Inhalt Ein Vorwort als Einleitung .................................................................... 8 Ein Exkurs in die Geschichte ................................................................. 12 Der Sinn des Lebens und wie das Universum funktioniert .........................24 Samkhya, Vedanta – die Grundlagen ........................................................... 26 Purusha, Prakriti, Jivatma – das Nicht-Materielle, die Urnatur und die Lebewesen . 30 Omnisubstanzen – Triguna ........................................................................ 33 Die Entfaltung der Welt ............................................................................ 35 Manu, Manushya, Manas – was uns zu Menschen macht ............................... 45 Die Pathogenese der Psyche ...................................................................... 47 Bedürfnisse und Persönlichkeitsentwicklung............................................50 Purusharta – die Prä-Maslowsche Pyramide .................................................... 51 Das Ende der vier Zyklen versus ständige Wiederholung ................................ 54 Vier Arten von Menschen und ihr Leiden ...................................................... 56 Intelligenz und Aktivität ............................................................................. 56 Das Universum in uns ..........................................................................60 Unsere Gene – unsere körperliche Konstitution ................................................ 62 Fragebögen zur Typerkennung der körperlichen Konstitution – Deha Prakriti ........ 68 Der Vata-Typ ........................................................................................... 72 Der Pitta-Typ ........................................................................................... 73 Der Kapha-Typ ........................................................................................ 74 Der Vata-Pitta-Typ ..................................................................................... 74 Der Pitta-Kapha-Typ .................................................................................. 75 Der Vata-Kapha-Typ ................................................................................. 76 Der Tridosha-Typ ...................................................................................... 77 Unser Charakter – unsere psychisch-epigenetische Konstitution ........................... 79 Fragebögen zur Typerkennung der psychischen Konstitution – Manasa Prakriti ..... 83 Optimierte Leistung durch angepasste Ernährung ...................................92 Regional und saisonal .............................................................................. 92 Schluss mit den falschen Ernährungsmythen ................................................... 99 Fette aus ayurvedischer Sicht ................................................................... 103 Souveränität über die eigene Ernährungsweise .............................................. 111 Sechs Geschmacksrichtungen .................................................................. 112 Food & Mind – Nahrung und Psyche .......................................................... 114 Vata-regulierende Ernährung .................................................................... 117 Pitta-regulierende Ernährung .................................................................... 120 Kapha-regulierende Ernährung ................................................................. 123 Vata-Pitta-regulierende Ernährung .............................................................. 125 Pitta-Kapha-regulierende Ernährung ........................................................... 128 Vata-Kapha-regulierende Ernährung ........................................................... 130 Tridosha-regulierende Ernährung ............................................................... 133 Lebensabschnitte und Personengruppen ..................................................... 136
Den Lebensstil sich selbst anpassen ..................................................... 142 Die Chronobiologie – Leben im Rhythmus der Natur ..................................... 144 Mit dem Wecker in die Opferrolle – Tipps für einen guten Tag ....................... 144 Die saisonalen Zyklen ............................................................................ 148 Regulation der körperlichen Bedürfnisse . . .......................................... 154 Der Umgang mit negativen Emotionen ...............................................155 Sexualität – wer darf wann, falls überhaupt ................................................ 157 Tipps zur Gesunderhaltung – Sport und Bewegung ...................................... 166 Ist Sport wirklich so gesund? .................................................................... 166 Sportarten unter der Lupe ........................................................................ 167 No-excuse-Yoga .................................................................................... 171 Der Mythos der Work-Life-Balance ............................................................ 182 Ayurveda und Wellness .......................................................................... 183 Vastu – Lebensraumanpassung ............................................................ 