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Chris Ui 42 | Julia Wolfahrt 43 | Ismail Zakaev
In Kooperation mit dem Haus der Barmherzigkeit konnten wir Theorie und Praxis von kunsttherapeutischen Arbeitsweisen für die Studierenden des 2. und 3. Jahrgangs anbieten.
Neben einer Einführung in die Arbeit mit MS-Patient*innen und deren Krankheitsbild wird die Frage nach der Wirkungsweise von Kunsttherapie theoretisch erörtert. Die Praxis wurde durch Exkursionen zum Haus der Barmherzigkeit direkt erfahren.
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Erfahrungsbericht von Sarah R. Vodinska-Sallacz
Der Kopf sowie auch die linke Hand waren nach links geneigt und fest an die Brust gedrückt. Ihr Pullover – absichtlich oder nicht – harmonierte farblich mit den Rädern ihres Rollstuhls. Den rechten Arm auf dem kleinen Tisch des Rollstuhls gelegt, schaute sie ins Leere. Als ich zu ihr kam und grüßte, gab sie keine Antwort. Hörte sie mich nicht? Ich strecke ihr meine rechte Hand entgegen und sagte – deutlich lauter – meinen Namen: „Hallo, ich heiße Sarah, und Sie?“ Sie blinzelte mit den Augen, bewegte ihren rechten Arm in Richtung meinerHand,legtedenDaumenunddenZeigefingerinmeineHand und gab ein Geräusch von sich. „Wie bitte?“ Ich verstand sie nicht. Ihre, auch im Rollstuhl sitzende Tischnachbarin erläuterte: Manuela! Sie heißt Manuela und ist fast vollständig gelähmt.“ Manuela blinzelte mit den Augen und verzog ihre Lippen fast zu einem Lächeln. Sie wirkte einverstanden und leicht amüsiert.
Bevor ich ins Haus der Barmherzigkeit zu unserem KunsttherapieProjekt ging, überlegte ich mir das passende Thema für diese Stunde. Der Frühling steht ins Haus, also nahm ich einige rosa Schmetterlinge aus Filz, die ich seit Jahren zu Hause hatte, mit. Bernhard kam mit kleinen farbigen Tiegeln, die Modelliermasse verbargen. Ich nahm ein Stück braunfarbiger Modelliermasse, modellierte eine Kugel etwa so groß wie ein Hühnerei und gab sie Manuela in die Hand. Sie nahm sie eifrig entgegen. Dann fertigte ich noch eine gleiche Kugel, drückte sie zu einem Plätzchen und platzierte einen Filzschmetterling drauf. Mit einem Finger drückte ich leicht auf den Schmetterling. Manuela schaute – die Modelliermasse zwischen den Daunen und dem Zeigefingerhaltend–interessiertzu. Nun forderte ich sie auf, mit ihrem Daumen oder mit der Faust, auf den Filzschmetterling zu drücken. Sie ließ die Modelliermasse los und
deutetemitdemDaumennachoben,dassihrdieIdeegefiel.Spontan drückte sie fest auf den Schmetterling und ich zog ihn anschließend ab. Auf der Modelliermasse ist ein Abdruck des Schmetterlings deutlich sichtbar geworden. Manuela schrie auf. Ihre Augen leuchteten. In der Hälfte ihres Gesichtes, die nicht gelähmt war, konnte man ein Lachen sehen. Ihr Daumen zeigte wieder nach oben. Unsere Augen waren plötzlich glänzend. Wir wiederholten unser „Schmetterlingsgespräch“ immer wieder. Bald lagen auf Manuelas Rollstuhltisch einige farbige Schmetterlinge. Ich formte aus andersfarbigen Modelliermassen kleine Kugeln. Manuela nahm sie, mit den beiden Fingern die sie bewegen konnte, und platzierte sie auf die abgedruckten Schmetterlinge. Sie lachte und gab Geräusche von sich, die sich fröhlich und glücklich anhören. Meine Augen waren immer feuchter.
