Unbound 2 - Naked Superpower Deutsch

Page 1

A U S G A B E # 2 // FRÜHLING 2 0 1 6

NAKED SUPERPOWER

*095689437534*

UNGLEICHES RENNEN KTM 1290 SUPER DUKE R gegen ZIVKO EDGE 540

STRASSEN: DAS ENDLOSE ASPHALTBAND

MIT CARL FOGARTY AUF DIE ISLE OF MAN

AUF DER 1290 GT ZUM MOTOGP: 1.960 KM IN 36 STUNDEN


Stefan Pierer, CEO KTM AG


UNBOUND // EDITORIAL // SEITE 03

WILLKOMMEN ... ... ZUR NEUESTEN AUSGABE VON UNBOUND. IN DIESEM HEFT NEHMEN WIR SIE MIT AUF EINE AUFREGENDE FAHRT MIT UNSEREN STREET-MODELLEN, DIE SIE HOFFENTLICH EBENSO UNTERHALTSAM WIE INFORMATIV FINDEN. Vor über 20 Jahren brachte KTM die Ur-Duke auf den Markt. In diesen zwei Jahrzehnten hat sich einiges verändert – bei KTM und auch an der Duke. Manches allerdings ändert sich nie – Dinge wie die Werte, für die unser Unternehmen steht, und eben auch das, was die Duke letztlich ausmacht. Bei der Wiedergeburt von KTM 1992 kamen mein Team und ich zu der Erkenntnis, dass wir unter allen Umständen auch in das Street-Segment vordringen müssten, um die Zukunft des Unternehmens zu sichern. Daher entschieden wir uns, ein klares Zeichen zu setzen. Unser erstes StreetBike musste die gleichen Werte verkörpern wie unsere etablierten Offroad-Maschinen: viel Fahrspaß, aber auch ordentlich Performance. Alle anderen Aspekte mussten sich diesen zentralen Eigenschaften unterordnen. Und so entstand die Duke. Ich kann Ihnen verraten: Diese Maschine haben wir uns nicht in einer Vorstandssitzung ausgedacht, sondern in der Werkstatt in Mattighofen. Die Basis bildete unsere exzellente Enduro mit LC4-Motor, der wir zunächst mit dem Winkelschleifer zu Leibe rückten. Danach folgte natürlich noch einiges an Entwicklungsarbeit, bevor wir diese Maschine schließlich auf der IFMA 1992 in Köln präsentieren konnten. Die Reaktion darauf fiel genauso aus wie erhofft. Nach weiterer Feinarbeit trug die Duke als erste KTM die Farbe Orange, als sie 1994 auf den Markt kam. Mehr über die Anfänge der Ur-Duke erfahren Sie ab Seite 26.

Bei KTM waren schon immer talentierte Ingenieure mit Weitblick und echter Motorradleidenschaft am Werk. Nur zehn Jahre später wiederholte sich die Geschichte, als – wieder einmal – ein Street-Bike von unseren Offroad-Modellen profitierte: die KTM 990 SUPER DUKE. Diese erste Super Duke repräsentierte die gleichen Qualitäten wie ihr einzylindriges Gegenstück, jedoch in viel extremerem Ausmaß – der Zusatz „Super“ kam nicht von ungefähr. Mit den Jahren haben wir die Duke mit LC4-Antrieb weiter verfeinert, aufgewertet, neu gestylt und ihr schließlich die noch kompromissloseren, noch extremeren „R“-Versionen zur Seite gestellt. 2011 setzte KTM einen weiteren außerordentlich wichtigen Meilenstein mit der KTM 125 DUKE, die auch auf den europäischen Straßen umgehend zum Hit avancierte. Ein Jahr darauf folgte die KTM 200 DUKE, die sich zu KTMs meistverkauftem Street-Bike entwickelte. Und dann kam mit der KTM 390 DUKE unser erster echter Weltstar, denn dieses Bike wird ausnahmslos in jedem Land angeboten, in dem KTM aktiv ist. Doch wie geht es weiter mit der Duke? Wir starten kraftvoll ins Jahr 2016 mit einem neu konstruierten LC4-Single als Herzstück der intensiv überarbeiteten Modelle 690 und 690 R. Mehr Leistung, mehr Drehmoment, mehr Laufkultur. Ein erstaunliches Triebwerk, das den Beweis dafür antritt, dass Einzylinder eine echte Alternative darstellen. Die KTM 1290 SUPER DUKE GT wiederum erschließt KTM mit Macht neue Dimensionen von Performance und Fahrkultur, mit hochmoderner Fahrerassistenz und mit mehr Komfort durch modernste Motorradtechnik. Entdecken Sie dieses aufregende Bike ab den Seiten 12 und 32. Die Duke-Modellpalette mit ihrem schnörkellosen Charakter und dynamischen Anspruch lässt sich in ihrer ganzen Vielfalt von 125 bis 1.301 ccm jetzt weltweit genießen, von den verschiedensten Fahrern, denen sie die unterschiedlichsten Erlebnisse beschert. Sie alle eint eins: das Erlebnis KTM. Viel Spaß bei dieser Ausgabe wünscht Stefan Pierer, CEO KTM AG

KTM 690 DUKE R

KTM 1290 SUPER DUKE GT



UNBOUND // WOW // SEITE 05

WORLD OF NAKED BIKES

Text: Luke Brackenbury Foto: Chippy Wood, Sebas Romero

Nackt. Bloßgestellt. Ungeschützt. Doch im Falle der KTM Duke-Baureihe ist „nackt“ nicht gleichbedeutend mit „preisgegeben“. Im Gegenteil, das Frischluftabenteuer ohne Verkleidung pustet einem mal so richtig die Birne frei. Das gibt Kraft. Und man erlebt die Geschwindigkeit viel unmittelbarer, wenn man sich dem Fahrtwind entgegenstemmt. Wenn man sich ganz klein machen muss, um das letzte Quäntchen Topspeed herauszuholen. Im Bild Carl Fogarty, der erfolgreichste World Superbike Fahrer aller Zeiten. Unglaubliche sieben Jahre lang hielt er den TT-Rundenrekord auf der Isle of Man. Für uns trieb „Foggy“ eine KTM 1290 SUPER DUKE R mit Volldampf durch die Bergsektion des legendären Straßenkurses. Er freute sich über fehlende Geschwindigkeitsbeschränkungen, massives Drehmoment und den unverstellten Blick auf die TT-Strecke. Ab Seite 56 lest ihr, was er von dem nackten Vorschlaghammer hält.



UNBOUND // WOW // SEITE 07

Die Einzylinder-Duke ist der Ursprung aller gegenwärtigen KTM Naked Bikes. Sie fand 1994 auf ungewöhnliche Weise den Weg auf die Straße und prägte wie keine andere den Auftritt von KTM auf dem Asphalt. Mehr über den Bad Boy der ersten Stunde gibt es ab Seite 26 zu lesen. Doch die Zeit steht nicht still, und ebenso wenig der Fortschritt in der Motorradentwicklung. Nach über 20 Jahren sind die neue 690 Duke und Duke R Baujahr 2016 (im Bild) schneller und schärfer, kultivierter und leistungsstärker als je zuvor. Alles dazu auf Seite 54.


Das sieht man nicht alle Tage. Weder einen aus dem Wasser aufragenden Glockenturm aus dem 14. Jahrhundert. Der hier gehört zur Kirche des italienischen Ortes Graun, dessen Ruinen heute am Grund des Reschensees stehen. Und schon gar nicht eine Kunstflugmaschine vom Typ Zivko Edge 540, die mit ihrer Flügelspitze den Turm zu streifen scheint. Nur die neue Special Edition der KTM 1290 SUPER DUKE R ist nicht in Aktion zu sehen. Jedenfalls nicht auf diesem Bild. Doch Fahrer und Bike warten nur darauf, sich in die epische Schlacht zweier kraftstrotzender Spaß-Maschinen zu stürzen. Atemberaubende Bilder ab Seite 86.


UNBOUND // WOW // SEITE 09


Das Beste ist gerade gut genug. UNBOUND präsentiert die Favoriten der KTM PowerWear Kollektion

UNBOUND

INDEX

PRODUCTS // ANZIEHENDES IN ORANGE

SEITE // 40

SEITE // 02 EDITORIAL // STEFAN PIERER Der KTM-Boss über den Stellenwert der Duke

SEITE // 04 WOW // WORLD OF NAKED BIKES UNBOUNDERS REDAKTIONSBÜRO KTM Sportmotorcycle GmbH Stallhofnerstraße 3 5230 Mattighofen, Austria unbound@ktm.com FOTOS KTM: Rudi Schedl, Heinz Mitterbauer Akrapovič, Alpinestars, Black & Rad/Sebas Romero, Chippy Wood, Gareth Harford, Heiko Mandl, Janez Kocbek, Justin Dawes, Piers Spencer-Phillips, Ray Archer, Teh Ooi Keat, Geoffrey McCarthy CARTOON: Holger Aue ILLUSTRATIONEN: Kar Lee (Woraus bestehen Straßen?) TEXT Luke Brackenbury, Thomas Kuttruf, Adam Wheeler, Simon Hargreaves, Rik van Gerwen, Peter Ziegler, Justin Dawes, Peter Kavcic, Knut Briel, Anuar „Norick“ Sabaruddin GRAFIK UND PRODUKTION CvD: Melanie Moser KISKA, KTM Artwork: Ingrid Erlinger Lektorat: MasterText Mag. Barbara Lassl Übersetzungen: eurocom Translation Services GmbH, Knut Briel, Radbert Grimmig DRUCK Samson Druck Ges.m.b.H

SEITE // 12 FEATURE // SPORTS TOURING – KTM-STYLE KTM 1290 SUPER DUKE GT – das tourentaugliche Beast

SEITE // 20 INSIDE // GRADE IT UP UNBOUND verrät, warum PowerParts erste Wahl für jede KTM sind

SEITE // 26 LIFESTYLE // IMMER NOCH DER BAD BOY? Bringt’s die Duke 22 Jahre nach ihrer Premiere immer noch?

SEITE // 32 TITEL STORY // GT TO GP Mit der neuen GT zum letzten MotoGP-Lauf des Jahres in Valencia


UNBOUND // INDEX // SEITE 11

UNBOUND spricht mit dem Mann, der den KTMs Gestalt gibt – Craig Dent von KISKA

UNBOUND geht bei Stuntfahrer und Duke-Fan Rok Bagoroš in die Lehre

PEOPLE // ROK ON SEITE // 100

SEITE // 46 INSIDE // ALPINESTARS UND KTM Wie die beiden Marken zusammenarbeiten

SEITE // 48 PEOPLE // CAFÉ RACER Der Schauspieler John Hensley bekehrt Kaffeetrinker zum Motorradfahren

SEITE // 56 TITEL STORY // MAN VS. BEAST Carl Fogarty auf einer 1290 als Tour Guide über die Isle of Man

SEITE // 62 TITEL STORY // WORAUS BESTEHEN STRASSEN? Straßen sind unser Revier. Aber wie werden sie eigentlich gemacht?

SEITE // 68 DESTINATION // DUKE IT IN MALAYSIA Die Entdeckung der Leidenschaft für die KTM 390 DUKE in Kuala Lumpur

SEITE // 78 SPECIAL // PATRIOT RAKETE Die Geschichte der einmaligen KTM 1290 SUPER DUKE R Patriot Edition

DESIGN // THE NAKED CHEF: CRAIG DENT

SEITE // 70

SEITE // 80 RACING // DIE TOOLS UND DAS TALENT Das spanische Motocross-Wunderkind Jorge Prado tauscht seine 125 SX gegen eine 125 Duke

SEITE // 84 LIFESTYLE // MISSION & METALL Die Kunst, Motoren den richtigen Sound zu verleihen

SEITE // 86 TITEL STORY // DAS ULTIMATIVE DUELL KTM 1290 SUPER DUKE R Special Edition gegen Zivko Edge 540

SEITE // 104 INSIDE // MOTOR IN THE CITY Hinter den Kulissen des Videos vom Beast in Detroit

SEITE // 110 FUN // DUKE THEM Cartoon Time von Holger Aue



UNBOUND // FEATURE // SEITE 13

SPORTS TOURING

Text: Luke Brackenbury Pictures: Rudi Schedl, Heinz Mitterbauer, Heiko Mandl

2016 BRINGT KTM EINE TOURENTAUGLICHE VERSION DES COOLSTEN NAKED BIKES UNTER DER SONNE HERAUS: DIE KTM 1290 SUPER DUKE GT. UNBOUND NIMMT DIE NEUE EINGEHEND UNTER DIE LUPE. Man kann KTM kaum vorwerfen, irgendetwas auf die herkömmliche Art und Weise zu machen. Und so viel vorweg: Mit der GT haben die Mattighofener mehr als nur einen Fuß in die Tür „Sporttouring“ gesetzt! Der entscheidende Unterschied zu anderen Motorradherstellern besteht darin, dass KTM wenig Interesse daran hat, existierende Kategorien eins zu eins zu bedienen. Oder gar mit schamlos kopierten Me-too-Produkten auf Trends aufzuspringen, die andere gesetzt haben. Vielmehr sind in Mattighofen echte Motorradfahrer am Werk, die genau solche Motorräder konstruieren, die sie selbst gern fahren würden. Natürlich immer READY TO RACE – mit Schwerpunkt auf einem federleichten Fahrwerk als Voraussetzung für kompromisslosen Fahrspaß. Und das funktioniert bislang soweit blendend. Die KTM 1290 SUPER DUKE R wurde zwar im Vorfeld als mega-böses „Beast“ gehyped, aber in der Praxis stellte sich dann heraus, dass der neue Bad Boy der reichlich vorhandenen Power zum Trotz gar nicht so schwer zu fahren ist. Modernste Elektronik, Drehmoment ohne Ende und eine nicht nur für Naked-Bike-Verhältnisse komfortable Ergonomie machen das 173-PS-Bike einfach enorm beherrschbar. Entsprechend begannen die KTM-Ingenieure, darüber nachzudenken, was sich auf dieser Basis noch so alles anstellen ließe. Das Ergebnis ist die neue KTM 1290 SUPER DUKE GT. UNBOUND hat sich angeschaut, was die Neue alles kann.


KTM 1290 SUPER DUKE GT – UNTER DER HAUT VOLLGETANKT WIEGT DIE KTM 1290 SUPER DUKE GT TROTZ IHRER UMFASSENDEN AUSSTATTUNG NUR 228 KG. UNBOUND FINDET HERAUS, WAS DEN NEUEN SUPER-SPORTS-TOURER IM KERN AUSMACHT.

7

1

2

1 CHASSIS Typisch KTM: ein Edelstahlrahmen in Gitterrohrkonstruktion, denn die ist leicht und stabil. Genau das Richtige, um die massive Performance des Motors auf die Straße zu bringen. Auch mit Beifahrer und Gepäck, und selbstredend READY TO RACE. Ein verlängerter Heckrahmen schafft gegenüber der R mehr Platz für den Beifahrer sowie für die optional erhältlichen Gepäckkoffer, die an äußerst cleveren, kaum sichtbaren Halterungen angebracht werden. Die Einarmschwinge aus Leichtmetall wirkt ausgesprochen elegant und ist zudem sehr leicht – die perfekte Ergänzung für das Gitterrohr-Chassis. Hochpräzise Excenter erleichtern es, den Durchhang der Antriebskette genau einzustellen.

2

2 SEMI-AKTIVES FAHRWERK Das semi-aktive Fahrwerk der GT von WP Performance Systems bietet auf Knopfdruck die Wahl zwischen den drei vordefinierten DämpfungsSettings „Comfort“, „Street“ und „Sport“, die so ziemlich jedes denkbare Einsatzszenario abdecken. Unterwegs passt das elektronische Dämpfungssteuergerät zudem die Dämpfung von Gabel und hinterem Monoshock kontinuierlich in Echtzeit dem Fahrstil und der Fahrbahnbeschaffenheit an. Das äußert sich zum Beispiel darin, dass ein Antidive-Algorithmus ein übermäßiges Abtauchen der Front beim Bremsen verhindert. Außerdem erkennt das Fahrwerk, ob ein Passagier oder Gepäck an Bord ist, und passt auch die Vorspannung der Federn entsprechend an.


UNBOUND // FEATURE // SEITE 15 3 LENKER UND RASTEN Ein höherer und breiterer Lenker sorgt für eine gegenüber der 1290 Super Duke R aufrechtere, aber nach wie vor sportliche Sitzposition. Lenker und Hebel lassen sich passend für den Fahrer einstellen. Auch die Beifahrerfußrasten liegen tiefer als bei der R.

4

3 5

8

4 SCHEIBE UND VERKLEIDUNG Das Windschild bietet dem Fahrer Wind- und Wetterschutz und reduziert dadurch die Ermüdung auf stundenlangen Fahrten. Es lässt sich in acht Positionen einstellen – und zwar sogar unterwegs mit einer Hand, ohne dass man zum Anhalten gezwungen wäre. 5 MODE-SWITCH Die Menüs des Bordcomputers bedient der Fahrer über die vier Steuertasten des Mode-Switch links am Lenker. Das geht ganz einfach und intuitiv: Mit „hoch“ und „runter“ scrollt man durch die Seiten, mit dem linken Knopf wird ausgewählt und mit dem rechten bestätigt. Mit der Taste „Exit“ links neben dem Vierfachschalte kommt man jederzeit wieder zurück auf die nächsthöhere Ebene.

7

6 GEPÄCKSYSTEM UND HALTEGRIFF Im KTM PowerParts-Programm finden sich farblich zum Bike passende Seitenkoffer, beide groß genug für einen Integralhelm und ganz einfach abnehmbar. Sind die Koffer abgebaut, verunstaltet kein hässlicher Gepäckträger das Heck – die Haltepunkte sind winzig und fallen kaum auf. Ein stabiler Griff im Look eines kleinen Spoilers bietet dem Sozius zusätzlichen Halt.

8

7 TANK Ein Motorrad für lange Strecken braucht einen großen Tank. Das Fass der GT bunkert volle 23 Liter Sprit. Das reicht für über 400 Kilometer, sodass man weniger Zeit an Tankstellen verbringt und länger fahren kann. Die Tankform haben die KTM-Entwickler so clever gestaltet, dass die Beine nicht nur perfekt in die Ausbuchtungen passen, sondern dort zugleich einen gewissen Wetterschutz genießen.

6

8 SITZBANK UND HEIZGRIFFE Die Sitzbank der GT soll natürlich genug Komfort für ganztägiges Kilometerfressen bieten, aber ebenso ausreichend Bewegungsfreiheit für sportliche Turnübungen. Das ist der Sports-Touring-Anspruch. Um ihm gerecht zu werden, hat KTM die Polster des zweiteiligen Gestühls in drei Dimensionen mit ergonomischen Konturen ausgeformt. Optional gibt es im PowerPartsProgramm auch beheizbare Sitze. Griffheizungen sind serienmäßig. 4

9

9

9 BELEUCHTUNG Das Tagfahrlicht aus 18 einzelnen LEDs über dem Hauptscheinwerfer sorgt dafür, dass die GT tagsüber praktisch nicht zu übersehen ist. Geht das Tageslicht zur Neige wie etwa in der Abenddämmerung oder bei der Einfahrt in einen Tunnel, aktivieren Sensoren automatisch das Abblendlicht. Zu beiden Seiten des Tanks verfügt die GT darüber hinaus über ein Kurvenlicht aus je drei LEDs, die mit zunehmender Schräglage auf der Kurveninnenseite nach und nach zugeschaltet werden. Hier sind auch die Blinker integriert.


KTM 1290 SUPER DUKE GT – UNTER DER HAUT MOTOR DER KERN JEDER SUPER DUKE IST IHR MOTOR! DER SCHMALE V2 DER GT UNTERSCHEIDET SICH AUF DEN ERSTEN BLICK KAUM VON DEM DER R – GLEICHER HUBRAUM (1.301 CCM), GLEICHE LEISTUNG (173 PS), GLEICHES DREHMOMENT (144 NM). TATSÄCHLICH ABER SORGEN VIELE KLEINERE ÄNDERUNGEN DAFÜR, DASS DIE LEISTUNGSCHARAKTERISTIK DES LC8-MOTORS ZUR ANGEPEILTEN FAHRDYNAMIK PASST. SO LIEGEN VOLLE 114 NM DREHMOMENT SCHON BEI 3.250/MIN AN. DER MOTOR ZIEHT KRÄFTIG DURCH, DREHT ABER ZUGLEICH SEIDIG HOCH. Das Ziel war, mit dem V2 die gesamte Bandbreite zu bedienen, die von einem extremen Sporttourer erwartet wird. Der Motor muss einfach alles mitmachen, ganz gleich, ob dem Fahrer der Sinn nach genüsslichem Touren steht oder nach brutalem Anreißen. Dazu brauchte die GT massiv Drehmoment von unten raus, aber auch ordentlich Qualm im mittleren Drehzahlbereich sowie eine hohe Spitzenleistung. Und dazu noch die Drehfreude, die das alles ganz mühelos wirken lässt.

NEUE ZYLINDERKÖPFE

KOLBEN

Auf die Feinheiten kommt es an. Deshalb haben die KTM-Mannen zahllose Stunden damit zugebracht, die Brennkammern weiter zu optimieren. Dabei haben sie die hochmodernen DOHC-Vierventilköpfe der 1290 Super Duke GT letztlich völlig neu konstruiert, wenngleich die Köpfe nach wie vor eine Doppelzündung aufweisen. Die vier Ventile werden von jeweils

zwei oben liegenden Nockenwellen über DLCbeschichtete Schlepphebel betätigt. Eine Nitrit-Beschichtung der Auslassventile minimiert deren Verschleiß und gestattet es dadurch, das Intervall zur Einstellung des Ventilspiels heraufzusetzen – eine der Voraussetzungen für die großzügigen Wartungsintervalle der Super Duke GT von 15.000 Kilometern.

Der Schalldämpfer der GT sitzt wesentlich tiefer als bei der R, um Platz für Gepäckkoffer zu schaffen. Dazu kommt eine neue, mechanisch betätigte Abgasklappe. Die neue Auspuffanlage ist das Ergebnis von Hunderten von Prüfstandsläufen im Verbund mit komplexen Simulationen und ist entschei-

dend an der homogenen Drehmomententfaltung sowie am grandiosen Sound des Power-Twins beteiligt. Zudem tut sie das Ihre, damit die Schadstoffe unter den Grenzwerten der Abgasnorm Euro 4 bleiben. Die Anlage ist von vorn bis hinten aus Edelstahl gefertigt.

Die Antihopping-Kupplung der 1290 Super Duke GT reduziert automatisch den Druck auf die Kupplungsscheiben, wenn im Schiebebetrieb das Rückdrehmoment vom Hinterrad zu groß wird. Entsprechend kann man vor Kurven ruhig voll in den Anker greifen – ein Stempeln des Hinterrads wird schon im Ansatz unterbunden. Andererseits erhöht die

Kupplung den Druck auf die Scheiben mit zunehmendem Drehmoment des Motors. Dadurch lassen sich weichere Kupplungsfedern verwenden. Und das bedeutet in der Praxis so geringe Handkräfte am Hebel der hydraulisch betätigten Kupplung, dass sie sich sensibel mit einem einzigen Finger dosieren lässt.

NEUE AUSPUFFANLAGE

ANTIHOPPING-KUPPLUNG


UNBOUND // FEATURE // SEITE 17

MOTORSCHLEPPMOMENT-REGELUNG (MSR) Quasi als Umkehrfunktion der Traktionskontrolle überwacht dieses System das Schleppmoment des Motors, um zu verhindern, dass das Hinterrad blockiert, wenn man zu schnell runterschaltet oder die Kupplung zu schnell einrücken lässt. Notfalls öffnet das System per Ride-by-wire leicht die Drosselklappen, um den Schlupf abzubauen. Das Ganze funktioniert schräglagenabhängig und kommt somit sowohl der Sicherheit als auch der Performance zugute. BERGANFAHRHILFE (HHC) Dieses optionale System verhindert beim Anhalten im Gefälle oder an einer Steigung per Bremseingriff, dass die GT zu rollen beginnt. Beim Anfahren lässt es die Bremse automatisch los – so behält der Fahrer alles im Griff. MOTORMANAGEMENT MIT NEUEM MAPPING Natürlich weist die GT ein zeitgemäßes elektronisches Motormanagement auf, das per Ride-by-wire-System am Gasgriff angesteuert wird. Im Verbund mit den Änderungen am Zylinderkopf sorgen dessen neue kerzenselektive Kennfelder für eine nochmals effizientere Verbrennung. Das bedeutet: mehr Leistung und Drehmoment über das gesamte Drehzahlband, ein noch sanfterer Motorlauf, weniger Verbrauch und weniger Abgase. Statt per Gaszug werden die Drosselklappen der elektronischen Einspritzung über elektronische Sensoren bedient, welche die Drehbewegungen am Gasgriff abgreifen und die Drosselklappen entsprechend der

jeweiligen Fahrsituation per Stellmotor betätigen. Absterben, Ruckeln und unfreiwillige Wheelies gehören damit der Vergangenheit an. Absichtliche Wheelies dagegen sind eine andere Sache ...

RIDE-BY-WIRE-SYSTEM

QUICKSHIFTER

Macht genau das, was man sagt – schnelles, komfortables Hochschalten, ohne die Kupplung zu betätigen oder das Gas zudrehen zu müssen. Technik von der Rennstrecke, die auch auf Langstrecken absolut sinnvoll ist.

RIDING MODES Um in den verschiedensten Fahrsituationen, bei unterschiedlichen Fahrbahnverhältnissen sowie je nach Laune des Fahrers das Optimum aus der GT herauszuholen und zugleich ein Höchstmaß an Sicherheit zu bieten, stellt KTM drei wählbare Fahrmodi mit jeweils verschiedenen Kennfeldern für die Motorleistung bereit: Die Modi „Street“ und „Sport“ mobilisieren bis zu 173 PS Spitzenleistung und Drehfreude bis

zum Abwinken. Im Modus „Rain“ ist die Power auf 100 PS begrenzt, und der Motor zeichnet sich durch eine weniger aggressive Charakteristik aus. In Abhängigkeit vom gewählten Fahrmodus lässt zugleich auch die Traktionskontrolle unterschiedlich viel Hinterradschlupf zu: Im Modus „Rain“ gebietet sie dem Treiben frühzeitig Einhalt, auf „Street“ darf es etwas mehr sein, und wird „Sport“ gewählt, dann sind kontrollierte Drifts möglich. Bei zu viel

GESCHWINDIGKEITSREGELANLAGE Die GT wäre kein echter Sports Tourer ohne die Möglichkeit, auf langen Autobahnetappen die Reisegeschwindigkeit automatisch halten zu können. Das System funktioniert ab dem dritten Gang aufwärts zwischen 40 und 200 km/h, der eingestellte Wert lässt sich auf Knopfdruck anheben und senken. Schlupf regelt die MTC-Regelung (Motorcycle Traction Control) in wenigen Millisekunden mit sanften, kaum wahrnehmbaren Eingriffen an den Drosselklappen das Drehmoment herunter, bis der Schlupf auf ein dem aktuellen Fahrmodus und Schräglagenwinkel zuträgliches Maß reduziert ist. Natürlich gestattet KTM es den tapfersten Fahrern, die elektronischen Helferlein auch komplett abzuschalten und die neue GT völlig ungefiltert zu genießen.


FÜNF MINUTEN MIT: HANNES MAIER, KTM-TESTFAHRER HANNES MAIER, 30, WAR ÖSTERREICHISCHER SUPERMOTO-MEISTER UND AUCH IN DER SUPERMOTO-WM AM START. HEUTE IST ER KTM-TESTFAHRER, UND ZWAR HAUPTSÄCHLICH FÜR DIE FAHRWERKSENTWICKLUNG DER STREET BIKES. ER SPIELTE EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE IM TEAM, DAS DIE FEDER- UND DÄMPFUNGSELEMENTE DER GT ENTWICKELTE, UND HIER INSBESONDERE DIE NEUESTE GENERATION DES SEMI-AKTIVEN WP-FAHRWERKS. WIE LANGE BIST DU SCHON AN DER ENTWICKLUNG DES SEMI-AKTIVEN WP-FAHRWERKS BETEILIGT? Ich war von Anfang an dabei – nicht als Ingenieur, aber als Testfahrer. Es war eine große Herausforderung, den heutigen Stand zu erreichen. Das System bietet eine Menge Möglichkeiten, da muss man sich entscheiden, welche davon wirklich Sinn ergeben. Man muss Prioritäten setzen. Aus der Perspektive der Entwicklung muss man sich wirklich sehr eng mit den Ingenieuren kurzschließen, denn die brauchen heutzutage andere Ansagen als „Tu doch noch mal ein paar Shims in die Low-speed-Druckstufe“. Wir haben inzwischen ein eingespieltes Team, das intensiv zusammenarbeitet, damit diese komplexen Systeme letztlich die Erwartungen unserer Kunden erfüllen oder sogar übertreffen. MUSSTEST DU BEI DER ARBEIT AM SEMI-AKTIVEN FAHRWERK WIEDER GANZ BEI NULL ANFANGEN? Ja und nein. Die Elektronik macht schon einen großen Unterschied, und am Anfang mussten wir erst einmal lernen, was letztlich funktioniert und was nicht, und wie groß der Unterschied in der Praxis tatsächlich ausfällt, wenn man bestimmte Einstellungen ändert. Aber heute ist es mit der Elektronik viel leichter, weil das ganze Team damit schon unglaublich viel Erfahrung hat. Wie sehr diese kollektive Erfahrung die Dinge erleichtert, hat sich schon beim Schritt von der ersten semi-aktiven KTM, der 1290 Super Adventure, zur GT herausgestellt. Aber weil die Technik relativ neu ist, haben wir andererseits noch viele Möglichkeiten zur Verbesserung. Das ist schon sehr spannend.

WAS IST DER GRÖSSTE VORTEIL DES SEMI-AKTIVEN FAHRWERKS? Dass sich die meisten Parameter während der Fahrt verändern lassen. Auf diese Weise kann man bei der Dämpfung eine extreme Bandbreite nutzen – die ist viel größer als bei einem konventionellen Fahrwerk. WIE IST DIE VORGEHENSWEISE IN DER ENTWICKLUNG? Als Erstes bekommen wir den so genannten P1-Prototypen, an dem wir erst einmal so grundsätzliche Eckdaten des Fahrwerks festlegen wie die Länge der Federelemente und die Federraten. Das passiert alles noch mit manuell einstellbaren Federelementen. Als Nächstes vergleichen wir dieses konventionelle Fahrwerk mit unserer ersten Version des semi-aktiven Fahrwerks und schauen, wo die Vorteile liegen. Da geht es um Stabilität und die Dämpfungsqualität. Und wenn wir das erledigt haben, dann erarbeiten wir die Unterschiede der verschiedenen wählbaren Dämpfungs-Modi. Dazu muss man natürlich besonders viel fahren und das Motorrad in möglichst viele verschiedene Fahrsituationen bringen, denn es soll ja unter allen Umständen funktionieren. Mit der GT haben wir viel Zeit auf spanischen Bergstrecken verbracht, die wir sehr gut kennen, mit vielen Bodenwellen und Schotter. In so einem Fall optimieren wir das Fahrwerk für diese Bergstrecke, aber nach jeder Veränderung fahren wir es auch wieder auf einer normalen Straße, um sicherzustellen, dass wir beispielsweise nichts an Präzision oder Stabilität eingebüßt haben. Bei einem Motorrad wie der GT muss man irgendwo einen Kompromiss finden, denn es gibt so viele Faktoren, die berücksichtigt werden müssen: Stabilität, Komfort, unterschiedliche Fahrbahnzustände, Soziusbetrieb. Andererseits ist das natürlich gerade der Vorteil des semi-aktiven Fahrwerks: Man kann auf Knopfdruck eine ganz andere Abstimmung abrufen.