184 Sinn und Zweck von Vastu ...................................................................... 188 Praktische Tipps zur Raumgestaltung .......................................................... 189 Das Schicksal selbst bestimmen – mit Heilbehandlungen ....................... 194 Rituale – Schutz durch Worte und Taten ........................................................ 195 Schutzkreis ........................................................................................... 197 Herrgottswinkel ..................................................................................... 199 Ahnenrituale ......................................................................................... 200 Hausweihe .......................................................................................... 200 Meditation – Der Weg zur inneren Einkehr ................................................... 202 Acht Stufen zur perfekten Meditation ......................................................... 204 Klang als Wegweiser durch die Elemente .................................................. 207 Bhakti – Liebevolle Hingabe .................................................................... 209 Wenn’s mal nicht so gut läuft – Ayurvedas medizinische Kompetenz 212 Eierstöcke und Gebärmutter – ayurvedisch behandeln .................................. 214 Bluthochdruck – mit Ayurveda helfen ........................................................... 217 Prostata – wenn sich das Gewebe verändert ................................................ 227 Aufmerksamkeitsdefizitstörungen – ayurvedische Alternativen wählen .............. 232 Antidepressiva – schnell zerbricht das Pillenglück .......................................... 237 Angststörungen – ihre Behandlung in der Ayurveda ....................................... 242 Die verlorene Tochter – Behandlung einer Glomerulosklerose ......................... 248 Adipositas – Fettleibigkeit mit Wärme begegnen ........................................... 251 Arteriosklerose – einer Arterienverkalkung vorbeugen ..................................... 253 Arthrose – die Gelenke richtig nähren .......................................................... 256 Osteoporose – den Knochenschwund aufhalten ............................................ 259 Anhang Register/Glossar ..........................................................................262 Bezugsquellen . . .......................................................................... 266 Literatur .................................................................................... 267 Bildquellen ................................................................................ 268 Hans Heinrich Rhyner . . ................................................................. 269
Ein Exkurs Ein Ex ku rs in in diedi Geschichte e G e s c hi c h t e
1973 am Ufer der Yamuna, wo ich meine alles verändernden, ersten spirituellen Erlebnisse erfuhr.
Ein Ex ku rs in d i e G e s c hi c h t e
Persönliche Geschichte Meine eigene Geschichte mit Ayurveda begann Mitte der Siebzigerjahre in Mumbai. Ich hatte mich ein paar Jahre zuvor entschlossen, ein Brahmane zu werden. Im indischen Aschram wurde mir der Posten des Temple-Commanders (Aschram-Leiter) zugeteilt. Das hört sich martialisch an und war es auch. Plötzlich war ich für das leibliche Wohl von hundert Nonnen und Mönchen verantwortlich. Der Einkauf der Nahrungsmittel, Kleidung, Schilfmatten (wir schliefen alle auf dem Steinboden), Decken oder Kosmetikartikel oblag alles meinem Zuständigkeitsbereich. Sehr oft stand ich selber in der Küche und erlernte, in riesigen Töpfen zu kochen. Zu Festivalzeiten hatten wir Tausende von Besuchern, die auch verköstigt werden mussten. Der asketische Lebensstil sowie das schwülheiße Klima sorgten dafür, dass viele von uns regelmäßig erkrankten. Ich schickte die Nonnen und Mönche zu einem bekannten Ayurveda-Arzt in der Nachbarschaft. Er versorgte die Patienten recht erfolgreich mit herbomineralischen – natürliche ayurvedische Medikamente aus Heilpflanzen und Mineralien – Medikamenten, ermahnte uns aber immer wieder zu einem weniger rigoros asketischen Lebensstil. Seine Empfehlung zu den keusch lebenden Nonnen und Mönchen lautete recht oft, sie sollten einfach heiraten – das sei ein gesünderer Lebensstil. Ein Ratschlag, der bei mir und meinen Oberen gar keine Freude hinterließ. Erstens war ich völlig auf dem Trip, Sex sei nun wirklich nichts für spirituell Fortgeschrittene, sondern nur für Weicheier, und zweitens konnten wir es uns schlichtweg nicht leisten, dass die Zahl der Aschram-Insassen dahinschmolz. Deshalb schickte ich die Bedürftigen hinfort zum modernen Arzt, der freigiebig mit Antibiotika umging und sich keine Kommentare betreffend dem Lebensstil seiner Kunden leistete. Mein zweites Erlebnis war das eines Missbrauchs. Zwar sollte man solche Ereignisse nicht verallgemeinern, ich war damals aber dazu nicht in der Lage. Schwerwiegend war der Fakt, dass der betroffene Arzt ein orthodoxer Brahmane war. Jedenfalls führte der Vorfall dazu, dass ich für Jahre auf Distanz zu Ayurveda ging. Erst viel später erschien mein persönlicher ayurvedischer Lehrmeister, und zwar völlig unerwartet. Er öffnete mir alle bis dahin mit sie19
Ein Ex ku rs in di e G e s c hi c h t e
Benares, heute Varanasi, eine der ältesten Städte Indiens. Hier erhielt mein Mentor, Prof. P. S. Rai, sein Doktorat in Sanskrit.
