auf; sie bestehen in der Regel aus aufwändig hergestelltem, weissem Kalksteinschmuck214 (Abb. 115) bzw. aus Knochen- und Silexartefakten. Leider repräsentieren diese wenigen Beigaben nur einen Teil der einst in den Gräbern vorhandenen Objekte (Textilien, Holzartefakte u.s.w.), weswegen die Aussagemöglichkeiten der Grabensembles nicht überstrapaziert werden sollten. Dennoch ist es eine interessante Beobachtung, 95
Abb. 114: Schaffhausen (Herblingen)-Dachsenbüel. Planskizze eines in den 1870er Jahren untersuchten Grabes zweier neolithischer Menschen (sog. «Totenhochzeit» vom Dachsenbüel). Unmassstäblich. Abb. 115: Perlenketten aus jungneolithischen Gräbern der Region Schaffhausen. Oberste Kette: Schaffhausen (Herblingen)-Dachsenbüel, übrige Thayngen-Bsetzi. Unmassstäblich.
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dass vorwiegend Kinder und Jugendliche mit Kalksteinschmuck bestattet worden waren.215 Bezeichnenderweise sind alle bisher bekannten Bestattungsplätze aus dem Raum Schaffhausen allesamt klein. Mit knapp 30 Gräbern ist der Friedhof unter dem Abri-sous-Roche von SchaffhausenSchweizersbild216 (vgl. Abb. 1) der bisher grösste seiner Art in der Region. Bei allen übrigen Bestattungsplätzen (Thayngen-Bsetzi, Schaffhausen (Herblingen)-Gsang, Schaffhausen (Herblingen)-Dachsenbüel etc.) handelt es sich um kleinere Friedhöfe mit bis zu zehn Gräbern. Ungewöhnlich ist der allgemein hohe Anteil an Kindern und Jugendlichen,217 der sonst in keiner anderen Region der Schweiz vergleichbare Werte erreicht. Die Tatsache, dass Behinderte (Schaffhausen-Schweizersbild, Grab 9)218 nach dem gleichen Bestattungsmodus wie die übrigen Bestatteten beerdigt worden sind, spricht für ein gut ausgebildetes Sozialgefüge. Gegenwärtig gibt es für die Tatsache, dass auf kleinem Raum gleich mehrere kleine Friedhöfe existierten, keine zufrieden stellende Erklärung. Handelt es sich etwa um die Bestattungsplätze einzelner Gehöfte oder Wirtschaftseinheiten oder wurden die Friedhöfe zu unterschiedlichen Zeiten benutzt? Geht man von der Prämisse aus, dass die Friedhöfe in nicht allzu grosser Entfernung von den Siedlungsplätzen angelegt worden waren, so könnten die Gräber von Thayngen-Un- tere Bsetzi zum Siedlungsplatz Schaffhausen (Herblingen)Grüthalde gehört haben. Inwieweit dies auch auf die Grabfunde von Thayngen-Vorder Eichen und Kesslerloch zutrifft, bleibt hingegen offen. Die Friedhöfe Schweizersbild, Dachsenbüel und Gsang werden mit einiger Wahrscheinlichkeit zu einem noch unbekannten Siedlungsplatz gehört haben; aus ihrem näheren Umfeld sind bislang keinerlei Siedlungsspuren bekannt. Die drei Stationen Büttenhardt-Zelg, Lohn-Setzi und Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde können zwar im weitesten Sinne als Siedlungsplätze angesprochen werden. Wie die Analyse der Silices gezeigt hat (vgl. Abs. 4.2–4.3), fallen bei näherer Betrachtung aber gleichermassen Gemeinsamkeiten wie auch Unterschiede auf, die einer Erklärung bedürfen. Die technologische Vorgehensweise bei der Verarbeitung der Silexrohstoffe ist in allen drei Fällen gleich, was für einen ein heitlichen kulturellen Hintergrund spricht. Trotz dieser augenfälligen Verbindungen lässt sich über das relative Alter der drei Stationen einstweilen nichts Sicheres aussagen. Fest steht einzig, dass sie irgendwo in der Zeitspanne zwischen 4300 und 3800 v.Chr. anzusiedeln sind, wobei Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde eher vor 4000 v.Chr. zu datieren ist (vgl. Abs. 2.3). Bezeichnenderweise sind – unabhängig von den klaren kulturellen Affinitäten der drei Fundensembles – auch deutliche Unterschiede in den Gerätespektren erkennbar. Es ist möglich, dass diese Unterschiede Ausdruck unterschiedlicher wirtschaftlicher Ausrichtungen der jeweiligen Fundstellen sind. So sind in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde beispielsweise die Ausgesplitterten Stücke mit einem Geräteanteil von 20% bemerkenswert häufig (vgl. Abb. 84), während sie in Büttenhardt-Zelg und Lohn-Setzi deutlich geringere Werte erreichen (4,3%). Stattdessen sind in Büttenhardt und Lohn gekerbte Silices mit 25–34% überaus häufig belegt (Herblingen: 3,5%). Auch die Endretuschen sind in Büttenhard und Lohn mit knapp 10% bemerkenswert häufig,
während sie in Herblingen lediglich 2% am Gerätespektrum ausmachen. Bei diesen Vergleichen muss allerdings betont werden, dass die einzelnen Fundensembles zu ganz unterschiedlichen Zeiten und unter verschiedenen Voraussetzungen zusammen getragen worden sind, weshalb die Prozentwerte nicht als unverrückbare Tatsachen betrachtet werden können. Aber sie zeigen immerhin einen ganz unterschiedlichen Trend in den Gerätespektren, der selbst von blossem Auge und ohne statistische Zahlenerhebungen erkennbar wäre. Es liegt quasi auf der Hand, dass die Silexbohrer gerade in Lohn und Büttenhardt deutlich unterrepräsentiert sein dürften, haben doch die Nachgrabungen in Herblingen gezeigt, dass solche feinen Bohrer fast nur beim Schlämmen der Sedimente in ihrem tatsächlichen Umfang erfasst werden können.
7.3 Überlegungen zu den Rechts- und Besitzverhältnissen an den Schaffhauser Hornsteinvorkommen Spätestens mit dem Übergang von der aneignenden zur produzierenden Wirtschaftsweise hat sich auch das Verhältnis des Menschen zur Landschaft grundlegend geändert. In keiner vorangegangenen Epoche war Grundbesitz von derart existenzieller Bedeutung wie er es seit Beginn der Sesshaftigkeit und des damit einhergehenden Ackerbauerntums war. Für die Bewirtschaftung von Ackerflächen und die Aufzucht der Haustiere waren landwirtschaftliche Nutzungsflächen eines bestimmten Umfangs nötig. In Anbetracht dieser offenkundigen Abhängigkeit der Landwirtschaft von Kulturland und Weideflächen wäre es eine grosse Überraschung, wenn die damalige Kulturlandschaft nicht in irgendeiner Form territorial gegliedert gewesen wäre. Durch die neu entstandene Standort-
Abb. 116: Karte des Bodenseegebietes mit Eintragung der bisher bekannten Feuchtbodensiedlungen und einiger ausgewählter Trockenbodenfundstellen. Stationen mit Funden des älteren Jungneolithikums sind in roter Farbe hervorgehoben. Die Fundstellennummerierung nimmt Bezug auf die Fundstellenliste auf S. 121ff. Vor allem am Untersee zeichnet sich vage eine Regelmässigkeit in den Siedlungsabständen ab, die als Hinweis auf eine Territorialität der Siedlungen gewertet werden kann. Weil einzelne Uferabschnitte relativ steil zum See hin abfallen und keine siedlungsgünstigen Strandplatten besitzen, waren bestimmte Uferabschnitte unbesiedelt.
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treue des Menschen bedurfte es auch klarer Rechtsstrukturen, die den Erwerb, den Besitz, die Nutzung und die Weitergabe von Siedlungsland219 regelten und die auch von Aussenstehenden anerkannt waren. Als archäologischer Beleg für eine recht konsequent gehandhabte territoriale Ordnung im hiesigen Neolithikum lässt sich die Regelhaftigkeit der Siedlungsabstände an den Ufern der voralpinen Seen anführen (Abb. 116). Die dort gewonnenen Dendroserien belegen zweifelsfrei, dass in Abständen von ein bis fünf Kilometern gleichzeitige Siedlungen existierten, wobei die Standortwahl offenbar durch die lokale Topografie bestimmt war. Dies erklärt die gelegentlich feststellbare Varianz in den Siedlungsabständen. Aus den mehrheitlich regelmässigen Siedlungsabständen lässt sich schliessen, dass zu den Seeuferdörfern auch Wirtschaftsflächen bestimmten Ausmasses gehörten.220 Diese Indizien für eine territoriale Gliederung der Siedlungslandschaft werden des Weiteren durch die Beobachtung gestützt, dass die einzelnen Siedlungskammern über längere Zeiträume hinweg besiedelt waren, auch wenn gelegentliche Standortverschiebungen der Siedlungen feststellbar sind. Die aus den Datenserien ablesbare Ortstreue221 ist also – genauso wie die regelhaften Siedlungsabstände – ein zuverlässiges Indiz dafür, dass der Anspruch auf Acker- und Weideland in neolithischer Zeit tatsächlich in irgendeiner Form rechtlich geregelt war.
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Abb. 117: Sutz/Lattrigen-Riedstation. Plan des in den Jahren zwischen 3412 und 3389 v.Chr. errichteten neolithischen Dorfes. Das Dorf scheint modulartig entstanden zu sein, wobei stets eine landseitige Häusergruppe (untere Häuserzeile) zuerst gebaut wird. Die über eine Wegverbindung damit verbundenen, seeseitigen Bauten sind jeweils im Folgejahr entstanden. Der modulartige Bau der Siedlung kann als Hinweis auf eine etappierte Übersiedlung der Dorfgemeinschaft von einem benachbarten Siedlungsplatz gedeutet werden, wobei die miteinander verbundenen Häusergruppen jeweils als eigenständige Wirtschaftseinheiten interpretiert werden können. M. ca. 1:650.
Bei einfach strukturierten Gesellschaften mit flacher Hierarchie («Ranggesellschaften») liegt die Verfügungsgewalt über Land und Besitztum oft in der Hand der ältesten lebenden Generation oder aber in der Gewalt der jeweiligen politischen Führer («Big Men»).222 Auch wenn sich archäologisch nicht belegen lässt, wer im Jungneolithikum wirklich die Verfügungsgewalt inne hatte und nach welchem Schlüssel die agrarischen Nutzflächen verteilt waren, so wird man doch davon ausgehen dürfen, dass die Dörfer und deren unmittelbares Umland eine wirtschaftliche und rechtliche Einheit bildeten. Neuere archäologische Befunde lassen indes nicht nur eine Gliederung in Siedlungsterritorien sondern auch Tendenzen zu einer inneren Gliederung der Dorfschaften erkennen. So deutet etwa die Siedlungsstruktur des um 3390 v.Chr. datierten, jungneolithischen Dorfes von Lattrigen-Riedstation (Abb. 117) darauf hin, dass neolithische Uferdörfer möglicherweise aus Gruppen eigenständiger Wirtschaftseinheiten zusammengesetzt waren.223 Dabei ist der Terminus der «Wirtschaftseinheit» keinesfalls mit dem Ausdruck «Haushalt» gleichzusetzen. Genausowenig setzt er voraus, dass jeweils ein Haus auch eine einzelne Wirtschaftseinheit bildete. Vielmehr deutet das Beispiel von Lattrigen darauf hin, dass mög98
licherweise immer mehrere Gebäude zusammengehörten (Wohn- und Ökonomiebauten). Absolut offen bleibt indes die Frage, wie viele Personen einer solchen Wirtschaftseinheit angehört haben könnten. Es ist durchaus möglich, dass sich gleich mehrere Kernfamilien sowie Zugewandte224 zu einer funktionsfähigen Wirtschaftseinheit formierten. Nur so konnten genügend arbeitsfähige Personen für die Erledigung der alltäglichen Arbeiten bereit gestellt werden. Dabei gilt es insbesondere zu bedenken, dass Modellberechnungen auf der Basis neolithischer Gräberfelder davon ausgehen, dass über 60% der damaligen Bevölkerung jünger als 13 Jahre alt waren.225 Das Beispiel des jungneolithischen Dorfes von LattrigenRiedstation ist in seiner Art gewiss kein Einzelfall; auch für andere, wesentlich ältere Seeuferstationen sind ähnliche Gesellschaftsstrukturen denkbar,226 so dass sie auch für die Zeit der Hornstaader Gruppe zur Diskussion stehen. Nebenbei darf hier nicht unerwähnt bleiben, dass schon für sehr viel ältere Phasen des mitteleuropäischen Neolithikums (Linearbandkeramik) mit ganz ähnlichen Organisationsstrukturen227 gerechnet wird. Leider sind nur wenige Befunde von Seeuferdörfern in einer Form vorgelegt, dass zuverlässige Aussagen über die
räumliche Organisation der Dörfer möglich wären.228 Ergänzende Hinweise zur inneren Struktur der Seeuferdörfer wären abgesehen von den Baustrukturen auch von Kartierungen bestimmter Fundgruppen oder der Lage von Nahrungsvorräten zu erwarten. Wenn nun also das Modell der Wirtschaftseinheiten tatsächlich auf die jungneolithische Zeit zuträfe, so wäre bei aller Autonomie dennoch von einer übergeordneten Organisationsform innerhalb der Dörfer auszugehen. Zu den schlagkräftigsten Argumenten gehört insbesondere die systematische Planung der Dorfanlagen, die ohne die Existenz einer gemeinsamen politischen Führung undenkbar wäre. Diese politische Führung übernimmt auch bei rezenten, einfach strukturierten Gesellschaften eine wichtige Rolle, vor allem, was die Planung des sozialen und wirtschaftlichen Lebens sowie die Repräsentation gegen aussen hin anbelangt. Ebenso entscheidet sie als übergeordnete politische Instanz über Recht und Ordnung und stellt auf diese Weise einen Garant für eine gewisse politische Stabilität dar. Selbst wenn man von der Annahme ausgeht, dass die zu einer Siedlung gehörenden Wirtschaftsflächen auf einzelne Wirtschaftseinheiten aufgeteilt gewesen wären und damit auch in irgendeiner Form «privater» Grundbesitz gewesen sein könnten, so muss dies nicht zwingend für alle Areale und Ressourcen zutreffen. Insbesondere bei nicht erneuerbaren, auf gewisse Örtlichkeiten beschränkten Ressourcen wie Silexvorkommen, die im allgemeinen Interesse der neolithischen Gesellschaft standen, ist es durchaus denkbar, dass sie zum Allgemeingut der Bevölkerung gehörten. Dies bedingt aber, dass für jedermann verbindliche und allgemein anerkannte Regeln zur Nutzung dieser Ressource bestehen. Der Hauptgrund dafür liegt in der Eindämmung des Konfliktpotentials; sind die Rohstoffvorkommen frei zugänglich, oder unterliegen sie der Kontrolle Einzelner, so sind – besonders bei schlechter Versorgungslage - Interessenskonflikte vorprogrammiert. Dies kann zu blutigen Auseinandersetzungen führen. Es scheint daher keineswegs zufällig zu sein, dass wichtige Ressourcen auch in rezenten, naturnah lebenden Gesellschaften häufig von einem Kollektiv verwaltet werden.229 Dort ist in aller Regel die lokal ansässige Bevölkerung (vertreten durch deren politische Führung, die «Big Men»230) die Inhaberin und Verwalterin der Rohstoffe. Als eigentliche Besitzerin der Nutzungsrechte regelt sie den Zugang zu den Rohstoffquellen und entscheidet über den Zeitpunkt und die Intensität der Rohstoffgewinnung sowie in eingeschränkter Weise auch über die Weitergabe des geförderten Gutes.231 Dabei müssen die Nutzungsrechte nicht zwingend in der Hand einzelner Dorfschaften sein; auch benachbarte Gruppen aus der Region können – vor allem bei intensiven verwandtschaftlichen Verbindungen – Abbaurechte an den Vorkommen besitzen. Die archäologischen Quellen liefern zwar kaum Hinweise auf die Organisationsformen der neolithischen Gesellschaft; dennoch wird man davon ausgehen müssen, dass es im Jungneolithikum in irgendeiner Form Regeln und Normen für den Umgang mit Wirtschaftsflächen und Bodenschätzen gab. Dies darf insbesondere auch für Feuersteinlagerstätten – und dort speziell für solche mit grosser wirtschaftlicher Relevanz für die umliegenden Gebiete – angenommen werden.
7.4. Zur Frage der Funktion der Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi Wenn im Folgenden die Frage nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Schaffhauser Feuersteinvorkommen für die Region Hochrhein-Bodensee gestellt wird, so muss zunächst die ehemalige Funktion der Stationen Büttenhardt-Zelg, Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde und Lohn-Setzi geklärt werden. Wie die Analyse der Silexartefakte gezeigt hat, fand an allen drei Orten eine intensive Verarbeitung von Feuersteinmaterial statt. Bei der Fundbearbeitung konnten auch Unterschiede in der Zusammensetzung der Geräteinventare festgestellt werden. Diese Unterschiede werfen, zusammen mit den übrigen überlieferten Resten der materiellen Kultur (Keramik, Felsgesteinartefakte u.a.m.) die nicht unerhebliche Frage auf, ob die drei Stationen tatsächlich als gleichwertige, permanent bewohnte Siedlungen nach dem Vorbild der Seeuferdörfer zu interpretieren sind? Dabei steht zur Diskussion, ob es nicht auch in neolithischer Zeit Nebensiedlungen gegeben haben könnte, die nur saisonal, beispielsweise zur Ausübung einer bestimmten Tätigkeit (Jagd, saisonale Beweidung des Viehs, Rohstoffgewinnung etc.), genutzt worden sind?232 Solche Siedlungssatelliten verfügen in der Regel über eine auf die jeweiligen Bedürfnisse angepasste Infrastruktur und unterscheiden sich lediglich durch ihre spezifische wirtschaftliche Ausrichtung von den Hauptsiedlungen. Von solchen «Aussenposten» aus ist eine wesentlich bequemere Bewirtschaftung entlegener Landstriche und Ressourcen möglich, ohne dass lange Anmarschwege nötig sind. Der archäologische Nachweis eines «Siedlungssatelliten» wird naturgemäss immer schwer zu erbringen sein und kann bestenfalls über die Analyse von Fundgruppen erfolgen, die eine saisonale Nutzung belegen können. Die notwendigen Erfordernisse für einen positiven Nachweis sind aber in der archäologischen Praxis nur ganz selten gegeben, weil die in einer bestimmten Menge notwendigen Informationsträger (botanische und tierische Reste etc.) erhaltungsbedingt fehlen. Es ist daher keine Überraschung, dass aus dem nördlichen Alpenvorland erst ganz bescheidene archäologische Indizien für die Existenz solcher Siedlungssatelliten233 existieren. Die unzureichende Quellenlage beweist aber noch lange nicht, dass es damals nur ganzjährig besiedelte Dörfer und Weiler gab. Vielmehr erwecken die wenigen bekannten Beispiele den Eindruck, dass die traditionellen Erklärungsmodelle gerade solche Spezialfälle zu wenig berücksichtigt haben. Nimmt man den oben formulierten Gedanken auf und versucht, mit den gängigen archäologischen Möglichkeiten Hinweise für die Existenz solcher «Siedlungssatelliten» zu ermitteln, so bietet sich als Untersuchungsmedium in erster Linie die Archäobiologie (Archäobotanik, Archäozoologie u.a.) an. Durch das Studium der tierischen und pflanzlichen Reste können einigermassen zuverlässige Angaben über die Ernährungssituation und damit auch eine eventuelle Saisonalität in der Bewirtschaftung einer Lokalität gemacht werden. Besonders einseitige Pflanzen- und Tierartenspektren lassen sich als Hinweise für eine saisonale Nutzung einer Lokalität interpretieren. 99
In den Mineralbodensiedlungen sind die Chancen auf aussagekräftige archäobiologische Daten erhaltungsbedingt schlecht, so dass in der Regel keine verwertbaren Ergebnisse zu erwarten sind. Im Gegensatz zu den Feuchtbodensiedlungen, in denen die für die Beurteilung erforderlichen Tierund Pflanzenreste in hervorragender Erhaltung in den Kulturschichten erhalten geblieben sind, überdauern Tier- und Pflanzenreste in den Mineral- und Trockenböden nur unter besonders günstigen Voraussetzungen. Und selbst wenn ein seltener Glücksfall in dieser Hinsicht vorläge, so sind die Tierund Pflanzenreste meistens in derart geringer Menge erhalten, dass sie keine zuverlässigen Schlüsse zuliessen. Somit scheidet die Archäobiologie im vorliegenden Fall als wissenschaftliche Grundlage für die hier geführte Diskussion aus. Dies hat zur Konsequenz, dass hier nur zerstörungsresistente Materialgruppen (Silex- und Felsgesteinartefakte, Keramikscherben) allfällige Hinweise auf eine saisonale Nutzung liefern könnten. Nun ist dies gerade im vorliegenden Fall eine denkbar schlechte Ausgangslage für die Klärung der zur Diskussion stehenden Fragen. Dennoch sei hier nicht unterlassen, Argumente für oder gegen eine saisonale Nutzung der Stationen zusammen zu tragen, um zumindest eine erste Diskussionsgrundlage für die spätere Theoriebildung zu erarbeiten. Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde Versucht man, Befund und Funde von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde siedlungsarchäologisch zu bewerten, so lässt sich bestenfalls das Bild einer flächenmässig kleinen, vielleicht weilerartigen Siedlung mit intensiver Silexbearbeitung zeichnen. Eigentliche Baubefunde,234 welche Hinweise auf die Anzahl, die Art sowie die Lage der Gebäude geben könnten, fehlen bislang. Aufgrund der Tatsache, dass das archäologische Fundmaterial bei einer enormen Funddichte über eine Fläche von vielleicht 600–1000 m2 streut (vgl. Abb. 11), ist man versucht, von einer relativ kleinen Anlage auszugehen, die nur einen Bruchteil der Fläche der zeitgenössischen Seeuferdörfer235 eingenommen haben kann. Unklar ist, seit wann und in welchen Zyklen die kleine Hangmulde durch die nahen Quellaustritte überschwemmt worden ist (vgl. Abs. 2.2.2, Mikromorphologie) und wie man sich vor diesem Hintergrund eine wie auch immer geartete Besiedlung vorzustellen hat. Archäologisch belegt sind in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde nicht nur die Herstellung von Silexgeräten (Bohrer, Pfeilspitzen etc.) und Grundformen (Klingen, Abschläge, Lamellen), sondern auch die Produktion von Kalksteinperlen vom Typ Glis und von zylindrischen Röhrenperlen. Dabei erscheint es durchaus möglich, dass die zahlreichen ausgesplitterten (Silex-) Stücke im Zusammenhang mit der Zurichtung der Perlenrohlinge stehen. Einige Klingen mit Lackglanz236 (Kat. 101, 107–108) belegen überdies, dass hier nicht nur neue Silexgeräte hergestellt, sondern auch alte verbrauchte Artefakte entsorgt worden sind. Scherben von Töpfen, Flaschen, Krügen und Schalen aus gebranntem Ton belegen des Weiteren eine längerfristige, aber nicht zwingend ununterbrochene Präsenz vor Ort. Die wenigen Tierknochenfunde, die vorwiegend aus Knochen von Jagdwild bestehen, fügen sich recht gut in die Tierknochenspektren jener Zeit ein.237 Dabei muss allerdings zwingend darauf hingewiesen 100
werden, dass die Menge der bestimmbaren Knochen aus Herb lingen für zuverlässige wirtschaftsarchäologische Aussagen viel zu klein ist. Die Topografie der Fundstelle lässt – so ausgefallen sie im Vergleich mit den übrigen bekannten Siedlungsstellen der Zeit auch erscheinen mag – noch keine Schlüsse auf die ehemalige Funktion des Siedlungsplatzes zu. Auch ein direkter Zusammenhang mit der Feuersteingewinnung kann gegenwärtig nicht hergestellt werden. Dies insbesondere deshalb, weil aus der unmittelbaren Umgebung der Fundstelle keine natürlichen Vorkommen bekannt sind. Die bisherigen Funde lassen beide Optionen, also eine permanente wie auch eine saisonale Besiedlung in der Diskussion um die Funktion der Fundstelle offen. Es ist nicht auszuschliessen, dass es auf der Basis künftiger Grabungen dereinst möglich sein wird, den wirtschaftlichen Hintergrund der Station präziser zu beleuchten. Lohn-Setzi Etwas anders als in Herblingen präsentiert sich die Situation in Lohn-Setzi. Von hier liegt ein relativ einseitig zusammengesetztes Gerätespektrum vor, das typologisch recht gute Anknüpfpunkte an den Materialkomplex aus Büttenhardt bietet. Wie dort fehlen auch in Lohn Sichelklingen, wohingegen Endretouchen, Bohrer und gekerbte Stücke sehr häufig vorkommen. Mit lediglich 826 Silices liegt aus Lohn nicht gerade viel beurteilbares Material vor, das möglicherweise auch noch stark selektioniert238 zu sein scheint, und das leider nur mit vielen Vorbehalten interpretiert werden kann. Erschwerend für die Interpretation der Station erweist sich vor allem die Tatsache, dass keinerlei Keramik- und Felsgesteinfunde aus Lohn-Setzi vorliegen. Auch tierische oder botanische Reste fehlen erhaltungsbedingt in den oberflächlich aufgesammelten Materialkomplexen. Berücksichtigt man die topografische Situation, so bestehen zwar Ähnlichkeiten mit Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, doch ist in Lohn das Gelände weniger stark gegliedert, so dass eine lockere Bebauung grundsätzlich denkbar wäre. Anders als in Herblingen könnten in der unmittelbaren Umgebung von Lohn-Setzi natürliche Silexvorkommen existiert haben. So finden sich im Südosten, an der westlichen Böschung des «Churzloches» ganz ähnliche Kalksteinformationen wie in Büttenhardt. In Lohn steht aber der geologische Nachweis einer nahe gelegenen Silexlagerstätte noch aus, mitunter weil nur kleine Abschnitte der Kalkfelsen für eine geologische Beurteilung offen zugänglich sind. Ackerbau und Viehzucht sind in der Umgebung der Fundstelle zwar möglich, die Böden sind aber auch hier deutlich ertragsärmer als jene in den Talniederungen. Dazu würde auch das bisherige Fehlen von Sichelklingen mit Lackglanz in Lohn hervorragend passen. In der stark gegliederten Siedlungsumgebung mit ihren zahlreichen natürlichen Schutzlagen wird es in prähistorischer Zeit vermutlich viel Wild gegeben haben, das – wie die Knochenfunde aus Herb lingen und Hornstaad-Hörnle IA andeuten – zweifelsohne eine wichtige Nahrungsgrundlage im Jungneolithikum gewesen sein muss. Die offenkundige Selektion der Funde durch die archäologisch interessierten Sammler, wie auch die Limitierung des Fundspektrums durch natürliche Prozesse (Zerstörung orga-
nischer Stoffe in den Mineralböden etc.) haben zur Konsequenz, dass das Fundspektrum aus Lohn-Setzi nicht gerade als ideale Diskussionsgrundlage bezeichnet werden kann, weswegen die Frage nach einer möglichen saisonalen Nutzung der Lokalität auch in diesem Fall unbeantwortet bleiben muss. Immerhin deutet das mit Büttenhardt-Zelg fast identisch zusammen gesetzte Werkzeugspektrum darauf hin, dass für Lohn-Setzi eine ganz ähnliche wirtschaftliche Situation vorausgesetzt werden kann, wie sich solches auch für die Fundstelle Büttenhardt-Zelg abzeichnet. Büttenhardt-Zelg Die etwa 8 Hektar grosse Fundstelle von Büttenhardt-Zelg wirft schon allein durch ihre aussergewöhnlichen Dimensionen eine Reihe von Fragen auf. Mit der fast 11-fachen Fläche der Seeufersiedlung Hornstaad-Hörnle IA239 oder der 100-fachen Fläche von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde nimmt Büttenhardt-Zelg ein Gebiet ein, das weit über dem ansonsten üblichen Rahmen neolithischer Siedlungsplätze der Region liegt. Es ist aus diesem Grund fast unvorstellbar, dass das gesamte Areal in einem Mal genutzt oder gar vollflächig überbaut worden ist. Wohl sind aus der fraglichen Zeit bereits erste «dörfliche Agglomerationen» in unseren Breitengraden bekannt.240 Diese «Ballungszentren» liegen allerdings fast regelhaft an günstigen Verkehrsknotenpunkten und sind mitnichten mit der vorliegenden, total abgeschiedenen Lage von Büttenhardt vergleichbar, wo ertragsarme Böden vorliegen, eine generelle Wasserarmut herrscht und wo häufig zügige Winde über die Hochflächen hinwegpeitschen. Es ist daher schwer vorstellbar, dass sich hier Dutzende oder gar Hundertschaften von Bauern durch Ackerbau und Viehzucht, Jagd und Sammelwirtschaft über einen längeren Zeitraum hinweg niedergelassen hätten. Sehr viel plausibler ist eine kleinflächige, aber langfristige Nutzung, verbunden mit einer sukzessiven Verlagerung der Aktivitätszonen. Die grosse Zahl der gefundenen Silexartefakte deutet darauf hin, dass einer der Gründe für die Anwesenheit des neolithischen Menschen in den Silexvorkommen der näheren Umgebung zu suchen ist. Kaum einen Steinwurf von der Fundstelle entfernt und ca. 7–8 Meter unterhalb der Plateaukante können noch heute an der östlichen Böschung des Hinteren Freudentales vereinzelte Silexknollen im Kalkfels beobachtet werden (vgl. Abb. 9). Diese Knollen und Platten entsprechen sowohl optisch wie auch petrografisch genau denjenigen, die – nebst anderen Silextypen – auf der benachbarten Hochebene verarbeitet worden sind. Auch wenn bisher noch kein positiver Nachweis für einen neolithischen Bergbau an der betreffenden Stelle erbracht werden konnte (vgl. Abs. 2.2.1), so ist ein solcher nach wie vor nicht kategorisch auszuschliessen. Zumindest die Streuung der Silexartefakte könnte zu dieser Annahme passen, denn die Werkplätze verlaufen ungefähr parallel zu den feuersteinführenden Kalkbändern unterhalb der westlich davon gelegenen Plateaukante. Die ungewöhnliche dichte Streuung der Silexfunde über das ausgedehnte Gelände ist ein untrüglicher Beweis, dass hier intensivst Feuersteinknollen verarbeitet worden sind. Da ein Schlagplatz in der Regel nur wenige Quadratmeter Fläche umfasst, müssen hier die Relikte von Tausenden von Werkplät-
Abb. 118: Büttenhardt-Zelg. Fragment einer fernimportierten Silexklinge. Der Rohstoff stammt nach Ausweis der im Feuerstein enthaltenen Mikrofazies aus dem südöstlichen Pariser Becken (Lailly, Dépt. Yonne). KASH 67788.23.
zen vorliegen, selbst wenn man von einer lockeren Streuung ausgeht. Um die ungeheuren Dimensionen der Rohstoffverarbeitung zu veranschaulichen, hilft ein einfaches Rechenbeispiel: Nimmt man für einen einzelnen Schlagplatz eine durchschnittliche Fläche von knapp 2-4 m2 an,241 so käme man bei 8 Hektaren auf beachtliche 20-40’000 Schlagplätze! Diese sehr grobe Schätzung ist allerdings höchst spekulativ und hängt in erster Linie von der räumlichen Dichte der einzelnen Schlagplätze ab, welche einstweilen sehr schlecht einschätzbar ist. Berücksichtigt man zudem, dass sich Schlagplätze auch teilweise überlagern oder mehrfach wiederbenützt werden, so verändern sich die Zahlenwerte erneut. Immerhin deutet die grossflächige Streuung der Silexabfälle mit vereinzelten Fundkonzentrationen an, dass die Werktätigkeit keinem übergeordneten System unterworfen war, sondern dass die Installation der Werkplätze vermutlich sehr situativ gehandhabt wurde. Die Ergebnisse der Rohstoffanalysen lassen keinen Zweifel daran aufkommen, dass Silexmaterial aus verschiedenen Aufschlüssen nach Büttenhardt gebracht worden war, um dort verarbeitet zu werden. Von den 109 bisher untersuchten Silices, ist der Silextyp 271 mit einem Anteil von 6% vertreten. Er findet sich unweit der Fundstelle am Abhang zum Hinteren Freudental in primärer Lage (anstehender Kalkfels). In einer Entfernung von 1,5 km Luftlinie nordöstlich von Büttenhardt-Zelg ist ein primärer Aufschluss (Lohn-Oberholz) mit Silex des Typs 177 bekannt. Er kommt in der Stichprobe (archäologisches Fundmaterial) von Büttenhardt mit einem Anteil von ebenfalls 6% vor. Ungewöhnlich häufig, d.h. mit einem Anteil von 80%, findet sich in Büttenhardt der Rohstoff 366. Dies erstaunt umso mehr, als der geographisch nächste, bekannte Aufschluss beim Kesslerloch in Thayngen, d.h. in rund 4 km Luftlinie liegt. Ein Unikum stellt gegenwärtig der Fund eines Klingenfragmentes aus dem Silextyp 296 dar (Lailly, Dépt. F-89; Abb. 118). Solche Fernimporte sind im Jungneolithikum an sich nichts Ungewöhnliches;242 selbst im unmittelbaren Umfeld grosser Bergbaureviere ist gegentlich Rohmaterial aus entlegenen Rohstoffvorkommen anzutreffen.243 Aus geologischen Gründen lässt sich ausschliessen, dass in unmittelbarer Nähe von Büttenhardt-Zelg mit weiteren, natürlichen Vorkommen des Silextys 366 zu rechnen ist, denn diese stammen aus einer geologischen Formation die strati101
Abb. 119: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, Sondage 2007. Abgearbeiteter Silexnukleus mit anhaftendem Muttergestein (Fk. 46).
