KunstEINSICHTBern Nr. 13

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KUNST EINSICHT

13 2/2018

Das gemeinsame Magazin von Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee

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Emil Nolde Vetter der Tiefe

Nr.


Öffentliche Ausstellung

digital, real – Teil 2, Malerei: Hanspeter Hofmann / Thomas Werner Kunst & Nachhaltigkeit Vol. 10

5. September 2018 bis 23. März 2019 Öffnungszeiten: Montag bis Freitag 7–17 Uhr Bundesgasse 35, 3001 Bern Öffentliche Führungen 13.09.18 um 17.30 Uhr, 29.10.18 um 17.30 Uhr, 31.10.18 um 10.30 Uhr, 4.12.18 um 17.30 Uhr und 13.02.19 um 17.30

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Editorial Sie sehen richtig, Kunsteinsicht hat sich verändert. Das Magazin rund um das Kulturleben in Bern ist zwar mittlerweile zu einer festen Grösse avanciert, was aber nicht gleichbedeutend mit Stillstand sein muss. In diesem Sinne erscheint die neueste Ausgabe in frischer Aufma­ chung von Renate Salzmann und Philippe Gertsch gestaltet, aber mit bewährt wissenswertem Inhalt. Highlights sind unter anderem das Interview mit dem ehe­ maligen Bundes­richter Lorenz Meyer, der ein enger Freund des ZPK ist, sowie ein ausführliches Gespräch mit der Gallions­­

figur des Schweizer Kunsthandels, Eberhard W. Kornfeld. Zu­dem erfahren Sie mehr zur grossen Hodler-Ausstellung im Kunst­ museum Bern und sie erhalten einen Vor­­geschmack auf die Ausstellung eines der wichtigsten Vertreter des Expres­sionis­mus, Emil Nolde, dessen Werk ab Mitte No­vember im Zentrum Paul Klee zu sehen sein wird.

Nina Zimmer Direktorin Kunstmuseum Bern — Zentrum Paul Klee

Inhalt Ausstellung

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Ein exakter Kopf

Ausstellung

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Die Ausstellung Hodler//Parallelismus  folgt den ästhe­tischen Prinzipien des Künstlers und zeigt sein Schaffen aus einem neuen Blickwinkel.

Ihr Werk ist sowohl Kommentar als auch Kampfansage an Kunst und Welt und überzeugt mit experimentierfreudiger Kompromisslosigkeit.

Aktuell

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Kulturelle Teilhabe im Museum

Miriam Cahn

Interview

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Lorenz Meyer Ein Freund und Gönner über seine grosszügige Spende, welches Bild er gerne zu Hause hätte und die Freiheit für die Kunst.

Zu den aktuellen Angeboten der Kunstvermittlung des Kunstmuseum Bern gehören auch Workshops für Menschen mit Migrationshintergrund.

Membership Interview

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Eberhard W. Kornfeld Die Liebe zur Kunst ist die Basis – der bedeutende Berner Kunsthändler blickt auf seine Karriere zurück und erklärt, was es mit der Verbindung von Kunst und Handel auf sich hat.

Ausstellung

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Wie viel Tier steckt im Menschen, und wie viel Mensch im Tier ? In Paul Klee. Tierisches  breitet Klee sein Bestiarium aus und reflektiert über unser Verhältnis zum Tier, was Fragen aufwirft, die nach wie vor aktuell sind.

Im Dialog für die Kunst Brigit Bucher und Kotscha Reist übernehmen das Präsidium der BKG und freuen sich auf angeregte Diskussionen über Kunst.

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Kalender More to See Agenda Laura de Weck


Tipp

News

Buchvorstellung

Kunstmuseum Bern

Contact

Copy Light Factory

Der Künstler Michael Günzburger hat zu­ sammen mit dem Schriftsteller Lukas Bärfuss das wunderbare Buch Contact publiziert. Zusammen mit dem Tierpark­ direktor Bernd Schildger sprechen sie über unser Verhältnis zum Tier. Naturhistorisches Museum Bern Freitag, 19. Oktober 2018, 19.30 Uhr

Aktuell

République Géniale bietet eine Fülle von Veranstaltungen ganz im Sinne des Künst­ lers Robert Filliou. In Copy Light Factory der Künstlergruppe SUPERFLEX sind die Be­ sucherinnen und Besucher aufgerufen, un­ ter Anleitung Design-Lampen herzustellen. Diese werden am 11. November 2018 vom Auktionator Bernhard Bischoff versteigert. Copy Light Factory, Versteigerung der Design-Lampen mit Bernhard Bischoff, Sonntag, 11. November 2018, 15 — 16 Uhr Das ganze Programm finden Sie unter www.republiquegeniale.ch.

SUPERFLEX ( Dänisches Künstlerkollektiv, 1993 gegründet ). Copy Light Factory, 2008. Installation view of workshop on February 21, as part of Print/Out, The Museum of Modern Art, New York, February 19—May 14, 2012. Foto: © John Wronn

Zentrum Paul Klee

Mensch & Tier  = Ernährung ? In unserer Ausstellung Paul Klee. Tierisches bereitet der Künstler sein ganzes Bestiarium in menschlicher und tierischer Gestalt für uns aus. In diesem Zusam­ menhang stellt sich auch die Frage nach unserem heutigen Umgang mit Tieren, ethischem Handeln und unserer Ernährung. Die Autorin Karen Duve hat versucht, ein besserer Mensch zu werden, und in Anständig essen ihre Erfahrungen mit Ernäh­ rungsweisen mit moralischem Anspruch — biologisch-organisch, vegetarisch, vegan und frutarisch — festgehalten. Tiere essen des amerikanischen Autors Jonathan Safran Foer ist ein leidenschaftliches Buch daüber, was wir essen und warum. Der deutsche Philosoph Richard David Precht untersucht in Tiere denken. Vom Recht der Tiere und den Grenzen des Menschen, ob unser Umgang mit Tieren richtig und moralisch vertretbar ist. Und am Ende bleibt die Frage: Ist der Mensch nicht auch ein Tier — und was trennt ihn dann von ande­ ren Tieren ?

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Gesehen

Prag

Katharina Grosse: Wunderbild Es gibt wenige Künstlerinnen, deren Werk so elektrisiert wie dasjenige von Katharina Grosse. Die Malerin, mit zwei Gemälden in der Sammlung des Kunstmuseum Bern ver­ treten, zeigt noch bis 6. Januar 2019 eine wahrlich raumumfassende Malerei-Installa­ tion in der Nationalgalerie Prag mit dem vielversprechenden Titel Wunderbild . Und der Titel verspricht nicht zuviel. Im ehe­ maligen Messepalast ( 1925—1928 gebaut ), der monumentale Ausmasse hat, entstand eine Malerei, die zugleich Performance, Architektur, Landschaft und Bild in einem ist. Eine grosszügige, grenzüberschreitende Farberfahrung, die die Betrachter in andere

Sphären katapultiert. Eine, in der die Worte fehlen und diffuse Wahrnehmungen von Emotionen und Sensationen miteinander ins Tanzen geraten. The Trade Fair Palace, National Gallery Prague. 16.02.2018 — 06.01.2019 Empfohlen von Kathleen Bühler Kuratorin Kunstmuseum Bern. Katharina Grosse: Wunderbild, 2018, National Gallery in Prague, acrylic on fabric © Katharina Grosse and VG Bild-Kunst Bonn; commissioned by National Gallery in Prague; courtesy of Galerie nächst St. Stephan; Gagosian and König Gallery


Shop

Aufgefallen

News

Wer kennt sie nicht, die Frage nach dem perfekten Mitbringsel. Unsere Kolleginnen aus dem Museumsshop haben genau das Richtige.

Zürich

Zentrum Paul Klee

Geschenke

Tamanohada — Welcome Soap

Magali Cirasa, Leiterin Shop Kunstmuseum Bern, empfiehlt die Tamanohada — Welcome Soap. Zum einen ist die Verpackung einfach Klasse, schlicht und luxuriös. Die Seife ist in drei verschiedenen Düften erhältlich — Muscovado ( brauner Zucker ), Granatapfel ( Granatapfel, Zitronenöl Pfefferminze ), Lilie ( grüne Blätter ) — und eignet sich natürlich zum Händewaschen oder erfrischt im Schrank die Wäsche. CHF 38 im Museumsshop KMB.

Katsinam. Wolkenvolk und Ahnengeister. Figuren der Pueblo-Indianer Wussten Sie, dass es in Zürich das Nord­ amerika Native Museum ( ehemals « Indianer­ museum  » ) gibt, das sich der Vermittlung indigener Kulturen Nordamerikas widmet ? Neben der informativen Sammlungsaus­ stellung mit Kleidern oder Waffen sowie kunsthandwerklichen Gegenständen orga­ nisiert das NONAM auch Wechselausstellun­ gen. Bis 25. November 2018 ist die beein­ druckende Präsentation von rund 250 Kat­ sina-Figuren der Pueblo-Indianer zu sehen. Es handelt sich dabei um Figuren, die das Wolkenvolk und Ahnengeister verkörpern. Sie wirken als Vermittler der Gebete der Menschen an die Götter für den in jener Region wichtigen Regen. Zwei dieser Figu­ ren können ab 17. November 2018 in der Emil Nolde  Ausstellung bewundert werden. Nicht verpassen !

Sounding Soil Kann man das Gras tatsächlich wachsen hören ? Was erzählen sich Regenwurm und Kugelspringer, wenn sie sich unter dem Rüeblifeld treffen ? Oder wussten Sie, dass der Bio-Boden anders als ein kon­ventionell bewirtschafteter Gemüseacker klingt ? Die begehbare Installation, untergebracht in einem Schiffscontainer mit einer 3D-­ Surround-Lautsprecheranlage, vermittelt das Gefühl, sich im Boden zwischen Wur­ zeln und Tieren zu befinden. Agri-Kultur-Tag Sounding Soil — eine Weltpremiere  Samstag, 20. Oktober 2018, 14 Uhr Installation Sounding Soil 20.10. — 25.11.2018

Kihara — Ginger Grater

Unterstützen Zwitscher-Maschine Nordamerika Native Museum, Zürich. 24.04. — 25.11.2018

Andrea Siegenthaler, Leiterin Shop im Zentrum Paul Klee, empfiehlt den Kihara — Ginger Grater. Eine Ingwerreibe, die in ihrem Design sehr ästhetisch und zeitlos daherkommt. Das perfekte Mitbringsel statt der üblichen Weinflasche oder des Blumenstrausses. CHF 30 im Museums­ shop ZPK.

Das NONAM ist am Sonntag, 9. Dezember 2018 zu Besuch im ZPK : NONAM-Familienmorgen, 10.30 — 11.45 Uhr Katsina-Figuren und ihre Bedeutung in der Pueblo-Kultur Fabienne Eggelhöfer, Chefkuratorin ZPK, im Gespräch mit Heidrun Löb, Leiterin NONAM, 15 Uhr

Werden Sie Gönner !

Wussten Sie, dass Paul Klee einen grossen Fan in Hollywood hatte, oder dass er einen Projektionsapparat besass ? Dieses und vieles mehr erfahren Sie in der Online-Zeit­ schrift www.zwitscher-maschine.org. Um die Zwitscher-Maschine auch in Zukunft zum Zwitschern zu bringen, ist sie auf finan­ zielle Unterstützung angewiesen. Wir danken für Ihre Unterstützung ! Mehr Infos unter www.zwitscher-maschine.org/unterstuezen

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Aktuell

Kindermuseum Creaviva

Kiosk

Hier kann sich jeder selbst oder gemeinsam ein Bild machen — kreatives Gestalten im Kinder­museum Creaviva. Foto: Philipp Zinniker

Urs Rietmann Am Mittwoch 20. Juni 2018 feierte das Kinder­ museum seinen 13. Geburtstag. Nun ist das ja kein ausgesprochen rundes Jubiläum, und doch: Wer 13 wird, macht den grossen Schritt zum Teenie. Zusammen mit zahl­ reichen Freundinnen und Freunden aus alten und jungen Tagen haben wir uns unter anderem am Nachmittag im Creaviva-Atelier selber ein Bild gemacht.

Wer Geburtstag feiert, wird beschenkt. Das Creaviva durfte an seinem Geburi-Apéro zwei grossartige Überraschungen verdanken. Auf Initiative von Christian Bläuenstein wurde dem Kindermuseum nach einem Jahr Planungs- und Vorbereitungszeit im Mai 2018 von der Herzog Bau AG ein Holzrost unter die Galerie montiert – ein Himmel aus Holz. Ermöglicht hat diese kleine, aber feine Installation die Junior Chamber International JCI. Endlich können wir unsere dekorativen Spielereien und ausgewählte interaktiven Angebote nicht nur legen und stellen, sondern auch hängen – herzlichen Dank, Christian und JCI ! Der Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern und weiteren Fördereinrichtungen verdanken wir fünf ganz besondere Möbel. Denn, wenn das Creaviva mobil wird, braucht es CreaMobile. Zu den Themen Punkt, Linie, Natur, Zeichen und Farbe sind in den vergangenen 10 Monaten 5 fahrbare, mit unterschiedlichsten Spielangeboten bestückte Möbel entstanden, die seit August von allen möglichen Schulen, Heimen, Quartiertreffs, Bibliotheken als Ergänzung zur Beschäftigung mit einem der fünf erwähnten Themen kos-

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tenlos gemietet werden können. Eine feine Sache, für die wir uns bei der Burgergemeinde, bei der Warlomont Anger Stiftung, bei der Stiftung Mercator und bei der Stiftung Symphasis ganz herzlich bedanken ! Fisch oder Vogel ?

Vom Hunds-Löwen-Affen über den Meerschnecken-König bis hin zum Über-Urchs: Das Tierreich von Paul Klee ist ein Panoptikum von scheinbar Vertrautem, wilden Erfindungen und einer fantastischen Parade von Wesen aus einer anderen Welt. Zusammen mit dem zweiten Lehrjahr Polydesign der Schule für Gestaltung Bern und Biel beschäftigen wir uns noch bis Mitte Oktober 2018 mit unterschiedlichsten Antworten auf die Frage: Fisch oder Vogel ? Eröffnet werden eine Handvoll interaktive Creaviva-Stationen zum Klee-Tiergarten in der Ausstellung Paul Klee. Tierisches . Fokus Mittelbeschaffung

Bis 2023 ist die Zukunft des Creaviva dank der grosszügigen Unterstützung der Familie Aebi-­ Müller garantiert. Mit Blick auf die längerfristige Sicherung des Kindermuseum Creaviva hat der Stiftungsrat der Fondation du Musée des Enfants FME auf Antrag des Leiters beschlossen, zugunsten einer neuen Stelle mit Fokus Mittelbeschaffung die bisherige Stelle für Marketing und Kommunikation aufzulösen. Der bisherigen Leiterin Marketing und Kommunikation Manuela Zeiter danken wir für ihr grosses langjähriges Engagement sehr herzlich. Neu bei uns im Team ist seit dem 1. August 2018 Johanna Sophia Garske. Sie

wird sich im Rahmen der neuen Funktion auch und vor allem um das Dossier Fördergelder kümmern. Herzlich willkommen ! Die blaue Stunde

Der seit 2018 eingerichtete Vorabendkurs Die blaue Stunde wird aufgrund der erfreulichen Nachfrage auch 2019 stattfinden. Ebenfalls im Programm bleibt der Wochenend-Knaller Mit Klee ins Wochenende. Beide Kurse richten sich an ein erwachsenes Publikum mit Interesse an Gestaltung. Vorkenntnisse sind ausdrücklich nicht nötig. Abgeschlossen wird die Begegnung mit Paul Klee am Donnerstag mit einem Apéro und am Samstag mit Züpfe und Kaffee. Abos sind ab sofort im Creaviva-Sekretariat erhältlich. b Urs Rietmann ist Leiter des Kindermuseum Creaviva. Kindermuseum Creaviva Interaktive Ausstellung Weder Visch noch Fogel 19. 10. 2018 — 17. 03. 2019 Eröffnung: Donnerstag, 18. Oktober 2018 17 Uhr Erwachsenenkurs Die blaue Stunde Jeden 1. oder 2. Donnerstag im Monat 17.15 — 18.45 Uhr Erwachsenenkurs Mit Klee ins Wochenende Jeden letzten Samstag im Monat 9.30 — 12 Uhr


Musik

Viviane Chassot

Ich umarme es beim Spielen

Am 28. Oktober 2018 tritt die junge Schweizer Solistin Viviane Chassot mit einem Solo-Programm mit Werken von Bach, Sciarrino, Satie, Haydn, Mozart, Veress, Liszt und Piazzolla im Rahmen der Meister­ konzerte im Zentrum Paul Klee auf.