Ein Ex ku rs in d i e G e s c hi c h t e
ben Siegeln versehenen Tore und präsentierte mir Ayurveda auf dem silbernen Tablett. Inzwischen war ich verheiratet mit einer Bollywood-Schönheit und lebte in Bangalore. Mein Interesse galt vor allem dem therapeutischen Yoga sowie Heilpflanzen. Ein befreundeter Yogalehrer erzählte mir von einem dynamischen Yogi und Vaidya (Ayurveda-Meister) und bestand darauf, ihn zu treffen. Prof. P. S. Rai stammte aus einer Kriegerkaste und erzählte mir später, dass auch er mit den Ayurveda-Brahmanen zu kämpfen hatte. Es war Sympathie auf den ersten Blick. Wir haben uns sofort gegenseitig ins Herz geschlossen. Wie in Europa hatte auch in Indien der Klerus und damit die Brahmanen-Kaste über Jahrhunderte ein Monopol auf das Bildungswesen. Die eine Auswirkung war, dass einerseits ihre Moralethik mit dem medizinischen Wissen vermischt wurde, und andererseits, dass sie ihr Wissen vor Außenseitern zu schützen wussten. Ich habe selbst erlebt, wie ein von mir respektierter Professor seine Schüler nach ihrer Kaste fragte und entsprechend die aus der eigenen bevorzugte. Auch meinem Lehrer P. S. Rai wurde vorgeworfen, er stamme aus einer Kriegerkaste, die seien des Sanskrit nicht mächtig und deshalb könnten sie Ayurveda gar nicht nachvollziehen – weil sie die Veden ja nicht lesen konnten. Nun sind die Krieger zielstrebig und so begann mein Lehrer mit 45 Jahren ein Studium in Sanskrit an der renommierten Benares-HinduUniversity und schloss dieses erfolgreich mit einem Doktorat ab. So stopfte er allen Pandits das Maul. Hans H. Rhyner und Dr. G. G. Gangadharan, Professor und Direktor der Ayurveda-Abteilung des Ramaiah Universitätsspitals in Bangalore, beim 6. World Ayurveda Congress, Delhi 2014.
Der Sinn des Lebens und wie das Universum funktioniert
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ie jede und jeder Einzelne zum Ganzen in Wechselbeziehung steht, erklärt ein uraltes Gleichnis:
»Wenn der Topf zerbricht, verschmilzt der Raum im Topf mit dem umgebenden Raum. Der kleine Raum steht zum großen Raum wie das individuelle Seelenfünkchen zum kosmischen Bewusstsein. Sie sind wesensmäßig eins, aber in ihrer Ausdehnung verschieden.«8
Das Konzept von Ayurveda sieht im individuellen Erleben der Einheit von Materie und Bewusstsein die Möglichkeit eines gesunden Gleichgewichts. Da sich jeder Topf – wenngleich nur geringfügig – vom anderen unterscheidet, so sieht auch das Herstellen und Bewahren des gesunden Zustandes bei jedem Individuum differenziert aus.
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D e r S in n d e s Le b e ns u n d wi e d a s U nive rs u m f u n kt io ni e r t
»Alles-Inklusive-Urlaub in der materiellen Welt …«.