graphisch jünger ist als die dort an der Hochfläche zutage tretende Malmschicht (vgl. Beitrag J. Affolter). Wenn also vor Ort jemals silexhaltige Kalkbänke dieser geologischen Zeit existiert hätten, so wären sie längst durch Erosion und Verwitterung abgetragen und andernorts akkumuliert worden. Sekundäre Vorkommen mit Silexknollen der Rohstofftypen 366 und 177 sind aber in dieser Zone weder auf dem Hochplateau um Büttenhardt noch in den benachbarten Bachtälern zu erwarten.244 Somit scheidet auch die Möglichkeit einer Rohstoffbeschaffung aus sekundären Lagerstätten für einen Gross teil der Silextypen aus. Dazu passt, dass die Silices aus Büttenhardt, Lohn und Herblingen auch keine der für Silices aus sekundären Lagerstätten so typischen Merkmale zeigen (z.B. abgerollte Kortex, sekundäre Eiseneinlagerungen u.s.w.). Die geographisch nächstgelegenen, primären Vorkommen mit Silexknollen des Typs 366 liegen im Fulachtal unweit des Kesslerlochs und befinden sich – durch einen tektonischen Bruch bedingt – knapp über der Talsohle. Sie waren leicht zugänglich und konnten mit den damals bekannten Abbauverfahren problemlos bewirtschaftet werden. Aus all diesen Gründen ist es am Wahrscheinlichsten, dass die in Büttenhardt, Lohn und Herblingen verarbeiteten Silexrohstoffe in einem aufwändigen Verfahren aus den anstehenden Kalkfelsen gefördert worden sein müssen (Abb. 119). Wenn nun also über 80% der in Büttenhardt gefundenen Silexrohstoffe aus einer Entfernung von einigen Kilometern an ihren späteren Fundort hin getragen worden sein müssen, so fällt eine Interpretation der Fundstelle von Büttenhardt keineswegs leicht. Fest steht, dass es zwar ein lokales Silexvorkommen in unmittelbarer Nähe von Büttenhardt-Zelg gab, dass dieses aber offenbar nicht allzu ergiebig war. Folglich müssen auch noch andere Faktoren bei der Standortwahl des Schlagplatzes eine wichtige Rolle gespielt haben. Mit dem Bild eines klas102
sischen Werkplatzes im Umfeld naher Silexvorkommen, wie sie beispielsweise aus Rijckholt-Sint Geertruid (NL), Spiennes (B) oder anderen jungneolithischen Bergwerken bekannt sind, ist die Situation in Büttenhardt keinesfalls vergleichbar. Der eklatanteste Unterschied zu diesen «klassi- schen» Bergwerksrevieren lässt sich insbesondere im wesentlich sparsameren Umgang mit der Ressource «Silex» beobachten. Anders als in den grossen Bergbaurevieren ist in Büttenhardt eine sehr umsichtige Nutzung der Silexrohstoffe belegt, während beispielsweise in Rijckholt, Spiennes oder Abensberg-Arnhofen (D) nur ein Teil der geförderten Knollen und Platten tatsächlich weiterverarbeitet wurde245 und teils noch durchaus verwertbares Rohmaterial in den Bergbauversatz gelangte. Die hohe Wertschätzung des Silexmaterials in den Schaffhauser Fundstellen kommt insbesondere darin zum Ausdruck, dass selbst kleinste Silexknollen noch gesammelt wurden, um daraus irgendwelche brauchbaren Geräte zu verfertigen. Ein weiterer Unterschied zu den «klassischen» Bergbaurevieren besteht auch darin, dass in Büttenhardt gleichzeitig verschiedene Silextypen verarbeitet wurden, die zum Teil aus einer Distanz von 15 km herbei geholt worden waren (vgl. Abs. 3). Dabei ist vor allen Dingen bemerkenswert, dass selbst Silexmaterial aus dem Grossraum Singen in die Region Schaffhausen gebracht worden ist, wo doch hier eigene, qualitativ gleichwertige Rohstoffaufschlüsse vorhanden gewesen wären. Etwas verwirrend ist auch die Beobachtung, dass an den drei Orten nicht nur Silexrohstoffe zerlegt und Geräte hergestellt worden sind, sondern dass zumindest ein Teil der hergestellten Geräte auch gleich vor Ort zur Herstellung anderer Gerätschaften verwendet wurde. Dies bringt eine weitere Dimension in die Diskussion rund um die Funktion und wirtschaftliche Ausrichtung der drei Schaffhauser Fundstellen mit ein. Abgesehen von rein ökonomischen Aspekten könnte in Büttenhardt auch die Topografie eine wichtige Rolle bei der Standortwahl gespielt haben. So ist die Fundstelle gegen Südosten durch einen niedrigen Geländerücken abgeschirmt. Von herannahenden Gruppen ist sie daher auch nicht ohne Weiteres erkennbar. Bei guter Wetterlage und klarer Sicht bietet sich vom Hochplateau aus ein hervorragendes Panorama bis in den Alpenraum und zum wohl markantesten Vulkankegel des Hegau, dem Hohenstoffeln. Auch wenn sich dies archäologisch nie belegen lassen wird, so könnte diese spezielle abgeschiedene, aber dennoch exponierte Lage mit hervorragender Weitsicht durchaus eine gewisse Stellung in der Geisteswelt der damaligen Menschen gespielt haben. Zusammen mit verschiedenen ökonomischen Aspekten (Jagdgebiete, Silexvorkommen etc.) wäre dies jedenfalls ein möglicher Grund, eine Örtlichkeit mit wenig ertragsreichen Böden und allgemeiner Wasserarmut doch über einen längeren Zeitraum hinweg immer wieder aufzusuchen. Es mag zunächst etwas befremdlich erscheinen, dass die Silexknollen des Typs 366 nicht im Lagerstättenbereich zerlegt, sondern über kilometerweite Distanzen nach Büttenhardt getragen worden sind, um erst dort weiter verarbeitet zu werden. Bei der allgemein grossen Ausnutzung der Knollen, deren Ursache in erster Linie in einer beschränkten Verfügbarkeit des Rohmaterials zu suchen ist und dem daraus resultierenden, vergleichsweise geringen Abfallvolumen, erscheint ein sol-
cher Rohstofftransport bei genauerer Betrachtung jedoch gar nicht so unsinnig. Zum einen sind vollständige Knollen leichter transportierbar, als die scharfkantigen Zerlegungsprodukte. Zum anderen kommen die verkieselten Knollen in den Kalkbänken nicht in rauen Mengen vor, so dass der Ertrag pro Kubikmeter Massenkalk vergleichsweise klein gewesen sein muss. So gesehen hatte die Ausbeute einer grösseren Abbauaktion schnell einmal in einigen wenigen, gut tragbaren Transporteinheiten Platz. Die Konzentration von Silexrohmaterial an einer zentralen Sammelstelle bringt neben einer Vielzahl logistischer Probleme auch eine Reihe praktischer Vorteile mit sich. Gerade wenn es darum geht, ein Optimum aus einem beschränkt verfügbaren Rohmaterial zu erzielen, ist es zweckmässig, die Verarbeitung des Rohstoffs geübten Steinhandwerkern zu übertragen, die vorzugsweise an einem Ort versammelt sind. Nur sie konnten mit gezielten Abschlägen die kleinen Silexknollen so präparieren, dass möglichst hochwertige, weiter verwertbare Grundformen von den Nuklei abgetrennt werden konnten, ohne dass unnötig viel Abfall entstand. Selbst wenn wir davon ausgehen, dass jeder neolithische Bauer über ein gewisses Mass an handwerklicher Geschicklichkeit für die Herstellung einfachster Gerätschaften verfügte, so ist eine erfolgreiche Ausübung der Feuersteinbearbeitung ohne regelmässiges Training und verfügbares Übungsmaterial undenkbar.246 Dies macht es doch wahrscheinlich, dass die Zerlegung der kleinen Knollen in den Händen einiger weniger, geübter Steinschläger lag.247 Im Grossen und Ganzen sind aus den bruckstückhaften, archäologischen Hinterlassenschaften nur grobe Erkenntnisse zur ehemaligen Funktion der drei Fundstellen ableitbar, weswegen es unaufrichtig wäre, schlüssige Erklärungen für die komplexe und in einigen Punkten (scheinbar?) widersprüchliche Befundlage geben zu wollen. Folglich bleibt gerade in der Funktionsdeutung der drei Fundstellen eine Vielzahl Fragen offen. Neben rein ökonomischen Gesichtspunkten werden wohl – wie ethnographische Vergleichsbeispiele248 zeigen – auch Aspekte der neolithischen Geisteswelt bei der Standortwahl eine entsprechende Rolle gespielt haben. Anders lässt sich die Wahl eines 8 Hektar umfassenden Werkplatzes im abgeschiedenen und rohstoffarmen Büttenhardt kaum je nachvollziehbar erklären.
7.5 Regionale und überregionale Austausch systeme Wie in Abschnitt 7.3 dargelegt, gibt es Grund zur Annahme, dass die Schaffhauser Silexaufschlüsse in jungneolithischer Zeit nicht allgemein zugänglich waren, sondern durch ein bestimmtes Kollektiv – vermutlich die hier lokal ansässige Bevölkerung – bewirtschaftet worden sind. Dieser Personenkreis dürfte es letztlich auch gewesen sein, der das jeweilige Abbauvolumen und damit die Menge des in den überregionalen Austausch überführbaren Rohmaterials bestimmte.249 Dies muss insofern von einer gewissen wirtschaftlichen Tragweite gewesen sein, als die Verbrauchersiedlungen in einem bestimmten Abhängigkeitsverhältnis zu den Abbaugebieten standen. Solche Abhängigkeiten, die in einem gewissen Mass
durchaus von existentieller Natur waren, sind in schwach hierarchisierten Gesellschaften eigentlich nur in einem Umfeld ganz enger, sozialer Verbindungen denkbar. Dies umso mehr als eine langfristig nachhaltige Rohstoffversorgung auf ein ausgeprägtes und stabiles politisches Umfeld angewiesen ist. Wäre die Grundversorgung der umliegenden Gebiete mit Silexrohstoffen nicht in irgendeiner Weise gesichert gewesen, so hätte dies über kurz oder lang zu Interessenskonflikten und sozialen Spannungen führen müssen. In rezenten und subrezenten Gesellschaften lassen sich gut vergleichbare Ver sorgungssysteme beobachten. Dort werden RohstoffÜberschüsse nach bestimmten, gesellschaftlich normierten Weitergabemustern und ohne die vordergründige Absicht einer persönlichen Gewinnoptimierung an Verwandte und eng befreundete Gruppen weiter gegeben,250 sei es aus zeremoniellem («politischem») oder informellem Anlass (Brautgabe, Warentausch). Oft ist damit auch die Erwartung einer Gegenseitigkeit der Gaben verbunden.251 Bemerkenswerterweise wird in solchen Wirtschaftssystemen nur selten Rohmaterial an Aussenstehende weiter gegeben.252 Dies unterstreicht die grosse Bedeutung des sozial motivierten Gabentauschs in schwach gegliederten Gesellschaften. Ganz im Gegensatz dazu ist der rein kommerzielle Hintergrund – wie ihn einige Forscher253 jüngst propagierten – bei Naturvölkern, die kaum oder gar nicht von der modernen Marktwirtschaft beeinflusst worden sind, ganz unüblich.254 Abb. 120 (folgende Doppelseite): Idealbild des jungsteinzeitlichen Alltags im Werkplatzareal von Büttenhardt-Zelg (ca. 4300-3900 v.Chr.). Ausserhalb der landwirtschaftlich intensiven Monate versammelte sich ein Teil der Menschen aus den umliegenden Dörfern und Gehöften, um auf dem Hochplateau von Büttenhardt Silexrohstoffe zu verarbeiten und sich auf den kommenden Winter vorzubereiten. Das von einzelnen Gruppen an verschiedenen Geländepunkten in der Umgebung mühevoll aus den Kalkfelsen geförderte Silexmaterial wird mit rucksackartigen Tragevorrichtungen an den Werkplatz gebracht, wo eine Handvoll geschickter Steinschläger das Rohmaterial fachmännisch zerlegt. Die besseren Abschlagprodukte werden sorgsam aus den Steinsplitterhaufen herausgelesen, während dessen die unbrauchbaren Abfallprodukte direkt am Arbeitsplatz liegen bleiben. In Zeiten, in denen der Rohstoffnachschub nachlässt, befassen sich die Steinbearbeiter mit der Herstellung von Pfeilspitzen, Bohrern und Messern. Ein Teil der Menschengruppen beschäftigt sich mit der Reparatur der nur saisonal genutzten Häuser, und auf dem Vorplatz eines Hauses wird ein schmackhafter Eintopf gekocht. Im Hintergrund bringt eine Gruppe von Jägern frisch erlegtes Rotwild ins Werk areal. Dieses wird umgehend zerlegt. Fleisch, das nicht in Kürze verzehrt werden kann, wird durch Räuchern haltbar gemacht, die Tierhäute werden gegerbt und die für die Werkzeugherstellung brauchbaren Knochen und Geweihe werden als Rohstoffvorrat sorgsam zur Seite gelegt. Ein junger Mann hat in der näheren Umgebung gerade Schösslinge des Wolligen Schneeballs gesammelt, die er mit gekerbten Silexbruchstücken sorgsam entrindet. Die für die Pfeilherstellung notwendigen Pfeilspitzen hat er sich bei den Steinschlägern besorgt; die Sehnen haben die Jäger beigesteuert, und die Federn und das Birkenpech hatte er aus seinem Heimatdorf mitgebracht. Ein anderer Mann ist damit beschäftigt, mit den frisch von den Steinschlägern hergestellten Silexbohrern Löcher in die bereits vorgearbeiteten Perlenrohlinge zu Bohren. Eine junge Frau, die sich zum Sammeln von Pilzen und Beeren auf den Weg machen will, hält einen Moment inne und schaut ihm bei der Arbeit zu. Sobald sich der bevorstehende Winter durch die ersten Schneeflocken ankündigt, kehren die Menschen mit prall mit Nahrungsvorräten und Rohstoffen gefüllten Rucksäcken und Tragebeuteln in ihre Heimatdörfer zurück. Obschon einzelne Bildelemente unmittelbar durch die in BüttenhardtZelg zurückgelassenen Gerätschaften bezeugt sind, bleiben doch viele Details aufgrund der spärlichen archäologischen Quellenlage spekulativ.
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Wären Rohstoffe im mitteleuropäischen Jungneolithikum kommerziell gehandelt worden, so müsste sich dies über kurz oder lang in der materiellen Hinterlassenschaft abzeichnen. Vorstellbar ist beispielsweise eine Akkumulation an hochwertigen bzw. prestigeträchtigen Gütern bei Einzelpersonen oder Personengruppen. Es gibt wohl Hinweise auf besonders privilegierte neolithische Eliten aus der Zeit um 4000 v.Chr. in Südosteuropa;255 in den betreffenden Fällen ist allerdings die Ursache für diesen materiellen Wohlstand ungeklärt. Aus dem mitteleuropäischen Raum liegen «reich» ausgestattete Gräber frühestens ab dem späten Endneolithikum vor.256 Grundsätzlich wäre sowieso zu diskutieren, ob unsere Vorstellung von materiellem Reichtum auch mit jener der neolithischen Bevölkerungen in Einklang zu bringen ist?257 Ebenso muss prinzipiell offen bleiben, ob materieller Reichtum in der damaligen Gesellschaft überhaupt erstrebenswert war? Wenn nun also über die Rolle von Reichtum in der damaligen Gesellschaft heftig spekuliert werden kann, so fehlen doch in der archäologischen Hinterlassenschaft die Belege,258 dass Einzelpersonen oder –gruppen durch die Kontrolle oder den Handel bestimmter Rohstoffe oder Produkte zu einem überdurchschnittlichen materiellen Wohlstand gelangt sein könnten. Dies spricht insgesamt doch auch für einen sozial motivierten Warenaustausch ausserhalb einer vordergründigen Gewinnabsicht. Folglich bleibt es auch unwahrscheinlich, dass im zenAbb. 121: Karte der Ostschweiz. Eingezeichnet sind die Verbreitungsgebiete der zentralschweizerischen Cortaillod- und der frühen Pfyner Kultur («Hornstaader Gruppe») sowie die gegenwärtig bekannten Silexvorkommen.
tralen Alpenvorland vor dem Endneolithikum ein Wirtschaftssystem existierte, das auch nur annähernd den Gesetzen von Angebot und Nachfrage gehorchte. Daher ist für die neolithische Zeit auch nur eine Bewirtschaftung der Schaffhauser Rohstoffquellen jenseits jedes kommerziellen Hintergrundes denkbar. In Bezug auf das damalige soziale Netzwerk gibt es aus der Region Schaffhausen-Hochrhein durchaus archäologische Belege für sehr enge wirtschaftliche und soziale Verbindungen zum Bodenseegebiet. So lässt sich beispielsweise die weitgehend gleichartige Erscheinung der materiellen Kultur (Keramik, Schmuck etc.) als Hauptargument anführen. Sie erweckt den Eindruck, als würden sich hinter der gemeinsamen Sachkultur Gemeinschaften eines gleichen Traditionskreises verbergen, die in einem gut ausgebildeten sozialen oder gar verwandtschaftlichen Beziehungsgeflecht zueinander gestanden und wohl auch über eine gleichartige Geisteswelt verfügt haben müssen. Darüber hinaus fällt auf, dass in der Bodensee- und Hochrheinregion ausschliesslich regionale Silexvarietäten verwendet worden sind. Die Tatsache, dass in den Siedlungen immer dieselbe, wiederkehrende Kombination an einheimischen Silexrohstoffen259 beobachtet werden kann, spricht für eine langfristig stabile Versorgungslage sowie indirekt auch für ausserordentlich stabile politische Verhältnisse. Gleichermassen belegt die Verbreitung der Rohstoffe aber auch, dass offenbar alle koexistierenden Siedlungen der Region einen gleich guten Zugang zu den Rohstoffen gehabt haben müssen. Dies alles spricht neben den zahlreichen anderen VerbinN
Silextypen 346, 436 Silextypen 177, 271, 366
Schaffhausen
Rhein
FRÜHE PFYNER KULTUR (“HORNSTAADER GRUPPE“) Silextyp 146
Otelfingen-Lägern
CORTAILLOD KULTUR
Zürich
Zürichsee
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Bodensee
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dungen in der Sachkultur (Keramik, Schmuck etc.) einmal mehr deutlich für ein sehr enges Wirtschaftsgeflecht. Bemerkenswerterweise hatten die Silexrohstoffe aus der Region Schaffhausen keinerlei Relevanz für die Ökonomie der Seeufersiedlungen des Zürcher Raumes.260 Dies ist umso interessanter, als dort in der fraglichen Zeit die westeuropäisch geprägte Cortaillod-Kultur beheimatet war, während das Bodenseegebiet durch die donauländisch geprägte frühe Pfyner Kultur («Hornstaader Gruppe») besiedelt war (Abb. 121). Folglich scheinen also auch kulturelle Grenzen eine zentrale Rolle in der Ausbreitung regionaler Silexrohstoffe gespielt zu haben. Die Dörfer der Cortaillod-Kultur am Zürichsee bezogen ihre Silexrohstoffe schwerpunktmässig aus einem ausgedehnten Abbaurevier an der zürcherischen Lägern,261 wo bis zu kopfgrosse Jaspisknollen gefördert werden konnten. Sie waren den Schaffhauser Hornsteinknollen wenigstens in metrischer Hinsicht haushoch überlegen. Die damaligen kulturellen Grenzen und das im älteren Jungneolithikum vorherrschende Rohstoff-Versorgungssystem scheinen offensichtlich eine Verbreitung des Lägernsilex bis in das Bodenseegebiet verhindert zu haben. Dieser Befund zweier angrenzender Kulturregionen mit unterschiedlichem kulturellem Gepräge und jeweils eigenständiger, an das kulturelle Ausbreitungsgebiet gebundener Rohstoffversorgung ist insofern interessant, als er einmal mehr aufzeigt, dass die Weitergabe von Silexrohmaterial vor allen Dingen von kulturellen und sozialen Gesetzmässigkeiten geprägt gewesen sein muss und dass im hiesigen Jungneolithikum keine marktwirtschaftlichen Verhältnisse vorherrschten, welche die Rohstoffversorgung in ir-
Abb. 122: Zürich-Bauschanze. Kalksteinschmuck aus einem cortaillodzeitlichen Kontext. Man beachte das mit feinen Kalzitadern durchzogene Kalksteinmaterial, das auch in der Bodenseeregion zur Herstellung analoger Schmuckstücke verwendet wurde. Aufgrund der Seltenheit von Silexbohrern und Perlen-Halbfabrikaten in den Zürcher Cortaillod-Siedlungen kann vermutet werden, dass diese Schmuckstücke durch Tausch aus dem Bodenseegebiet in die Zürichseeregion gelangten.
gendeiner Form hätten beeinflussen können. Vielmehr gewinnt man aus der Dominanz regionaler Silexvarietäten262 und der Seltenheit exogener Rohstoffe den Eindruck, dass in beiden Kulturräumen die einheimischen Silexvorkommen den Hauptteil des Rohstoffbedarfs abdeckten. Die wenigen in den Zürcher Seeufersiedlungen gefundenen Silices aus dem Schaffhauser Raum wie auch die seltenen Belege für Lägernsilex in den Hornstaader Siedlungen des östlichen Hochrheinund Bodenseegebietes263 belegen indes auch, dass Kontakte zwischen den beiden Kulturregionen existierten und dass ein gelegentlicher, wohl zeremoniell motivierter Gütertransfer stattfand. Diese interkulturellen Kontakte lassen sich des Weiteren auch durch Keramikfunde264 vom Typ Herblingen und vereinzelte Kalksteinperlenfunde in cortaillodzeitlichen Siedlungen des Zürichseegebietes belegen (Abb. 122). Einflüsse der Cortaillod-Kultur sind überdies auch am Keramikmaterial der Seeufersiedlung Hornstaad-Hörnle IA am westlichen Bodensee erkennbar,265 so dass der interkulturelle Güter- und Informationsaustausch in beiden Richtungen archäologisch fassbar ist.
7.6 Fördermengen, Produktionsumfang und Rohstofftransfer Nach den vorangegangenen Ausführungen zur sozialen und räumlichen Organisation der neolithischen Bevölkerung des Hochrheingebietes liegt es nahe, die Frage nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Rohstoffvorkommen im Raum Schaffhausen mit all den damit verbundenen Aspekten (Fördermengen, Transportformen, Verbrauchsquoten etc.) zu stellen. Es kann hier aber nicht das Ziel sein, ein abgerundetes Bild von der Nutzung der Feuersteinvorkommen zeichnen zu wollen, denn hierfür sind die archäologischen Quellen viel zu bruchstückhaft. Die nachfolgenden Ausführungen verstehen sich eher als Gedankenstützen, die es ermöglichen sollen, das Versorgungssystem auf der Basis der archäologischen Fakten so gut wie irgend möglich aus verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten. Die Arbeitsleistung prähistorischer Gesellschaften aufgrund der bruchstückhaft überlieferten Sachkultur erfassen zu wollen, ist ein ausgesprochen ambitiöses und zugleich problematisches Unterfangen, umso mehr als das Ergebnis von einer breiten Palette von Einzelfaktoren abhängt. Anders als bei der konventionellen archäologischen Rohdatenauswertung muss die Wirtschaftsarchäologie fast immer auf Näherungswerte zurückgreifen, die letztlich auch nur auf sehr vagen und nur selten breit abgestützten Grundlagen beruhen. Dies hat zur Konsequenz, dass Modelle, die auf solchen Kalkulationen basieren, stets mit einer gewissen Unsicherheit behaftet sind, was sie generell anfällig für Zirkelschlüsse macht. Entsprechend wichtig ist daher die ständige Überprüfung der Modellgrundlagen durch neue und unabhängige Datenserien.
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Abbaupotential und Fördermengen Wenn nun die Frage nach der Ermittlung des Abbaupotentials und der Fördermengen gestellt wird, so erweist sich als erstes die mangelhafte montanarchäologische Datenbasis im Arbeitsgebiet als Problem. Zum einen sind im Raum Schaffhausen kaum mehr offen zugängliche Felsabschnitte mit enthaltenen Silexknollen erhalten. Dies kann daran liegen, dass solche Felsformationen bereits vollständig durch den Feuersteinbergbau abgebaut worden sind. Dabei lässt sich nicht vollends ausschliessen, dass intakte, oberflächennahe Vorkommen heute unter mächtigen Kolluvien verschüttet sind und daher durch die archäologische Oberflächenprospektion nicht erfasst worden sind. Zum anderen ist der fehlende Nachweis von klaren Bergbaubefunden an den wenigen bekannten, geologischen Aufschlüssen als grosser Nachteil zu bewerten. Dies vor allem deshalb, weil die Menge der heute noch in den Kalkbänken erhaltenen Silexknollen auf kurze Distanzen stark variieren kann. Dadurch sind die nachfolgenden Schätzungen, die von einem einzelnen, kleinräumigen Aufschluss abgeleitet worden sind, grundsätzlich als unsicher zu taxieren. Im näheren Umfeld des Kesslerlochs bei Thayngen konnten in einem Massenkalkfelsen verschiedene Silexknollen des Rohstoffstyps 366 beobachtet werden (Abb. 123), aus deren räumlichem Bezug zueinander eine erste Einschätzung des Abbaupotentials der betreffenden Felsformation erzielt werden konnte. Demnach lassen sich aus einem Kubikmeter Massenkalk im Idealfall bis zu 1000 kleinformatige Silexknollen mit einem Gesamtgewicht von schätzungsweise 40-60 kg fördern. Dieser Wert ist eher als Optimum aufzufassen und dürfte wohl auch nur an wenigen Stellen erreicht worden sein. Das Herauslösen der Knollen wird man sich als relativ aufwändiges, aber mit einfachen Mitteln durchführbares Abbauverfahren vorstellen müssen (Abb. 124). Wie Untersuchungen in gleich alten, jungneolithischen Bergwerksrevieren (z.B. Kleinkems D266) gezeigt haben, kann der Abbau der tauben Deckschichten durch Befeuerung und anschliessendes Abschrecken mit kaltem Wasser massiv beschleunigt werden.267 Auf diese Weise wird der reine Kalk so mürbe gemacht («gebrannter Kalk»), dass er sich wesentlich schneller mit zähen Bergbaugezähen aus Quarzit entfernen lässt (Abb. 125). Für den Abbau der silexführenden Kalkbänke selber wäre eine direkte Befeuerung indessen unvorteilhaft, weil in den Silexknollen durch die unkontrollierte Hitze Materialspannungen entstünden, was zu einer Rissbildung führt und den Rohstoff unbrauchbar macht. Aus diesem Grund ist anzunehmen, dass die silexführenden Kalkbänke durch sorgfältiges Wegklopfen des tauben Muttergesteins abgebaut worden sind. Dabei ist eine äusserst vorsichtige Vorgehensweise erforderlich, da die Silexknollen bei ungeschickter Werkzeugführung leicht zersplittern können. Obwohl aus dem Raum Schaffhausen bisher kein direkter archäologischer Nachweis für ein derartiges Abbauverfahren vorliegt, ist ein solches aus Analogiegründen mit zeitgleichen Abbaurevieren in ähnlichen geologischen Situationen durchaus vorstellbar. Nimmt man die Kerne der Sondierung von 2007 in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde als Grundlage für die Berechnung der dort verarbeiteten Silexmengen (500 Nuklei pro 108
Abb. 123: Thayngen-Nähe Kesslerloch. Silexknollen des Rohstofftyps 366 im anstehenden Kalkfels.
Abb. 124 (rechte Seite): Idealbild einer Silexabbaustelle, wie sie zur Zeit des frühen Jungneolithikums (ca. 4300-3900 v.Chr.) an verschiedenen Geländepunkten des Kantons Schaffhausen existiert haben könnte. Die Dorfältesten aus den umliegenden Weilern und Dörfern haben den Entschluss gefasst, dass es wieder Zeit wäre, neues Silexmaterial für die Reparatur und Herstellung von Werkzeugen zu beschaffen, und eine Gruppe besonders kräftiger Männer und Frauen wurde dazu bestimmt, diese schweisstreibende Arbeit auszuführen. Ein Teil der Gruppe rodet die teils von Buschwerk und Gehölz überwachsenen Aufschlüsse. Dort wo sich in geologischer Zeit Silexknollen zwischen fossilen Korallenstöcken angereichert hatten, beginnen sie, den Waldboden abzutragen und die Kalkbänke freizulegen. Das aus den Rodungsarbeiten angefallene Holz wird dazu verwendet, um Feuer auf den freigelegten Kalkbänken zu entfachen. Frauen tragen aus den benachbarten Bachtälern Wasser heran, mit welchem die aufgeheizten Kalkbänke abgeschreckt werden. Das auf diese Weise mürbe gemachte Kalkgestein wird mit zähen Quarzitschlägeln weggeklopft. Einmal an der Oberkante der silexführenden Schichten angekommen, arbeiten die Männer langsamer und sorgfältiger, um die begehrten Knollen nicht zu beschädigen. Durch sorgfältiges Klopfen werden zunächst gröbere Blöcke losgelöst, die von anderen Sippenmitgliedern von Hand, oder mit Werkzeugen zu einem kleinen Werkplatz überführt werden, wo ein erfahrenes Sippenmitglied die Knollen sorgsam aus den Brocken löst. Die Silexstücke werden in Tragesäcken gesammelt und zu einem benachbarten Werkplatz auf dem Hochplateau gebracht, wo die geschicktesten Steinschläger der Region bereits ungeduldig auf das frisch geförderte Werkmaterial warten. Da ein direkter Nachweis eines jungneolithischen Silexabbaus aus der Region noch aussteht, ist das hier präsentierte Abbauverfahren lediglich als eine von mehreren Rekonstruktionsvarianten zu verstehen. Ausserdem bleibt völlig offen, ob in der Jungsteinzeit sowohl Männer wie auch Frauen an den Abbaustellen arbeiten durften, zumal die Gewinnung von Bodenschätzen in vielen subrezenten und rezenten Gesellschaften eine absolute Männerdomäne war, die in erheblichem Mass von Tabus und Riten geprägt war.
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Region Haldenmaterial dieser Bergbautätigkeit nachgewiesen werden konnte,268 wo man doch in Anbetracht einer recht intensiven Abbautätigkeit relativ viel kleinteiligen Kalksschutt erwarten würde. Immerhin dürften die aus dem Kalkgestein herausgelösten Knollen bestenfalls 5-10% des abgebauten Massenkalkvolumens ausgemacht haben, was doch eine beträchtliche Menge an Haldenmaterial zur Folge hat.269 Umfang der Grundform- und Werkzeugproduktion
Abb. 125: Kleinkems D-Isteiner Klotz. Ungefähr faustgrosse Quarzitschlägel (sog. «Gezähe») aus dem jungneolithischen Bergwerksareal. Analoge Geräte könnten zur gleichen Zeit auch in der Region Schaffhausen zum Abbau der silexführenden Malmkalkschichten in Verwendung gewesen sein. Unmassstäblich.