Bald wurde sie still, hielt inne und zeigte dann langsam auf die auf ihrem Tisch zur Kommunikation aufgebrachten Symbole: „Ich habe Schmerzen“. SofortverständigteichdieanwesendePflegerin.Dieseentschied, Manuela zwecks Schmerztherapie, in ihr Krankenzimmer zu bringen. Ich streckte Manuela meine rechte Hand entgegen und sie gab ihre ganzeHandindiemeine.MitausgestrecktemZeigefingerdeutetesie auf ein Wort auf ihrem Rollstuhltisch: danke. Ich machte ihr es nach.
Wieviel ist uns gesunden Menschen eine kleine Kugel aus einer billigen Modelliermasse wert? Auf der Straße würden wir sie gar nicht wahrnehmen.KlebendzwischenunserenFingernwürdenwirsielästigfinden und schnellstens versuchen, sie loszuwerden.
Wieviel ist uns gesunden Menschen eine Stunde wert? Einen Kaffee trinken? Etwas „googeln“? Sinnlose Fernsehsendung aus Langeweile ansehen?
Wieviel ist uns gesunden Menschen die Anwesenheit eines fremden Menschen wert? Möchte er etwas von mir? Ist er sogar gefährlich? Sein Akzent ist verdächtig … Ausländer … war da gestern im Fernseher etwas über Flüchtlinge …?
Direkt neben uns, nur durch eine Glasscheibe getrennt, leben Menschen wie Manuela. Eine Stunde mit einem Fremden und etwas Modelliermasse bedeutet für sie ein großes Glück.
Haus der Barmherzigkeit
DasgemeinnützigeHausderBarmherzigkeitbietetschwerpflegebedürftigen Menschen Langzeitbetreuung mit Lebensqualität. Seeböckgasse 30, 1160 Wien
REFURBISHMENT ENTERTAINMENTCENTER GASOMETER REFURBISHMENT ENTERTAINMENTCENTER GASOMETER Gestaltungswettbewerb fü r ein Refurbishment des Entertainmentcenters Gasometer Die Montes Immobilien GmbH, ein von der Immoschmiede betreutes Projekt plant ein Refurbishment des 1999–2001 gebauten Entertainmentcenters.Auf Einladung der Immoschmiede, nahmen Studierenden der Werkstätten Raum & Design und Grafi k Design der kunstschule.wien, im Wintersemester 2019/20 an einem Ideenwettbewerb zum Refurbishment des Entertainmentcenters Ost teil. Ziel des Wettbewerbes war es, ein Gesamtkonzept fü r die Allgemeinflächen zu entwickeln, das ein einheitliches Erscheinungsbild fü r alle Ebenen beinhaltet. Die neuen Ideen beinhalten Logos und Leitsysteme, Farbgebung, Licht, Raumatmosphäre sowie neue Konzepte zur Flächennutzung. Als erster Schritt wurde das Gebäude, seine Funktion, das gebotene Unterhaltungsprogramm erkundet. Vor Ort machten sich die Studierende ein Bild der Räumlichkeiten und der aktuellen Atmosphäre. Befragungen von Besucher*innen und den ansässigen Betrieben wurden vorgenommen. Da das Entertainment Center Ost, 24 Stunden geöffnet hat, besuchten die Studierenden zu Recherchezwecken das Center zu unterschiedlichen Tageszeiten und Wochentagen. Eine gemeinsame Research Phase bildete den Start des Projekts. Thematisch bewegten sich die Student*Innen in den Bereichen Atmosphäre und Raumwahrnehmung, Architektur und Bilderwelten, und analysierten historische und gesellschaftliche Hintergrü nde zum Thema „Entertainment“. Diese Forschung schuf einen Überblick und Pr obleme, bzw. erste mögliche Ziele kristallisierten sich heraus. Diese Research bildete den reichen Fundus aus dem dann die Studierenden in weiterer Folge fü r erste Konzepte und Entwü rfe schöpfen konnten. Bei diesem praxisnahen Projekt wurden Ideen entwickelt, die in ihrer Herangehensweise den Istzustand kritisch hinterfragten und neue Strategien zur Belebung der Örtlichkeit in einem zeitgemäßen Kontext stellen. Das Herangehen an die Thematik Entertainment offenbart im Kern Aktivitäten, die über den Sorgen der Nützlichkeit und über jeglichem Zweck stehen. So entstanden Beiträge zu möglichen anderen Lebenswelten. Neun Projekte waren letztendlich zur Abschlusspräsentation und Jurierung zugelassen.
