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Künker Auktion 385: Absolutismus, Aufklärung und Französische Revolution im Spiegel von Münzen und M

SAMMLUNG FRANK BADER

AUSZEICHNUNGEN UND ABZEICHEN DER EPOCHE DER FRANZÖSISCHEN REVOLUTION (1789-1804)

Die sehr komplexe Epoche der Französischen Revolution von 1789 bis 1804 ist geprägt durch eine umfangreiche Abfolge von Ereignissen, die hier nur sehr verkürzt wiedergegeben werden können. Ihr Beginn kann mit der Eroberung der Bastille in Paris am 14. Juli 1789 durch die Pariser Bürgermiliz und weitere Aufständische angesetzt werden. Sie löste landesweite Aufstände gegen den Adel und die Geistlichkeit aus.

Die schon am 17. Juni aus dem Dritten Stand hervorgegangene Nationalversammlung entwickelte sich zur maßgeblichen politischen Autorität. Die innenpolitische Situation war von Anfang an geprägt von den stetigen Auseinandersetzungen zwischen Jakobinern, Girondisten, Royalisten und zahlreichen weiteren Gruppierungen. Am 26. August erfolgte die Verabschiedung der Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte. Am 5./6. Oktober 1789 zwang ein Protestzug der Pariser Frauen mit Unterstützung der Nationalgarde König Louis XVI. (1754-1793, reg. von 1774 bis 1792) und seinen Hofstaat zum Umzug von Versailles nach Paris in die Tuilerien. Am 3. September 1791 verabschiedete die Nationalversammlung eine konstitutionell monarchische Verfassung.

Die Flucht des Königs und seiner Familie nach Varennes am 20./21. Juni 1791 und seine Festnahme und Rückführung nach Paris provozierten das Eingreifen Österreichs und Preußens, wodurch der Erste Koalitionskrieg (1792–1797) ausbrach. Die folgenden innenpolitischen Ereignisse müssen immer im Zusammenhang mit den jeweiligen Kriegsereignissen gesehen werden. Der radikale Teil des Jakobiner-Klubs unter Maximilien de Robespierre (1758–1794), der für die Absetzung des Königs eintrat, gewann allmählich die Oberhand. Die Wahl des Nationalkonvents führte zur Ausrufung der (Ersten) Französischen Republik am 22. September 1792. Louis XVI. wurde nach einem Gerichtsverfahren am 17. Januar 1793 zum Tode verurteilt und am 21. Januar hingerichtet, seine Frau Marie Antoinette (geb. Prinzessin von Österreich, 1755–1793) folge ihm nach einem Prozess am 16. Oktober 1793 aufs Schafott.

Ab Juni 1793 entwickelte sich die als La Terreur bezeichnete Schreckensherrschaft unter der Führung Robespierres, der er schließlich selbst am 28. Juli 1794 zum Opfer fiel, womit diese endete. Symbol der Schreckensherrschaft war die Guillotine, eine vom Arzt Joseph-Ignace Guillotin (1738–1814) erfundene Hinrichtungs- oder Köpfmaschine. Am 22. August 1795 verabschiedete der Nationalkonvent die Verfassung des Direktoriums. Diese führte ein Zweikammern-Parlament ein, bestehend aus dem Rat der Fünfhundert [Conseil des Cinq-Cents] und dem Rat der Alten [Conseil des Anciens] und einem fünfköpfigen Direktorium für die Kontrolle der Exekutive.

Am 9. November 1799 [18. Brumaire VIII] führte General Napoléon Bonaparte (1769–1821, Erster Konsul von 1799 bis 1804, Kaiser von 1804 bis 1814 und 1815) einen Staatsstreich durch, der zur Abschaffung des Direktoriums führte. Er regierte, betätigt durch die Konsulats-Verfassung vom 24. Dezember 1799, nunmehr das Land diktatorisch, was 1804 zur Gründung des (Ersten) Französischen Kaiserreichs führte.