Als das Akkordeon Anfang des 19.  Jahrhunderts erfunden wurde, war es noch wenig für klassische Bedürfnisse geeignet, zu einfach war die Mechanik, mit der sich nur Begleitungen realisieren liessen. Erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts war das Instrument technisch so ausgereift, dass man darauf auch komplexe Musik spielen konnte. Wie ist es zu einer Solo-­ Karriere mit diesem Instrument gekommen ? Bern: Studienabschluss 2006 – Tiefpunkt – VIVIANE CHASSOT Wendepunkt – Umbruch – Aufbruch zum eigenen künstlerischen Weg. Rückblickend war diese tiefe Krise die Chance, mich auf meinen eigenen künstlerischen Weg zu machen, mit dem Akkordeon meine eigene musikalische Sprache und Vision zu entwickeln. 12 Jahre später, nun im Rahmen der Meisterkonzerte im Zentrum Paul Klee aufzutreten, ist für mich ein ganz besonderer Moment. Haben Sie eine spezielle Beziehung zur Bildenden Kunst oder insJV besondere zu Paul Klee ? Was macht für Sie den besonderen Reiz des Akkordeons aus ? Paul Klee hat sich immer wieder von innen heraus neu definiert. VC Er fand im unwissenden Spiel das Nachahmen schöpferischer Kräfte, die die Welt erschufen. Das Akkordeon aus diesem Blickwinkel betrachtet, losgelöst von seiner Geschichte, reduziert auf JULIA VINCENT

JV

VC

seine Elemente und Spezifik: ein Tasteninstrument mit zwei Manualen – verbunden durch den Balg, das Element des Atems, der Luft – die Seele des Instrumentes. So betrachte ich das Akkordeon, als Tasteninstrument wie das Cembalo, Pianoforte, Hammerklavier, Clavichord, den modernen Flügel oder die Orgel. Allerdings mit dem bedeutenden Zusatz des Balgs, dem wichtigsten Gestaltungselement des Instrumentes. Der Balg als nach aussen gestülpte Lunge, dem menschlichen Organismus sehr verwandt. Wie verändert sich beispielsweise ein Mittelsatz einer Haydn Sonate, wenn die cantilen angelegten Linien mittels Balgführung zu singen beginnen und Klänge über mehrere Takte gehalten werden können ? Wie verändert das bläserische Element Mozarts Adagio für Glasharmonika und welche Facetten werden in den Tänzen Bachs, Liszts oder Veress durch die Übertragung aufs Akkordeon beleuchtet ? Salvatore Sciarrino hat in Vagabonde Blu das Akkordeon ebenfalls neu erfunden. Er analysierte die Grundmechanik des Instrumentes und fand seine Faszination für das Klicken der Knöpfe, die Bewegung des Balges und das weisse Rauschen, das durch den atmenden Mechanismus entstand. Ein sinnliches Erlebnis in Form einer Liebeserklärung an die Stille umrahmt von dahinfliessender Unendlichkeit des Präludiums in c-Moll von Johann Sebastian Bach und den Gnossiennes von Eric Satie. Was ist Ihnen in der heutigen klassischen Musikwelt ein besonderes Anliegen ? Für die heutige Musikwelt wünsche ich mir mehr Mut zu Einfachheit und guter Musik in ihrer reinen Form. Musikerinnen und Musiker, die aus Leidenschaft und innerer Notwendigkeit mit Authentizität ihre Vision leben und dem Publikum vermitteln. Konzerterlebnisse, die verbinden, berühren, aufrütteln, bewegen, beglücken und Menschen zusammen bringen. Künstlerinnen, die immer wieder überraschen und das Publikum zum Staunen bringen. b Das Interview führte Julia Vincent, künstlerische Leiterin Meisterkonzerte / Leiterin Musik.

Zentrum Paul Klee Meisterkonzert Viviane Chassot, Akkordeon solo Sonntag, 28. Oktober 2018, 17 Uhr Viviane Chassot Foto: Marco Borggreve

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Ferdinand Hodler

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Ausstellung

Ein exakter Kopf

Ferdinand Hodler und die Theorie des Parallelismus Kunstmuseum Bern 14.09.2018 – 13.01.2019 Anne-Christine Strobel Zu Ehren des 100. Todesjahres von Ferdinand Hodler präsentiert das Kunstmuseum Bern in Kooperation mit den Musées d’art et d’histoire de Genève eine Ausstellung, die das Schaffen des bekanntesten Schweizer Künstlers aus einem neuen Blickwinkel zeigt: seiner Theorie des Parallelismus.

« Die Aufgabe […] des Künstlers ist: das ewige Element der Natur, die Schönheit, zum Ausdruck zu bringen », erläuterte Ferdinand Hodler 1897 in einem Referat. Mit « Schönheit » meinte er die der Natur inhärente Ordnung – sich wiederholende Formen und Farben, die seines Erachtens beim aufmerksamen Betrachter einen angenehmen Eindruck von Einheit hervorrufen. Hodler glaubte, darin ein « Weltgesetz » zu erkennen, das er als « Parallelismus » bezeichnete, und dessen Sichtbarmachung er sich zum Ziel setzte: « Das Werk wird eine neue, in den Dingen erkannte Ordnung enthüllen, und es wird schön sein durch die Idee der Einheit, die es hervorbringt. » Wiederholung, Symmetrie und Spiegelung

Hodler erhob den Parallelismus zum massgeblichen Prinzip seiner Arbeit, das er in Landschaften ebenso wie in Figurenbildern, historischen Szenen oder Porträts durch Kompositionsschemata wie Wiederholung, Symmetrie und Spiegelung umsetzte. Nebst diesen formalen Aspekten, die seine strenge Bildsprache prägen, beschäftigte er sich auch mit den Parallelen der menschlichen Empfindung: « Das Ziel und die wichtigsten Bedingungen des Lebens sind die gleichen für uns alle, wir haben alle unsere Freuden und Leiden, die nur Wiederholungen sind und die sich durch die gleichen oder durch analoge Gesten […] mitteilen. » Diese Seelenzustände offenbarte Hodler insbesondere in seinen grossformatigen Figurenbildern durch sich wiederholende Gesichtszüge, Gesten und Bewegungsmotive.

Der gelehrte Maler

Die in verschiedenen Schriften erläuterte Theorie verweist auf Hodlers Selbstbildnis als « Pictor doctus », als gelehrten Maler. Unter Kollegen und Freunden pflegte er denn auch ausführlich über den Parallelismus zu dozieren, und ergötzte und verärgerte damit seine Zeitgenossen. So berichtete etwa Artur Weese, Professor für Kunstgeschichte an der Universität Bern, über eine Begegnung mit Hodler: « Ich war erstaunt, was der Mann für ein exakter Kopf ist. Er trägt seine Sachen vor wie ein Theoretiker, etwas grau und etwas rauh, aber vorzüglich. Er spielte alles auf Einheit, Parallelismus, Permanenz und Symmetrie aus. » Félix Vallotton spottete: « Seine ein wenig grobschlächtige und für die Blinden gemachte Theorie des Rhythmus ist die Übertreibung dieses Bedürfnisses [nach Ordnung], er schreit seine Wahrheiten hinaus und hält sie für wahrer, je lauter er schreit. […] Hodler hat immer Angst, dass man seine Absicht nicht erkennt, er insistiert und wiederholt sich. Ihm genügt nicht ein Wegweiser, er verwendet deren vier, aber – immerhin, er platziert sie gut. » Parallelismus als Zeitphänomen

Der Begriff Parallelismus und das Interesse für Wiederholungen und Symmetrien waren im zeitgenössischen Umfeld Hodlers in unterschiedlichen Wissenschaften weit verbreitet. So schrieb etwa Charles Blanc 1867 in seinem – auch Hodler – bekannten Lehrbuch Grammaire des Arts du Dessin über den ägyptischen Stil: « Alle Bewegungen, die von mehreren Figuren ausgeführt werden, unterstehen dem Parallelismus der doppelten Glieder und scheinen einem gewissen geheimnisvollen Rhythmus zu gehorchen. » Im Bereich der Medizin und Zoologie beschäftigte sich Ernst Haeckel ausführlich mit der Symmetrie, die er als Bauprinzip der Natur hervorhob und in seinem Tafelwerk Kunstformen der Natur, entstanden zwischen 1899 und 1904, für Künstler zusam-

menstellte. Hodler selbst besuchte an der Universität Genf Vorlesungen des Geologen Carl Vogt, über den er im Rückblick schrieb: « Er lehrte mich die Natur in ihrer Gesetzmässigkeit zu erkennen und zeigte mir, dass alles, was in der Natur geschieht, stets die wiederholte Anwendung ewig gleichbleibender Gesetze ist. » Unter Philosophen und Psychologen wie Rudolf Eisler, Gustav Theodor Fechner oder Ernst Mach wurde währenddessen die Hypothese des « psychophysischen Parallelismus » diskutiert, die die Entsprechung von Physischem und Psychischem, von Leib und Seele, postulierte. Der Parallelismus, den Hodler als seine Entdeckung beziehungsweise seine Errungenschaft reklamierte, lag also eindeutig in der Luft. b Anne-Christine Strobel ist wissenschaftliche Mitarbeiterin und Ko-Kuratorin der Ausstellung. Kunstmuseum Bern Hodler// Parallelismus Eine Kooperation von Kunstmuseum Bern und den Musées d’art et d’histoire de Genève 14.09.2018 — 13.01.2019 Zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog mit Fachbeiträgen u. a. von Oskar Bätschmann und Paul Müller erschienen, auf die sich diese Ausführungen beziehen: Katalog Hodler// Parallelismus Hrsg. Laurence Madeleine, mit Beiträgen von Oskar Bätschmann, Claudia Blümle, Laurence Madeline und Paul Müller, Ausgabe in Deutsch und in Französisch, 192 Seiten, 155 farbige Abbildungen, 22 × 27 cm. In Zu­ sammenarbeit mit den Musées de l’art et d’histoire de Genève und dem Kunst­museum Bern Ferdinand Hodler, Thunersee mit Niesen, 1910. Öl auf Leinwand, 105,5 × 83 cm. Privatsammlung, Schweiz © Peter Schälchli, Zürich

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Literatur

Aktuell

Daniel Kehlmann

Kulturelle Teilhabe im Museum

An der Wirklichkeit zu schaffen machen

Magdalena Schindler Zum aktuellen Angebot der Kunstvermittlung des Kunstmuseum Bern gehören auch Workshops für Menschen mit Migrationshinter­ grund. Für die Teilnehmenden ist dies oft der erste Kontakt zur Institution Museum und Gelegenheit, mittels Sprache und eigenem Gestalten Zugang zur Kunst zu finden. Maria-Teresa Cano Daniel Kehlmann ist der wohl erfolgreichste deutsche Autor der Gegenwart. Sein Roman Die Vermessung der Welt verkaufte sich millionenfach, wurde verfilmt und in über 40 Sprachen übersetzt. In Tyll, seinem aktuellen Roman, setzt Kehlmann seinen Eulenspiegel in die Kulisse des Dreissigjährigen Krieges.

Die Vermessung der Welt verschränkt die Biografie des Mathematikers und Vermessers Carl Friedrich Gauss mit derjenigen des Naturforschers Alexander von Humboldt. Daniel Kehlmann lässt im Roman zwei hochkarätige, aber völlig lebensuntüchtige Intellektuelle sich in der Weltgeschichte herumtreiben und liefert nicht nur die erstaunliche Erkenntnis, dass sich bürgerliches Bildungsgut gut verkaufen lässt, sondern auch, dass ab einem gewissen Punkt jeder zur Karikatur seiner selbst werden kann. Bereits Beerholms Vorstellung, Kehlmanns Erstling, erzählt eine Geschichte zwischen Täuschung und Wahrheit, Traum und Realität. Das Buch war wie das nächstfolgende Unter der Sonne kein grosser Erfolg. Allerdings weckten diese beiden Bücher die Aufmerksamkeit des Suhrkamp Verlages, ein Umstand, der Kehlmann Möglichkeiten bot und Türen öffnete. Kehlmanns Romane, die den Graubereich zwischen Fakten und Fantasie durchkämmen, scheinen oft wie aus der Zeit gefallen. Und ihr Urheber ist ein Nerd ohne Allüren und Anekdoten, deprimierend hochgebildet, ausgestattet mit einem Literatur- und Philosophiestudium. Den Erfolg von Die Vermessung der Welt hat Kehlmann einmal mit dem Gewinn eines Lottojackpots verglichen, nach dem nichts mehr wie zuvor gewesen sei. Aber am besten, man nimmt einen Erfolg mit demselben Gleichmut wie einen Misserfolg. So macht sich Kehlmann auch in Tyll weiterhin an der Wirklichkeit zu schaffen. In einem munteren Spiel aus Realität und Fiktion enthüllt er durch unerwartete Konstellationen Neues und Unerhörtes. Hinter Kehlmanns Flunkern steckt aber Kalkül: so, als würde man durch ein Milchglas in den Raum der Geschichte schauen, um endlich klarer zu sehen. b Maria-Teresa Cano ist Leiterin der Sparte Literatur. Zentrum Paul Klee Daniel Kehlmann liest aus Tyll Moderation Luzia Stettler, SRF-Literaturredaktorin Sonntag, 7. Oktober 2018, 11 Uhr

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Daniel Kehlmann © Beowulf Sheehan

Es ist Samstag, gegen 14 Uhr, und allmählich treffen die Teilnehmerinnen ein, die sich für Kunst Rundum – Interkulturelles Projekt für Frauen angemeldet haben. Unter ihnen sind Frauen aus Eritrea, Kuba oder Syrien, manchmal auch aus Mazedonien oder der Türkei. Ein Glas Tee zum Einstieg lockert die Stimmung und gibt Zeit, sich kennenzulernen. Ins Gespräch kommen die Frauen auf Deutsch – es ist die verbindende Sprache, weshalb für die Teilnahme am Workshop ein Minimum an Sprachkenntnissen vorausgesetzt wird. Passend zu den aktuellen Ausstellungen des Museums stehen die Nachmittage jeweils unter einem Motto, das durch Bildbetrachtungen vor den Originalen und eigenes Gestalten im Atelier vertieft wird. Kunst Rundum hat seinen Ursprung in einem Malkurs, der 2011 vom Interkulturellen Frauentreff in Zollikofen in Kooperation mit dem Kunstmuseum Bern ins Leben gerufen wurde. Im Sinne einer verstärkten Öffnung und Inklusion steht das Angebot seit 2017 auch Frauen ohne Migrationshintergrund offen. Dabei sind die gegenseitige Bereicherung und Begegnung auf Augenhöhe zentral. « Das Museum wird so zum Handlungs- und Inspirationsraum, in dem kulturelle Teilhabe erlebbar ist », sagt Anina Büschlen, die das Projekt zusammen mit Sibylle Schelling leitet. Ein weiteres Angebot richtet sich an Jugendliche und junge Erwachsene im Alter zwischen 16 und 25, die eine Integrationsklasse ( BPI ), beispielsweise an der BFF Bern, besuchen. Es sind die Lehrkräfte, die den Workshop buchen können und denen es ein Anliegen ist, dass ihre Schülerinnen und Schüler Schweizer Kunst kennenlernen und dabei ihre Sprachkompetenz erweitern. Spielerisch nähert sich die Klasse im Museum der hiesigen Kultur – sei es anhand von Hodlers Landschaften der Bergwelt oder der menschlichen Figur bei Giacometti. « Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler selber reden. So etwa sammeln wir vor einem Bild passende Adjektive oder ich lasse sie einen Bildtitel erfinden, von dem aus dann ein Gespräch – auch über ihre eigene Lebenswelt – in Gang kommen kann », sagt Beat Schüpbach, der das Angebot entwickelt hat. Kaum einer der jungen Eritreer oder Syrer war je in einem Museum oder hat schon von Picasso gehört. Umso berührender ist es, wenn während eines Workshops die anfängliche Unsicherheit der Teilnehmenden in Staunen und engagiertes Mitmachen übergeht. Dann ist für alle Beteiligten – auch für das Museum – viel erreicht. b Magdalena Schindler gehört zum Leitungsteam Kunstvermittlung. Kunstmuseum Bern Mehr zu diesen und weiteren Angeboten der Kunstvermittlung unter www.kunstmuseumbern.ch/Erfahren.