20 m2), so kommt man bei einer geschätzten Gesamtfläche von 600–1000 m2 auf ein Total von ca. 15‘000–25‘000 Silexknollen bzw. auf ein Gesamtgewicht von 750 bis 1250 kg Silex. Dies entspricht ungefähr einem minimalen Abbauvolumen von 15-25 Kubikmeter Massenkalk, was in Anbetracht der geringen Ausdehnung mancher Vorkommen nicht gerade wenig erscheint. Zusätzlich zu diesem Material ist ein nicht näher bezifferbarer Anteil an Knollen zu zählen, der an benachbarte und befreundete Siedlungen weiter gegeben worden ist. Damit ist die Zahl der in Herblingen verarbeiteten Silexknollen ziemlich hoch, obschon bislang keine Indizien für eine langfristige Nutzung der Örtlichkeit vorliegen. Wenn man nun von einer geschätzten Besiedlungsdauer von 25 Jahren ausgeht, so wäre im Durchschnitt pro Jahr ein Kubikmeter feuersteinführender Massenkalk abgebaut worden, um den Bedarf an Rohmaterial zu decken. Unter Annahme mehrerer, jeweils gleichzeitig existierender Siedlungen im Grossraum Schaffhausen wären dies doch einige Kubikmeter feuersteinführenden Kalks pro Jahr. Auf eine geschätzte Nutzungsdauer der betreffenden Rohstoffaufschlüsse von vielleicht 400 Jahren (ca. 4300–3900 v.Chr.) gerechnet, ergäbe dies ein Minimum von 400-1200 Kubikmeter an verschiedenen Geländepunkten abgebauten Massenkalks. Nicht einberechnet sind allfällige, über den silexhaltigen Kalkschichten vorhandene „sterile» Kalklagen. Wenn man sich vergegenwärtigt, dass Schaffhauser Hornsteine mindestens bis an das östliche Bodenseeufer weiter gegeben worden sind, so erscheint die Schätzung von vielleicht 1000 Kubikmeter abgebauten, silexhaltigen Massenkalks auf 400 Jahre keineswegs zu hoch gegriffen. Interessant ist nun, dass bis heute nirgendwo in der 110
Geht man in den Schaffhauser Fundstellen von einem mittleren Knollengewicht von etwa 40-60 g aus und setzt diesen Wert in Beziehung zum Durchschnittsgewicht der Restkerne von ungefähr 15 g (vgl. Abb. 69 und 71), so konnten von einer Knolle bis zu 45 g Material270 abgebaut werden. Dies entspricht ungefähr 24, durchschnittlich 1.9 g271 schweren Abschlägen, wobei die zahlreichen, bei der Grundformproduktion anfallenden Absplisse in der Kalkulation nicht mitberücksichtigt sind. Zählt man die effektiv an den Restkernen erhaltenen Abschlagnegative mit einer Mindestlänge von 1 cm, so gelangt man zu einem wesentlich tieferen Wert: Eine anteilsmässig nach Abbaustadien ausgewählte Stichprobe von 100 Nuklei272 aus Büttenhardt-Zelg ergab einen Durchschnittswert von 9,66 Negativen pro Kernstück. Folglich konnten im Durchschnitt mindestens 10 grössere Grundformen von einer mittelgrossen Feuersteinknolle abgetrennt werden, wobei anzumerken ist, dass etwaige Grundformen einer früheren Abbauphase hier unberücksichtigt bleiben, weil sie auf den Nuklei keine Spuren hinterlassen haben. Folglich ergibt sich, dass die effektive Zahl der durchschnittlich von einer Knolle abtrennbaren Abschlagprodukte (≥ 1cm) etwa zwischen 10 und 24 Stück liegt. Ausserordentlich interessant, weil sie die Problematik unkommentierter, statistischer Zahlenvergleiche aufzeigt, ist eine Gegenüberstellung der Zahlenwerte der Silexinventare von Hornstaad-Hörnle IA und Schaffhausen (Herblingen)-Grüt halde, Sondage 2007 (vgl. Abb. 110): Obschon die Nuklei in beiden Inventaren einen vergleichbaren Prozentanteil ausmachen, ist der Werkzeuganteil eklatant verschieden. So errei chen die retuschierten Geräte in Herblingen nicht mal einen Anteil von 1%, währenddessen sie in Hornstaad gleich 25% an der Gesamtmenge aller Silices ausmachen. Daraus ergibt sich, dass in Hornstaad 91,2 Werkzeuge auf einen Kern kommen, während es in Herblingen gerade einmal 1,8 sind. Besonders auffällig ist insbesondere der ausserordentlich hohe Anteil273 an Dickenbännlibohrern in Hornstaad. Der direkte Zahlenvergleich zwischen Hornstaad und Herb lingen ist insofern nicht ganz unproblematisch, weil in Hornstaad bei der Fundaufnahme keine Trennung zwischen Absplissen, Abschlägen und Klingen vorgenommen wurde. Diese Unterscheidung nach Form und Grösse ist im vorliegenden Vergleich gerade deshalb entscheidend, weil die zahlreich vorhandenen Absplisse die Zahlenverhältnisse verzerren und es deshalb kaum möglich ist, den Anteil der für die Werkzeugproduktion geeigneten Grundformen einigermassen einzuschätzen. Vor allem in der Diskussion um die Frage eines partiellen Grundformen-Imports erweist sich dieses Faktum als Nachteil. Bis also keine differenziertere Unter-
scheidung der Abschlagprodukte in Hornstaad vorliegt, wird es auch nicht möglich sein, diese doch recht wichtige Frage am Hornstaader Fundmaterial abzuklären. Würde man sich bloss am Total aller Silices und ihrem Verhältnis zu den Restkernen orientieren, so wäre man schnell dazu geneigt, die beiden Inventare als ungefähr gleichartig zu betrachten. In der Tat sind aber erhebliche Unterschiede erkennbar, die nicht nur im hohen Hornstaader Werkzeuganteil zum Ausdruck kommen. Wie die mikrofaziell untersuchte Probenserie aus Hornstaad gezeigt hat (vgl. Abb. 108 und 109), könnten bis zu 2/3 aller Silexartefakte aus Material des Rohstofftyps 346 hergestellt worden sein.274 Die Knollen dieses Silextyps sind im Durchschnitt etwas grösser als jene aus der Region Schaffhausen. Dies hat natürlich auch einen direkten Einfluss auf das Zahlenverhältnis zwischen Abschlagprodukten und Kernen. Zudem ist zu bemerken, dass die Hornsteinknollen des Typs 346 – ganz im Gegensatz zum Schaffhauser Material – eine mehrere Millimeter275 dicke kalkige Rinde (Kortex) aufweisen. Diese kann sich auf die Funktionalität von Werkzeugen mit scharfen Arbeitskanten ungünstig auswirken. Man darf daher davon ausgehen, dass ein Teil der bei der Zerlegung der Knollen angefallenen Kortexabschläge als Abfall ausgesondert wurde, weil sie für die Werkzeugherstellung unbrauchbar waren. Daraus lässt sich ableiten, dass die Schaffhauser Rohnollen insgesamt vollständiger verwertet werden konnten. Entsprechend der unterschiedlichen Rohstoffgrösse liefern die Knollen des Silextyps 346 aber tendenziell mehr grössere Grundformen pro Kern bei einem höheren Anteil an nicht weiter verwendbaren Präparationsabfällen. Geht man zudem wegen der beschränkten Rohstoffverfügbarkeit davon aus, dass in Hornstaad-Hörnle IA deutlich mehr Grundformen zu Werkzeugen verarbeitet worden sind (24% Werkzeuganteil) als in den Siedlungen des Schaffhauser Raumes (Herblingen 0.7%), so müsste man alles in allem auch mit einer entsprechend höheren Zahl an Retuschierabfällen (Absplissen) rechnen. Diese sowohl aus der Grundformproduktion wie auch der Werkzeugherstellung resultierenden, erhöhten Zahlenwerte beim Rohstoff 346 wirken sich demnach auch auf die Zahlenstatistik in Hornstaad aus. Aus all diesen Überlegungen geht hervor, dass der direkte Zahlenvergleich doch mit einer gewissen Anzahl von Problemen behaftet ist und dass viele Aspekte der Werkzeugherstellung durch die Zahlenstatistik nicht gebührend berücksich- tigt werden können. Überdies gilt es zu bedenken, dass gerade für die Bohrerherstellung nicht alle Grundformen geeignet sind, zumal hier vor allem Stücke mit einer geringen Krümmung im Medialbereich276 und einer gleichmässigen Dicke277 von durchschnittlich 2-4 mm gefragt sind. Solche Grundformen lassen sich unter Anwendung der direkten, harten Schlagtechnik278 kaum je in grösserer Zahl bei gleichzeitig sparsamem Rohstoffverbrauch herstellen. Der hohe Durchschnittswert von 59 Bohrern pro Restkern lässt folglich den begründeten Verdacht aufkommen, dass zumindest ein Teil der so massenhaft in Hornstaad gefundenen Dickenbännlibohrer von ausserhalb in die Siedlung gelangt sein muss, sei es in Form eines gebrauchsfertigen Produkts oder einer vorgefertigten Grundform. In diesem Zusammenhang ist die Beobachtung von J. Hoffstadt von Interesse, dass in Hornstaad-
Hörnle IA offenbar mehr Geräte aus den Schaffhauser Silexvarietäten («Jaspis») gefertigt wurden,279 obschon unter den Produktionsabfällen Material des Silextyps 346 («Jurahornstein») dominiert. Dies kann als weiteres Indiz für einen möglichen Bezug von Halbfabrikaten bzw. Fertigprodukten aus der Region Schaffhausen gewertet werden. Bemerkenswerterweise lässt sich im Fundmaterial von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde genau das gegenteilige Phänomen beobachten, nämlich ein relativ hohes Abfallvolumen bezogen auf einen vergleichsweise geringen Werkzeuganteil. So beträgt das Verhältnis der Werkzeuge zu den Kernen im Fundmaterial von 2007 gerade einmal 1.8 zu 1, was einem relativ geringen Nutzungsgrad entspricht. Dies ist umso erstaunlicher als man in Anbetracht der geringen Knollengrösse doch mit einem tendenziell höheren Verwertungsgrad ausgehen möchte. Auch die durchschnittliche Anzahl der Bohrer pro Kern ist mit 1.4 derart gering, dass es schwer fällt, zu glauben, dass aus einer Knolle in der letzten Zerlegungsphase nur ein bis zwei gute Grundformen für die Bohrerherstellung gewonnen werden konnten. Dieses geringe Werkzeug-zu-KernVerhältnis lässt sich folglich nur dahingehend interpretieren, dass in Herblingen die zur Bohrerherstellung geeigneten Rohlinge bereits zu einem guten Teil ausgesondert und an Dritte weiter gegeben worden sind. Rohstofftransfer Aus den vorangegangenen Ausführungen ging hervor, dass für die Siedlung von Hornstaad-Hörnle IA durchaus Grund zur Annahme besteht, dass ein Teil der Dickenbännlibohrer als Halb- oder Fertigprodukte in die Siedlung gebracht worden sein könnte. Tatsächlich gibt es inzwischen – auch aus dem Umfeld des nordalpinen Seeuferneolithikums – ausreichend Belege280 dafür, dass neben Rohmaterial auch Halbfabrikate und Fertigprodukte über grössere Distanzen in die Siedlungen transportiert worden sind. Was bei fernimportierten Rohmaterialien leicht nachvollziehbar ist, weil meist nur hochwertige Produkte ohne den dazugehörigen Werkabfall gefunden werden,281 ist bei einheimischen Rohmaterialien nach wie vor schwierig zu beurteilen, zumal immer wieder Restkerne und Herstellungsabfälle in den Siedlungen gefunden werden, so dass der Herstellungsort der Grundformen nur selten eindeutig zu bestimmen ist. Dies erschwert eine Unterscheidung von importierten und vor Ort produzierten Grundformen erheblich. Klare Verhältnisse könnten hier bestenfalls Zusammensetzungen schaffen; erst durch das wieder Zusammenfügen von Abschlagprodukten und Restkernen (engl. «refitting») liesse sich genau ermitteln, ob ein Teil der Grundformen und Werkzeuge von ausserhalb in die Siedlungen gelangte. Dabei bleibt allerdings zu berücksichtigen, dass ein Teil der Silices aus lokaler Produktion fehlt, sei es durch anthropogene (Weitergabe, Verlust, Verwendung als Grabbeigabe etc.), sei es durch natürliche Prozesse (Sediment umlagerungen, Erosion). Folglich sind die Chancen, dass dieser Lösungsansatz wirklich Klarheit bringt, nicht gerade erfolgsversprechend. Ein weiterer Untersuchungsansatz liegt im genauen Studium der Rohstoffeigenschaften und der Analyse von Siedlungsin111
Abb. 126: Beispiele verschiedener Knollenrinden an Silexknollen aus der Region Schaffhausen. Links: Dicker Kalkkortex an einem geologischen Handstück aus dem westlichen Südrandengebiet. Mitte: Sogenannter «Neokortex» an einem Restkern aus der neolithischen Fundstelle Gächlingen-Goldäcker («Bohnerzjaspis»). Rechts: Millimeterdünner Kortex an einer Silexnolle aus Büttenhardt-Zelg, wie er häufig an den jungneolithischen Silices der Schaffhauser Stationen anzutreffen ist.
ventaren aus dem unmittelbaren Umfeld der Rohstoffvorkommen. Gerade bei den Jurahornsteinen des mittleren Jurabogens sind natürliche Kluft- und Spaltflächen sowie variable Verkieselungsgrade von Knollen und Platten häufig festzustellen. Dies führt zu einem vergleichsweise hohen Anteil an Ausschuss. Auch wenn viele Knollen bereits am Abbauort auf ihre Qualität hin getestet wurden, so gelangten immer noch vereinzelte, zweitklassige Knollenabschnitte in die benachbarten Siedlungen. Dies liegt daran, dass es bei knolligem Material äusserst schwierig ist, eine zuverlässige Qualitätskontrolle durchzuführen, wenn die Knollen nicht schon aufwändig für den Grundformenabbau hergerichtet sind. Mit einer handvoll Testabschlägen ist bestenfalls ein erster Eindruck möglich, der noch keine sicheren Aussagen über den tatsächlichen Verwertbarkeitsgrad zulässt. Auch die bei plattigem Material äusserst nützliche Klangprobe lässt sich bei knolligem Material kaum in zuverlässiger Weise anwenden. Weil die hiesigen Knollen häufig mit feinen Haarrissen durchzogen sind, ist der Anteil an natürlichen Trümmerstücken in den Produzentensiedlungen statistisch signifikant, was in unserem Fall beispielsweise der doch recht bemerkenswerte Anteil von 1634% Trümmern282 unter den Grundformen der Stationen Büttenhardt, Herblingen und Lohn andeutet. Diese Beobachtung wird auch durch andere Fundensembles der Region gestützt.283 In Verbrauchersiedlungen liegt dieser deutlich tiefer, so beispielsweise auch in Hornstaad-Hörnle IA (3.8%). Folglich kann also auch der Anteil der Trümmerstücke Hinweise darauf geben, ob die gesamte Grundproduktion in der Siedlung stattfand oder ob nicht auch von auswärts Halbfabrikate oder fertige Werkzeuge in die Siedlung gelangten. Neben den oben genannten Analyseansätzen wird in der Fachliteratur schon seit Längerem versucht, über die Auswertung 112
bestimmter Leitmerkmale an den Silexartefakten Aufschluss über eine allfällige räumliche Trennung bestimmter Herstellungsabläufe bei der Grundformproduktion zu erhalten. Weit verbreitet ist dabei die Analyse von Kortexflächen.284 Einige Autoren285 gehen von der Annahme aus, dass Silexknollen in einer frühen Zerlegungsphase zuerst einmal entrindet werden müssten, damit überhaupt gebrauchsfähige Grundformen gewonnen werden könnten und interpretieren einen hohen Kortexanteil als Beleg für eine lokale Rohstoffzerlegung. Zu dieser Annahme sind einige Bemerkungen anzubringen: Bereits in den späten 1960er Jahren hat der Amerikaner Don Crabtree286 – ein Pionier der experimentellen Steingeräteherstellung – darauf hingewiesen, dass bei einer grossen Zahl von Silexrohstoffen die kortexnahen Bereiche wesentlich besser verkieselt sind als die Kernzonen. Dies trifft beispielsweise auch in hohem Mass auf den bekannten Plattensilex von Le Grand Pressigny zu, aus welchem in endneolithischer Zeit bis zu 40 cm lange Klingen geschlagen wurden. Ausserdem ist diese unterschiedliche Verkieselung auch bei vielen Hornstein- und Jaspisknollen des mittleren Jurabogens feststellbar; auch hier liegen die am Besten verkieselten und damit auch die abnutzungsresistenten Zonen direkt unter Kortexschicht, während die Kernbereiche der grösseren Knollen oft sehr kalkhaltig sind und daher auch zu einem unkontrollierten Bruch neigen. Viele dieser malmzeitlichen Knollen wurden in geologischer Zeit aus dem Muttergestein gelöst und sekundär in Bohnerztaschen oder fluvioglazialen Schottern eingelagert. Dabei wurde die ursprünglich mehrere Millimeter dicke kalkige Aussenschicht («Kortex») mechanisch oder chemisch entfernt (vgl. Abb. 126), wodurch ein sogenannter Neocortex entstand. Würde man solche, mit einem Neocortex versehenen Rohstoffe systematisch entrinden, so käme dies quasi dem partiellen Entfernen der besten Knollenabschnitte gleich und wäre nicht nur völlig unnötig, sondern auch überaus materialverschwenderisch. In Anbetracht der Tatsache, dass die malmzeitlichen Silexlagerstätten des mittleren Jurabogens keine ergiebigen Rohstofflieferanten waren, was mitunter auch im hohen Werkzeuganteil der Silexinventare aus den nordalpinen Feuchtbodensiedlungen287 zum Aus-
druck kommt, spricht die archäologische Quellenlage gegenwärtig eher für ein opportunistisches und sparsames Rohstoffmanagement als für einen verschwenderischen Umgang mit dem einheimischen Rohmaterial. Zudem gilt es zu bedenken, dass die ohnehin nicht sehr grossen Jurahornsteinknollen durch eine vollständige Entrindung massiv verkleinert worden wären, was letztlich im völligen Kontrast zum Bestreben der damaligen Steinbearbeiter stand, möglichst lange und gleichmässige Grundformen aus den Knollen zu fertigen. Dass der prähistorische Mensch solche Kortexabschnitte durchaus nicht als störend empfunden hatte, belegen mitunter auch verschiedene fernimportierte Klingen und Werkzeuge288 mit erhaltenen Rindenresten; sofern diese die Funktionalität eines Werkzeuges nicht einschränkten, wurden sie auch nicht entfernt. Identische Beobachtungen lassen sich auch an lokalen Abschlagprodukten machen, wo Klingen mit Kortexanteil überhaupt nicht zu den Seltenheiten gehören. Als Konsequenz dieser Überlegungen bleibt festzuhalten, dass die kalkige Knollenrinde nur dann entfernt werden musste, wenn sie durch ihre ausserordentliche Dicke die Funktionalität der Arbeitskanten eingeschränkt hätte oder wenn es galt, unregelmässig ausgebildete Knollen für einen zielgerichteten Grundformenabbau herzurichten. In einem solchen Fall sind die Abschlagprodukte durch einen sehr unregelmässigen Verlauf der Rindenoberfläche erkennbar. Ausserdem ist eine systematische Dekortifikation für den Steinbearbeiter nur dann tragbar, wenn das Rohmaterialangebot genügend breit und die Dimensionen der Knollen entsprechend gross sind.289 Folglich bleibt bei jedem Rohstofftyp separat zu prüfen, inwiefern ein Entfernen der Knollenrinde überhaupt sinnvoll und zweckmässig gewesen sein kann, was bei überregionalen Vergleichen zu entsprechender Vorsicht mahnt.290 Als Grundlage für solche Betrachtung ist durchwegs eine genaue Kenntnis der Rohstoffeigenschaften (Knollengrösse, -form etc.) notwendig. Es sind dies Daten, die bislang leider nur für ganz wenige Rohstoffe erhoben worden sind. Bezugnehmend auf die Silexrohstoffe der Schaffhauser Gegend bleibt festzuhalten, dass über die Knollenrinden-Anteile keine zuverlässigen Aussagen über den Zerlegungsort abgeleitet werden können, weil aus den oben genannten Gründen grundsätzlich auch mit einer Weitergabe von kortexbedeckten Stücken gerechnet werden muss. Somit scheidet für das Arbeitsgebiet die detaillierte Auswertung der Knollenrindenanteile als zuverlässiger Indikator für eine lokale Schlagtätigkeit aus. Vor dem Hintergrund der gegenwärtig sehr schwer interpretierbaren Datengrundlage sind einstweilen keine sicheren Aussagen zur Art und Weise des Rohstofftransports im älteren Jungneolithikum des Bodenseegebietes möglich. Die Zusammensetzung der Produktionsabfälle in den Schaffhauser Stationen sowie der ausserordentlich hohe Anteil an Silexboh rern in Hornstaad-Hörnle IA spricht allerdings für einen Transport von vorfabrizierten Grundformen und Geräten sowie von unverarbeitetem Rohmaterial in die Ufersiedlungen des Bodensees. Die lokale Produktion in den Ufersiedlungen kann aber in Anbetracht der bescheidenen Zahl von Nuklei nicht allzu ausgedehnt gewesen sein und wird wohl nur dann ausgeübt worden sein, wenn gerade keine geeigneten Grundformen für die Herstellung oder Reparatur bestimmter Gerätschaften verfügbar waren.
Über welche Kanäle die Silexrohstoffe in die einzelnen Siedlungen gelangt sein könnten, bleibt mangels konkreter Hinweise offen. Es ist allerdings, wie in Abschnitt 7.5 dargelegt worden ist, äusserst unwahrscheinlich, dass es je einen zielgerichteten Handel durch professionelle Händler gegeben hat. Wesentlich wahrscheinlicher ist, dass die Silices über soziale Netzwerke weiter gegeben worden sind. Dabei ist gleichermassen eine Weitergabe von Dorf zu Dorf wie auch die Durchführung von eigentlichen Tagesexkursionen in das Abbaugebiet denkbar. In Betracht zu ziehen ist auch ein Austausch über zentrale Orte, wobei hier angemerkt werden muss, dass es in der Region vorderhand keine Belege für solche Markt- oder Versammlungsorte gibt, ausser, man wollte die Fundstelle Büttenhardt-Zelg selber als eine solche Örtlichkeit interpretieren.
7.7 Bemerkungen zur Bedeutung der Kalksteinschmuck-Produktion im älteren Jungneolithikum Wie Marion Heumüller in ihrer jüngst erschienenen Dissertation291 anschaulich dargelegt hat, reicht die Tradition der Kalksteinröhrenperlen ins beginnende Mittelneolithikum zurück und ist in dieser Zeit auch in weiten Teilen Mitteleuropas verbreitet. Es ist daher keine Überraschung, dass die für die Perlenherstellung notwendigen, charakteristischen Silexbohrer auch in mittelneolithischen Inventaren der Region Schaffhausen/Singen in grösserer Zahl auftreten.292 Sie sind regelhaft aus einheimischem Bohnerzjaspis gefertigt und unterscheiden sich schon alleine farblich von den jungneolithischen Bohrern: Während Erstere durch den starken Eisengehalt der eozänzeitlichen Bohnerzlehme oft braunorange gefärbt sind, besitzen Letztere noch ihre ursprüngliche, ins Hellgraue oder Weissliche gehende Farbe, die für die noch in originaler Ablagerungsumgebung sich befindenden regionalen Hornsteine typisch ist (Abb. 127; vgl. auch Abschnitt 3). In Folge dessen lassen sich hier jungneolithische und mittelneolithische Bohrer meist schon rein farblich voneinander unterscheiden. Im metrischen Vergleich sind die mittelneolithischen Bohrer tendenziell grösser, was letztlich auch auf dickere Bohrlöcher und damit auch grössere Perlen schliessen lässt.293 Die mit den Bohrern verfertigten Perlen fehlen in Mineralbodensiedlungen konsequent. Dies lässt sich durch die oft vorhandene Übersäuerung der hiesigen Böden erklären. Sie hat nicht nur die Zerstörung organischer Reste wie Holz oder Knochen, sondern auch die Zersetzung kalkhaltiger Relikte gefördert. Die fragilen, mit millimeterdünnen Seitenwänden versehenen Röhrenperlen (vgl. Abb. 122) hatten auf diese Weise kaum eine Chance, die Jahrtausende zu überstehen. Einzig in sehr kalkreichen Böden, unter Felsüberhängen, in Felsnischen oder in Höhlen bestehen überhaupt Chancen, solche Perlen zu finden und es ist kein Zufall, dass im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert gerade an solchen Stellen verschiedene Perlencolliers in jungneolithischen Gräbern gefunden worden sind.294 Zu den seltenen Ausnahmen einer Mineralbodensiedlung auf sehr kalkhaltigem Substrat gehört auch die Fundstelle Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, von wo nicht nur einzelne Tierknochenreste, sondern neuerdings auch 113
Abb. 127: Die Silexbohrer des Mittel- und des Jungneolithikums in der Region Schaffhausen unterscheiden sich rein optisch anhand des verwendeten Rohmaterials. Obere Bildhälfte: Bohrer des Typs «Dickenbännli» aus Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (Jungneolithikum). Unten: Mittelneolithische Bohrer aus sogenanntem Bohnerzjaspis von der Fundstelle Gächlingen-Goldäcker. Die satte Braunfärbung rührt von eisenhaltigen Lösungen her, die während der Lagerung in den eozänzeitlichen Bohnerztaschen in das Gefüge der Silexknollen eingedrungen sind.
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Kalksteinperlen bekannt sind (Kat. 152-157). Es ist in Anbetracht dieser allgemein doch eher ungünstigen Erhaltungschancen keine Überraschung, dass die Silexbohrer gegenüber den Perlen durchwegs dominant sind. Man könnte argumentieren, dass dies auch darauf zurückgeführt werden könnte, dass mit den Bohrern nicht nur Kalksteinschmuck, sondern auch Schmuckgegenstände aus organischem Material in grösserer Menge durchbohrt worden wären; im vollständig gesiebten Siedlungsschutt der Feuchtbodensiedlung Hornstaad-Hörnle IA fehlen aber solche Schmuckgegenstände in grösserer Menge, so dass es wenig wahrscheinlich ist, dass in jungneolithischer Zeit neben dem Kalkstein auch andere leicht vergängliche Materialien in grösseren Mengen verarbeitet worden sind, so es sich nicht etwa um Rinderhorn gehandelt hat.295 Auch wenn im Falle von Hornstaad das Verhältnis von fast 19‘000 Bohrern296 zu bloss 3600 Kalksteinperlen297 zunächst nachdenklich stimmen mag, so ist hier grundsätzlich zu bedenken, dass einiges an Schmuck in die Gräber gelangt sein muss,298 respektive beim Auflassen der Siedlung mitgenommen wurde. Ausserdem dürfte ein weiterer Teil an Dritte weiter gegeben worden sein. Im Verlauf des 5. Jahrtausends v.Chr. scheint die Perlenproduktion deutlich intensiviert worden zu sein. So nimmt insbesondere die Gesamtzahl der Bohrer in den Siedlungsinventaren in der Region massiv zu.299 In einzelnen Regionen Bayerns scheint die massenhafte Bohrerproduktion bereits klar vor dem Beginn des Jungneolithikums einzusetzen.300 Dabei ist allerdings ungeklärt, ob diese Erscheinung auf einen analogen mentalitätsgeschichtlichen Hintergrund zurückgeführt werden darf. Überhaupt ist die Frage nach den Ursachen dieser massenhaften Kalkschmuckproduktion im hiesigen Jungneolithikum in alle Richtungen hin offen, denn es liegen kaum verlässliche Daten zur soziokulturellen Bedeutung des Schmucks in der mittel- und jungneolithischen Gesellschaft vor. Die Intensität der Perlenproduktion spricht zwar sehr klar für eine entsprechend hohe Wertschätzung des Perlenschmucks, jedoch werden sich die hinter der massenhaften Produktion verborgenen Antriebskräfte kaum je mit archäologischen Mitteln aufdecken lassen. Es ist wohl nicht falsch, zu vermuten, dass es nicht allein der dekorative Charakter des Kalksteinschmuckes gewesen sein kann, der zu dieser beispiellosen Massenproduktion von Kalksteinperlen geführt hat. So ist es durchaus denkbar, dass dem weissen Kalksteinschmuck im Verbreitungsgebiet der Hornstaader Gruppe eine nicht unbeträchtliche symbolische Bedeutung beigemessen worden war. Um Prestigegut kann es sich beim Schmuck kaum gehandelt haben, denn zu Prestigeobjekten werden Gegenstände erst, wenn sie selten und nicht von jedermann erlangt werden können. Der Prestigewert eines Gutes wächst folglich mit zunehmender Distanz zum Herstellungsort. Als ein in Frage kommender symbolträchtiger Sinngehalt kommt beispielsweise eine religiöse, magische oder unheilabwehrende Bedeutung des Schmucks in Frage.301 Ebenso ist denkbar, dass durch das gemeinsame Tragen gleicher Schmuckgegenstände eine Stärkung der Gruppenidentität erreicht werden sollte («Trachtbestandteil»). Die genannten Interpretationsmöglichkeiten sind aber nur eine kleine Auswahl aus einer breiten Palette möglicher Sinngehalte, und es wird wohl mit archäologischen Mitteln kaum je möglich sein, die
damaligen, mentalitätsgeschichtlichen Hintergründe aufdecken zu können. Insofern bleibt auch spekulativ, welche Rolle der Kalksteinschmuck bei der kulturellen Identität tatsächlich hatte.302 Es darf in diesem Zusammenhang nicht unerwähnt bleiben, dass sich im Tragen solchen Kalksteinschmucks ein interessanter Kontrast zwischen donauländisch und westmediterran geprägten Kulturen erkennen lässt: Während nämlich in der Zeit um 4000 v.Chr. im südwestdeutsch-nordschweizerischen303 Raum (Abb. 128) offensichtlich intensivst Kalksteinschmuck hergestellt worden war, scheint die Perlenproduktion bei den Nachbarn der Cortaillodkultur keine nennenswerte Rolle gespielt zu haben. Dies geht zum einen aus der Seltenheit von Silexbohrern und zum anderen auch aus der geringen Stückzahl von weissem Kalksteinschmuck in cortaillodzeitlichen Siedlungsinventaren hervor. Die wenigen aus den Ufersiedlungen des Zürichseegebietes bekannten Belege für Kalksteinschmuck304 (z.B. Abb. 122) lassen sich demnach eher als auswärtige, denn als lokale Produkte interpretieren, was mitunter auch durch das völlige Fehlen von Halbfabrikaten gestützt wird. Ganz anders als im Verbreitungsgebiet der Cortaillodkultur scheint in der nördlichen Nachbarregion ausserordentlich viel Zeit in die serielle Produktion von Kalksteinschmuck investiert worden zu sein und dies, obschon es sich beim Schmuck nicht um ein Gut handelt, das für das Überleben der Gruppe notwendig war. Den reichen Bohrerfunden in den Kantonen Baselland und Solothurn nach zu schliessen (vgl. Abb.128), scheint es auch südlich von Basel Mode gewesen zu sein, sich entsprechend reich mit Kalksteincolliers zu schmücken. Wenn auch von dort bislang kaum Perlenfunde vorliegen, so ist der Gedanke an Kalksteinschmuck nahe liegend und man ist aus der Verbreitung der Bohrer versucht, auch für die dortigen Fundstellen ein von donauländisch geprägten Gruppen stark beeinflusstes kulturelles Umfeld vorauszusetzen. Wenn dies tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, so ist dies insofern von Interesse, als Silexmaterial aus der Region Olten häufig in den cortaillodzeitlichen Siedlungen des Zürichseegebietes gefunden wird. Folglich müsste dort ein wesentlich intensiverer Warenaustausch stattgefunden haben, als zwischen der Hochrhein/Bodensee- und der Zürichseeregion. In Anbetracht der intensiven Perlenproduktion im Hochrheinund Bodenseegebiet bleibt schliesslich noch zu diskutieren, ob die serielle Schmuckherstellung nicht in einer gewissen Weise auch in einem arbeitsteiligen Umfeld besorgt worden war, wie dies J. Hoffstadt postuliert hatte. In eine solche Richtung deuten insbesondere verschiedene Artefaktkonzentrationen in der Seeufersiedlung Hornstaad-Hörnle IA.305 In der Tat ist die Frage nach einer gewissen Form der Arbeitsteilung bei der massenhaften Herstellung von Kalksteinschmuck nicht ganz unberechtigt, auch wenn der Ausdruck «Spezialisierung», wie ihn Hoffstadt verwendete, hier etwas verfänglich sein mag, weil er auf verschiedene Weise verstanden bzw. ausgelegt werden kann. Wird «Spezialisierung» als Vollzeitbeschäftigung mit einer bestimmten Materie verstanden, so wird der Begriff archäologisch nur mit Mühe auf die Verhältnisse im ausgehenden 5. und 4. Jahrtausend v.Chr. übertragbar sein.306 Dies vor allem deshalb, weil aus dem mitteleuropäischen Jungneolithikum bisher zweifelsfreie Belege für
Abb. 128: Verbreitung der jungneolithischen Silexbohrer des Typs «Dickenbännli» im südwestdeutsch-schweizerischen Raum (modifiziert nach Jeunesse 1990). Während die Bohrer aus der Zone nördlich des Hochrheins und am Bodensee zweifelsfrei in einen donauländisch geprägten Traditionskreis zu stellen sind, ist die kulturelle Zuordnung der Funde im südwestlichen Verbreitungsgebiet noch unklar. Ein Zusammenhang mit der in westmediterraner Tradition stehenden Egolzwiler bzw. Cortaillod-Kultur lässt sich vorderhand nicht belegen. Gleichermassen denkbar ist ein kulturelles Umfeld, das geografisch stark nach Süddeutschland orientiert ist.