Drei Projekte wurden ex equo bewertet und teilen sich das Preisgeld. Neon Switch
Noah Eberl, Adrian Kaleta, Anna Landerl-Morawietz, Maximilian Riha
JURYBEGRÜ NDUNG: Ein besonders gelungenes Logo-Design, dass seine Entsprechung im Leitsystem im Inneren und in einer mehrfunktionalen Eingangslösung fi ndet. Das Konzept ü berzeugt mit Durchgängigkeit und Detailliebe.
Form – Farbe – Licht
Raphaela Kopper-Zisser, Yasaman Eskandari, Yumi Takamatsu, Ana Turuntas und Marlene Prix
JURYBEGRÜNDUNG: Ein besonders stimmiges Konzept, das mit den grundlegenden Elementen des Entertainmentcenters spielt. Das Leitsystem sowie die fröhliche Farbigkeit schaffen eine klare, positive Stimmung.
Contemporary Circus
Kimiya Karimee Tehrani, Anastassiya Redko und Cemgil Demirtas
JURYBEGRÜNDUNG: Der Vorschlag spiegelt in wunderbarer Weise das Thema wider, viele Details davon sind schnell und einfach umsetzbar. Vor allem zeitlich begrenzte Events könnten so einen fantastischen Rahmen bekommen.
Zwei weitere Projekte wurden aufgrund ihrer Kreativität und ihrem außergewöhnlichen Zugang mit Anerkennungen bedacht.
Projekt Pixel
Moritz Frü hbeck, Anastasia Slavinskaya und Michael Zutz
Wir sehen es als essenziell, dass das Spiel im Alltag Einzug hält. Es belebt, es weckt die Sinne, und es bringt Freude ins Leben. Das Pixel als Grundelement, auf dem sich das Gestaltungs. und Bespielungs- konzept aufbaut.
Fantasy Welt
Eva Torkar
„Fantasy Welt“ greift den aktuellen Trend der Selfi e-Museen auf und erschafft einen Raum in dem sich die BesucherInnen selbst in Szene setzen können und somit Teil der kü nstlichen Welt werden. Der Besuch wird zum Unterhaltungsprogramm und Verbreitung ü ber die sozialen Medien zur Werbestrategie.
Weitere Einreichungen: Lass die Sonne rein
Semun OsmanovicIch
Säulenhöhle
Maria Klackl
El Arcoiris
Xina Portocarrero Sandoval
Wie sieht das Entertainment Center der Zukunft aus?
Melanie Amann und Siri Bonack
Kooperationspartner
Montes Immobilien GMBH
Projektleitung:
Immoschmiede, www.immoschmiede.at Mag. Gerhard Strasser, Geschäftsführung Verena Heinthaler, Vetrieb, Immobilienmanagement
Projektleitung kunstschule.wien:
Katharina Maria Bruckner, Werkstättenleitung Design & Raum Birgit Kerber, Werkstättenleitung Grafi k Design Silvia Stocker, Werkstättenleitung Grafi k Design
Jurymitglieder:
Mag. Gerold Breinbauer, Eigentü mer Entertainmentcenter Nina Auinger-Sutterlutty, MAS, Presse & Öffentlichkeitsarbeit Kunsthistorisches Museum Wien Arch. Dl Christian Ftitschl, Selbstständiger Architekt (Proiektleitung Errichtung Entertainmentcenter) Renate Lohrmann, Kü nstlerin und Galeristin, 1010 Wien Hans Peter Graner, Koordinator des Zielgebietes Erdberger Mai s -St. Marx, Magistrat Stadtteilplanung und Flachenwidmung lnnen-Sudwest Dr. Hubert Greier, Geschftsfü hrung Gesiba, Gasometer
ArtGang : Typo
Mit der Abschlussausstellung zum dazugehörigen Workshop
TeilnehmerInnen aus der Öffentlichkeit und Studierende der kunstschule.wien präsentierten Arbeiten, die im Zuge der Workshopserie zu experimenteller Typografi e entstanden sind.