D e r S in n d e s Le b e ns u n d wi e d a s U nive rs u m f u n kt io ni e r t
Antimaterie – Purusha
Der nicht-materielle, seelische Teil des Individuums füllt zwar alles mit reiner Energie, bleibt aber selbst völlig unberührt. Er hat keinen Anfang und kein Ende (Sat), besitzt keine materiellen Eigenschaften. Er genügt sich vollkommen, freut sich an sich selbst (Ananda). Alles Wissen ruht in ihm (Cit). Er ist jenseits von Raum und Zeit. Alle Lebewesen streben nach Glück und sehnen sich nach ihrer Urheimat. Im Nicht-Materiellen liegt beides. Leid dagegen entsteht durch die falsche Identifikation des Selbst mit Materie. Bei ihr hat alles einen Anfang und ein Ende. Wenn Frau oder Mann morgens in den Spiegel schaut, findet sie/ er jemanden, der sich ständig verändert, älter wird. Die unbewusste oder bewusste Wahrnehmung von Purusha bewirkt aber, dass sie/er sich auch nach vielen Lebensjahren immer noch gleich (jung) fühlt, und dies, seit sie/er sich erinnern kann. Unendlichkeit, Wissen und losgelöste Freude existieren also immer in uns. Ganz reell können wir von dieser unendlichen Purusha-Quelle jederzeit und überall Lebensenergie schöpfen und hören irgendwann auf, der vermeintlichen Karotte vor unserer Nase – dem ambivalenten und zeitweiligen materiellen Glück – nachzulaufen. Die Antimaterie steckt in uns drin Die 24 Evolute nach Samkhya
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1
Prakriti
Urnatur
2
Ahankara
Ichgefühl
3
Buddhi
Intelligenz
4
Manasa
Wahrnehmung
5–9
Tanmatra
Generische Substanzen
10–14
Mahabhuta
Elementarpartikel
15–19
Jnanindriyas
Wissensorgane
20–24
Karmendriyas
Handlungsorgane
D e r S in n d e s Le b e ns u n d wi e d a s U nive rs u m f u n kt io ni e r t
und bedarf lediglich unserer Zuwendung, was nach Samkhya-Verständnis die Rßckabwicklung der Entfaltung oder einer Evolution in umgekehrter Richtung zur Folge hat.
Evolutionskonzept der Samkhya-Philosophie.
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Bedürfnisse und Persönlichkeitsentwicklung
O
bwohl das überraschend klingen mag, haben sich die sozialen wie persönlichen Bedürfnisse in den letzten zehntausend Jahren nicht wirklich verändert und werden dies auch in Zukunft nicht tun. Völlig unabhängig von der vom amerikanischen Psychologen Abraham Maslow bekannten Bedürfnishierarchie, entstand in der Antike ein ähnliches Konzept der vier menschlichen Bedürfnisse (Purusharta). Interessant in diesem Zusammenhang ist die Tatsache, dass Abraham Maslow der erste führende Psychologe war, der sich gegen das pessimistisch defizitäre Menschenbild der psychoanalytischen Schule von Sigmund Freud und den Behaviorismus von John Watson gewendet hat und die Meinung vertrat, dass der Mensch grundsätzlich als gut gesehen werden kann. Der Mensch sei in seiner Ganzheit nicht durch niedrige Triebe gesteuert, sondern werde durch ein angeborenes Wachstumspotenzial angetrieben, um sein höchstes Ziel, die Selbstverwirklichung, zu erreichen. Genau dieses Menschenbild finden wir in vedischer Zeit. Ayurveda ist der Schlüssel, der das ganze konstitutionelle Potenzial eines Menschen freisetzen kann, um dieses ultimative Ziel der Selbstverwirklichung zu erreichen. Ayurveda geht noch einen Schritt weiter und stellt fest:
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B e d ü r f nis s e u n d Pe rs ö n li c h ke i t s e n t wi c kl u n g
Es gibt keine guten oder schlechten Konstitutionen, denn in jedem Individuum steckt das volle Potenzial, die eigene Bestimmung zu erfüllen.