Vollzeitspezialisten fehlen und auch auf der Basis der Befunde von Hornstaad nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Produzenten der Perlen nicht auch selber für die Beschaffung ihrer Nahrungsgrundlagen besorgt waren. Wird der Begriff «Spezialisierung» hingegen als arbeitsteilige Massnahme verstanden, die auch in einem saisonalen Rahmen stattfinden und die nicht ausschliesslich mit der Sicherung der Subsistenzgrundlagen in Kontrast stehen muss, so ist der Begriff durchaus auf das Jungneolithikum übertragbar. Auch wenn dies Hoffstadt nicht ausdrücklich betont, so scheint sie wohl eher vom zweiten Fall auszugehen. Tatsächlich gibt es aus dem betreffenden Zeitabschnitt inzwischen genügend Hinweise auf eine beginnende arbeitsteilige Struktur der Gesellschaft.307 Dabei scheinen Individuen mit herausragenden Begabungen (Geschicklichkeit, Erfahrung, Materialwissen etc.) besonders viel Zeit in bestimmten Arbeitsfeldern aufgewendet zu haben, was zu einer geringfügigen Überschussproduktion bestimmter Güter führte. Diese über den eigenen Bedarf hinaus reichenden Produkte konnten dann gegen andere Güter getauscht werden. Es ist ein interessantes Faktum, dass sich im Rahmen der kürzlich vorgelegten Auswertung der Schmuckfunde aus Hornstaad-Hörnle IA durch M. Heumüller gezeigt hat, dass sich in Hornstaad möglicherweise nur einzelne Personengruppen mit der Schmuckproduktion beschäftigten, dass aber Kalksteinschmuck im ganzen Dorf getragen wurde. Spannend ist insbesondere die aus verschiedenen Fundkartierungen abgeleitete Beobachtung, dass zwar ein bis zwei Hauseinheiten im südwestlichen Siedlungsareal mit der Fertigstellung der Perlen betraut waren, dass die dafür notwendigen Perlenrohlinge hingegen von ganz anderen Personengruppen im Dorf beigesteuert wurden.308 Dies würde also bedeuten, dass sogar die einzelnen Produktionsschritte bei der Perlenherstellung arbeitsteilig organisiert waren, was ein völlig neuartiger Aspekt 115
ist. Wenn nun auch noch das Gros der Bohrer in vorgefertigter Form in die Siedlungen gekommen wäre, so läge ein weiterer, arbeitsteilig organisierter Produktionsschritt innerhalb der Fertigungskette des Kalksteinschmucks vor. Eine derart starke Segmentierung eines Produktionsvorgangs erinnert von der Struktur her entfernt an eine «industrielle» Fliessbandarbeit, die einzig und alleine auf die Produktion von Handelsoder Tauschgut ausgerichtet war. Dieser Eindruck ist aber insofern trügerisch, als die Fabrikation von Kalksteinschmuck keine Domäne der Dorfbewohner von Hornstaad-Hörnle IA war, sondern dass nahezu in allen zeitgleichen Dörfern Perlenschmuck en masse fabriziert wurde, was sich einerseits in Form von Halbfabrikaten, häufiger aber noch im massenhaften Vorkommen stark abgenutzter Silexbohrer manifes tiert. Wenn nun also Hoffstadt309 noch von einer nicht unwesentlich auf den Export hin ausgelegten Schmuckproduktion ausgegangen ist, so steht die in fast allen Dörfern nachweisbare lokale Schmuckfabrikation doch in einem gewissen Widerspruch zu dieser Interpretation. Dies umso mehr, als Kalksteinschmuck im fraglichen Zeitraum kaum je in grösserer Menge ausserhalb des Verbreitungsgebietes der Hornstaader Gruppe gefunden wurde, was doch recht deutlich gegen einen massenhaften Export von Perlenschmuck spricht. Wesentlich wahrscheinlicher ist, wie dies Heumüller vermutet, dass fast jedes Dorf seinen Perlenbedarf über eine eigenständige Perlenproduktion abdeckte und dabei nur geringe Überschüsse für einen allfälligen Warentausch produzierte. Der häufige Nachweis von Kalksteinschmuck in neolithischen Gräbern dieser Zeit passt hervorragend in das Bild einer primär auf den Eigengebrauch ausgerichteten Schmuckproduktion. Selbst die Schaffhauser Stationen, die als Vermittler eines Teils der Silexrohstoffe für die Bohrerherstellung bezeichnet werden können und die durchaus auch als potentielle Abnehmer des im Bodenseegebiet produzierten Kalksteinschmucks in Frage gekommen wären, verfügten über eine eigenständige Perlenproduktion (vgl. Abs. 4.3.4) und waren also in dieser Hinsicht auch völlig unabhängig. Somit bleiben auch hier noch zahlreiche Probleme offen, und es wird künftigen Forschergenerationen vorbehalten bleiben, die eine oder andere Antwort auf die vielen noch ungelösten Forschungsfragen zu finden.
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Zusammenfassung Der Silex - ein nichtdetritisches Kieselgestein mit glasartigen Brucheigenschaften - gehört zu den wichtigsten Werkstoffen des steinzeitlichen Menschen. Im Grossraum Schaffhausen reichen die ältesten archäologischen Belege für eine Nutzung dieses Rohstoffs bis in die späte Altsteinzeit (Magdalénien) zurück. Ebenso häufig sind Silices auch in jungsteinzeitlichen Siedlungen der Region anzutreffen. Obschon aus archäologischen Grabungen im Kanton Schaffhausen bereits ein riesiger Fundus an einheimischem Silexmaterial vorliegt, war bislang kaum etwas über die Hintergründe der Silexgewinnung und die Weitergabemechanismen bekannt. Ausgehend von drei jungsteinzeitlichen Freilandfundstellen, die überdurchschnittlich viel geschlagenes Silexmaterial geliefert haben, wurde versucht, die Frage nach der wirtschaftlichen Bedeutung der Schaffhauser Silexvorkommen für den Zeitraum zwischen 4400 und 3800 v.Chr. detaillierter zu beleuchten. Insbesondere interessierte die Frage, ob es Hinweise auf eine Form der Arbeitsteilung bei der Beschaffung, dem Vertrieb und der Verarbeitung der Silexrohstoffe gibt und ob sich daraus allenfalls Erkenntnisse zum wirtschaftlichen Beziehungsgeflecht in der Region Hochrhein/Bodensee ableiten liessen? Zur Klärung dieser Fragen fand zunächst eine systematische Erfassung der natürlichen Silexvorkommen in der Region statt. Dieses Inventar diente als Basis für eine weiterführende mikropaläontologische Untersuchung, die eine Charakterisierung der einzelnen Rohstoffe zum Ziel hatte. Auf der Basis dieser Erkenntnisse war es möglich, die Ablagerungsbedingungen, unter denen die jeweiligen Silexknollen entstanden waren, präzise zu bestimmen und die Paläogeographie der Region zur Zeit des oberen Malm zu rekonstruieren und modellhaft darzustellen. Dies wiederum ermöglichte eine recht exakte Zuordnung der archäologischen Funde zu bestimmten Rohstoffvorkommen. Parallel dazu wurden die archäologischen Funde der drei Schaffhauser Stationen quellenkritisch diskutiert, typologisch eingeordnet und einer technologischen Analyse unterzogen. Es zeigte sich, dass die drei Inventare - obschon sie durch verschiedene äussere Faktoren in ihrer Zusammensetzung stark verändert worden waren - in vielen Details übereinstimmen. Es ist daher höchst wahrscheinlich, dass den drei Inventaren die gleiche technologische Kulturtradition zugrunde liegt. Wie eine stichprobenartig durchgeführte, mikrofazielle Analyse an Silices aus verschiedenen Seeufersiedlungen der Hornstaader Gruppe des Bodenseegebietes gezeigt hat, wurde die Grundversorgung der Siedlungen fast ausschliesslich aus regionalen Lagerstätten bestritten. Aus grösserer Distanz importierte Rohstoffe sind ausserordentlich selten und möglicherweise nicht unmittelbar mit der Grundversorgung der Siedlungen in Verbindung zu bringen. Dies ist wiederum ein Beleg, dass die untersuchten Feuchtbodensiedlungen problemlos aus den regionalen Lagerstätten versorgt werden konnten, ohne dass fernimportierte Rohstoffe zur Deckung des Rohstoffbedarfs hinzu gezogen werden mussten. Mit einer Fläche von etwa acht Hektaren nimmt die Fundstelle von Büttenhardt-Zelg eine prominente Rolle in der Diskus-
sion um die Rohstoffversorgung der umliegenden Gebiete mit Silexmaterial ein, handelt es sich hier doch wohl um einen Werkplatz ungewöhnlichen Ausmasses, dessen Fläche diejenige zeitgenössischer Seeuferdörfer um ein Vielfaches übersteigt. Es ist nicht unwahrscheinlich, dass die Stelle – trotz ihrer etwas abgeschiedenen Lage - einst eine zentralörtliche Funktion hatte. Wie die mikropaläontologische Rohstoffanalyse gezeigt hat, wurden Silexknollen aus verschiedenen Aufschlüssen nach Büttenhardt-Zelg transportiert, dort fachmännisch zerlegt und ein Teil der Abschlagprodukte in Werkzeuge transformiert. Aus der Zusammensetzung des Silexinventars kann abgeleitet werden, dass die besseren Abschlagprodukte an Dritte weiter gegeben wurden. Tatsächlich erhärtet ein direkter Vergleich der Silexinventare der Schaffhauser Stationen mit jenen der zeitgenössischen Seeufersiedlungen am Bodensee diesen Verdacht, indem dort Kernstücke stark unterrepräsentiert sind. Es spricht viel für die Annahme, dass der Verarbeitungsprozess von Silexmaterial etappenweise stattfand und dass vorwiegend Grundformen und vorfabrizierte Werkzeuge und nur selten Rohmaterial an die Bewohner der Seeuferdörfer weiter gegeben worden sind. Somit deutet die archäologische Befundlage klar in Richtung einer noch nicht ganz ins Detail geklärten Form der Arbeitsteilung hin. Dieses Ergebnis ist insofern von grossem Interesse, als in der Region vor kurzem bereits arbeitsteilige Strukturen für die einzelnen Arbeitsschritte bei der Schmuckherstellung in der Feuchtbodensiedlung Hornstaad-Hörnle IA glaubhaft gemacht werden konnten. Als Grundvoraussetzung für die Perlenherstellung stellt also die Fabrikation der dafür notwendigen Bohrer quasi den Anfangspunkt der Produktionskette dar. Für das wirtschaftsarchäologische Verständnis der neolithischen Distributionssysteme ist die spezielle Grenzsituation zwischen den Kulturräumen der donauländisch geprägten Hornstaader Gruppe und der westmediterran orientierten Cortaillod Kultur von grossem Interesse. Aus den gegenwärtig vorliegenden Analyseserien geht hervor, dass diese Grenzsituation zwischen dem Hochrhein- und Zürichseegebiet einen starken Einfluss auf die geographische Verbreitung der in den beiden Kulturräumen natürlich anstehenden Silexrohstoffe gehabt haben muss. So fanden nur ganz wenige Silices aus dem Gebiet der Cortaillod-Kultur ihren Weg an den Bodensee. In der umgekehrten Richtung ist das gleiche Phänomen beobachtbar. Dies lässt sich nur dahingehend erklären, dass die Weitergabe von regionalen Silexrohstoffen in erheblichem Masse sozial motiviert gewesen sein muss («zeremonieller Warentausch»), wobei der kulturelle Faktor offensichtlich eine ganz wichtige Rolle gespielt haben muss. Gleichzeitig spricht diese Beobachtung auch gegen einen kommerziellen Hintergrund des Rohstoffaustauschs («gewinnorientierter Handel»). Wie in diesem System die Rolle fernimportierter Güter (Muscheln, Prunkbeile, exogene Silices, Kupfergeräte etc.) zu bewerten ist, bleibt nach wie vor offen. Möglicherweise sind diese Einzelstücke über ganz andere Netzwerke ausgetauscht worden. Unabhängig davon sind die über viele hundert Kilometer transportierten Importe ganz hervorragende Belege für die weitreichenden Kommunikationsnetze im frühen Jungneolithikum, welche quasi einen Kontrast zu den eher regional ausgerichteten Versorgungsnetzen mit einheimischem Silexmaterial bilden. 117
Résumé Pour l’homme préhistorique, le silex, roche siliceuse non détritique à cassure conchoïdale, constituait une matière première vitale. Dans la région de Schaffhouse, les témoins archéologiques les plus anciens de l’emploi de cette ressource remontent à la fin du Paléolithique (Magdalénien). Des silex taillés ont aussi été retrouvés en abondance dans les stations néolithiques de la région. Pourtant, malgré les quantités ahurissantes d’artefacts issus de matériaux locaux découverts dans les fouilles archéologiques du Canton de Schaffhouse, les modalités sociales de leur exploitation et de leur diffusion ont été jusqu’à présent à peine abordées. L’étude approfondie de trois stations de plein air néolithiques, qui ont livré bien plus important que la moyenne, permet enfin d’aborder la question de l’importance économique des gîtes de silex schaffhousois durant la période 4400–3800 av. J.C. Ce travail tente de répondre aux questions spécifiques suivantes: peut on mettre en évidence une segmentation du travail lors de l’acquisition, de l’exploitation et de la transformation des matières premières ? Peut-on par ce biais acquérir une meilleure connaissance de l’organisation économique de la région Hoch-Rhein/ Lac de Constance ? Pour ébaucher une réponse à ces questions, il a d’abord fallu effectuer un recensement systématique des ressources en matières premières siliceuses de la région. Ensuite, chaque variété de silex local a été caractérisée par une analyse micropaléontologique, ce qui a permis d’identifier plus précisément les milieux de sédimentation dans lesquels elles se sont formées, puis de reconstituer et de modéliser la paléogéographie régionale à l’époque du Malm, le principal niveau pourvoyeur de silex dans la région. Grâce à ce travail préliminaire, la matière première de chaque pièce archéologique a pu être attribuée très exactement à son gîte d’origine naturel. En parallèle, les trouvailles archéologiques de trois stations schaffhousoises ont fait l’objet d’un contrôle diacritique de leur contexte de découverte, puis ont été soumises à une analyse typologique et technologique approfondie. Bien que ces trois ensembles aient subi divers aléas de conservation depuis leur découverte, ils sont concordants sur bien des points. On peut donc admettre que ces trois ensembles contemporains relèvent d’une même tradition techno-culturelle. En complément de l’étude de ces trois sites, la détermination du microfaciès sédimentaire d’artéfacts issus de diverses stations lacustres de la région du Lac de Constance relevant du groupe de Hornstaad, effectuée par échantillonnage aléatoire, a permis de démontrer que leur approvisionnement fondamental était d’origine locale. Les matériaux importés de loin y sont extrêmement rares, ils ne sont probablement pas liés à l’approvisionnement courant des sites archéologiques: une preuve supplémentaire que les stations lacustres étudiées pouvaient être fournies en matières premières siliceuses sans devoir recourir à des apports extérieurs. Avec une surface d’environ huit hectares, le site de Büttenhardt-Zelg joue un rôle prédominant dans cette discussion: il s’agit là, en effet, d’un atelier d’une dimension insolite, puisqu’elle dépasse de loin l’extension des villages littoraux 118
contemporains connus. Malgré sa situation quelque peu retirée, on peut envisager pour ce lieu une fonction de «place centrale». L’analyse pétrographique des objets retrouvés sur ce site a démontré que des nodules de silex issus de plusieurs gîtes ont été apportés là pour y être débités et en partie transformés en outils par des spécialistes. La composition de l’industrie siliceuse confirme l’hypothèse d’une transmission sélective des meilleurs produits à des tiers. La comparaison directe entre les inventaires des stations schaffhousoises et ceux des villages lacustres contemporains du lac de Constance montre en outre que les nuclei sont largement sous-représentés dans ces derniers. Ce faisceau d’indices permet d’envisager que les processus d’élaboration du matériel en silex se déroulait par étapes, que ce sont surtout des supports prédébités et des outils finis qui étaient transmis aux habitants des stations lacustres, et que ces derniers ne recevaient que rarement de la matière brute. Les corpus archéologiques indiquent donc clairement une subdivision du travail, même si la conformation exacte de celle-ci n’est pas encore éclaircie dans les détails. Ces résultats sont d’autant plus intéressants qu’ils renforcent ceux obtenus récemment par l’étude de l’élaboration des parures à Hornstaad-Hörnle IA, qui a elle aussi conclu à une segmentation des processus de confection. Or le préliminaire indispensable au façonnage des perles réside dans la préparation de perçoirs, puisqu’ils constituent pratiquement le premier maillon de la chaîne de fabrication. La situation géographique originale de la région étudiée, à la limite entre les aires culturelles du groupe de Hornstaad influencé par le domaine danubien au Nord et de celui de Cortaillod orienté vers le domaine méditerranéen au Sud, renforce encore son intérêt pour la compréhension archéo-économique des systèmes de distribution au Néolithique. Si l’on se base sur les séries analysées dans le cadre de la présente étude, cette situation géographique particulière entre la région du Hochrhein et celle de Zürich a dû influencer fortement la diffusion des matériaux siliceux qui affleuraient dans les deux zones culturelles. Cela explique que les silex issus de l’aire sous influence Cortaillod n’ont que très rarement été distribués jusqu’au lac de Constance; le même phénomène s’observe dans la direction inverse. Dans l’état actuel des connaissances, la seule explication plausible à cet état de fait est que la transmission des matières premières régionales avait essentiellement un dessein social («échanges cérémoniels») et que le facteur culturel y jouait un rôle prépondérant. Cette conclusion contredit du reste l’hypothèse souvent émise d’une visée commerciale pour justifier les échanges de matières premières («marché orienté profit»). La question de la valeur et de la signification des biens exotiques (coquillages, haches de prestige, silex exogènes, outils en cuivre…) dans ce système demeure ouverte. Il est probable que ces pièces isolées ont été échangées selon des réseaux de relation totalement différents. Dans un autre ordre d’idées, les objets transportés durant le Néolithique ancien sur plusieurs centaines de kilomètres constituent des preuves remarquables de l’étendue des réseaux de communication, qui s’opposent aux réseaux d’approvisionnements beaucoup plus limités dédiés aux matières premières diffusées de façon très locale. Traduction Jehanne Affolter
Summary Flint and chert are non-detrital siliceous rocks with a conchoidal fracture and were some of the most important raw materials used by Stone Age people. In the greater Schaffhausen area the earliest archaeological evidence of the use of these raw materials dates back to the Late Palaeolithic (Magdalenian). Chert artefacts are also frequently found in Neolithic settlements throughout the region. Although the archaeological excavations in Canton Schaffhausen yielded a huge body of indigenous chert, hardly anything was known about the background of chert extraction and its circulation mechanisms. Based on three Late Neolithic open air sites that had yielded above-average amounts of knapped chert, an attempt was made to examine more closely the economic significance of the Schaffhausen chert deposits in the period between 4400 and 3800 BC. The main question was whether there was any evidence pointing to a division of labour in terms of the acquisition, distribution and working of the raw chert and whether conclusions could be drawn concerning the economic network in the High Rhine / Lake Constance region. The first step towards answering these questions was to compile a systematic record of the natural chert deposits within the region. This inventory served as a basis for an advanced micropalaeontological study which aimed to characterise the individual raw materials. The insight gained made it possible to precisely identify the conditions under which the individual chert nodules had been deposited and to reconstruct and create a model for the palaeogeography of the region during the Upper Malm. This in turn enabled us to associate rather precisely the archaeological finds with particular raw material deposits. At the same time the archaeological finds recovered from the three Schaffhausen sites were critically evaluated, typologically studied and technologically analysed. This study revealed that although their composition had significantly changed due to various external factors they were very similar in many ways. It is therefore highly likely that the three assemblages were the products of the same technological cultural tradition. The microfacial analysis of a random sample of chert artefacts from various lakeside settlements of the Hornstaad Group in the Lake Constance region showed that these settlements’ basic chert requirements were almost completely met by regional deposits. Raw material imported from further afield was extraordinarily rare and may not have been directly linked to the basic requirements of the settlements. This in turn is evidence in support of the hypothesis that the lakeside settlements studied could easily be supplied with chert from regional deposits without having to acquire more flint and chert from far-away deposits in order to satisfy the demand for raw materials. Extending over approximately eight hectares, the site Büttenhardt-Zelg played a prominent role in the supply of raw material to the surrounding areas, as this was an unusually large activity area, the size of which was many times greater than that of the lakeside settlements at the time. It is quite likely that the location, regardless of its remoteness, once served as
a regional centre. As the micropalaeontological raw material analysis revealed, the chert nodules had been transported from various outcrops to Büttenhardt-Zelg, where they had been skilfully broken down and then some of the flakes fashioned into tools. Based on the composition of the chert assemblage, it was concluded that the higher-quality flakes were passed on to third parties. A direct comparison between the chert assemblages from the Schaffhausen sites and those from the contemporary lakeside settlements on Lake Constance in fact supports this theory, since cores are considerably underrepresented in the latter. Various clues suggest that the working of the chert material took place in stages and that mainly blanks and prefabricated tools were passed on to the inhabitants of the lakeside settlements and only rarely raw material. The archaeological findings therefore clearly point to some form of division of labour, the details of which, however, are not yet clear. This result is of great interest because a recent study carried out at Hornstaad-Hörnle IA, one of the wetland settlements in the region, was able to show that there had been a division of labour in the jewellery making process there. A prerequisite for the manufacture of beads was the fabrication of the drills required, which would therefore represent the start of the production chain. In order to understand the palaeoeconomic conditions of the Neolithic distribution systems it is of particular interest to take a closer look at the unique borderline situation that existed between the cultural areas of the Hornstaad Group with its Danubian influences and the Cortaillod Culture with its orientation towards the western Mediterranean. The analyses currently available have shown that this border situation between the High Rhine and Lake Zurich regions must have had a significant influence on the geographical distribution of the raw chert material extracted from the natural deposits in both cultural areas. Accordingly, only a very small number of chert artefacts from the region of the Cortaillod Culture found their way to Lake Constance. The same phenomenon can be observed in the opposite direction. This can only be explained by the hypothesis that the passing on of regional raw chert material must have been to a great extent socially motivated (‘ceremonial exchange of goods’) and that cultural aspects apparently were a particularly important part of this. At the same time, the hypothesis refutes a commercial background to the exchange of raw materials (‘for-profit trade’). It still remains unclear what role goods imported over great distances (shells, display axes, exogenous flint and chert artefacts, copper tools etc.) played in this system. These individual items may have been exchanged through completely different networks. Such imports transported over many hundreds of kilometres are nevertheless outstanding pieces of evidence for the far-reaching communication networks that existed in the early stages of the Late Neolithic, and in some ways stood in contrast to the more regionally orientated supply lines for the indigenous chert material. Translation Sandy Hämmerle
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Anhang Grundformdefinitionen Artefakttyp Knolle (franz. rognon, engl. nodule) Nucleus, Kern (franz. nucleus, engl. core) Vorkern/Vollkern (engl. «Pre-core») Produktionskern Restkern Kerntrümmer (franz. débris de nucleus, engl. core debris Kernscheibe (franz. tablette (éclat) de ravivage; engl. core tablet/ rejuvenation core flake Abspliss (franz. esquilles) Abschlag (franz. éclat, engl. flake) Kernkantenabschlag (franz. lame à crète, engl. crested flake)
Lamelle (franz. lamelle, engl. bladelet) Kernkantenlamelle (franz. lamelle à crète, engl. crested bladelet Klinge (franz. lame, engl. blade)
Kernkantenklinge (franz. lame à crète, engl. crested blade Trümmer (franz. débris, engl. debris)
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Definition Rundliches bis längsovales Silex-Rohstück, das vollständig mit Knollen rinde (Kortex) bedeckt ist Übrigbleibender Teil der Rohstoff-Zerlegung, von welchem abgeschla gen oder abgedrückt wurde. An der Oberfläche sind deutlich Negativ bahnen (Wallnerlinien!) von Abschlagprodukten erkennbar An einer oder mehreren Stellen angeschlagene Knolle
Quellen Hahn 1993, 111 Inizan et al. 1995, 152 Hahn 1993, 105
Kern mit präparierten Abbaukanten bzw. Schlagflächen, z.T. mit bereits Hahn 1993, 105+155 vorhandenen Grundformnegativen. Bereit für den Grundformenabbau Bis zur völligen Abbaukapazität verwerteter Kern, oft mit abgestumpf Hahn 1993, 105 ten oder ausgesplitterten Abbaukanten und Angelbruch-Negativen Kernbruchstück mit deutlich erkennbaren Negativbahnen, die teilweise Hahn 1993, 126+161 gekappt sind Korrekturabschlag mit dorsalseitig kantenparallel verlaufender, ehemali Brézillon 1977, 98; ger Schlagflächenkante eines Nukleus. Die Schlagflächenkanten sind Hahn 1993, 104–105, 159, 161 deutlich abgestumpft oder ausgesplittert Spaltprodukt mit Abschlageigenschaften. Auch kleine, nicht weiter bestimmbare Splitterstücke von Abschlägen, Klingen und Lamellen wurden dieser Kategorie zugeordnet. Die Länge der Absplisse (in Abbaurichtung) beträgt maximal 10 mm Spaltprodukt mit deutlichen erkennbarer Schlagrichtung und gut aus gebildeten Schlagmerkmalen (Schlagflächenrest, Bulbus, Wallnerlinien) regelmässige bis unregelmässige Dorsalgrate Länge/Breiten-Verhältnis ≤ 2:1) Spaltprodukt mit einer dorsalseitig erkennbaren, quer zur letzten Schlag richtung verlaufenden Abbaukante und deutlichen Schlagmerkmalen Primärer Kernkantenabschlag, einseitig: Rechts oder Links vom dor salseitigen Leitgrat liegende, quer zur Abbaurichtung verlaufende Schlagbahnen Primärer Kernkantenabschlag, zweiseitig: Rechts und Links vom dor salseitigen Leitgrat liegende, quer zur Abbaurichtung verlaufende Schlagbahnen. Dabei dienten die Schlagbahnen der ersten Abbauphase als Schlagfläche für die zweite Abbauphase (entgegengesetzte Schlagrichtung) Sekundärer Kernkantenabschlag: Nach dem Lösen des ersten Kernkan tenabschlags entstandenes, zweites Abschlagprodukt mit gekappten, quer zur Schlagrichtung verlaufenden Schlagbahnen. Die ursprüngliche Abbaukante (=Primäre Kernkante) fehlt Spaltprodukt mit gleichen Eigenschaften wie die Klinge (LängenBreiten-Verhältnis mindestens 2:1, ungefähr parallel verlaufende Schneidekanten im Medialteil). Spaltprodukte, deren Breite maximal 12mm und deren Dicke maximal 4mm beträgt, werden als Lamellen bezeichnet Definition wie Lamelle, aber mit Kernkante (primär/sekundär siehe Kernkantenabschlag)
Hahn 1993, 161
Längliches Abschlagprodukt mit deutlichen Schlagmerkmalen und gut erkennbarer Schlagrichtung sowie parallelen oder subparallel verlaufenden Seitenkanten im Medialbereich Das Längen-Breiten-Verhältnis beträgt mindestens 2:1 Die Breite ist grösser als 12mm (vgl. Definition «Lamelle») Definition wie Klinge, aber mit Kernkante (zur Begriffsverwendung von primär/sekundär: siehe Erklärungen bei «Kernkantenabschlag»)
Bordes/Crabtree 1969, 1; Brézillon 1977, 100 u. 258; Hahn 1993, 103–106; Inizan et al. 1995, 149
Trümmer: Unkontrolliert gebrochenes Silexstück ohne erkennbare Schlagrichtung Hitzetrümmer: Trümmer mit deutlichen Befeuerungsspuren (Krake lierung, Farbveränderung, napfartige Aussprünge, unregelmässige Bruchfacette) Frosttrümmer («Frostsprengling»): Schaliges, durch Frost gelöstes Trümmerstück mit konzentrisch verlaufenden Wallnerlinien. Frostbrüche gehen oft von Fehlstellen im Gestein aus
Hahn 1993, 49–51, 73 und 159; Inizan et al. 1995, 143
Brézillon 1977, 99–100, 209; Hahn 1993, 33; Inizan et al. 1995, 144 Hahn 1993, 159 (vgl. auch ebd. S. 104)
Brézillon 1977, 100 u. 258; Hahn 1993, 154
vgl. Quellen zum Begriff «Kernkantenklinge»
Hahn 1993, 104; Inizan et al. 1995, 141
Fundstellenliste 1 Büttenhardt-Zelg (vgl. Abschnitt 2.2.1, S. 9) 2 Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (vgl. Abschnitt 2.2.2, S. 12) 3 Lohn-Setzi (vgl. Abschnitt 2.2.3, S. 25) 4 Bodman-Löchle Schlichtherle Nr. 43 Siedlungstyp: Seeufersiedlung. Forschungsgeschichte: Die vermutlich schon im 19. Jahrhundert310 entdeckte Station Bodman-Löchle liegt am nordöstlichen Ufer des Überlingersees, unweit des für seine frühbronzezeitlichen Reste bekannten Schachenhorns. Aufgrund ihrer Nähe wurde sie lange Zeit den bronzezeitlichen Stationen zugeschlagen. Die Abtrennung als eigenständige Station erfolgte erst in den 1950er Jahren durch Privatsammler. Neuere archäologische Forschungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg erbrachten den Nachweis einer Kulturschicht der Hornstaader Gruppe mit charakteristischem Fundmaterial. 2004 konnten am Erosionsufer zahlreiche freigespülte Pfähle beobachtet werden, die den besorgniserregenden Zustand der Station dokumentieren. Analysierte Proben: Aus den Beständen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg (Aussenstelle Hemmenhofen) und der Sammlung K. Kiefer konnten 100 Silices untersucht werden, darunter Dickenbännlibohrer, retuschierte Abschläge, Pfeilspitzen, Lamellen, Klingen, Kerben und Kerne. Dendrodaten: Keine. Literatur: Schlichtherle 1990a, 207 und 137; Schlichtherle 1990b, 228–229. 5 Bodman-Mooshof Schlichtherle Nr. 46 Siedlungstyp: Mineralbodensiedlung im rückwärtigen See uferbereich. Forschungsgeschichte: Der in den 1920er Jahren von H. Reinerth entdeckte Fundplatz liegt am nordwestlichen Ende des Überlingersees auf einem leicht erhöhten Moränenrücken der Espasinger Niederung, unweit der Stockacher Aach. Obschon H. Reinerth die Fundstelle ursprünglich dem Mesolithikum zugeordnet hat, liegen bis heute nur vereinzelt Funde dieses Zeitabschnitts vor. Der grösste Teil der Funde ist als neolithisch einzustufen. Allein in der Sammlung Weber liegen 31 neolithische Pfeilspitzen und 174 Dickenbännlibohrer. Zwei Bronzedolche weisen eventuell auf bronzezeitliche Depots oder Gräber hin. Analysierte Proben: Aus der Sammlung von Heinz Hertlein in Singen konnten 10 als Lesefunde geborgene Silices analysiert werden: 6 Dickenbännlibohrer, 2 retuschierte Lamellen 1 Dreieck sowie 1 Nukleus. Dendrodaten: Keine. Bibliografie: Reinerth, H. (1929) Das Federseemoor als Sied-
lungsraum des Vorzeitmenschen. Führer zur Urgeschichte 9. Augsburg; Reinerth, H. (1930) Die Besiedlung des Bodensees zur Mittleren Steinzeit. In: RGZM (Hrsg.) Festschrift zum 70. Geburtstag Karl Schumachers, 14. Okt. 1930. Mainz, 91–95; Taute, W. (1977) Zur Problematik von Mesolithikum und Neolithikum am Bodensee. In: Berner, H. (Hrsg.) Bodman, Dorf, Kaiserpfalz, Adel. Band 1, Bodenseebibliothek 13. Sigmaringen, 11–32; Hoffstadt, J. (1991) Der Mooshof. Eine mittel- bis jungneolithische Trockenbodensiedlung bei Bodman (Kreis Konstanz/Bodensee). Unpubl. Magisterarbeit. Köln; Hoffstadt/Maier 1999; Hoffstadt 2005. 6 Bodman-Weiler I Schlichtherle Nr. 41 Forschungsgeschichte: Die seit den 1850er Jahren bekannte, am Nordwestende des Überlingersee liegende Station Bodman-Weiler I wurde in den 1970er Jahren mittels Sondierschnitten an Land erstmals mit modernen Methoden wissenschaftlich untersucht. 1981 und 1997 erfolgten weitere Untersuchungen durch archäologische Taucher. Bis heute konnten neben einer Kulturschicht der Hornstaader Gruppe, vier Pfyner- und vier Horgener Kulturschichten gefasst werden. Einzelfunde aus der Schnurkeramik und der Frühbronzezeit deuten zudem spätere Siedlungsaktivitäten an. Analysierte Proben: Aus den Privatsammlungen von H. Hert lein und K. Kiefer konnten 33 Silices, darunter 31 Dickenbännlibohrer und 2 retuschierte Lamellen analysiert werden. Dendrodaten: 3844 - 3790 v.Chr. (WK) und 3701 – 3682 v. Chr. Literatur: Billamboz 1998, 163; Schlichtherle 1990b, 228– 229; Köninger, J./Schlichtherle, H./ Schmid, C.-D. (1995) Taucharchäologische Untersuchungen in der Bodmaner Bucht, Gde. Bodman-Ludwigshafen, Kreis Konstanz. AABW 1994, 54–61. 7 Dingelsdorf-Klausenhorn Schlichtherle Nr. 37 Forschungsgeschichte: Die am Westufer des Ueberlingersees gelegene Station ist bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Früher diente sie der ansässigen Landbevölkerung als Feuersteinlieferant, weshalb die Stelle auch den Namen «Feuerstein insel trug». Die auf der Gemarkung von Dingelsdorf liegende Station wurde früher des öftern auch zur Nachbarortschaft Wallhausen gerechnet. 2002 wurde die Fundstelle bei unterwasserarchäologischen Tauchprospektionen quasi wieder entdeckt. Unter den bisherigen Funden befinden sich eine Pfyner Knaufhammeraxt sowie Dickenbännlibohrer, welch letztere auf eine Siedlung der Hornstaader Gruppe hinweisen. Analysierte Proben: Aus den Sammlungen von H. Hertlein und K. Kiefer konnten 18 Bohrer des Typs «Dickenbännli» untersucht werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Schlichtherle 1990, 204; Schlichtherle 1990b, 228– 229; Müller, A. (2002) Unterwasserarchäologische Prospektionen vor Dingelsdorf/Bodensee, Nachrichtenblatt Arbeitskreis Unterwasserarchäologie 9, 125–127; Mainberger 2003. 121
8 Eschenz-Insel Werd Schlichtherle Nr. 102 Forschungsgeschichte:. Die am Ausfluss des Untersees auf einer Insel liegende Station ist bereits seit 1858 bekannt. Nach jahrzehntelangen Aufsammlungen durch Privatsammler wurden 1931 durch Karl Keller-Tarnuzzer (1891–1973) erstmals archäologische Sondagen durchgeführt. In den Jahren 1932– 35 folgten daraufhin Flächengrabungen, die Fundmaterial der Pfyner, der Horgener, der schnurkeramischen Kultur, der Spätbronzezeit und der römischen Epoche erbrachten. Die Funde der Grabungen Keller-Tarnuzzers wurden in den 1980er Jahren durch die Abteilung für Urgeschichte der Universität Zürich ausgewertet und publiziert. Die jungneolithischen Funde wurden von A. Hasenfratz vorgelegt. Analysierte Proben: Aus den Altbeständen des Amtes für Archäologie Thurgau konnten 98 Dickenbännlibohrer, 1 Kernkantenlamelle sowie 1 «Stichellamelle» mikrofaziell untersucht werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Hasenfratz 1985. 9 Hornstaad-Hörnle IA Schlichtherle Nr. 1 Forschungsgeschichte: Die am östlichen Dorfrand von Hornstaad liegende Station wurde schon 1856/57 durch M. Koch entdeckt. Zwischen 1973 und 1980 führte das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg im Flachwasserbereich Sondagen im Bereich der ausgedehnten Station Hörnle I durch und stiess dabei auf Siedlungsreste des älteren (Hörnle IA) und späten (Hörnle IB) Jungneolithikums. Neben Einzelfunden der Schnurkeramik und der Frühbronzezeit konnten auch Siedlungsspuren der Horgener Kultur nachgewiesen werden. 1983 bis 1993 folgten dann im Rahmen eines von der DFG geförderten Schwerpunktprogrammes «Siedlungsarchäologie im Alpenvorland» verschiedene Rettungsgrabungen. Aus der Kulturschicht der Siedlung «Hörnle IA», die in die Zeit der Hornstaader Gruppe (um 3900 v.Chr.) datiert, stammt ein umfangreiches Fundmaterial, das – nicht zuletzt wegen der vorhandenen Dendrodaten – die beste Referenz für diesen Zeitabschnitt im Bodenseeraum darstellt. Unter den rund 120’000 Silices liegen über 18’000 Bohrer des Typs «Dickenbännli» vor, die zur Herstellung von Kalksteinschmuck dienten. Analysierte Proben: 334 Silices (Abschläge, Kerne, Werkzeuge): Sondagen H. Schlichtherle (81 Silices) und Grabungen B. Dieckmann (253 Silices). Dendrodaten Hörnle IA: Eichenkurve 3913-3910, 3907–3905 v.Chr. (WK), Eschenkurve 3917–3915, 3910–3907 v.Chr. (WK) sowie Pfyner Daten um 3701–3682 v. Chr. (WK); Hörnle I B: 3586 – 3507 v.Chr. Literatur: Dieckmann/Hoffstadt 1989; Dieckmann/Billamboz 1991; Billamboz 1998, 163; Schlichtherle 1990; Schlichtherle 1990b, 228–229; Hoffstadt 2005; Dieckmann/Harwarth/ Hoffstadt 2006.