Hintergrund

Bestandsaufnahme Gurlitt

Rekonstruktion der Vergangenheit

Nikola Doll Ab November 2013 sorgte der « Kunstfund Gurlitt » weltweit für Schlagzeilen. Nach kurzer Zeit ging es allerdings um ganz andere Fragen: Woher stammen die Kunstwerke aus dem Nachlass des deutschen Kunst­ händlers Hildebrand Gurlitt ( 1895 — 1956 ) ? Und unter welchen Umständen hatte er sie erworben ? Wie konnten die rund 1500 Kunstwerke unbemerkt in Privatbesitz bleiben ?

Es zeigte sich, dass auch mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges das Ausmass des nationalsozialistischen Kunstraubes immer noch virulent ist und bis heute Folgen für den Handel mit Kunst sowie für öffentliche wie private Sammlungen hat. Das Kunstmuseum Bern präsentierte mit den Ausstellungen « Entartete Kunst » – Beschlagnahmt und verkauft und Der NS-Kunstraub und die Folgen eine repräsentative Auswahl der im Kunstfund enthaltenen Gemälde, Skulpturen und Grafiken, welche die Bezüge zwischen den Werken und der Biografie Hildebrand Gurlitts sowie der nationalsozialistischen Kunst- und Verfolgungspolitik herausarbeiteten und durch Artefakte und Dokumente aus dem schriftlichen Nachlass veranschaulichten. Die erste Ausstellung präsentierte die Werke aus dem Kunstfund, die das NS-Regime aus deutschen Museen beschlagnahmt hatte und die für einen Teil des Lebens von Hildebrand Gurlitts stehen: den Kunstkritiker, den Museumsleiter und Ausstellungsmacher, der durch sein Engagement für Gegenwartskunst zur Zielscheibe nationalsozialistischer Hetze wurde. Aber eben auch den Gurlitt, der sich beim Reichspropagandaministerium als « Verwerter » der als « entartet » beschlagnahmten Werke bewarb und damit zum Handlanger des Regimes wurde. Die zweite Ausstellung liess das Bild des « Retters der Moderne » verschwimmen. Es zeigte sich der Fundus des Kunsthändlers, der Gemälde der altdeutschen Malerei, von Jan

Brueghel und Frans Franken, Zeichnungen von François Boucher und Edgar Degas oder japanische Farbholzschnitte genauso umfasste wie Werke von Ernst Ludwig Kirchner, Otto Dix oder Max Beckmann. Der Dialog von Kunstwerken und historischen Dokumenten konkretisierte die Folgen der nationalsozialistischen Kunst- und Verfolgungspolitik für den Kunsthandel. Die Bindung an das NS-Regime wollte Hildebrand Gurlitt nach dem Zweiten Weltkrieg vergessen machen. Davon handelt der letzte Teil der Ausstellung in Berlin und führt nun die ersten beiden Stränge der Bestandsaufnahme Gurlitt in dieser Schau zusammen. In Briefen aus der Nachkriegszeit findet er für seine Tätigkeit als Kunsthändler in der Diktatur das Bild des « Seiltänzers ». Diese Metapher kann aber auch für die Nachkriegszeit gelten, als er in der Phase der Rückführung geraubter Kunstwerke seinen Kunstbesitz verleugnete und damit eine Rückgabe zahlreicher Werke vereitelte   –   darunter Henri Matisses Gemälde Femme assise, 1924, das 2016 an die Nachfahren von Paul Rosenberg restituiert werden konnte. b Nikola Doll ist Leiterin der Abteilung Provenienzforschung. Gropius Bau, Berlin Bestandsaufnahme Gurlitt. Ein Kunsthändler im Nationalsozialismus Eine Ausstellung der Bundeskunsthalle und des Kunstmuseum Bern 14.09.2018 — 07.01.2019

Oben: Henri Matisse, Femme assise, um 1924. Historische Fotografie Mitte: Répertoire des biens spoliés en France durant la guerre 1939 — 1945, Band 2: Tableaux, tapisseries Paris, 1947 — 1949. Bundesarchiv Koblenz. Schenkung Kunst­ museum Bern, N 1826

Unten: N. N. [ Cornelius Gurlitt ], Notiz zu Henri Matisse, Femme Assise, um 1924. Abschrift aus dem Répértoire des biens spoliés en France, o. J. Bundes­ archiv Koblenz. Schenkung Kunstmuseum Bern, N 1826

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Fokus

EMIL NOLDE

Zentrum Paul Klee 17.11.2018 –  03.03.2019

Text von Nora Lohner

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VETTER DER TIEFE



Fokus

Emil Nolde und Paul Klee gehören zu den bedeutends­ ten Vertretern der Moderne. Obwohl sich ihr künst­ lerischer Ausdruck stark unterscheidet, gibt es doch bemerkenswerte Parallelen in ihrem Werk: Beide waren vom Grotesken, Fantastischen und ‹Exotischen› faszi­ niert. Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee untersucht diese Auseinandersetzung im Werk von Emil Nolde und befasst sich erstmals mit der bisher wenig erforsch­ ten Künstlerfreundschaft zwischen Nolde und Klee.

Emil Nolde (1867 –1956 ) und Paul Klee (1879 –1940 ) sind beide als Einzelgänger bekannt. Was für ihre Kunst zutreffen mag, widerlegt ihr breites soziales Beziehungsnetz, das die beiden Künstler auf persönlicher Ebene miteinander verband. In der Festschrift zu Noldes 60. Geburtstag schrieb Paul Klee: « Nolde ist mehr als nur erdhaft, er ist auch Dämon dieser Region. Selber anderswo domiziliert, fühlt man stets den Vetter dort der Tiefe, den Wahlverwandten », und gab damit seiner tiefen Anerkennung für seinen Kollegen Ausdruck. Die Freundschaft

Bisher war wenig über die Beziehung zwischen den beiden Künstlern bekannt, die mindestens seit 1921 bis 1940 miteinander in Kontakt standen. Im zur Ausstellung erscheinenden Katalog wird nun erstmals der vorhandene Briefwechsel zwischen ihnen und ihren Familien kommentiert und publiziert. Die 28 erhaltenen Schriftstücke beleuchten verschiedene Facetten der Künstlerfreundschaft sowie deren Entwicklung im Laufe der Jahre. Die gegenseitige Wahrnehmung war von grossem Respekt geprägt und wurde von gegenseitigen Einladungen und einem freundschaftlichen Austausch von Geschenken begleitet. Kurz nach seinem Geburtstag 1929 schrieb Klee aus Dessau an Nolde: « Lieber Herr Nolde, das war eine grosse reine Freude, wie Sie am 18. meiner gedachten und ich muss Ihnen sagen, wie glücklich ich über Ihre freundschaftliche Gesinnung bin ! und dass Sie mir ein so herrliches Aquarell schenkten das war besonders lieb von Ihnen. Vielen herzlichen Dank dafür ! […] » Von besonderer Brisanz ist der Briefaustausch zwischen den beiden Ehefrauen Ada Nolde (1879 –1946 ) und Lily Klee (1876 –1946 ), die 1930 zur gleichen Zeit in einem Luzerner Sanatorium weilten. Er gibt über die Umwälzungen in der Kunstpolitik im Deutschland der 1930er-Jahre und über die divergierenden politischen Überzeugungen der beiden Familien Auskunft. Während Klees vor dem nationalsozialistischen Terror 1933 in die Schweiz flüchteten, waren Noldes bekennende Anhänger von Hitlers Politik. Dass die Nationalsozialisten seine

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Kunst als « entartet » verachteten, konnte Nolde, der sich als « urdeutscher » Künstler verstand, nicht akzeptieren. 1938 fand in Klees Berner Zuhause wahrscheinlich die letzte Begegnung zwischen den beiden Paaren statt – die Freundschaft endete mit dem Tod von Paul Klee, den Nolde in einem Brief bewundernd als « Schmetterling zwischen Sternen » bezeichnete. Das Groteske, Fantastische und ‹Exotische›

Die Ausstellung konzentriert sich auf Noldes Umgang mit dem Grotesken, dem Fantastischen und dem ‹Exotischen›, drei Aspekte, die sich wie ein roter Faden durch sein Œuvre ziehen. Das Prinzip der Groteske erprobte Nolde in unterschiedlichster Form und Technik: Er verfremdete vorgefundene Szenerien und Figuren und spielte mit dem menschlichen Gesichtsausdruck, den er bis zur Karikatur umformte. Frühe groteske Arbeiten entstanden bereits vor der Jahrhundertwende in der Schweiz: In seiner Serie der Berggrotesken stattete er verschiedene Alpengipfel mit menschlichen Attributen aus und verlieh ihnen so eine märchenhafte Ausstrahlung. Die Darstellungen widerspiegeln nicht nur Noldes Interesse an der Natur, sondern auch die mit ihr verbundenen lokalen Mythen. So zeigt Noldes erstes Ölgemälde « Bergriesen », an dem er mehrere Jahre arbeitete, vier urige Gestalten mit trollartigen Gesichtern. Am Legenden- und Mythenhaften schätzte Nolde nicht nur die Idee der Ursprünglichkeit, sondern auch besonders das Spiel mit einer um übernatürliche Elemente angereicherten Realität. 1943 schrieb er in den autobiografischen Notizen Worte am Rande über diese Inspirationsquelle: « Ausflüge ins Traumhafte, ins Visionäre, ins Phantastische stehen jenseits von Regeln und kühlem Wissen. Es sind freie, herrliche Gefilde und Gebiete voll Reiz und Schwarm in lichtem und tiefem und leichtem geistigem Erleben. » So entwickelte Nolde fantastische Bildwelten, in denen sich groteske Sagengestalten, Fabeltiere und Geisterwesen tummeln, die seiner eigenen Fantasie entsprangen. Die Flüchtigkeit dieser Vorstellungen zeigt sich insbesondere in Noldes Aquarellarbeiten, die stets eine Offenheit der Form ausstrahlen.


Emil Nolde

Seite 13: Emil Nolde, « Vor Sonnenaufgang », 1901. Öl auf Leinwand, 84 × 65 cm. Nolde Stiftung Seebüll. Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll

Oben: Emil Nolde, « Fernes Gesindel », 1923. Öl auf Leinwand, 61,5 × 73,5 cm. Nolde Stiftung Seebüll. Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll

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Fokus

Emil Nolde, « Seltsame Wanderer », 1923. Öl auf grober Leinwand (Sack­ leinen), 67,5 × 88 cm. Nolde Stiftung Seebüll. Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll

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Emil Nolde

Emil Nolde, « Mann, Frau und Katze », 1912. Öl auf Leinwand, 67 × 53 cm. Nolde Stiftung Seebüll. Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll

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Fokus

Emil Nolde, « Trio », 1929. Öl auf Leinwand, 101 × 74 cm. Nolde Stiftung Seebüll. Foto: Fotowerkstatt Elke Walford und Dirk Dunkelberg © Nolde Stiftung Seebüll

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Emil Nolde

« Nolde ist mehr als nur erdhaft, er ist auch Dämon dieser Region. Selber anderswo domiziliert, fühlt man stets den Vetter dort der Tiefe, den Wahlverwandten. » Paul Klee in der Festschrift für Emil Nolde anlässlich seines 60. Geburtstages, Dresden 1927, S. 26

Während der Maler die Sommermonate in seiner Heimat im Norden Deutschlands verbrachte, mit der er sich als Künstler stark identifizierte, zog es ihn im Winter nach Berlin. Dem Thema der Grossstadt, das auch für zahlreiche andere Expressionisten-Kollegen als zentrales Motiv diente, widmete sich Nolde in seinen 1910/11 entstandenen Darstellungen des Berliner Nachtlebens. In ihnen ist nicht nur Noldes Interesse am Theater und am modernen Tanz erkennbar, sondern auch eine Kritik an der von ihm als dekadent empfundenen Unterhaltungsgesellschaft. Gleichsam von dieser schillernden Sphäre der Grossstadt fasziniert und abgestossen, hielt Nolde seine Beobachtungen oftmals in karikierender Manier fest. Mit schnellem Pinselstrich brachte er Gesichter mit maskenhaften Zügen auf die Leinwand und betonte die Oberflächlichkeit der angetroffenen Vergnügungswelt. Seine Streifzüge durch das nächtliche Berlin und seine Versuche, das Wesentliche darzustellen, beschrieb er in seiner Autobiografie Jahre der Kämpfe. 1902 –1914 wie folgt: « Ich zeichnete und zeichnete, das Licht der Säle, den Oberflächenfilter, die Menschen alle, ob schlecht oder recht, ob Halbwelt oder ganz verdorben, ich zeichnete diese Kehrseite des Lebens mit seiner Schminke, mit seinem glitschigen Schmutz und dem Verderb. Viel Augenreiz war allenthalben. Diese Menschen waren mir nicht wichtig, sie kamen, tanzten, sassen da und gingen wieder, was ich auf meinem Papier zuwege brachte, das nur schien mir wesentlich. » Nicht zuletzt suchte der Maler nach dem Ausdruck von Ursprünglichkeit, den er beispielsweise in aussereuropäischen Artefakten aus ethnografischen Museumsabteilungen zu erkennen glaubte. Im Berliner Völkerkundemuseum zeichnete Nolde zahlreiche Objekte aus verschiedenen Kulturen ab und verarbeitete sie als Motive in seinen bekannten Stillleben. In diesen Kompositionen baute er dynamische Spannungen zwischen den Objekten auf, indem er Gegensätze kombinierte: Tier und Mensch, Mann und Frau, Bekanntes und Unbekanntes stellte er einander gegenüber und untersuchte in dieser Zusammenstellung auch die Spuren des Lebendigen im leblosen Objekt. Noldes Drang nach neuen Eindrücken führte ihn 1913 zusammen mit seiner Frau und einer Forschungsgruppe in die deutschen Kolonien in der Südsee. Die « Medizinisch-demographische Deutsch-Neuguinea-­

Expedition » reiste über Russland, China und Japan nach Papua-Neuguinea, wo Nolde zeichnend unterschiedliche Landstriche erkundete und insbesondere von den Begegnungen mit den Lokalkulturen fasziniert war. In einem Brief an einen Freund hielt Nolde seine Eindrücke fest: « Es sind die Länder alle so gemütlich, die Menschen, die Tiere, die Pflanzen, alles ist so fremdartig, nicht immer schön, aber immer interessant. Man weiss nur wenig von dem allen, wenn einen das Schicksal nicht über die europäischen Grenzen hinausführt. » Zeugnis seiner Erlebnisse sind zahlreiche Papierarbeiten sowie eine Reihe von Ölgemälden, die während des Aufenthaltes als auch nach seiner Rückkehr nach Deutschland entstanden sind. Die Inspiration durch das Unbekannte, Ungewöhnliche und Fremde diente Nolde zeitlebens als unerschöpflicher Fundus für Bildinnovationen, die auch heute noch überraschen. Die Ausstellung, die in Zusammenarbeit mit der Nolde Stiftung in Seebüll entstanden ist, ermöglicht einen Überblick über Noldes Werk, angefangen bei frühen Zeichnungen und Bildentwürfen bis zu seinen reifen « ungemalten Bildern », die während des Berufsverbotes unter den Nationalsozialisten entstanden sind. Die präsentierten Gemälde, Aquarelle und Druckgrafiken zeigen auf eindrückliche Weise, wie sich Nolde bei seiner künstlerischen Entwicklung immer mehr vom Vorbild ablöste und sich zunehmend durch seine eigene Intuition leiten liess. b Nora Lohner ist Volontärin der Abteilung Sammlung Ausstellungen Forschung. Zentrum Paul Klee Emil Nolde 17. 11. 2018 — 03. 03. 2019 Eröffnung: Freitag, 16. November 2018, 18 Uhr Es erscheint ein Ausstellungskatalog im Snoeck Verlag mit Texten von Nina Zimmer, Fabienne Eggelhöfer, Astrid Becker und Nora Lohner.