VERMUTLICH MUSST DU DAS FAHRWERK ANS LIMIT BRINGEN, UM HERAUSZUFINDEN, WIE ES SICH DORT VERHÄLT. WIE MACHT MAN SO ETWAS MIT SOZIUS? Da kommt es echt darauf an, wer hinten drauf sitzt und wie schnell wir es laufen lassen. Aber stimmt, wir müssen die Motorräder manchmal ans Limit und sogar darüber hinaus pushen, denn wir wollen ja Settings finden, die Sicherheit bieten. WAS MAGST DU AN DER GT AM MEISTEN? Fahrwerksseitig ist es die große Bandbreite zwischen den verschiedenen Modi. Außerdem ist es sensationell, wie einfach sich dieses hubraumstarke Motorrad fahren lässt. Wirklich vollkommen easy. Man merkt gar nicht, dass man auf einem Big Bike sitzt. Aber insgesamt ist es natürlich dieser Hammer-Motor. So viel Power und trotzdem so seidig – es geht einfach nichts über das Drehmoment eines großen V2.


UNBOUND // FEATURE // SEITE 19

FAHRBERICHT UNMITTELBAR VOR DER INTERNATIONALEN PRESSEPRÄSENTATION DER GT ERHIELT UNBOUND NACH EINEM FOTOTERMIN DIE MÖGLICHKEIT, AUF DER SERIENREIFEN MASCHINE EINE KURZE AUSFAHRT ZU UNTERNEHMEN. DA LIESSEN WIR UNS NICHT LANGE BITTEN! Eigentlich müsste in Österreich gerade Winter sein. Heute aber brennt die Sonne vom Himmel, die Temperaturen sind frühlingshaft und die Straßen trocken. Der V2 grummelt mit dem vertrauten Geräusch im Leerlauf vor sich hin, während der Mechaniker mir einschärft, wie dringend sie dieses Motorrad bitte wirklich am Stück wieder zurück haben möchten. Natürlich habe ich nicht die geringste Absicht, sie wegzuwerfen – ich möchte ihr nur ein bisschen auf den Zahn fühlen! Nach den vielen Kilometern auf der 1290 Super Duke R fällt es mir natürlich schwer, keine Vergleiche zum Schwestermodell zu ziehen. Doch schon nach dem Aufsteigen lösen sich viele Ähnlichkeiten in Luft auf. Irgendwie fühlt sich der Sitz tiefer an, obwohl doch beide Maschinen nominell die gleiche Sitzhöhe von 835 Millimetern haben. Vor mir dieser massive Tank – mit 23 Litern fasst er volle fünf Liter mehr als der Tank der R. Trotzdem ist der Knieschluss gut, weil meine Beine perfekt in die die Aussparungen passen, und dadurch wirkt der Tank letztlich gar nicht so riesig. Der Lenker ist höher als bei der R, und auch seine geänderte Kröpfung trägt zu einer stärker komfortorientierten Sitzposition bei. Die Instrumente dagegen wirken völlig vertraut. Kein Wunder – die sind bei beiden gleich. Das Windschild vor mir fällt deutlich kleiner aus als gedacht. Aber keine Vorurteile. Eine der überraschendsten Eigenschaften der R besteht darin, dass ihr Scheinwerfer und ihre Armaturen den Fahrer tatsächlich vom Fahrtwind entlasten. Auf langen Etappen wird sich das Windschild der GT deshalb auf alle Fälle auszahlen. Und das Beste ist, dass sich die Scheibe per Hand ganz einfach in acht Stufen einstellen lässt – sogar während der Fahrt. Das Gefühl, auf einem „großen“ Motorrad zu sitzen, verflüchtigt sich spätestens beim ersten Einrücken der federleichten Kupplung. Zugegeben, ich hatte weder Gepäck noch einen Sozius dabei. Trotzdem wird mir sofort klar, wie perfekt dieses Motorrad ausbalanciert ist, noch bevor ich über den Hinterausgang das Werksgelände verlasse. Die Straßen rings um Mattighofen kenne ich gut, hier gibt es alles Mögliche – schnelle und langsame Kurven, ebene und wellige Fahrbahnen und dazu Wahnsinns-Serpentinen auf den umliegenden Bergen und Hügeln. Vorsichtig fädele ich mich durch den wenigen Verkehr in der Innenstadt. Schon bei moderaten Drehzahlen wird das Bellen der GT von den umgebenden Häusern reflektiert. Bei Stadtgeschwindigkeit sorgt die Abgasklappe des tiefer platzierten Schalldämpfers definitiv für einen anderen Klang, doch der vertraute Sound stellt sich sofort ein, sobald die Straßen sich öffnen, die Drehzahlen steigen und die Gebäude in den Spiegeln zurückbleiben.

Power. Sooo viel Power. Sie zieht und zieht und zieht, bei jeder Drehzahl und in jedem Gang. Ein Lichtlein im Cockpit vermeldet es jedes Mal, wenn die Traktionskontrolle in Aktion tritt. Ohne die Kontrollleuchte hätte ich davon in den obersten vier Gängen gar nichts bemerkt. Diese Effizienz steigert mein Vertrauen zum System nur noch und ermutigt mich zum lockeren Umgang mit dem Gasgriff. Was war es noch gleich, das ich bleiben lassen sollte? Die Ergonomie unterstützt sowohl Hanging-off und Kneedown als auch den klassisch aufrechten Stil von Mike Hailwood – wer den nicht kennt, bitte googeln. Nach einiger Zeit entscheide ich mich für den klassischen Stil – zum einen aus reiner Faulheit, zum anderen geht sich die Schräglagenfreiheit trotz der komfortabel platzierten Fußrasten eh locker aus. Jedenfalls solo ohne Gepäck. Aber das darf bei diesem Motorrad eigentlich sowieso keinen Unterschied machen, denn das semi-aktive Fahrwerk würde ja automatisch die Vorspannung erhöhen, sobald es eine weitere Zuladung bemerkt. Die Stabilität der GT ist traumhaft. Erst letzte Woche habe

Luke Brackenbury, Redakteur & Testfahrer ich eine 690 Duke R durch dieselben Kurven getrieben – eine echte Einzylinderstrecke, wo man heftig ans Knie gehen kann, allerdings mit ausgeprägten Bodenwellen. Die GT bügelt einfach alles weg und erledigt damit den Großteil der Arbeit für mich. Und dann stellt sich heraus, dass ich die Straßen hier doch nicht so gut kenne wie gedacht. Beim Kurvenwedeln muss ich mich irgendwie verfahren haben. Ein kurzer Blick auf die TomTom App am Handy bringt mich wieder auf den rechten Weg. Ich mache noch einen kurzen Umweg über die Autobahn, wo gefühlt Tausende von Fliegen an Scheibe und Helm ihr Leben lassen. Der Windschutz macht es auch bei hoher Geschwindigkeit leicht, am Lenker locker zu bleiben, sodass man ohne Tunnelblick noch jede Menge von der Umgebung mitbekommt. Nach fast zwei Stunden bin ich wieder im Werk. Der Tageskilometerzähler behauptet, ich hätte in der Zeit 150 Kilometer abgerissen. Nur eine kurze Spritztour für ein derart langstreckentaugliches Motorrad. Aber schon jetzt ist mir klar, wovon zukünftige Besitzer der GT schwärmen werden: davon, schnell und komfortabel ans Ziel zu kommen, und trotzdem unterwegs jede Art von Straße in vollen Zügen zu genießen, die einem unterkommt. Luke Brackenbury


KTM 1290 SUPER DUKE GT 1 KOFFERSET „GT“ 2 FUSSBREMSZYLINDER-DECKEL 3 HINTERRADACHSMUTTER-ABDECKUNG 1

2

3


UNBOUND // INSIDE // SEITE 21

Text: Knut Briel Fotos: Rudi Schedl, Heinz Mitterbauer, Heiko Mandl

GRADE IT UP UNBOUND VERRÄT, WARUM POWERPARTS DIE BESTE WAHL SIND, UM EINE KTM AUFZUWERTEN.


THOMAS FRIEDRICH LEITER TECHNISCHES ZUBEHÖR

FÜR DIE KTM 1290 SUPER DUKE GT GIBT ES VOM ERSTEN TAG AN EINE BREITE PALETTE AN MASSGESCHNEIDERTEN POWERPARTS. WIE DAS SEIN KANN UND WARUM DIE POWERPARTS SO VIEL COOLER AUSSEHEN ALS DIE ZUBEHÖRTEILE EINES WALD- UND WIESENANBIETERS, DAS WEISS THOMAS FRIEDRICH (LEITER TECHNISCHES ZUBEHÖR). Der Endurosportler und Erzberg-Finisher sagt dazu: „Das original KTM-Zubehör sieht nicht nur besser aus, es funktioniert auch besser und hält länger. Und das liegt nicht zuletzt daran, dass die Teileentwicklung bei KTM in die Motorradentwicklung integriert ist.“ Dieselben Ingenieure und Techniker, die für Motor, Fahrwerk und Ausstattung der KTM-Motorräder verantwortlich sind, arbeiten parallel und mit derselben Hingabe an der Entwicklung des passenden Technikzubehörs. Die Teileentwicklung ist bei KTM integraler Bestandteil des strategischen Motorrad-Produktmanagements. „Wenn so ungefähr zwei bis vier Jahre vor dem Serienstart eines neuen Modells das Lastenheft für dieses Projekt erstellt wird“, erklärt Friedrich, „dann stehen dort auch schon die Vorgaben für das zu entwickelnde technische Zubehör.“ Genauso war es auch bei der Entwicklung der brandneuen KTM 1290 SUPER DUKE GT. Dass für den extrascharfen Sports Tourer von Tag 1 an eine umfangreiche Palette von PowerParts zur Verfügung steht, hat also nicht nur damit zu tun, dass er seine Gene von der Super Duke R geerbt hat. Natürlich passen aus diesem Grund zahlreiche der für das „Beast“ entwickelten PowerParts auch an die GT – zum Beispiel aus dem Vollen gefräste Deckel und Hebel, Wave-Bremsscheiben, Carbon-Fender, einstellbare Fußrasten und vieles mehr. Aber die Liste der speziell und

exklusiv für die Super Duke GT entwickelten PowerParts ist viel länger. Sie umfasst Zubehör, das genau auf die technischen Gegebenheiten des Gesamtpakets GT zugeschnitten ist. Zubehör, das exakt die Bedürfnisse der zukünftigen GT-Besitzer befriedigt. Und natürlich Zubehör, das KTM ohnehin für jedes einzelne Modell spezifisch entwickelt, damit es ohne Wenn und Aber dem Prinzip „Plug and Play“ genügt. Wie zum Beispiel der Akrapovič Endschalldämpfer für die 1290 Super Duke GT aus hochwertigem Titan. Der Slip-On-Dämpfer ist genau auf das Mapping des GT-Motors abgestimmt, deshalb kann er ohne weitere Maßnahmen oder Konsequenzen ganz legal angebaut werden. Das edle Teil senkt das Gewicht der Maschine um 1,5 Kilogramm und unterstreicht sowohl akustisch wie auch optisch den Racing-Charakter der GT. Denn unabhängig davon, dass das Typkürzel Tourentauglichkeit signalisiert, ist die jüngste Super Duke schließlich auch READY TO RACE. „Darum geht es ja letztlich beim KTM-Zubehör“, betont Thomas Friedrich. „Mit den PowerParts kann jeder KTM-Fahrer genau die Charakterzüge und Eigenschaften seiner Maschine unterstreichen und weiter ausbauen, die ihm am wichtigsten sind.“ Tatsächlich gibt es kein PowerPart, das nicht die Performance, den Sound, den Look, die Ergonomie oder die Funktion und damit auch die Sicherheit optimiert. Und da es sich bei der 1290 Super Duke GT um eine besonders vielseitige KTM handelt, die angetreten ist, den Begriff „Sports Tourer“ neu zu definieren, bietet das PowerParts Programm in diesem Fall besonders vielseitige Optionen – vom Angasen auf der Rennstrecke bis hin zur Ausrüstung für den Abenteuerurlaub. Beim Wort Urlaub fällt jedem Motorradfahrer sofort die Herausforderung ein, das Gepäck unterzubringen. Natürlich gibt es für die 1290 Super Duke GT ein komplettes Gepäcksystem vom Tankrucksack bis zum Topcase. Von der ersten Idee bis zum fertigen Produkt war es allerdings ein langer Weg, von dem Thomas Friedrich ein Lied zu singen weiß: „Gerade bei einem so komplexen Projekt bedarf es einer engen Verzahnung mit der Fahrzeugentwicklung vom ersten Tag an.“ Was an einem Kofferset so komplex ist? Nun, Koffer mit 30 Litern Volumen und 7,5 Kilogramm Zuladung zu entwickeln, die sich trotzdem perfekt in das Fahrzeugdesign der GT integrieren und die sich mit dem Motorradschlüssel schließen lassen, ist die eine Sache. Aber sicherzustellen, dass die Aerodynamik nicht leidet, dass selbst bei voller Zuladung die Fahrstabilität gewährleistet bleibt und dass bei demontierten Koffern nichts vom Trägersystem zu sehen ist, all das braucht die „enge Verzahnung“, von der Friedrich spricht. Und die reicht bis ins KTM PowerWear Programm: In jeden Seitenkoffer der 1290 Super Duke GT passt ein KTM-Klapphelm C3 Pro.


UNBOUND // INSIDE // SEITE 23 Dafür, dass wirklich allen PowerParts im Rahmen des Entwicklungsprozesses die angemessene Aufmerksamkeit zuteil wird, tragen so genannte Projektmanager Sorge. Gerald Matschl, Vice President Research & Development Street, sieht schon in der frühen Konzeptphase entscheidende Weichen gestellt: „Nicht jede Zubehöridee ist so naheliegend wie ein Gepäcksystem für die 1290 Super Duke GT. Im ersten Schritt heißt es deshalb, kreativ zu sein. Aber schon im zweiten gilt es zu überprüfen, ob es überhaupt eine Nachfrage für das erdachte Produkt gibt.“ Dass es zum Beispiel sinnvoll ist, für ein sportliches Motorrad wie die GT Crash Pads anzubieten, wird jeder einsehen, der schon einmal unfreiwilligen Bodenkontakt hatte. Wer aber außer ganz erfahrenen Rennstrecken-Cracks käme auf die Idee, dass der Lenkanschlag zu den schützenswerten Bauteilen eines Motorrads gehört? KTM bietet einen Lenkanschlagschutz aus hochwertigem durchgefärbten Polyamid für die GT an. Dieses rennsporterprobte PowerPart schützt den Lenkanschlag beim Sturz vor dem Verbiegen oder Abbrechen und gehört zu den so genannten „Opferteilen“: Lieber ein preisgünstiges, leicht zu wechselndes Kunststoffteil zerstören als

BEHEIZBARER ERGO FAHRERSITZ

eine teure, aufwändige Reparatur zu riskieren. Wer mit der KTM 1290 SUPER DUKE GT lange Strecken in Angriff nehmen will, der soll dagegen keine Opfer bringen müssen. Deshalb kann er sich nicht nur über den großen Tank und die entspannte Sitzposition freuen, sondern auch über die serienmäßige Griffheizung. Mit PowerParts aber geht noch mehr: KTM bietet für Fahrer und Beifahrer Ergo Sitze mit Kevlar-Heizelementen an. Die Sitzheizungen sind getrennt voneinander dreistufig regelbar. Entspanntes Fahren ist eine Sache auf großer Tour, zuverlässige Routenführung eine andere. Wer sich nach alter Väter Sitte per Landkarte orientieren will, der hat auf dem KTM-Tankrucksack eine Kartentasche. Wer sich hingegen von moderner Navigationstechnik leiten lassen will, der findet im PowerParts Sortiment einen Grundträger für GPS-Halter. Dieser Träger passt nicht nur perfekt in das Cockpit der GT und schützt das GPS vor Vibrationen, er lässt sich auch in der Neigung verstellen, und er passt zu allen Garmin und TomTom GPS-Haltern, zur KTM GPS/PDA Tasche sowie zum KTM iBracket. Das iBracket ist die optimale Lösung, um ein Smartphone an der KTM zu befestigen – zum Beispiel, weil man es zur Navigation nutzen will. Dieser um 90° drehbare Halter besteht aus lasergeschnittenen und gebogenen Edelstahlbauteilen, hat Kunststoffecken mit UV-beständigen Silikonringen und zeichnet sich durch eine maßgeschneiderte Präzisionsverschlusskontur sowie durch eine 3D-Verschlussmimik mit Einhandbedienung aus. Mit dem iBracket lassen sich die iPhones 5, 5S und 5C sowie weitere Smartphones im Cockpit der KTM 1290 SUPER DUKE GT befestigen. Dafür, dass die empfindliche Elektronik der Geräte selbst in rauem Ambiente keinen Schaden nimmt, sorgen nicht nur penible Entwicklungsarbeit und höchste Qualität, sondern auch

die Tatsache, dass jedes einzelne Zubehörteil auf Herz und Nieren getestet wird, bevor es von KTM zum PowerPart geadelt wird. Die knallharten Tests beginnen erst einmal am Computer, und zwar mit so genannten FEM-Strukturberechnungen. „Diese Methode der finiten Elemente erlaubt uns die Simulation von Festigkeitsprüfungen sowie von thermischen und aerodynamischen Tests. Danach wissen wir schon eine Menge über die Dauerhaltbarkeit, die Vibrationsfestigkeit und die Einflüsse auf den Luftwiderstand, die wir zu erwarten haben“, erläutert Friedrich. „Im zweiten Schritt wird dann im Labor auf Rüttelbänken, Biegemaschinen und ähnlichen Prüfständen getestet, und im dritten Schritt schließlich im realen Leben auf der Straße.“

iBRACKET

Ein gewaltiger Aufwand, der dem KTM-Besitzer wahrscheinlich nicht bewusst ist, wenn er aus der Fülle der PowerParts seine Wahl trifft, um sein Motorrad mit noch mehr Performance zu segnen oder seine Maschine noch individueller zu stylen. „Aber er weiß, dass er top Qualität, perfekte Funktion und höchste Dauerhaltbarkeit erwarten darf“, resümiert Thomas Friedrich. „Da erinnert man sich dann wieder gern, was das Wort preiswert bedeutet. KTM PowerParts sind ihren Preis allemal wert!“


UNBOUND // INSIDE // SEITE 24 WARUM IST DIESE EINBINDUNG IN DAS GESAMTSYSTEM SO WICHTIG? Zum einen, damit das Zubehör gleich mit dem Model Launch zur Verfügung steht. Zum anderen, damit bei der Entwicklung des Motorrads auch gleich das Zubehör mit berücksichtigt werden kann. Ein Gepäcksystem beispielsweise, das von Anfang an mit eingeplant wird, ist definitiv besser hinsichtlich Design, Funktion und Einfluss auf die Fahrdynamik als eines, das man für ein bereits existierendes Motorrad entwickelt.

PHILLIP HABSBURG LEITER DER KTM-ENTWICKLUNGSABTEILUNG, ZUR ENTWICKLUNG DES TECHNISCHEN ZUBEHÖRS SEIT WANN GIBT ES TECHNISCHES ZUBEHÖR BEI KTM? Das Thema hat KTM vor rund 15 Jahren entdeckt. Am Anfang sind wir mit nicht mehr als zwei Dutzend Teilen gestartet, aber dann ging es viel schneller voran, als das irgendjemand erwartet hat. Innerhalb von wenigen Jahren hat sich richtiggehend eine Firma in der Firma entwickelt. Dort hat man geschaut, welche KTM welches Zubehör gebrauchen könnte. Wir haben dann aber bald gemerkt, dass dieses Add-on-Prinzip suboptimal ist.

NOCH MAL ZUM KUNDENDIENST. GIBT ES DENN FÜR DAS KTM-ZUBEHÖR AUCH ERSATZTEILE? Aber sicher. Wir gewährleisten die Ersatzteilversorgung über die KTM-Vertragshändler auch dann noch, wenn das Zubehörprodukt schon aus dem Programm genommen wurde. Wie gesagt, wir behandeln im Prinzip alle Produkte gleich. Deshalb gibt es nicht nur für Motorräder, sondern auch für Zubehörteile bebilderte Bedienungsanleitungen. Für den Anbau empfehlen wir aber die autorisierte KTM-Werkstatt, schon damit die Fahrzeuggarantie erhalten bleibt. WERDEN DENN ALLE POWERPARTS VON KTM SELBST ENTWICKELT? Fast alle. In ganz seltenen Einzelfällen können wir einmal ein fertiges Produkt von einem unserer namhaften Lieferanten übernehmen. Die meisten Zubehörteile entwickeln wir ganz allein, bei rund zehn Prozent handelt es sich um eine Co-Entwicklung mit einem unserer Lieferanten – wie zum Beispiel bei den Akrapovič Schalldämpfern für die KTM-Modelle.

DAS HEISST, SIE MACHEN SICH NICHT ERST DANN GEDANKEN UM DAS ZUBEHÖR, WENN DAS MOTORRAD SCHON EXISTIERT? Genau. Hintennach geht heute nicht mehr. Beim ersten Atemzug einer neuen KTM beginnt auch die Entwicklung des Zubehörs für dieses Modell. Und das bedingt, das Zubehör bei KTM genauso in das Gesamtsystem einzubetten wie jedes andere Produkt. Das betrifft alle Abteilungen und alle Entwicklungsstufen von der Ideenfindung über das Design bis zum Kundendienst.

KLAPP- UND VERSTELLBARER KUPPLUNGSHEBEL

KOFFERSET „GT“

HERGESTELLT AUS HOCHFESTEM CNC-GEFRÄSTEN ALUMINIUM UND EINER WIDERSTANDSFÄHIGEN SCHWARZ/ORANGE ELOXIERTEN OBERFLÄCHE, IST DIESER HEBEL NICHT NUR TECHNISCH EIN HIGHLIGHT, SONDERN AUCH OPTISCH EIN ECHTER HINGUCKER.

DIE SEITENKOFFER PASSEN PERFEKT ZUR ERGONOMIE DES BIKES, OHNE SEINE SPORTLICHE ERSCHEINUNG ZU MINDERN, UND LASSEN SICH GANZ EINFACH AN DEN INTEGRIERTEN KOFFERHALTERUNGEN MONTIEREN.



KTM DUKE: 20 JAHRE KULTBIKE


UNBOUND // LIFESTYLE // SEITE 27

Text: Luke Brackenbury Fotos: Gareth Harford, BAUER Media House

IMMER NOCH DER BAD BOY? VOR ÜBER 20 JAHREN HAT DIE ERSTE DUKE DAS COMEBACK VON KTM AUF DER STRASSE EINGELEITET. UNBOUND FINDET HERAUS, WIE DER EINZYLINDER BAD BOY DER ERSTEN STUNDE NACH ALL DEN JAHREN DASTEHT.

In den Achtziger- und Neunziger-Jahren hat sich KTM als Major Player im Motocross- und Enduro-Sport etabliert. In jenen Tagen waren KTMs noch nicht orange, und Straßenmotorräder aus Mattighofen gab es auch keine. Die damalige KTM Motor-Fahrzeugbau AG geriet 1991 in finanzielle Turbulenzen, wurde aber gottlob von Stefan Pierer und seinem Unternehmen „Cross Industries“ gerettet und seither Stück für Stück zu jener globalen Marke umstrukturiert, die heute als KTM Sportmotorcycle GmbH bekannt ist. Man kam zu dieser Zeit zu der Einsicht, dass ein Standbein auf dem Markt für Straßenmotorräder eine gute Voraussetzung dafür wäre, KTM wieder zu Erfolg, Wachstum und einer gesicherten Zukunft zu verhelfen. Aber es ging nicht ums bloße Dabeisein. Man wollte kein Me-Too-Produkt auf den Markt werfen, sondern etwas ganz Eigenes auf die Räder stellen. Die Entstehungsgeschichte der ersten Duke ist nicht unbedingt märchenhaft, aber durchaus cool und sehr typisch für jene Frühzeit der „neuen“ Marke KTM. Man krempelte die Ärmel hoch und packte die Flex aus. Ein paar KTM-Ingenieure und Designer Gerald Kiska nahmen sich eine 553er Enduro zur Brust, entfernten alles Entbehrliche, steckten einen Satz 17-Zoll-Räder dran und bohrten den LC4-Schlegel auf 598 ccm auf. Das so entstandene Gefährt präsentierte KTM auf der Kölner IFMA 1992 als „Funbike“. De facto war es nichts anderes als eine echte Supermoto für die Straße, ohne die geringste Spur von Alltagstauglichkeit. Und die Reaktionen fielen genau so aus, wie KTM es sich erhofft hatte.

| ALLTAGSTAUGLICHKEIT | KOMFORT | LANGSTRECKENTAUGLICHKEIT | LAUFKULTUR Keines dieser Attribute trifft auf KTMs erstes Straßenmotorrad seit der Wiederauferstehung des Unternehmens 1991 zu. Doch das hat ihren Fahrern und Fans noch nie das Geringste ausgemacht. Die Duke von 1994 war richtungsweisend für die Rückkehr der österreichischen Marke auf den Asphalt.


DIE DUKE I HEUTE

Mit dem Prototypen testete KTM auf der Messe zugleich die Reaktionen auf die orange- und gelblastige Lackierung der Maschine. Franz Söllhammer, damals KTM-Pressesprecher, wich Fragen einfach aus: „Die endgültigen Farben stehen noch nicht fest. Unter Umständen werden die noch geändert.“ Zum Ende der IFMA wurde die Konzeptstudie wieder eingepackt, weiterentwickelt und aufgehübscht. Sie büßte ein wenig von dem „geborgten“ Bodywork ein und erhielt dafür weitere eigenständige Merkmale sowie einen noch größeren Motor mit bis zu 609 ccm. Hochwertige Technik wie ein voll einstellbares WP-Fahrwerk, Brembo-Bremsen und ein Remus-Auspuff machten den Anspruch deutlich. Die Präsentation der Duke 1994 war die Stunde Null der Supermoto für jedermann. Hohe Kurvengeschwindigkeiten, noch höhere Wheelies – eine komplett narrische neue Motorradgattung war geboren. Perfekt. Von nachhaltiger Bedeutung für das Image der Marke KTM auf der Straße war nicht zuletzt, dass man die Farbe Orange beibehielt. Nach der ersten Fahrt auf der Duke hatte Der Reitwagen in Ausgabe 93 vom April 1994 das Folgende zu sagen: „Ein graziles, im positiven Sinne filigranes Motorrad für den Einsatz auf der Straße mit einem hohen, breiten Lenker. Den LC4-Motor hat KTM leicht entschärft, doch sein zentraler Daseinszweck blieb im Grunde der gleiche. Die 55 PS der 620er Duke sind bei jeder Gasgriffposition ansatzlos abrufbar: Für einen Straßen-Einzylinder mit dem geringen Gewicht der Duke nicht nur im bildlichen Sinne ein Griff nach den Sternen.“ Motorcycle News stimmte da ebenfalls zu: „KTM speist uns hier nicht mit einer halbherzig umgebauten Enduro ab. Die Duke ist eine reine Straßenmaschine mit einem drehfreudigen, kräftigen Motor und einem handlichen, präzisen Fahrwerk. Aber sie will mit Respekt behandelt werden. Der Punch des Motors und der schwer dosierbare Gasgriff lassen so manche Kurve in Arbeit ausarten. Doch kriegt man es perfekt hin, ist das Erfolgserlebnis umso befriedigender.“ DER MOTORRADPRESSE GEFIEL SIE ALSO SCHON MAL. DOCH WIE STEHT DIE UR-DUKE ZWANZIG JAHRE SPÄTER DA?

Seit 1994 hat KTM 4000 Stück von der DUKE I gebaut, einschließlich der „Last Edition“ der ersten Generation, die 1998 bereits mit dem 640 ccm großen Motor der Duke II erschien. Ein bisschen verwirrend? Wie auch immer: Die jüngsten Exemplare des ersten Modells sind also heute mindestens 17 Jahre alt. Viele der noch existierenden Maschinen wurden in dieser Zeit hart rangenommen, viele wurden auch in Heimarbeit mehr oder weniger stark modifiziert. Dazu kommen unterschiedliche Motorisierungen wie etwa jene 50 Bikes der „First Edition“, die mit einem 400-ccm-Motor angeboten wurden. Kurz gesagt, es scheint als gebe es heute nicht mehr allzu viele Exemplare in völlig serienmäßigem Zustand. Nachdem ich auf allen verfügbaren Kanälen vergebens versucht hatte, mir irgendwo eine Maschine für diese Bildstrecke auszuleihen, begann ich, mich auf dem Gebrauchtmarkt umzutun. Die Auswahl war nicht groß, aber schließlich fand ich das gelbe Bike, das auf den Bildern zu sehen ist. Eigentlich wollte ich ja gar kein Motorrad kaufen, nicht zuletzt weil ich schon eine KTM 690 DUKE R (DUKE IV) Baujahr 2014 besitze, ein Wahnsinnsgerät für Straße und Rennstrecke. Aber die Gelegenheit, ein Stück KTM-Geschichte in einem so guten Zustand zu erwerben, konnte ich dann doch nicht auslassen. Fünf Stunden, 44 Minuten und 547 Kilometer später fuhr ich in einem Lieferwagen vor dem Haus des Anbieters vor, um ein Motorrad zu kaufen, das ich bis dahin weder live gesehen noch Probe gefahren hatte. Zum Glück war dessen Zustand genau wie beschrieben, sodass ich die Rückreise nicht allein antreten musste. Das Bike ist eine absolut serienmäßige DUKE I von 1996 (3. Edition – 1994 kam die 1. Edition in Orange, 1995 die 2. Edition in Schwarz/Rot) und es sind sogar noch die ersten, allerdings arg verschlissenen Lenkergriffe drauf, ebenso wie die goldfarben eloxierten Gewichte an den Lenkerenden. Sie mag nicht gerade eine Schönheit sein, aber was sie so aufregend macht, ist das, wofür sie steht und was sie kann. Die Probefahrt gab den Ausschlag. Wer den Kauf einer Ur-Duke als Geldanlage betrachtet, der sollte unbedingt zur First Edition von 1994 in Orange greifen. Aber wer regelmäßig damit fahren will, der ist mit einer 1996er wesentlich besser bedient, denn der in diesem Jahr eingeführte E-Starter ist so ziemlich das praktischste Ausstattungsmerkmal des ganzen Motorrads gleich nach dem Scheinwerfer. „Die erste Duke war schon ein Mega-Gerät“,


UNBOUND // LIFESTYLE // SEITE 29 erinnert sich Tim Walker vom langjährigen KTM-Händler Redline Motorcycles im englischen Loughborough. „Aber sie anzutreten war immer eine Herausforderung. Ich weiß noch, wie ich damals die Neumaschinen aus den Transportkisten ausgepackt und montiert habe und direkt danach immer zur Tankstelle ums Eck gefahren bin. Da habe ich beim Tanken den Motor immer gleich laufen gelassen, nur damit ich sie nicht noch mal ankicken musste. Mehr als einmal hab ich eine Duke an der Tanke tatsächlich nicht wieder anbekommen und musste sie bergauf zurück zur Werkstatt schieben! Der E-Starter war echt ein Segen, das kann ich dir flüstern.“ Da muss ich zustimmen. Ich habe es versucht, doch meine Beine sind so kurz, dass es fast als Behinderung durchgeht. Als einziges Geräusch war mein dröhnender Pulsschlag zu hören – die Duke dagegen blieb stumm. Und ja, ich habe den Deko-Hebel gezogen. Ich wusste schon vorher, dass es sich hierbei nicht um einen Hinterrad-Bremshebel für kontrollierte Mega-Wheelies handelt ... Mit dem elektrischen Anlasser ist das viel leichter. Bei voll gezogenem Choke – wer erinnert sich schon noch daran? – reicht es, den Startknopf kurz anzutippen, dann dreht der Motor hoch und brüllt heiser wie eh und je. Die KTM-LC4-Motoren zählten auch früher schon immer zu den kräftigsten Einzylindern. Der Leistungseinsatz meiner DUKE I ist ruppig, aber suchterzeugend. Trotz Ausgleichswelle vibriert der Motor stark. Die Vorzüge von zwei Jahrzehnten intensiver Entwicklungsarbeit gehen ihm noch völlig ab, wie etwa eine weichere Verbrennung durch die Doppelzündung bei den neueren Modellen und natürlich das Ride-by-WireSystem. Der alte Motor fühlt sich am wohlsten, wenn man ordentlich am Kabel reißt – genau wie der Fahrer. Die Kupplung ist etwas schwergängig, nachdem das Bike die letzten fünf Jahre praktisch nur in der Garage gestanden hat. Und genau das ist auch der einzige Grund, aus dem mir beim Anfahren jedes Mal solche Wheelies passieren. Ehrlich, Herr Wachtmeister! Die DUKE I bringt umgehend den inneren Hooligan zum Vorschein. Meine persönliche Teststrecke im ländlichen England hat von allem etwas: die verschiedensten schnellen und langsamen Kurven, jede Menge Bodenwellen,

glatten und rauen Asphalt. Dörfer, durch die man sich in Schleichfahrt quälen muss, fehlen ebenso wenig wie langweiliges Geradeausbolzen auf der Autobahn – eben eine kleine Schleife mit möglichst allen erdenklichen Fahrsituationen. Über diese Strecke habe ich schon so manches Motorrad getrieben, darunter auch jede andere Version der Duke sowie eine ganze Reihe anderer Einzylinder um die 600 ccm von Aprilia, BMW, CCM und Yamaha. Es ist mehr als die gute Pflege: KTM hat schon an der Ur-Duke ausschließlich hochwertige Teile verbaut, und die funktionieren auch nach all den Jahren immer noch gut. Das Motorrad war dadurch teurer als die damaligen Rivalen wie etwa die Gilera Nordwest oder die Aprilia Pegaso, aber so eine würde heute im Originalzustand nicht einmal annähernd so gut fahren. Man kann durchaus locker nur mit Motorbremse dahinrollen, doch die Brembo-Scheibenbremse mit Stahlflex-Schläuchen stellt auf Wunsch auch dramatische Verzögerung bereit. Selbst Stoppies sind kein Problem. Die Einzelscheibe reicht für die trocken nur 143 Kilogramm wiegende Duke völlig aus. Das voll einstellbare WP-Federbein hinten tut, was es soll: Stöße abfangen und dafür sorgen, dass die aus heutiger Sicht bescheidenen 55,2 PS stets vollzählig auf dem Boden ankommen. Die Gabel dagegen müsste doch mal überholt werden, sie fühlt sich auf Buckelpisten nicht sehr glücklich an. Auch das Einlenkverhalten ist etwas träger als erwartet. Das wiederum könnte auch mit den überalterten Reifen zusammenhängen. Auch den Reifendruck sollte ich wohl besser mal kontrollieren ... Wenn man mit der DUKE I hart aus den Ortschaften heraus beschleunigt, dann empfiehlt es sich, schon bei mittleren Drehzahlen hochzuschalten. Die Gänge voll auszudrehen setzt weniger Vortrieb frei als ein etwas, sagen wir mal, barbarisches Motorengeräusch. Sie ist definitiv kein Big Bike, auf dem man freiwillig längere Strecken geradeaus fahren möchte. Bei konstanter Geschwindigkeit nerven die Vibrationen, es fehlt ein langer sechster Gang, und ohne Windschutz spürt man jeden einzelnen kurvenfreien Kilometer in schmerzhafter Deutlichkeit. Aber Kurven – Kurven anfahren, Kurven durchzirkeln, aus Kurven heraus beschleunigen – sind auf diesem Bike ganz großes Kino, ganz gleich ob mit ausgestrecktem Fuß oder mit schleifendem Knie. Die DUKE I steht in der Garage, wartet auf einen Sonntagmorgen, an dem ich mich davonstehlen kann, eine Tour, ohne ein bestimmtes Ziel, bei der ich einfach nur die pure 1-Zylinder-Kraft genießen kann.