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10 Hornstaad-Hörnle II Schlichtherle Nr. 1 Forschungsgeschichte: Nur 40 m von Hornstaad-Hörnle I entfernt liegt die in die ältere Pfyner Kultur datierte Station Hörnle II. 1983/84, 1987 und 1992 wurden dort vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg Sondierungen durchgeführt. Die von einer Palisade umschlossene Siedlung weist eine noch grossflächig erhaltene Kulturschicht auf, die noch zu grossen Teilen erhalten und ununtersucht ist. Analysierte Proben: 10 «Dickenbännli»-Bohrer aus der Sammlung des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, Aussenstelle Hemmenhofen. Dendrodaten: –3870, –3864, –3862 (WK; B-korreliert). Literatur: Billamboz, A./Dieckmann, B. (1992) Siedlungsfolge im Jahrringkalender. Die neolithischen Dörfer von Hornstaad-Hörnle, Kreis Konstanz. AABW 1991, 72–76; Billamboz 1998, 159-168. 11 Jestetten-Schnellgalgen Schlichtherle, ohne Nr. Forschungsgeschichte: Von der auf einer Niederterrasse über dem Rhein liegenden Station ist leider nur wenig bekannt. Alle bisherigen Funde stammen aus oberflächlichen Absammlungen, die von privaten Sammlern durchgeführt wurden. Zweifelsfrei belegt sind Funde des älteren Jungneolithikums. Forschungsgeschichtlich interessant ist die Tatsache, dass schon W.U. Guyan in seiner Arbeit über die jungsteinzeitliche Station von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde auf die zeitliche Nähe der Jestettener Funde zu Herblingen hingewiesen hat (Guyan 1942, 94). Analysierte Proben: Aus der Privatsammlung von Gerhard Dannegger in Jestetten konnten 55 Dickenbännlibohrer, Abschläge, Lamellen, Klingenfragmente und Pfeilspitzen petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Gersbach 1969, 147–148. 12 Litzelstetten-Krähenhorn Schlichtherle Nr. 30 Forschungsgeschichte: Vom Krähenhorn bei Litzelstetten sind schon seit Längerem neolithische Funde bekannt. Schon der Privatsammler Egon Schiele hatte 1970 Pfähle beobachtet, die über die Seegrundoberfläche herausragten. Das Gros der bisher geborgenen Funde datiert ins Jung- und ins Spätneolithikum. 2003 und 2004 wurden durch das Landesdenkmalamt Baden-Württemberg archäologische Tauchsondagen durchgeführt Analysierte Proben: Es konnten 13 Dickenbännlibohrer aus den Privatsammlungen von Heinz Hertlein und Klaus Kiefer petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: –3833 (WK), –3812 (WK). Literatur: Tröltsch 1902, 217; Badische Fundberichte 19, 1951, 126–128; Reinerth, H. (1952) Fliesshorn. Ein neuentdecktes Pfahldorf der Steinzeit bei Dingelsdorf am Überlinger See. Vorzeit am Bodensee, 1–13 (Abb. 3); Billamboz 1998, 163; Schlichtherle 1990, 203; Schlichtherle 1990b, 228–229; Mainberger, M. (2004) Tauchprospektionen am Südufer des Überlingersees. AABW 2003, 31–33.
13 Markelfingen-Grosse Espen Schlichtherle Nr. 14 Forschungsgeschichte: Die 1858/59 von Kaspar Löhle entdeckte Station Markelfingen-Grosse Espen wurde 1982/83 und 1985 erstmals durch Sondagen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg wissenschaftlich untersucht. Grössere Oberflächenabsammlungen fanden in den 1970er und 1990er Jahren statt. Das reiche, im Verlauf der Sondagen und Begehungen geborgene Fundmaterial belegt eine mehrfache Besiedlung des Platzes. Analysierte Proben: 15 Dickenbännlibohrer aus den Sammlungen des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen (Altbestand Smlg. H. Maier) wurden petrografisch analysiert. Dendrodaten: –3834 (WK) –3832 (WK) und –3831 (WK), –3584 (WK; C-Korrelation) Literatur: Tröltsch 1902, 239; Billamboz, A. (1990) Das Holz der Pfahlbausiedlungen Südwestdeutschlands. Jahrringanalyse aus archäodendrologischer Sicht. Ber. RGK 71, 165–185; Billamboz 1998, 163; Schlichtherle 1990b, 228–229. 14 Markelfingen-Kleine Espen Schlichtherle Nr. 13 Forschungsgeschichte: Die Station Markelfingen-Kleine Espen ist bereits seit 1861 bekannt, als westlich des Mühlebaches ein Pfahlfeld entdeckt wurde. Umfangreiche Oberflächenabsammlungen – vor allem zwischen 1970 und 1985 – erbrachten ein umfangreiches Fundmaterial, u.a. Bohrer des Typs Dickenbännli und Röhrenperlen, die der Hornstaader Gruppe zugeordnet werden können. Eine eigentliche Kulturschicht konnte bisher nicht gefasst werden. Analysierte Proben: Es wurden 101 Dickenbännlibohrer aus den Sammlungen von Heinz Hertlein und Klaus Kiefer petrografisch analysiert. Dendrodaten: Keine Literatur: Tröltsch 1902, 239; Schlichtherle 1990, 202; Schlichtherle 1990b, 228–229. 15 Maurach-Ziegelhütte Schlichtherle Nr. 68 Forschungsgeschichte: Die am Überlingersee liegende Station Maurach-Ziegelhütte wurde 1862–63 von Theodor Lachmann entdeckt. Seit Mitte der 1980er Jahre folgen regelmässige Prospektionstauchgänge. Seit 2003 werden im Westteil der Station Sondierungen durchgeführt. Bisher konnten Funde der Pfyner-, Horgener- und der Schnurkeramischen Kultur geborgen werden. Auch aus der frühen und späten Bronzezeit liegt ebenfalls Fundmaterial vor. Analysierte Proben: Aus den Beständen des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen konnten 9 Silices petrografisch analysiert werden (Altbestand Smlg. Wiehlert). Dendrodaten: Keine. Literatur: K. Dehoff in: Keller, F. (1863) Pfahlbauten. Fünfter Bericht. MAGZ XIV. Zürich, 144ff.; Schöbel, G. (1996) Siedlungsarchäologie im Alpenvorland IV. Die Spätbronzezeit am nordwestlichen Bodensee. Taucharchäologische Untesuchungen in Hagnau und Unteruhldingen 1982-1989. FBVF 47. Stuttgart; Schlichtherle 1990b, 228–229; Köninger
2003; Köninger, J. (2006) Siedlungsarchäologie im Alpenvorland VIII. Die frühbronzezeitlichen Ufersiedlungen von Bodman-Schachen I – Befunde und Funde aus den Tauchsondagen 1982-1984 und 1986. FBVF 85. Stuttgart. 16 Moos-Sänge, Fundplatz 7 Schlichtherle, ohne Nr. Forschungsgeschichte: Am Rand der Radolfzeller Aachniederung wurde im Rahmen des Schwerpunktprogramms „Siedlungsarchäologische Untersuchungen im Alpenvorland“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft ein Oberflächenfundplatz entdeckt, der neben Bechern vom Typus Borscht Steinbeilklingen, Kettenschieber und Dickenbännlibohrer lieferte. Da «Hornstaad»-zeitliches Fundmaterial fehlt, dürfte die Station älter als die frühen Ufersiedlungen des Bodensees sein. Unter Vorbehalt der zeitlichen Homogenität des Ensembles erscheint eine Datierung in das Ende des 5. Jahrtausends v. Chr. zutreffend. Analysierte Proben: 19 Dickenbännlibohrer aus den Sammlungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg, Aussenstelle Hemmenhofen konnten petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Dieckmann, B. (1999) Zum Stand der archäologischen Untersuchungen in Hornstaad. Ber. RGK 71, 107– 108; Hoffstadt 2005, 180–184; Schlichtherle 1990b, 228– 229. 17 Nussdorf-Strandbad Schlichtherle Nr. 66 Forschungsgeschichte: In der 1862 entdeckten Station Nussdorf-Strandbad am Überlingersee wurden 1981, 1982, 1992 und 1993 vom Landesdenkmalamt Baden-Württemberg Sondagen zu Land und unter Wasser durchgeführt. Wegen der anhaltenden Flächenerosion an der Westseite der Liebesinsel musste eine Fläche von 1600 m² mit offen am Seegrund liegenden Kulturschichten durch eine 30 cm mächtige Kiesschüttung und einen seeseitigen Gerölldamm geschützt werden. Bei den Sondagen konnte je eine Kulturschicht der Hornstaader Gruppe, der Horgener Kultur und frühbronzezeitliche Siedlungsreste erfasst werden. Analysierte Proben: Aus dem Depot des Landesdenkmalamtes in Hemmenhofen sowie aus den Privatsammlungen von Heinz Hertlein und Klaus Kiefer konnten 48 Silices, darunter Dickenbännlibohrer, Abschläge, Lamellen, ein Ausgesplittertes Stück sowie Pfeilspitzen petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: 3176-3127 v.Chr. Literatur: Schlichtherle 1990, 210; Schlichtherle 1990b, 228– 229; Köninger, J./Schlichtherle, H. (1994) Nussdorf-Strandbad – Die Tauchsondagen 1992 und 1993 in der Horgener Siedlung westlich der Liebesinsel, Überlingen-Nussdorf, Bodenseekreis. AABW 1993, 73–78; Köninger, J. (1999) Nussdorf-Strandbad – Das Fundmaterial der Horgener Siedlung an der Liebesinsel, Überlingen-Nußdorf, Bodenseekreis. In: Schlichtherle, H., Strobel, M. (Hrsg.) Aktuelles zu Horgen – Cham – Goldberg – Schnurkeramik in Süddeutschland. Rund123
gespräche Hemmenhofen 26. Juni 1998. Hemmenhofener Skripte 1. Freiburg i.Br., 19–30; Köninger 2003. 18 Reichenau-Oberzell Schlichtherle Nr. 22 Forschungsgeschichte: Die Fundstelle auf der Reichenau ist schon in der frühen Pfahlbauliteratur genannt, scheint aber nicht so intensiv wie andere Stationen des Untersees von Sammlern frequentiert worden zu sein. Seit den 1980er Jahren fanden von privater Seite Oberflächenaufsammlungen statt. Die bisherigen Funde können pauschal der Pfyner Kultur zugeordnet werden. Analysierte Proben: Aus den Beständen des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen konnten 8 Dickenbännlibohrer petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Tröltsch 1902, 84 und 240; Schlichtherle, H. (2001) Zur Besiedlung der Insel Reichenau von den Anfängen bis in klösterliche Zeit. In: M. Untermann (Hrsg.) Klosterinsel Reichenau im Bodensee. UNESCO Weltkulturerbe, 147ff.; Schlichtherle 1990b, 228–229. 19 Süssenmühle-Aussereiche Schlichtherle Nr. 61 Forschungsgeschichte: Die östlich der Süssenmühle bei Brünnensbach liegende Fundstelle ist bereits seit dem 19. Jahrhundert bekannt. Sporttaucher berichteten vorwiegend von neolithischen Funden, währenddessen Berufstaucher, die beim Bau der Seewasserleitung beteiligt waren, auch von spätbronzezeitlichen Funden berichteten. Umfangreiche Baggerungen 1957/1958 und 1977/1978 im Zuge der Verlegung der Saugleitung der Bodenseewasserversorgung verursachten grossflächige Schäden. Analysierte Proben: Aus den Beständen des Pfahlbaumuseums in Unteruhldingen konnten 4 Dickenbännlibohrer petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Tröltsch 1902, 220–221; Schnarrenberger, W. (1891) Die Pfahlbauten des Bodensees. Beilage zu dem Jahresberichte des Grossh. Bad. Gymnasiums zu Konstanz. Konstanz, 15; Heierli, J. (1888) Pfahlbauten. Neunter Bericht. MAGZ XXII. Leipzig, 34+89; Schlichtherle, H. (1981) Bronzezeitliche Feuchtbodensiedlungen in Südwestdeutschland – Erste Schritte einer systematischen Bestandsaufnahme. AKB 11, 23. 20 Unteruhldingen-Bayenwiesen Schlichtherle Nr. 70 Forschungsgeschichte: Die Station wurde im Spätjahr 1864 entdeckt und 1939 bzw. 1942 mittels kleinflächiger Sondagen im Auftrag des Pfahlbaumuseums Unteruhldingen erstmals untersucht (Ch. Murr). In den 1980er Jahren fanden durch das Landesdenkmalamt Baden Württtemberg erste Kartierungen statt. 2004 folgten systematische Bohrungen und weitere Bestandesaufnahmen. Analysierte Proben: Aus den Beständen des Pfahlbaumuse124
ums Unteruhldingen und der Sammlung Klaus Kiefer wurden 91 Silices petrografisch analysiert. Dendrodaten: Keine. Literatur: Schlichtherle 1990a, 211; Schlichtherle 1990b, 228–229; Köninger, J. (2005) Fortsetzung der Tauchsondierungen und Prospektionsarbeiten unter Wasser am Nordufer des Überlinger Sees zwischen Seefelder Ach und Meersburg, Bodenseekreis. AABW 2004, 39–44. 21 Wahlwies-Betten Schlichtherle Nr. 47/Bo 833 Siedlungstyp: Mineralbodensiedlung. Forschungsgeschichte: Der südlich von Wahlwies beim Flugplatz Stahringen gelegene Oberflächenfundplatz wurde von Reinerth irrtümlicherweise ins Mesolithikum datiert, obwohl das Gros der Funde sicher dem Neolithikum zuzuordnen ist. Bei einer 1973 von Helmut Schlichtherle durchgeführten Sondage von nur gerade 2 m2 Grundfläche konnten 343 Silices geborgen werden, darunter 27 retuschierte Stücke. Nach H. Schlichtherle datiert das Ensemble typologisch in den Hornstaader Horizont. Analysierte Proben: Es wurden 33 Proben (Dickenbännlibohrer und Kerne) aus den Sondagen Schlichtherles sowie der Privatsammlung von Heinz Hertlein in Singen petrografisch untersucht. Dendrodaten: Keine. Literatur: Schlichtherle 1990a, 136 und 199. 22 Wallhausen-Ziegelhütte Schlichtherle Nr. 38 Forschungsgeschichte: Der Siedlungsplatz wurde bereits vor 1880 entdeckt. Intensive Absuchaktionen durch Private fanden in den 1950er und 1960er Jahren statt. Die ersten Untersuchungen des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg datieren in die Jahre 1981 und 1982. 1998 und 2000 folgten dann archäologische Rettungsgrabungen. Die bisher gefassten Kulturschichten datieren in die Pfyner und Horgener Kultur (2 Schichten). Weitere Funde datieren in schnurkeramische Zeit. Analysierte Proben: 20 Silices (Dickenbännlibohrer, Lamellen, ein Ausgesplittertes Stück) aus den Privatsammlungen von Heinz Hertlein und Klaus Kiefer konnten petrografisch analysiert werden. Dendrodaten: Keine. Literatur: Tröltsch 1902; Schlichtherle 1990a, 205; Schlich therle 1990b, 228–229; Köninger, J./Lübke, C. (1999) Rettungsgrabungen unter Wasser in einer ruinierten Ufersiedlung bei Wallhausen-Ziegelhütte, Kreis Konstanz. AABW 1998, 57–61.
Anmerkungen 1
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Hofmann, F. (1991) Neuere Befunde zur Geologie, zur Lagerstättenkunde und zum historischen Abbau der Bohnerze und Bolustone der Region Schaffhausen (Schweiz). Mitteilungsblatt der naturforschenden Gesellschaft Schaffhausen 36, 42–85; Hofmann, F. (1994) Schaffhauser Bohnerz. Bergknappe 3, 19–23. Ritzmann 1986; Neubauer-Saurer 1993; Hoffstadt 2005. Hoffstadt 2005. Altorfer/Huber/Médard 2000/2001; Schlichtherle, H. u.a. (2004) Ökonomischer und ökologischer Wandel am vorgeschichtlichen Federsee. Archäologische und naturwissenschaftliche Untersuchungen. Hemmenhofener Skripte 5. Gaienhofen-Hemmenhofen, 51f.; Hoffstadt 2005; U. Sommer in: Lüning, J. et al. (1997) Das jungsteinzeitliche Dorf Ehrenstein (Gemeinde Blaustein, Alb-Donau-Kreis). Ausgrabung 1960. Teil III: Die Funde. Forsch. u. Ber. Vor- und Frühgesch. Baden-Württemberg 58. Stuttgart, 185–195. u.a. Willms 1982; Uerpmann 1981; Zimmermann 1995; Affolter 2002; Altorfer/Conscience 2005. Felder, P.J./Rademakers, P.C.M./de Grooth, M.E.T. (1998; Hrsg.) Excavations of Prehistoric Flint Mines at Rijckholt-St.Geertruid (Limburg, The Netherlands) by the ‹Prehistoric Flint Mines Working Group› of the Dutch Geological Society, Limburg Section. DeGUF, Archäologische Berichte 12. Bonn 1998; Gayck, S. (2000) Urgeschichtlicher Silexbergbau in Europa. Eine kritische Analyse zum gegenwärtigen Forschungsstand. Beitr. Ur- u. Frühgesch. Mitteleuropas 15. Weissbach. Schlichtherle 1990a; Neubauer–Saurer 1993; Hoffstadt 2005. Grabfunde: Thayngen-Kesslerloch (1873 entdeckt), SchaffhausenHerblingen/Dachsenbüel, Schaffhausen-Herblingen/Rosenhalde und Lohn-Kerzenstübli (alle 1874 entdeckt). Weitere Hinweise auf neolithische Bestattungen liegen aus den Höhlen und Abris Schweizersbild (1891 entdeckt), Schaffhausen-Gsang (1911 entdeckt), Vorder Eichen (1913 entdeckt) und Thayngen-Untere Bsetzi (1915 entdeckt) vor. Siedlungen: Lohn-Setzi/In Wyden (JbSGU 33, 1942, 41); Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (Guyan 1942). Chr. Simon, E. Langenegger und A. Cueni, Anthropologie. In: Stöckli/Niffeler/Gross-Klee 1995, 259–273. Ebd., 269. Höneisen/Peyer 1994. Affolter 2002. Zur Problematik von makroskopischen Rohstoffbestimmungen an Feuchtboden-Silices siehe auch: Altorfer/Conscience 2005, 89. Affolter 2002. U. Leuzinger in: De Capitani et al. 2002, 22–39. Vgl. Altorfer/Conscience 2005, 87–88 und Anm. 394. Die technologische und lagerstättenkundliche Analyse aller stratifizierten Silexkomplexe aus dem Raum Zürich ist Gegenstand eines laufenden Auswertungsprojekts der Kantonsarchäologie Zürich (Altorfer, in Vorbereitung). Altorfer, in Vorbereitung. Vgl. Deecke 1933, 29. Wipf, H.U. (1977) Reiat. Zur begrifflichen Ausweitung eines Flurnamens. SHBG 54, 7-42. Schlatter, R. (1988) Aus der Erdgeschichte von Lohn. In: Wipf, H.U. (1988) Lohn – Geschichte einer Schaffhauser Landgemeinde. Lohn, 11–18. Bis zu Beginn der 1960er Jahre war die Fundstelle noch Teil einer Deutschen Enklave, die zur Gemeinde Wiechs (D) gehörte. Der Fundplatz scheint aber – wie eine Rücksprache mit dem Landesdenkmalamt Baden-Württemberg aus dem Jahre 1980 ergab – den deutschen Behörden unbekannt gewesen zu sein. JbSGUF 64, 1981, 221; SBG 61, 1984, 275. JbSGUF 73, 1990, 183. Die Untersuchungen fanden im Zeitraum zwischen dem 30.03.01.04. und vom 06.04.-07.04.2009 durch die Firma GGH, Freiburg, vertreten durch Christian Hübner, statt. Für die geomagnetische Kartierung wurden zwei hochempfindliche Cäsiumdampfmagnetometer G 858 der Firma Geometrics mit vier Sonden verwendet, die den Gradienten und/oder das Totalfeld mit einer Genauigkeit von 0,1 Nanotesla erfassen. Im Gelände wurde ein Messpunktraster von 0,5 x 0,15cm verwendet.
25 LK 1012, 690 375 / 290 475, 680 m ü.M.; vgl. Hunkeler, E. (1982) Höhlen und Stollen im Kanton Schaffhausen Schaffhausen, 90; 101 [15]. 26 Siehe Beitrag J. Affolter in diesem Band. 27 Dazu bereits Guyan 1942, 81. 28 Vgl. Vogt 1969, 157–174 [Abb. 5]. 29 Brief einer Frau Sauter-Bührer an Karl Sulzberger vom 04.08.1939, Akten KASH. 30 E. Kuhn in: Guyan 1942, 78–80. Im analysierten Knochenmaterial der Grüthalde ist der Hirsch in mehreren Exemplaren nachgewiesen. 31 Dazu bereits Vogt 1969, 157–174 [164]. 32 Guyan 1971, 86. Es ist nicht ganz klar, ob die Notiz «Beiläufig mag auch hier erwähnt sein, dass Hans Sulzberger den neolithischen Wohnsitzen der Leute, die ihre Toten an den Felswänden bestatteten, auf der Spur ist» auf die Entdeckung der Fundstellen Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde oder Lohn-Setzi hinweist (JbSGU 7, 1914, 33). 33 Zur Biografie von Karl Sulzberger, dem späteren Direktor des Museums zu Allerheiligen siehe: Bächtold, H. (1963) Dr. h. c. Karl Sulzberger (1876-1963), Hegau 15/16, 283–284; Steiner Anzeiger vom 6. September 1963, S. 104; SN vom 10.09.1963; weitere biografische Angaben finden sich in den SN vom 11.07.1942. 34 JbSGU 11, 1918, 30. 35 Als Grabungszeitpunkt werden in den Akten die Monate November und Dezember 1938 genannt (Korrespondenz im Fundstellendossier, Archiv KASH); Guyan, W.U. (1939) Steinzeitliche Landsiedelung im Kanton Schaffhausen, NZZ vom 09.01.1939. 36 Archiv KASH. 37 Guyan 1942, Abb. 3. Auf den originalen Plänen von Geometer Bührer ist die Kulturschicht strichpunktiert, so dass möglicherweise dieses Faktum zur Verwechslung der Schichten auf der idealisierten Profilskizze geführt hat. 38 Guyan 1942, Anm. 20a; Höneisen, M. (1989) Die latènezeitlichen Siedlungsfunde von Merishausen-Barmen (SH). JbSGUF 72, 99– 126 (S. 122 und Taf. 12, 11–13). 39 Lais 1942. 40 Aus den Sondierschnitten I, II und V sollen keine Funde, aus Sondierschnitt III nur wenige geborgen worden sein. Die meisten Funde werden wohl Schnitt IV zuzuordnen sein, zumal dieser Schnitt dann auch in einer späteren Etappe noch seitlich ausgeweitet wurde (Guyan 1942, 73). 41 Aus den Veröffentlichungen Guyans ist nicht ganz klar, wie die Schichten genau untersucht wurden. Einem Briefwechsel mit Georg Kraft (1894–1944; Brief vom 28.11.1938, Archiv KASH) zufolge, hat dieser Guyan ermuntert, die Fundschichten vollständig zu schlämmen. Dies würde das Vorhandensein selbst kleinster Dickenbännlibohrer oder Absplisse erklären. 42 Guyan 1942, 81. 43 Die übrigen 15 m2 wurden bereits durch Guyan in den Jahren 1938/39 ausgegraben. 44 Die Mächtigkeit der Abstiche betrug 10–15 cm. 45 Beckmann, Th. (1997) Präparation bodenkundlicher Dünnschliffe für mikromorphologische Untersuchungen. Hohenheimer Bodenkundliche Hefte 40, 89–103. 46 Freytet, P./Verrecchia, E. P. (2002) Lacustrine and palustrine carbonate petrography: an overview. Journal of Paleolimnology 27, 221– 237. 47 Archiv KASH. 48 Hübscher 1961. 49 Canti, M. G. (1998) Origin of calcium carbonate granules found in buried soils and Quaternary deposits. Boreas 27, 275–288; Canti, M. G. (2003) Earthworm activity and archaeological stratigraphy: a review of products and processes. Journal of Archaeological Science 30, 135–148; Canti, M. G. (2006) Deposition and taphonomy of earthworm granules in relation to their interpretative potential in Quaternary stratigraphy. Journal of Quaternary Science 22, 111– 118. 50 Armour-Chelu, M. und Andrews, P. (1994) Some effects of bioturbation by earthworms (oligochaeta) on archaeological sites. Journal of Archaeological Science 21, 433–443. 51 Lais 1942. 52 In älteren Fundberichten ist gelegentlich die Rede von der Flur «in
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Wyden». Diese Flurbezeichnung ist für die genannte Fundstelle allerdings unzutreffend, weswegen wir hier die korrekte Flurbezeichnung «Setzi» verwenden. «Am Abhang nördlich der Setze im Feld eine Masse von Feuersteinen, darunter auch bearbeitete Nuclei. Ein Teil wurde von mir selbst erhoben, ein Teil wurde mir von H. Sulzberger geschenkt. Die Sachen liegen im Mu. Solothurn. Autopsie 04.01.1915». Handschriftliche Notiz von Eugen Tatarinoff, Archiv SGUF Basel. Die Notiz im JbSGUF 33, 1942, 41 bezieht sich auf diese Notiz. Leider sind die betreffenden Funde gegenwärtig unauffindbar (freundl. Mitt. Pierre Harb, Kantonsarchäologie Solothurn). Karl Sulzberger, der Bruder von Hans Sulzberger, war ein Gründungsmitglied der SGU und arbeitete in den Jahren 1908–1912 als Pfarrer im solothurnischen Trimbach, wo er zahlreiche archäologische Fundstellen entdeckte. Dies erklärt – neben seinen guten Kontakten zu Eugen Tatarinoff – den persönlichen Bezug zum Kanton Solothurn, wohin offenbar auch Funde aus Lohn-Setzi gelangten. Auf der originalen Fundetikette ist vermerkt: «Pfeilspitzen, Bohrer, Messer u. Nuclei. Lohn, Gewann «Wyden», Freilandsiedlung 1925. Inv. No. 7840–7855». Leider wurde Ende der 1980er Jahre auch ein Teil der Funde aus Büttenhardt-Zelg fälschlicherweise unter Lohn-Setzi abgelegt. Dank des guten Erinnerungsvermögens des Finders konnte dieser Fehler aber im Verlaufe der Auswertungsarbeiten bereinigt werden. Prospektion Jehanne Affolter. Der hohe Kernanteil lässt sich zum einen durch die Kleinheit der Rohknollen begründen. Zum anderen werden auch die besseren Auffindungschancen der Kernstücke bei den Feldbegehungen einen gewissen Einfluss auf den hohen prozentualen Wert ausgeübt haben. Prinzipiell kann das Fehlen von Felsgesteinartefakten oder Kleinstformen aus Silex (Bohrer des Typs «Dickenbännli») auch dadurch erklärt werden, dass sie von den jeweiligen Sammlern übersehen worden sind. Da wir die Stelle aber selber schon begangen und dabei nichts Derartiges gefunden haben, neigen wir eher zur Annahme, dass die Gerätearmut für diesen Fundplatz charakteristisch ist. Vogt 1964, 10. Noch im originalen Grabungsbericht (Guyan 1942, 96) zu Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde sprach Guyan von Bezügen zur süddeutschen «Stichkeramik-» und zur Michelsberger Keramik. Wenige Jahre später (Guyan 1949/50, 166) glaubte er schon von einer Zuordnung zur Schussenrieder Kultur sprechen zu können. In seinem populären Werk über die Schaffhauser Urgeschichte (Guyan 1971, 87), die notabene nach Vogts (1964) berühmtem Überblick über das Neolithikum der Schweiz erschien, relativierte er diese Zuordnung allerdings wieder. Einen guten Überblick über die kontroverse Diskussion zur «Lutzengüetle»-Kultur vermittelt die Arbeit von Magdalena Maczynska (1999, 73–75); vgl. auch Strobel 2000, 425–427. z.B. M. Maczynska 1999, Taf. LXXI, 1.8; LXXIV, 1–5. Dazu schon Schlichtherle 1990a, 143. Neben den offensichtlichen Schussenrieder Elementen (Maczynska 1999, Taf. LXXI, 1.8; LXXIV, 1–5 u.a.) treten im Material vom Lutzengüetle auch ritzverzierte konische Schüsseln (Maczynska 1999, Taf. LXXII, 5; LXXIII, 9) auf, die aus «klassischen» Schussenrieder Komplexen sonst kaum bekannt sind, gelegentlich aber als Fremdelemente in den Stationen des Bodenseegebietes vorkommen. Sie zeigen deutliche typologische Bezüge zum Material von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. In Anbetracht der geografischen Lage sind im Material vom Lutzengüetle auch alpine Elemente zu erwarten, über die allerdings zur Zeit wenig bekannt ist. Schlichtherle 1990a; Matuschik, in Vorbereitung. Für die Einsicht in seinen noch unveröffentlichten Tafelteil zu Hornstaad-Hörnle IA und für die aufschlussreiche Diskussion über die Hornstaader Keramik danke ich I. Matuschik, Hemmenhofen ganz herzlich. Dieckmann, B. (1985) Die neolithischen Ufersiedlungen von Hornstaad-Hörnle am westlichen Bodensee. Die Grabungskampagne 1983/84. In: Becker, B./Billamboz, A./Dieckmann, B. (1985) Berichte zu Ufer- und Moorsiedlungen Südwestdeutschland 2. Materialhafte Vor- u. Frühgesch. Baden-Württemberg 7. Stuttgart, 119. Das durchschnittliche Scherbengewicht beträgt 5,12g. Im Vergleich
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mit Seeuferstationen ist dies sehr gering (dazu auch Schlichtherle 1990a, 94 [Tab. 2]; Altorfer/Conscience 2005, 49 und Anm. 107). Der von H. Schlichtherle (1990b, 218) geäusserte Verdacht, dass die ritzverzierten, jungneolithischen Keramiken des Herblinger Typs allenfalls auf Einflüsse aus Norditalien zurückreichen, bestätigt sich im vorliegenden Fall also nicht. Freundl. Mitt. I. Matuschik, Hemmenhofen. Schlichtherle 1990a; Vogt 1964, Abb. 2. Schlichtherle 1990a, Taf. 5, 23–24 und freundl. Mitteilung I. Matuschik. Gerber, Y./Haenicke, Ch./Hardmeyer, B. (1994) Jungsteinzeitliche Ufersiedlungen im Zürcher Seefeld. Ausgrabungen Kanalisationssanierung 1986-1988, Die Keramik. ZD. Arch. Monogr. 22. Egg/ Zürich, 54. Z.B. Spatz, H. 1996) Beiträge zum Kulturenkomplex HinkelsteinGrossgartach-Rössen: Der keramische Fundstoff des Mittelneolithikums aus dem mittleren Neckarland und seine zeitliche Gliederung. Materialhefte zur Archäologie in Baden-Württemberg 37. Stuttgart, Taf. 6,1; 7,1.2;12,18 u.s.w.; Zeeb, A. (1998) Die Goldberg-Gruppe im frühen Jungneolithikum Südwestdeutschlands. Ein Beitrag zur Keramik der Schulterbandgruppen. Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie 48. Bonn, Taf. 1,1.3–4.7.10; 2, B4. C1.2 u.s.w. Gleser, R. (1995) Die Epi-Rössener Gruppen in Südwestdeutschland. Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde 61. Bonn, 242–245; Müller 2000. Weitere, hier nicht abgebildete Becherfragmente liegen aus dem Raum Singen vor: Hald, J. (2006) Siedlungsreste des mittleren und jüngeren Neolithikums auf der Nordstadtterrasse von Singen, Kreis Konstanz. AABW 2005, 28–31 (Abb 14). Vgl. A. Billamboz in: Dieckmann/Harwath/Hoffstadt 2007, 297– 413. Für die Informationen zur Keramik von Hornstaad-Hörnle IA bin ich I. Matuschik, Hemmenhofen, zu grossem Dank verpflichtet. Suter 1981, Taf. 25, 7. Zürich-Bauschanze: Weber, E. (2000) Die archäologischen Untersuchungen im Bereich Zürich Bauschanze/Quaibrücke unter besonderer Berücksichtigung des Cortaillod-Inventars. Unpubl. Lizentiatsarbeit Univ. Zürich, Abt. f. Ur- und Frühgeschichte. Zürich, Taf. 9, 4; 16, 9; Zürich-Kleiner Hafner: P.J. Suter 1981, Taf. 25, 7. Schlichtherle 1990a, Kat. 76, 1268, 1398, 1512; Winiger/Hasenfratz 1985, Taf. 13, 13. Schlichtherle 1990, 102 und Anm. 197; Dieckmann, B. (1990) Zum Stand der archäologischen Untersuchungen in Hornstaad. 71. Ber. RGK, 1, 84–109 [S. 105]. Jedenfalls erbrachten die mikromorphologischen Untersuchungen keine Hinweise auf eine Erosion der Kulturschichtoberkante. Besonders interessant mag in diesem Zusammenhang die Stratigrafie der Station Henauhof I im Federseemoor sein, wo in Befund 2.2 neben Borscht-Bechern der Variante B ebenfalls ritzverzierte Ware vom Herblinger Stil gefunden wurde (Müller 2000, Abb. 16). Auch dieser Befund würde für eine relativchronologisch ältere Stellung von Herblingen zu Hornstaad sprechen. Nach Ansicht der zuständigen Bearbeiterin der Proben ist der mutmassliche Fehler eher bei der Probenaufbereitung zu suchen. Sie schliesst einen Einfluss des Hartwassereffekts kategorisch aus (persönliche Mitteilung I. Hajdas, Labor Zürich). Affolter 2002. Geyer/Gwinner 1986, 17–19. Piningre 1974; Pétrequin/Jeunesse 1995. Geyer/Gwinner 1986, 61–63. Pfiffner 2009. Hofmann 1991a. Graf 1991. Geyer/Schober/Geyer 2003; Hantke 1985. Hofmann 1981; Hofmann, F. (1993) Brief an Max Zurbuchen vom 4. Juli 1993. Unpublizierter Brief mit Karte. Schaffhausen. Affolter 2002, 77–92. Zur Definition des Aktualismus, vgl. Murawski/Meyer 1998, 5. Gressly 1838. Flügel 1978. Deecke 1933. Dunham 1962.