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Interview

Eberhard W. Kornfeld

Die Liebe zur Kunst ist die Basis Am 23. September 2018 ist Eberhard W. Kornfeld 95 Jahre geworden. Für Kunsteinsicht blickt der bedeutende Berner Kunsthändler auf seine lange Karriere zurück und erklärt, was es mit der Verbindung von Kunst und Handel auf sich hat.

Herr Kornfeld, es ist mir eine grosse Freude, dass wir dieses Interview mit Ihnen führen dürfen. Blicken wir zunächst einmal zurück. Seit ihren Anfängen als Volontär bei der Galerie Gutekunst & Klipstein – wie die Galerie Kornfeld damals hiess –, wie haben Sie sich selbst und wie hat sich der Kunstplatz Bern verändert ? EBERHARD W. KORNFELD Zu Beginn bin ich natürlich ein kleiner Fisch gewesen, ohne grosse Übersicht über Sammler und ihre Sammlungen. Ich bin im Februar 1945 als Volontär in die Firma eingetreten. Wir haben uns damals auf eine dreijährige Anstellung im Volontariat geeinigt. Im ersten Jahr bekam ich 100 Franken, im zweiten Jahr 200 Franken und im dritten Jahr 300 Franken. Bern war damals kein grosses Zentrum des Kunsthandels. Es gab eine Menge Antiquitätenhändler, aber es gab wenig gute, etablierte Kunsthandlungen. Aber immerhin hat August Klipstein zweimal jährlich wichtige Auktionen durchgeführt und in dieser Zeit sind auch immer alle einschlägigen Händler und Sammler nach Bern zu den Auktionen gekommen. Diese dreijährige Volontariatszeit habe ich durchgestanden, vor allem deshalb, weil ich in den Sommermonaten in den Kupferstichkabinetten recherchieren durfte. Ich habe zuerst Basel durchgearbeitet, dann bin ich 1946 nach Paris gegangen, 1948 kamen dann das British Museum und später das Rijksmuseum in Amsterdam dazu. Das MARIA-TERESA CANO

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Studium all dieser grossartigen Bestände hat eine sehr wichtige Basis in meinem Qualitätsempfinden gelegt. Als Kunsthändler sind Sie hauptsächlich damit befasst, Kunstwerke mit einem Preisschild zu versehen. Was macht denn letztlich den Wert eines Kunstwerkes aus ? Sie müssen davon ausgehen, dass der Wert eines Bildes aus dem Rahmen, der Leinwand und der Farbe besteht, also praktisch gegen null geht. Alles andere ist Imagination. Der Wert von Kunst wird primär bei Auktionen etabliert. Es gibt beliebte Künstler und es gibt weniger beliebte. Von der ganzen Künstlerschaft erreichen vielleicht drei bis vier Prozent einen Nachlebensruhm. Alle anderen verschwinden wieder von der Bildfläche. Welche Eigenschaften braucht ein Kunsthändler, wenn er erfolgreich sein will ? Die Liebe zur Kunst ist natürlich die Basis, aber auch die Kunst zu verstehen. Vor allen Dingen muss man die Fähigkeit besitzen, Qualität von Minderwertigem zu sondern. Dabei muss man sich auf eine breite Erfahrungsbasis stützen. Dürer und Rembrandt sind mehr wert als van Meckenem und Lucas van Leyden. Es gibt Erfahrungswerte, die man sich aneignen muss und welche die Grundlagen zur eigentlichen Bewertung eines Kunstwerkes darstellen. Über Geschmack lässt sich ja bekanntlich streiten, eine ästhetische Währung wie die Kunst, ist die nicht zwangsläufig Trends und Schwankungen unterworfen ? Alle Kunstwerke variieren im Laufe der Jahre in ihrer Bewertung. Vor allem zeitgenössische Künstler, die während ihres Lebens hoch bewertet werden, erfahren oft nach dem Tod eine gewisse


Eberhard W. Kornfeld

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Korrektur. Aber auch das Gegenteil geschieht, also Künstler, die zu ihren Lebzeiten wenig beachtet wurden, werden plötzlich in ihrer Nachlebensphase ganz hoch gehandelt. Eine generelle Regel dafür gibt es nicht. Das sind Schwankungen und zum Teil auch Modeerscheinungen. Als ich 1945 angefangen habe, war es zum Beispiel schwierig ein Werk von Hodler zu verkaufen. Das bewegte sich damals in zehntausenden von Franken. Die ganze HodlerPreisentwicklung ist eine Erscheinung der Nachkriegszeit. Genau gleich mit Anker oder Giovanni Giacometti. Giovanni Giacometti hat 1945 kaum Geld gekostet. Die Höherbewertung der Schweizer Kunst ist im Grunde genommen an wenige Namen gebunden, eine Pionierrolle auf diesem Gebiet hat Bruno Stefanini gehabt. Stefanini war der erste, der ab den 1960er-Jahren konsequent Schweizer Kunst gekauft und damit auch eine Preisentwicklung in Gang gesetzt hat. Kunstwerke sind in der Regel langlebiger als ihre Besitzer. Aus der Sicht des Kunsthändlers sieht man da die Werke eigentlich lieber in einer privaten oder in einer öffentlichen Sammlung ? Ich unterscheide da ungern, aber man kann sagen, Museen sind häufig auch Leichenhallen der Kunst. Da hängen dann 10 bis 15 Prozent der Werke in den Schauräumen. Der Rest ist im Keller versenkt und hat selten die Chance, an die Öffentlichkeit zu kommen. Ganz anders in einer privaten Sammlung, dort leben die Werke und bereichern das Leben des Sammlers. Es ist ganz selten, dass Teile privater Sammlungen in Kellern aufbewahrt werden, sie erfreuen den Besitzer täglich. Sie haben viele Künstler kennengelernt, oft sind aus diesen Bekanntschaften dann auch Freundschaften geworden. Erinnern Sie sich an einen bestimmten Moment, der aus dieser Vielzahl von Begegnungen herausragt ? Da hat es natürlich im Laufe der Jahrzehnte hunderte von Begegnungen mit Künstlern gegeben, daraus nun eine in ihrer Bedeutung hervorzuheben, wäre nicht korrekt. Ein ganz besonders freundschaftliches Verhältnis aber hatte ich mit Sam Francis. Er hat mich manchmal als sein Alter Ego bezeichnet. Eine weitere, sehr enge Beziehung pflegte ich zu Alberto Giacometti, auch zu Chagall. Bevor Ernst Beyeler gestorben ist, haben wir noch einmal zusammen in Riehen in einem Restaurant gegessen, und Ernst hat zu mir gesagt: « Weisst Du, wir haben eine schöne Zeit gehabt mit interessanten Künstlern. » Da hat er Recht gehabt. Man muss mit den zeitgenössischen Künstlern, mit denen man handelt, eine persönliche Beziehung aufbauen, mit ihnen befreundet sein, um auch die Bedeutung ihres Werkes realisieren zu können. Zum Teil sind Künstler allerdings auch egozentrisch. Allein das erschwert mitunter einen näheren Kontakt. Ich habe sehr viele Künstler gekannt, zu denen ein innerer Zugang nicht möglich war, verbarrikadiert durch ihre Egozentrik. Ein Berner Beispiel Otto Nebel. Für mich war es schwierig, mit Otto Nebel eine Beziehung aufzubauen. Vielleicht noch eine etwas persönlichere Frage, was macht Ebi Kornfeld, wenn er nicht mit Kunst zu tun hat, wie geniesst er seine Freizeit ?

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Eine grosse Erfüllung sind für mich die Aufenthalte in Davos. Dort habe ich ein altes Walser Bauernhaus, das Haus « In den Lärchen », geprägt von Ernst Ludwig Kirchner. Das Gleiche gilt für das Wildbodenhaus, das zweite Haus, in dem Ernst Ludwig Kirchner gewohnt hat. Und hier zuhause habe ich eine sehr grosse Freude an meinem grossen Garten und an meinen drei Eseln und den neun Hühnern. Ich bin in gewissem Sinne ein Selbstversorger. Aus dem Hühnerstall kommen die Eier, aus dem Garten Obst und Gemüse. Welches Werk würden Sie auf die berühmte einsame Insel mitnehmen ? Ich habe keine Präferenz für nur ein Werk. Ich würde ein paar Werke mitnehmen. Wahrscheinlich wären es die beiden grossen Kaltnadelarbeiten von Rembrandt Ecce Homo und die Drei Kreuze. Sie waren dabei, als die Kunsthalle in Bern ein Mekka für zeitgenössische Kunst war. Seit diesen Zeiten ist es ruhiger geworden. Jetzt kommt Bern als Kunstplatz langsam wieder in Bewegung, man spürt einen Aufschwung. Was würden Sie raten, wie liesse sich dieser Aufschwung noch verstärken ? Der Kunstmarkt basiert immer auf Kunstpersönlichkeiten. Ich wünschte mir für Bern mehr Persönlichkeiten, die sich für Kunst engagieren. Was ist Ihr Geheimnis, Sie kommen jeden Tag in die Galerie und Sie arbeiten voller Elan, voller Leidenschaft. Wie schafft man das ? Der liebe Gott hat mir das Geschenk eines langen Lebens gegeben, und solange ich davon Gebrauch machen kann, freue ich mich, noch jeden Tag ins Büro zu gehen. Ausserdem ist meine Expertise, die schnelle Entscheidung, ob ein Blatt echt oder unecht und wie wertvoll es ist, immer noch gefragt und wird geschätzt. Stimmt es, dass Sie nachmittags, um 16 Uhr, immer Tea-Time mit ihrem ganzen Team halten ? Sehen Sie, das ist so. Unser Haus ist 1864 in Stuttgart von H. G. Gutekunst gegründet worden. H. G. Gutekunst hatte zwei Söhne, Otto und Richard, welche nach London ausgewandert sind. Dort hatte Richard bis 1914 eine bedeutende Kunsthandlung geführt, bis er während seiner Ferien in der Schweiz durch den Ersten Weltkrieg überrascht worden war. Er konnte nicht mehr nach England zurück, also schloss er sich mit August Klipstein zusammen und hat 1919 Gutekunst & Klipstein in Bern gegründet. Zwei der Mitarbeiter kamen damals aus London und beide haben zwei Bedingungen gestellt, erstens erst um 9 Uhr anfangen zu arbeiten und zweitens einen « tea at four o’clock ». Das ist zur Tradition geworden und bis heute so geblieben. b Das Interview führte Maria-Teresa Cano, Leiterin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.

Autor, Kunstsammler und -händler Eberhard W. Kornfeld. Foto: Monika Flückiger

« Sie müssen davon aus­gehen, dass der Wert eines Bildes aus dem Rahmen, der Leinwand und der Farbe besteht, also praktisch gegen null geht. Alles andere ist Imagination. » 21


Ausstellung

Wie viel Tier steckt im Menschen, und wie viel Mensch im Tier ?

Zentrum Paul Klee 19.10.2018 – 17.03.2019 22


Paul Klee

Myriam Dössegger Unser Bild vom Tier ist im Wandel. Die For­ schung fördert laufend Erkenntnisse zutage, die bisherige Gewissheiten als revisionsbe­ dürftig entlarven. Fische zum Beispiel haben ein gutes Gedächtnis und reagieren auf Schmerzen. Gleichzeitig werden Rechte und Status der Tiere neu verhandelt.

Was ist der Unterschied zwischen Nutztieren, Haustieren und Wildtieren ? Und was zeichnet den Menschen im Gegensatz zum Tier aus ? Über solche Fragen wird zurzeit vielerorts debattiert. Für die einen ist die Unterscheidung selbstverständlich: Menschen haben ein Bewusstsein, sind Kulturwesen. Tiere dagegen folgen ihren Instinkten, Nutz- und Haustiere sind zurechtgezüchtet und allein gar nicht überlebensfähig – beispielsweise. Viele Menschen pflegen ein ambivalentes Verhältnis zu den verschiedenen Tieren: Sie verhätscheln einige als Haustiere, bewundern die exotischen im Zoo, konsumieren industriell verarbeitete Tiere und setzen sich für den Erhalt bedrohter Arten ein. Wo liegt der Unterschied ?

Für andere Menschen sind diese Unterschiede künstliche, von den « menschlichen Tieren »

geschaffene Kategorien, die die Beherrschung und Ausbeutung der anderen Tiere rechtfertigen. Immer mehr Menschen verzichten auf den Verzehr von Fleisch, Milch und Eiern, nach dem Vegetarismus ist auch der Veganismus in den Regalen der grossen Supermärkte angekommen. Die Kühe werden in einem Zug mit Industrieanlagen und Transportmitteln als klimaschädigende CO²-Produzenten genannt. Wissenschaftliche Studien zu Verhalten und Fähigkeiten verschiedener Tierarten lassen die Trennlinien zwischen Mensch und Tier weiter verschwimmen und stellen die Fragen zur Tierethik auf eine neue Grundlage. Die 150-jährige These, dass der Mensch vom Affen abstammt, hat einst entrüstete Reaktionen ausgelöst. Die Abgrenzung vom Tier dient dem Menschen auch zur Bestimmung, was den Menschen eigentlich zum Menschen macht. Gemüts-tier

Paul Klee hat das Verhalten der Tiere und der Menschen aufmerksam beobachtet, und in der einen oder anderen Geste das Tierische im Menschen oder das Menschliche im Tier entdeckt. Wie unsere Sammlungsausstellung Paul Klee. Tierisches zeigt, hat er dieses Verhält-

nis auf vielfältige und immer wieder überraschende Art reflektiert und wirft damit Fragen auf, die nach wie vor aktuell sind. b Myriam Dössegger ist wissenschaftliche Assistentin und Ko-Kuratorin der Ausstellung. Zentrum Paul Klee Paul Klee. Tierisches 19.10.2018 — 17.03.2019 Eröffnung: Donnerstag, 18. Oktober 2018 18.30 Uhr Die Ausstellung wird durch Tierpräparate aus dem Naturhistorischen Museum Bern ergänzt.