WARUM ORANGE?

Die DUKE I war entscheidend für viele Dinge, die KTM heute ausmachen. Und auch wenn es heute nicht gar so bedeutend erscheint, war das erste davon die Farbe Orange. Die zulassungsfähige Supermoto mit dem LC4-Single trug als erstes Bike jene Farbe, die heute untrennbar mit KTM als Marke verknüpft ist. GERALD KISKA erinnert sich: „Damals hatte jeder Hersteller eine bestimmte Farbe, an der er einfach zu erkennen war. Doch noch kein anderer benutzte Orange. Also nahmen wir das einfach. Die Duke hat KTM auf der Straße lange Zeit ein ganz bestimmtes Image verliehen. Damit verschaffte sie zugleich der gesamten Marke die Chance, mit einem eigenständigen Image und Motorradkonzept in das Straßensegment hineinzuwachsen. Was wir heute sehen, ist nichts anderes als die Weiterentwicklung der gleichen Philosophie mit den gleichen Merkmalen.“

DIE GESCHICHTE HINTER DEM NAMEN

Noch zwei Wochen vor ihrer Präsentation auf der IFMA 1992 in Köln fehlte der bis dahin anonymen Konzeptstudie ein markanter Name. Das Projekt hatte ursprünglich „Terminator“ geheißen. Dem damaligen Projektleiter Wolfgang Felber gefiel „Quasar“ aber besser. Auch „Duke“ stand auf der Liste mit Vorschlägen – als Hommage an Geoff Duke, den sechsfachen Weltmeister, der Anfang der 50er-Jahre auf den legendären Norton Einzylindern kaum zu schlagen war. Eines Tages traf Felber auf der Treppe zur Geschäftsleitung Kalman Cseh, der damals für solche Dinge verantwortlich war, und zeigte ihm bei der Gelegenheit die Liste mit Vorschlägen. Cseh fand „Duke“ sofort gut, hatte dabei aber den Adelstitel im Kopf und keinen englischen Rennfahrer. Und so stand dann „The Duke“ auf den coolen Aufklebern, die KTM damals entwerfen ließ. Auch nicht schlecht vor dem Hintergrund, dass dies auch der Spitzname des mehrfachen englischen Weltmeisters war.

MODELLGESCHICHTE 1994 – 1998: KTM 620 DUKE I


UNBOUND // LIFESTYLE // SEITE 31

NEU GEGEN ALT: 2016 TRIFFT AUF 1994 Die Duke ist mit jeder neuen Modellgeneration besser geworden, und KTM hat der Welt bewiesen, dass großvolumige Einzylinder nicht nur leicht, leistungsstark und verbrauchsarm sein können, sondern auch zuverlässig. Wir spulen vor zum Modelljahr 2016: Die neueste Duke ist eindeutig ein besseres Motorrad und zugleich eines, das mehr verschiedenen Fahrernaturen zusagt. Der LC4-Single der neuesten Generation läuft hoch kultiviert und bietet Leistung über ein äußerst breites nutzbares Drehzahlband. Die Supermoto-Sitzposition ist Schnee von gestern, man sitzt „im“ Motorrad, und das recht kommod. Dank elektronischer Fahrhilfen ist die aktuelle Duke super einfach zu fahren. Sie lässt sich hervorragend sowohl an die momentane Fahrsituation anpassen als auch an die Launen des Fahrers. Doch so unterschiedlich die Bikes auch sein mögen: Beide sind eindeutig miteinander verwandt. Und wenn sich eins nicht geändert hat, dann der Fahrspaß. Doch dazu kommt neuerdings Alltagstauglichkeit. Das federleichte Kraftpaket mit dem überragenden Handling und dem unvergleichlichen Fahrerlebnis zeichnet sich heute auch durch Dinge aus wie lange Wartungsintervalle und einen besonders sparsamen Verbrauch. Trotz der mit jeder neuen Baureihe gewonnenen Reife wird die Duke im Grunde ihres Herzens aber immer ein Schelm bleiben. Und das Gleiche gilt mit größter Wahrscheinlichkeit auch für die Person, die jeweils am Gas dreht.

1999 – 2007: KTM 640 DUKE II

2008 – 2011: KTM 690 DUKE

2012 – 2015: KTM 690 DUKE

Auf die Ur-Duke von 1994 folgten vier weitere Modellgenerationen der Einzylindermaschine, die 1999, 2008, 2012 und jetzt im Jahr 2016 präsentiert wurden. Dazu kommen drei zusätzlich nachgeschärfte „R“-Versionen. Mit jedem weiterentwickelten neuen Modell ging KTM auf die sich verändernden Anforderungen der Fahrer ein, brachte neue Technologien zum Einsatz, die Kunden in aller Welt begeisterten, und erfüllte nicht zuletzt die immer anspruchsvolleren Vorgaben in puncto Sicherheit und Emissionen. Die Ähnlichkeit zu einer Supermoto verschwand endgültig mit der 2012 präsentierten Duke IV. Obgleich die Tankform und das Fahrwerk jenen Fahrstil nach wie vor zulassen, ist diese Nische seither allein der KTM 690 SMC R überlassen. AB 2016: KTM 690 DUKE



UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 33

GP

Text: Thomas Kuttruf Fotos: Chippy Wood

TO

EINTAUSENDNEUNHUNDERTSECHZIG KILOMETER TRENNEN MATTIGHOFEN UND VALENCIA. JETZT AUCH FÜR FREUNDE DES SPORTS KEIN GRUND MEHR, EIN FLUGZEUG ZU BESTEIGEN – BEHAUPTET DAS KTM-ENTWICKLUNGSZENTRUM. ZEIT FÜR EINE BEWEISAUFNAHME. HERR HOFMANN, DARF ICH BITTEN? RAUF AUF DIE 1290 SUPER DUKE GT – AB ZUM MOTOGP-FINALE.


DIE IDEE, MIT DEM MOTORRAD VON OBERÖSTERREICH IN DIE PROVINCIA VALENCIA ZU FAHREN, KLINGT GRUNDSÄTZLICH GANZ GUT, ALLERDINGS IST BEI DIESEM ROADTRIP NICHT DIE REDE VON EINER GEMÜTLICHEN SIGHTSEEING-TOUR MIT ZAHLLOSEN CAPPUCCINOPAUSEN AN DER CÔTE D'AZUR; IN DER KTM-WELT DEFINIERT SICH DER BEGRIFF DES REISENS ETWAS ANDERS, VOR ALLEM ZÜGIGER. ZEITVORGABE FÜR DIE ANREISE ZUM GROSSEN MOTOGP-FINALE IM OSTEN SPANIENS: 36 STUNDEN. Die zweite, durchaus spannende Konstante stellt das Timing des Cannonballs dar. Anfang November mit zwei superstarken Bikes durch Österreich, Deutschland und die Schweiz, das erfordert Stoßgebete zum Wettergott und eine Standleitung zur Abteilung „PowerWear“. Zweimal das Beste, was ihr habt, bitte! Stichwort Premium, das verspricht auch das Modelljahr 2016 in Form der neuen KTM 1290 SUPER DUKE GT. Die wahre Inspiration dieses nicht alltäglichen Ausflugs lockt mit überragender Super Duke-Performance auf der Geraden wie im Eck und multipliziert das schon jetzt legendäre „Beast”-Paket mit vollster Endurance-Austattung. 23-Liter-Tank, einstellbares Windschild, variable Ergonomie, Schaltassistent, Tempomat, die Liste der GT-Zutaten liest sich unwiderstehlich und macht sofort Lust aufs sportliche Kilometerfressen. 1.960 km hin, November her, Wurscht. Auf geht‘s. Auch der perfekte Reiseführer und Windschattenspender ist schnell gefunden. Um zu vermeiden, dass MotoGP-Testfahrer Alex Hofmann in eine saftige Herbstdepression verfällt, soll der eloquente Kommentator mit großem Racer-Herz die Pace machen. Geboren in Deutschland, lange in der Schweiz gelebt, auch fließend französisch sprechend, mit einer Spanierin verheiratet und tätig für Österreich – es kann also keinen besseren Guide für die Express-Reise geben. Die einzige Spielregel, die Alex mit an die Startlinie bringt: „Kutti, nicht dass ich hetzen will, aber morgen abend gibt es eine Abstimmung zur TV-Übertragung, da sollte ich dabei sein …“. Also GO.

„EHRLICH, DIE ÜBER 300 KM/H LETZTE WOCHE AUF DER RC16 FÜHLTEN SICH WENIGER DRAMATISCH AN ALS DIE 280 MIT DER GT BEI DEM VERKEHR.“


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 35

4. NOVEMBER, 9:21 UHR, KTM-WERK

10

0 km

Die beiden von der Entwicklungsabteilung zur Verfügung gestellten Bikes sind startklar, vollgetankt und mit frischen Hinterreifen bestückt. Schon die ersten Meter geben einen perfekten Vorgeschmack auf das Freudenfest der nächsten knapp 2.000 Kilometer. Vom Innviertel, dem Geburtsort jedes „READY TO RACE“-Bikes, fräsen wir uns im Nu nach Deutschland ins male­ rische Burghausen, um dort direkt die erste Autobahnetappe in Angriff zu nehmen. Alex’ Worte im Kopf, werden die Drosselklappen komplett geöffnet. Wahnsinn, das kann kein Airbus besser. Ohne sich wie bei Supersportlern auf den Tank legen zu müssen, ermöglichen Ergonomie und Windschutz der GT höchstes Tempo bei guter Übersicht.

11:55 UHR

12

290 km

Erster Tankstopp. Laut Restreichweitenanzeige wären noch 60 Kilometer gegangen, aber unser Fotograf im Mietauto hat auf der deutschen Autobahn derart abreißen lassen müssen, dass sich ein großer Kaffee in Memmingen ausgeht. Alex, der den 1.301-ccm-Twin wie erwartet unerschrocken nach vorne trommelt, beichtet mir: „Ehrlich, die über 300 km/h letzte Woche auf der RC16 fühlen sich weniger dramatisch an als die 280 mit der GT bei dem Verkehr.“ Ja, muss wohl so sein. Kaum hat uns Fotomann Chippy hechelnd erreicht, mahnt der Profi Hofmann zum Weitermarsch. Als Ex-Züricher will er die Schweizer Stadt besser bis 16 Uhr passiert haben. Also, Vignette drauf und wieder an die Lenker. Bei Traumwetter vorbei am Bodensee, entern wir gegen 13 Uhr das Land der Eidgenossen. Die unpackbare Performance der Super Duke GT prallt auf gnadenloses Verkehrsrecht. Jetzt zählen Vernunft und Disziplin. 16:35 UHR

14

630 km

Zürich liegt bereits hinter uns. Die letzten gut drei Stunden im Sattel haben den Reiseschnitt nach unten, dafür die Reichweite der GT nach oben gezogen. Bei unter 120 km/h brummt der LC8 unterfordert effizient dahin und schlürft dabei nur dezent aus dem 23-Liter-Superfass. Um ehrlich zu sein, wir sind beide überrascht, dass uns der Hintern noch nicht schmerzt. Selbst gute Tourenbikes senden in der Regel nach sieben Stunden Fahrt erste herzliche Grußkarten ans Gesäß. Bis dato hat die Verbindung an die göttliche Wetterleitzentrale bestens funktioniert, das erste Drittel auf durchgängig trockener Piste war noch kein Test für Traktionskontrolle oder Schräglagen-ABS. Im Sonnenuntergang, den Genfer See im Visier, bin ich optimistisch, dass Alex schon pünktlich in der Eurosport-Sprecherkabine sitzen wird. Außerdem steigt die Vorfreude auf die leeren französischen Fernstraßen. Feierabend ist noch nicht. Mindestens 400.000 Meter wollen noch gefressen werden. Während sich der klassische Motorradtourist nun auf die Suche nach einer hübschen Auberge machen würde, fokussieren wir im Dunst die Autoroute de Sud. Alex leitet die große F-Etappe mit einem gigantischen Befreiungswheelie ein; wie schön, dass die Pisten hier so gut beleuchtet sind. 20:00 UHR

10

890 km

Drei Espressi, drei Red Bull und ein paar Dutzend Liter Sprit später, rollen wir im Nebel auf einer fast menschenleeren Autobahnraststätte ein. Sorry Alex, heute geht sich kein Sterne-Menü aus. Wir nehmen das wohl mieseste Dinner seit Langem zu uns – selbst der nicht gerade von Kulinarik verwöhnte Engländer Chippy ist sehr ruhig. Also schnell weiter auf die Schlussetappe von Tag 1. 23:25 UHR

8

1.095 km

Bei 150 km/h Dauertempo sind die letzten 300 Kilometer flott verflogen. Nur ein kurzer Stopp, Halstuch montiert, Griffheizung auf „max“, alles gut. Im tiefen Süden Frankreichs verlassen wir schließlich die Mautstraße, rollen durch den bereits fest schlafenden Ort „Orange“. Das Ortsschild bietet die perfekte Kulisse für das letzte Foto des Tages. Die souveränen GT-Biester werden in einen Metallkäfig geschoben. Nach 14 Stunden und fast 1.100 km ist das Tagesziel bestens erreicht. Mein letzter Gedanke vor dem Einschlafen, mein Hintern tut immer noch nicht weh. Guter Tag – gute Nacht.


5. NOVEMBER, 7:15 Uhr 10 1.095 km Beim Frühstück steht zunächst der anstehende MotoGP-Titelkampf auf der Menükarte. Kann es Rossi packen? Wie wird sich Márquez verhalten? Oder wird es einfach alle auf die Birne hauen …? Apropos, wir müssen los, Valencia ruft. Kaum ist unsere Fast-Forward-Reisegruppe wieder auf der Bahn in Richtung Süden, schießen die ersten Sonnenstrahlen durch die Dunstglocke. Und nur 10 Minuten später surfen die GTs bei genialstem Wetter weiter auf der Drehmomentwelle. Danke nach oben. Das freut auch den Fotografen. Chippy springt aus seinem hoffnungslos untermotorisierten Mietwagen und montiert seine Kamera mit einem Ausleger an die Außenhaut. It’s showtime! 11:20 Uhr 18 1.390 km Viva España. Willkommen im Land des Motorradrennsports – die zweite Heimat jedes Profi-Zweiradracers empfängt uns mit superben Bedingungen. Hoffentlich erkennt Alex auch weiterhin den Unterschied zwischen Traum und Wirklichkeit und wechselt jetzt nicht in den Qualifying-Modus. Beim ersten Tankstopp an diesem Tag, noch vor Barcelona, liest Alex eine Handy-Mitteilung vor: „Hi Burschen, wo steckt ihr? Treffen wir uns um 2 zum Lunch am Hafen in Tarragona? Gruß, Pit.“ Der Motorsportboss ist gleichfalls auf dem Weg ins Autodrom Ricardo Tormo. Wenn wir den Nacken einziehen und der Einspunktdrei ein wenig längere Zügel lassen, passt das perfekt. Brooaaahhhhh …

„AUF DEM WEG ZUM FLUGHAFEN HABEN UNS MAL ZWEI SCHWARZE RITTER ÜBERHOLT, MIT GEFÜHLTEM ÜBERSCHALL … .“


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 37

13:57 Uhr 1.696 km 20 Siesta. So viel Zeit nach rund 1.700 Kilometern muss sein, die Einladung von Familie Beirer zum Lunch direkt am Wasser lässt sich unmöglich ausschlagen. Während Alex unschuldig an einem kalten Mineralwasser zutzelt, schleudert Pit eine Frage auf den Tisch: „Sagt mal ihr zwei, ihr wart gestern morgen so kurz um halb elf nicht zufällig auf der Autobahn nach München unterwegs? Auf dem Weg zum Flughafen haben uns mal zwei schwarze Ritter überholt, mit gefühltem Überschall … .“ Ähhh, ja gut, wie gesagt, die Zeit hat halt schon ein wenig gedrückt und der LC8-Doppelhammer marschiert so herrlich. Gut, dass Pit von Berufs wegen sehr viel Verständnis für das Arbeitstempo seiner Kollegen aufbringt. Was uns auch schon wieder zum Aufbruch mahnt. Noch trennt uns eine knappe Tankfüllung vom Fahrerlager in Valencia. Da wir uns zum Ziel gesetzt haben, auf der Schlussetappe auch die Kurvenqualitäten entlang der Küste auszukosten, lautet das Kommando „Helm auf“. Und nur wenig später zeigt die GT, dass auch sie eine Super Duke reinster Rezeptur ist. Alex, der sämtliche elektronischen Helferlein abgeschaltet hat, schmettert voran, dass es ein Fest ist. Im berauschenden Abendlicht zoomen wir über verwinkelt schmalen Asphalt. Renntaugliche Bremsen und dieser unbeschreibliche Motorschmalz wirken wie Drogen, lassen Körper und Geist den reinen Sport erleben, machen GT-süchtig. Der Rausch wird trotz Kurvenlicht nur von der hereinbrechenden Nacht beendet. Zurück also auf die Autopista, die letzten 150 Kilometer wollen gefressen werden. Ein Klacks.


19:05 Uhr, Circuito Ricardo Tormo 19 1.960 km Der finale Stopp vor der Rennstrecke findet erneut an einer Tankstelle statt. Diesmal aber nicht zum Benzin-, sondern zum Biereinkauf. Drei eiskalte Belohnungsdosen rollen unter der Jacke vors Fahrerlagertor. Hinter der Absperrung lauern GP-Bestien in drei Klassen, um ihre Gegner am Sonntag in einer 100-Kilometer-Hatz zu besiegen. Ha, das Team „Factory Super Duke GT“ mit dem Duo Hofmann/Kuttruf hat soeben eine komplette Rennsaison am Stück bestritten. Alex parkt seine GT im Paddock direkt neben eine scharf präparierte KTM 1290 SUPER DUKE R, mit der er am Freitag die Streckenvorstellung vom Lenker aus kommentieren wird. Die Mission ist erfüllt.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 39

„DIE MISSION IST ERFÜLLT.“ Fassen wir zusammen. Das Projekt „GT to GP“ hätte nicht besser rennen können: Wetterbedingungen gleichzusetzen mit einem Lottogewinn, ein vollgasfester Fotograf und ein Motorrad unterm Hintern, das auch XL-Distanzen jede Furcht nimmt. Die Aufnahmeprüfung in den Adrenalin-Express-Club hat die GT mit Auszeichnung bestanden. Wir verneigen uns in Richtung Mattighofener Entwicklungszentrale und sagen danke! Ich selbst ziehe den letzten Hut des Tages vor meinem grandiosen Europa-Guide. Alex, du solltest über eine Karriere in der Langstrecken-Weltmeisterschaft nachdenken – das richtige Bike hätten wir. Oder anders, Herr Hofmann, es war mir eine Ehre, nicht mit ihnen zu fliegen!


HIGHLIGHTS DER KTM POWERWEAR KOLLEKTION 2016

ANZIEHENDES

IN ORANGE

Text: Luke Brackenbury Pictures: Chippy Wood, Heinz Mitterbauer

RIDE TO LIVE – LIVE TO RIDE: DIE MEISTEN MOTORRADFAHRER WOLLEN AUF WIE ABSEITS DES BIKES EINE GUTE FIGUR ABGEBEN. DIE KTM POWERWEAR KOLLEKTION 2016 BIETET EINE VIELSEITIGE UND STELLENWEISE AUCH ABGEDREHTE AUSWAHL FUNKTIONALER FAHRBEKLEIDUNG DER BESTEN MARKEN, ABER AUCH TOLLE FREIZEITKLEIDUNG UND ACCESSOIRES. HIER DIE FAVORITEN DER UNBOUND REDAKTION:

GP RACING GLOVES Bei den neuesten Sporthandschuhen setzt KTM auf Känguruleder, denn das ist nicht nur leicht und geschmeidig, sondern auch besonders widerstandsfähig. Damit bieten die Gloves am Lenker ein optimales Griffgefühl. An entscheidenden Stellen wird das Material zum Schutz aufgedoppelt oder es kommen Protektoren zum Einsatz, etwa über den Knöcheln, den Fingern und am Ansatz des Handballens. Eine Verbindung zwischen dem dritten und vierten Finger wirkt im Ernstfall einer Überdehnung entgegen. Dank der belüfteten Stulpe mit Protektor sowie Schaft- und Gelenkverschluss sitzt der Handschuh sicher und komfortabel. Größen S-XXL

ZWEITEILIGE LEDERKOMBI RSX Genau so sicher, stilvoll und funktional wie die einteilige RSX Rennkombi, aber hier als komfortabler Zweiteiler. Lässt sich per Reißverschluss nicht nur an die zugehörige Stiefelhose zippen, sondern auch an lässige Lederjeans, wenn man mal nicht am Knie unterwegs ist. Super robuste Lederkonstruktion mit dem vollen Protektorenprogramm. Made by Gimoto exklusiv für KTM. Erhältlich in den Größen S-XXXL

KTM SUPERTECH R BOOTS Die neueste Version der für die MotoGP entwickelten Alpinestars Supertech R Stiefel in exklusivem KTM-Design. Die ausgefeilte Konstruktion mit entnehmbarem Innenschuh verbindet maximalen Schutz für Fuß und Knöchel mit einem Höchstmaß an Beweglichkeit und „Zehenspitzengefühl“. Größen 40-47


UNBOUND // PRODUCTS // SEITE 41

PEGSCRATCH JACKET KTM weiß, dass Motorradfahrer es auf dem Bike komfortabel mögen, aber zugleich Wert auf Sicherheit und gutes Aussehen legen. Die Pegscratch Jacke bietet all das und mehr. Die Textiljacke aus abriebfestem Obermaterial mit wasserfesten Reißverschlüssen trägt dezente Reflexstreifen. Im Inneren finden sich entnehmbare SAS-TEC®-Protektoren. Ein vollventiliertes Netzfutter sorgt für maximale Luftzirkulation und Kühlung an Tagen, an denen das entnehmbare Thermofutter nicht benötigt wird. Ob auf Tour oder im Alltag: In Verbindung mit den passenden Pegscratch Pants wird diese Jacke zur perfekten GanzjahresKombi für die verschiedensten Einsätze. Erhältlich in Schwarz und Orange in den Größen S-XXXL.

PEGSCRATCH PANTS Die perfekte Ergänzung zur Pegscratch Jacket dank passendem Verbindungsreißverschluss. Ob Regen oder Sonne, Wärme oder Kälte: Die allwettertaugliche Hose zeichnet sich durch die gleiche robuste äußere Konstruktion mit atmungsaktivem, entnehmbarem Innenfutter aus. SAS-TEC® Protektoren schützen die Knie. Flexibilität ist entscheidend für jede Motorradhose – die Pegscratch bietet großzügige Stretch-Einsätze für optimale Passform und Bewegungsfreiheit sowie einen einstellbaren Bund. Dezentes Reflexdekor und Außentaschen mit wasserdichten Reißverschlüssen runden eine tolle Textilhose ab. Größen S/30-XXXL/40


CHRONO WATCH

RESOUNDING SHOES

NO DRAG BAG

Motorradfahrer wissen präzise Mechanik auch auf der ästhetischen Ebene zu schätzen. Genau die kommt bei der Chrono Watch bei jedem Blick auf das Zifferblatt zum Zuge, denn sie gewährt ungehinderte Einblicke auf den Mechanismus im Inneren. Das gehärtete Mineralglas ist in ein Edelstahlgehäuse mit IBP-Plattierung eingelassen und in Naturkautschuk eingefasst. Mit Zeit- und Datumsanzeige sowie Stoppuhrfunktion – genau das Richtige für die Rennstrecke.

Freizeitschuh in einem nicht übertrieben saloppen Stil. Definitiv nicht zum Motorradfahren, aber sonst zu fast jedem Anlass tragbar, ob zu Jeans, zu Shorts oder je nachdem sogar zur Anzughose. Vielleicht. In jedem Fall stehen wir auf den Farbverlauf von Gelb nach Orange in Verbindung mit den satt glänzenden KTM-Logos. Dank Lederaufsätzen zur Verstärkung an kritischen Stellen und Sohlen im künstlich gealterten „Used“Look muss man sich von Anfang an keine Gedanken um die ersten Abnutzungserscheinungen machen. Größen 39/6,5-44/10,5

Der No Drag Rucksack wird exklusiv für KTM vom führenden Gepäckhersteller OGIO gefertigt. Er ist auf einen möglichst geringen Luftwiderstand ausgelegt, wenn man sich im täglichen Rennen durch den Alltag flach auf dem Tank zusammenfaltet. Mit 22 Litern Volumen bietet er jede Menge Stauraum. Zahlreiche Innentaschen und Fächer einschließlich Laptop-Innenfach sorgen für Ordnung. Die Reißverschlüsse liegen geschützt an der Rückenseite, was zuverlässig verhindert, dass sie sich unterwegs versehentlich öffnen.


UNBOUND // PRODUCTS // SEITE 43

CLASSIC CAP

RAPID ZIP HOODIE

ESPRESSO CUP SET

Kappe mit melierter und strukturierter Optik. Rubber-Logobadge am Frontpaneel, gesticktes KTM-Logo hinten. Paneele: 87 % Acryl / 11 % Wolle / 2 % Elasthan. Schild und Innenfutter: 98 % Baumwolle / 2 % Elasthan. In den Größen S/M und L/XL erhältlich.

Kapuzensweatjacke mit melierter Optik. Oranger Beleg am Reißverschluss der Kapuze sorgt bei Bedarf für einen zusätzlichen Farbakzent. Logostick auf der Brust, großes Druckmotiv am Rücken, READY TO RACE Pfeile am Ärmel. 70 % Baumwolle / 30 % Polyester. Größen XS-XXL

KTM-Espresso-Cup-Set bestehend aus Tasse und Unterteller im unverkennbaren KTM-Style. Höchster Kaffeegenuss ist garantiert. 100 % Porzellan.


FRONTIER JACKET

LOGO BELT

STREET EVO HELMET

Zum Mitnehmen für nach der Ausfahrt, aber gern auch abends zum Ausgehen. Fotos werden dem coolen Look dieser leichten Jacke mit wasserdichtem Reißverschluss nicht gerecht. Dank weichem Netzfutter liegt die Frontier weich auf der Haut, zusätzliche Belüftungen unter den Achseln sorgen für Komfort. Ein elastischer Saum hält den Wind draußen und verhindert, dass die Jacke am Rücken hochrutscht. Größen XS-XXL

Nicht einmal ein derart praktischer Gegenstand, der ja letztlich einfach nur die Hose hält, muss langweilig sein. Der langlebige Gürtel aus Canvas-Stoff mit dezent aufgedrucktem Schlangenledermuster ist einfach einzustellen und trägt als i-Tüpferl ein orange lackiertes Buckle aus Metall mit dem KTM-Logo.

Integralhelm zum Einsteigerpreis, aber mit dem Komfort und Finish der Oberklasse. Die Sicherheitsaußenschale aus Stonefibre erhält zur aktuellen Saison abgefahrene neue Graphics, während die optimierte Aerodynamik den Nacken des Trägers ebenso entlastet wie sein Gehör. Das entnehmbare Innenfutter ist waschbar, trägt eine antibakterielle Ausstattung und leitet Feuchtigkeit von der Haut ab. Dank leicht zu bedienender Belüftungen an Kinn und Oberseite bleibt der Fahrer cool, auch wenn es heiß her geht. Größen XS-XXL


UNBOUND // PRODUCTS // SEITE 45

ALLOVER THROTTLE BAG

THERMO MUG

MX SHADES

Äußerst strapazierfähiger Rucksack mit einem Meganamen, der ebenfalls von den Gepäckexperten von OGIO exklusiv für KTM hergestellt wird. Perfekt auf, abseits oder auch ganz weit entfernt vom Motorrad. Unterteilt in ein großes Hauptfach und zwei interne Nebenfächer, mit zwei Außenfächern für kleinere Gegenstände und einer Fleece-Tasche zum Schutz elektronischer Geräte. 100 % Polyester. Abmessungen ca. 29 x 17 x 50 cm. Gewicht ca. 1 kg.

Genau das Richtige für den frühen Morgen vor einer tollen Ausfahrt: Da hält der KTM Thermo Mug das Getränk warm, während man alle Vorbereitungen erledigt. Auch falls es mal länger dauert. Um genau zu sein: bis zu 16 Stunden lang! Robuste Konstruktion aus Edelstahl und Kunststoff.

Sie heißt bloß so – die Sonnenbrille ist trotz des „MX“ im Namen nicht als Ersatz für eine Crossbrille gedacht. Dabei hat sie durchaus bruchsichere Gläser, die zu 100 % vor UVA-, UVBund UVC-Strahlung schützen. Aber das Wichtigste: Sie sieht gut aus.