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Purser 1980. Für die Definition der Textur, vgl. Sebastian 2009, 31. Dercourt/Ricou/Vrielynck 1993. Anonym 1956. Robin/Petron/Rives 1997. Purser 1980; 58–64; Robin/Petron/Rives 1997, 58–64. Die Thematik des Ursprungs des Siliziums sowie der Silifizierung ist bei den folgenden Autoren behandelt: Cayeux 1929; Deecke 1933; Aumento et al. 1977; Thirria 1833; Erhart 1973; Albers/Felder 1980; Schüssler et al. 1999. Schüssler/Simon/Warth 1999. Affolter 2002, 19 [Abb. 7]. Für die Definition der Mohs’schen Skala, siehe z.B. Schumann, W. (2009) Der grosse BLV Steine- und Mineralführer. 8. überarbeitete Auflage. München, 22. Zur Problematik der Patina, siehe z. B. Cayeux, L. (1931) Patine des silex de la craie. Extrait bull. soc. fr. Minéralogie, Bd. LIII, 60; Gaussen, J. (1986) La croix de fer, patines et ages, Bull. SPF 86, t. 83, Nr. 1, 7–9; Rottländer, R. (1975) The formation of patina on flint. Archaeometry, Bd. 17 part 1, 106–110. Affolter 2002, 22. Pomerol 1973; Pomerol 1974; Dercourt et. al. 1993. Die präzisen Fichen mit den vollständigen systematischen Beschreibungen sind für Interessierte im Archiv der KASH einsehbar. Hofmann 1981; Hofmann/Schlatter/Weh 2000; Schalch 1912; Schalch 1916; Erb 1931. Hofmann 1991a. Graf 1991. Geyer/Schober/Geyer 2003; Hofmann/Hübscher 1977. Geyer/Schober/Geyer 2003, 183 Büchi und Müller AG, Frauenfeld: Bericht Nr. 2702, Beilage 10 (Erweiterung Tongrube «Bibermeregg»- Sondierbohrung B109, für Bauherrschaft Portland-Cementwerk Thayngen AG). Der «Massenkalk zum Teil mit Kieselknauer» findet sich hier in einer Tiefe von 48 bis 55,2 m unterhalb der heutigen Oberfläche. Hofmann 1981. Zum allgemeinen Bruchsystem der Gegend, siehe NAGRA (Nationale Genossenschaft für die Lagerung radioaktiver Abfälle), Karte der Schweiz 1:200’000. Diese Abbildung ergänzt eine ähnliche, für die Ajoie angefertigte Abbildung (Affolter 2008) unter Anpassung der stratigraphischen Schichtenfolge der Schaffhauser Gegend. Zur genauen Datierung der einzelnen Silex-Vorkommen vgl. Rind 1987; Weissmüller 1995; Laternser 2001; Affolter 2008. Pfiffner 2009, 20–24. U. Leuzinger in: De Capitani, A. et al. 2002, 26 und 37; Hahn 1993; allfällige Ausnahmen werden im Auswertungstext explizit erwähnt. Der Verzicht rührt daher, weil die Bestimmungskriterien teils variabel sind und weil in vielen Arbeiten keine Berücksichtigung der ebenfalls vorhandenen Grundformen «Kortexklingen» und «Kortexlamellen» stattfindet. Eine getrennte Aufnahme der Kortexanteile erschien uns daher angebracht. Kelterborn 2000. Auffermann et al. 1990, 262. Die Dicke ist hier als grösste, senkrecht zur Ventralfläche stehende Ausdehnung eines Silexartefakts definiert (ohne Bulbus). Hahn 1993, 105. Vollkern: Rohstück, Produktionskern: Zum Abbau von Grundformen präparierter Kern, Restkern: Verworfener, unbrauchbar gewordener Kern. Nielsen, E.H. (1991) Gampelen-Jänet 3: Eine mesolithische Siedlungsstelle im westlichen Seeland. Schriftenreihe der Erziehungsdirektion des Kantons Bern. Bern, 38; Nielsen 1997. Die Kerne der Stadien 3.1 und 1.3 unterscheiden sich nur in einigen Details: Nuklei des Stadiums 3.1 sind in der Regel flacher, d.h. die Wölbung des Kerns ist maximal halb so gross wie der Kerndurchmesser. Kerne, die eine pyramidale oder kegelförmige Form besitzen, wurden hingegen dem Stadium 1.3 zugeschlagen. Für die Statistik wurden folgende Inventareinheiten berücksichtigt: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde: 67847, 67852 (Abschläge); 67870, 67871 (Klingen); 67861, 67862 (Lamellen). BüttenhardtZelg: 67736, 66776, 66931, 80021 (Abschläge); 66835–66838, 66866, 66770, 66922, 66924, 66925, 67731, 67745, 67788, 67792, 80014 (Klingen); 66079.01, 66079.02, 66079.04, 66795, 66842,
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66843, 66844, 66868, 66922.04, 67742.01, 67742.02, 67743.02, 67743.03, 67731.01, 67731.02, 67731.03, 67731.04, 67742.01, 67743.01, 67746, 67773, 67790, 67793, 80045, 80050 (Lamellen). Zur Gruppe der Trümmer werden blockartig gebrochene Stücke gezählt, die weder eine eindeutig bestimmbare Dorsal- und Ventralseite, noch eine klare Schlagrichtung erkennen lassen. Tixier, J./Inizan, M.-L. (2000) L’émergence des arts du feu: le traitement thermique des roches siliceuses. Paléorient 26/2, 23–36; Weiner, J. (1985) Die Verbesserung der Schlageigenschaften von amorphen Gesteinsarten durch kontrollierte thermische Behandlung. Eine Literaturliste. Archaeologia Venatoria, Mitteilungsblatt 9, 39–47; Hahn 1993, 66; Rottländer, R.C. (1989) Verwitterungserscheinungen an Silices und Knochen. Tübinger Beiträge zur Archäometrie 3. Archaeologica Venatoria, Band 8.2. Tübingen, 56–57; Purdy, B.A. (1975) Fractures for the Archaeologist. In: Swanson, E. (Hrsg.) Lithic Technology. Making and Using Stone Tools. World Anthropology. The Hague/Paris, 133–141. Die erforderliche Temperatur hängt von den jeweiligen Materialeigenschaften ab. Je nach Härte und Spröde des Gesteins ist eine Temperatur zwischen 300 und 900°C erforderlich. Für Jurahornstein ist eine ungefähre Temperatur von 400/450°C zur Homogenisierung des Gesteins erforderlich. Dänischer Flint lässt sich bereits bei 300/350°C erfolgreich tempern. Dazu: Rottländer, vgl. Anm. 96. Ein Tempern von Nuklei glaubt beispielsweise Vanessa Léa aufgrund von Silexfunden aus dem südfranzösischen Chasséen nachweisen zu können (V. Léa, Centres de production et diffusion des Silex béduliens au Chasséen. Gallia Préhistoire 46, 2004, 231– 250). Die Methode des Befeuerns mit anschliessendem, abruptem Abkühlen (Wasser) der silexfreien Deckschichten wird schon seit Längerem für das ungefähr zeitgleiche Bergwerk von Kleinkems im Oberrheingraben postuliert. Dabei sollen aber die Silexknollen nicht in direkten Kontakt mit dem Feuer gekommen sein. Zu Kleinkems vgl. F. Engel/F. Siegmund, Neue Ausgrabungen am neolithischen Silexabbau in Kleinkems, Gde. Efringen-Kirchen, Kreis Lörrach. AABW 2003, 28–30. Karlin, C./Bodu, P./Pelegrin, J. (1991) Processus Techniques et chaines opératoires. Comment les préhistoriens s’approprient un concept élaboré par les ethnologues. In: Balfet, H. (Hrsg.) Observe l’action technique des chaînes opératoires, pourqoui faire? Editions du CNRS. Paris, 101–117; Sellet, F. (1993) Chaîne opératoire: the concept and its applications. Lithic Technology 18, 1/2, 106–112. An erster Stelle sind hier beispielsweise erosive Prozesse zu nennen, die zu massiven Materialumlagerungen führen können. z.B. eine systematische Räumung der Werkplätze oder ein Aussortieren aller weiter verwendbaren Produkte. Gemeint sind hier insbesondere Massnahmen zur Verbesserung der Produktqualität wie z.B. ein leichter Fingerdruck unterhalb der Nukleuskante während des Bruchvorgangs, wodurch die Wahrscheinlichkeit eines Klingenbruches vermindert werden kann (vgl. Pelegrin, J. (2006) Long blade technology in the Old World: an experimental approach and some archaeological results. In: Apel, J./ Knutsson, K., Skilled Production and Social Reproduction. Aspects of Traditional Stone-Tool Technologies. Proceedings of a Symposium in Uppsala, August 20–23, 2003. SAU, Stone Studies 2. Uppsala, 37–68. S. 39: «The gesture and body position, the holding of the piece»). z.B. KASH 67845 und 67810. z.B. KASH 67886, 67886.01, 67887 und 80058. Ideomorpher Kegel: Hahn 1993, 34 («Hertz’scher Kegelbruch»); Siretbruch: Tixier/Inizan/Roche 1980, 103; Brezillon 1977, 174 [«Burin à coup diamétral»]. Pelegrin 1991, 122. Zitiert nach Campbell, P.D. (1999) Survival Skills of Native California. Salt Lake City, 320. Callahan, E. (1985) Experiments with Danish Mesolithic Microblade Technology. Journal of Danish Archaeology 4, 23–39. Die längliche Form der nordeuropäischen Lamellenkerne ist eine etwas andere, aber durchaus praxisbezogene Form der Problemlösung, die ohne komplizierte Haltevorrichtungen auskommt. Vgl. Inizan et al. 1995, Fig. 7, 2–3. Inizan et al. 1995, 36. Gemeint ist ein «resiliant support» nach Bordes/Crabtree 1969, 6.
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155 Durch diese Massnahme konnte das Risiko des Aussplitterns der Schlagsteinkante eingedämmt werden. 156 Bordes/Crabtree 1969; Kelterborn 2000, 46. 157 Bordes/Crabtree 1969, 9. 158 Moderne Replikationsversuche haben gezeigt, dass die Masse des Kernstücks grundsätzlich grösser als jene des Schlaginstrumentes sein sollte (Whittacker 2003, 85–87). Wenn das Gegenteilige der Fall ist, dann bringt der Nukleus dem Schlaginstrument zu wenig Trägheit entgegen, was sich negativ auf die Bruchbildung auswirkt. 159 Zur erfolgreichen Verwendung von Unterlagssteinen («Amboss») vgl. auch Kelterborn 2000, 53 (Bild Mitte links). 160 z.B. aus Hirschgeweih, Holz, Kalk- oder Sandstein. 161 Hahn 1993, 36; Weiner 1987, 55; J. Weiner in: Weisgerber 1999, 219–220. 162 Tixier 1982, 17–18; Crabtree, D.E./Swanson, E.H. (1968) EdgeGround cobble and blade-making in the Northwest. Tebiwa 11, 2, 50–58. 163 Zum Terminus des Biegebruches (engl. «bending fracture») vgl. Hahn 1993, 36. Ebenso: Cotterell, B./Kaminga, J. (1987) The Formation of Flakes. American Antiquity 52, 675-708 [Fig. 4]. 164 Jutta Hoffstadt kam bei der Bearbeitung der Silices von Hornstaad zum gleichen Ergebnis (Hoffstadt 2005, 26). 165 KASH 67786 (131 Stück, wovon einige Stücke mehrfach gekerbt). 166 vgl. Junkmanns, J. (1996) Der jungsteinzeitliche Pfeil vom Zugerberg. Tugium 12, 87–95; Junkmanns, J. (2001) Prähistorische Pfeile. In: Alrune F. et al., Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute. Ludwigshafen, 59. 167 Eine Funktion bei der Herstellung der Perlenrohlinge scheidet nach den aus Hornstaad-Hörnle IA bestens bekannten Herstellungsschritten aus (vgl. Heumüller 2009). 168 Es sei hier allerdings angemerkt, dass der durch die ausgefeiltere Bergungsmethode in Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde wesentlich höhere Anteil der Silexbohrer zu einer deutlichen Verzerrung der Geräteanteile führt, so dass die jeweiligen Prozentanteile nur mit Vorbehalt verwendet werden sollten. 169 Kelterborn 2000; für das höhere Niveau der horgenzeitlichen Silexbearbeiter sprechen die zum Teil mehrere Zentimeter langen Basisretuschen. 170 Vgl. Gallay, A. (1977) Le Néolithique moyen du Jura et des plaines de la Saône. Contribution à l’étude des relations Chassey-Cortaillod-Michelsberg. Antiqua 6. Frauenfeld, Pl. 77; Jeunesse, Ch., Le néolithique alsacien et ses relations avec les régions voisines. In: Höneisen, M. (1990; Hrsg.) Die ersten Bauern, Pfahlbaufunde Europas. Band 2: Einführung, Balkan und angrenzende Regionen der Schweiz. Forschungsberichte zur Ausstellung im Schweizerischen Landesmuseum und zum Erlebnispark/Ausstellung Pfahlbauland in Zürich, 28. April–30. Sept. 1990. Zürich, 177–194; Hoffstadt 2005, 104–110; Sedlmeier 1998, 356. 171 Hoffstadt 2005, 18 [Anm. 22]. 172 Seeberger 1992, 44. 173 Seeberger hat für seine Versuche nicht jenes Kalk- und Silexmaterial (Heumüller 2009, 25) gebraucht, das auch in Hornstaad zur Perlenherstellung herangezogen wurde. Daher ist es denkbar, dass bei einer absolut authentischen Verwendung der Ausgangswerkstoffe andere Zahlenwerte resultieren könnten. 174 Sedlmeier 1998, 360. 175 Z.B. Hoffstadt 2005, Taf. 25. 176 Dazu auch Hoffstadt 1995, 110; Eine statistische Auswertung der Bohrermasse ist in unserem Fall nicht sinnvoll, weil gerade in den Lesefundkomplexen die grösseren Bohrer überwiegen, während in Herblingen, wo die Sedimente geschlämmt wurde, die gesamte Bandbreite der Bohrer überliefert ist. Dies verunmöglicht einen direkten Vergleich der Inventare. Zudem sind keine Neuerkenntnisse zu erwarten, die sich aus den Dimensionen der Bohrer ableiten liessen. 177 Vgl. dazu Seeberger 1992. 178 Es gilt hier allerdings zu berücksichtigen, dass die Bohrer durch das Schlämmen der Sedimente sehr dominant im Fundmaterial von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde vertreten sind. Daher ist ein Vergleich der Werkzeuganteile zwischen den drei Stationen nicht ganz unproblematisch. 179 Hahn 1993, 248–251.
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180 Le Brun-Ricalens, F. (2006) Les pièces esquillées: état des connaissances après un siècle de reconnaissance. Paléo 18, 95–114. 181 Altorfer/Conscience 2005, 49 und Anm. 107. 182 Vgl. J. Schibler in: Schibler, J. et al. (1997) Ökonomie und Ökologie neolithischer und bronzezeitlicher Ufersiedlungen am Zürichsee. Ergebnisse der Ausgrabungen Mozartstrasse, Kanalisationssanierung Seefeld, AKAD/Pressehaus und Mythenschloss in Zürich. Monogr. Kantonsarchäologie Zürich 20. Zürich/Egg, 184. 183 B. Ruckstuhl, Die Gesteinsbestimmungen am Beilklingenmaterial. In: Gross, E. et al. (1987) Zürich-Mozartstrasse. Neolithische und bronzezeitliche Ufersiedlungen 1. Ber. Zürcher Denkmalpflege, Monogr. 4. Zürich, 177–181 [181]; Suter 1987, 133 (Abb. 80). 184 In Hornstaad-Hörnle IA (Pétrequin/Jeunesse 1995, 85) sind die Schwarzschiefer mit einem Anteil von 60% vertreten. In den cortaillodzeitlichen Schichten von Zürich-Mozartstrasse (B. Ruckstuhl in: Gross 1987, 179) machen sie («Lydite») sogar 67% aller Beilklingen-Rohstoffe aus. Ebenso: Suter 1987, 133 (Abb. 80). 185 Es lässt sich nicht ganz ausschliessen, dass diese spezielle Gesteinsart von den Sammlern übersehen wurde. 186 Vgl. die Zusammenstellung bei Pétrequin/Cassen/Croutsch 2006, Fig. 5–6. Zusätzlich: Regensdorf ZH-Watt/Chuchisberg, unpubl. Lesefund (Dokumentation Archiv KA ZH) und Strahm, Chr. (2010) Eine Insignie der Macht am Kaiserstuhl – Das neolithische Prunkbeil von Oberbergen. AN aus Baden 80/81, 5–13. 187 Winiger 1999, 139–141. Deswegen hat J. Winiger diese Beile auch mit der Typenbezeichnung «Carnac» versehen. 188 Pétrequin/Cassen/Croutsch 2006; Jacobs/Löhr 2003. 189 Pétrequin/Cassen/Croutsch 2006, 168. Als hauptsächlichste Unterschiede werden vor allem eine näher beim Nacken liegende Nackenlochung sowie ein flachovaler Querschnitt genannt. 190 Zur Bedeutung speziell grosser und kunstvoll gearbeiteter Beile bei akephalen Gesellschaften Indonesiens vgl. Pétrequin, A.-M./Pétrequin, P. (1999) Écologie d’un outil: La hache de pierre en Irian Jaya (Indonésie). CRA-Monographies 12. Paris. Inwieweit diese Verhältnisse ungefiltert auf die europäische Urgeschichte übertragen werden können, muss allerdings offen bleiben. 191 Eine solche jungneolithische Schäftung kam bei Grabungen in Gachnang TG-Niederwil zum Vorschein: Müller-Beck, H.-J. (1991) Die Holzartefakte. In: Waterbolk, H.T./van Zeist, W. (Hrsg.) Niederwil – eine Siedlung der Pfyner Kultur. Band IV: Holzartefakte und Textilien. Academica Helvetica 1.IV. Bern/Stuttgart, Fig. 72,2. Die ähnlich konstruierten Schäfte aus Sutz-Rütte datieren wahrscheinlich ins Endneolithikum: Nielsen, E.H. (1989) Sutz-Rütte: Katalog der Alt- und Lesefunde der Station Sutz V. Ufersiedlungen am Bielersee 2. Bern, Taf. 19, 3; 57, 4; 72,6; 73,1–5. 192 Höneisen/Peyer 1994, 143–145. 193 Z.B. Schlichtherle 1990a, Taf. 61, 1381–1384; Heumüller 2009, 55–57 sowie 154–157. 194 KASH 67712. 195 KASH 67711. 196 Unser besonderer Dank gilt dem Fachstellenleiter Helmut Schlichtherle, dem Leiter der Hornstaader Grabungen Bodo Dieckmann und der Bearbeiterin der Hornstaader Silices Jutta Hoffstadt. 197 Folgende öffentliche und private Sammlungen unterstützten unser Projekt durch die Bereitstellung von Probenmaterial: Fachstelle Feuchtbodenarchäologie des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in Hemmenhofen (H. Schlichterle, B. Dieckmann, J. Hoffstadt), Amt für Archäologie Thurgau (A. Hasenfratz), Pfahlbau museum Unteruhldingen (G. Schöbel, P. Walter), K. Kiefer (Oberuhldingen), H. Hertlein (Singen a. Hohentwiel) sowie G. Dannegger (Jestetten). 198 Die schwerpunktmässige Wahl von Dickenbännlibohrern für die Rohstoffanalysen wäre dann ein Problem gewesen, wenn ein direkter Bezug zwischen der Wahl des Rohstoffs und der Art des daraus verfertigten Werkzeugtyps bestanden hätte. Eine solche unmittelbare Abhängigkeit ist aber im vorliegenden Fall offenbar nicht erkennbar, so dass es bei problematischen Komplexen vertretbar erschien, sich auf diesen chronologisch empfindlichen Bohrertyp zu beschränken. 199 Die Auswahl der Proben aus Hornstaad-Hörnle IA besorgte Jutta Hoffstadt, von der Fachstelle Unterwasserarchäologie des Landesdenkmalamtes Baden-Württemberg in Hemmenhofen. Ihr sei an dieser Stelle für die vielfältigen Unterstützungsarbeiten herzlich ge-
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dankt. Hoffstadt 2005, 180–181; Dieckmann 1990, 107–109. Z.B. Eberli 2010. Hoffstadt 2005, 47 (Abb. 28). Die hier in Klammern beigefügten «alten» Befundnummern beziehen sich auf die bei Hoffstadt 2005, veröffentlichte Befundnummerierung. In der 2006 erschienenen Arbeit Dieckmann/Harwarth/ Hoffstadt wurden die Befunde teils umnummeriert oder zusammengefasst, weswegen die Befundbezeichnungen beider Arbeiten nicht direkt miteinander korrespondieren. Vgl. dazu Dieckmann/Harwarth/Hoffstadt 2006, Anhang 1 [S. 268]. Dazu Hoffstadt 2005, Abb. 70b. Zur Lage der Auswertungsbereiche A–C siehe Hoffstadt 2005, 47 (Abb. 28). Vgl. Hoffstadt 2005, Beilage 3, Abb. 1. Zu Haus 9 vgl.: ebd., Beilage 2, Abb. 2. Vgl. Hoffstadt 2005, Abb. 12. Hoffstadt 2005, Beilage 6. Vgl. auch Hoffstadt 2005, Beilage 7. Der Abfallhaufen I entspricht der neuen Befundnummer 274-1 (alte Nummer 271), Abfallhaufen II der Befundnummer 274-6 (Alte Nummer 284) und Abfallhaufen III der Befundnummer 274 (alte Nummer 274). Vgl. auch Abb. 6.3b. Vgl. Hoffstadt 2005, Beilage 4, Konzentration VIII1 und VIII2 sowie Beilage 10, Abb. 4 und 5. z.B. Silextyp 101 (Wangen bei Olten; 8%), Silextyp 256 (Flintsbach-Hardt; 4%). Ein ganz ähnliches, wenn auch in den Details nicht ganz identisches Bild zeichnet auch das cortaillodzeitliche Fundensemble von Zürich-Kleiner Hafner. Z.B. Petrequin, P. (1984) Gens de l’eau, gens de la terre. Ethno-archéologie des communautés lacustres. Collection «La mémoire du temps». Hachette; Pétrequin, P. et al. (2006) Complexité technique et valorisation sociale : haches polies de Nouvelle-Guinée et du Néolithique alpin. In: Astruc, L. et al. (Hrsg.) Normes techniques et pratiques sociales. De la simplicité des outillages pré- et protohistoriques. XXVIe rencontres internationales d’archéologie et d’histoire d’Antibes. Antibes, 419–433; Torrence 1986; Sahlins 1972. De Grooth 1994, 376. In der älteren Fachliteratur (z.B. Nüesch, J. (1896) Das Schweizersbild. Zürich, 293–294) ist oft die Rede von sogenannten SerpulaPerlen. Serpulae sind Gehäuse von Kalkröhrenwürmern. Aus dem Schaffhauser Jungneolithikum sind bis heute keine Serpulaperlen bekannt (dazu bereits Guyan 1949/50, 180). Bei den gefundenen Perlen handelt es sich ausschliesslich um Stücke, die aus massiven Kalksteinbrocken gefertigt worden sind. Höneisen/Peyer 1994, 142; Hald/Wahl 2009, Bef. 547. Guyan 1949/50; Höneisen/Peyer 1994. E. Langenegger in: Stöckli/Niffeler/Gross-Klee 1995, 268. Höneisen/Peyer 1994, 137; E. Langenegger in: Stöckli/Niffeler/ Gross-Klee 1995, 268. Vgl. Trachsel 2005, 309. Schlichtherle 1990b, 241. Vgl. das Fallbeispiel von Sutz-Lattrigen (A. Hafner, Neolithische und bronzezeitliche Seeufersiedlungen am Bielersee. Neue Ansätze für Forschung und Erhaltung. In: Della Casa, Ph./Trachsel, M. (2005) WES’04 – Wetland Economies and Societies. Proceedings of the International Conference in Zurich, 10–13 March 2004. Collectio Archaeologica 3. Zürich, 267–276). De Grooth 1994. Hafner, A. (1992) Lattrigen VI Riedstation: Siedlungsplan und Baugeschichte. Ufersiedlungen am Bielersee 4. Bern. Weitere zur Diskussion stehende Beispiele bei Trachsel 2005, 303–308. Z.B. Knechte, Mägde, Leibeigene u.s.w. (vgl. Trachsel 2005, 308). Gross, E./Ruoff, U. (1990) Das Leben in neolithischen und bronzezeitlichen Dörfern an Zürich- und Greifensee. AS 19, 101–112 [S. 110]. Errechnet am Beispiel des neolithischen Gräberfeldes von Lenzburg AG (vgl. Wyss, R./Scheffrahn, W. (1998) Das neolithische Hockergräberfeld von Lenzburg, Kt. Aargau/Die anthropologischen Befunde der neolithischen Population von Lenzburg, Kt. Aargau. Archaeologische Forschungen. Zürich). In vielen naturnah lebenden Gesellschaften übernehmen Jugendliche bereits zahlreiche Aufgaben von heutigen Erwachsenen. Dazu auch Trachsel 2005, «Haushalte».
227 Dazu Lüning, J. Stehli, P. (1994) Die Bandkeramik im Merzbachtal auf der Aldenhovener Platte. Beiträge zur neolithischen Besiedlung der Aldenhovener Platte V/Rheinische Ausgrabungen 36. Köln, 86– 108. 228 Vgl. Leuzinger 2000, 175–179. 229 Vgl. de Grooth 1994, 376. 230 Für das schweizerische Neolithikum wird in der Fachliteratur eine Existienz solcher politischer Führer vorausgesetzt. Dazu auch: Hasenfratz/Gross-Klee 1995, 228–229. 231 De Grooth 1994. 232 Allg. zur Thematik vgl. B. Dieckmann in: Dieckmann/Harwarth/ Hoffstadt 2006, 243–246. Ebenso: Bleicher, N. (2009) Stabilität und Dynamik von Dörfern und Siedlungsgemeinschaften aus dendroarchäologischer Sicht. JbAS 92, 239–246 [S. 242, Alleshausen-Grundwiesen]. 233 Z.B. Achour-Uster, Ch./Eberli, U./Ebersbach, R./Favre, P. (2002) Die Seeufersiedlungen in Horgen. Die neolithischen und bronzezeitlichen Fundstellen Dampfschiffsteg und Scheller. Monogr. Kantonsarchäologie Zürich 36. Zürich/Egg, 211–212; Trachsel 2005, 321; Schlichtherle 2009, 79–83. Weitere Hinweise auf eine mögliche saisonale Nutzung von Siedlungssatelliten sind in Zukunft auch von Isotopenanalysen zu erwarten: Knipper, C. (2004) Die Strontiumisotopenanalyse – Eine naturwissenschaftliche Methode zur Erfassung der Mobilität in der Ur- und Frühgeschichte. JbRGZM 51/2, 589–685. 234 Aufgrund der örtlichen geologischen Verhältnisse direkt unterhalb der Fundschicht sind Bodeneingriffe technisch nicht leicht umsetzbar. Folglich sind in Herblingen nicht zwingend Gruben oder Gräben zu erwarten. Aus diesem Grund ist es durchaus auch möglich, dass nur oberirdische Bauweisen (Block- oder Schwellenbau) angewandt wurden, die im Boden kaum Spuren hinterlassen haben. 235 Für die Siedlung Hornstaad-Hörnle IA am Bodensee postulieren die Bearbeiter eine Fläche von 7’500 m2 (Dieckmann/Harwath/Hoffstadt 2006, 25). 236 An den Stücken ist die sogenannte Lackglanzpolitur beobachtbar, eine Gebrauchspolitur die beim häufigen Schneiden von Gräsern und Getreidearten entsteht (vgl. auch Hahn 1993, 278). 237 Guyan 1942; Kokabi, M. (1990) Ergebnisse der osteologischen Untersuchungen an den Knochenfunden von Hornstaad im Vergleich zu anderen Feuchtbodenfundkomplexen Südwestdeutschlands. Ber. RGK 71, 145–160. 238 Es handelt sich um Lesefunde aus verschiedenen Zeitabschnitten, bei denen insbesondere die Kleinstformen unterrepräsentiert sein dürften. 239 Dieckmann/Harwarth/Hoffstadt (2006, 25) schätzen die ehemalige Fläche der Siedlung Hornstaad-Hörnle IA auf ca. 7500 m2. 240 Hasenfratz/Gross-Klee 1995, 203; Trachsel 2005, 321. 241 Auf dem Lousberg bei Aachen hat Jürgen Weiner einen jungneolithischen Schlagplatz mit einer ungefähren Grundfläche von knapp 1,5 m2 Fläche untersucht (dazu: Weiner, J. (1984) Der Lousberg in Aachen. Feuersteinbergbau in der Jungsteinzeit. Aachen). Wie eigene Versuche in der Feuersteinbearbeitung zeigen, sind 1,5 m2 Grundfläche für einen Schlagplatz doch eher die untere Grenze, da die Splitter beim Zerlegen der Knollen teils über Distanzen von mehreren Metern gestreut werden können. Das Gros der Splitter liegt – je nach Sitzposition des Steinhandwerkers - meistens in einem Bereich von 2–4 m2, so dass hier dieser Wert als Berechnungsgrundlage dient. 242 Es sei hier beispielsweise an die Fernimporte aus Hornstaad erinnert (vgl. Hoffstadt 2005, Abb. 119+120). 243 Vgl. Sedlmeier 2003b, 29; M.E. de Grooth, The social context of Neolithic Flint mining in Europe. In: Schild/Sulgostowska 1987, 71–75 [73]. 244 Als Spezialfall sind die Silexknollen des Typs 271 zu werten, die vergleichsweise häufig in den eozänen Bohnerztaschen (=Silextyp 271/002; z.B. südöstlich von Lohn oder nördlich von Büttenhardt) vorkommen und an ihrer satten Braunfärbung und dem charakteristischen Neokortex erkennbar sind. 245 Nicht unerhebliche Mengen an durchaus verwertbarem Silexmaterial wurden in Spiennes in den aufgelassenen Schächten entsorgt. Vgl. H. Collet, A. Hauzeur, J. Lech, The prehistoric flint mining complex at Spiennes (Belgium) on the occasion of its discovery 140 years ago. In: Allard, P./Bostyn, F./Giligny, F./Lech, J. (2008; Hrsg.)