Oben: Paul Klee, unternehmendes Tier, 1940, 79. Bleistift und Kleisterfarbe auf Papier auf Karton, 20,9 × 29,5 cm. Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee Links: Paul Klee, hungriges Mädchen, 1939, 671. Kleisterfarbe und Bleistift auf Papier auf Karton, 27,1 × 21,3 cm. Zentrum Paul Klee, Bern, Schenkung Livia Klee

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Hintergrund

Echt oder falsch ? Eva Wiederkehr Sladeczek Wer möchte nicht in seinem Wohnzimmer ein Werk von Paul Klee hängen haben ? Nicht zuletzt deshalb kommen immer wieder Kopien, Nachahmungen oder gar Fälschun­ gen nach Werken berühmter Künstler wie Klee auf den Markt.

Die Beweggründe dazu sind vielseitig und nicht nur von schlechter Absicht. Handelt es sich bei dem geerbten Bild vielleicht um ein Original ? Kann man sich auf das Angebot eines Kunsthändlers verlassen ? Das sind Fragen, die die Expertisentätigkeit im Zentrum Paul Klee spannend machen. Eine kleine Auswahl von Fälschungen ist zurzeit in der Ausstellung Kosmos Klee zu sehen. Bereits der Sohn des Künstlers, Felix Klee, erstellte Gutachten für Werke seines Vaters und legte eine Dokumentation dazu an. Später wurde diese Tätigkeit von der Paul Klee-­ Stiftung übernommen und wird seit 2005 im Zentrum Paul Klee weitergeführt. Mittlerweile ist die Fälschungsdokumentation mit gut 1800 Karteikarten erheblich gewachsen und im Klee-Archiv werden pro Jahr über 30 Werke begutachtet. Die Bandbreite vom originalen Werk über die Reproduktion und Kopie bis zur Fälschung ist gross. Liegt ein Werk vor, das in der Art Klees gemalt ist, jedoch ohne Künstlersignatur, kann man nicht von einer Fälschung sprechen. Viele Maler und Künstler liessen sich von Klee inspirieren und haben in seinem Stil gearbeitet. Ohne Werknummer, Titel und Signatur wird somit kein authentisches Werk von Klee vorgetäuscht. Doch trotz fehlender Hinweise hoffen die meisten Besitzer eines solchen Werkes, dass es sich um einen echten Klee handeln könnte (Abb. 1). Werkverzeichnis

So vielseitig und unterschiedlich die Werke von Klee auch sind, eines ist ihnen gemeinsam: die Signatur auf dem Werk sowie die

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Werknummer und der Titel auf dem Unterlagekarton oder rückseitig auf dem Rahmen. Paul Klee führte einen handschriftlichen Œuvre-­ Katalog, in dem er fast ausnahmslos seine Schöpfungen verzeichnete, mit einer fortlaufenden Nummer innerhalb des entsprechenden Jahres, einem Titel und summarischen Technikangaben. Dieses ausführliche Werkverzeichnis aus der Hand des Künstlers liefert nicht nur wichtige Informationen zum einzelnen Werk, es zeigt auch die unverwechselbare Handschrift des Künstlers. Nicht selten stolpert ein Fälscher mit ungenügender Detailkenntnis über diesen Stein, wie das abgebildete Beispiel des Kompasshäuschen zeigt (Abb. 2). Im Werkverzeichnis Klees existiert die Nummer 1923 H 66 nicht. Klee benutzte seine sogenannten Schlüsselnummern, bestehend aus Buchstabe und Zahl, erst ab 1925; ebenso wenig existiert ein Werk mit dem Titel Kompasshäuschen. Anlehnungen an Klees Stil und die Montierung auf einen Unterlagekarton sind zwar vorhanden, kritisch betrachtet entspricht aber die Bezeichnung und Signatur nicht der Handschrift von Klee. Halten sich Fälscher oder Kopisten an ein Original, können stilistische Zweifel ausgeschlossen werden. Doch wenn nur ein Ausschnitt kopiert wird oder das Original sich in einem bekannten Museum befindet, ist der Fall in der Regel eindeutig (Abb. 3 und 4). Nicht selten muss sich dann der Besitzer mit einer Kopie oder raffinierten Reproduktion abfinden. Verdächtige Unstimmigkeiten

Schwieriger ist es bei Werken, deren Standort nicht bekannt ist und die nur unzureichend in einer Publikation abgebildet sind, wenn überhaupt vorhanden. Hier braucht es nicht nur die langjährige Kennerschaft des Klee-Spezialisten, hier arbeiten auch Kunsthistoriker mit Restauratorinnen interdisziplinär zusammen. Ausserdem muss die Provenienzforschung, die Besitzabfolge eines Werkes, miteinbezo-

gen werden. Bei Druckgrafiken kann nur ab Original die Echtheit bestimmt werden ; hier bedarf es des geschulten Auges der Restauratorin. Ist der Unterlagekarton aufgrund der Werknummer, des Titels sowie der Handschrift echt, aber mutet das eigentliche Werk fremd an, muss man sich fragen, ob eventuell das Original abgelöst und eine Fälschung montiert wurde. Wann und wo das stattgefunden hat, kann aber meist nicht geklärt werden. Spannend wird es vor allem, wenn sich gefälschte Stempel und Etiketten von Galerien oder Behörden auf der Rückseite eines Werkes befinden. Meldet sich dann noch die Fedpol oder ein Landeskriminalamt aus Deutschland, weil eine gefälschte Rechnung aufgetaucht ist und das gleiche Werk an verschiedenen Orten angeboten wird, fühlen auch wir uns ein wenig als Fahnder und nicht nur als Klee-Experten. b Eva Wiederkehr Sladeczek ist Leiterin Archiv / Dokumentation. Zentrum Paul Klee Kosmos Klee 01.06. — 28.10.2018


Echt oder falsch ?

Abb. 1: In der Art von Paul Klee, ohne Signatur, Werknummer und Titel.

Abb. 2: Fälschung: Kompass­ häuschen, 1923 H 66, unten links mit « Klee » signiert.

Abb. 3: Kopie nach dem Werk antike Fabel, 1923, 56. Vermutlich Feder und Farbstift.

Abb. 4: Paul Klee, antike Fabel, 1923, 56. Feder und Aquarell auf Papier auf Karton, 26,2 × 19 cm, Centre Pompidou, Paris, Schenkung Heinz Berggruen.

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Ausstellung

Miriam Cahn

Kampfansagen Kunstmuseum Bern 22.02. – 16.06.2019 26


Miriam Cahn

Bei den eindrücklichen Präsentationen an der docu­ menta 14 ( Athen und Kassel 2017 ) erwies sich Miriam Cahn einmal mehr als eine der wichtigsten Künstler­ persönlichkeiten ihrer Generation. Dies ist Grund genug, um ihr viel­fältiges Schaffen und ihre konsequen­ te, radikale künstlerische Haltung einem breiten Publikum vorzustellen. Kathleen Bühler

In einer umfangreichen Gesamtschau, in der die wichtigsten Werkphasen vertreten sind, zeigt die Schweizer Künstlerin Zeichnungen, Arbeiten auf Papier, Ölgemälde, Skulpturen, Videos und Skizzenhefte in einer einzigartigen Chronologie und Thema überschreitenden Installation, welche den klassischen Museumsbau zum sinnlichen Denkgebäude umdeutet sowie ihre inhaltlichen, motivischen und ästhetischen Leitlinien sichtbar macht. Viele Werke werden speziell für die Ausstellung entstehen oder sind Schlüsselwerke aus dem Besitz der Künstlerin. Kommentare zur Kunst und Welt

In der Ausstellung Miriam Cahn   –   ICH ALS MENSCH werden die gestalterische Entwicklung des Werkes, die thematischen Konstanten und menschlichen Anliegen sichtbar sowie die unterschiedlichen Werkphasen in eine neuen Dialog zueinander gesetzt. Durch die persönliche Hängung durch die Künstlerin werden die Arbeiten in einer verdichteten, subjektiven Interpretation als Kommentar zum eigenen Schaffen, zur aktuellen Sicht auf die Kunst sowie auf die Welt lesbar. Denn seit Beginn von Miriams Cahns künstlerischer Tätigkeit lief die Auseinandersetzung mit ihrer Ausdrucksweise, ihren Medien sowie deren historischen Vorprägung parallel zur kritischen Reaktion auf politische und gesellschaftliche Ereignisse, in denen existenzielle Fragen der Zeit fassbar werden. Waren das in den 1980er-Jahren die Frauen-, Friedens- und Umweltbewegung, die Reaktion auf den Backlash und die um sich greifende Umweltzerstörung durch rücksichtslose Ausbeutung der Ressourcen, waren es in den 1990er-­ Jahren die Auseinandersetzung mit

dem Golf- und dem Jugoslawienkrieg und deren medialer Verwertung sowie in den jüngsten Jahren die Reaktion auf die europäische Flüchtlingskrise sowie die « Me Too »-Debatte. Indem sie ihre Werke ungeachtet von Format, Grösse, Materialien und Technik konsequent als gleichwertig behandelt sowie sich dem distanzierenden Blick darauf und der steten Nachbesserung verweigert, entsteht eine neue Haltung und neue Energie, die sich von bisher üblichen, männlich geprägten Verfahren unterscheidet und im Werk sichtbar niederschlägt. Nach der im Frühwerk noch gepflegten Unterscheidung in ein weibliches und männliches Motivvokabular, verfolgt Miriam Cahn einen Arbeitsrhythmus, der ihrem eigenen körperlichen Zyklus nachempfunden ist und daher eine spezifische Energie mit sich bringt. Distanzlosigkeit ist ihr beim Arbeiten wichtig, daher zeichnet sie mit geschlossenen Augen, verwendet übergrosse Formate, in denen sie die Übersicht verliert, oder benutzt Kohlestaub, aus dem sie ihre Motive mit den Händen herausarbeitet. Experimentierfreudige Kompromisslosigkeit

Miriam Cahns Schaffen ist durch stete Erkundung neuer gestalterischer Möglichkeiten geprägt. Zwar vor allem für ihre Zeichnungen und Malerei bekannt, experimentiert sie mit Fotografie, Abdrucken, Übermalungen, abgefilmten Werken, Skulpturen und Performancekunst gleichermassen. Sie praktiziert Interdisziplinarität, Intermedialität und Performativität in einer einzigartigen und unverwechselbaren Art. Immer jedoch bindet sie den Einsatz ihrer Mittel an ihre kompromisslose Grundhaltung zurück, die sich aus grundsätzlichen Fragen

speist, wie etwa: Wer bin ich ? Was ist Kunst, wenn meine Vorbilder Künstler sind ? Wer bin ich als Künstlerin ? Was bedeutet Frausein ? Wie lassen sich Schönheit und Zerstörung oder Gewalt im selben Bild ertragen ? Was passiert, wenn die entblösste Frau – das ultimative Schauobjekt   –   zurückschaut ? Inwiefern eignen sich Malerei und Zeichnung für die Darstellung von aktuellen politischen Problemen ? b Kathleen Bühler ist die Kuratorin der Ausstellung. Kunstmuseum Bern Miriam Cahn — ICH ALS MENSCH 22.02. — 16.06.2019 Eröffnung: Donnerstag, 21. Februar 2019 18.30 Uhr Ca. 150 wichtige Gemälde, Zeichnungen, Arbeiten auf Papier, Skulpturen, Videos und Skizzenhefte aus allen Werkphasen. Zur Ausstellung im Kunstmuseum Bern erscheinen gesammelte Künstlerschriften, Briefe und tagebuchähnliche Texte in Deutsch und Englisch unter dem Titel DAS ZORNIGE SCHREIBEN, herausge­geben vom Kunstmuseum Bern. Weitere Station der Ausstellung wird das Museum für Moderne Kunst, Warschau, von November 2019 bis März 2020 sein.

Miriam Cahn, lieben müssen 4195, 30.5.2017. Pastell auf Papier, 60 × 83 cm

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DELAUNAY ROBERT UND PARIS 31. 8.– KUNSTHAUS 18. 11. 18 ZURICH

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La Tour Eiffel et jardin du Champ-de-Mars, 1922 (Detail) © 2018 Hirshhorn Museum and Sculpture Garden, Smithsonian Institution, Washington, DC


GALERIE KORNFELD • BERN KENNERSCHAFT UND TRADITION SEIT 1864

ALBERT ANKER Stillleben: Tee und Schmelzbrötchen. 1873 Öl auf Leinwand. 33,5 : 52.5 cm. Cat. rais. Nr. 190. Auktion Juni 2019

AUKTIONEN 13. UND 14. JUNI 2019 KUNST DES 19./20. JAHRHUNDERTS UND GEGENWARTSKUNST GRAPHIK UND HANDZEICHNUNGEN ALTER MEISTER Galerie Kornfeld Auktionen AG Laupenstrasse 41 | Postfach CH-3001 Bern

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Jeden Mittwoch im Anzeiger Region Bern


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Meret Oppenheim. Digitalisiert. Der Zukunft verpflichtet.


Fotomuseum Winterthur

Jürgen Teller – Enjoy Your Life! 02.06.–07.10.2018 25 Jahre! Gemeinsam Geschichte(n) schreiben 20.10.2018–10.02.2019

Freundschaft und Verwurzelung

Cuno Amiet zwischen Solothurn und der Oschwand Zum 150. Geburtstag des Künstlers

SITUATIONS/Lab 21.09.–02.12.2018

KUNSTMUSEUM SOLOTHURN 22. September 2018 bis 6. Januar 2019 Dienstag bis Freitag, 11–17 Uhr Samstag und Sonntag, 10–17 Uhr www.kunstmuseum-so.ch Fondation Cuno Amiet

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Kunsthalle Bern Interview von Helen Lagger

Mode kann immer Kunst sein

Interview mit Valérie Knoll, Direktorin der Kunsthalle Bern

Die Kunsthalle eröffnet im Herbst gleich zwei Ausstellungen: Passageways: On Fashion’s Runway untersucht den Laufsteg und seine historische Bedeutung. In Independence hinterfragt ein/e vorerst anonym bleibende/r Künstler/in verschiedene Formen der Unab­ hängigkeit zwischen Künstler/in, Institution und Markt. Direktorin Valérie Knoll über zeitgenössische Strategien, Kunst und Mode und deren Interaktion. Die Ausstellung Passageways: On Fashion’s Runway wird von Matthew Linde, einem australischen Mode­ theoretiker und -kurator kuratiert. Warum geben Sie das Zepter aus der Hand ? Ich wollte mit einem Mode-Experten arbeiten. VALÉRIE KNOLL Ich war sehr von Matthew Lindes New Yorker Ausstellung The Overworked Body: An Anthology of 2000s Dress beeindruckt, die 2017 parallel in einer Galerie und einem Ausstellungsraum stattfand. Dabei inszenierte Linde Teile aus Kollektionen von Designerinnen und Designern, von denen viele eine Nähe zur Kunst haben: Alexander McQueen, Bernadette Corporation oder Comme des Garçons, um nur wenige zu nennen. Für die Ausstellung in Bern spielt nun das Thema Laufsteg die HL Hauptrolle. Was erwartet die Besucherinnen und Besucher ? Linde wird in Bern den Catwalk als Bühne reflektieren. Er selbst VK spricht von Theater ohne Narration. Auf dem Laufsteg ging es immer schon darum, Fiktionen herzustellen. Gleichzeitig ist es ein statisches Unterfangen, das sich im Laufe der Zeit nur wenig geändert hat. Linde interessiert sich in der Ausstellung für Designerinnen und Designer, die diese reproduktive Anlage experimentell aufgebrochen haben. Eine historische Ausstellung ? HL Durchaus mit historischen Aspekten. Es ist erstaunlich, wie viele VK Philosophen des 20. Jahrhunderts über Mode geschrieben haben. Das Spektrum reicht von Theodor W. Adorno über Walter Benjamin bis hin zu Roland Barthes. Auf manche dieser Texte bezieht sich Linde als Kurator. Paul Poiret wird ein Thema sein, er gilt als erster Modemacher, der sich als Künstler verstand. Die Ausstellung präsentiert anhand von Videos und Kleidungs­ stücken die Funktion des Laufsteges in verschiedenen Zeiten. Ein besonderer Fokus liegt auf der Mode der 1990er-Jahre, die zu heutigen Impulsen und einer verstärkten Verzahnung von Mode und bildender Kunst geführt haben. Parallel zu dieser Schau präsentiert ihr die Einzelausstellung HL Independence. Warum bleibt der/die Künstler/in anonym ? Die dahinterstehende Person interessiert sich dafür, was passiert, VK wenn in der Kommunikation nicht der Name im Vordergrund steht. Sie/er knüpft damit an spezifische Vermarktungsstrate­ gien der Konzeptkunst der Siebzigerjahre und Neunzigerjahre an. HELEN LAGGER

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HL VK

Die Gestaltung der Einladungskarte und des Plakates — alles wird in dieser Schau ein bisschen anders als üblicherweise daher kommen. So viel kann ich verraten: Es handelt sich um eine/n Schweizer Künstler/in in den Dreissigern, die/der sich nicht auf ein Medium festlegt. Gibt es einen Link zwischen den beiden Ausstellungen ? Ja. Auch in Independence geht es um Begriffe und Mechanismen aus der Modewelt. Der/die Künstler/in hat auch schon Jeans­ kollektionen entworfen oder einen Kleidertausch organisiert und dabei ihr/sein eigens kreiertes Label in einzelne Stücke einge­ näht. b Das Interview führte Helen Lagger, Journalistin.