ALPINESTARS UND KTM Text: Adam Wheeler Fotos: Alpinestars, KTM

ALPINESTARS IST SO ENG MIT DER MOTORRADSZENE UND DEM RENNSPORT VERWOBEN – UND HEUTZUTAGE ÜBERDIES MIT DER FORMEL 1 UND DER GESAMTEN MOTORSPORTSZENE – DASS ES KAUM VORSTELLBAR IST, ES KÖNNTE JEMANDEN GEBEN, DER AUCH NUR ENTFERNT MIT MOTORRÄDERN ZU TUN HAT UND DAS MARKANTE LOGO DER MARKE NICHT KENNT. FANS UND BEWUNDERER DER ITALO-AMERIKANISCHEN MARKE FÜR SICHERHEITSAUSSTATTUNG SOWIE FAHRER- UND FREIZEITKLEIDUNG SOLLTEN UNBEDINGT EINMAL EINEN POWERWEAR-KATALOG AUFSCHLAGEN, DENN DORT GIBT ES JEDE MENGE ALPINESTARS KLEIDUNG UND AUSSTATTUNG IM KTM-LOOK. Die Unternehmenszentrale von Alpinestars in Asolo ist klein, gemütlich und wirkt von außen sogar ein wenig altertümlich. Eigentümer und Geschäftsführer Gabriele Mazzarolo ist in seinem Unternehmen allgegenwärtig, das von seinem Vater Sante gegründet wurde und kürzlich das 50-jährige Jubiläum gefeiert hat. Die Büros, Ausstellungs- und Konferenzräume sind nach früheren Motorradstars und Markenbotschaftern benannt – unser Begrüßungsgetränk wird im „Jeremy McGrath“-Saal gereicht. Auch in den hell erleuchteten Fluren erinnern

unvergessliche Werbekampagnen an die Ikonen des Motorradsports. Ganz schön beeindruckend. Genau so wie in Mattighofen die neuen Projekte niemals ausgehen, stehen auch in Asolo Fortschritt und Innovation niemals still. Man nehme etwa die Tech-Air Technologie, die im MotoGP jetzt schon seit fast einem Jahrzehnt die Gesundheit der Fahrer schützt und inzwischen auch den Endverbrauchern angeboten wird. In der KTM PowerWear Kollektion erscheint ebenfalls bald die erste Airbag-Jacke mit dieser Technik. „Unsere beiden Unternehmen arbeiten kontinuierlich zusammen“, kommentiert Mazzarolo, der über das Jahr in Fahrerlagern auf der ganzen Welt anzutreffen ist und in etwa gleich viel Zeit in den USA und in Europa verbringt. „Wie pflegen eine sehr intensive Partnerschaft. KTM vertraut uns bei der Produktentwicklung, und das will was heißen bei dem immensen Aufwand, den KTM selbst bei der Entwicklung betreibt. Bei KTM weiß man, dass Produkte wie der Tech 8 und unser Tech 10 so gut sind, wie ein Motorradstiefel nur sein kann. Einige Mitglieder der Geschäftsleitung haben ja selbst Rennsporterfahrung oder sind sogar immer noch aktive Rennfahrer. Die kennen unser Material aus der Praxis und wissen, dass es

Gabriele Mazzarolo, Eigentümer und Geschäftsführer

Jeffrey Herlings Factory Racing Outfit


UNBOUND // INSIDE // SEITE 47

Neben Alpinestars Stiefeln, Handschuhen und Protektoren wird in Kürze die Tech-Air Technologie einen prominenten Platz im KTM PowerWear Katalog einnehmen.

einfach das Beste ist. Unsere Produkte unter der Marke KTM vertreiben zu dürfen, ist der größte denkbare Vertrauensbeweis.“ Mazzarolo ist mit Stars aus dem Motorsport aufgewachsen. Seine intensive Beziehung zum Werk in Mattighofen entstand aus seiner persönlichen Freundschaft mit Heinz Kinigadner. „Unsere Geschäftsbeziehungen begannen vor langer Zeit“, erinnert er sich. „Ich hatte einen guten Draht zu Heinz und später auch zum KTM-Werk, weil wir in den USA denselben Importeur nutzten wie KTM, bevor beide Firmen dort eigene Vertriebsstrukturen aufgebaut haben. So lange ich denken kann, war Alpinestars eng mit KTM verknüpft. Es fühlt sich fast an wie in einer Familie, und auch im Rennsport gab es schon immer eine intensive Kooperation.“ Im Rennsport fühlen sich Alpinestars und KTM dem gleichen Ethos verpflichtet. Beide nutzen die Rennstrecke, um neue Ideen, Erfindungen und Entwicklungen zu testen und zu präsentieren. „Genau wie bei KTM geht es auch bei Alpinestars letztlich um mehr als Motorsport, aber beide Unternehmen engagieren sich intensiv in der Rennszene“, sagt Mazzarolo. „Unser beider Ziel ist es, unsere Produkte mithilfe von Erkenntnissen aus dem Rennsport immer weiter zu verbessern.“

Produkten einsetzen – denn damit kommt es umso mehr Menschen zugute.“ Sein Lob für KTM gründet Mazzarolo durchaus auf eigene Erfahrungen mit den Produkten aus Mattighofen: „Aktuell fahre ich in Italien eine Super Duke R und in den USA eine Super Adventure. Beide sind auf ihren jeweiligen Einsatzgebieten einfach perfekt für mich! Fürs Gelände habe ich eine 450 SX-F und eine 350 XCF-W, die mir beide sehr viel Spaß machen. Es kommt auf die Tagesform an, aber normalerweise liegt mir die 450er noch einen Tick besser.“

„ICH FAHRE KTM. UNSERE PRODUKTE HARMONIEREN GUT MITEINANDER UND PASSEN EINFACH ZUSAMMEN …“ Alpinestars sponsert das KTM-Werksteam in der MX2, KTM-Fahrer in der Moto3 und auch den Red Bull Rookies Cup. Beide Marken haben sich gemeinsam weiterentwickelt, beide Unternehmen sind gewachsen, und beide haben sich inzwischen breiter aufgestellt: KTM mit dem Comeback im Straßensegment, Alpinestars mit seinen Auto- und Downhill-Kollektionen sowie mit Freizeitkonzepten wie Oscar. „Das Wachstum konnte gar nicht ausbleiben, denn die Produkte sind so gut, dass sie sich im Rennsport einfach durchsetzen mussten – und damit dann auch auf dem Markt“, ist sich der Italiener sicher. „Nicht nur in dem Punkt stimmt die KTM-Philosophie genau mit unserer überein.“ „Deshalb arbeiten wir ja auch zusammen“, setzt er hinzu und spielt damit auf die zunehmende Präsenz von Alpinestars in der KTM PowerWear Kollektion an. „Beide Unternehmen haben ein Interesse an der Förderung des Motorrads. Das kann mit begeisternden Produkten gelingen, aber auch über mehr Sicherheit. Elektronik, ABS und andere Innovationen haben das Motorrad immer sicherer gemacht. Aber auch wir haben Fortschritte in puncto Sicherheit erzielt, etwa mit Projekten wie Tech-Air. Und natürlich freuen wir uns sehr, dass immer mehr Marken Tech-Air in ihren

Tech-Air ist das weltweit erste in die Schutzkleidung integrierte Airbagsystem. Es schützt Rücken, Schultern, Nieren und Brustkorb. Dank der Elektronik und komplexer Algorithmen erkennen seine Sensoren einen Aufprall in der Regel in nur 30 bis 60 Millisekunden, und nach weiteren 25 Millisekunden ist Tech-Air voll aufgeblasen.



UNBOUND // PEOPLE // SEITE 49

Text: Justin Dawes, Luke Brackenbury Fotos: Geoffrey McCarthy, Alpinestars

CAFÉ RACER

JOHN HENSLEY IST EIN BEKANNTES GESICHT. IN DER MOTORRADSZENE VON LOS ANGELES IST ER AUF SEINER KTM 690 DUKE UNTERWEGS. DER AMERIKANISCHE SCHAUSPIELER UND CAFÉ-BETREIBER SPRICHT MIT UNBOUND DARÜBER, WIE ER DAS MOTORRADFAHREN UND DIE RENNSTRECKE FÜR SICH ENTDECKTE UND WIE ER HEUTE ORGANISCH ANGEBAUTE LEBENSMITTEL UND FANTASTISCHEN KAFFEE DAZU NUTZT, SEINE GÄSTE ZUM MOTORRAD ZU BEKEHREN.

Im San Fernando Valley von Los Angeles an der Grenze zu den Santa Monica Mountains liegen die Woodland Hills, eines der am wenigsten dicht besiedelten Gebiete von L.A. Doch an einem bestimmten Ort in dieser Gegend wird es zeitweise ganz schön voll, nämlich im Café Gasolina. Das Café am Ventura Boulevard gewinnt in der FoodieSzene von Los Angeles mit seinem Frühstücks- und Mittagsangebot nach spanischer Art einen immer besseren Ruf. Dazu kommt der wohl beste Kaffee auf jener Seite des Atlantiks. Zugleich kommt Gasolina auch in der Motorradszene vor Ort gut an, allein schon wegen der räumlichen Nähe zum Mulholland Highway, einer der beliebtesten Motorradstrecken der USA. Dort lockt das besonders kurvige Teilstück „The Snake“ mit der berüchtigten Edwards Corner, wo mehr Motorradfahrer den Asphalt küssen als irgendwo sonst in Südkalifornien. UNBOUND ist hier mit John Hensley verabredet. Der 39-jährige Schauspieler hat in vielen beliebten Filmen und Fernsehserien mitgespielt, zuletzt in Sons of Anarchy. Darüber hinaus ist er ein hochgeschätzter Geschichtenerzähler und gemeinsam mit seiner Frau Sandra Cordero Betreiber des Cafés. Vor allem ist John auch Motorradfahrer. Es ist ein schöner Tag in L.A., und wir sind eindeutig richtig: auf dem Bürgersteig vor dem Gasolina steht unübersehbar eine neue, orangefarbene KTM 690 Duke in der Sonne, während Hensley unter der Markise seines Cafés seinen morgendlichen Cappuccino schlürft. Das Motorrad knistert noch leise vor sich hin, es muss ein heißer Ritt gewesen sein. Es ist noch gar nicht so lange her, dass Hensley zum Zweirad konvertiert ist,

doch als es ihn packte, hat er sich Hals über Kopf ins Abenteuer Motorrad gestürzt, als würde er eine neue Filmrolle studieren. Nach unserer anstrengenden Fahrt quer durch die ganze Stadt brauchen wir auch erst mal einen Kaffee. John ist unheimlich offen und unterhält sich gern mit seinen Kunden, und zu denen gehören wir jetzt definitiv auch. Im Café wird man als Erstes von einer orangefarbenen Espressomaschine begrüßt, von der definitiv ein gewisser READY TO RACE Vibe ausgeht. Die Wände sind mit Andenken an berühmte Rennfahrer und Teilen von Rennmaschinen dekoriert. Es sieht fast mehr nach einer Werkstatt aus als nach einem Café oder sonst einem Ort, den man auf einer Ausfahrt ansteuern würde, sei es als Ziel oder Zwischenstopp. Und genau so wollen es John und Sandra. Den Latte in der Hand und das Breakfast Sandwich bestellt (Serrano-Schinken, Mahón-Käse, Rührei und Brava-Tomatensauce auf einer Brioche, falls es jemanden interessiert), setzen wir uns auf einen Benzinplausch zu John. Was hat ihn zum Motorrad gebracht? Wie lebt es sich auf zwei Rädern in L.A., und warum hat er sich kürzlich in die neue 690 Duke verguckt?


UNBOUND: DU LEBST UND ARBEITEST HIER IN SÜDKALIFORNIEN IN MEHREREN REICHLICH VERSCHIEDENEN WELTEN – SCHAUSPIELERN, REGIE FÜHREN, GESCHICHTEN ERZÄHLEN UND DAS CAFÉ. WELCHE ROLLE SPIELT FÜR DICH DABEI DAS MOTORRADFAHREN? JOHN HENSLEY: Das hört sich jetzt vielleicht albern an, aber die Leser von UNBOUND sind ja wohl eh größtenteils Motorradfahrer und wissen, was Sache ist, also sag ich’s einfach: Nur bei ganz wenigen Dingen in meinem Leben bekomme ich das Gefühl, mit der Welt vollkommen im Reinen zu sein. Eins davon ist definitiv das Motorradfahren. Und zwar genau so zu fahren, wie ich will. Viele Außenstehende glauben ja, wir Motorradfahrer gingen wegen eines Adrenalinrauschs auf die Rennstrecke. Und das kann ja durchaus auch einen Teil der Faszination ausmachen. Aber bei mir geht das wesentlich tiefer. Auf dem Motorrad kann man keine halben Sachen machen. Da heißt es, voll bei der Sache zu sein. Im Café sieht Sandra das ganz ähnlich. Genau wie unsereins voll im Motorradfahren aufgeht, macht sie im Gasolina ihr Ding. Es ist der

herumgefahren. Allerdings war ich keine von diesen Motocross-Gören. Rein zum Spaß, das war für mich nie Sport. Aber von daher waren diese latenten Motorraderinnerungen einfach noch irgendwie da, als ich älter wurde. Dann, als junger Mann, wohnte ich in L.A., und es lag irgendwie auf der Hand, dass man diese Stadt am Besten mit dem Motorrad bewältigt. Im Auto kann die Stadt zum absoluten Albtraum werden. Der Verkehr kommt oft zum Erliegen, und von einer Stadtplanung kann im Grunde keine Rede sein. Da liegt keinerlei Konzept zugrunde. Manchmal erinnert es richtig an ein Schlachtfeld. Als Erwachsener hatte ich bis dahin noch kein Motorrad gefahren, ich wusste überhaupt nichts darüber. Dann war ich eines Tages auf dieser Party in Beverly Hills, da stand dieser Cruiser in der Einfahrt. Also ging ich rein, und da stand dieser Typ mit Lederkutte. Den habe ich dann einfach angequatscht. „Das ist doch bestimmt dein Motorrad da draußen. Ich spiele mit dem Gedanken, mir auch eins zu besorgen. Wie ist das denn so?“ Er meinte sofort: „Da bist du bei mir genau richtig.“ Der schickte mich zu einem Sicherheitstraining. Und bei dieser Veranstaltung wurde es erstmals so richtig ernst mit mir und dem Motorrad. Kurze Zeit später lernte ich dann einen französischen Fotografen kennen, mit dem ich heute eng befreundet bin. Ich besuchte ihn daheim, um ein paar Fotos machen zu lassen. Da stand eindeutig ein Motorrad unter einer Abdeckplane. Ich sagte „Hey! Ich fahre auch Motorrad!“ Ihr wisst, wie das

„... HENSLEY HAT SICH HALS ÜBER KOPF INS ABENTEUER MOTORRAD GESTÜRZT, ALS WÜRDE ER EINE NEUE FILMROLLE STUDIEREN.“ ist, ich hatte gerade frisch meinen Führerschein und fing bei jeder Gelegenheit Benzingespräche an. Er zog also die Plane herunter, und es kam ein voll umgebautes Motorrad zum Vorschein. Er sagte: „Das ist meine Rennmaschine, damit gehe ich auf die Rennstrecke.“ Und ich nur: „Was bitte?“ „Na klar, Mann, Rennstrecke. Dieses Wochenende sind wir in Willow Springs, willst du mitkommen?“ Da war ich dabei, und als ich die Leute dort am Knie Die Küchenchefin und Johns Ehefrau, Sandra Cordero um den Ring bolzen sah, den Sound erlebte, den Speed, die ganze Atmosphäre, da war klar: „Das mach’ ich. Hier gehöre ich hin.“ So war das also, und schon kurz darauf fing ich mit den Clubrennen an. Ganz oder gar nicht. So bin ich halt. Ich bin überzeugt, wir alle leben von geborgter Zeit. Ob man Schnittpunkt von Leidenschaft und Fertigkeit. Damit meine ich: Wenn man Motorrad es glauben will oder nicht. Wenn einen also etwas so intensiv anspricht und tief drin fährt, also richtig fährt und nicht einfach nur drauf sitzt, dann muss man schon mit berührt, dann ist man es sich und dem Geschenk seines Lebens einfach schuldig, Leidenschaft dabei sein. Aber es gehört auch Können dazu, so zu fahren, wie man sich das vorstellt. Auf dieser Ebene war es für uns eine ganz natürliche Sache mit den Motorrädern und dem Gasolina. Es sind beides Dinge, die letztlich exakt das gleiche Niveau an Fertigkeiten voraussetzen. Beim Geschichtenerzählen ist es übrigens genauso. Man kann Geschichten als Zuhörer genießen, aber wenn man ein Erzähler sein will, dann braucht man auch dafür Leidenschaft und Talent. Ich bin überzeugt, nicht viele Dinge können eine Gruppe von Menschen so stark beeinflussen wie eine gut erzählte Geschichte. Und das ist schon seit Anbeginn der Menschheit so. In meinem Leben hat all das in etwa den gleichen Stellenwert. Aber es bringt nichts, wenn nicht alles gut ineinander greift. So wie mir als Motorradfahrer ohne Motorrad etwas fehlen würde. Es ist mir bestimmt, in diesem Sattel zu sitzen, ebenso wie es mir bestimmt ist, an der Tastatur zu sitzen und zu schreiben. Und am Set als Schauspieler zu arbeiten. Und zur Umsetzung der Vision vom Gasolina beizutragen. All das ist gleichwertig, und keins existiert isoliert von den anderen. Alles befruchtet sich gegenseitig. WIE BIST DU ZUM MOTORRADFAHREN GEKOMMEN? Ich bin auf einem Flecken Land in Kentucky aufgewachsen – es war keine richtige Farm, aber wir nannten es „die Farm“. Als Kind bin ich dort auf einem Dirtbike


UNBOUND // PEOPLE // SEITE 51

sich voll reinzuknien. Und das habe ich praktisch vom ersten Tag an gemacht – mich mit allem, was ich hatte, in die Motorradwelt hinein gestürzt. Die Welt des Motorrads hat sich seither zu einem sehr konsistenten roten Faden entwickelt, der so ziemlich alles durchzieht, was ich tue.

zwar nur ein Einzylinder, aber mit 690 Kubik und massig Drehmoment und Leistung. Sie ist so leicht und unfassbar handlich, und die Straßenlage ist einfach unglaublich. Und sie ist zugleich komfortabel. Es ist überhaupt kein Ding, damit mal eben die zweieinhalb Stunden rauf nach Buttonwillow an die Rennstrecke zu fahren, dann dort den ganzen Tag zu verbringen und abends auf demselben Bike wieder heimzufahren. DU HAST DIE NEUE 690 DUKE, MIT DER DU NACH EIGENER AUSSAGE JEDEN TAG Und genau so gut kann man mit der Duke zum Markt fahren. Da parke ich direkt vor UND ÜBERALL HIN FÄHRST, ZUR ARBEIT, ZUM EINKAUFEN, BIS HIN ZU GALAdem Haupteingang auf dem Bürgersteig, gehe einkaufen und bin auch bei dichtem VERANSTALTUNGEN. UND NATÜRLICH EINFACH SO ZUM SPASS. Verkehr ruckzuck wieder zurück. Es ist ein echtes Allround-Bike für aktive und begeisOh Mann, ich liebe dieses Bike. Es ist ein unfassbares Motorrad. Sie ist irgendwie terte Motorradfahrer. Na klar machen Supersportler mit 200 PS ebenfalls Spaß. Aber ein Hool Tool – nicht ausschließlich, ein Motorrad kann auch mit weniger aber schon ein bisschen. Sie hat Leistung fantastisch sein und viel HENSLEY ÜBER DIE 690 DUKE: „SIE IST IRGENDWIE EIN diese gewisse Rotzigkeit. Aber Spaß machen. Die 690 Duke ist ein HOOL TOOL – NICHT AUSSCHLIESSLICH, ABER SCHON EIN zugleich hat sie so viele massive so komplettes Gesamtpaket, dass BISSCHEN. ABER ZUGLEICH HAT SIE SO VIELE MASSIVE Stärken in den verschiedensten sie mit viel weniger Leistung STÄRKEN, DASS ICH MIR NOCH NIE GEWÜNSCHT HABE, DIE Bereichen, dass ich mir noch nie auskommt. Sie erreicht mehr mit EINE ODER ANDERE WÄRE NOCH STÄRKER AUSGEPRÄGT.“ gewünscht habe, die eine oder anweniger. Das ist wirklich beeindere wäre noch stärker ausgeprägt. druckend. Egal was man mit Ich hatte auch meine Phasen. Erst die Supersport-Phase, dann die Reise-Enduroeinem Motorrad anstellen möchte – die 690 geht mit und macht alles Mögliche Phase. Dann Supermotos. Und in jeder dieser Phasen war ich überzeugt: Wer was einfach sehr, sehr gut. Dadurch hat sie meinen Fuhrpark kräftig ausgedünnt. anderes fährt, hat einfach keine Ahnung. Und jeder dieser Motorradgattungen könnte Was ich meine, ist: Sie überwindet überkommene Kategorien. ich auch heute noch eine Menge abgewinnen. Sie ist einfach eine Klasse für sich. Aber auf der anderen Seite bildet die 690 eine ideale Kombination dieser drei. Sie ist

Raus aus der Stadt und runter aufs Knie auf Johns Hausrennstrecke


Gasolina, Woodland Hills, L.A. – hier tanken die Gäste auf bei gutem Essen und Kaffee und infizieren sich nebenbei mit dem Motorradvirus.

IN EINEM ANDEREN INTERVIEW HAST DU GESAGT, GASOLINA SEI ZWAR EIN ZIEL FÜR LEUTE, DIE GUT ESSEN GEHEN MÖCHTEN, ABER ES HABE SICH EBENSO SEHR ZU EINEM TREFFPUNKT FÜR MOTORRADFAHRER ENTWICKELT – WENN NICHT STÄRKER. STECKEN SICH DIE NICHT-MOTORRADFAHRER UNTER DEINEN GÄSTEN HIER MIT DEM MOTORRADVIRUS AN? Als wir uns das Konzept von Gasolina überlegt haben, war klar, dass wir uns mit Leib und Seele einer Kultur und einem Lifestyle verschreiben wollten, der uns anspricht. Sandra fährt ebenfalls mit Begeisterung Motorrad, und als Europäerin stammt sie aus einer Kultur, die noch stärker mit dem Motorrad im Einklang ist. Das war schon immer ein Teil ihrer Persönlichkeit. Es stand also fest, dass wir die Motorradkultur mit einbeziehen wollten. Und dabei verstärkt deren sportliche Seite. Das sollte wirklich im Vordergrund stehen. Und dafür haben wir uns rein aus persönlichen Motiven entschieden: Das ist halt unser Ding. Es ist nach wie vor erstaunlich, dass sich das Café tatsächlich zu einer effektiven Plattform entwickelt hat, um Menschen an das Motorrad und an die Rennszene heranzuführen. Ihr wisst, was ich meine. Auch wenn man sich latent für Motorräder interessiert, muss man trotzdem erst einmal einen Zugang finden. Und das ist oft gar nicht so einfach, es kann richtig anstrengend werden, sich da einzufinden. Da ist die Hemmschwelle, ein Café zu betreten, viel niedriger. Es reicht, wenn man hungrig oder durstig ist. Die normalen Gäste, die zu uns kommen, weil sie von unserem Essen gehört haben, und die Laufkundschaft, die einfach eine kleine Stärkung braucht, ertappt sich bei ihrem Besuch unversehens dabei, sich mit der Kultur und dem Lifestyle auseinanderzusetzen. Unsere Deko an den Wänden sorgt für das perfekte Motorradambiente – die alten Fotos von Rennstrecken, die Tanks und Teile. Die Kunden sehen hier diese Frau auf dem Motorrad

ankommen, die dann reingeht und sich an den Grill stellt. Da werden sie ziemlich schnell neugierig. Sie kommen, um etwas Nettes zu essen, aber sie verlassen uns – hoffentlich – mit einem kleinen Funken, der vielleicht ihre Begeisterung entzünden wird. Wir haben hier auch schon spontan vom Café aus Motorräder verkauft. Eine von unseren Stammkundinnen sprach mit Sandra und zog danach direkt los und kaufte sich eins. Das war nicht wirklich Teil des Konzepts, aber es ist natürlich schon sehr cool, den Leuten zu helfen, diese Welt zu entdecken. Und es werden ständig mehr. ES IST JA EIN KOMISCHER ZUFALL, DASS DIE HAUPTFARBE VON GASOLINA ORANGE IST, SOGAR DIE ESPRESSOMASCHINE IST ORANGEFARBEN. ODER SOLLTE DAS AM ENDE ABSICHT SEIN? Orange hat uns angesprochen, weil es so kompromisslos ist. Die Farbe sprach uns an auf einer Ebene von Qualität und Tradition. Das Farbdesign sollte unsere Geisteshaltung zum Ausdruck bringen. Wir „KTM GIBT KLARE KANTE: ‚WIR damit nicht MACHEN UNSER DING, UND DAS IST wollten KTM kopieren. Aber EBEN VOLL HARDCORE.’“ was ich an KTM und der Farbe Orange liebe, ist dieses – ja, man kann sagen, diese Dreistigkeit. Sich für nichts zu rechtfertigen. Es ist von Anfang an klar, dass es dieser Marke nicht darum geht, den kleinsten gemeinsamen Nenner anzusprechen. In meinen Augen gibt KTM die klare Kante: „Wir machen unser Ding, und das ist eben voll Hardcore.“ Viele Menschen, die sich ihr Brot in der Motorradbranche verdienen, würden dem zustimmen. Und wem die zu hart


UNBOUND // PEOPLE // SEITE 53

„UNSERE DEKO AN DEN WÄNDEN SORGT FÜR DAS PERFEKTE MOTORRADAMBIENTE – DIE ALTEN FOTOS VON RENNSTRECKEN, DIE TANKS UND TEILE.“

ENTDECKEN SIE MEHR AUF GASOLINACAFE.COM

drauf sind, zu wild, für die ist KTM dann womöglich einfach nicht das Richtige. Was wir heute hier mit Gasolina machen, das machen wir richtig gut, glaube ich. Sandra ist die Küchenchefin, und darin ist sie voll Hardcore. Unsere Gerichte sind absolut spektakulär. Ebenso unser Kaffee. Es kann natürlich vorkommen, dass einem Gast unsere Küche generell einfach nicht schmeckt. Man kann es nicht allen recht machen. Aber so lange wir unsere Qualität halten und voll hinter unserem Produkt stehen, können wir diesen Gästen gerade in die Augen sehen und ganz offen sagen, „Tja, tut uns leid, dann ist unser Essen einfach nichts für Sie.“ Und das ist gar kein Problem. Also mit dem Orange bringen wir so etwas zum Ausdruck wie „Hier stehen wir“. Es ist eine interessante Gemeinsamkeit zwischen uns und KTM. KTM ist ja READY TO RACE, und unser Hashtag hier bei Gasolina ist #STOPINFUELUP. Wir machen keine halben Sachen. Wer sich das Beste gönnen will, der ist hier genau richtig.


UNBOUND // TECHNIK // SEITE 54

KTM 690 DUKE MODELLJAHR 2016: TECHNISCHE HIGHLIGHTS MOTOR Das Herzstück der 690 Duke ist ihr LC4 Einzylindermotor. KTM blickt hier auf insgesamt 25 Jahre Entwicklungsarbeit zurück. Und so ist der Motor des 2016erBikes – wieder einmal – der leistungsstärkste Single auf dem Markt. Die KTM-Ingenieure haben die Leistung erneut um sieben Prozent auf jetzt 73 PS gesteigert, zugleich gibt es sechs Prozent mehr Drehmoment (74 Nm) dank zahlreicher Änderungen am Innenleben des Motors. KTM hat die Bohrung vergrößert, doch der Hubraum bleibt dank des leicht verkürzten Hubs der gleiche: 690 ccm. Die eigentliche Weiterentwicklung betrifft hauptsächlich den Zylinderkopf. Die Auslassventile werden über Kipphebel betätigt, die Einlassventile direkt von der Nockenwelle, die zugleich als zweite Ausgleichswelle dient. Das Ergebnis der cleveren technischen Änderungen äußert sich in der Art und Weise, wie der Motor seinen Einzylinder-Punch abgibt: noch kultivierter, noch drehfreudiger und noch suchterzeugender als je zuvor. Das nutzbare Drehzahlband ist jetzt 1.000/min breiter – das spürt man, ganz gleich, ob man sich durch den dichten Verkehr schlängelt oder auf der Geraden die Gänge ausdreht. FAHRWERK Der Gitterrohrrahmen aus Stahl hat sich zum Markenzeichen von KTM entwickelt, denn er ist stabil und leicht – er wiegt nur neun Kilo! Er trägt im Modelljahr 2016 eine schwarze Lackierung. Zu den Änderungen zählen neue geschmiedete Gabelbrücken, die die Holme der WP Suspension Gabel mit vier Millimetern geringerem Versatz fixieren, um den Nachlauf zu erhöhen. Das bringt in Kurven mehr Stabilität ins Fahrwerk. Man glaubt kaum, was für einen großen Unterschied eine scheinbar so kleine Änderung beim Fahrverhalten ausmacht. TFT-DISPLAY Als erste KTM ist die 690 Duke mit einem TFT-Display ausgestattet. Das Akronym steht für „Dünnschicht-

transistor“. In jeder denkbaren Fahrsituation bei Tag und bei Nacht ist das Display für den Fahrer besonders leicht ablesbar, denn es passt seine Displayfarben automatisch dem Umgebungslicht an. Auf dem Display werden der Drehzahlmesser, der Tacho, der Kilometerzähler, der Kraftstoffstand sowie die Motor- und Umgebungstemperatur dargestellt. Per Schalter an der linken Lenkerarmatur lässt sich die Anzeige auch teilen, um durch die verschiedenen Optionen des Menüs zu scrollen. Diese betreffen etwa die Fahrmodi und die Einstellungen von Traktionskontrolle und ABS. Dazu kommt die Möglichkeit, ein Menü mit „Favoriten“ anzulegen, dessen Anzeigen man nach Belieben selbst konfigurieren kann. Nett. ELEKTRONIK Mit dem optionalen „Track Pack“ bietet die 690 Duke modernere elektronische Fahrerassistenz als je zuvor. Über den Mode Switch kann der Fahrer zwischen den Fahrmodi Sport, Street (der Standardmodus) und Rain wählen. Jeder Modus ändert das Ansprechverhalten des Motors und das Maß an Schlupf, das die Traktionskontrolle zulässt. Die Motorschleppmoment-Regelung MSR (Motor Slip Regulation) erhöht die Sicherheit durch einen zur Traktionskontrolle genau gegenläufigen Effekt: Sie verhindert, dass das Hinterrad stempelt, wenn der Fahrer plötzlich vom Gas geht oder beim Herunterschalten zu unsanft einkuppelt. In diesen Fällen erhöht MSR leicht die Drehzahl und verhindert so, dass das Hinterrad versetzt oder gar wegrutscht. ABS Ein derart leichtes Fahrwerk braucht keine besonders groß dimensionierte Bremsanlage. Die Duke wartet jedoch mit feinen Komponenten vom führenden Hersteller Brembo auf, die genau auf das eigens für die Duke entwickelte hochmoderne Bosch ABS zugeschnitten sind. Fortgeschrittene Fahrer freuen sich über die Möglichkeit, das ABS abschalten zu können.

BODYWORK Auf den ersten Blick sieht das Bike genau so aus wie sein Vorgängermodell. Das Bodywork ist auch tatsächlich das gleiche, doch man erkennt die 2016er-Duke sofort am neuen Farbschema mit frischen Graphics und natürlich am schwarzen Rahmen. Als Grundfarben stehen ab Werk Weiß und Orange zur Wahl, und diese lassen sich mit einer Vielzahl verschiedener Graphics aus dem PowerParts-Katalog noch weiter aufpeppen. RÄDER UND REIFEN Auf die leichten und robusten Leichtmetallgussräder sind ab Werk griffige Metzeler M7 RR Reifen aufgezogen, mit denen sich das Potenzial der Duke in einer Vielzahl von Fahrsituationen ausloten lässt. Es sind die gleichen Reifen, die in den KTM RC Cups in Deutschland, Großbritannien und den Niederlanden gefahren werden – bei Regen und bei Sonne! SITZBANK Die ganze Performance bleibt graue Theorie, wenn der Sitz nicht funktioniert. Die völlig neue zweiteilige Sitzbank der 2016er-Duke zeichnet sich durch eine weniger restriktive Fixierung des Fahrers aus, um diesem am Knie in Kurven mehr Bewegungsfreiheit zu gewährleisten. Zugleich wird Fahrer und Beifahrer mehr Komfort geboten. ENDSCHALLDÄMPFER Sieht genau so aus wie letztes Jahr, ist aber ein volles Kilogramm leichter, reduziert die Schadstoffe noch effizienter und sorgt – wie wir finden – für einen viel besseren Sound. Und das Beste: Er lässt sich ganz einfach gegen den Akrapovič Titanschalldämpfer aus dem KTM PowerParts Katalog austauschen.




UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 57

MANVS. BEAST Text: Luke Brackenbury Fotos: Chippy Wood

DIE ISLE OF MAN IST EINZIGARTIG. IN DER IRISCHEN SEE ZWISCHEN NORDENGLAND UND IRLAND GELEGEN, FINDET HIER SEIT 1907 DAS ÄLTESTE UND UNGEWÖHNLICHSTE MOTORRAD-STRASSENRENNEN DER WELT STATT – DIE TOURIST TROPHY.

Von dem unglaublich schwierigen, 60,72 km langen TT-„Rundkurs“, der keine Fehler verzeiht, haben wohl die meisten schon einmal gehört. Doch wer noch nie selbst auf der Insel war, der hat auch ihre Schönheit noch nicht erlebt, die sich über 572 Quadratkilometer erstreckt. Berge, Strände, Wiesen, alle erdenklichen Wetterverhältnisse gleichzeitig auf verschiedenen Teilen der Insel, fantastische Motorradstraßen und freundliche Menschen mit Sinn für Tradition. Zu den größten Fans der Isle of Man zählt Carl Fogarty, der erfolgreichste World-Superbike-Fahrer aller Zeiten. Carl wurde 1965 im nordenglischen Blackburn geboren, und seit seiner frühesten Kindheit gab es für Familie Fogarty nur eine Art von Urlaub: auf die Isle of Man fahren und Vater George unterstützen, der als Hobby-Fahrer an der TT und anderen Motorradrennen teilnahm. Derart von Papa inspiriert, startete Carl seine eigene Rennfahrerkarriere, um ebenfalls auf der Isle of Man an den Start zu gehen. Er profilierte sich schnell mit dem Sieg beim Lightweight Newcomers Manx Grand Prix 1985. Danach gewann er die TT drei Mal. Bei seiner letzten TT 1992 stellte Foggy einen Rundenrekord auf, der unglaubliche sieben Jahre lang Bestand haben sollte. Wer wäre besser geeignet, uns den TT-Kurs und andere Regionen der Insel zu zeigen als Carl auf einer KTM 1290 SUPER DUKE R? Bleibt nur zu hoffen, dass es uns gelingt, ihm zu folgen.


Wir treffen Carl in der Lobby des charmanten Sefton Hotels in der Stadt Douglas. „Foggy“ hat die World Superbike Weltmeisterschaft 1994, 1995, 1998 und 1999 gewonnen und musste im Jahr 2000 nach einer Verletzung unfreiwillig in den Ruhestand treten. In den letzten 15 Jahren hat er sich ganz gut beschäftigt, doch seit er 2014 eine Reality-Show für Promis im Fernsehen gewann, ist er gefragter als je zuvor. Entsprechend ist er heute kurz ins Flugzeug gestiegen, statt sich die traditionelle dreistündige Überfahrt mit der Fähre aus Nordengland anzutun. Er ist gut in Form, wirkt fit, gesund und voll gespannter Erwartung. „Alle meine Kindheitserinnerungen haben mit der Isle of Man zu tun“, erzählt Carl und legt seinen neuen Shark Replica Helm auf den Tisch, als wir noch schnell einen Kaffee trinken. „Ich ging

nicht gern zur Schule, und das hier war das Paradies. Im Sommer zwei Wochen hierher und meinem Vater bei der TT zugucken – das war immer cool. Später wurden die damaligen Spitzenfahrer zu meinen Idolen: Joey Dunlop, Ron Haslam, Frank Kennedy. Aber erst bei der Jubilee TT 1977, als mein Vater hinter Joey Dunlop Zweiter wurde, fasste ich den Entschluss, hier ebenfalls eines Tages mitzufahren. Meine besten Rennerinnerungen sind die von der Isle of Man.“ Schulferien und Rennen sind schon lange Vergangenheit, doch auch heute lässt er sich noch regelmäßig hier sehen. „Ja, ich komme immer wieder zurück. Diese Insel hat etwas ganz Besonderes. Ich habe sogar mal kurz überlegt, ganz herzuziehen. Aber dann wäre es wohl nicht mehr das gleiche. Als wenn man jeden Tag sein Leibgericht isst. Es wäre ja schlimm, wenn

ich irgendwann keine Lust mehr auf diese Insel hätte. Aber dieses Jahr habe ich zur TT ein Haus gemietet, das war cool – bei den Rennen zuschauen und mit meinen Kumpels Bier trinken.“

Alley“ und die klassische Anzeigetafel auf der anderen Seite der Strecke hinunterblickt. Das Training in den Abendstunden erfordert umfassende Streckensperrungen und Sicherheitskontrollen auf der gesamten Länge von 60,7 Kilometern (38 Meilen). Diese immense Arbeit wird hauptsächlich von einem großen Schwarm freiwilliger Streckenposten geschultert. In der

Classic TT tritt ein buntes Gemisch der verschiedensten Zwei- und Viertakter in unterschiedlichen Klassen gegeneinander an. Sobald wieder einer mit Vollgas aus dem Wartebereich hinaus genau in die untergehende Sonne glüht, erstarrt Foggys Gesicht – gebannt verfolgt er jeden Fahrer und jedes Bike. Er wäre jetzt wohl auch gern da draußen.

Carl kann es kaum erwarten, sich auf die 1290 Super Duke R zu schwingen, die draußen vor dem zum Meer gewandten Hotel parkt und neugierige Blicke anlockt. Sportmotorräder mit Stummellenker und hochgelegten Fußrasten kann Foggy heute nicht mehr fahren – aufgrund seiner Verletzungen, nicht wegen des Alters. Doch die 1290 mit ihrer entspannten Sitzposition und reichlich Drehmoment lässt ihn auf ein Fahrerlebnis ähnlich wie auf seinem Motocross-Bike vom Typ 350 SX-F hoffen, nur eben auf Asphalt.

GLENCRUTCHERY ROAD Die Glencrutchery Road bietet sich als Ausgangspunkt für unsere Tour an, denn schließlich ist hier auch Start und Ziel der „echten“ TT-Runde. Sie liegt mitten in Douglas. Hinter Foggy auf der Duke blasen Chippy und ich auf einer 1190 Adventure R durch den Verkehr, gleichsam Logenplätze bei einem der ambitioniertesten Innenstadtslaloms aller Zeiten. Nachdem Foggy herausgefunden hat, wie man die hoch entwickelten elektronischen Fahrhilfen des Hochleistungs-Naked-Bikes abschaltet, gibt es für dessen Reifen, Bremsen und Kupplung keine Gnade mehr. Das Fahrerlager der Classic TT ist so ziemlich das genaue Gegenteil vom Glamour der MotoGP. Die provisorische Rennstadt hinter den Tribünen besteht aus Lieferwagen, Wohnwagen, Pferdeanhängern und Zelten. Wir parken genau in der Mitte. Während Carl Autogramme gibt und sich fotografieren lässt, gucken wir uns die Motorräder an, die hier ausgestellt sind oder gerade für eine Runde auf der Kultstrecke vorbereitet werden. Danach geht es zur Haupttribüne, von der aus man auf die „Gasoline


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 59

BRAY HILL Bray Hill ist nur ein kurzes Stück zu Fuß von Start und Ziel entfernt – hier steht der erste Meilenstein des TT-Kurses. Im Alltag mit 50 km/h wirkt die Straße trotz Gefälle eher harmlos. „Man muss unbedingt wenigstens ein Mal an dieser Stelle dem Rennen zuschauen, wenn man eine gute Stelle findet“, schreit Carl. „Wie die Motorräder bei Höchstgeschwindigkeit in diese Kompression knallen und voll in die Federn gedrückt werden, ist einfach unglaublich – das muss man gesehen haben. Der Lärm, die Gerüche. Als Fahrer muss man sich hier voll konzentrieren, ich habe da immer die Luft angehalten. Definitiv die schwierigste und furchterregendste Stelle, man kämpft mehr, als dass man fährt.

BRADDEN BRIDGE CHURCH Auch während des Trainings zur TT und Classic TT ist es möglich, außerhalb des TT-Kurses rings um die Insel fahren. Auf dem Motorrad geht das besonders gut. „Ich glaube, die Sitzplätze auf dem Kirchengelände werden schon seit den Anfangstagen der TT benutzt", sagt Carl und pflanzt sich auf eine Kirchenbank. „Gegen eine kleine Spende in die Kollekte darf man sein Motorrad hier parken. Hier kann man ganz zwanglos beim Training zuschauen. Es ist wie eine Zeitreise in die Vergangenheit. Solche Orte machen einen großen Teil des Charmes der Insel aus.“

BALLAUGH BRIDGE Das Dorf Ballaugh und seine berühmte Brücke mit Kuppe zwischen den Meilensteinen 17 und 18 bilden den Abschluss einer äußerst schnellen Passage des Snaefell Mountain Course beziehungsweise der Landstraße A3, wie die Strecke im Alltag heißt. „Der Sprunghügel ist so ziemlich das genaue Gegenteil der Kompression von Bray Hill, auch was die Geschwindigkeit angeht", sagt Carl, nachdem er die Stelle ein paar Mal mit der KTM ausgetestet hat, bis die Polizei weiteren Versuchen einen Riegel vorschiebt. „Es gibt nicht viele Rundkurse, wo man Straßenrennmotorräder abheben sieht. Wie die Rennfahrer die Ballaugh Bridge überqueren, sieht schon spektakulär aus. Dabei legen die Fahrer es gar nicht darauf an, möglichst hoch oder weit zu springen, um ihre Motorräder nicht zu beschädigen.

FOGGY IN ACTION:

SULBY Die Strecke von Ballaugh nach Sulby führt fast nur geradeaus und beinhaltet einige der schnellsten Abschnitte, unter einem dichten Blätterdach an Bruchsteinmauern entlang und zwischen Bauernhöfen hindurch. Caley’s General Store, das Postamt des Dorfes, sieht aus, als sei die Zeit in den Sechzigerjahren stehen geblieben. Gegenüber liegt das Sulby Glen Hotel, genau der richtige Ort für ein Glas Bier, wenn die Straße gesperrt ist.


RAMSEY HAIRPIN

Foggy bläst aus der Gooseneck: „Ich mag keinen modernen Quatsch wie Traktionskontrolle.“

„Eine weitere klassische Zuschauerecke, weil die Geschwindigkeiten hier so niedrig sind und weil es in der Regel Action im Kurzstreckenstil zu sehen gibt, wie Überholmanöver oder auch mal harmlose Lowsider“, erklärt uns Carl.

GOOSENECK Nach der Haarnadelkurve von Ramsey beginnt der TT-Kurs sich radikal zu verändern. Carl ist ganz in seinem Element. Er fährt zum Fotografieren gute 20 Mal durch die Gooseneck und wird bei jedem Versuch sichtbar schneller. Bald geht es im Wheelie mit aggressiver Körpersprache aus der Kurve, während er mit dem Hinterrad lenkt. „Eine einfache Rechtskurve und eher langsam, davon gibt es nicht viele bei der TT. Hier stehen immer sehr viele Zuschauer, denn man kann die Fahrer schon kurz hinter Ramsey lange vor der Kurve hören und sehen. Der Anblick mit dem Meer im Hintergrund ist atemberaubend. Viele Fahrer lassen sich hier ihre Tafeln zeigen. Mir hat zu meiner Zeit hier immer mein Vater den Rennverlauf signalisiert.“

VON GOOSENECK NACH CREG-NY-BAA

ISLE OF MAN STEAM PACKET COMPANY: BACKGROUND Die Isle of Man Steam Packet Company unterhält ganzjährige Fährverbindungen zur Isle of Man von Heysham und Liverpool aus. Dazu kommen in der Saison Fähren von und nach Belfast und Dublin. Das Gepäck wird kostenlos befördert, also kann man so viel mitbringen, wie man möchte. Informationen und die besten Angebote findet man unter www.steam-packet.com. Die aktuellsten Nachrichten und Informationen von der TT und Classic TT 2016 gibt es auf www.iomtt.com

Während wir die Kameras an der Gooseneck einpacken, verabreden wir uns mit Carl bei Creg-ny-Baa, dem Ende der Bergsektion. Hinter dem getönten Visier erkennt man den typisch starren „Foggy“-Blick. Er hat sich an das Bike gut gewöhnt und brennt los. Man hört das Beast noch geraume Zeit brüllen. Als wir unsererseits „den berühmten Creg“ erreichen, sitzt Foggy längst ohne Helm im gleichnamigen Pub und ist mit seinem Getränk schon halb fertig. „Wenn man nicht selbst bei der TT oder Classic TT mitfährt, kann man einfach nicht wissen, wie die Strecke sich bei Renntempo anfühlt. Aber wenn man irgendwo einen annähernden Eindruck bekommt, dann in der Bergsektion. Da gibt es das ganze Jahr über keine Geschwindigkeitsbeschränkung. Allerdings muss man dort mit Regen und Nebel rechnen.“ Und mit Foggy, jedenfalls heute. „Der Streckenabschnitt über den Snaefell Mountain macht richtig auf und fühlt sich für mich am ehesten wie eine normale Rennstrecke an – schnell und flüssig zu fahren. Die Super Duke war hier ausgesprochen stabil, ich musste mir ständig vorsagen, dass es hier Gegenverkehr geben kann.

VON RAMSEY NACH DOUGLAS – A2/A11 Die TT-Strecke zählt für die meisten Besucher zum Pflichtprogramm, doch es gibt auf der Isle of Man noch andere tolle Straßen zu entdecken. „Die Küstenstraße von Ramsey nach Douglas ist mit dem Motorrad ebenfalls sehr toll. Ein Teilstück gehörte von 1954 bis 1959 zur alten „Clypse“-Strecke der TT. Das war natürlich vor meiner Zeit, aber so oder so – eine Wahnsinns-Streckenführung. Ich glaube, heute laufen dort noch Radrennen oder Rallye-Etappen.“


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 61

FAIRY BRIDGE Anscheinend sind viele Rennfahrer etwas abergläubisch oder pflegen vor dem Rennen ihre Rituale. Zwischen Castletown und Douglas liegt an der Landstraße A5 die Fairy Bridge („Feenbrücke“). Der Ort hat sich zu einer Art Erinnerungsschrein für verstorbene Freunde und Verwandte entwickelt. Die Brücke und die Bäume sind bedeckt mit Botschaften, Fotos und Andenken. Auch brennende Kerzen fehlen nicht. „Man sagt, wenn man die Feen nicht grüßt, passiert ein Unglück“, versichert Carl völlig ernsthaft. „Ich bin abergläubisch und es schadet ja nicht, mal kurz ,Hallo‘!“ zu sagen und freundlich zu sein. Ich winke ihnen auch immer zum Abschied.“

DOUGLAS SEAFRONT Die Strandpromenade von Douglas wird während der zweiwöch-igen TT erst nachts richtig lebendig, tagsüber während der Classic TT ist es hier ausgesprochen ruhig. „Ich habe hier in all den Jahren schöne Zeiten erlebt“, erzählt Carl, während er auf der zentralen Uferpromenade wieder und wieder um Fotos gebeten wird. „Als Kind hab ich mich zwischen den Trainings und dem Rennen hier einfach mit anderen Kindern herumgetrieben, die Gegend erkundet und Unsinn angestellt. Ganz normal. Sie hat sich nicht groß verändert. Aus einigen Hotels hat man Apartmenthäuser gemacht, aber dieses klassische Seebad-Ambiente ist noch immer das gleiche.“

PORT JACK CHIPPY, ONCHAN Etwas weiter aufwärts von der Strandpromenade in Douglas und direkt hinter dem Kopfbahnhof der Manx Electric Railway findet sich im Dorf Onchan eine Frittenbude namens „Port Jack Chippy“. Carl besteht drauf, dass wir da hinfahren. „Fish and Chips isst doch jeder gern! Ich komme schon seit Jahren hierher, ich glaube schon seit der Eröffnung 1980. Das Essen ist so lecker, und gar nicht teuer! Ich muss nach wie vor bezahlen, aber immerhin haben sie mir das geheime Passwort für ihr WLAN gegeben. Die Privilegien eines TT-Gewinners, gell.“

ENDURO Beim Essen sprechen wir über andere Vorzüge der Isle of Man. „Diese Insel hat womöglich die besten Enduro-Reviere des Planeten“, behauptet Carl, der leidenschaftlich gern Enduro und Motocross fährt. „Wahrscheinlich ist David Knight deshalb so gut.“ Der dreifache Enduro-Weltmeister und SixDays-Gewinner auf KTM ist ein echter „Manxman“. „Ich habe wahrscheinlich erst etwa ein Zehntel der befahrbaren Offroad-Reviere hier erkundet. Vielleicht sollte ich mal meine 350 EXC mitbringen und David als Tour Guide nehmen. Oder vielleicht auch nicht, das könnte ins Auge gehen.“

CARLS FAZIT „Der Platz in dieser Zeitschrift reicht nicht aus, um der Isle of Man wirklich gerecht zu werden. Jeder Motorradfahrer sollte unbedingt wenigstens einmal im Leben während der beiden TT-Wochen oder zur Classic TT herkommen. Man ist umringt von Gleichgesinnten, hat unglaublich viel Spaß und sieht Rennen, wie es sie nirgendwo anders gibt. Aber am besten mit dem Motorrad anreisen, denn damit kommt man gut überall hin, und man kann die Insel optimal erkunden. Wenn ich im Sommer wieder komme, werde ich versuchen, nicht so aufzufallen. Vielleicht mit einer ganz in Schwarz lackierten 1290 Super Duke R.


Moderne Motorräder und Reifen sind unglaublich gut, aber ohne eine gute StraĂ&#x;e nĂźtzt das leider nichts.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 63

Text: Simon Hargreaves Fotos: Chippy Wood, Sebas Romero Illustration: Kar Lee

WORAUS BESTEHEN STRASSEN? WIR FAHREN AUF IHNEN, SIE BIETEN UNSEREN REIFEN HAFTUNG, UND OHNE SIE WÄRE WENIG ZU WOLLEN BEIM SCHÖNSTEN HOBBY DER WELT: STRASSEN. DOCH KAUM JEMALS DENKEN WIR DARÜBER NACH, WIE SIE EIGENTLICH ENTSTANDEN SIND UND WORAUS SIE BESTEHEN.

Jeder Motorradfahrer weiß es instinktiv: Ein Satz frischer Reifen mit dem korrekten Druck ist entscheidend für die Sicherheit. Sonst wäre die Haftung eingeschränkt, die ihrerseits die entscheidende Voraussetzung für jede Art von Kurvenspaß bildet. Doch zum Grip gehören immer zwei Oberflächen. Reifen haften nur an etwas, das seinerseits auch an ihnen haftet. Man versuche nur einmal, mit den griffigsten Straßenreifen, die zu bekommen sind, über eine feuchte Wiese zu fahren. Reifen haften nun einmal am besten auf einer Straße.

Moderne Straßen kosten zwischen 1.300 und 11.000 Euro pro Meter. Deswegen gibt es immer weniger Kurven – gerade bauen ist billiger.


DIE GESCHICHTE DES STRASSENBAUS Straßen wurden während der neolithischen Revolution vor etwa 12.000 Jahren erfunden, als der frühe Mensch mit dem Jäger- und Sammlerdasein brach und sich in Höhlen niederließ. Da wurde der Weg zwischen der eigenen und der Nachbarshöhle frei gemacht, und schon war es viel leichter, sich gegenseitig zum Abendessen zu besuchen. Diese einfachen Steinzeitstraßen waren für Fußgänger ausreichend und wurden nach und nach immer breiter wegen des Viehs, dessen Zucht gegen 8.000 v. Chr. einsetzte. Doch als etwa 4.000 v. Chr. das Rad als Transportmittel entwickelt wurde, mussten auch die Straßen weiterentwickelt werden. Die frühesten unbefestigten Straßen waren einfache Trampelpfade, die bis auf die Krume geräumt worden waren. Bald schon setzte man verschiedene Materialien dazu ein, sie zu verstärken, wie etwa Holz, Schotter oder Steinplatten. Doch abgesehen von einigen bekannten Ausnahmen wie etwa einer 50 km langen gepflasterten Straße, die von der minoischen Kultur 2.000 v. Chr. auf Kreta errichtet wurde, gab es kaum eine Notwendigkeit für langlebige, zuverlässige und wetterfeste Straßen. Die Römerstraßen wurden nach und nach zu einem Netzwerk von mehreren zehntausend Kilometern Länge ausgebaut. Ein Aufbau aus mehreren Schichten machte sie sehr robust. Erst kam eine Lage Sand oder feiner Kies, dann größere Steine, die mitunter in Mörtel eingebettet wurden. Darauf schüttete man eine leichtere Schicht kleinerer Steine oder Schotter, und schließlich zum Abschluss eine Lage Pflastersteine. Zu beiden Seiten zog man Entwässerungsgräben, und eine leicht gewölbte Oberfläche ließ das Wasser ablaufen. Die Römer bauten Fußgängerbereiche und setzten Meilensteine, um die Entfernungen zu markieren. Diese Errungenschaften haben sich bis heute erhalten. Als die Römer sich zurückzogen, verfielen nach und nach auch ihre Straßen, wenngleich viele der Routen bis heute in Gebrauch sind und sich selbst von den Straßen nach wie vor zahlreiche Überreste finden. Mangels einer zentralen Macht, die

sich um die Erhaltung der Straßen kümmerte, ruhte der systematische Straßenbau in Europa bis zum 18. Jahrhundert. Im Rest der Welt jedoch war die Entwicklung nicht stehen geblieben. So begann das arabische Weltreich im Nahen Osten, eine klebrige, aus Erdöl gewonnene Substanz als Bindemittel einzusetzen, um die oberste Schicht ihrer prunkvollen Straßen zu befestigen und abzudichten. Dieser Stoff wurde „Teer“ genannt. Anfang des 19. Jahrhunderts entwickelte dann ein Schotte namens John Mc-Adam ein kostengünstigeres und schnelleres Straßenbauverfahren, das in leichter Verballhornung seines Namens als „Makadam“ bekannt wurde. Hierbei wurden keine aufwändigen Fundamente aus Stein mehr gelegt, sondern einfach der vorhandene Untergrund verdichtet. Darauf kam ein Oberbau aus drei Schichten unterschiedlich grober, gebrochener und gut verdichteter Gesteinskörnungen. Dieses Verfahren wurde weithin angewendet, bis Anfang des 20. Jahrhunderts die motorisierten Fahrzeuge erfunden wurden. Deren höhere Geschwindigkeiten warfen Probleme auf, denn auf klassischen Makadam-Straßen kam es zu heftiger Staubentwicklung und hohem Verschleiß. Die Lösung bestand in einer zusätzlichen Schicht aus geschmolzenem Teer (engl. „tar“), vermischt mit Sand als Straßenoberfläche – so entstand der Asphalt (engl. „tarmac“). WIE UNTERSCHEIDEN SICH VERSCHIEDENE STRASSENTYPEN? Der Aufbau moderner Straßen richtet sich nach Faktoren wie den lokalen Bodenverhältnissen, der zu erwartenden Verkehrsdichte (gemessen in Millionen Standardachsen), den Fahrzeugen, die sie benutzen sollen (da größere Fahrzeuge wie Lkw, Busse und dergleichen die Straße naturgemäß stärker belasten als Pkw und Motorräder), ihrer Auslegungslebensdauer (in Europa in der Regel 40 Jahre) und nicht zuletzt nach den Baukosten. Straßen werden normalerweise in folgende Kategorien unterteilt:

» Nicht klassifizierte Straßen (kleinere Landstraßen, Wohngebiete) » Straßen in größeren Wohn- und Industriegebieten » Hauptstraßen (wichtige Landstraßen) » Nebenstrecken (Landstraßen der unteren Kategorien) » Fernstraßen und Autobahnen

Zum Glück für Motorradfahrer hat sich der Straßenbau seit diesem Verfahren deutlich weiter entwickelt.

Eine Fernstraße oder Autobahn muss höchsten Anforderungen genügen und ist am teuersten. Wichtige Landstraßen werden mitunter ähnlich hochwertig ausgebaut und fallen in vielen Ländern ebenfalls in die Zuständigkeit einer nationalen Behörde statt in die der Kommunen. Für regionale Landstraßen, Nebenstrecken und die kleineren Straßen sind dagegen kommunale Straßenbehörden verantwortlich. Wegen der geringeren Verkehrsdichte muss man sie nicht so anspruchsvoll konstruieren und kann dadurch Baukosten sparen. Bei allen Straßen bestimmt die Art und Geschwindigkeit des Verkehrs auch zugleich, welche Oberfläche mit Blick auf die Rutschfestigkeit ideal ist. Fernstraßen und Autobahnen haben hochwertigere Oberflächen aus Werkstoffen mit erhöhter Rutschfestigkeit. Das kann unter Umständen auch bei Straßen untergeordneter Kategorien erforderlich werden, zum Beispiel an Unfallschwerpunkten, vor


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 65

Fußgängerüberwegen, Kreuzungen und Kreisverkehren, vor Schulen, in besonders scharfen Kurven und dergleichen. Die Vorgaben für eine Straße richten sich maßgeblich nach den Baukosten. Es wäre absolut möglich, verschleißfreie Straßen zu bauen, die niemals Schlaglöcher bekommen und nie wieder in Stand gesetzt werden müssen. Allerdings wäre der Bauaufwand groß und die Kosten astronomisch hoch. WARUM HABEN NICHT ALLE STRASSEN EINE OBERFLÄCHE WIE EINE RENNSTRECKE? Shell Cariphalte Racetrack ist ein Asphalt mit einem modifizierten Bitumen-Bindemittel, das bei extrem hohen Anforderungen wie etwa auf Rennstrecken Anwendung findet. Viele MotoGP-Rundkurse setzten auf diesen Baustoff, allerdings nicht Silverstone. Er ist sehr steif und belastbar, resistent gegen Fraßkorrosion (also allgemeinen Oberflächenverschleiß) und Verformung. Und er bietet fantastischen Grip. Auf öffentlichen Straßen wird er aus einem sehr einfachen Grund nicht eingesetzt: Infolge seiner speziellen Zusammensetzung und aufwändigen Verarbeitung kostet er ein Vielfaches von herkömmlichem Straßenbelag – und offen gesagt brauchen die meisten Fahrzeuge auch keine derart perfekten Oberflächen. WIE LANG DAUERT ES, EINE STRASSE ZU BAUEN, UND WIE HOCH SIND DIE KOSTEN? Wie lang soll’s denn sein? Der Zeitbedarf richtet sich nach der Art und Größe der Straße und kann daher zwischen wenigen Monaten und bis zu drei Jahren variieren. Währenddessen wird regelmäßig geprüft, ob die Werkstoffe den Vorgaben und Anforderungen entsprechen. Nach Ende der Bauarbeiten behält der Kunde (also die zuständige kommunale oder nationale Behörde) normalerweise noch ein Jahr lang einen gewissen Anteil der Kosten ein. Das ist die „Mängelbeseitigungsperiode“, eine Art Garantie auf Straßenreparaturen. Die Kosten einer Straße hängen auch von der Kategorie der Straße ab und können zwischen 1.300 und 11.000 Euro oder mehr betragen – pro Meter. Wie viele Arbeitskräfte benötigt werden, hängt natürlich ebenfalls von der Art der Straße sowie dem jeweiligen Bauunternehmen ab. Auf einer Baustelle für eine kleinere Straße sind etwa 20 Arbeiter beschäftigt – entsteht eine Autobahn, können es mehrere hundert sein. Manche Vorhaben sind so umfangreich, dass ein ganzes Dorf aus Wohncontainern aufgestellt wird, um die Belegschaft direkt an der Baustelle unterzubringen. WIE VIELE VERSCHIEDENE OBERFLÄCHEN GIBT ES? Tausende, und sie werden von ebenso vielen verschiedenen Unternehmen hergestellt. Sie müssen später im Gebrauch bestimmten Standards genügen. Ebenso gibt es Normen für die Art, Größe und das Mischungsverhältnis der verwendeten Baustoffe, und die Hersteller setzen ihren jeweiligen Mischungen noch verschiedene Additive und andere Stoffe zu. Shell Grip ist ein beliebter griffiger Oberflächenbelag, von dem viele womöglich schon gehört haben. Es kommt üblicherweise bei den sandfarbenen, strukturierten Flächen vor britischen Kreisverkehren sowie in Serpentinen zum Einsatz. Der griffige Baustoff mit hoher spezifischer Reibung besteht aus einem kalzinierten Bauxit-Zuschlag in einem Epoxid- oder Polyurethan-Harz mit einem Griffigkeitswert (SRV für „skid resistance value“) von über 70. Die Griffigkeit wird im so genannten Seitenkraftmessverfahren gemessen, bei dem ein spezielles Testrad in einem Winkel von 20 Grad mit 50 km/h hinter einem Auto her gezogen wird. Doch Shell Grip und die vielen anderen ähnlichen Straßenbeläge sind ebenfalls sehr teuer. Auch hier gilt es wieder einmal, die Kosten für die jeweilige Straßengattung in einem vertretbaren Rahmen zu halten, wobei man natürlich auch an die Lebensdauer denken sollte.


WARUM ROLLSPLITT? Unterm Strich ist das Ausbringen von Splitt eine kostengünstige Maßnahme, um die Lebensdauer der Straßenoberfläche zu erhöhen. Hält man sich an die empfohlene Geschwindigkeitsbeschränkung von in der Regel 30 km/h, ist Rollsplitt auch für Motorradfahrer nicht gefährlich – das behaupten zumindest die Straßenbauplaner. Wenn es nach ihnen geht, dann kommt es nur bei überhöhter Geschwindigkeit zu Problemen. Dann können Motorräder ins Rutschen geraten oder sich einen Kühlerschaden durch vom Vorderrad aufgewirbelte Steine zuziehen. Oder ein anderes Fahrzeug wirbelt bei überhöhter Geschwindigkeit Steine auf, die Scheinwerfer zerstören oder den Lack beschädigen. Aber das ist nicht die ganze Wahrheit. Auch bei geringer Geschwindigkeit kann man mit dem Motorrad auf Rollsplitt die Kontrolle verlieren – gar nicht zu reden von dem Aufwand, das klebrige, teerartige Bitumen anschließend wieder vom Motorrad zu entfernen.

Nicht der Krater des Asteroiden, der die Dinosaurier ausrottete, sondern ein riesiges Schlagloch.

Ein Stückchen Himmel. Das haben Motorradfahrer den alten Römern und ihren Wagen zu verdanken.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 67

WAS IST IN MODERNEN STRASSEN? TEER WURDE SCHON VOR LANGER ZEIT DURCH BITUMEN (ODER ASPHALT) ERSETZT, ein anderes Nebenprodukt der Erdölraffination, das temperaturstabiler und einfacher zu verarbeiten ist. Moderner Straßenasphalt besteht aus nur wenigen Grundzutaten: ein Mineralgestein (vermischt mit einem bitumösen Bindemittel und Füllstoffen. Es gibt jedoch die verschiedensten Mischungsverhältnisse, Varianten und Güteklassen, deren Eigenschaften durch Additive noch weiter verändert werden: Polymere, Fasern, Wachse, Zeolithe und Emulsionen tragen dazu bei, den Asphalt an die speziellen Wetter- und Verkehrsverhältnisse des jeweiligen Ortes anzupassen. In der Praxis gibt es also tatsächlich Tausende verschiedener „Rezepte“ für das, was wir ganz allgemein für „die“ Asphaltschicht von Straßen halten. Aber ganz allgemein gesprochen, setzen sich die einzelnen Schichten von oben nach unten etwa wie folgt zusammen:

OBERE DECKSCHICHT OBERE TRAGSCHICHT

UNTERBAU

OBERE DECKSCHICHT Die oberste Schicht, auf der wir fahren. Sie soll geringe Abrollgeräusche verursachen und griffig sein, aber auch widerstandsfähig gegenüber Ausfahrungen, Rissbildung und Verschleiß sein, und das bei jedem Wetter. Sie besteht in der Regel aus Heißbitumen, einer Mischung aus etwa sechs bis acht Prozent Bitumen mit beispielsweise Granit oder Schotter einer Korngröße von maximal 14 Millimetern. Diese Schicht ist normalerweise etwa 30 bis 50 Millimeter stark. OBERE TRAGSCHICHT Diese ebenfalls aus Heißbitumen aufgebaute Schicht verleiht der Straße eine stabile Struktur, besonders auf ländlichen Straßen, die womöglich ohne aufwändigen Unterbau auskommen müssen. Normalerweise 60 bis 90 Millimeter stark.