Zu sehen waren Arbeiten die sich mit Onomatopoesie, Textcollagen, Kalligrammen, Fontdesign und experimenteller Schriftgestaltung auseinandersetzen. Umgesetzt in unterschiedlichen Techniken, Materialien und eigenwilligen Interpretationen. Die Ausstellung bot einen spannenden und vielschichtigen Einblick in die Gestaltung mit Schrift und Zeichen fern der angewandten Lesetypographie.
Flyer: Hannah Wittmann Foto © Birgit Kerber
Unter großer Publikumsbeteiligung öffnete die als POP-UP-SHOW realisierte Ausstellung ihre Tore um 18.00 Uhr. Das geplante Ende um 20.00 Uhr wurde deutlich überzogen und bei ausgelassener Stimmung mit neugierigen Passanten die Exponate betrachtet und diskutiert. Originaltypografi en die spontan gestaltet wurden, zogen schon Tage vor der Ausstellung die Aufmerksamkeit des Publikums auf das Event.
Konzept und Leitung:
Birgit Kerber, Lehrende kunstschule.wien
Foto © Birgit Kerber
Ras o –ol H o s–seini
Rasool wurde 1990 in Afghanistan geboren und zog mit sechs Jahren nach Pakistan, wo er zum ersten Mal sein Interesse für Zeichnen und Malen entdeckte.
Nach längerem Aufenthalt in Griechenland kam er nach Österreich, um Kunst zu studieren.
L a u ra Wegscheider
Ein Versuch die Dinge unseres alltäglichen Lebens anders wahrzunehmen und sie mit einer verspielten Ernsthaftigkeit neu zu definieren.
Sie möchte die Bewegung der Natur im Zusammenhang mit kritischer Thematik in ihren Arbeiten widerspiegeln und versucht dabei, dies auf eine sarkastische Art & Weise wiederzugeben.
So ergibt sich ein Gesamtgefüge, ein Rhythmus aus Malerei, Zeichnung, Handwerk und Leerstellen, in dem alles zueinander in Beziehung steht und einen gemeinsamen Kontext wiedergibt.
I na Nenn i ng
Das aus dem reinen Gefühl Entstehende kann nicht verstanden werden. Ina Nenning besucht die Werkstätten Druckgrafik und Grafikdesign.
Ihre Arbeit umfasst abstrakte Kpmpositionen aus Fotografie, Malerei, Druck und Zeichnung, welche rein intuitiv entstehen.
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Die Redaktion
Die Aufgabe, ein inhaltliches Konzept zu erstellen übernimmt die Redaktion. Dazu kommuniziert sie mit Autor*innen (Lehrende, Studierende, Kooperationspartner*innen, ...). Die Autor*innen stellen Bild und Textmaterial zur Verfügung. An Hand dieser Informationen entwickelt die Redaktion ein Konzept, um die Inhalte in eine zur Veröffentlichung geeignete, einheitliche Form zu bringen. Die Redaktion ist auch für das Lektorar verantwortlich.
Die Gestalter*innen
Die Werkstätte Grafik Design produziert aus den gesammelten und redigierten Informationen das Magazin. Sie konzipieren an Hand der Themenvorgabe und dem zur Verfügung gestellten Material ein Gestaltungskonzept, das medienadäquat umgesetzt wird.
Inserate im Magazin
Die Inserate in diesem Magazin entstanden in der Werkstätte Grafik Design. Unter dem Titel „Werbung wirkt subjektiv“, analysierten die Studierenden Inserate verschiedener Produkte und Dienstleistungen aufgrund ihres Aufbau, Slogan, Bildsprache, Informationstext, Werbebotschaft und Zielgruppe. An Hand dieser gesammelten Informationen begannen die Studierenden mit Neugestaltung oder Neuinterpretation unterschiedlichster Werbebotschaften. Die Inserate sind eine künstlerische Intervention mit dem Anspruch, eine originellere Gestaltung der Botschaft umzusetzen oder Inhalte neu zu interpretieren. In keiner Weise sind diese Arbeiten von den jeweiligen Firmen oder Organisationen in Auftrag gegeben, bezahlt oder autorisiert worden.
Jakob Klaunzer, Seite 4 und Seite 74 Lisa Hager, Seite 98