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Flint Mining in Prehistoric Europe. Interpreting the archaeological records. European Association of Archaeologists, 12th Annual Meeting Cracow, Poland 19th–24th September 2006. BAR, Int. Ser. 1891. Oxford, 41–77 [Fig. 29]. Offenbar hatten sie von der Form und Grösse nicht den Ansprüchen der Verarbeiter genügt. Verfasser hatte selbst die Möglichkeit die Qualität von Rohstoffknollen aus dem Versatz der Schächte 20 und 22 von Spiennes und Petit Spiennes zu testen. Die getesteten Knollen waren von einwandfreier Qualität. Auch in Abensberg-Arnhofen und Rijckholt wurde teils zweitklassiges, aber durchaus noch verwertbares Rohmaterial in den Schachtverfüllungen entsorgt. Bamforth, D.B./Finlay, N. (2008) Introduction: Archaeological Approaches to Lithic Production Skill and Craft Learning. Journal of Archaeological Method and Theory 15, 1–27; Babel, J. (1997) Teaching flint knapping skills in Neolithic mining societies. In: Schild, R./Sulgostowska, Z. (Hrsg.) Man and flint. Proceedings oft he VIIth International Flint Symposium Warszawa-Ostrowiec witokrzyski, September 1995. Warschau, 167–171. Ferner zur Thematik: Högberg, A. (2008) Playing with flint: Tracing a Child’s Imitation of Adult Work in a Lithic Assemblage. Journal of Archaeological Method and Theory 15, 112–131. In diesem Zusammenhang wäre eine Untersuchung der Inventare nach Produkten ungeübter Steinhandwerker («Lernender») von grossem Interesse (vgl. Pigeot, N. (1990) Technical and social actors: Flintknapping specialists and apprentices at Magdalenian Etiolles. Archaeological Review from Cambridge 9/1, 126–141). In Anbetracht der Tatsache, dass bei der Verarbeitung kleiner Nuklei unverhältnismässig viele Schlagunfälle entstehen, weil die Schlagwinkel nicht mehr so präzise kontrolliert werden können, würde sich eine solche Suche als höchst problematisch erweisen. Vgl. de Grooth 1994, 371–376. Vgl. dazu auch die bei de Grooth (1994, 371–376) erwähnten ethnografischen Parallelen. De Grooth 1994, 376. Weiterführend zum Profitdenken in archaischen Gesellschaften: Torrence 1986 und McBryde, I. (1986) Artefacts, language and social interaction: A case study from south-eastern Australia. In: Bailey, G./Callow, P. (Hrsg.) Stone Age Prehistory. Studies in Memory of Charles McBurney. Cambridge. Mauss, M. (1990) Die Gabe. Form und Funktion des Austauschs in archaischen Gesellschaften. Frankfurt a. M., 27–31. De Grooth 1994, 376. Binsteiner, A. (2005) Die Lagerstätten und der Abbau bayerischer Jurahornsteine sowie deren Distribution im Neolithikum Mittelund Osteuropas. JbRGZM 52, 43–155; Binsteiner, A. (2001) Die Feuersteinstrasse zwischen Bayern und Böhmen. Eine Studie zur Verbreitung der Arnhofener und Baiersdorfer Jurahornsteine. BV 66, 7-12. Deutliche Worte zu dieser Thematik äusserte bereits Rind: M.M. Rind, Zum Stand der Ausgrabungen im Arnhofener Hornsteinbergwerk. In: Beier, H.-J./Einicke, R. (2004) Varia Neolithica III. Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 37. Langenweissbach, 57–64 [63–64]. Auch Willms (1982, 98–99) lehnt einen kommerziellen Handel für das Jungneolithikum ab. Fol, A./Lichardus, J. (1988) Macht, Herrschaft und Gold: Das Gräberfeld von Varna (Bulgarien) und die Anfänge einer neuen europäischen Zivilisation. Saarbrücken. Kociumaka, C. (2002) Gräber der Glockenbecherkultur bei Markt, Gemeinde Biberach, Landkreis Augsburg, Schwaben. AJB, 32–34; nebenbei sei hier angemerkt, dass in keinem der Fälle erkennbar ist, auf welchen Grundlagen dieser materielle Reichtum beruht. Es sei an dieser Stelle daran erinnert, dass in vielen Kulturen eine reiche Nachkommenschaft als grösster, erstrebenswerter Reichtum gilt. Vgl. auch Hoffstadt 2005, 131–132. Die Unterschiede in den Rohstoffspektren sind auffallend gering, obschon die untersuchten Probenserien doch relativ klein sind und man doch ein sehr zufälliges Rohstoffspektrum erwarten würde. Dabei überrascht es auch nicht allzu sehr, dass diejenigen Siedlungen, die geografisch näher an einem Vorkommen liegen (z.B. Jestetten-Schnellgalgen oder Eschenz-Werd), auch spürbar grössere Anteile des betreffenden Silexmaterials aufweisen. Mit zunehmender Distanz von Schaffhausen scheint auch der Anteil der Schaffhauser Rohstoffe tendenziell abzunehmen.
260 Unpublizierte Rohstoffanalysen (J. Affolter) an den cortaillodzeitlichen Silexinventaren von Zürich-Kleiner Hafner (Schichten 4AG) und Zürich-Mozartstrasse (Schichten 5/6). Altorfer, in Vorbereitung. 261 Altorfer, in Vorbereitung. 262 Dazu auch Hoffstadt 2005, 148 bzw. 185. 263 Z.B. Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde, vgl. Abb. 113. 264 Es sei an dieser Stelle an die verzierten Scherben aus ZürichBauschanze (vgl. Vogt, E. (1967) Ein Schema des schweizerischen Neolithikums. Germania 45, 1–20 [Abb. 2–3] und von Zürich-Kleiner Hafner (Suter 1987, Taf. 25, 7) erinnert. 265 Aus Hornstaad-Hörnle IA liegen mehr durch die Cortaillod- als die Michelsberger Kultur beeinflusste Keramikformen vor. Freundliche Mitteilung Irenäus Matuschik (LDA Baden-Württemberg, Hemmenhofen), der das Keramikmaterial von Hornstaad wissenschaftlich bearbeitet hat (Matuschik, im Druck). 266 E. Schmid, Der jungsteinzeitliche Abbau auf Silex bei Kleinkems, Baden-Württemberg. In: Weisgerber 1999, 141–165 [157–162]. 267 Weisgerber, G./Willies, L. (2001) The Use of Fire in Prehistoric and Ancient Mining: Firesetting. Paléorient 26(2), 131–149. 268 Es mag sein, dass dieser fehlende Nachweis auch mit der fast kompletten Ausnutzung des Fördergutes zusammenhängt, zumal archäologisches Haldenmaterial meist nur an zerschlagenen Gezähen, unbrauchbarem Fördergut sowie Holzkohlepartikeln erkennbar ist. 269 Es ist eine bemerkenswerte Tatsache, dass der Kalkbruchschutt an vielen Aufschlüssen bis weit an die Plateaukante hinaufreicht, was in der vorliegenden Form nicht dem natürlichen Erosionsprofil entspricht. 270 Beim vollständig geschlämmten Material der Sondage 2007 von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde kommen auf ein Kernstück Grundformen mit einem durchschnittlichen Gewicht von 27 g. Unter der Annahme, dass ein Teil der Grundfomen an befreundete Gruppen weiter gegeben worden ist, dürfte das Gewicht der abgebauten Grundformen pro Kern doch recht nahe an den Schätzwert von 45 g herankommen. 271 Ungefähres mittleres Gewicht der vollständigen, unretouchierten und retouchierten Abschläge der Grabungen 1918/19 und 1938/39 von Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde (n=3846, Gewicht=7289.7 g). 272 KASH 66075–66077, 66099.01–66099.04, 66103.01–66103.04, 66702.01, 66707, 66709.01–66709.12, 66710.01–66710.02, 66713.01–66713.08, 66765.01–66765.04, 66767, 66824.01– 66824.06, 66879–66881, 66883.01–66883.02, 67652.01–67652.03, 67653, 67654.01–67654.03, 67655.01–67655.02, 67656.01– 67656.05, 67’657, 67658.01–67658.02, 67659, 67691.01–67691.06, 67692.01–67692.03, 67693.01, 67696.01–67696.02, 67697.01– 67697.02, 67759.01–67759.09, 67762.01–67762.02, 67763.01– 67763.03, 67766.01–67766.02, 67766.06. 273 Die effektive Zahl der Bohrer dürfte ursprünglich wesentlich kleiner gewesen sein, brechen die Bohrer doch beim Gebrauch häufig in zwei oder mehr Teile (zum hohen Fragmentierungsgrad der Bohrer aus Hornstaad vgl. Schlichtherle 1990a, 109). 274 Zu einem unabhängig von uns erarbeiteten quantitativen Ergebnis kam auch Hoffstadt (2005, 141). Der von ihr als Jurahornstein bezeichnete Silexrohstoff entspricht unserem Silextyp 346. 275 Vgl. auch Hoffstadt/Maier 1999, 27 und Hoffstadt 2005, 135 («Jura hornstein»). 276 Bei der Herstellung von Dickenbännlibohrern wurden oft die dicken Proximal- und die einbiegenden Distalenden entfernt, um die Grundform zu begradigen. 277 Bohrer mit ungleichmässiger Dicke neigen beim Gebrauch rascher zum Bruch, weswegen bei der Herstellung der Bohrer sehr auf eine einigermassen konstante Dicke geachtet wurde. 278 Vgl. Abs. 4.2.4. Eine Anwendung der dafür viel geeigneteren Drucktechnik hätte eine sehr hohe Uniformität der Produkte zur Folge. Diese liess sich aber in keinem der untersuchten Inventare nachweisen. 279 Hoffstadt/Maier 1999, 28. 280 Zimmermann 1995, 65–67; Willms 1982, 119. Speziell bezogen auf das Seeuferneolithikum: Uerpmann 1981, 38–40; Altorfer/Conscience 2005, 105–108; Hep Harb/Lötscher 2005, Abb. 126, D+E; Hoffstadt 2005, 183. 281 Hier sei beispielsweise auf die Silexklingen aus norditalienischem
Silex aus Hornstaad erinnert (Hoffstadt 2005, 152–155). 282 Bei einem Teil der hier erwähnten Stücke handelt es sich um thermische Trümmer. Der effektive Anteil liegt also etwas tiefer. 283 Z.B. Gächlingen-Goldäcker (Linearbandkeramik und Mittelneolithikum; Altorfer et al. in Vorbereitung). 284 Z.B. Zimmermann 1988, 646; Kieselbach 2008, 112; De Capitani et al. 2002, 38; Newell, R.R./Leuzinger, U., Silexartefakte. In: Hasenfratz, A./Raemaekers, D.C.M. (Hrsg., 2006) Niederwil - eine Siedlung der Pfyner Kultur. Band V: Anorganische Funde, Palynologie und Synthese. Archäologie im Thurgau 13. Frauenfeld, 91–95; Leuzinger, U. (2007) Pfyn Breitenloo – Die jungsteinzeitliche Pfahlbausiedlung. Archäologie im Thurgau 14. Frauenfeld, 138 u.a.m. 285 Z.B. Geneste (1985, 178–182) zitiert durch Hahn 1993, 160; Kieselbach 2008, 112; Zimmermann 1995, 77; Scharl 2010, 89. 286 Vgl. Crabtree, Don E. (1967) Notes on experiments in Flintknapping: 3 The Flintknapper’s raw materials. 287 Altorfer/Conscience 2005, 101; Ritzmann 1986, Abb. 55; Honegger 2001. 288 Z.B. Altorfer/Conscience 2005, Abb. 121 links und mitte; Lötscher, Chr. (2005) Geräte aus Stein. In: Hep Harb, A./Lötscher, Chr., Neolithische Seeufersiedlungen von Cham-Sankt Andreas (Kanton Zug). Antiqua 39. Basel, Kat. 507, 534, 585; Leuzinger, U. (2002) Steinartefakte. In: De Capitani, A. et al., Die jungsteinzeitliche Seeufersiedlung Arbon/Bleiche 3. Funde. Archäologie im Thurgau 11. Frauenfeld, Abb. 23, 13+25. 289 Belege für eine systematische Entrindung sind beispielsweise aus der westlichen Bandkeramik bekannt: vgl. De Grooth, M. (1987) The Organisation of Flint Tool Manufacture in the Dutch Bandkeramik. Analecta Praehistorica Leidensia 20, 27–51 [Beek-Kerkeveld] sowie Allard, P. (2005) Surplus production of flint blades in the early Neolithic of Western Europe: New Evidences from Belgium. European Journal of Archaeology 8/3, 205–223. 290 Als besonders kritisches Beispiel sei hier der Plattenhornstein angeführt, wo höchstens bei der bifaziellen Bearbeitung eine Dekortifikation stattfindet. Bei der Klingenproduktion wäre eine Entrindung viel zu materialintensiv gewesen. 291 Heumüller 2009, 237–243. 292 Z.B. Gächlingen-Niederwiesen/Goldäcker: JbSGUF 61, 1978, 174 (Abb. 3); Oberhallau-Überhürst: Unpubliziert (Depot KASH); Neunkirch-Wyden: Guyan 1971, 85; Neuhausen-Ottersbühl: Guyan 1971, 85; Mühlhausen-Lachen (Kr. Konstanz): Schlichtherle 1990a, Abb. 96, 31–50. 293 Diese Aussage ist aber insofern zu relativieren, als bislang keine mittelneolithischen Grubeninhalte aus der Region geschlämmt worden sind und dass vor allem kleinere Bohrer klar unterrepräsentiert sein könnten. 294 Eine seltene Ausnahme in der Region stellen die neolithischen Gräber von Welschingen (Lkrs. Konstanz) dar. Dazu Hald/Wahl 2009. 295 Vgl. zu dieser Problematik den Aufsatz von J. Winiger, Horn und Homer. AS 14, 1991, 3, 242–249. 296 Hoffstadt 2005, Anm. 22. 297 Heumüller 2009, 25. 298 Aus Thayngen-Untere Bsetzi liegt eine Kette mit 114 Röhrenperlen vor (Höneisen/Peyer 1994, 143). 299 Aus den Rettungsgrabungen der KASH in Gächlingen-Goldäcker (Mittelneolithikum; Altorfer et al., in Vorb.) liegen bislang nur einige Hundert Silexbohrer vor, währenddessen in Herblingen oder Hornstaad (Jungneolithikum) bereits Tausende von Bohrern gefunden worden sind. 300 Aus Niederbayern sind einzelne mittelneolithische Inventare bekannt, die einige Tausend Silexbohrer umfassen (R. Pleyer, Experimente zur Herstellung von Dickenbännli-Bohrern und langschmalen Klingen aus Arnhofener Hornstein. In: Rind, M.M. (2003; Hrsg.) Wer andern eine Grube gräbt... Archäologie im Landkreis Kelheim 4, 69-73). Ob im dortigen Jungneolithikum ebenfalls eine Intensivierung festzustellen ist, entzieht sich unserer Kenntnis. 301 Heumüller 2009, 231. 302 Heumüller 2009, 113. 303 Auch aus den Kantonen Baselland und Solothurn sind massenhaft Dickenbännlibohrer bekannt (vgl. d’Aujourd’hui 1977 bzw. 1981 und Sedlmeier 1998, 360). Allerdings fehlt vom Kalksteinschmuck bislang (erhaltungsbedingt?) jede Spur. 304 Suter 1987, Taf. 4,1–21; 18,1–22; 70,17–21.
305 Hoffstadt 2005, 121–134. 306 Dazu auch Willms 1982, 93–96. 307 Hoffstadt 2005, 188; Altorfer/Conscience 2005, 108. 308 Heumüller 2009, 116. 309 Hoffstadt 2005, 188. 310 Schlichtherle 1990a, 207; möglicherweise handelt es sich um die von E. von Tröltsch (1902, 220) genannte Feuersteininsel bei Bodman
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Abbildungsnachweis Abb. 1 KASH, Beat Scheffold. Abb. 4+30 KAZH, Patrick Nagy und Simon Vogt. Abb. 7+32 KASH, nach Vorlage von Ch. Hübner. Abb. 10 Bundesamt für Landestopografie swisstopo. Abb. 12 H. Bührer (Archiv KASH). Abb. 13 Guyan 1942. Abb. 23-28 IPNA Basel, David Brönnimann. Abb. 34 Nach Schlichtherle 1990a und Maczynska 1999. Abb. 35 1-2 KASH; 3-8 nach Rigert, E. (2001) A7 - Ausfahrt Archäologie. Prospektion und Grabungen im Abschnitt Schwaderloh-Landesgrenze. Archäologie im Thurgau 10. Frauenfeld, Abb. 166, 46– 51; 9 nach Schlichtherle 1990a, Kat. 1512; 10 nach Schlichtherle 1990a, Kat. 76; 11 nach Winiger/Hasenfratz 1985, Taf. 13, 13; 12 nach Gersbach 1969, Taf. 54, 14; 13 nach Schlichtherle 1990a, Kat. 1268. Abb. 36 1 nach Schlichtherle 1990a, Kat. 1267; 2 nach AABW 1989, S. 64 (Abb. 36); 3 nach AABW 1991, S. 75 (Abb. 46); 4 nach Vogt, E. (1967) Ein Schema des schweizerischen Neolithikums. Germania 45, 1967, 1–20 [Abb. 3]; 5–6 nach Suter 1987, Taf. 13,7 und 25,7. Abb. 38 Nach Murawski et al. 1998. Abb. 39 A: KASH, B: H. Zapf. Abb. 40 KASH nach Pfiffner 2009, Geyer et al. 2003 sowie Graf 1991. Abb. 41 H. Zapf. Abb. 42 A1: B. Valcke; andere: K. Altorfer/KASH. Abb. 43 J. Affolter. Abb. 44 H. Zapf. Abb. 45 Makrofotos: B. Valcke/Mikrofotos: J. Affolter. Abb. 46 H. Zapf. Abb. 47 KASH. Abb. 48 A: K. Altorfer/KASH, andere H. Zapf. Abb. 49 J. Affolter. Abb. 50 J. Affolter. Abb. 51 J. Affolter. Abb. 52 Makrofotos K. Altorfer/KASH, Mikrofotos J. Affolter. Abb. 53 KASH. Abb. 54 KASH, nach Hofmann 1981, mit Ergänzungen. Abb. 55 J. Affolter. Abb. 56 KASH. Abb. 57 KASH. Abb. 58 Reinzeichnung Ruth Baur, KASH. Abb. 78 Umzeichnung KASH nach Vorlagen von: Campbell 1999 (Anm. 149), 320 und Callahan 1985 (vgl. Anm. 150). Abb. 83 KASH, R. Baur. Abb. 100 KASH, R. Baur. Abb. 105 Museum für Urgeschichte(n) Zug, Res Eichenberger. Abb. 109 Oben: Modifiziert nach Hoffstadt 2005, Mitte und unten: KASH. Abb. 114 Karsten, H. (1874) Studie der Urgeschichte des 132
Abb. 120 Abb. 122 Abb. 124 Abb. 125 Abb. 128
Übrige
Menschen in einer Höhle des Schaffhauser Jura. MAGZ Band XVIII, Heft 6. Zürich. KASH, R. Baur. KAZH, K. Altorfer. KASH, R. Baur. E. Schmid in: Weisgerber 1999. Modifiziert nach: Jeunesse, Ch. (1990) Le néolithique alsacien et ses relations avec les régions voisines. In: Höneisen, M (Hrsg.) Die ersten Bauern, Pfahlbaufunde Europas. Band 2: Einführung, Balkan und angrenzende Regionen der Schweiz. Forschungsberichte zur Ausstellung im Schweizerischen Landesmuseum und zum Erlebnispark/ Ausstellung Pfahlbauland in Zürich, 28. April– 30. Sept. 1990. Zürich, 177–194. KASH.
Abkürzungen AABW Abb. Abs. AiZ AJB AK AN AS ASA
Archäologische Ausgrabungen in Baden-Württemberg Abbildung Abschnitt Archäologie im Kanton Zürich Das Archäologische Jahr in Bayern Archäologisches Korrespondenzblatt Archäologische Nachrichten aus Baden Archäologie der Schweiz Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde (Zürich) A.F. = Alte Folge, N.F. = Neue Folge British Archaeological Reports BAR Ber. Bericht Ber. RGK Bericht der Römisch–Germanischen Kommission BV Bayerische Vorgeschichtsblätter et al. et alii FBBW Fundberichte aus Baden-Württemberg FBVF Forschungen und Berichte zur Vor- und Frühgeschichte in Baden-Württemberg FK Fundkomplex G. Gewicht Gesellschaft Ges. HA Helvetia Archaeologica Inv. Inventarnummer IPNA Institut für Prähistorische und Naturwissenschaftliche Archäologie, Basel Jber. Jahresbericht Jahrbuch Archäologie Schweiz (seit 2006, früher JbAS JbSGUF) JbRGZM Jahrbuch des Römisch-Germanischen Zentralmuseums in Mainz JbSGU Jahrbuch der Schweiz. Gesellschaft für Urgeschichte (1908–1965) JbSGUF Jahrbuch der Schweiz. Gesellschaft für Ur- und Frühgeschichte (1966/67–2005, früher JbSGU) Kantonsarchäologie KA Kap. Kapitel Kantonsarchäologie Schaffhausen KASH Kat. Katalognummer Kantonsarchäologie Zürich KAZH MAGZ Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft Zürich NZZ Neue Zürcher Zeitung Römisch-Germanisches Zentralmuseum Mainz RGZM RS Randscherbe(n) Schaffhauser Beiträge zur Geschichte SHBG SGUF Schweiz. Gesellschaft für Ur- und Frühge schichte SN Schaffhauser Nachrichten SPM Die Schweiz vom Paläolithikum bis zum frühen Mittelalter UFAS Ur- und frühgeschichtliche Archäologie der Schweiz (in sechs Bänden), 1968-1979. SGUF Basel. undef. undefiniert
UPA Verh. Vgl. WS ZA ZAK Z.B.
Universitätsforschungen zur prähistorischen Archäologie Verhandlungen Vergleiche Wandscherbe(n) Zürcher Archäologie Zeitschrift für Archäologie und Kunstgeschichte Zum Beispiel
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Katalog Abkürzungen: L. Länge B. Breite D. Dicke G. Gewicht Wst. Wandstärke Bst. Bodenstärke Fj. Fundjahr FK Fundkomplex Pos. Position KASH Depot Kantonsarchäologie Schaffhausen 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22
Klopfstein. Silextyp 366. L. 4.7 cm, B. 4.5 cm, D. 2.7 cm, G. 53.9 g. KASH 67660.01. Klopfstein. Silextyp 001. L. 4.2 cm, B. 3.9 cm, D. 3.5 cm, G. 76.6 g. KASH 67660.02. Klopfstein. Unterlagsstein. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 3.2 cm, D. 2.8 cm, G. 4.1 g. KASH 67698.01. Klopfstein. Unterlagsstein. Silextyp 346. L. 3.5 cm, B. 3.1 cm, D. 2.2 cm, G. 31.9 g. KASH 67698.08. Produktionskern. Stadium 0.2. Silextyp 366. L. 4.6 cm, B. 2.6 cm, D. 2.5 cm, G. 40.1 g. KASH 67652.02. Restkern. Stadium 1.1. Silextyp 366. L. 2.8 cm, B. 2.1 cm, D. 1.6 cm, G. 12.4 g. KASH 67653. Restkern. Stadium 1.1. Silextyp 366. L. 3.2 cm, B. 2.7 cm, D. 1.7 cm, G. 21 g. KASH 66702.01. Restkern. Stadium 1.2a. Silextyp 366. L. 3.2 cm, B. 1.9 cm, D. 1.6 cm, G. 7.5 g. KASH 67654.02. Restkern. Stadium 1.2a. Silextyp 366. L. 4.2 cm, B. 3.0 cm, D. 1.0 cm, G. 15.6 g. KASH 67654.01. Restkern. Stadium 1.2b. Silextyp 346. L. 2.3 cm, B. 2.1 cm, D. 2.0 cm, G. 14.5 g. KASH 67655.02. Restkern. Stadium 1.3. Silextyp 366. L. 2.3 cm, B. 1.8 cm, D. 1.7 cm, G. 7.7 g. KASH 67656.02. Restkern. Stadium 1.3. Silextyp 366. L. 2.7 cm, B. 2.1 cm, D. 1.9 cm, G. 11.9 g. KASH 66705.01. Restkern. Stadium 2.1b. Silextyp 001. L. 3.4 cm, B. 2.9 cm, D. 1.3 cm, G. 14.2 g. KASH 66727.01. Restkern. Stadium 2.3. Silextyp 366. L. 2.5 cm, B. 2.9 cm, D. 2.2 cm, G. 16.2 g. KASH 66730.01. Restkern. Stadium 2.3. Silextyp 366. L. 2.6 cm, B. 2.5 cm, D. 2.1 cm, G. 12.2 g. KASH 66710.01. Restkern. Stadium 3.2. Silextyp 366. L. 3.6 cm, B. 3.1 cm, D. 1.9 cm, G. 19.5 g. KASH 67658.02. Restkern. Stadium 3.2. Silextyp 271. L. 3.6 cm, B. 3.4 cm, D. 1.6 cm, G. 22.2 g. KASH 66712.01. Restkern. Stadium 3.2. Silextyp 366. L. 4.3 cm, B. 3.6 cm, D. 1.8 cm, G. 28.8 g. KASH 66712.02. Restkern. Stadium 3.3. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 3.3 cm, D. 2.9 cm, G. 51.7 g. KASH 66713.04. Restkern. Stadium 3.3. Silextyp 366. L. 3.9 cm, B. 3.2 cm, D. 2.7 cm, G. 34.5 g. KASH 66713.06. Abschlag, retuschiert. Silextyp 366. L. 2.7 cm, B. 1.4 cm, D. 0.4 cm, G. 1.6 g. KASH 67789.01. Abschlag, retuschiert. Silextyp 366. L. 4.9 cm, B. 2.7 cm, D. 0.8 cm, G. 13.6 g. KASH 67649.01.
23 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. Proximal erhalten. L. 5.4 cm, B. 3.8 cm, D. 0.9 cm, G. 18.2 g. KASH 67650.04. 24 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 5.1 cm, B. 2.4 cm, D. 1.1 cm, G. 14.9 g. KASH 67788.01. 25 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 4.4 cm, B. 2.0 cm, D. 0.6 cm, G. 7.6 g. KASH 67788.08. 26 Klinge, retuschiert. Silextyp 271. Distal erhalten. L. 4.2 cm, B. 2.1 cm, D. 0.6 cm, G. 8.0 g. KASH 67650.01. 27 Kernkantenklinge (primär einseitig), retuschiert. Silextyp 001. L. 4.7 cm, B. 1.3 cm, D. 1.1 cm, G. 8.2 g. KASH 66081. 28 Kernkantenklinge (primär einseitig). Silextyp 436. L. 3.3 cm, B. 1.1 cm, D. 1.0 cm, G. 2.4 g. KASH 66791.01. 29 Kernkantenlamelle (primär einseitig), retuschiert. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.2 cm, D. 0.7 cm, G. 2.8 g. KASH 67742.02. 30 Kerbe an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.0 cm, B. 1.9 cm, D. 0.7 cm, G. 4.2 g. KASH 67639.07. 31 Kerbe an Abschlag. Silextyp 001. L. 2.2 cm, B. 1.7 cm, D. 0.7 cm, G. 2.9 g. KASH 67639.04. 32 Kerbe an Kernkantenklinge (primär einseitig). Silextyp 366. L. 4.6 cm, B. 1.8 cm, D. 1.2 cm, G. 9.6 g. KASH 67804.01. 33 Kerbe an Klinge. Silextyp 366. L. 4.8 cm, B. 1.6 cm, D. 0.6 cm, G. 4.2 g. KASH 67641.01. 34 Kerbe an Lamelle. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.2 cm, D. 0.5 cm, G. 1.7 g. KASH 67642. 35 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Flügelspitze abgebrochen. Silextyp 366. L. 2.5 cm, B. 1.4 cm, D. 0.4 cm, G. 1.3 g. KASH 67638.03. 36 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Impaktbruch. Silextyp 366. L. 2.3 cm, B. 1.6 cm, D. 0.4 cm, G. 1.6 g. KASH 67638.04. 37 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Impaktbruch. Silextyp 346. L. 2.2 cm, B. 1.2 cm, D. 0.3 cm, G. 0.7 g. KASH 67638.11. 38 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Schneidendefekt. Silextyp 366. L. 2.2 cm, B. 1.3 cm, D. 0.4 cm, G. 1.1 g. KASH 67638.09. 39 Pfeilspitze mit konvexer Basis. Reparierte Spitze. Silextyp 366. L. 2.2 cm, B. 1.7 cm, D. 0.4 cm, G. 1.3 g. KASH 67638.13. 40 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.0 cm, D. 0.5 cm, G. 1.2 g. KASH 67637.07. 41 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 2.4 cm, B. 1.0 cm, D. 0.4 cm, G. 0.9 g. KASH 67637.09. 42 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.9 cm, B. 0.5 cm, D. 0.4 cm, G. 0.3 g. KASH 67636.03. 43 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.7 cm, B. 0.6 cm, D. 0.4 cm, G. 0.4 g. KASH 67636.06. 44 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.7 cm, B. 0.5 cm, D. 0.3 cm, G. 0.3 g. KASH 67635.01. 45 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 271. L. 1.2 cm, B. 0.4 cm, D. 0.2 cm, G. 0.1 g. KASH 67635.08. 46 Spitze an Abschlag. Silextyp 366. L. 4.8 cm, B. 2.7 cm, D. 1.5 cm, G. 20.2 g. KASH 67645.01. 47 Spitze an Klinge. Silextyp 366. L. 4.8 cm, B. 1.6 cm, D. 139
0.7 cm, G. 6.0 g. KASH 67641.02. 48 Spitze an Klinge. Silextyp 366. L. 3.7 cm, B. 1.8 cm, D. 0.9 cm, G. 5.4 g. KASH 67643. 49 Spitze an Lamelle. Silextyp 366. L. 2.8 cm, B. 1.1 cm, D. 0.7 cm, G. 2.2 g. KASH 67719.06. 50 Spitze an Klinge. Silextyp 366. L. 2.7 cm, B. 1.4 cm, D. 0.4 cm, G. 1.5 g. KASH 67644. 51 Kratzer an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.2 cm, B. 2.5 cm, D. 0.8 cm, G. 7.7 g. KASH 67647.06. 52 Kratzer an Abschlag. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.8 cm, D. 0.8 cm, G. 5.3 g. KASH 67647.03. 53 Kratzer an Klinge. Silextyp 271. L. 4.8 cm, B. 2.4 cm, D. 0.7 cm, G. 7.2 g. KASH 67679.02. 54 Kratzer an Klinge. Silextyp 366. L. 4.7 cm, B. 2.2 cm, D. 0.8 cm, G. 7.8 g. KASH 67646.02. 55 Kratzer an Klinge. Silextyp 366. L. 4.5 cm, B. 2.4 cm, D. 0.7 cm, G. 8.0 g. KASH 67679.01. 56 Kratzer an Klinge. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 1.8 cm, D. 0.8 cm, G. 5.1 g. KASH 67646.01. 57 Endretusche an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.3 cm, B. 2.6 cm, D. 0.6 cm, G. 4.7 g. KASH 67648.02. 58 Endretusche an Klinge. Silextyp 366. L. 4.9 cm, B. 1.7 cm, D. 0.9 cm, G. 9.9 g. KASH 67782.01. 59 Endretusche an Klinge. Silextyp 001. L. 4.6 cm, B. 1.8 cm, D. 0.5 cm, G. 5.2 g. KASH 67782.05. 60 Endretusche an Lamelle. Silextyp 366. L. 3.2 cm, B. 1.2 cm, D. 0.7 cm, G. 3.0 g. KASH 67784.05. 61 Ausgesplittertes Stück. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 2.3 cm, D. 0.4 cm, G. 3.8 g. KASH 67780.01. 62 Fragment einer Beilklinge mit durchlochtem Nacken, Typ Zug. Diopsid-Marmor. L. 4.5 cm, B. 3.8 cm, D. 1.9 cm, G. 47.8 g. KASH 67704. 63 Fragment einer Beilklinge mit durchlochtem Nacken. Diopsid-Marmor. L. 6.5 cm, B. 3.9 cm, D. 2.0 cm, G. 84 g. KASH 67705. 64 Beilklinge mit trapezförmigem Umriss und rechteckigem Querschnitt. Granat-Pyroxenit. L. 2.1 cm, B. 1.9 cm, D. 0.7 cm, G. 4.8 g. KASH 67662. 65 Beilklinge spitznackig, mit ovalem Querschnitt. Schneide ausgesplittert. Serpentinit. L. 8.2 cm, B. 4.6 cm, D. 2.0 cm, G. 98.9 g. KASH 67702. 66 Beilklinge, spitznackig, mit ovalem Querschnitt. Schneide stark ausgesplittert. Gabbro. L. 7.3 cm, B. 4.0 cm, D. 2.3 cm, G. 96.8 g. KASH 67700. 67 Beilklinge, spitznackig, mit ovalem Querschnitt. Schneide stark ausgesplittert. Metamorpher Kalk. L. 6.5 cm, B. 4.4 cm, D. 2.0 cm, G. 79.5 g. KASH 67701. 68 Beilklinge, spitznackig, mit rundem Querschnitt. Schneide stumpf. Gabbro. L. 7.3 cm, B. 4.0 cm, D. 2.7 cm, G. 117 g. KASH 67661. 69 Beilklinge, spitznackig, mit ovalem Querschnitt. Schneide ausgesplittert. Amphibolit. L. 5.2 cm, B. 3.7 cm, D. 1.8 cm, G. 49.7 g. KASH 67699. 70 Fragment einer Beilklinge mit ovalem Querschnitt. Schneide stark ausgesplittert. Alpiner Metaquarzit. Pflugspuren. L. 9.3 cm, B. 5.7 cm, D. 2.8 cm, G. 195.2 g. KASH 67703. 71 Fragment einer Beilklinge. Schneide ausgebrochen. Amphibolit. L. 8.1 cm, B. 5.1 cm, D. 2.5 cm, G. 155.3 140
g. Fj. 2009. KASH 67811.01. 72 Fragment einer Beilklinge mit D-förmigem Querschnitt. Gabbro. L. 5.8 cm, B. 5.5 cm, D. 2.1 cm, G. 108.1 g. KASH 67822. 73 Fragment einer Beilklinge. Stark verrundete Kanten. Gesteinsart unbestimmt. L. 6.9 cm, B. 5.5 cm, D. 2.9 cm, G. 171.9 g. KASH 67820. 74 Fragment einer Beilklinge, spitznackig. Gabbro. L. 5.1 cm, B. 4.5 cm, D. 3.5 cm, G. 78.9 g. KASH 67821. 75 Fragment einer Beilklinge. Nackenbruchstück. Quarzit. L. 4.8 cm, B. 4.6 cm, D. 3.7 cm, G. 112.2 g. Fj. 2007. KASH 67818. 76 Fragment einer Beilklinge Medial-/Lateralfragment. Quarzit. L. 3.7 cm, B. 3.8 cm, D. 1.6 cm, G. 33.4 g. KASH 67819. 77 Fragment einer Beilklinge. Lateralsplitter. Amphibolit. L. 5.9 cm, B. 1.1 cm, D. 1.9 cm, G. 17.3 g. KASH 67706. 78 Fragment einer Beilklinge. Lateralsplitter. Granat-Amphibolit. L. 5.0 cm, B. 1.5 cm, D. 1.7 cm, G. 13.9 g. KASH 67707. 79 Fragment eines Klopfsteins, unipolar benutzt. Quarzit. L. 9.8 cm, B. 6.5 cm, D. 4.7 cm, G. 399.7 g. KASH 67823. 80 Fragment eines Klopfsteins, bipolar benutzt. Quarzit. L. 124.2 cm, B. 7.0 cm, D. 7.1 cm, G. 866.5 g. KASH 67708. 81 Unterlagsstein. Silextyp 366. L. 2.6 cm, B. 2.6 cm, D. 1.7 cm, G. 17.3 g. Fj. 1938/39. KASH 67841.05. 82 Restkern. Stadium 1.1. Silextyp 271. L. 2.6 cm, B. 2.5 cm, D. 2.1 cm, G. 16.9 g. Fj. 1938/39. KASH 67891.04. 83 Restkern. Stadium 1.1. Silextyp 366. L. 3.0 cm, B. 2.3 cm, D. 1.7 cm, G. 12.1 g. Fj. 1938/39. KASH 67891.05. 84 Restkern. Stadium 1.2a. Silextyp 271. L. 2.8 cm, B. 2.5 cm, D. 1.6 cm, G. 12.7 g. Fj. 1938/39. KASH 67893.06. 85 Restkern. Stadium 1.2b. Silextyp 177. L. 3.0 cm, B. 3.0 cm, D. 1.7 cm, G. 15.7 g. Fj. 1938/39. KASH 67892.01. 86 Restkern. Stadium 1.3. Silextyp 271. L. 3.0 cm, B. 2.4 cm, D. 2.4 cm, G. 18.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67894.04. 87 Restkern. Stadium 2.1a. Silextyp 177. L. 3.1 cm, B. 2.3 cm, D. 1.0 cm, G. 9.5 g. Fj. 1938/39. KASH 67895.02. 88 Restkern. Stadium 2.2a. Silextyp 001. L. 3.4 cm, B. 2.1 cm, D. 1.4 cm, G. 9.9 g. Fj. 1938/39. KASH 67897.05. 89 Restkern. Stadium 2.2b. Silextyp 366. L. 2.5 cm, B. 2.4 cm, D. 1.5 cm, G. 9.3 g. Fj. 1938/39. KASH 67898.09. 90 Restkern. Stadium 2.2b. Silextyp 366. L. 3.6 cm, B. 3.0 cm, D. 1.2 cm, G. 17.6 g. Fj. 1938/39. KASH 67898.05. 91 Restkern. Stadium 3.1. Silextyp 001. L. 2.9 cm, B. 2.8 cm, D. 1.4 cm, G. 10.5 g. Fj. 1938/39. KASH 67900.02.