UNTERE TRAGSCHICHT

UNTERE DECKSCHICHT

GEOTEXTIL-MEMBRAN

ERDPLANUM

UNTERBAU Ebenfalls aus Heißbitumen, verleiht Haupt-, Fern- und Industriestraßen sowie Autobahnen erhöhte Stabilität. Die Korngrößen sind noch größer, in der Regel bis zu 35 Millimeter. Schichtdicke in der Regel 90 bis 130 Millimeter. UNTERE TRAGSCHICHT Diese Schicht bildet das Hauptfundament einer Straße. Sie wird normalerweise aus Gesteinen wie Granit oder Kalkstein ohne Bindemittel aufgeschüttet. Die genauen Eigenschaften und Schichtstärken hängen von der Straßenkategorie und den Bodenverhältnissen ab, oft sind es um die 350 Millimeter. UNTERE DECKSCHICHT Ähnlich der unteren Tragschicht, aber oft aus einem billigeren Baustoff. Meist 150 bis 350 Millimeter stark. GEOTEXTIL-MEMBRAN Eine durchlässige Matte aus synthetischem Gewebe, die verhindert, dass sich die darüber aufzuschüttenden Schichten mit dem Unterboden vermischen. ERDPLANUM Der natürliche Unterboden. Seine Tragfähigkeit und Stabilität wird vor dem Straßenbau gemessen, dann wird er planiert, verfestigt und verdichtet.


DUKE IT IN MALAYSIA Text: Anuar “Norick” Sabaruddin Fotos: Teh Ooi Keat

FRÜHER WAR MEIN NAME MUHAMMAD HAZWAN ABDUL HALIM. FRÜHER NANNTEN MICH MEINE FREUNDE APEK, IN MALAYSIA EIN GÄNGIGER AUSDRUCK FÜR LEUTE, DIE EIN KLEIN WENIG CHINESISCH AUSSEHEN. SO WIE ICH. ABER DAS IST LÄNGST VERGANGENHEIT. HEUTE IST MEIN SPITZNAME APEX – SO WIE IM ENGLISCHEN DER SCHEITELPUNKT EINER KURVE. AUS GUTEM GRUND.


UNBOUND // DESTINATION // SEITE 69

Geboren und aufgewachsen bin ich in Kuala Lumpur, der Hauptstadt von Malaysia. Ich bin 33 Jahre alt und arbeite am Flughafen Subang bei Aerotree Flight and Services als Techniker und Drohnenpilot. Nach der Arbeit gehe ich heim zu meiner wunderbaren Frau Nuradila und unseren bezaubernden Kindern. Ich bin ein großer Fußballfan und derzeit Vorstand des Manchester City Fan Club von Malaysia. Aber eine andere Leidenschaft übertrumpft sogar den Fußball. Und das will etwas heißen.

Und trotzdem muss ich nach einer Woche Pendelverkehr auch mal rauskommen und richtig Spaß haben. Natürlich nicht ohne meine 390. Ich mache entweder Wochenendausfahrten mit ein paar Freunden, oder wir hängen einfach zusammen in einem Café am Straßenrand ab. Hier treffen wir andere Duke-Fahrer zu Benzingesprächen und erzählen uns gegenseitig von unseren Heldentaten mit unseren fantastischen Bikes. Manchmal treffen wir uns auch erst etwas später am Abend zum „Teh Tarik“, einem beliebten Teegetränk mit heißer Milch, und nehmen uns die Zeit, offizielle Mein erstes Motorraderlebnis hatte ich 1997 auf einem malaysischen Moped. Es Clubangelegenheiten zu besprechen. Auch meine Frau und ich unternehmen oft folgten viele ähnliche Bikes, aber das waren alles reine Transportmittel. Das Motorrad, gemeinsame Ausfahrten auf unseren Dukes, auf denen wir die grenzenlose Schönheit das ich jetzt habe, ist viel mehr als das. Es ist eine Lebensart. Und es war Liebe auf unserer Landschaft genießen. Stellt euch vor, entspannt durch die Reisfelder zu den ersten Blick. Die KTM 390 DUKE ist so völlig anders als alles andere, was der cruisen, die grasbewachsenen Hügel und uralten tropischen Regenwälder … Hier Markt in Malaysia zu dieser Zeit zu bieten hatte. Sie ist cool, aber auch extrem robust, können wir unsere Wurzeln entdecken, uns entspannen und seltene Momente der langlebig und einfach zu fahren. Ich war wirklich verblüfft, als ich herausfand, dass Stille genießen. sogar ein Motorrad dieser Preisklasse bereits serienmäßig mit WP Federelementen ausgestattet sein kann. Und: Sie ist orange. Meine Frau und ich lieben diese Farbe Motorradfahren auf dem Land erfordert allerdings eine etwas andere mentale Einsteleinfach. So sehr, dass sie sich sogar eine eigene 390 Duke bestellt hat. Und das war lung. Die Straßen dort sind enger und voller Schlaglöcher und Hindernisse. Es laufen noch lange nicht alles: Erst entdeckten wir die PowerWear Bekleidung, und dann haben wir unsere Bikes nach und nach mit PowerParts Zubehör ausgerüstet. Mit der Zeit lernten wir auch andere Duke-Fahrer kennen und beteiligten uns an Events wie Spendenaktionen und Track Days auf der Rennstrecke. Zu dem Zeitpunkt wurde ich auch zum Präsidenten von R.O.T.S. Malaysia gewählt, einem Motorradclub, der ursprünglich von Motorradfahrern mit Bikes unter 150 ccm Hubraum gegründet worden war. Es dauerte nicht lange, bis viele von ihnen sich auch eine 390 Duke kauften. Inzwischen haben wir um die 25 der orangefarbenen Singles im Club. Einer der Besitzer musste seine SHAH ALAM STADION Duke nicht einmal kaufen – er hat sie bei der Tombola der Bike Week gewonnen, einem lokalen Event, den unser Club organisiert. Über unsere Ausfahrten und Treffen hinaus organisieren wir auch die KTM Bikerz Club Bowling Championship. Bowling hat natürlich nichts mit Motorradfahren zu tun, aber wir haben trotzdem alle zusammen viel Spaß. Dank solcher Aktivitäten fühlen wir uns wie eine echte Familie. Unsere Verbundenheit untereinander wird zusehends stärker. Auch wenn es sich vielleicht wie ein Klischee anhört, unsere gesamte Gemeinschaft ist durch das Motorradfahren enger zusammengerückt. Ich fahre täglich und bei jedem Wetter mit dem Motorrad zur Arbeit. Auf der Duke fühle ich mich so komfortabel und sicher, dass die Fahrt von Shah Alam zum Subang Airport immer Spaß macht, selbst wenn der Verkehr, das Wetter und der Dreck manchmal ganz und gar nicht zum Lachen sind. Die Fahrt erfordert hohe Aufmerksamkeit und Konzentration, Fähigkeiten, die ich auch täglich in meinem Beruf benötige. Das ist doch mal eine perfekte Ausrede zum Motorradfahren!

„INZWISCHEN HABEN WIR UM DIE 25 DER ORANGEFARBENEN SINGLES IM CLUB.“

einem auch schon mal Ziegen, Kühe, Hunde oder Katzen vors Motorrad. Das hält einen ganz schön auf Trab, aber zum Glück ist die 390 Duke ja auf alles vorbereitet. Die Bybre Bremsen packen ansatzlos zu, und mit dem starken Scheinwerfer ist es auch kein Problem, wenn wir so lange unterwegs sind, dass die Nacht hereinbricht. Und wenn wir uns mal dringend aus dem Staub machen müssen, dann steht der drehmomentstarke Einzylinder bereit – ein Dreh am Gasgriff, und die Lage ist geklärt. Meistens ist uns jedoch niemand feindlich gesonnen. Die Menschen auf den Straßen grüßen uns immer freundlich und lächeln ihr breites Lächeln. Das muss wohl etwas mit dem knalligen Orange und dem fremdartigen Aussehen unserer fantastischen Maschinen zu tun haben. Auf den kurvigen Straßen durch die hügelige Region Bukit Tinggi kommt das Fahrwerk der Duke wirklich zur Geltung, selbst wenn man ordentlich Gas gibt. Meine Frau hat kein Problem, an mir dran zu bleiben, obwohl sie nicht annähernd so viel Fahrpraxis hat wie ich. Und wenn wir an einem Aussichtspunkt Pause machen, habe ich oft das Gefühl, dass diese zusammen verbrachte Zeit unserer Beziehung guttut. Durch unser gemeinsames Hobby werden unsere Leben zusammengeführt. Wenn keine Zeit für eine längere Ausfahrt bleibt, dann fahren wir auch mal gern ins Stadtzentrum – der Anblick der Petronas Zwillingstürme oder des Merdeka Square wird nie langweilig. Die Hektik der Großstadt hat unsere Dukes noch nie vor irgendwelche Probleme gestellt, und die Herausforderung, mit dem extrem lebhaften Verkehr fertig zu werden, dient unserer Fahrpraxis. Unsere Dukes sind unsere Verbündeten, ganz gleich in welchem Revier. Man könnte sagen, sie sind ein Teil unserer Familie geworden – ein Teil unserer Herzen.


THE NAKED CHEF: CRAIG DENT

Text: Adam Wheeler Fotos: Heiko Mandl, KISKA

AN ENGLISHMAN IN SALZBURG. CRAIG DENT, BEI KISKA KREATIVER LEITER FÜR DIE MARKEN KTM UND HUSQVARNA, SPIELT SEIT FAST EINEM JAHRZEHNT EINE ENTSCHEIDENDE ROLLE BEI DER GESTALTUNG DER KTM-STREET-BIKES. ER GEHÖRT ZU DEN VÄTERN DER RADIKALEN DESIGNSPRACHE DER SUPER DUKE. ES IST UNS GELUNGEN, IHM EINEN NACHMITTAG SEINER KOSTBAREN ZEIT BEI DER ARBEIT AN DEN MODELLEN DER ZUKUNFT ZU STEHLEN, UM IHM EIN PAAR GEHEIMNISSE ÜBER DEN UNVERGLEICHLICHEN STREET LOOK ZU ENTLOCKEN.


UNBOUND // DESIGN // SEITE 71

Ein Besuch bei KISKA hinterlässt schon Eindruck. Es sieht dort in etwa so aus, wie man sich die Apple-Zentrale vorstellt – nur etwas kleiner, österreichischer und mit „iPower“ statt iPods. Im Eingangsbereich thront eine KTM 1290 SUPER DUKE R. Hier treffen wir Craig Dent, der uns freundlich plaudernd nach oben in sein Büro führt, vorbei an Schreibtischen voll erstaunlich junger, heller Köpfe, die sich in einer geradezu spürbar fruchtbaren Atmosphäre kollektiver Kreativität hingeben. Dent ist 33 Jahre alt und gehört zu einem international besetzten Team jener Agentur, die in vielen Bereichen einen erheblichen Einfluss auf das Erscheinungsbild von KTM ausübt, von den Bikes über das Rennsportimage bis hin zur Kommunikation. Die lichtdurchfluteten Räume der Agentur, eine gute Dreiviertelstunde mit dem Auto von Mattighofen entfernt, stellen die wohl wichtigste Außenstelle des Herstellers dar. Dent war der entscheidende Kopf unter anderem bei der Gestaltung der KTM 125 DUKE, der legendären 1290 und bei weiteren Modellen im unverkennbaren Orange. Damit ist er der ideale Ansprechpartner für einen Plausch über die künftige Richtung der KTM Naked Bikes. Der Vater zweier Kinder hat entscheidend dazu beigetragen, das einst ausschließlich im Offroad-Bereich profilierte Unternehmen zum Benchmark des gesamten Naked-Bike-Segments zu entwickeln. Heute wollen wir Craig dazu bringen, uns einige Gründe zu verraten, warum die Dukes – und ganz besonders die umwerfende 1290 – zu dem wurden, was sie sind. Dent legte den Grundstein für seine Karriere Anfang des Jahrhunderts mit einem Studium im Fach Transportation Design an der Universität Coventry. Dank seiner Begeisterung für Motorräder, die ihm sein Vater vermittelt hatte, und für den Rennsport sah er das Studium mit etwas anderen Augen als seine Kommilitonen. „Die Universität war ein konkurrenzorientiertes und sehr testosteronhaltiges Umfeld. Lauter junge Männer, die davon träumten, spacige Supercars zu entwerfen“, erinnert er sich, während er sich setzt und wie aus Gewohnheit ab und zu mit einem Bleistift spielt. „Ich konzentrierte mich daher lieber auf die Motorradbranche. Da hatte ich den Eindruck, ich sei weit und breit der Einzige. Ich versuchte, so viel wie möglich vom Glamour und von

der Leidenschaft des Autodesigns auf die Motorräder zu übertragen – allerdings in meiner eigenen Interpretation. Ich wollte herausfinden, ob man auch Motorräder in dieser Weise angehen könnte.“ Ein Praktikum bei BMW unter dem allseits respektierten Designer Edgar Heinrich führte zu einer dreijährigen Phase bei Honda in einem Frankfurter Studio. Doch als kleines Rad im Getriebe des gigantischen Japan-Imperiums tat Dent sich schwer. Der Name KISKA war seit der Präsentation eines kultigen frühen KTM Street Models auf seinem Schirm. „Ich weiß noch, wie ich die Konzeptstudie zur RC8 das erste Mal auf dem Cover der MCN gesehen hatte. Das war noch an der Uni, und ich dachte nur ‚Wer war das denn?!’ So kam ich auf KTM und diese

Im „Beast“ kommen die Prinzipien von Dent, KISKA und KTM bislang am deutlichsten zum Ausdruck. Es ist das visuell wohl überzeugendste Naked Bike aller Zeiten. Die erste Auflage war in kürzester Zeit ausverkauft. kleine Agentur in einem Vorort von Salzburg, und beschloss, diesen Laden müsse ich unbedingt einmal kennen lernen. KISKA bestand damals aus nur 100 Leuten, und KTM hatte noch dieses Image eines kleinen orangefarbenen Nischenherstellers, der ab und zu einen Mordsaufruhr verursacht und dann wieder in der Versenkung verschwindet. Beim Design hatten sie jedenfalls für erhebliches Aufsehen gesorgt“.

Dent leitet ein junges, dynamisches Team aus einem halben Dutzend Designer, das sich je nach Projekt und Arbeitsbelastung flexibel vergrößern lässt.


2007 hatte Dent, der inzwischen fließend Deutsch sprach, dank Sebastien Stassin endlich seine Berufung und ein Ventil für seine Ideen gefunden. Stassin war sein Vorgänger bei Honda gewesen und wurde nun sein neuer Chef bei KISKA. Craig machte sich mit Begeisterung an die Arbeit. „Honda war gar nichts im Vergleich zu dem, was ich in den ersten paar Monaten hier gelernt habe“, erinnert er sich, und seine Augen weiten sich, als er an die hektischen Anfangstage zurückdenkt. „Das haute mich anfangs ziemlich aus den Socken. Ich war auf den Stress und den Druck und die kurzen Entwicklungszeiten überhaupt nicht eingestellt. Mir wurde sofort klar, dass genau darin KTMs entscheidender Vorteil besteht. KTM würde selbst eine Krise überleben, weil es schnell reagieren kann.“ WURDE KISKA IHREN VORSTELLUNGEN EHER GERECHT? KONNTEN SIE HIER TUN, WOVON SIE TRÄUMTEN? Bei Honda hat man als Designer eine kleine Teilaufgabe und bekommt einen unendlichen Respekt vor dem Projekt als Ganzem eingehämmert. Aber man hat seinen geregelten Alltag, wo jeden Montag genau fest steht, für welches Detail im Laufe der Woche Entwürfe erstellt werden müssen. Bei KISKA geht das ganz anders! Da heißt es: „Diese Woche musst du ein komplettes Motorrad konstruieren!“ Das ist ein völlig anderer Ansatz und war anfangs viel zu viel für mich. Wir richteten uns da sehr stark nach unserem Bauchgefühl. Dann schlossen wir uns mit den Leuten von der Entwicklungsabteilung kurz, dann kam die Maschine auf den Markt, und das Motorrad wurde ein Riesenerfolg. Es wurde sogar aus dem Stand zum meistverkauften Modell der gesamten 125er-Klasse. Es ist geradezu explodiert. DAS MUSS EIN GANZ SCHÖNER KULTURSCHOCK FÜR SIE GEWESEN SEIN … Es war der Wahnsinn. Aber es war auch unglaublich befriedigend. Nach der anfängli-

Den Bleistift hinterm Ohr. Doch Dent verbringt auch viele Stunden damit, seine Ideen auf dem Bildschirm zu visualisieren und auszuarbeiten.

chen Panik und Gedanken wie „Die sind ja alle verrückt. Wie wollen die das durchhalten?“ wurde mir klar: Man gibt einfach alles, und ab einem gewissen Punkt muss man dann loslassen. Dann kann man das Projekt einfach nicht mehr weiter beeinflussen, sondern muss auf sich zukommen lassen, was in der Produktion daraus wird.

„DESIGN DIENT DAZU, EIN PROBLEM ZU LÖSEN. ES GEHT NICHT DARUM, WILDE FANTASIEN AUSZULEBEN, WÄHREND DIE LEUTE SICH FRAGEN: „HM, DAS SIEHT ZWAR NETT AUS, ABER WOZU IST ES GUT?“ DER ZWECK DES FAHRZEUGS MUSS UNMITTELBAR DEUTLICH WERDEN. MAN MUSS WISSEN, WOZU ES GUT IST UND WO MAN DAMIT STEHT. DIE FORM MUSS MIT DER FUNKTION VERSCHMELZEN.“ WAS SIND IHRE EIGENEN STÄRKEN? IN WELCHER HINSICHT SIND SIE IM KREATIVEN PROZESS AM MEISTEN GEFORDERT? Man muss im Fahrzeugbau und speziell bei Motorrädern eine Leidenschaft für das Einfache entwickeln. Ich halte die Architektur der KTM-Modelle für stärker reduziert als die aller anderen Motorräder auf dem Markt. Dazu tragen wir alle bei. Wenn es irgendwo Möglichkeiten gibt zu sagen „Diese Abdeckung können wir weglassen, konzentrieren wir uns lieber auf das eigentliche Teil darunter“, dann machen wir das. KTM und KISKA geht es darum, anders zu sein. Es ist die Kombination von technischem Know-how und hochmodernen technischen Lösungen mit Formen, die einen Sinn ergeben. Natürlich gibt es auch den emotionalen Aspekt, den wir nicht vernachlässigen dürfen – das Flair, die Dynamik. Aber letztlich ist es die Technik und ihre Funktion, die ein Produkt erfolgreich


UNBOUND // DESIGN // SEITE 73

Craigs Skizzenbuch ist voll von Kreativität und Funktionalität. In diesem Wälzer erfasst er systematisch alle Arbeitsschritte.

machen. Nur die Technik verleiht dem Motorrad seine Integrität. Nach unserer Ansicht gibt es an einer KTM kein Teil, das nur dazu da ist, gut auszusehen. DAS IST BESTIMMT NICHT EINFACH … EIN PRODUKT HERZUSTELLEN, DAS EINFACH NUR FUNKTIONIERT, ABER TROTZDEM DIE LEUTE ZU BEGEISTERUNGSSTÜRMEN HINREISST. WER EINE KTM SIEHT, DER NIMMT DOCH SOFORT SOLCHE WORTE WIE „RADIKAL“ UND „AUFSEHENERREGEND“ IN DEN MUND … Was die Super Duke aufsehenerregend und radikal macht, ist – abgesehen vom breiten Hinterradreifen und von den 173 PS – ihre Klarheit. Sie ist ein Naked Bike. Da schaut man wieder und wieder hin, weil dabei jedes Mal etwas Neues „passiert“. Wenn ich persönlich das Wort „Naked Bike“ höre, dann denke ich an eine CB-irgendwas aus den Siebzigern. Die bestand damals nur aus einem Tank, einer Sitzbank und einem Scheinwerfer, und oben drüber gab’s irgendwo ein paar Instrumente und Kontrollleuchten. Wenn Sie sich die Super Duke anschauen, dann sind alle diese Elemente an ihrem Platz. Die Super Duke hat einen Scheinwerfer, der ist direkt an der Gabel angebracht. Und sie hat einen separaten Aluminiumhalter für die Instrumente. Der trägt übrigens zugleich die vorderen Blinker. Sie war das erste Motorrad ihrer Generation mit dieser stark vereinfachten Architektur. Das kann man lieben oder hassen, ganz egal. Wir haben uns einfach nicht lange mit der Frage aufgehalten, wie man Scheinwerfer und Instrumente zu einer Einheit zusammenfassen könnte, sondern uns auf die Architektur der Maschine konzentriert. Wir haben sie so gestaltet, dass sie optimal funktioniert und das Ergebnis dann nur noch ein bisschen aufgeräumt. Wir haben eine dynamische und aufregende Lösung gefunden, indem wir uns als Erstes um die Technik gekümmert haben.

OK, ABER UM EIN DETAIL DER 1290 HERAUSZUGREIFEN: SIE HABEN IHR EINE EINARMSCHWINGE MIT AUF DEN WEG GEGEBEN. FÜR MENSCHEN MEINER GENERATION, DIE SO ETWAS NUR VON EINER RC30 UND VON EINER 916 KENNEN, FÄLLT DAS UNTER „LUXUS“. Die kommt aus dem Rennsport … ABER WARUM AN DER DUKE? Gute Frage! Die Einfachheit der Einarmschwinge ist zugleich Ausdruck von technischem Know-how. Sie ist sicher kein simples Bauteil, aber sie wirkt sehr aufgeräumt und reduziert, also einfach. Und das macht für mich ein Naked Bike aus. Da braucht man kein „Mehr“. Natürlich hätte man die übliche Lösung aus zwei extrudierten Leichtmetall-Kastenprofilen nehmen können, aber die hätte nicht die gleiche Ausstrahlung von Schlichtheit gehabt.

SIE IST ALSO EIN BEISPIEL DAFÜR, DASS SIE BEI DIESEM MOTORRAD SCHON EIN PAAR FREIHEITEN HATTEN … Absolut. Ich glaube, ich habe noch Skizzen aus dieser Zeit. Die ersten Vorgaben, die wir von KTM bekamen, umfassten noch eine Zweiarmschwinge. Wir haben versucht, dieses Konzept so weit auszureizen wie irgend möglich – das Motorrad so extrem, reduziert und technisch brillant zu machen, wie KTM es nur eben hinbekommen konnte. Ich weiß noch, dass uns das einiges an Kopfzerbrechen bereitet hat. Immer wieder haben wir uns mit den Ingenieuren zusammengesetzt und gesagt: „Jetzt kommt schon, das wird viel zu kompliziert. Können wir nicht etwas Einfacheres konstruieren?“ Und so sind wir dann doch bei einer Einarmschwinge gelandet. Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber in meinen Augen


Es mag seltsam klingen, aber die Formen einer KTM kommen direkt aus einem Bottich voll Lehm. Craig und die Leute von KISKA sind nach wie vor Fans eines Verfahrens, bei dem man Formwerkzeuge, Lineale, Maßbänder und Lehren zur Hand nimmt, um physische Modelle von Motorrädern zu erstellen, die man „in echt“ frühestens zwei Jahre später zu sehen bekommt. Bei unserem Besuch bei KISKA mussten wir so lange am Empfang warten, bis sämtliche Prototypen und Formen abgedeckt oder hinter großen Schirmen versteckt waren. Im großzügigen Arbeitsraum mit den Designern auf der einen Seite und den um 3D-Scanner gruppierten Motorrädern, Booten und weiteren Geheimnissen auf der anderen kann man die Anspannung förmlich mit Händen fassen – ein Gefühl, wie mit einem Pinsel in der Hand vor einer weißen Leinwand zu stehen. ARBEITEN SIE IMMER NOCH VIEL MIT TON ODER ENTWICKELT SICH ALLES RICHTUNG COMPUTER? Ein Großteil der Autoindustrie versucht den Weg der Digitalisierung konsequent bis zum Ende zu gehen. Ich weiß, dass bei VW schon im Gespräch war, sich von Tonmodellen komplett zu verabschieden. Aber ich glaube, auch die haben nach wie vor das Bedürfnis, ein Objekt real vor sich zu haben,

um es zu beurteilen, anstatt es in der CAD-Software anzulegen. Ich persönlich schätze es, selbst Hand anzulegen. Wenn mir etwas einfällt, dann muss ich sofort handeln. Andernfalls riskiere ich, das kreative Moment einzubüßen und womöglich sogar die ganze Innovation, die daran hing. Natürlich verwenden auch wir CAD-Modelle und superschnelle Programme. Da fängt man mit einem Kasten an, und wenn man den irgendwo abrunden will, fügt man ein paar Kontrollpunkte hinzu und zieht sie hierhin und dorthin, bis man die gewünschte Form erhält. So fangen wir damit an, Motorräder zu entwerfen. Das machen wir vielleicht eine Woche lang, bis es heißt: „Sieht cool aus. Rahmen und Motor passen, die von KTM vorgegebene Sitzlinie ist drin, die von KTM definierten ergonomischen Flächen sind immer noch genau da, wo sie sein sollen … jetzt lasst es uns mal in echt anschauen.“ Dann klicken wir auf „ausfräsen“ und das Motorrad wird aus einem Klumpen Ton herausgeschält. Aber es sieht dann regelmäßig alles andere als perfekt aus. Warum? Weil die Realität, die man im Maßstab 1:1 direkt vor Augen hat, einfach eine andere Welt ist. Auf dem Bildschirm sieht man es grundsätzlich anders, und man interagiert damit auch anders.

Als wir das erste CAD-Modell der 1290 Super Duke ausfertigen ließen, dachten wir alle „Mit dem Ding will ich aber nirgendwo hinfahren.“ Es war uninspiriert, undynamisch und funktionierte einfach nicht. Da haben wir als Erstes mal zehn Zentimeter mehr Ton auf den Tank aufgetragen und an der Unterseite mehr abgeschabt. Es wirkte einfach nicht funktional und korrekt. Den kreativen Prozess per CAD und Prototyping abzukürzen klappt einfach nicht. Ich glaube, mit einem Klumpen Ton und einem technischen Briefing kommen wir in der halben Zeit zum gleichen Ergebnis. Wir haben die modernsten 3D-Scanner und die aktuellste Software. Damit können wir die Oberflächen, die in einer Woche am Tonmodell entstanden sind, einfach einscannen und über das CAD-Packaging legen, das wir von KTM bekommen haben. Dann können wir sofort nachprüfen, ob wir so weit sind, wie wir versprochen haben. Wenn nicht, können wir die Daten modifizieren, wieder aus Ton fräsen lassen und wieder kontrollieren. Das ist in Wirklichkeit viel einfacher, als es sich anhört.


UNBOUND // DESIGN // SEITE 75

AUCH STREET BIKES KOMMEN AUS DEM SCHLAMM

KTMs Rally-Modell, wie man es nie zuvor gesehen hat. Dent ist fest davon 端berzeugt, dass Ton nach wie vor die schnellste und effektivste Methode darstellt, um heute die Bikes von morgen zu modellieren.


Die KTM 125 DUKE folgte auf die 690 und bereitete den Boden für die 1290. Welche Richtung werden Dent und seine Leute als Nächstes einschlagen?

lässt sie die Super Duke aufgeräumter, schnörkelloser und einfach nackter wirken. Und genau das war unser Ziel. Ich weiß natürlich auch, dass es nicht die attraktivste Einarmschwinge aller Zeiten ist. Es gibt welche, die sehen eindrucksvoller aus. Aber ich weiß auch, dass die mehr Geld kosten als unser ganzes Motorrad. Die finden Sie auch nur an Maschinen, die kein Geld einbringen. Deren einziger Zweck besteht darin, gut auszusehen. Und das erschließt sich mir nicht. Letzten Endes sind wir alle in dieser Branche, und wir wollen, dass die weiter funktioniert und dass wir auch in zwanzig Jahren noch Motorräder verkaufen. Das geht aber nur auf einem gesunden und nachhaltigen Markt, auf dem jedes Produkt seinen Platz hat. AUCH DIE 690 HAT FÜR VIEL AUFSEHEN GESORGT. ZUGLEICH WURDE SIE ZUR BLAUPAUSE FÜR DIE GANZE DUKE-BAUREIHE … Das stimmt, und sie war übrigens ein ziemlich kontroverses Bike. Das war nicht mehr die Duke, die die Leute kannten. Die Duke war bis dahin ja immer ein Supermotoderivat. Da schienen KTMs Wurzeln im Geländesport durch. Sie war eigentlich immer eine große Enduro, die zur Supermoto umgebaut, auf mehr Komfort getrimmt und an den Straßenbetrieb angepasst worden war. Als das neue Bike herauskam, waren die Leute schockiert, dass das jetzt die Sitzhöhe eines normalen Naked Bike hatte und auf der Straße ein besseres Fahrverhalten als ein von einer Supermoto abgeleitetes Modell. Das war so ein Moment, als viele dachten „Halt! Was macht ihr denn da?". Fakt ist aber mal, dass sie das handlichste Motorrad ihrer Klasse ist. Sie hat nach wie vor den harten Einzylinderschlag der alten 690er, aber sie ist tatsächlich ein sehr alltagstaugliches, leicht zu fahrendes Motorrad, das viel Fahrspaß bringt. Und zugleich immer noch „READY TO RACE“. Dadurch war sie ein wenig umstritten. Die Leute wussten nicht so recht, in welche Schublade sie die neue Duke stecken sollten. Aber sie verkaufte sich dann sehr gut und war zugleich ein großer Schritt nach vorn, was dieses Thema von der

Schlichtheit in der Architektur betrifft. Ich habe zu der Zeit an einem anderen Produkt gearbeitet, und ich kann mich noch erinnern, dass ich ebenfalls dachte „Was wird das denn jetzt?“ Dieser Bruch mit der Duke-Tradition. Aber ich finde es zugleich richtig cool, denn es hat die DUKE in eine Richtung weiterentwickelt, die weit über ihr ursprüngliches Segment hinausgeht. Genauso wie die Super Duke. Ich glaube, da hat es von der 990 auf die 1290 ebenfalls einen Sprung in der Entwicklung gegeben. Die 1290er fühlt sich anders an und hat einen anderen Charakter, und wahrscheinlich ist sogar die Zielgruppe eine etwas andere. INWIEFERN? Na, die 990 war ein ungehobeltes, verrücktes Naked Bike und übrigens KTMs erstes echtes Street Bike … MOMENT. DAS KLINGT, ALS OB SIE IHNEN GEFIEL. ICH FAND, DIE SAH IRGENDWIE BIZARR AUS… Total bizarr. Aber ich mochte sie unheimlich gern. Trotzdem, die Frage war: Wie sollte man dieses wilde, fast unbezähmbare Teil, das eine Nische innerhalb einer Nische bediente, auf einmal aus dem Jahr 2005 zehn Jahre in die Zukunft beamen – in einen gesättigten Markt, der viele ganz neue Anforderungen stellte? Wie sollte man es mit ABS und Traktionskontrolle ausstatten – was der Markt heute einfach verlangt – und trotzdem diesen wilden, ungehobelten Charakter beibehalten? Das klingt wie ein Widerspruch in sich. Aber ich glaube, wir haben es geschafft. Ich glaube, wir haben das meiste des 990er Spirits beibehalten – im Fahrverhalten,


UNBOUND // DESIGN // SEITE 77

im Aussehen und was insgesamt ihren Reiz ausmacht. Aber zugleich spricht die 1290 ein wesentlich breiteres Spektrum an und ist visuell nicht ganz so sperrig. Sie ist außerdem technisch viel kultivierter, und die Tatsache, dass so ziemlich jeder sie fahren kann, finde ich geradezu überwältigend. In meinen Augen ist sie nach wie vor das endgültige Naked Bike auf dem Markt. „Die kann jeder fahren“ ist allerdings keine Botschaft, die das Marketing gerne hört, und KTM hat diese Botschaft auch tatsächlich nicht gepusht. Sie haben sie „das Beast“ getauft und als wild, wahnsinnig und durchgedreht charakterisiert. Und die Testberichte erledigten dann den Rest für uns. Das ist perfekt gelaufen. Jeder sieht sie, spürt sie, setzt sich drauf, hört den Sound und bleibt mental auf der 990er Schiene. Dann fahren sie damit, und es heißt „Sag’s nicht weiter, aber ...“! In meinen Augen passt die 1290 genau in den Markt, mit dem wir heute konfrontiert sind.