Kunsthalle Bern Independence 22.09. — 02.12.2018 Passageways: On Fashion’s Runway 13.10. — 02.12.2018

Schaufensterpuppen präsentieren Mode Foto: Yair Oelbaum


Forum

Burgergemeinde Bern Interview von Maria-Teresa Cano

Leitlinien mit Leben füllen

Interview mit der Leiterin der Fachstelle Engagements in Kultur und Gesellschaft Patrizia Crivelli PC

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Patrizia Crivelli ist das neue Gesicht der Fach­stelle Engagements in Kultur und Gesellschaft der Burgergemeinde Bern. Foto : Beatrice Lang

Patrizia Crivelli leitet seit März mit spürbarer Begeisterung die Fachstelle Engagements in Kultur und Gesellschaft der Burgerge­ meinde Bern. Mit Enthusiasmus erzählt sie von ihrer Arbeit und den Menschen, denen sie dabei begegnet. MTC

Könnten Sie umreissen, was Ihre Auf­gaben bei der Fachstelle Engagements in Kultur und Gesellschaft sind ? Sehr gerne. Seit Dezember 2017 hat die PATRIZIA CRIVELLI Burgergemeinde Bern neue Leitlinien für all ihre Engagements in Kultur und Gesellschaft. Mit diesem Fokus haben die neuen Leitlinien die ganze Bandbreite des menschlichen Miteinanders im Blick — von den Künsten bis zum Sport, von Traditionsver­ bundenem bis zu Visionärem. Die Idee ist, den Engagements eine gemeinsame Richtung zu geben. Eine unserer Hauptaufgaben ist das Gesuchswesen. Allein die Kulturkommission behandelt 700 Gesuche im Jahr. Nach wie vor ist der Bernbezug ein verbindliches Kriterium. Daneben sind aber auch die Zusammenarbeit und der Austausch mit sozialen und kulturellen Institutionen eine wichtige Aufgabe. Die Burgergemeinde setzt sich besonders auch für eine Stärkung und Verankerung der Museumskultur ein. Dies alles mit der Absicht, Kultur und Gesellschaft noch enger miteinander zu ver­ binden. Die neuen Leitlinien sollen mit Leben gefüllt werden, aus­gehend von einem breiten und offenen Fokus was die Themen angeht, um zu entscheiden, was von der Burgergemeinde Bern unterstützt wird. MTC Die Engagements in Kultur und Gesellschaft zählen bei der Bur­ gergemeinde zu den sogenannten « angestammten Aufgaben », was steckt hinter diesem Begriff ? MARIA-TERESA CANO

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Das sind Aufgaben, die die Burgergemeinde zum Wohle der Allgemeinheit erbringt, welche in der Kantonsverfassung ver­ ankert sind. Neben der Förderung des kulturellen, sozialen und wissenschaftlichen Lebens in Bern, setzt sich die Burger­ gemeinde für die Pflege und Nutzung ihrer Wälder, Güter und Liegenschaften ein. Die Burgergemeinde Bern unterstützt eine ganze Bandbreite von Menschen und Institutionen, welches Ziel fasst sie dabei ins Auge ? Für uns ist wichtig, dass wir uns für den Nutzen und im Dienst der Allgemeinheit einsetzen, ohne dabei beliebig zu sein. Das kann durch finanzielle Unterstützung geschehen wie beim Prix Effort, ehemals Jugendpreis, oder zum Beispiel, indem wir jemandem zum Arbeiten ein Atelier zur Verfügung stellen. Man muss auf die Menschen und ihre Bedürfnisse eingehen. Unser Einsatz soll ein Weg sein, der niemanden aus-, aber viele einschliesst, offen für Visionäres und gleichzeitig traditionellen Werten verbunden ist. Genauso ist auch das Burgerspital ein Ort, wo dieses Ziel mit dem GenerationenHaus bereits gelebt wird — Alt neben Jung, als Ort der niederschwelligen Begeg­ nungen. Denn alles, was erreicht wird, erreicht man nur zusam­ men und mit viel Leidenschaft. Wo legen Sie Ihren persönlichen Schwerpunkt ? Der Austausch mit verschiedensten Institutionen ist für mich eine zentrale Aufgabe, also die Begegnung und der Dialog. Und natürlich das Entwickeln eigener Projektideen. Inwiefern erhofft sich die Burgergemeinde von ihrem Engage­ ment auch eine Gegenleistung und wie sähe die aus ? Wir erwarten nichts, ausser der Hoffnung, dass mit unserem Engagement etwas entsteht, was sonst nicht hätte realisiert werden können. b Das Interview führte Maria-Teresa Cano, Leiterin Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit.

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Forum

Burgergemeinde Bern Interview von Maria-Teresa Cano

Ein Freund und Gönner

Interview mit Lorenz Meyer, Präsident der Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern und Mitglied der Dachstiftung KMB–ZPK

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Lorenz Meyer vor Paul Klees insula dulcamara Foto: Monika Flückiger

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Alt-Bundesrichter Lorenz Meyer erklärt, was ihn bewogen hat, das Zentrum Paul Klee mit einer grosszügigen Spende zu beschenken.

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Lorenz Meyer, Sie haben erst kürzlich der Museumsstiftung für Kunst der Burgergemeinde Bern eine Million Franken geschenkt. Wir möchten uns bei dieser Gele­ genheit für diese äusserst grosszügige Wertschätzung bedan­ ken. Wie kam es dazu ? LORENZ MEYER Ich habe die Burgergemeinde, seit es das Projekt eines Paul Klee gewidmeten Museums gibt, ehrenamt­lich in dessen Gremien vertreten und bin mit dem Zentrum Paul Klee daher verbunden. Da ich Ende Jahr meine Ämter abgebe, hatte ich das Bedürfnis, mich weiterhin — neu nun finanziell — zu engagieren. MTC Wofür ist die Schenkung gedacht ? LM Vorab für gelegentliche Bildankäufe, insbesondere im Interesse des ZPK. Wichtige Werke von Paul Klee befinden sich dort lediglich im Depot und sind daher für das ZPK nicht gesichert. Allenfalls ergibt sich auch auf dem Markt einmal eine gute Gelegenheit. Die Museumsstiftung hat in der Vergangenheit gelegentlich das eine oder andere Werk im Interesse des ZPK erwerben können. MTC Zu diesem Zweck wären doch wesentlich höhere Beträge nötig ? LM Es ist an sich ein Tropfen auf den heissen Stein. Es gibt aber immer wieder Sammler, die dem ZPK oder dem KMB Werke nicht gerade schenken, aber doch zu einem sehr günstigen Preis zuwenden wollen, weil sie zu Bern oder zum ZPK eine besondere MARIA-TERESA CANO

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Beziehung haben. Insofern handelt es sich um eine Kasse für gute Gelegenheiten ; — und wenn ich den einen oder die andere ebenfalls zu einer Schenkung anregen könnte, dann wäre dies umso erfreulicher. Sie verstehen diese Schenkung als Beitrag in die Zukunft des Kunstmuseum Bern und des Zentrum Paul Klee. Wie könnte diese Zukunft skizzenhaft für Sie aussehen ? Ich stelle mir vor, dass auf der einen Seite beide Häuser weiter­ hin ihre Identität bewahren: Das KMB ist das staatliche Museum des Kantons, das ZPK ist ein Mehrspartenhaus, dessen Aus­ stellungsbereich in einem sehr weiten Sinn auf Paul Klee ausge­ richtet ist. Auf der andern Seite stehen beide Häuser unter einer einheitlichen Führung, welche auf alle möglichen Synergien im administrativen, aber auch im künstlerischen Bereich achtet. Sie haben sich von Anfang an sehr stark für das ZPK eingesetzt, Sie sind seit der ersten Stunde einer seiner Unterstützer. Was hat bei Ihnen diese Begeisterung für dieses Projekt ausgelöst ? Die Chance, an zentraler Stelle an etwas ganz Neuem mitwirken zu können. Das Ziel — ein Paul Klee gewidmetes Museum zu erstellen — war klar, bei der Umsetzung war allerdings Flexibili­ tät gefordert. Wie meinen Sie das ? Ursprünglich war geplant, dass der Kanton, die Stadt und die Burgergemeinde Bern in Drittelsparität im heutigen PROGR, Zentrum für Kulturproduktion, einen Annexbetrieb des KMB für Paul Klee einrichten. Der PROGR stellte sich aber insbeson­ dere wegen der grossen Fenster, die aus denkmalpflegerischen Gründen nicht abgedunkelt werden durften, als ungeeignet heraus. So wollten wir zwischen der Lorrainebrücke und dem KMB einen Neubau errichten. In dieser Phase trat Maurice E. Müller mit dem Angebot an uns heran, den Bau zu finanzieren, wenn wir das Projekt auf sein Grundstück im Schöngrün ver­ legten und Renzo Piano als Architekten beizögen. Dieser lud die Vertreter von Kanton, Stadt und Burgergemeinde nach Paris ein, wo er uns in einem Modell seine tollen Wellen vorstellte. Nur bezog er nicht nur das Grundstück von Maurice E. Müller, sondern die gesamte Friedhofreserve des städtischen Schoss­ haldefriedhofes in seine Planung ein. Neu wurde ein eigen­ ständiges Mehrspartenhaus mit Konzertsaal, Kongresssaal und einem pädagogischen Kindermuseum geplant. Die Burger­ gemeinde passte ihr Engagement an die neue Situation an und gründete die burgerliche Paul Klee-Stiftung mit dem Zweck, Werkkäufe, Sonderausstellungen oder Forschungsprojekte zu ermöglichen. Nach dem Zusammenschluss von KMB und ZPK wurde die Stiftung in Museumsstiftung für Kunst der Burger­ gemeinde umbenannt. Diese Stiftung dient nun beiden Häusern und unterstützt sie mit namhaften Beiträgen.


Burgergemeinde Bern

« Die Kunst braucht Freiheit. Sie ist ein Seismograph der Gesellschaft. Sie darf und soll auch kritisch sein. »

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Sie sind Mitglied der Dachstiftung KMB-ZPK, wo Sie die Burger­ gemeinde vertreten. Worauf gründet sich denn eigentlich das überaus grosse Engagement der Burgergemeinde für die beiden Kunsthäuser ? Es gehört zu den angestammten Aufgaben der Burgergemeinde, sich für die Kultur Berns einzusetzen. Sie verfügt selber über verschiedene Kulturbetriebe wie das Naturhistorische Museum Bern, das Kultur-Casino Bern, das Berner GenerationenHaus oder teilweise das Bernische Historische Museum. Sie engagiert sich aber auch für Betriebe, für welche andere verantwortlich sind ; so auch für das KMB und das ZPK, für deren Betrieb heute vorab der Kanton zuständig ist. Ihre Zuneigung zu Paul Klee ist verbrieft ; welche Künstlerin, welcher Künstler oder welche Art von Kunst sagt Ihnen sonst noch besonders zu, wo holen Sie sich seelischen Ausgleich und geistige Erweiterung ? Während meiner Studienzeit haben es mir die Impressionisten angetan. Das Jeu de Paume in Paris war mein Lieblingsauf­ enthaltsort, wo mich der vielschichtige Toulouse-Lautrec und andere faszinierten. Später verschoben sich meine Lieblinge zeitlich nach hinten. Ich konnte mich an den Künstlern der klas­ sischen Moderne nicht satt sehen. Bereits in jungen Jahren haben Sie Bekanntschaften zu Künst­ lern gepflegt, ihnen gelegentlich auch Werke abgekauft. In­ wieweit würden Sie sich nicht nur als Kunstförderer, sondern auch als Kunstsammler bezeichnen ? Weder noch. Ich habe gelegentlich mir bekannten Künstlern ein oder mehrere Bilder abgekauft, weil sie mir gefielen. Mit siebzig kommt da einiges zusammen.

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Sie sind Jurist und von 2009 bis 2012 hatten Sie sogar das Amt des Präsidenten des Bundesgerichtes in Lausanne inne. Vor diesem Hintergrund, was denken Sie: Was soll und was darf Kunst, wo sind ihre Grenzen und welche Rolle kommt ihr gesell­ schaftlich gesehen zu ? Die Kunst braucht Freiheit. Sie ist ein Seismograph der Ge­ sellschaft. Sie darf und soll auch kritisch sein. Allerdings findet die Kunstfreiheit ihre Grenze an den Rechten anderer. Wenn wir gerade davon sprechen: Hatten Sie am Bundesgericht einen Fall zu beurteilen, der mit Kunst zu tun hatte ? Wir haben am Bundesgericht einmal die Persönlichkeitsrechte einer Frau geschützt: Ein recht bekannter Künstler, der sich am Ehemann dieser Frau rächen wollte, hat sie auf grosser Lein­ wand von einem Passfoto abgemalt, aber selber noch mit einem nackten Oberkörper ergänzt, obwohl sie nie nackt in Erschei­ nung getreten ist, und anschliessend ausgestellt. Ihr Persönlich­ keitsrecht ging vor, die Kunstfreiheit musste weichen. Auch bei der Zusammenführung von KMB und ZPK im März 2016 waren Sie mit Enthusiasmus engagiert und haben zum Er­folg des Zusammengehens beigetragen. Was wünschen Sie sich für den Kunstplatz Bern für die kommenden Jahre ? Ich wünsche mir, dass der Kanton Bern zu seinen beiden Leucht­ türmen Sorge trägt. Insbesondere wünsche ich mir aus ver­ schiedenen Gründen für das KMB anstelle des Atelier-5-Anbaus einen Neubau, der Dynamik in die Hodlerstrasse bringt. Und gibt es ein Werk der Kunstgeschichte, von dem Sie wünsch­ ten, dass es bei Ihnen zu Hause hinge oder stünde ? Die insula dulcamara von Paul Klee würde sehr gut in unsere Wohnung passen. Sie ist nach meinem Empfinden nicht nur sehr schön, sondern sie zeigt auch eindrücklich die Vielschich­ tig­keit und die Abgründe des Werkes von Paul Klee. Die an zarte Blüten auf einer verführerischen Insel erinnernden süssen Farbtöne kontrastieren auffällig mit den schwarzen, harten Linien, die einen Totenkopf, Schlangen, ein stürmisches Ufer, ein Grab oder auch ein Kriegsschiff darstellen mögen. Das Werk wurde 1938 fertiggestellt, als Klee in die Schweiz geflohen war und diese möglicherweise als bittersüsse Insel im Meer faschis­ tischer Bedrohung erlebte. Was unternehmen Sie, wenn Sie nicht beruflich oder kulturell unterwegs sind ? Ich war und bin auf Berg- und Skitouren, früher oft auch mit dem Gleitschirm unterwegs, mache Hochsee-Segeltörns mit Tau­ chen und Schwimmen und freue mich an der vorzugsweise wil­ den Natur. Ich besuche gerne Opern und Konzerte, gehe ab und zu ins Kino und immer wieder auf Reisen. b Das Interview führte Maria-Teresa Cano, Leiterin Kommunikation und Öffent­ lichkeitsarbeit.