Schon 1791 waren der Orden vom Heiligen Geist [Ordre du Saint-Esprit] und der Orden des heiligen Michael [Ordre de Saint-Michel] abgeschafft worden. Ebenfalls 1791 wurde der Königliche und Militärische Orden des heiligen Ludwigs [Ordre royal et militaire de Saint-Louis] mit dem sog. Militärverdienstorden [Institution du mérite militaire] zur Militär-Auszeichnung [Décoration militaire] vereinigt, die jedoch ebenfalls mit Dekret vom 15. Oktober 1792 abgeschafft wurde. Die als Medaillon der zwei Schwerter [Médaillon des deux épées] bezeichnete Militär-Dienstauszeichnung scheint bis 1794 verliehen worden zu sein.

Damit verfügte das revolutionäre Frankreich zunächst über keine offiziellen Orden oder Verdienstauszeichnungen mehr, da diese ja als Symbole der Ständegesellschaft des Ancien Régime galten. Im Laufe der Zeit, beginnend schon mit dem Sturm auf die Bastille, entwickelte sich jedoch eine große Anzahl von offiziellen, halboffiziellen, inoffiziellen und regionalen Erinnerungs- und Verdienstmedaillen zu den verschiedenen Ereignissen der Revolution und des Ersten Koalitionskrieges, die in zahlreichen Ausgaben und Varianten existieren.

Daneben entstand eine ebenso große und nahezu unübersichtliche Anzahl an Amtsinsignien, -dekorationen und -medaillen der legislativen, judikativen und exekutiven Bereiche, so z. B. für Parlamentsangehörige und Angestellte der Parlamente etc., für Richter der Tribunale und anderer Gerichte, Beamte und Angestellte der Tribunale und Gerichte etc., für die Beamten der verschiedenen Polizeiorganisationen, für Amtsboten, Staatsfunktionäre und -angestellte etc., die in ihrer Gestaltung der jeweiligen Staatsform entsprachen, ebenfalls in unzähligen Ausgaben und Varianten.

Dieser umfassende Bereich von Auszeichnungen und Abzeichen ist bisher nur wenig systematisch bearbeitet worden. Zu nennen sind hier vor allem: Hennin, Michel – Histoire numismatique de la Revolution française ou description raisonnée des médailles, monnaies, et autres monuments numismatiques relatifs aux affaires de la France, depuis l'ouverture des états-généraux jusqu'à l'établissement du gouvernement consulaire. Paris 1826. (zitiert als HENN); Heyden, Hermann von – Ehrenzeichen in Frankreich und Belgien. Frankfurt 1901, Nachdruck Berlin 1971 (zitiert als HYFB); Barac, Borna – Reference Catalogue – Orders, Medals and Decorations of the World Instituted until 1945 – Part II – Bronze Book – D–G. Zagreb 2010 zitiert als BWK2).

Im Folgenden wurde daher der Versuch unternommen – weitgehend dem Ansatz Hennins folgend – wo möglich diesen umfassenden Bereich der französischen Phaleristik neu zu erfassen und damit einen, allerdings doch weithin unvollständigen, Handkatalog mit Preisen zu erstellen.

Konstanz, Januar 2023 Michael Autengruber

Über den Autor:

Jahrgang 1961; Studium der katholischen Theologie in Freiburg i. Br. und Rom mit den Schwerpunkten Kirchengeschichte und Antike Geschichte; Theologische Hauptprüfung und Diplom; Ausbildung zum Bankkaufmann in Freiburg i. Br.; Tätigkeit als Bankkaufmann in Freiburg i. Br., Offenburg und Frankfurt a. M. Seit 1983 nebenberufliche, seit 2002 hauptberufliche Tätigkeit als Fachhändler von deutschen und ausländischen Orden und Ehrenzeichen; phaleristischer Experte und Sachverständiger für deutsche und ausländische Auktionshäuser, Museen sowie Ermittlungs- und Justizbehörden; Autor zahlreicher im In- und Ausland erschienenen Fachartikel und sonstiger Publikationen; Verleger für phaleristische Fachliteratur; seit 1999 Hausexperte für Orden und Ehrenzeichen bei der Firma Künker in Osnabrück.

Michael Autengruber

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