DREI TEILE VON KTM NAKED BIKES, BEI DENEN CRAIG DENT UND SEIN TEAM INS SCHWARZE TRAFEN 1. DER AUFBAU: „Generell ist es die Schlichtheit der Architektur dieser Motorräder. Die halte ich für unsere wichtigste Errungenschaft und für den Grund, warum KTM Naked Bikes besser sind als alle anderen.“ 2. DAS SCHÖNE HECK: „Das Druckgussrahmenheck der 690 Duke ist so sensationell gut, weil man dort kein Plastik findet. Das ganze Teil besteht nur aus einem Leichtmetallrahmen und der Airbox. 3. DIE SEITENANSICHT: „Am schönsten ist vielleicht die Schwinge der 1290. Aber ich wünschte, wir könnten darüber reden, was wir jetzt aktuell in Arbeit haben. Das spielt sich noch einmal auf einem ganz anderen Niveau ab! Es ist komisch, aber bisher ging es bei den Naked Bikes nie darum, ein einzelnes Bauteil oder eine bestimmte Baugruppe hervorzuheben. Ich kann Sie nur dazu ermutigen, vor einer Super Duke mal ein paar Schritte entfernt in die Hocke zu gehen und darauf zu achten, wie der Tank und der Scheinwerfer aus dieser Perspektive miteinander verschmelzen. So etwas haben Sie noch nie zuvor gesehen, und das ist wahrscheinlich einer der Gründe, warum dieses Motorrad so aufregend wirkt.“



UNBOUND // SPECIAL // SEITE 79

Text: Luke Brackenbury Foto: Piers Spencer-Phillips, KISKA

RAKETE

DIE GESCHICHTE DER EINMALIGEN 1290 SUPER DUKE R „PATRIOT EDITION“ Auf der Mailänder Motorradmesse EICMA enthüllte KTM im Oktober 2012 das „Beast“, einen Prototypen, der die neue Ära großvolumiger Naked Bikes des österreichischen Unternehmens einläutete und letztlich in die KTM 1290 SUPER DUKE R mündete. Gerald Kiska ließ sogar den Motor live auf der Bühne kurz aufröhren und brachte die versammelten Medienvertreter damit in den Genuss einer kurzen, aber heftigen Demonstration der MotoGP-mäßigen Akrapovič Auspuffanlage. Um die Spannung weiter zu steigern, veröffentlichte KTM zudem ein abgefahrenes Video, in dem das neue Bike mit qualmenden Reifen und heftigen Stunts aus einer Hochsicherheitseinrichtung entkommt. Da waren die Leute angefixt. Doch sie mussten sich noch ein Weilchen gedulden. Bevor KTM das fertige Serienbike ein Jahr später, wieder auf der EICMA, in seiner endgültigen Form und in den beiden Lackierungen Schwarz und Orange enthüllte, schuf man anlässlich eines Besuchs von mehreren hundert KTMHändlern aus den USA im Werk in Österreich im Juni 2013 die atemberaubende einmalige „Patriot Edition“. Die „Stars and Stripes“ Sonderlackierung in schimmernden roten und blauen Metallic-Farbtönen rings um den 1.301 ccm großen V-Motor war indes nicht für die Öffentlichkeit gedacht. Doch wie so oft in dieser Zeit, in der jedes Mobiltelefon zugleich Kamera ist, sickern solche Dinge gern einmal an die Öffentlichkeit durch. Danach veröffentlichte auch KTM im Nachhinein einige hastig geschossene Fotos. Natürlich fachte das die Flammen der Erwartung für das Serienbike nur umso stärker an. Doch wo steckt die „Patriot Edition“ heute? Es mag überraschen, doch sie hat nicht ihren Weg zu Captain America gefunden.

Die öffentlichen Reaktionen auf die „Patriot Edition“ bewogen KTM letztendlich doch dazu, das Motorrad in den Verkauf zu bringen. Allerdings nur als Modell im Maßstab 1:12 im PowerWear Katalog ...


DIE TOOLS UND DAS TALENT Text: Adam Wheeler Fotos: Ray Archer

JORGE PRADO IST FÜNFZEHN, FÄHRT KTM UND WURDE SOEBEN MOTOCROSS-EUROPAMEISTER. ER IST DAMIT STAR EINER SZENE, IN DER SICH DIE SPANIER DERZEIT SCHWERTUN, DIE DOCH AKTUELL PRAKTISCH JEDE ANDERE DISZIPLIN DES MOTORRADSPORTS BEHERRSCHEN. ABER IM ALLTAG IST DER STAR EIN GANZ NORMALER TEENAGER, DER AUCH AUGEN FÜR GANZ ANDERE 125ER HAT ALS FÜR DIE SX, AUF DER ER SEINEN TITEL HOLTE. WIR ZAUBERTEN JORGE EIN BREITES GRINSEN AUFS GESICHT, ALS WIR AM VORABEND DES GROSSEN PREIS DER NIEDERLANDE MIT EINER KOMPLETT MIT POWERPARTS AUSSTAFFIERTEN KTM 125 DUKE IN ASSEN AUFSCHLUGEN. DAS IST DOCH MAL EINE ERSTKLASSIGE GELEGENHEIT, SICH IM FAHRERLAGER IN SZENE ZU SETZEN ... Armer Jorge Prado. Die Startnummer 61 ist eine schwere Last auf seinen jugendlichen Schultern. Nach den Erfolgen, die Fahrer wie Javier Garcia Vico, Jonathan Barragan und Jose Butron versprachen – die alle ihre besten Tage in den Farben von KTM erlebten – muss der Youngster lernen, mit dem Hype zu leben. Sein Name ist

in aller Munde, wenn es um Spaniens „Nächsten“ geht. Oder wenn man gewissen Zeitgenossen glaubt, sogar um Spaniens „Auserwählten“. 2015 stieg diese Erwartungshaltung dann noch einmal auf ein höheres Level, als Jorge unter Beweis stellte, dass er Europas bester 125er-Pilot ist und schon im Alter von nur fünfzehn Jahren bereit, auf eine KTM 250 SX-F umzusatteln. Prado muss zwar noch ein paar Jährchen warten, bis er auch auf öffentlichen Straßen Motorrad fahren darf, aber das hindert ihn nicht daran, der Duke begehrliche Blicke zuzuwerfen. Der Junge kann besser mit Motorrädern umgehen als die allermeisten anderen Jugendlichen seines Alters. Und die Duke wäre mit ihren 15 PS genau das Richtige – nicht nur, um die Fahrerlaubnis der Klasse A1 zu erwerben. Von der Presse wegen ihres Handlings und der sportlichen Fahreigenschaften überschwänglich gefeiert, ist sie der Traum aller jugendlichen Einsteiger auf der Suche nach jenem unvergleichlichen Kick: das erste Mal auf zwei motorisierten Rädern den Asphalt unter die Räder zu nehmen.


UNBOUND // RACING // SEITE 81

In Assen. Kurz vor seinem endg端ltigen Sieg in der Motocross-EM 2015 zog Jorge Prado auf einer 125 Duke die Blicke auf sich.


Prado fräst eine Böschung auf der SX 125, mit der er 2015 zum Titel fuhr. 2016 setzt der Teenager seinen kometenhaften Aufstieg im Motocross auf einer 250 SX-F fort.

JORGE, DU HAST JA NOCH ETWAS ZEIT, ABER INTERESSIERST DU DICH DAFÜR, AUF DER STRASSE ZU FAHREN? Auf jeden Fall. Das reizt mich sehr. Die Duke fährt sich echt einfach und vermittelt viel Vertrauen mit ihren guten Bremsen und dem klaren Feedback. Ich denke, die ist ideal für die Straße. Ich habe mich schon mal nach der Fahrerlaubnis erkundigt, aber hier in Belgien muss man dafür mindestens sechzehn sein. Wenn man normal und sicher fährt und keinen Unsinn macht, glaube ich nicht, dass es zu gefährlich ist. Natürlich ist es in Belgien auf der Straße im Winter ziemlich rutschig, da muss man halt aufpassen. Aber im Sommer sind die Verhältnisse ideal. Manche meiner Freunde stehen ebenfalls auf Motorräder und Rennsport – mit einem meiner besten Freunde, der neben meinem Großvater wohnt, hab ich angefangen, Trial zu fahren.

WIE LANG BIST DU JETZT SCHON IN BELGIEN? Schon drei Schuljahre, und jetzt kommt das vierte. Ich freue mich wirklich darauf, wieder nach Hause nach Spanien zu kommen, aber ich weiß halt auch, dass Belgien der beste Ort ist, wenn man es in diesem Sport schaffen will. Ich fahre ja in der spanischen Meisterschaft mit, also bin ich auch ziemlich oft dort. Ich fühle mich inzwischen in beiden Ländern zu Hause … UND DU MUSST JA AUCH NOCH IN DIE SCHULE GEHEN … Klar! Ich glaube, ich möchte später auch noch auf die Uni. Aktuell ist das kein Problem, aber ich weiß, dass es irgendwann schwierig werden wird, Schule und Motocross unter einen Hut zu bringen.

SCHAU DIR UNSER 125 DUKE VIDEO AN

»

„Eines Tages...“ Will dieser junge Fan die Duke – oder will er sein wie Jorge? Wahrscheinlich beides!


UNBOUND // RACING // SEITE 83

UND WIE STEHST DU ZU DEN HOHEN ERWARTUNGEN, DIE MAN IN SPANIEN IN DICH SETZT? Ich lasse mich davon nicht beeinflussen, sondern versuche einfach, mein Bestes zu geben. Aktuell läuft es ganz gut, glaube ich. Die Ergebnisse sind da, und ich fahre gut … aber ich muss mich weiter verbessern und noch einmal auf ein anderes Niveau kommen. Ich muss lernen. Physisch etwas stärker werden, und manchmal fehlt es auch an der mentalen Stärke. Und Erfahrungen machen. Ein spanischer Titelträger würde Motocross in Spanien aber definitiv voranbringen, und das wäre dringend nötig. SCHON VOR EINIGEN JAHREN HÖRTE ICH DAS GERÜCHT, DASS DU WOMÖGLICH ZUM STRASSENRENNSPORT WECHSELST … Ja … Sete Gibernau gab mir 2011 die Möglichkeit, auf einer 100er Honda oder so etwas Ähnlichem zu testen, und das gefiel mir wirklich gut. Es hat viel Spaß gemacht, aber … Motocross war mir immer noch lieber. Mein Großvater liebt die MotoGP. Er hat mich damals zu dem Test begleitet. Wenn es nach ihm gegangen wäre, dann würde ich heute Straßenrennen fahren! Aber für mich war damals völlig klar, dass ich mich für Motocross entscheide. UND ZUM SCHLUSS: KÖNNTE DICH EIN BIKE WIE DIE 125 DUKE INTERESSIEREN? Ich habe auf den Straßen rund um Lommel in Belgien noch nicht viele Dukes gesehen. Die würde definitiv einiges her machen, und ich schätze, die kann wirklich jeder fahren. Ich würde damit überall hinfahren, zum Einkaufen ... und zum Training. Da könnten die anderen ohne mich im Van fahren! DU HAST SIE JA SCHON AUF BUZZFEED ERWÄHNT. WIE FÄHRT SIE SICH DENN SO? Wirklich leicht und handlich. Ich hatte dieses Jahr leichte Probleme, mich an meine SX 125 Rennmaschine zu gewöhnen, aber auf die Duke zu steigen … Kaum zu glauben, dass die genau so viel Hubraum hat. Ich darf ja noch nicht auf der Straße fahren, aber wenn ich erst alt genug bin, ist das genau das Richtige.

KEIN WUNDER, DASS ...

JORGE PRADO GEBURTSDATUM 5. Januar 2001 in Lugo, Galizien, Spanien SEINE LEIDENSCHAFT Motocross und BMXfahren

JORGE AUF DER 125 DUKE DIE BLICKE AUF SICH ZOG. Das Modell ist ein massiver Verkaufsschlager. Seit der Präsentation 2011 hat KTM fast 40.000 Stück unter die Leute gebracht, und das neueste Modell wurde mit einer Reihe PowerParts noch einmal zusätzlich aufgebrezelt. Die Version des Modelljahrs 2015 und Jorges Spielzeug waren mit „Factory“ Grafikkit, orangefarbenen Hand Guards aus Leichmetall, Sturzbügeln und Crashpads vorn wie hinten ausgestattet. Dank ihrer entscheidenden Merkmale bleibt die Duke in ihrer Klasse weit oben in der Verkaufsstatistik: abschaltbares ABS, Upside-down-Gabel und super Bremsen mit einer 300 Millimeter großen Scheibe vorn. Und dazu ein ausgesprochen heißer Preis!


Text: Peter Kavcic Foto: Akrapovič

MISSION METALL WENN DER MOTOR DIE SEELE EINES MOTORRADES IST, IST DER AUSPUFF DAS SPRACHROHR.


UNBOUND // LIFESTYLE // SEITE 85

JEDER MOTOR HAT SEINEN GANZ EIGENEN, GANZ INDIVIDUELLEN CHARAKTER. DIE EINEN KLINGEN SANFT UND KULTIVIERT, DIE ANDEREN BRÜLLEN LAUT UND AGGRESSIV. EINIGE SIND WIE RENNMOTOREN – TECHNISCHE WUNDERWERKE MIT DEM GEWISSEN ETWAS, DAS DEN FAHRER DAZU ANSTACHELT, IMMER MEHR ZU GEBEN UND IMMER MEHR ZU WOLLEN. Ein Motor ist einem lebenden Organismus nicht ganz unähnlich: Er braucht Luft und Treibstoff, wenn er arbeiten soll – ganz besonders, wenn er seine bestmögliche Leistung abliefern soll. Und die Auspuffanlage ist ein entscheidender Teil jenes komplexen mechanischen Wunderwerks, das dem Motorrad als Ganzem deutlich mehr verleiht als bloße Antriebskraft, nämlich Charakter. Dazu kommt noch ein emotionalerer Aspekt: die Auspuffanlage ist mehr als eine rein technische Komponente. Sie kann geradezu ein Kunstwerk sein – wenn man es richtig macht. Selbst die härtesten Biker werden weich, wenn die Abendsonne vom Titankrümmer ihrer Maschine reflektiert wird. In der heutigen Welt ist gut einfach nicht gut genug. Wenn wir den Horizont erreicht haben, überkommt uns der Drang, weiterzugehen und das Unbekannte zu erkunden. Das gleiche gilt für einen Motorradmotor, ganz gleich ob es sich um ein 125 ccm Einsteigerbike handelt oder um ein Monster mit 1.301 ccm. Ob ein oder zwei Zylinder, zwei oder vier Takte, fest steht eins: Die Suche nach mehr Leistung, einer besseren Abstimmung, einer fülligeren Leistungskurve und immer noch mehr Drehmoment hört niemals auf. Wer sich für die richtige Auspuffanlage entscheidet, der wird das gewisse Extra im Scheitelpunkt der Kurve spüren oder einfach nur am Ende der Geraden eine höhere Spitzengeschwindigkeit erzielen. Und der hat eine gute Chance, den ewigen Kampf

um weniger Gewicht und besseres Handling zu gewinnen. Es geht um mehr Fahrspaß und nicht zuletzt um die entscheidenden Zehntelsekunden Unterschied, die über einen Platz auf dem Podium entscheiden. Die Auspuffanlage ist mitentscheidend für das Leistungsgewicht eines Motorrads – und das wiederum ist das alles entscheidende Kriterium für den Fahrspaß und für den Unterschied zwischen guten Fahrern und erfolgreichen Fahrern. Wo Gewicht genauso viel zählt wie Motorleistung, weil jedes unnötige Gramm die Fahrleistungen beeinträchtigt, dort sind Werkstoffe aus der Raumfahrt wie Titan und Carbon der Schlüssel zum Erfolg. Eine Auspuffanlage aus extrem widerstandsfähigem und leichtem Titan wiegt beispielsweise um bis zu 50 Prozent weniger als eine vergleichbare Anlage aus Edelstahl. Erst wenn die richtigen Rohre mit idealer Länge und optimalem Durchmesser zum Einsatz kommen, mit sorgfältig berechneten Bögen und Volumina, die die Abgase nicht bremsen, sondern möglichst ungehemmt strömen lassen, erst dann können wir anfangen, über Perfektion zu reden. Denn nur unter diesen Umständen ist der Motor in der Lage, sein volles Potenzial auszuschöpfen, frei durchzuatmen und seine maximal mögliche Kraft zu entfalten. Dem Ingenieur kommt dabei die Rolle eines Dirigenten zu, der eine Partitur in Musik verwandelt. Zahllose Einzelteile sind in ein möglichst harmonisches Gleichgewicht zu bringen. Wenn es perfekt gelingt, dann ist das Ergebnis wie das schönste Konzert der Welt! Ein echter Rennfahrer gibt im Kampf um den Sieg alles, geht an die Grenzen dessen, was Geist, Körper und Technik zu leisten im Stande sind. Deshalb zählt jedes Detail. Deshalb muss alles perfekt abgestimmt sein, wenn das Biest unter ihm Feuer spuckt und den Sound hinausschreit, der die Herzen höherschlagen lässt. Erst dann ist unsere Mission erfüllt.


DAS ULTIMATIVE DUELL Text: Luke Brackenbury Pictures: Chippy Wood, Sebas Romero

KTM 1290 SUPER DUKE R SPECIAL EDITION GEGEN ZIVKO EDGE 540 MASCHINEN IM WETTKAMPF GEGENEINANDER ANTRETEN ZU LASSEN, DIE NICHTS GEMEINSAM HABEN AUSSER EINEN VERBRENNUNGSMOTOR, DAS HAT SCHON IMMER ALLE BEGEISTERT, DIE BENZIN IM BLUT HABEN – UNS BEI UNBOUND GEHT’S NICHT ANDERS.

Als wir vor einem Jahr den erfolgreichen Piloten Hannes Arch für unsere erste Ausgabe interviewt haben, hat er uns erklärt, dass man zum Motorradfahren ähnliche Talente und Fähigkeiten braucht wie für den Kunstflug – nur dass eben die dritte Dimension fehlt. Der Österreicher äußerte damals, dass er schon immer mal gern bei einem Stunt mitmachen wollte, der seine beiden größten Leidenschaften miteinander verbindet.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 87

Aber gern doch – ein Jahr später laden wir zum Wettkampf, und wir haben eine der anspruchsvollsten Kampfarenen gewählt, die man sich denken kann: den Reschenpass. Der Reschen verbindet Österreich und Italien in den Tiroler Alpen und passiert dabei den Reschensee, aus dem der in aller Welt bekannte Kirchturm des Dorfes ragt, das einst beim Fluten des Stausees versunken ist. In der orangefarbenen Ecke des Rings fiebert die mit PowerParts gepimpte 2016er KTM 1290 SUPER DUKE R Special Edition dem Kampf entgegen. Ja – das Beast hat ein paar scharfe neue Klamotten und ein paar ziemlich exotische Teile bekommen, damit jeder sofort sieht, wie angesagt diese Maschine nach wie vor ist und dass sie unter den sportlichen Naked Bikes keine Gegner kennt. Immerhin reden wir von einem

V-Twin, der seine 173 PS und 144 Nm in einem leichten Fahrwerk so brutal zur Entfaltung bringen kann, dass seine Power nur von elektronischen Helferlein, erstklassigen Bremsen und nicht minder guten Chassis-Komponenten im Zaum gehalten werden kann. In der Red Bull Ecke wartet eine Zivko Aeronautics Edge 540, das bevorzugte Fluggerät der besten Kunstflieger der Welt. Diese hier wird vom mehrfachen Red Bull Air Race Gewinner Hannes Arch geflogen, ist gestrippt bis zum Gehtnichtmehr und trotzdem über eine Million Euro wert. In den richtigen Händen trotzt diese Maschine derart den Gesetzen der Physik, dass Beobachtern wie hypnotisiert vor Staunen der Mund offen stehen bleibt. Sieger eines Rennens ist üblicherweise

derjenige, der eine vorgegebene Strecke am schnellsten zurücklegt oder im direkten Vergleich als Erster die karierte Flagge passiert. Ein fairer Wettkampf zwischen einem Motorrad und einem Flugzeug ist nach diesen Kriterien allerdings kaum möglich. Deshalb lassen wir die beiden Kontrahenten ihre Stärken in mehreren verschiedenen Kategorien auf abgesperrten Straßen und im Luftraum über zwei Ländern ausspielen und vergeben dafür Punkte. READY TO RACE!



UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 89

KOSTEN KTM

ZIVKO

02 00 Keine Frage, wer mehr Performance pro Euro bietet. Das Motorrad hat den besseren Start.

MOTOR KTM

ZIVKO

02 02 Wir müssten die beiden Motoren bis ins letzte Detail analysieren, wenn wir zu einem niet- und nagelfesten Ergebnis kommen wollten. Aber letztlich sind beide Sieger.

Bevor es richtig losgeht, sollten wir über den Preis reden. Eine neue Edge 540 kann nicht jeder kaufen. Firmenchef William Zivko baut nur denjenigen eine, die einen Namen in der Welt des Kunstfluges haben und 400.000 Dollar auf den Tisch blättern – ohne Motor, Propeller und Bordelektronik wohlgemerkt. Am Ende kommt rund eine halbe Million zusammen. Und Zivkos findet man nicht allzu oft auf eBay – auch wenn der deutsche Pilot Matthias Dolderer zum Ende der Red Bull Air Race Saison 2010 eine seiner beiden 540s ohne Preisangabe auf JamesEdition angeboten hat. Immerhin hatte er ja noch eine zweite.

Für dasselbe Geld kann man sich ziemlich genau 21 und eine halbe Super Duke R Special Edition zum Einzelpreis von 21.198 Euro kaufen, und man muss nicht einmal KTM-Boss Stefan Pierer um Erlaubnis fragen. Fahren kann sie auch jeder, der einen gültigen Motorradführerschein hat und ein bisschen Erfahrung mitbringt. Die 1290 Special Edition ist zudem mit den besten Komponenten ausgestattet, die WP Suspension, Brembo und Bosch zu bieten haben. Und schließlich toppen jede Menge cooler KTM PowerParts und eine exklusive Sonderlackierung ihren Auftritt.

Hubraum ist durch nichts zu ersetzen! Der LC8 V2 der 1290 mit zwei Nockenwellen und vier Ventilen je Zylinder wartet immerhin mit 1.301 ccm auf. Und er ist kein lahmer Cruiser-Twin, sondern ein echter Sportmotor, der satte 173 PS und 144 Nm auf die Bremse bringt. Das kompakte Triebwerk stammt in direkter Linie von den Dakar-Siegermaschinen und von den legendären Adventure Modellen ab und weiß mit Hightech-Details wie elektronischer Benzineinspritzung, elektronischem Gasgriff und Doppelzündung zu begeistern.

Bull Air Races übliche Motor. Dabei handelt es sich um einen Sechszylinder-Boxer-Saugmotor mit Kraftstoffeinspritzung und kunstflugtauglicher Schmierung. Keine besonders aufwendige Konstruktion, aber das Triebwerk hat sage und schreibe 8.874 ccm Hubraum und stemmt immerhin 300 PS und fast 950 Nm auf die Kurbelwelle.

In der Nase der Edge verrichtet ein Lycoming Thunderbolt AEIO-540-EXP seinen Dienst, der bei den Red

Hannes sagt dazu: „In der Fliegerei, speziell beim Kunstflug sind einfache Lösungen angesagt, damit es keine Überraschungen gibt. Dieser Motor folgt einem lange bewährten Prinzip und läuft wie ein Traktor. Genau so etwas brauchen wir.“

Der 1.301 ccm große LC8 V2-Motor der KTM haut atemberaubende 173 PS und 144 Nm Drehmoment raus. Eindrucksvoll. Aber der Sechszylinder Lycoming Thunderbolt der Zivko hat nahezu sieben Mal so viel Hubraum und stemmt fast 950 Nm auf die Kurbelwelle.



UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 91

RAHMEN KTM

ZIVKO

00 02 Die Zivko gewinnt, weil ihr Rahmen viel mehr aushalten und weil sie sich regelmäßig auseinandernehmen lassen muss.

DESIGN KTM

ZIVKO

02 01

In dieser Kategorie haben die beiden Maschinen eine entscheidende Gemeinsamkeit: einen Stahlrohrrahmen. Stahl ist extrem belastbar und viel leichter zu verarbeiten als Aluminium, und wenn man es richtig macht, dann ist ein Stahlrahmen am Ende nicht schwerer als einer aus Leichtmetall. KTM rüstet seine Serienmotorräder seit über 15 Jahren mit Stahlrohrrahmen aus und gewinnt seit noch längerer Zeit Weltmeisterschaften damit: Supercross, Motocross, Enduro, Moto3, Dakar – sogar die zukünftige MotoGP-Rennmaschine von KTM wird einen solchen Rahmen haben.

Ohne Sprit und Pilot wiegt die Zivko 540 nur 531 Kilogramm. Ihr Rumpf trägt extrem leichte CarbonTragflächen. Die Konstruktion ist super simpel, aber auch super effektiv – sie kann das Zehnfache der Erdbeschleunigung verkraften. Die Red Bull Air Race Saison ist eine Weltmeisterschaft, und die Flugzeuge müssen drei oder vier Mal im Jahr zerlegt werden, um sie zu verfrachten – dazu müssen die Tragflächen und das Heck abgebaut werden.

Aussehen ist immer subjektiv, und Schönheit liegt im Auge des Betrachters. Aber ganz losgelöst von ihrer Performance sieht die Edge genau so aus, wie ein Kind ein einsitziges Flugzeug zeichnen würde – wohl eher kein Design-Highlight. Aber das Flugzeug bekommt einen Extrapunkt für die Red Bull Lackierung und das KTM-Logo.

Das Design der 1290 Super Duke R ist vor allem mit der Lackierung der Special Edition ebenso unverwechselbar wie aggressiv. Der auffällige orangefarbene Rahmen, die passenden Räder und die bildschöne Einarmschwinge sind einfach affengeil. Craig Dent und sein Team bei KISKA (siehe Seite 70) haben wirklich Form und Funktion vereint.

Die 1290 Super Duke R beschleunigt in 3,5 Sekunden von 0 auf 100 km/h und schafft die Viertelmeile in 10,93 Sekunden mit einer Endgeschwindigkeit von 212,7 km/h (gefahren von Bruce Dunn von MCN). Sie erreicht ihre Höchstgeschwindigkeit von 257,5 km/h innerhalb von 33 Sekunden. Es lassen sich kaum vergleichbare Daten für die Zivko finden, höchstens die eindrucksvolle Steigleistung von 18,8 Metern pro Sekunde auf eine Höhe von 425 Metern.

Das Flugzeug rollt in Position, die Nase gegen den Wind in Richtung Italien gerichtet. Hannes gibt vollen Schub bei angezogenen Bremsen, so dass das Heckrad abhebt und die Maschine waagerecht schwebt – so eine Art Wheelie rückwärts im Stand, ziemlich spektakulär und deshalb gut fürs Foto.

Die KTM gewinnt.

BESCHLEUNIGUNG KTM

ZIVKO

02 01 Das Motorrad ist der eindeutige Sieger, aber es gilt zu bedenken, dass das Flugzeug nicht dafür gebaut wurde, sich am Boden zu bewegen, und dass es erst so richtig Fahrt aufnimmt, wenn der 1290 schon die Puste ausgeht.

Wir haben Hannes gebeten, die Maschine beim Startvorgang so lange wie möglich am Abheben zu hindern, um ein echtes Beschleunigungsrennen Seite an Seite gegen das Motorrad zu bestreiten. Leider ein aussichtsloses Unterfangen auf der ziemlich schmalen Bundesstraße AT 180 über den Reschenpass, wie sich zeigen wird, auch wenn die Straße für den übrigen Verkehr gesperrt ist, um dem Flugzeug das Starten und Landen zu ermöglichen.

Als beide Maschinen startbereit sind, fällt die Flagge, und das Flugzeug setzt sich langsam in Bewegung. Der Fahrer der 1290 kann die Gänge gar nicht ausdrehen, sonst würde er dem Flugzeug in die Tragfläche fahren. So ungefähr bei 140 km/h kommt die Zivko so langsam auf Schwung, und der Motorradfahrer muss sich jetzt ganz klein machen und das Gas voll aufreißen, um mitzuhalten. Nach rund 600 Metern der 800 Meter langen improvisierten Startbahn ist die KTM mit Vollgas im fünften Gang. Bei über 200 km/h zieht das Flugzeug davon und hebt unter Höllenlärm ab.


GESCHWINDIGKEIT KTM

ZIVKO

01 02 BUMM!

BREMSEN KTM

ZIVKO

02 00 Wieder eine schwierige Entscheidung, aber das Motorrad kann auf einer winzigen Fläche Gummi noch besser bremsen als beschleunigen. Deshalb gewinnt es diese Kategorie.

Dass MCN die KTM mit mehr als 250 km/h gemessen hat, ist umso bemerkenswerter, als die Aerodynamik dem Naked Bike nicht gerade in die Karten spielt. Eine längere Übersetzung auf Kosten der Beschleunigung sowie ein Fahrer mit extrem schlanker Figur und stark ausgeprägten Nackenmuskeln könnten noch ein paar km/h bringen. Trotzdem wird die Zivko dieses Rennen mit 426 km/h Spitze immer gewinnen. Noch eindrucksvoller allerdings ist die minimale Fluggeschwindigkeit der 540: Sie ist selbst bei 95 km/h noch kontrollierbar – das ist mehr ein Schweben als Fliegen.

Geschwindigkeit kann man aber nicht nur auf der Straße messen, zum Beispiel auch im Motor. Die Kolben des KTM-Zweizylinders rasen bei Nenndrehzahl 8.865/min mit immerhin 75,6 km/h im Zylinder rauf und runter. Der Lycoming Motor dreht nur bis 2.900/ min, aber bei den riesigen Kolben mit 1.479 ccm Einzelhubraum sollte man die Kolbengeschwindigkeit auch ein bisschen niedriger halten. Dafür erreichen die Propellerspitzen der 540 bei Top-Speed schon mal Schallgeschwindigkeit.

Die 1290 Super Duke R ist am Vorderrad mit zwei der unvergleichlichen Brembo M50 Bremszangen ausgerüstet, die sich brutal auf 320 mm großen Bremsscheiben festbeißen. Der dazu passende Brembo Handbremszylinder liefert jede Menge Power und Rückmeldung, und eines der besten Bosch ABS-Systeme hält den Schlupf beim Bremsen im Zaum. Die Maschine kann noch schneller bremsen als beschleunigen: von 112 km/h bis zum Stand in nur 3,65 Sekunden und 52 Metern. Von 0 auf 112 km/h braucht sie eine halbe Sekunde mehr. Beides unglaubliche Werte!

Die Zivko bremst man je nach Situation. Auf dem Boden greifen zwei über separate Bremskreise betätigte Zweikolbenzangen auf 220 mm große Bremsscheiben. In der Luft gibt es mehrere Möglichkeiten, die Maschine zu verlangsamen. Die effektivste ist es, das Flugzeug querzustellen, sodass der Rumpf auf seiner ganzen Länge in Flugrichtung zeigt. Der erhöhte Luftwiderstand bremst das Flugzeug.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 93

SOUND KTM

ZIVKO

01 02 Diese Runde geht wegen der Lautstärke an das Flugzeug.