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Kalender Kunstmuseum Bern

République Géniale 17.08. — 11.11.2018 Hodler//Parallelismus 14.09.2018 — 13.01.2019 Miriam Cahn — ICH ALS MENSCH 22.02. — 16.06.2019 Eröffnung: Donnerstag 21. Februar 2019 18.30 Uhr

Zentrum Paul Klee

Paul Klee. Tierisches 19.10.2018 — 28.07.2019 Eröffnung: Donnerstag 18. Oktober 2018 18.30 Uhr Emil Nolde 17.11.2018 — 03.03.2019 Eröffnung: Freitag 16. November 2018 18 Uhr Klee & Friends 19.03. —   01.09.2019

Meisterkonzerte Viviane Chassot, Akkordeon solo Sonntag, 28. Oktober 2018 17 Uhr

Heidi Maria Glössner & Uwe Schönbeck lesen Samstag, 20. Oktober 2018 18 Uhr

Grigory Sokolov, Klavier Dienstag, 20. November 2018 19.30 Uhr

Peter von Matt liest Dienstag, 13. November 2018 18.30 Uhr

Daniel Hope & Friends Sonntag, 16. Dezember 2018 17 Uhr

Konstantin Wecker & Peter Fahr lesen Sonntag, 18. November 2018 11 Uhr

Harriet Krijgh, Violoncello & Signum Saxophone Quartet Sonntag, 17. Februar 2019 17 Uhr

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Lesungen

Laura de Weck liest Sonntag, 2. Dezember 2018 11 Uhr


More to See

Tate Modern London

Mori Art Museum Tokyo

Anni Albers 11.10.2018 — 27.01.2019

Catastrophe and the Power of Art 06.10.2018 — 20.01.2019

Nach mehreren Forschungsaufenthalten in der Albers Foundation in Bethany, CT ist mir Anni Albers Werk sowie der Ort, wo sie lebte, bestens bekannt. Nach einer Aus­ bildung am Bauhaus, wo sie unter anderem auch Paul Klees Unterricht besuchte, floh sie 1933 mit ihrem Mann Josef Albers vor den Nationalsozialisten in die USA, wo sie am Black Mountain College Kurse gab. Mit ihren Webentwürfen, die Klees Lehre und Textilien aus Lateinamerika als Ausgangspunkt haben, gelang es ihr, ein modernes Design zu entwerfen, das auch heute noch seine Gültigkeit hat. Mit grosser Spannung erwarte ich deshalb die Einzelausstellung in der Tate Modern ( anschliessend an die Ausstellung in der Kunstsammlung Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf ), die mit aller Sicherheit die umfangreichste Präsentation der Ar­ beiten von Anni Albers sein wird.

Das Mori Art Museum feiert sein 15-jähri­ ges Bestehen mit einer Ausstellung, die danach fragt, was Kunst in chaotischen Zeiten, in denen die Zukunft ungewiss ist, tun kann. Am 11. März 2011 waren gross­ se Gebiete in Ostjapan von einem mäch­ tigen Erdbeben und einem daraus ent­ standenen Tsunami betroffen. An diesem schick­salhaften Tag war ich am Eröffnungs­ fest der Paul Klee-Ausstellung im MoMA in Kyoto. Plötzlich fühlte ich mich ohn­ mächtig und unsicher … Kata­strophen und Krisen können uns zur Verzweiflung trei­ ben. Aber die enorme Energie, die für den Wiederaufbau be­nötigt wird, regt auch die Fantasie an und kann kreative Impulse steigern. Die Ausstel­lung versucht zu zeigen, wie Kunst mit grossen Katas­ trophen umgeht, die die Gesellschaft be­ treffen, aber auch mit persönlichen Tra­ gödien, und welche Rolle Kunst in unserer Genesung spielen kann. Im Glauben an die dynamische « Power of Art » — inmitten der zunehmenden Krisen durch Krieg, Terrorismus, wachsenden Flüchtlingszah­ len und Umweltzerstörung — Negatives in Positives umzuwandeln.

Empfohlen von Fabienne Eggelhöfer Chefkuratorin Zentrum Paul Klee www.tate.org.uk

Empfohlen von Marie Kakinuma Kunsthistorische Fachreferentin Zentrum Paul Klee

Fundación Juan March Madrid Lina Bo Bardi: tupí or not tupí. Brasil, 1946 — 1992 05.10.2018 — 13.01.2019 Lina Bo Bardi, geboren 1914 in Rom und 1992 in São Paulo verstorben, ist eine der innovativsten Architektinnen des 20. Jahr­ hunderts. In Brasilien betätigte sie sich auch als Sammlerin und Kuratorin. Sie för­ derte die Auseinandersetzung mit dem kulturellen Erbe des Landes und übersetzt dieses in eine zeitgenössische Architektur. Das Kulturzentrum SESC Pompeia in Sao Paulo, das ich im Frühjahr besucht habe, ist meines Erachtens eines der besten Bei­ spiele dafür, wie Kulturangebote und die alltäglichen Bedürfnisse der Menschen aus der Nachbarschaft verbunden werden können. Der Gebäudekomplex beinhaltet neben Ausstellungsräumen, Konzert- und Theatersaal, eine Cafeteria und Mensa, Bibliothek, Sporthalle, Schwimmbad, Werk­ stätten für Keramik, Druck und Schreinerei sowie Arztpraxen. Es ist ein leben­diger Platz, wo sich die unterschiedlichsten Men­ schen begegnen. Die Ausstellung in Mad­ rid gibt einen vertieften Einblick in das Denken und Schaffen dieser einzigartigen Persönlichkeit. Empfohlen von Fabienne Eggelhöfer Chefkuratorin Zentrum Paul Klee www.march.es

www.mori.art.museum

Anni Albers, Knot, 1947. Gouache on paper, 432 × 510 mm. The Josef and Anni Albers Foun­ dation © 2018 The Josef and Anni Albers Foun­ dation/Artists Rights Society ( ARS ), New York/ DACS, London

Yoko Ono, Add Color Painting ( Refugee Boat ), 2016. Mixed media in­ stallation, dimensions variable. Installation view: «Yoko Ono: Installations and Performances », Macedonian Museum of Contemporary Art, Thessa­ loniki, Greece, 2016

Lina Bo Bardi, Bardi House ( Casa de vidro ), São Paulo, Brazil, 1949 — 1952, view from the northeast. Photo­ graph by Nelson Kon, 2002, Courtesy Nelson Kon

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Agenda

Kunsthalle Bern Independence 22.09. — 02.12.2018 Welche Unabhängigkeit wird hier erklärt ? Ist es die Unabhängigkeit von der Kunst­ halle, die einen ausstellt, vom Markt oder ganz allgemein von den Zwängen des in der Welt Seins ? Die/der Künstler/in dieser Ausstellung bleibt vorerst ungenannt. Helvetiaplatz 1, 3005 Bern www.kunsthalle-bern.ch

Kunsthaus Langenthal The Vanishing Operator. Alexandra Navratil 30.08. — 11.11.2018 Eine Konstante in Alexandra Navratils Ar­ beit ist die Beschäftigung mit der Medien­ geschichte von Film und Fotog­rafie, auf der Ebene des Materials, der Technologie, der Darstellungsmodi, der wirtschaftlichen und sozialen Zusammenhänge ebenso wie mit einem persönlichen Zugang aus heutiger Sicht. Marktgasse 13, 4900 Langenthal www.kunsthauslangenthal.ch

Musée jurassien des Arts — Moutier Jean-Claude Wicky: un regard sur l’ailleurs 10.06. — 11.11.2018 Mit seinen Schwarz-Weiss-Fotografien hat Jean-Claude Wicky internationale Bekannt­ heit erlangt. Sie enthüllte die Arbeitsbedin­ gungen von Mineros ( Bergarbeitern ) aus Bolivien und von Hieleros ( Eisforschern ) aus Ecuador. Durch sein Talent als Por­trätist, seine Beherrschung von Licht und Schatten oder Rahmung hat er ihnen in seinen Foto­ grafien Würde verliehen. 4, rue Centrale, CP 729, 2740 Moutier www.musee-moutier.ch

Kunsthaus Centre d’art Pasquart Biel/Bienne Zeitspuren. The Power of Now 09.09. — 18.11.2018 Die Ausstellung beleuchtet mit Installa­ tion, Video, Fotografie, Performance und Malerei die ästhetische, materielle und kulturelle Bedeutung von Zeit. Diese offenbart sich uns über visuelle Erzählun­ gen aktueller Diskurse und wird in vier Themenfeldern von rund fünfunddreissig internationalen Kunstschaffenden re­ flektiert. Seevorstadt 71, Faubourg du Lac, 2502 Biel/Bienne www.pasquart.ch

Oben: Independence, 2018. Courtesy Indepen­ dence, Kunsthalle Bern

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Unten: Slavs and Tatars, Mystical Protest, 2011, Detail. 240 × 620 cm; Courtesy Fondazione Sandretto Re Rebaudengo

Musée des beaux-Arts Le Locle Alex Prager: Silver Lake Drive Erik Madigan Heck 03.11.2018 — 27.01.2019 In diesem Winter wird mit der Retrospek­ tive, die das MBAL der Künstlerin Alex Prager aus Los Angeles widmet, ein Traum wahr. In 10 Jahren hat sie ein einzigarti­­ges Universum entwickelt, das das Hollywood­ Kino widerspiegelt. Zur gleichen Zeit or­ ganisiert das MBAL die erste Museums­ ausstellung des aktuell talentiertesten Modefotografen Erik Madigan Heck. Marie-Anne-Calame 6, 2400 Le Locle www.mbal.ch Oben: Ausschnitt Alexandra Navratil, Fragment aus Under Saturn ( Act 1 ), 2018. Video, 9:52 min. Courtesy of the artist and Dan Gunn Gallery London

Unten: © Alex Prager, Eve, de la série The Big Valley, 2008. Courtesy Alex Prager Studio and Lehmann Maupin, New York and Hong Kong

Museum Franz Gertsch Tobias Nussbaumer Die Ordnung des verlorenen Raumes 22.09. — 30.12.2018 Tobias Nussbaumer schafft grossform­ atige Zeichnungen mit Tusche und Farb­ stift auf Papier, die er auf besonderen Trägern oder in Installationen integriert zeigt. Bilder erscheinen im Bild. Ima­gi­­­näre oder digitale Räume werden realen Architekturen gegenüber gestellt, all­tägliche Objekte und modulare Konst­ ruktionen erreichen eine skulpturale Wirkung. Platanenstrasse 3, 3401 Burgdorf www.museum-franzgertsch.ch

Oben: Jean-Claude Wicky, de la série Mineros ( Mineurs de Bolivie ), 1984 — 2001. Photographie argentique © Ayants droits

Unten: Tobias Nussbaumer, Omphalos, 2017. Schwarzer Farbstift und Tusche auf Papier, 148 × 222 cm, Kunstmuseum Olten, © Tobias Nussbaumer


Agenda

Kunstmuseum Thun Wir feiern 70 Jahre. Mit alten und neuen Bekanntschaften aus der Sammlung 18.08. — 18.11.2018 Mit einer umfassenden Ausstellung feiert das Kunstmuseum Thun das 70-JahrJubiläum. Dabei werden Beziehungsnetz­ werke, Verflechtungen sowie Freund­ schaften rund um das Kunstmuseum Thun und seine Sammlung aufgegriffen. Auf der Reise in die Vergangenheit stehen persönliche Geschichten und Anekdoten im Fokus, die auf vielseitige Art erzählt werden.

Museum Langmatt Norbert Bisky — Fernwärme 02.09. — 09.12.2018 Norbert Bisky zählt zu den international bekanntesten Malern seiner Generation. Er wuchs in der ehemaligen DDR auf und studierte von 1994 — 1999 Malerei bei Georg Baselitz an der Hochschule der Künste Berlin. 1999 war er dessen Meister­ schüler. Das Museum Langmatt zeigt die erste Museums-Einzelausstellung von Norbert Bisky in der Schweiz. Römerstrasse 30, 5401 Baden www.langmatt.ch

Museum Rietberg

Beziehungsmuster. Werke aus der Kunstsammlung der Stadt Bern 04.10. — 03.11.2018

ROSETSU — Fantastische Bilderwelten aus Japan 06.09. — 04.11.2018

Werke aus der städtischen Kunstsammlung: Beat Feller, Lang/Baumann und Ka Moser sind mit Arbeiten aus unterschied­lichen Schaffensperioden vertreten. Sie sind ein­ geladen, aus der Sammlung Werke weiterer Kunstschaffender auszuwählen und so je eine persönliche Zusammen­stellung zu präsentieren.

Japans berühmtester Tiger — und mit ihm ein ganzer Tempel — kommt für acht Wochen exklusiv nach Zürich zu Besuch. Die eindrucksvollen Wandmalereien des Muryōji Tempels und weitere atem­ beraubende Meisterwerke von Nagasawa Rosetsu sind nun zum ersten Mal ausser­ halb Japans zu sehen.