92 Restkern. Stadium 3.2. Silextyp 366. L. 3.7 cm, B. 3.0 cm, D. 1.7 cm, G. 22.3 g. Fj. 1938/39. KASH 67901.07. 93 Restkern. Stadium 3.3. Silextyp 346. L. 3.8 cm, B. 3.4 cm, D. 2.5 cm, G. 32.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67902.17. 94 Abschlag, retuschiert. Silextyp 366. L. 5.1 cm, B. 2.7 cm, D. 0.7 cm, G. 11.8 g. Fj. 1938/39. KASH 20814. 95 Klinge. Distal erhalten. Silextyp 346. L. 7.2 cm, B. 3.3 cm, D. 1.1 cm, G. 23.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67877.01. 96 Klinge, retuschiert. Silextyp 346. L. 6.5 cm, B. 2.0 cm, D. 0.8 cm, G. 13.7 g. Fj. 1938/39. KASH 20009. 97 Klinge, retuschiert. Ventral moderne Aussplitterung. Silextyp 366. L. 5.8 cm, B. 1.5 cm, D. 0.6 cm, G. 5.6 g. Fj. 1938/39. KASH 20069. 98 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 5.7 cm, B. 2.8 cm, D. 0.7 cm, G. 11.0 g. Fj. 1938/39. KASH 20835. 99 Klinge, retuschiert. Silextyp 177. L. 5.4 cm, B. 2.4 cm, D. 0.6 cm, G. 9.0 g. Fj. 1938/39. KASH 20041. 100 Klinge. retuschiert. Silextyp 346. L. 5.4 cm, B. 1.4 cm, D. 0.5 cm, G. 4.3 g. Fj. 1938/39. KASH 20066. 101 Klinge, retuschiert. Lackglanz. Distal erhalten. Silextyp 346. L. 5.0 cm, B. 2.5 cm, D. 0.7 cm, G. 8.9 g. Fj. 1938/39. KASH 20033. 102 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 4.8 cm, B. 2.0 cm, D. 0.6 cm, G. 6.1 g. Fj. 1938/39. KASH 20015. 103 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 4.7 cm, B. 2.0 cm, D. 0.9 cm, G. 8.6 g. Fj. 1938/39. KASH 20047. 104 Klinge, retuschiert. Silextyp 271. L. 4.6 cm, B. 1.6 cm, D. 0.5 cm, G. 3.8 g. Fj. 1918/19. KASH 2936. 105 Klinge, retuschiert. Silextyp 177. L. 4.2 cm, B. 2.1 cm, D. 0.6 cm, G. 5.8 g. Fj. 1938/39. KASH 20821. 106 Klinge, retuschiert. Distal erhalten. Silextyp 177. L. 3.9 cm, B. 1.3 cm, D. 0.4 cm, G. 2.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67835.01. 107 Klinge, retuschiert. Lackglanz. Distal erhalten. Silextyp 271. L. 2.7 cm, B. 1.2 cm, D. 0.3 cm, G. 1.2 g. Fj. 1938/39. KASH 67839.01. 108 Klinge, retuschiert. Lackglanz. Distal erhalten. Silextyp 271/002. L. 2.1 cm, B. 1.5 cm, D. 0.4 cm, G. 1.6 g. Fj. 1938/39. KASH 67839.02. 109 Lamelle, retuschiert. Medial erhalten. Silextyp 177. L. 3.7 cm, B. 1.1 cm, D. 0.5 cm, G. 2.6 g. Fj. 1938/39. KASH 20111. 110 Lamelle, retuschiert. Proximal erhalten. Silextyp 001. L. 2.7 cm, B. 0.8 cm, D. 0.4 cm, G. 1.0 g. Fj. 1938/39. KASH 20869. 111 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Hitzeversehrt. Silextyp 271. L. 4.2 cm, B. 1.7 cm, D. 0.4 cm, G. 2.2 g. Fj. 1938/39. KASH 20251. 112 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 1.5 cm, D. 0.5 cm, G. 1.9 g. Fj. 1938/39. KASH 20253. 113 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Silextyp 366. L. 3.1 cm, B. 2.3 cm, D. 0.5 cm, G. 2.4 g. Fj. 1938/39. KASH 20206. 114 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Silextyp 177. L. 3.1 cm, B. 1.5 cm, D. 0.4 cm, G. 1.5 g. Fj. 1938/39. KASH
20203. 115 Pfeilspitze mit eingezogener Basis, Teerspuren. Silextyp 366. L. 3.0 cm, B. 1.4 cm, D. 0.3 cm, G. 1.2 g. Fj. 1938/39. KASH 20205. 116 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Proximal erhalten. Silextyp 366. L. 2.8 cm, B. 1.8 cm, D. 0.4 cm, G. 2.7 g. Fj. 1938/39. KASH 20822. 117 Pfeilspitze mit gerader Basis. Silextyp 366. L. 2.6 cm, B. 1.6 cm, D. 0.4 cm, G. 1.8 g. Fj. 1938/39. KASH 20207. 118 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Hitzeversehrt. Silextyp 271. L. 2.4 cm, B. 1.3 cm, D. 0.3 cm, G. 0.7 g. Fj. 1938/39. KASH 20252. 119 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Proximal erhalten. Silextyp 177. L. 2.1 cm, B. 1.6 cm, D. 0.3 cm, G. 1.3 g. Fj. 1938/39. KASH 20827. 120 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Silextyp 366. L. 2.0 cm, B. 1.0 cm, D. 0.4 cm, G. 0.7 g. Fj. 1938/39. KASH 20873. 121 Pfeilspitze, Rohling. Silextyp 366. L. 3.1 cm, B. 1.9 cm, D. 0.5 cm, G. 2.5 g. Fj. 1938/39. KASH 20845. 122 Pfeilspitze, Rohling. Silextyp 366. L. 3.0 cm, B. 1.8 cm, D. 0.5 cm, G. 2.9 g. Fj. 1938/39. KASH 20816. 123 Pfeilspitze mit gerader Basis, Rohling. Proximal erhalten. Silextyp 177. L. 2.7 cm, B. 1.5 cm, D. 0.6 cm, G. 2.6 g. Fj. 1938/39. KASH 20824. 124 Pfeilspitze mit eingezogener Basis, Rohling. Bruchstück. Silextyp 177. L. 2.7 cm, B. 1.6 cm, D. 0.3 cm, G. 1.1 g. Fj. 1938/39. KASH 20826. 125 Trapezspitze. Silextyp 346. L. 2.2 cm, B. 1.2 cm, D. 0.3 cm, G. 0.6 g. Fj. 1938/39. KASH 67831.01. 126 Trapezspitze. Proximal erhalten. Silex (000). L. 1.8 cm, B. 1.3 cm, D. 0.3 cm, G. 0.7 g. Fj. 1938/39. KASH 67831.02. 127 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Fragment. Silextyp 177. L. 2.8 cm, B. 0.9 cm, D. 0.3 cm, G. 0.6 g. Fj. 1938/39. KASH 20141. 128 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Fragment. Silextyp 271. L. 2.4 cm, B. 0.5 cm, D. 0.4 cm, G. 0.7 g. Fj. 1938/39. KASH 20140. 129 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 177. L. 2.3 cm, B. 0.8 cm, D. 0.4 cm, G. 0.8 g. Fj. 1938/39. KASH 20133. 130 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 346. L. 1.6 cm, B. 0.3 cm, D. 0.2 cm, G. 0.1 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 501.20–501.60/193.0–193.40, Pos. 5, 1. Abstich. FK 211. KASH 65646. 131 Bohrer an Klinge. Silextyp 366. L. 4.1 cm, B. 1.2 cm, D. 0.6 cm, G. 3.4 g. Fj. 1938/39. KASH 67832.01. 132 Bohrer an Klinge. Silextyp 177. L. 3.7 cm, B. 1.2 cm, D. 0.6 cm, G. 2.8 g. Fj. 1938/39. KASH 20830. 133 Spitze an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 1.7 cm, D. 0.5 cm, G. 3.1 g. Fj. 1938/39. KASH 20853. 134 Spitze an Abschlag. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.4 cm, D. 0.5 cm, G. 2.2 g. Fj. 1938/39. KASH 20852. 135 Kratzer an Abschlag. Silextyp 271. L. 5.1 cm, B. 3.1 cm, D. 1.7 cm, G. 3.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67834.01. 136 Kratzer an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 2.3 141
cm, D. 0.8 cm, G. 5.1 g. Fj. 1938/39. KASH 67834.05. 137 Kratzer an Abschlag. Silextyp 346. L. 3.2 cm, B. 2.8 cm, D. 0.9 cm, G. 7.3 g. Fj. 1938/39. KASH 20018. 138 Kratzer an Abschlag. Silextyp 177. L. 2.6 cm, B. 2.6 cm, D. 0.6 cm, G. 4.3 g. Fj. 1938/39. KASH 20017. 139 Kratzer an Abschlag. Distal erhalten. Silextyp 271. L. 1.7 cm, B. 1.8 cm, D. 0.7 cm, G. 2.0 g. Fj. 1938/39. KASH 20841. 140 Ausgesplittertes Stück, bipolar verwendet. Silextyp 177. L. 2.9 cm, B. 0.8 cm, D. 0.5 cm, G. 1.5 g. Fj. 1938/39. KASH 67844.01. 141 Ausgesplittertes Stück, bipolar verwendet. Silextyp 366. L. 2.6 cm, B. 2.0 cm, D. 0.7 cm, G. 5.1 g. Fj. 1938/39. KASH 67844.04. 142 Ausgesplittertes Stück, bipolar verwendet. Silextyp 271. L. 2.3 cm, B. 1.5 cm, D. 0.9 cm, G. 4.0 g. Fj. 1938/39. KASH 67844.02. 143 Ausgesplittertes Stück, bipolar verwendet. Silextyp 271. L. 2.3 cm, B. 0.9 cm, D. 0.6 cm, G. 1.6 g. Fj. 1938/39. KASH 67844.03. 144 Ausgesplittertes Stück, unipolar verwendet. Silextyp 001. L. 2.1 cm, B. 2.0 cm, D. 0.4 cm, G. 1.8 g. Fj. 1938/39. KASH 67843.01. 145 Ausgesplittertes Stück, unipolar verwendet. Silextyp 177. L. 1.9 cm, B. 1.4 cm, D. 0.4 cm, G. 1.4 g. Fj. 1938/39. KASH 67843.02. 146 Beilklinge. Defekter Rohling. Serpentinit. L. 7.7 cm, B. 4.3 cm, D. 1.5 cm, G. 74.5 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 500.40–500.80/195.80–196.20, Pos. 5, 1. Abstich. FK 112. KASH 65648. 147 Beilklinge, längs gebrochen. Basalt. L. 6.8 cm, B. 3.6 cm, D. 1.3 cm, G. 46.2 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 500.80– 501.20/195.00–195.40, Pos. 5, 1. Abstich. FK 158. KASH 65650. 148 Beilklinge. Schneidenhälfte. Amphibolit. L. 5.3 cm, B. 4.4 cm, D. 2.6 cm, G. 83.1 g. Fj. 1918/19. KASH 2933. 149 Beilklinge. Nackenfragment. Basalt. L. 3.9 cm, B. 2.5 cm, D. 1.8 cm, G. 18.5 g. Fj. 1918/19. KASH 2982. 150 Klopfstein. Sandstein. L. 9.4 cm, B. 8.5 cm, D. 4.3 cm, G. 531.3 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 502.80–503.20/197.40– 197.80, Pos. 5, 1. Abstich. FK 35. KASH 65647. 151 Klopfstein. Gabbro. L. 6.4 cm, B. 5.2 cm, D. 5.2 cm, G. 315.7 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 503.20–503.60/195.80– 196.20, Pos. 5, 2. Abstich. FK 124. KASH 65649. 152 Perle, Typ Glis. Rohling. Kalkstein. L. 0.7 cm, B. 0.9 cm, D. 0.9 cm, G. 0.5 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 501.20– 501.60/193.80–194.20, Pos. 5, 2. Abstich. FK 196. KASH 65654. 153 Perle, Typ Glis. Unbestimmt gebrochen. Kalkstein. L. 0.9 cm, B. 0.9 cm, D. 0.7 cm, G. 0.5 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 501.60–502.00/197.00–197.40, Pos. 5, 2. Abstich. FK 53. KASH 65652. 154 Perle, Typ Glis. Kalkstein. L. 0.8 cm, B. 0.8 cm, D. 0.6 cm, G. 0.5 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 499.60–500.00/193.00– 193.40, Pos. 5, 1. Abstich. FK 205. KASH 65656. 155 Perle, Typ Glis. Unbestimmt gebrochen. Kalkstein. L. 0.9 cm, B. 0.5 cm, D. 0.6 cm, G. 0.3 g. Fj. 2007. Schnitt 142
IV, 499.60–500.00/193.40–193.80, Pos. 5, 1. Abstich. FK 197. KASH 65655. 156 Röhrenperle. Unbestimmt gebrochen. Kalkstein. L. 1.0 cm, B. 0.7 cm, D. 0.3 cm, G. 0.2 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 500.80–501.20/192.60–193.00, Pos. 5, 1.+2. Abstich. FK 214. KASH 65657. 157 Röhrenperle. Kalkstein. L. 0.7 cm, B. 0.4 cm, D. 0.4 cm, G. 0.1 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 500.40–500.80/193.80– 194.20, Pos. 5, 2. Abstich. FK 193. KASH 65653. 158 Anhänger. Im Aufhängeloch gebrochen. Zahn. L. 1.3 cm, B. 0.8 cm, D. 0.4 cm, G. 0.3 g. Fj. 2007. Schnitt IV, 503.20–503.60/195.80–196.20, Pos. 5, 1. Abstich. FK 123. KASH 65651. 159 Meissel. Oberfläche stark abgewittert. Knochen. L. 8.0 cm, B. 1.6 cm, D. 1.0 cm, G. 9.2 g. Fj. 1938/39. KASH 66947. 160 Pfriem. Oberfläche stark abgewittert. Knochen. L. 6.6 cm, B. 2.2 cm, D. 1.3 cm, G. 8.6 g. Fj. 1938/39. KASH 66946. 161 9 WS, 2 BS eines Topfes. Ton rotbraun. Wst. 0.9 cm, fein mit Quarzgrus gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32357. 162 8 WS, 1 BS eines Topfes. Ton rotbraun. Wst. 0.5–0.7 cm, Bst. 0.9 cm, fein mit zerstossenem Gneis gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32356. 163–164 9 WS, 2 BS einer Flasche. 3 bauchständige Ösen erhalten. Ton beigebraun. Wst. 0.7–0.9 cm, Bst. 0.9 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32364. 165 WS einer Flasche. Ton dunkelbraun. Wst. 0.5 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32361. 166 WS einer Flasche. Ton beigebraun. Wst. 0.6–0.7 cm, fein mit Quarzgrus und Kalk gemagert. Innen geglättet. Fj. 1938/39. KASH 32362. 167 11 WS, 4 BS, 2 Henkel einer Flasche. Ton graubraun. Wst. 0.6 cm, Bst. 0.7 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32351. 168 11 WS, 1 BS, 1 Henkel eines Kruges. Ton rotbraun. Wst. 0.6 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Runde Einstiche. Fj. 1938/39. KASH 32367. 169–171 13 WS eines Kruges? Ton graubraun. Wst. 0.5 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Unregelmässig geformte Einstiche. Erodierte Oberfläche. Fj. 1938/39. KASH 32373. 172 5 WS eines einstichverzierten Kruges. Ton graubraun. Wst. 0.4 cm, fein mit Quarzgrus und Schamotte gemagert. Unregelmässige Eindrücke (mit dünnem Hölzchen). Fj. 1938/39. KASH 32377. 173–174 5 WS eines Kruges. Ton dunkelbraun. Wst. 0.4–0.6 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32358. 175 4 WS eines einstichverzierten Kruges. Ton graubraun. Wst. 0.5–0.6 cm, fein mit Quarzgrus und Schamotte gemagert. Spitzovale Eindrücke. Fj. 1938/39. KASH 20885.
176 Henkel eines Kruges. Ton dunkelbraun. Wst. 0.7 cm, fein mit Quarzgrus und Schamotte gemagert. Fj. 1938/39. KASH 20885.01. 177 Henkel eines Kruges. Ton beigebraun. Fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Henkel in die Gefässwand eingezapft. Fj. 1938/39. KASH 32365. 178 Henkel eines Kruges. Ton beigebraun. Fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Leicht erodiert. Fj. 1938/39. KASH 32366. 179 BS einer Schale mit profiliertem Boden und Ritzdekor. Ton beigebraun. Wst. 0.6 cm, Bst. 0.8 cm, fein mit Quarzgrus und Schamotte gemagert. Oberfläche erodiert. Ritzdekor mit verrundeten Kanten. Fj. 1938/39. KASH 20878. 180 BS einer Schale mit profiliertem Boden und Ritzdekor. Ton grauschwarz. Wst. 0.5 cm, Bst. 0.7 cm, fein mit Quarzgrus (evt. Schamotte) gemagert. Ritzdekor in lederharten Ton. Fj. 1938/39. KASH 20883. 181 WS einer Schale mit Ritzdekor. Innen krakelige Oberfläche. Ton rotbraun. Wst. 0.8–1.0 cm, fein mit Quarzgrus und Schamotte gemagert. Oberfläche erodiert. Ritzdekor mit verrundeten Kanten. Fj. 1938/39. KASH 20880. 182 BS einer konischen Schale mit profiliertem Boden. Ton schwarzbraun. Wst. 0.6 cm, Bst. 0.7 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Innen geglättet. Ritzdekor in lederharten Ton eingearbeitet. Fj. 1938/39. KASH 32376. 183 3 WS einer konischen Schale. Ton beigegrau. Wst. 0.5 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Ritzdekor mit verrundeten Kanten. Fj. 1938/39. KASH 32370. 184 2 WS einer konischen Schale. Ton hellbraun. Wst. 0.6 cm, fein mit Quarzgrus gemagert. Ritzdekor mit verrundeten Kanten. Fj. 1938/39. KASH 32374. 185 WS eines Wauwiler Bechers, Variante B. Ton orangebraun. Wst. 0.6 cm. Fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Eventuell erodierter Einstichdekor auf Schulter. Fj. 1938/39. KASH 32359. 186 WS eines Wauwiler Bechers, Variante B. Ton beigebraun. Wst. 0.6–0.7 cm, fein mit Quarzgrus und Schamott gemagert. Fj. 1938/39. KASH 32363. 187 Unterlagsstein. Silextyp 366. L. 3.4 cm, B. 3.1 cm, D. 2.7 cm, G. 41.4 g. Fj. 1980. KASH 67978.01. 188 Unterlagsstein. Silextyp 366. L. 2.8 cm, B. 2.8 cm, D. 2.5 cm, G. 23.1 g. Fj. 1925. KASH 67916.01. 189 Restkern. Stadium 1.1. Silextyp 177. L. 2.7 cm, B. 2.0 cm, D. 1.8 cm, G. 11.2 g. KASH 67929.18. 190 Restkern. Stadium 2.2a. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 2.6 cm, D. 1.7 cm, G. 13.1 g. Fj. 1925. KASH 67909.02. 191 Restkern. Stadium 2.2b. Silextyp 366. L. 3.7 cm, B. 3.3 cm, D. 1.1 cm, G. 12.4 g. KASH 67936.02. 192 Restkern. Stadium 3.2. Silextyp 177. L. 3.1 cm, B. 3.2 cm, D. 1.2 cm, G. 13.4 g. KASH 67939.03. 193 Restkern. Stadium 3.3. Silextyp 346. L. 2.9 cm, B. 2.5 cm, D. 2.0 cm, G. 14.4 g. KASH 67940.11. 194 Kerbe an Abschlag. Silextyp 271. L. 1.7 cm, B. 2.2 cm, D. 0.4 cm, G. 1.5 g. Fj. 1925. KASH 7845.02. 195 Kerbe an Abschlag. Silextyp 271. L. 1.8 cm, B. 1.4 cm,
D. 0.7 cm, G. 1.6 g. Fj. 1925. KASH 7844. 196 Klinge, retuschiert. Silextyp 366. L. 4.2 cm, B. 1.8 cm, D. 0.6 cm, G. 4.9 g. Fj. 1987. KASH 67990.01. 197 Klinge, retuschiert. Silextyp 346. L. 2.9 cm, B. 1.2 cm, D. 0.6 cm, G. 2.5 g. Fj. 1987. KASH 67996. 198 Lamelle, retuschiert. Distal erhalten. Silextyp 346. L. 2.4 cm, B. 0.8 cm, D. 0.3 cm, G. 0.6 g. Fj. 1980. KASH 67980. 199 Kerbe an Klinge. Silextyp 366. L. 4.9 cm, B. 1.7 cm, D. 1.0 cm, G. 8.2 g. Fj. 1925. KASH 67918.03. 200 Kerbe an Klinge. Silextyp 271. L. 3.4 cm, B. 1.6 cm, D. 0.6 cm, G. 2.6 g. Fj. 1925. KASH 7849. 201 Pfeilspitze mit eingezogener Basis. Silextyp 366. L. 2.6 cm, B. 1.4 cm, D. 0.5 cm, G. 1.9 g. Fj. 1925. KASH 7840. 202 Pfeilspitze. Basis abgebrochen. Silextyp 177. L. 2.7 cm, B. 0.9 cm, D. 0.3 cm, G. 0.9 g. Fj. 1987. KASH 67997. 203 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.8 cm, B. 0.7 cm, D. 0.4 cm, G. 0.4 g. Fj. 1925. KASH 7842. 204 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.5 cm, B. 0.8 cm, D. 0.3 cm, G. 0.5 g. Fj. 1925. KASH 7841. 205 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 366. L. 1.5 cm, B. 0.3 cm, D. 0.2 cm, G. 0.1 g. Fj. 1925. KASH 7843. 206 Bohrer, Typ «Dickenbännli». Silextyp 346. L. 1.1 cm, B. 0.6 cm, D. 0.3 cm, G. 0.2 g. Fj. 1925. KASH 7845.01. 207 Spitze an Abschlag. Silextyp 366. L. 3.9 cm, B. 2.9 cm, D. 0.8 cm, G. 9.2 g. Fj. 1925. KASH 7846. 208 Endretusche an Klinge. Distal erhalten. Silextyp 001. L. 2.6 cm, B. 2.1 cm, D. 0.6 cm, G. 4.9 g. Fj. 1987. KASH 67989.02. 209 Endretusche an Abschlag. Silextyp 366. L. 2.9 cm, B. 1.7 cm, D. 0.7 cm, G. 3.9 g. KASH 67955.01. 210 Ausgesplittertes Stück. Silextyp 177. L. 3.4 cm, B. 2.3 cm, D. 0.7 cm, G. 5.7 g. Fj. 1980. KASH 67979.01.
143
Fundtafelsignaturen
Grundform vollständig erhalten. Schlagflächenrest mit Schlagauge/Kegel Grundform vollständig erhalten. Schlagflächenrest ohne Schlagauge/Kegel Grundform vollständig erhalten. Schlagfläche ausgesplittert oder durch Modifikation partiell entfernt Grundform proximal erhalten. Mit Schlagflächenrest Grundform medial/distal erhalten Lackglanzpolitur natürliche Kluftfläche
144
1
3
2
4 5
7
6
11 8
10
12 9
Tafel 1: Büttenhardt-Zelg. Silex: 1–2 Klopfsteine, 3–4 Nuklei mit Klopfspuren, 5–12 Restkerne. M. 2:3.
145
14
13
15
16
17
19
18
20
21 22
Tafel 2 Büttenhardt-Zelg. Silex: 13–20 Restkerne, 21–22 retuschierte Abschläge. M. 2:3.
146
24
23
26
25
29
31
30
34
35
38
28
27
32
36
39
40
33
37
41
Tafel 3: Büttenhardt-Zelg. Silex: 23–26 retuschierte Klingen, 27–28 Kernkantenklingen, 29 Endretusche an Lamelle mit partieller Kernkante, 30–34 gekerbte Stücke, 35-39 Pfeilspitzen, 40–41 Bohrer des Typs «Dickenbännli». M. 2:3.
147
42
43
44
48 46
50
45
49
47
52
51
53
54
55
56
60
58
57
61
59
Tafel 4: Büttenhardt-Zelg. Silex: 42–45 Bohrer des Typs «Dickenbännli», 46–50 Spitzenvarietäten, 51–56 Kratzer, 57–60 Endretuschen, 61 Ausgesplittertes Stück (bipolar). 42–45 M. 1:1, 46–61 M. 2:3.
148
62
63
65
67
68
64
66
69 71 70
72
73
74
Tafel 5: Büttenhardt-Zelg. Felsgestein: 62–63 Beilklingen mit durchlochtem Nacken (Typ Zug), 64 Miniaturbeilklinge, 65–74 Beilklingen. M. 1:2.
149
76 75
79 77
78
80
82
81
83
Tafel 6: Büttenhardt-Zelg. Felsgestein: 75–78 Beilklingen, 79–80 Klopfsteine. M. 1:2. Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Silex: 81 Nukleus mit Klopfspuren, 82–83 Restkerne. M. 2:3.
150
86
84
85
89
87
88
90
91
92
93
94
95
96
97
Tafel 7: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Silex: 84–93 Restkerne, 94–97 retuschierte Klingen. M. 2:3.
151
99
98
101
105
110
114
118
102
100
103
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119
112
116
120
109
113
117
121 Tafel 8: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Silex: 98–106 retuschierte Klingen, 101, 107–108 Klingen mit Lackglanzpolitur, 109–110 retuschierte Lamellen, 111–121 Pfeilspitzen. M. 2:3.
152
122
127
126
125
124
123
130
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128
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135 138
134
141
139
142
143
140
144
145
147
148
146 149 Tafel 9: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Silex: 122–124 Pfeilspitzen, 125–126 Trapezspitzen, 127–129 Bohrer des Typs «Dickenbännli», 130 hakenförmiges Gerät, 131–132 Bohrer, 133–134 Spitzenvarietäten, 135–139 Kratzer, 140–143 Ausgesplitterte Stücke (bipolar), 144–145 Ausgesplitterte Stücke (unipolar). Felsgestein: 146–149 Beilklingen. 122–145 M. 2:3, 146–149 M. 1:2.
153
150
151
157
152 156 154
153
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159
160
162 161
Tafel 10: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Felsgestein: 150–151 Klopfsteine, 152–155 Glisperlen, 156–157 Röhrenperlen. Knochen: 158 Anhängerfragment, 159 Metapodienspitze, 160 Meissel. Keramik: 161–162 Töpfe. 150–151, 158–162 M. 1:2, 152–157 M. 1:1.
154
163
163
164
Tafel 11: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Keramik: 163–164 Flaschen. M. 1:2.
155
166
165
169
167
170
171
172
168
Tafel 12: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Keramik: 165–167 Flaschen, 168–173 Krüge. M. 1:2.
156
173
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174
177
178
176
179
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182 181
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185
186
Tafel 13: Schaffhausen (Herblingen)-Grüthalde. Keramik: 174–178 Krüge, 179–184 Schüsseln, 185–186 Becher. M. 1:2.
157
189
188 187
190
191
192
194
195
193
197 196
198
199
201 200
Tafel 14: Lohn-Setzi. Silex: 187–188 Nuklei mit Klopfspuren, 189–193 Restkerne, 194–195, 199–200 Kerben, 196–197 retuschierte Klingen, 198 retuschierte Lamelle, 201 Pfeilspitze. M. 2:3.
158
203
202
204
208
206
205
209
207
210
Tafel 15: Lohn-Setzi. Silex: 202 Pfeilspitze, 203–206 Bohrer des Typs «Dickenbännli», 207 Spitze, 208–209 Endretuschen, 210 Ausgesplittertes Stück. M. 2:3.
159
Publikationen zur Archäologie im Kanton Schaffhausen Herausgeber: Kanton Schaffhausen, Baudepartement, Kantonsarchäologie
Bestellungen: www.archaeologie.sh.ch (Online-Schalter)
Schaffhauser Archäologie – Monografien 1 Frühgeschichte der Region Stein am Rhein. Archäologische Forschungen am Ausfluss des Untersees. Schaffhausen 1993. ISBN 3-908006-18-X.
3 Berslingen – ein verschwundenes Dorf bei Schaffhausen. Mittelalterliche Besiedlung und Eisenverhüttung im Durachtal. Schaffhausen 2000. ISBN 3-9521868-1-3.
2 Schweizersbild – ein Jägerlager der Späteiszeit. Beiträge und Dokumente zur Ausgrabung vor 100 Jahren. Schaffhausen 1994. ISBN 3-907066-06-5.
5 Das frühmittelalterliche Schleitheim. Siedlung, Gräberfeld und Kirche. Schaffhausen 2002. ISBN 3-9521868-2-1.
Schaffhauser Archäologie – Beiträge
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1 Das frühmittelalterliche Gräberfeld von Beringen-Spinnbündten. Schaffhausen 2006. ISBN 3-9521868-5-6.
3 Mittelalterliche und neuzeitliche Keramik der Region Schaffhausen. Schaffhausen 2010. ISBN 978-3-9521868-7-9.
2 Die Tierknochen aus dem Kesslerloch. Neubearbeitung der paläolithischen Fauna. Schaffhausen 2008. ISBN 3-9521868-6-4.
4 Römische Kleinfunde und Münzen aus Schleitheim – Iuliomagus. Schaffhausen 2010. ISBN 978-3-9521868-5-6.