Das ist nun wirklich eine wichtige Kategorie. Wenn der Pilot die 540 nach einem Sturzflug wieder hochzieht, dann ist der hornissengleiche aggressive Sound des Flugzeugs kilometerweit nicht zu überhören. Aber auch der Akrapovič Titanium-Schalldämpfer, mit dem die Special Edition serienmäßig ausgerüstet ist, lässt das Beast richtig laut bellen – vor allem wenn man den dB-Eater ausbaut. Dann klingt das Echo des V2 noch von den Bergwänden der Alpen nach, wenn die Maschine schon lange außer Sicht ist.

Die KTM ist mit den feinsten Komponenten ausgerüstet, die WP Suspension im Programm hat, und ihr Fahrwerk wurde unter Mitarbeit von Jeremy McWilliams, einem ehemaligen MotoGP-Fahrer, entwickelt. Sie ist eines der wenigen Naked Bikes, die in der Lage sind, sowohl auf Das Handling spielt auch in der der Landstraße als auch auf der Rennstrecke reinrassinächsten Kategorie eine Rolle, deshalb gibt es dort erst Punkte … gen Supersportlern Paroli zu bieten.

READY TO RACE ist für KTM mehr als ein Werbespruch – alle Motorräder dieser Marke sind so sportlich und so leicht, dass sie diesem Motto voll gerecht werden. Die 1290 ist an Vielseitigkeit kaum zu überbieten, aber ihre stärkste Seite ist das Kurvenräubern.

Für Stunts und total abgedrehte Tricks wurde die Zivko gebaut, deshalb ist sie die erste Wahl der besten Kunstflieger unter der Sonne. Die Edge schafft eine 360° Rolle um die Längsachse in 0,9 Sekunden, und sie kann um jede beliebige Achse Pirouetten fliegen, so dass es aussieht, als falle sie vom Himmel. Hannes demonstriert uns solche Kunststücke mit nur wenigen Metern Abstand zum halb versunkenen Kirchturm von Graun und zur Wasseroberfläche des Stausees. Noch eindrucksvoller ist sein extrem langsam geflogener Rückenflug knapp über dem Staudamm.

Die 1290 kann zwar nicht fliegen, aber ihre Stunts sind auch nicht von schlechten Eltern. Wenn die Traktionskontrolle abgeschaltet ist, dann kann die KTM Wheelies ohne Ende. Wir haben ein Video gesehen, auf dem Jeremy McWilliams die Maschine im fünften Gang aufs Hinterrad gelupft hat. Im fünften Gang?! Mit den Brembo Bremsen sind Stoppies und Burnouts ein leichtes Spiel, und dank des bärigen Drehmoments des V2 sind auch rauchende Powerslides kein Problem. Alles auf abgesperrter Strecke und mit einem professionellen Fahrer, versteht sich.

HANDLING

STUNTS KTM

ZIVKO

01 02 Es ist zwar wesentlich schwieriger, den Pilotenschein zu machen, aber das Flugzeug gewinnt knapp.

Die Zivko kann zaubern und erlaubt es dem Piloten, mit einer Handbewegung die Naturgesetze außer Kraft zu setzen.


REICHWEITE KTM

ZIVKO

02 02 Weil beide zu den Maschinen gehören, mit denen es jede Menge Spaß macht, fossile Brennstoffe abzufackeln, ohne groß Rücksicht auf die Reichweite zu nehmen, geht diese Wertung unentschieden aus. Die 540 Edge hat drei Kraftstofftanks: jeweils einen in jeder Tragfläche sowie im Rumpf. Für Kunstflüge darf nur der 72 Liter fassende Tank im Rumpf gefüllt werden. Die Zentrifugalkräfte bei schnellen Rollen sind sehr hoch, so dass in den Tragflächen gebunkertes Benzin mit so hoher Kraft in die Flügelspitzen drücken würde, dass die Tragfläche zerfetzt werden könnte. Kein schöner Gedanke. Bei einem durchschnittlichen Verbrauch von 1,5 Litern pro Minute Kunstflug, sollte der Pilot spätestens nach 45 Minuten wieder landen. Bei normalen Flügen können alle Tanks befüllt werden, aber Hannes fliegt auch dann nicht gern länger als zwei Stunden am Stück. Die 1290 ist mit einem 18-Liter-Tank ausgerüstet, und die Reichweite ist sehr vom Fahrer, seiner rechten Hand und seinem Fahrstil abhängig. Auf der Straße sollten 230 bis 300 km möglich sein, auf der Rennstrecke kann der Tank wesentlich eher leer sein.

KOMFORT KTM

ZIVKO

01 01 Auch wieder ein Unentschieden.

Keine von den beiden Maschinen hatte bei der Entwicklung den Komfort ganz vorn im Lastenheft stehen, aber immerhin bietet die 1290 so viel Windschutz und Ergonomie, dass der Fahrer nach einem Tag hinterm Lenker noch keinen Chiropraktiker braucht – zumindest, solange er nicht mit Vollgas über die Autobahn brettert. Die Special Edition ist sogar mit dem Ergo Sitz aus dem PowerParts Programm ausgerüstet, der noch ein bisschen sportlicher und komfortabler ist als der serienmäßige Sitz.

Die Zivko bietet knapp Raum für den Piloten, mehr nicht. Sitz und Gurt geben ihm festen Halt und gerade so viel Platz, dass er einen Fallschirm tragen kann – in gewissem Sinn auch ein Komfort-Feature. Die Kabine hat auch eine Heizung und eine Haube, die den Piloten vor Wind und Wetter schützt. Hannes sagt dazu: „Wenn man erstmal drin ist, ist es bequemer als auf dem Motorrad. Und man bekommt den Wind nicht mit. Auf der anderen Seite ist es höllisch laut in der Kabine. Das liegt nicht so sehr am Motor, sondern daran, dass die Spitzen der Propellerblätter bei Fluggeschwindigkeiten von über 200 Knoten fast Schallgeschwindigkeit erreichen.“


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 95

COPILOT KTM

ZIVKO

02 -1

In der Edge hat nur der Pilot Platz. Es gibt zwar eine zweisitzige 540 T, aber wer traut sich schon da mitzufliegen? Die 1290 Super Duke R Special Edition bietet jedem, der genug Mut hat, einen Ergo Soziussitz, Fußrasten und einen Riemen, an dem er sich bei der Fahrt seines Lebens festhalten kann.

Die Super Duke gewinnt, und das Flugzeug bekommt sogar noch einen Punkt abgezogen, weil es keinem Passagier den Spaß gönnen will.

WARTUNG KTM

ZIVKO

02 00 Das Flugzeug braucht Bodenpersonal, das Motorrad nichts als einen Fahrer. Die Zivko wird während der Red Bull Air Race Saison immer wieder durchgecheckt und einmal im Jahr einer großen Inspektion unterzogen. Da die Wettbewerbe weltweit stattfinden, wird das Fluggerät drei- oder viermal pro Jahr für den Transport zerlegt, sodass die Mechaniker auch bei dieser Gelegenheit alles kontrollieren können. Bei den Rennen selbst wird das Flugzeug zwei bis drei Stunden lang geflogen, erfolgt die Anreise auf eigene Kraft, so geschieht das im Cruising-Modus. Nach jeweils 50 Flugstunden wird ein intensiver Service-Check fällig, nach 100 Stunden, zumindest aber einmal im Jahr eine große Inspektion. Normalerweise wird ein Lycoming Motor nach 1.400 Flugstunden generalüberholt, aber der harte Einsatz beim Air Race mit viel Vollgas und häufigen Lastwechseln lässt eine frühere Überholung angeraten sein. Nigel Dickinson, Chefmechaniker beim Team Arch, sagt dazu: „In der Luftfahrt sind die Wartungspläne sehr streng reglementiert, und wir führen ganz genau Buch darüber, wann welches Bauteil des Flugzeugs eingebaut worden ist, wann es zuletzt gecheckt wurde etc. Am Abend vor dem Rennen mach ich immer einen Rundum-Check. Alle fünf Flugstunden gibt es zusätzlich einen Ölwechsel und eine kleine Inspektion. Der Inspektionsplan verlangt das nur alle 25 Stunden, aber es kann ja nicht schaden. Bei der Gelegenheit schaue ich mir immer an, wie das abgelassene Öl aussieht, und prüfe auch die Filter und Zündkerzen.“ Die KTM braucht ihre erste Inspektion, nachdem sie über 1.000 km eingefahren wurde. Danach sollte man regelmäßig den Motorölstand prüfen und sie alle 15.000 km, spätestens aber nach einem Jahr zur Inspektion bringen. Arbeiten, die jeder Motorradfahrer selbst ausführen kann, wie das Prüfen des Reifendrucks oder ein Blick auf den Kühlflüssigkeitsstand, den Bremsflüssigkeitsstand und die Bremsbeläge, sollten möglichst regelmäßig getan werden. Dasselbe gilt natürlich für das Prüfen der Kettenspannung. Und für das Reinigen und Schmieren der Kette.


REIFEN KTM

ZIVKO

02 01

Schon wieder gewinnt das Motorrad, aber das Flugzeug bekommt wenigstens einen Trostpunkt.

INSTRUMENTE KTM

ZIVKO

01 01 Unentschieden.

Sie sind rund, schwarz und aus Gummi, aber neben dem Motor das vermutlich wichtigste Bauteil eines Motorrads. Grip ist alles, weil es sonst nichts gibt, was die Maschine am Umfallen hindert. Die Super Duke hat Dunlop SportSmart 2 aufgezogen, weil diese Reifen genau das können, was Sportmotorräder brauchen – und zwar bei allen Temperaturen und jedem Wetter. Der 190 mm breite Hinterradreifen kommt mit den rohen Kräften des Beasts klar, ohne in Fetzen zu gehen, und der Vorderradreifen ist in der Lage, die immensen Verzögerungskräfte der Doppelscheibenbremse zu übertragen, ohne zu schwächeln. Motorradreifen haben schon einen harten Job, wenn man bedenkt, wie klein ihre Aufstandsfläche ist. Auch für ein Flugzeug sind die Reifen nicht ganz unwichtig, wenn es nicht gerade in der Luft ist oder auf dem Wasser landet. Abgesehen vom Heckrad halten die Reifen der Zivko mit ihrem starren Fahrwerk ungefähr eine Air Race Saison und eine halbe. Dem stärksten Verschleiß unterliegen die mit 3,5 bar befüllten Reifen beim Landen, das oft zu Bremsplatten oder einem Durchschlag führt. Nigel Dickinson, Cheftechniker des Arch Teams: „Das Reglement erlaubt uns beim Air Race Radverkleidungen mit mindestens 2,5 Zentimetern Abstand zur Aufstandsfläche. Bei einem platten Reifen werden daraus minus fünf Zentimeter Abstand, was der Verkleidung dann nicht so gut bekommt.“

Die Super Duke verbindet Klassik und Moderne. Der mittig platzierte analoge Drehzahlmesser wird eingerahmt von zwei Digitalinstrumenten. Das rechte informiert den Fahrer über Geschwindigkeit, Tankinhalt, Motortemperatur, eingelegten Gang, Uhrzeit und ausgewählten Fahrmodus. Das linke ist die Menüanzeige des Bordcomputers, der über den Mode Switch am linken Lenkergriff betätigt wird. Damit kann der Fahrer die verschiedenen elektronischen Funktionen der Maschine steuern – zum Beispiel die Traktionskontrolle und das ABS. Außerdem kann er hier seine Favoriten unter den zahlreichen Informationen wie

Umgebungstemperatur, Benzinverbrauch, Batteriespannung und Restreichweite auswählen. Sehr schön. Instrumente sind für Piloten extrem wichtig, deshalb sind in den Carbon-Armaturenträger der Edge eine ganze Reihe von Anzeigen und großen Schaltern eingelassen. Das sind unter anderem zwei Höhenmesser (in Feet), zwei Geschwindigkeitsanzeigen (in Knoten und in Meilen pro Stunde), ein Höhen-Encoder, ein Kompass, eine Beschleunigungsanzeige, ein Trimm-System und ein Interkom. Neben dem roten Startknopf gefällt uns am besten der Schalter, mit dem man die Rauchdüse aktiviert.


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 97

Was die Stunts angeht, nimmt sich der statische Burnout des Motorrads relativ unspektakulär aus. Zumindest im Vergleich zu der Rauchfahne, die das Flugzeug bei 140 km/h in Rückenlage in nur zehn Metern Höhe hinter sich herzieht.


ERGEBNIS KTM

ZIVKO

16 10

Die KTM besiegt das Flugzeug mit 16 zu 10 Punkten. Okay, man könnte über dieses Ergebnis diskutieren, bis der Sprit alle ist, aber wir haben die Spielregeln gemacht, und so ist es nun mal. Der Fairness halber muss gesagt sein, dass die Zivko ein hochspezielles Fluggerät ist, das nur zu einem einzigen Zweck gebaut wurde. Sie ist wirklich eine geile Maschine, und man könnte Hannes den ganzen Tag dabei zusehen, was er mit ihr macht. Die meisten Piloten des Red Bull Air Race fliegen eine Zivko, der amtierende Champion natürlich auch, und das sagt schon eine ganze Menge über ihre Qualitäten aus.

2016 hat die KTM 1290 SUPER DUKE R sich mit der Special Edition noch einmal selbst übertroffen, und wenn sie auch nicht die atemberaubende Performance noch weiter gesteigert hat, dann hat sie doch ein ohnehin faszinierendes Motorrad noch ein bisschen faszinierender gemacht. Ob Straße oder Rennstrecke, ob kratzende Rasten oder schleifende Knieschoner, ob leicht geduckt oder lang liegend, die 1290 ist eine Maschine, die alles mitmacht und bleibenden Eindruck hinterlässt, wo immer sie auftaucht.

„Natürlich weiß ich, dass dieser Vergleich und all die Zahlen nicht viel Aussagekraft haben. Aber die Beschleunigung dieses Motorrads in einer Situation zu erleben, die es wohl kaum noch einmal geben wird, das war schon cool und hat mich ziemlich überrascht. Ob ich die Plätze getauscht hätte und das Motorrad gefahren wäre? Nein. Nicht unter diesen Umständen. Ich weiß, was ich auf zwei Rädern kann und was nicht. Man muss seine Grenzen kennen. Und schon gar nicht wollte ich das, wenn ich dabei einen Piloten wie mich mit diesem Flugzeug zum Gegner hätte.“

ZITAT HANNES ARCH

HIER IST UNSER MAKING-OF-VIDEO ZU SEHEN:


UNBOUND // TITEL STORY // SEITE 99

ZIVKO 540 EDGE BESATZUNG LÄNGE SPANNWEITE HÖHE LEERGEWICHT MAX. STARTGEWICHT MOTOR

1 6,27 m 7,42 m 2,87 m 703 kg 816 kg (1.800 lb) mod. Sechszylinder-Boxer-Motor Typ Lycoming ‘Thunderbolt AEIO-540’ mit Luftkühlung und dreiblättrigem Hartzell-Propeller aus Verbundwerkstoff MAX. LEISTUNG 300 PS (254 kW) bei 2.700/min MAX. GESCHWINDIGKEIT 426 kph ROLLRATE 420°/sec TANKINHALT Rumpftank 72 Liter, Tragflächentanks 166 Liter PREIS $ 500.000 www.zivko.com

KTM 1290 SUPER DUKE R Special Edition BESATZUNG 1 (minimal), 2 (maximal) LÄNGE 1.482 mm +/-15 mm SPANNWEITE keine Angaben HÖHE 835 mm (Sitzhöhe) BODENFREIHEIT 140 mm LEERGEWICHT 189 kg MAX. STARTGEWICHT Sie kann nicht fliegen. Vielleicht, wenn sie Flügel hätte … MOTOR serienm. V2-Motor Typ LC8 mit Flüssigkeitskühlung, 75° Zylinderwinkel und vier Ventilen je Zylinder MAX. LEISTUNG 173 PS (127 kW) bei 8.865/min MAX. DREHMOMENT 144 Nm bei 7.750/min MAX. GESCHWINDIGKEIT 257,5 km/h* ROLLRATE keine Angaben TANKINHALT 18 Liter/3,5 Liter Reserve PREIS € 21.198 www.ktm.com

* Messwert von Motorcycle News

TECHNISCHE DATEN

Die Ruhe vor dem Sturm: die KTM 1290 SUPER DUKE R Special Edition und die Edge 540 Auge in Auge vor dem Hangar 7 in Salzburg – Heimat der Flying Bulls www.hangar-7.com


Text: Peter Ziegler Fotos: Janez Kocbek

JEDER AMBITIONIERTE HOBBY-MOTORRADFAHRER MUSS UNWEIGERLICH GRINSEN, WENN PROFESSIONELLE PILOTEN BEI MOTORRADRENNEN NACH DER ZIELFLAGGE GEKONNTE WHEELIES ODER BURNOUTS MACHEN, OBWOHL ER ES SELBST NOCH NIE GEMACHT HAT. NOCH NIE HABE ICH EINEN MOTORRADFAHRER ERLEBT, DER HIER NICHT INS SCHWÄRMEN KAM UND SICH GEWÜNSCHT HÄTTE, SEINEN KUMPELS BEI DER MOTORRADAUSFAHRT AUCH MAL ZU ZEIGEN, WIE MAN DEN KURVENAUSGANG DURCH EINEN GEKONNTEN WHEELIE VERSCHÖNERT. DAS IST AUF DER STRASSE ZWAR VERBOTEN, ABER TROTZDEM EINE SENSATION, WENN MAN ES SIEHT.

Wann aber kommt der Zeitpunkt, an dem man sich überlegt, sein wohl geschätztes, eigenes Motorrad, welches man nach jeder Tour putzt und sich über jede Schramme ärgert, solch einer Tat zu unterziehen? Dabei hat sich diese Überlegung schon ganz früh in unser Gehirn eingebrannt. Nämlich an dem Tag, als wir Helden wie Evel Knievel oder Robbie Maddison Dinge machen sahen, die so unglaublich waren, dass man sie als Kind sofort nachmachen wollte. Und es, wenn auch hoffentlich in abgeschwächter Form, auch tat – die ersten Anzeichen für einen modernen Stuntrider. Nur ein geringer Bruchteil verfolgt diese Karriere schon als Jugendlicher weiter, die anderen träumen weiterhin von spektakulären Stunts vor der Eisdiele. Jeder Biker steht mit offenem Mund da, wenn er eine Show von Stuntrider Rok Bagoroš sieht, kommt aber in den seltensten Fällen auf die Idee, dies danach ohne professionelle Hilfe selbst zu versuchen, womit wir auch schon beim Thema sind: ein Trainingstag mit KTM-Stuntrider Rok Bagoroš.


UNBOUND // PEOPLE // SEITE 101

Zuhรถren und nachmachen


Aufgeregt wie ein kleines Kind am ersten Schultag gehe ich Rok Bagoroš entgegen, den ich schon von Weitem durch seine PowerWear und sein mittlerweile angewachsenes RokON Cap erkenne. Wir sind verabredet, um einen Tag gemeinsam „zu rocken“. Er realisiert erst, wer ich bin, als ich mich vorstelle, anstatt nach einem Autogramm zu fragen. „Erst mal zeig ich dir die Dinge, die abseits der Shows keiner mitbekommt!“ In seiner Werkstatt angekommen, präsentiert er sein Arbeitsmaterial und ich bin doch sehr erstaunt, wie professionell es auch hier aussieht und abläuft. Nach einer kleinen Einführung hinter den Kulissen und dem Eintreffen des Fotografen geht es auch schon los in Richtung Location, die Rok extra für diesen Tag organisiert hat. Dort kommt man sich vor wie einer der Apokalyptischen Reiter. Wir stehen auf einem riesigen, völlig verlassenen Industriekomplex, wo weder das lärmende Brüllen der Einzylindermotoren, noch die vor lauter Burnouts qualmenden Reifen eine Rolle spielen.

Als Warm-up erklärt Rok, welches die „einfachsten“ Tricks im Stuntriding sind, und lässt mich zwischen Wheelie und Burnout wählen, während er zum Aufwärmen auf dem Hinterrad Kreise um mich zieht. Davon motiviert, entscheide ich mich für den Wheelie, den ich bis jetzt nur aus Kindheitstagen mit dem Fahrrad oder durch die brutale Leistung der KTM 1290 SUPER DUKE R kenne. Durch den kleinen, aber absolut simplen technischen Trick, die Kupplung für die Wheelies zu benutzen, fange ich an, mich vorsichtig an den sogenannten Kipppunkt heranzutasten, an dem das Motorrad den Balancepunkt erreicht, bei dem es weder nach vorne, noch nach hinten kippt, was gekonnt durch Gas und Hinterradbremse kontrolliert wird. Natürlich braucht es dafür sehr viel Übung und sollte auf keinen Fall auf öffentlichen Straßen geübt werden. Nach sichtlichem Erfolg durch die theoretische und stundenlange praktische Übung ist Rok an der Reihe und zeigt uns, was jahrelange Übung ausmacht. Mit scheinbarer Leichtigkeit präsentiert er all seine Tricks, die er auch während seiner Shows zeigt, aber auch diejenigen, an denen er gerade arbeitet. Im Laufe der Jahre hat sich das Stuntriding sichtlich verändert und ist heute auf einem Level angelangt, das mit „damals“ nicht mehr zu vergleichen ist.

Technische Abnahme


UNBOUND // PEOPLE // SEITE 103

Unaufhaltsam

Nachdem der Wheelie klappt, versuche ich mich am Burnout, der nicht ganz so schwer erscheint, wenn man ihn mit stehendem Motorrad macht. Wenn Rok allerdings an Burnouts denkt, dann ist dies natürlich seinem Level entsprechend eine Kombination aus rollendem Burnout in Kreisform um ein stehendes Objekt, auf der extra dafür angebrachten Fußraste am Vorderrad. Das stehende Objekt ist normalerweise eine gutaussehende Frau, die sich während der Shows freiwillig meldet, oder sich von Roks charmanter Art dazu überzeugen lässt. Heute ist sein Proband männlich, jedoch ebenfalls stets bemüht, während seines Auftritts gut rüberzukommen. Abschließend will mir Rok Bagoroš dann doch noch seinen neuesten Trick zeigen und mit seinem Motorrad ohne Rampe über mich springen. Schon fühle ich mich wie ein kleines Kind und viele schöne Erinnerungen regen sich, dennoch lehne ich dankend ab …

ROK BAGOROŠ GEBURTSDATUM 16. März 1989 in Murska Sobota, Slowenien SEIN RÜCKHALT Fans, Sponsoren und sein starker Wille SEINE PASSION Stunt- und Freeriden MOTTO Hab große Träume und gib nie auf! IDOL Chris Pfeiffer



UNBOUND // INSIDE // SEITE 105

MOTOR IN THE CITY

Text: Justin Dawes, Luke Brackenbury Fotos: Justin Dawes

HART AUF DEN FERSEN DER KTM 1290 SUPER DUKE R IN UND UM DETROIT: IN DER EINST GROSSEN AUTOSTADT DER USA WERFEN WIR EINEN BLICK HINTER DIE KULISSEN DES NEUESTEN KTM-VIDEOS ÜBER „DAS BEAST“ AUF SEINEM WEG, DIE WELT ZU EROBERN. Es ist noch früh am Morgen, als unser kleiner Konvoi in der East Side von Detroit vorfährt. Die unheimliche Stille verleiht manchen Stadtvierteln eine fast schon postapokalyptische Atmosphäre. Kein Wunder, dass sich Sprayer geradezu eingeladen fühlten, das oberste Stockwerk des früheren Park Avenue Hotels in meterhohen Lettern mit dem Graffiti-Schriftzug „Zombieland“ zu verzieren. Es fällt heute schwer zu glauben, dass diese wuchernde Metropole einst das Zentrum der amerikanischen Automobilproduktion war, mit einer Bevölkerung von über 1,8 Millionen zu den Spitzenzeiten in den 1950er-Jahren. Eine ganze Reihe von Fehlentscheidungen der Verantwortlichen und der Industriekonzerne von Detroit kosteten die Stadt ihren Wohlstand. Und Ende der 1960er-Jahre nahm das Unheil seinen Lauf, als die Autohersteller Werke in anderen Städten eröffneten.

Die Grundstückspreise fielen, die Steuereinkünfte ebenso, und die Polizei wurde des Verbrechens nicht mehr Herr. Dann jagten Importe aus Japan der einheimischen Autoindustrie immer mehr Marktanteile ab. 2010 lebten nur noch 713.777 Menschen in Detroit, ein Rückgang von über 60 Prozent. Aber nach ihrem Konkurs ist die Stadt heute auf dem Weg zurück zu einer gewissen Prosperität. Die Aufgabe bleibt immens. Immerhin hat man 2015 das erwähnte „Zombieland“-Gebäude abgerissen, um dort die neue Heimat des EishockeyTeams „Detroit Red Wings“ zu errichten. Fortschritt … Und da sind wir also nun mit der sechsköpfigen Film-Crew für den Dreh des nächsten Videos, das davon handelt, wie die heute schon legendäre KTM 1290 SUPER DUKE R die Welt erobert. „Das Beast“ ist in Amerika angekommen und will Detroit die Zähne zeigen.


Tolles Selfie – aber die Action verpasst DIE KUNST DES STATEMENTS Das Motorrad parkt vor den traurigen Überresten der vormaligen Packard Motor Car Company – bei ihrer Eröffnung im Jahr 1903 eine hochmoderne Fabrik. Noch vor einem halben Jahrhundert hätte es hier vor Arbeitern auf dem Weg zu ihrer Schicht nur so gewimmelt. Heute morgen dagegen ist die Stechuhr verwaist. Das Einzige, was hier und heute auffällt, ist das knallige Orange der Super Duke und das Grummeln ihres 1.301 ccm großen LC8-Twins beim Aufwärmen. PLANUNG Video-Clips wie dieser passieren nicht einfach. Es steckt mehr Arbeit dahinter, als die meisten Leute sich vorstellen, und die beginnt lange bevor das Produktionsteam an der Location eintrifft. Da wird in vielen Stunden das Projekt definiert und inszeniert, da werden Locations gesucht, und und und. Alle Vorbereitungen müssen fix und fertig erledigt sein, lange bevor die HD-Kameras die Action einfangen. Meetings finden statt, E-Mails werden ausgetauscht, Genehmigungen beantragt, Termine vereinbart, Flugtickets gebucht, und jeder betet, dass das Wetter mitspielt.

Diese Videokamera enthält mehr Technik als die Apollo-11-Mission zum Mond. Sie kann sich selbst bedienen, während sie sich per Kopfhörer zuhört.

INTERNATIONALE FRONT Am Video arbeitet ein bunter Mix der verschiedensten Nationalitäten und Charaktere. Regisseur Christoph Vieth kommt aus Deutschland, der Fahrer und der Kameramann aus Kalifornien, der Produzent wohnt in Chicago, stammt aber aus Schweden, und das Motorrad kommt natürlich aus Österreich. RECHT UND UNORDNUNG Nachdem eine bekannte englische Autosendung bei Dreharbeiten in Detroit einige Leute hier wirklich verärgert hat, darunter nicht zuletzt den Polizeichef, wollte jetzt eine der zur Sicherung der Location eingesetzte Polizistin der Crew nicht erlauben, die Geschwindigkeitsbeschränkung zu überschreiten oder irgendwelche Burnouts oder Wheelies zu machen. Und das, obwohl die Straße eigens abgesperrt worden war. Zum Glück musste sie zwischendurch weg, um etwas anderes zu erledigen – da drückte der Rest der Beamten ein Auge zu, und die geplanten Stunts konnten gefilmt werden. Als die Dame wieder zurückkam, taten alle, als könnten sie kein Wässerchen trüben. Merkwürdig.


UNBOUND // INSIDE // SEITE 107

ZAHLEN SIND SCHALL UND RAUCH Es waren zwei Drehtage eingeplant. Gebraucht hätten wir mehr, deshalb haben wir von morgens bis abends gedreht. Dazu kam eine Menge Red Bull, Kaffee, Burger, zwei Tanks voll Sprit und vier Hinterradreifen. Das scheint recht viel, wenn man bedenkt, dass der Clip letztlich nur eine Minute 23 Sekunden lang ist. Doch in der Praxis geht extrem viel Zeit dabei drauf, die benötigten Einstellungen perfekt hinzubekommen. Denn nach Arbeit aussehen darf es am Ende keinesfalls. Wieder und wieder wird an der Kamera vorbei gefahren, immer wieder gehen Fahrer und Bike auf die Ausgangsposition, um erneut die geplanten Stunts abzuspulen. Auch das Licht muss dabei konsistent gehalten werden. Das alles kostet eben Zeit. Aber warum so viele Reifen? Nun, der namenlose Fahrer entwickelte immer mehr Spaß daran, die Gummis in Rauch aufgehen zu lassen. Wer kann ihm das verübeln?

SCHÖNER PARKEN Das früher besonders erlesene Michigan Theatre am Geburtsort des Ford Automobils ist heute nur noch ein Parkhaus. Der Verfall dieses Kinos mit 4.000 Sitzplätzen, das 1926 im 13-stöckigen Büroturm des Michigan Building eröffnet wurde, ist ein deutlicher Indikator dafür, wie sehr der Wohlstand in dieser Stadt geschwunden ist. Vorerst vor der Abrissbirne gerettet, bietet es eine atemberaubende Kulisse für Späße auf zwei Rädern.


Morgendämmerung in Detroit. So lange noch Licht am Himmel war, wurde auch weitergedreht.

GEISTERSTADT Bei all dem Motorenlärm, dem Qualm und dem Quietschen der Reifen unter den gnadenlosen Burnouts und Powerslides schien es hier niemanden zu interessieren, was die Crew dort die ganze Zeit anstellte. Normalerweise ziehen solche Dreharbeiten Massen von Schaulustigen an, die sich die Hälse verdrehen, um herauszufinden, was da vor sich geht. In Detroit hat sich die ganzen zwei Tage lang niemand um uns geschert.

Keine Gang aus Downtown Detroit sondern das talentierte Produktionsteam des epischen „Beast in Detroit“-Videos.

OPOSSUM, NICHT SO TOLL Gegen Ende der Dreharbeiten fuhr der Fahrer bei einer der letzten Einstellungen über ein totes Opossum, das unter einen Sattelschlepper geraten war. Er lernte bei dieser Gelegenheit, dass die Innereien von toten Beutelratten glitschiger sind als gefettetes Eis. Nicht einmal das ABS hätte den Rutscher über das Vorderrad verhindern können, selbst wenn es für die Stunts nicht abgeschaltet gewesen wäre. Und so gingen sie beide zu Boden und rutschten unter einen Transporter. Zum Glück war das tote Tierchen am Ende das einzige Opfer. Der Fahrer blieb erstaunlicherweise unverletzt, und die 1290 trug nur ein paar Kratzer davon. Ende gut, alles gut.


UNBOUND // INSIDE // SEITE 109

ALLES IM KASTEN! Das Ergebnis? Zurück bleibt nur schwarzer Abrieb auf dem Asphalt. Der Widerhall des 1.301 ccm großen LC8 V-Twin mit 173 PS zwischen den heruntergekommenen Betonklötzen, einst Heimat des größten Fabrikimperiums der Welt, ist verklungen. Doch in nur einer Minute 23 Sekunden hat die KTM 1290 SUPER DUKE R die berüchtigten Straßen von Detroit erobert. Ihre schiere Kraft sorgte für atemberaubende Stunt-Performance, modernste Technik bürgte für ultimative Kontrolle. Klickt auf den offiziellen KTM-YouTube-Kanal und überzeugt euch selbst!

DAS FERTIGE VIDEO IST ZU SEHEN UNTER:

Wenige Augenblicke nach diesem Foto rutschten Fahrer und Motorrad auf Opossum-Eingeweiden unter einen Lieferwagen. Kein Witz.


UNBOUND // FUN // SEITE 110



WEITER KOMMEN

AN DIE GRENZEN GEHEN

Foto: R. Schedl

Schutzkleidung tragen und die anwendbaren Bestimmungen der Straßenverkehrsordnung beachten! Das abgebildete Fahrzeug kann in einzelnen Details vom Serienmodell abweichen und zeigt teilweise Sonderausstattung gegen Mehrpreis.

Den Horizont erweitern. Mit dem souveränen V2-Motor, ausgefeilter Aerodynamik und einem vollständigen Elektronikpaket inklusive Kurven-ABS und semiaktivem WP-Fahrwerk. Nie war es einfacher, ferne Straßen zu erobern. KTM 1290 SUPER DUKE GT.

KTM Group Partner


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.