PROGR, Waisenhausplatz 30, 3011 Bern www.stadtgalerie.ch

Gablerstrasse 15, 8002 Zürich www.rietberg.ch

Oben: Reto Leibundgut, Sabine Portenier, Dominik Stauch, Frühstück mit Manet, 2000, Kunst­ museum Thun, Foto: Christian Helmle

Oben: Norbert Bisky, Hiatus, 2016. Foto: Bernd Borchard, Courtesy König Galerie Berlin, © VG BildKunst, Bonn 2018

Unten: Ka Moser, FG-Sujetmal-4/Bild 3, 2008. Kunst­ sammlung der Stadt Bern

Maria Eichhorn: Zwölf Arbeiten ( 1988 — 2018 ) 20.11.2018 — 03.02.2019 Die Ausstellung der Künstlerin Maria Eichhorn im Migros Museum für Gegen­ wartskunst vereint Werke aus den Jahren 1988 bis 2018. Seit ihren Anfängen be­ schäftigt sich Eichhorn in ihrer Kunst mit der Befragung festgeschriebener Nor­­men, die Alltagsleben und Kunst reglemen­ tieren. Limmatstrasse 270, 8005 Zürich www.migrosmuseum.ch

Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun www.kunstmuseumthun.ch

Stadtgalerie

Migros Museum für Gegenwartskunst

Unten: Nagasawa Rosetsu ( 1754 — 1799 ), Tiger, 1786, Detail aus einer Reihe von 6 Schiebetüren ; Tusche auf Papier. Muryōji, Kushi­ moto. Wichtiges Kulturgut

Musée de l’Elysée Liu Bolin 17.10.2018 — 27.01.2019 Diese retrospektive Ausstellung versam­ melt fast fünfzig monumentale Fotografien des chinesischen Fotografen und Perfor­ mers Liu Bolin, deren Themen Schwerpunk­ te in seiner Arbeit bilden: chinesische Tradition und Kultur, Politik und Zensur, die Konsumgesellschaft und die Transformation der Umwelt. 18, avenue de l’Elysée, 1014 Lausanne www.elysee.ch Oben : Maria Eichhorn, Κτίριο ως περιουσία άνευ ιδιοκτήτη / Building as un­ owned property ( Gebäude als Nichteigentum ), 2017, Ausstellungsansicht EMST National Museum of Contemporary Art, Athens, Courtesy of the artist, Foto: Stathis Mamalakis © ProLitteris, Zürich

Unten: Liu Bolin, Your World, 2014. © Liu Bolin/Courtesy Galerie Parie Beijing

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Das Spektakel der Revolution 14.9.2018 – 20.1.2019

www.landesmuseum.ch


Membership Das neue Prasidium der BKG: Brigit Bucher und Kotscha Reist Foto: Monika Flückiger

Im Dialog für die Kunst Brigit Bucher und Kotscha Reist Die Bernische Kunstgesellschaft unter­stützt begabte junge Kunstschaffende, das Kunstmuseum Bern, das Zentrum Paul Klee und die Kunsthalle Bern. Für ihre Mit­ glieder veranstaltet sie Führungen, Kunst­ reisen und Atelierbesuche. Nun haben Brigit Bucher und Kotscha Reist das Präsi­ dium der BKG übernommen.

Wir kennen uns seit über 10 Jahren, seitdem wir beide Mitglied im Vorstand der BKG sind. Nun haben wir das Präsidium der BKG übernommen, die seit 1813 existiert und die 1879 massgeblich an der Gründung des Kunstmuseum Bern beteiligt war. Wissen Sie, was Balthasar Burkhard, Franz Fédier, Bernhard Luginbühl, Chantal Michel und Markus Raetz gemeinsam haben ? Sie alle wurden von der Aeschlimann Corti Stiftung, die der BKG angegliedert ist, mit dem AC-Stipendium ausgezeichnet. Seit 1943 wird

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dieses an Kunstschaffende unter 40 Jahren, die ihren Wohnsitz oder ihren Heimatort im Kanton Bern haben, vergeben. Eine traditionsreiche Sache also, diese BKG, ganz zu schweigen von den grossen Fussstapfen, die die ehemaligen Präsidentinnen und Präsidenten der BKG hinterlassen haben. Oft wurden wir gefragt, was unsere Vision für die BKG sei. Bereits seit letztem November, als wir im Vorstand beschlossen haben, dass wir gemeinsam für das Präsidium kandidieren würden, haben wir uns regelmässig getroffen und haben viel darüber gesprochen, was die BKG ist, was sie war und was sie sein könnte. Ein inspirierender Dialog hat sich zwischen uns ergeben. Auch darüber, wie wir diesen Dialog in die BKG hinein- und darüber hinaustragen möchten — den Dialog mit den engagierten Kolleginnen und Kollegen im Vorstand, den Dialog mit dem Kunstmuseum

Bern, der Kunsthalle Bern und dem Zentrum Paul Klee, den Dialog mit den Kunstschaffenden und mit den Mitgliedern. Dieser Dialog soll unsere Vision befruchten, denn nur im Dialog erfährt man etwas über Bedürfnisse und wie man Unterstützung leisten kann. Für die Bedürfnisse der Kunstschaffenden, der Institutionen und der Mitglieder wollen wir uns einsetzen. Und wir hoffen, dass es uns auch gelingt, dass die BKG sich vermehrt in den kulturpolitischen Dialog um den Kunstund Kulturplatz Bern einbringt. In diesem Sinne freuen wir uns auf angeregte Diskussionen ! b Brigit Bucher ist Leiterin des Bereichs Media Relations und stv. Leiterin Corporate Publishing der Universität Bern, Kotscha Reist ist Künstler und Professor für Malerei an der ECAV HES-SO.


Membership Verein der Freunde Kunstmuseum Bern

Freunde ZPK

BKG

Berner Kunstfonds

Die Mitglieder des Vereins der Freunde Kunstmuseum Bern leisten einen wertvollen Beitrag an das Museum und an das Berner Kunstleben. Der Verein erwirbt mit den Beiträgen seiner Mitglieder hauptsächlich Kunstwerke für das Museum und rundet damit die Samm­ lung in ihren Schwerpunkten ab.

Als Freundin oder Freund des Zentrum Paul Klee profitie­­ren Mitglieder von freiem Ein­ tritt in alle Ausstellungen, umfassende Informationen über die vielfältigen Aktivitä­ten des Zentrum Paul Klee und exklusive Einblicke.

Die BKG fördert das Verständ­ nis für die zeitgenössische Kunst und unterstützt insbe­ sondere begabte junge Kunst­ schaffende, das Kunstmuse­ um Bern sowie die Kunsthalle Bern. Die BKG veranstaltet Führungen in Ausstellungen und organisiert Kunstreisen, Atelierbesuche und Vorträge. Jährlich vergibt sie mit dem Louise Aeschlimann und Margareta Corti Stipendium den höchstdotierten privaten Kunstpreis der Schweiz. Im Jahr 1813 gegründet, gehört die BKG zu den ältesten In­ stitutionen, die sich in der Schweiz der Kunstförderung widmen.

1993 wurde der Berner Kunst­ fonds durch den Verein der Freunde Kunstmuseum Bern, die Bernische Kunstgesell­ schaft BKG und die Kunsthalle Bern gegründet, um die Be­ ziehungen zu Mäzenen und Sponsoren auf privatwirt­ schaftlicher Basis zu pflegen und zu koordinieren. Die Mitglieder leisten jährlich mit rund CHF 90 000 einen wich­ tigen Beitrag zur Inten­sivierung der Zusammenarbeit zwi­ schen Kunstmuseum Bern und Kunsthalle Bern sowie zur Kunstvermittlung und zum Kunstleben. Der Berner Kunst­ fonds zählt an die 60 Mit­ glieder ( Private, Firmen und Institutionen ).

Mitglieder profitieren von di­ ver­­sen Vergünstigungen, Einladungen zu Eröffnungen und exklusiven Veranstal­ tungen. Zudem erhalten sie freien Eintritt in die Sammlung und Wechselausstellungen des Kunstmuseum Bern sowie per 2019 auch ins Zentrum Paul Klee. Mehr Infos unter www.kunstmuseumbern.ch/ vereinderfreunde Verein der Freunde Kunstmuseum Bern Hodlerstrasse 8—12 3011 Bern +41 31 328 09 44 member@kunstmuseumbern.ch

Zudem leisten Mitglieder einen wichtigen Beitrag an ein in der Schweiz einzigartiges Kunst- und Kulturzentrum. Mehr Infos unter www.zpk.org/freunde Freunde Zentrum Paul Klee Monument im Fruchtland 3 3006 Bern +41 31 359 01 01 freunde@zpk.org

Den Mitgliedern bietet die BKG freien Eintritt in die Sammlung und Wechselaus­ stellungen des Kunstmuse­um Bern. Ab 2019 profitieren Mitglieder auch von freiem Eintritt in die Ausstellungen im Zentrum Paul Klee. Mehr Infos zu den exklusiven Angeboten für BKG-Mitglieder unter www.kunstgesellschaft.ch

Mehr Infos unter www.kunstmuseumbern.ch/ bernerkunstfonds Berner Kunstfonds Hodlerstrasse 8—12 3011 Bern +41 31 328 09 44 member@kunstmuseumbern.ch

Bernische Kunstgesell­schaft BKG Hodlerstrasse 8—12 3011 Bern 7 +41 31 328 09 44 info@kunstgesellschaft.ch

Impressum Kunsteinsicht Das gemeinsame Magazin von Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee, info@kunsteinsichtbern.ch. HERAUSGEBER : Kunstmuseum Bern, Hodlerstrasse 8—12, 3011 Bern, www.kunstmuseumbern.ch. Zentrum Paul Klee, Moument im Fruchtland 3, 3006 Bern, www.zpk.org. Gegründet von Maurice E. und Martha Müller sowie den Erben Paul Klee. REDAKTION : Maria-Teresa Cano, Maria Horst, Thomas Soraperra. AUFLAGE : 18 000 Ex., erscheint 2-mal jährlich. BEZUG : In der Jahresmitgliedschaft der Gönnervereine enthalten, aufgelegt im Kunstmuseum Bern und Zentrum Paul Klee. GESTALTUNG : Philippe Gertsch, Renate Salzmann. DRUCK : www.jordibelp.ch. INSERATE : Brigitta Wermuth-Steiner, +41 31 818 01 25, brigitta.wermuth@jordibelp.ch. UNTERSTÜTZUNG : Wir bedanken uns für die grosszügige Unterstützung beim Verein der Freunde Kunstmuseum Bern und der Bernischen Kunstgesellschaft BKG. TITELBILD : Emil Nolde, « Exotische Figuren I ( Fetische ) », 1911, Öl auf Leinwand 64,5 × 78 cm, Privatbesitz, Foto : Antje Zeis-Loi, Medienzentrum Wuppertal, © Nolde Stiftung Seebüll

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Augenblicke im Zentrum Paul Klee  b Ein Winter in den Bündner Bergen: Arno Camenisch liest aus Der letzte Schnee , musikalisch begleitet von Roman Nowka.

b Die libanesische Künstlerin Etel Adnan wurde anläss­lich der Eröffnung ihrer Ausstellung im ZPK live aus ihrer Wahl­heimat Paris dazu geschaltet.

b Begegnungen bei

b Julia Häusermann, Schweizer Perfor­-

merin mit Down-Syndrom, begeistert das Publikum während ihres Auftrittes im Rahmen von  Touchdown. Eine Ausstellung mit und über Menschen mit Down-Syndrom.

der Eröffnung der Aus­stellung Etel Adnan: Nina Zimmer im Gespräch mit der Kuratorin und Kunstwissenschaftlerin Bice Curiger, rechts davon Kunsthis­­torikerin Jacqueline Burckhardt im Gespräch mit der Galeristin Andrée SfeirSemler, deren Galerie unter anderen Leih­geberin der Aus­stellung ist.

b Künstler Petrit Halilaj, Beatrice Merz, Präsidentin der Fondazione Merz in Turin, im angeregten Gespräch bei der Er­öff­nung von Halilajs Ausstellung Shkrepëtima .

b Nina Zimmer und Autor Thomas

Fischermann im Gespräch über sein Buch  Der letzte Herr des Waldes.

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Augenblicke im Kunstmuseum Bern  b Matthias Frehner

verabschiedet sich in den Ruhestand — wir wünschen alles Gute !

b Die Familie Cézanne

vertreten durch Philippe Cézanne und das Kunst­museum Bern einigen sich über das Werk La Montagne Sainte-Victoire aus dem Nachlass von Cornelius Gurlitt.

b Stadtpräsident Alec von

Graffenried eröffnet die Ausstellung Martha Stettler. Eine Impressionistin zwischen Bern und Paris .

b Dr. Günter Winands ( Mitte ), Ministerial­

direktor und Amtschef der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien der Bundesrepublik Deutschland, be­sucht mit dem Stiftungsrat der Dachstiftung KMBZPK Marcel Brülhart, Kuratorin und Leiterin Pro­venienzforschung Nikola Doll, Direktorin Kunstmuseum Bern — Zentrum Paul Klee Nina Zimmer und Regierungsrat, Erziehungs- und Kulturdirektor des Kantons Bern Bernhard Pulver die Ausstellung Bestands­ aufnahme Gurlitt. Teil 2: Der NS-Kunstraub und die Folgen anlässlich der Er­öffnung.

b Die Museumsnacht Bern lockte auch

2018 wieder zahlreiche Besucherinnen und Besucher ins Kunstmuseum Bern.

b Der Berner Gemeinderat zu Besuch

in der Ausstellung Martha Stettler. Eine Impres­sionistin zwischen Bern und Paris : Präsident der Dachstiftung Kunst­museum Bern — Zentrum Paul Klee Jürg Bucher, Nina Zimmer, Alec von Graffenried, Ursula Wyss, Reto Nause, Franziska Teuscher und Michael Aebersold.

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Kolumne

Inländische Kunst Text: Laura de Weck Illustration: Serafine Frey

Und wenn der Ausländer in seinem eigenen Inland lebt ? B Hä ? K Was hat das denn überhaupt mit uns zu tun ? B Es ist heute schon so, dass ein Schau­ spielintendant, der eine Schauspielerin sucht, einer inländischen Schauspie­ lerin den Vorrang geben muss. Und ab 2020 wird das Gesetz verschärft, da dauert es nicht mehr lang, bis auch du als Kuratorin den inländischen Künst­ lern den Vorrang geben musst. K Inländische Kunst  ? B In der Tat. K Das klingt wie inländischer Fussball. B Das klingt nicht gut. K Ach, warum das alles ? B Weil es dem gesamtwirtschaftlichen Interesse der Schweiz dient. K Und was ist mit dem gesamtkünst­ lerischen Interesse der Schweiz ? B Das ist nicht von Interesse. K Gilt der Vorrang auch für tote Künstler ? B Hä ? K Ist Paul Klee jetzt ein In- oder Ausländer ? B Er ist als Sohn einer inländischen Mutter als Ausländer in unserem Inland aufgewachsen, hat als Ausländer in seinem eigenen Inland studiert und ge­ arbeitet, ist hier in unser Umland ge­ flüchtet, und wurde in unserem Inland begraben. Ich würde sagen, ja, das gilt. K Uff. K

Kuratorin, Personalberater Du, jetzt ist es soweit, seit Juli gilt der « Inländervorrang light ». KURATORIN Was heisst das ? B Dass in gewissen Berufen bei der Stellensuche Inländer Vorrang vor Ausländern haben. K Was ist denn ein Inländer ? B Ein Schweizer, oder ein Ausländer, der im Inland lebt. K Und wenn der Schweizer im Ausland lebt ? B Egal ob Ausland- oder Inland­schweizer — die darfst du immer einstellen. K Und beim Ausländer im Inland ? B Wenn er bewilligt im Land lebt. K Und der Ausländer, der im Ausland lebt ? B Der hat keinen Vorrang. K Auch wenn er der Beste im ganzen In- und Ausland ist ? B Das nützt nichts. BERATER

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R. P. Lohse, Kontrastierende Farbgruppe, 1982 / J. Arp, Constellation von fünf Formen, 1956 P. Decrauzat D.T.A.B.T.W.H.A.H.E. (recto/verso), 2010 / M. Bill, Sans titre, 1972 / © 2018, ProLitteris, Zurich

AUSSCHLIESSLICH ZEITGENÖSSISCH

DIE SCHWEIZERISCHE GRAPHISCHE GESELLSCHAFT FEIERT IHR HUNDERTJÄHRIGES BESTEHEN CABINET D’ARTS GRAPHIQUES DU MUSÉE D’ART ET D’HISTOIRE 19. OKTOBER 2018 - 3. FEBRUAR 2019

Un musée Ville de Genève www.mah-geneve.ch


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