Purusharta – die Prä-Maslowsche Pyramide Die Prä-Maslowsche Pyramide setzt sich aus folgenden Teilen zusammen: • Dharma – Pflichterfüllung • Artha – materielle Sicherheit durch wirtschaftliche Aktivitäten • Kama – Sinnesfreuden • Moksha – Selbstverwirklichung
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B e d ü r f nis s e u n d Pe rs ö n li c h ke i t s e n t wi c kl u n g
Das Ende der vier Zyklen versus ständige Wiederholung Die ayurvedische Bedürfnishierarchie ist dynamisch zu verstehen. Es ist durchaus möglich, dass sich die einzelnen Bedürfnisse überlappen oder dass man wiederholt von vorne beginnt. Im mittleren Lebensabschnitt, in der bekannten Midlife-Krise, stellt man die bisherigen familiären Beziehungen (Dharma), beruflichen Erfolge (Artha) und Sinneserfahrungen (Kama) in Frage, weil sie nicht die erwünschte Zufriedenheit produziert haben, strebt nach Höherem (Moksha) oder verliebt sich in einen neuen, meist jüngeren Partner, gründet eine neue Familie und beginnt wieder von vorne. Zur Zeit des Ruhestandes sollten die drei ersten Stufen eigentlich abgeschlossen sein und so kann man sich völlig seinen Idealen zuwenden, sich
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B e d ü r f nis s e u n d Pe rs ö n li c h ke i t s e n t wi c kl u n g
Wenn Lord Shiva tanzt, kehrt das Universum in sein vor-evolutionäres Stadium zurück.
vorbereiten auf das Ende des materiellen Daseins. Wenn nun aber die Pflichten (Dharma) nie oder ungenügender weise erfüllt wurden, wenn zu wenig Sicherheiten vorhanden sind (Artha) oder man ständig über verpasste Gelegenheiten für Sinnesfreuden (Kama) grübelt, dann entsteht kein Ruhestand, sondern ein Unruhezustand, der einhergeht mit Frustration, Ängsten, Unsicherheit, etc. Deshalb erachten wir es in der Ayurveda als äußerst wichtig, dass wir weder Freuden noch Pflichten noch Wohlstand vernachlässigen. Nur so haben wir den Luxus, überhaupt an Selbstverwirklichung zu denken. Natürlich gibt es Ausnahmen. In jeder Kultur, auf jedem Kontinent und in jeder Epoche, besteht die Möglichkeit, aus den ersten drei Prinzipien auszusteigen und sein Leben exklusiv der Selbstverwirklichung zu widmen. Nonnen, Mönche, Eremiten, Schamanen versuchen, sich von diesen sozialen Zwängen zu befreien. Der Preis dafür ist hoch. Es ist nicht leicht, aber möglich, sich von allem Weltlichen zu trennen. Wenn sie das nicht schaffen, dann ist es nur ein Schmarotzerleben auf Kosten der anderen Mitglieder der Gesellschaft. 55
B e d ü r f nis s e u n d Pe rs ö n li c h ke i t s e n t wi c kl u n g
Vier Arten von Menschen und ihr Leiden
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as Bild von den vier Arten von Menschen und ihren entsprechenden Ärgernissen ist ein Augenöffner und eine Orientierungshilfe für unser eigenes Wirken. Es geht nicht darum, Menschen in Schubladen zu zwängen. Jeder bleibt frei, sich jederzeit weiterzuentwickeln und sich von der Sklaverei des eigenen Tuns etwas zu distanzieren und dieses zu relativieren. Es geht aber darum, die Möglichkeiten aufzuzeigen, wie wir den ersten drei Stufen der Bedürfnishierarchie entkommen und uns Freiräume schaffen für die Selbstverwirklichung. Denn das Argument kommt immer: »Ich kann doch meine Pflichten und meine Geschäfte nicht einfach ruhen lassen!« Also hier ist der Denkansatz, wie Sie das angehen können.
Intelligenz und Aktivität Die Gruppe von Menschen, die am meisten Schwierigkeiten in ihrem Leben zu meistern haben, sind die die aktiven Nichtintelligenten. Die Kombination von viel Aktivität und einer nicht ausgeprägten Intelligenz bewirkt, dass diese Menschen viele Fehler machen und aufgrund ihrer Fehlentscheidungen für sich und andere viel Leid bewirken. Nicht umsonst setzt jede Gesellschaft auf Bildung ihrer Bürger, um dieses Gefahrenpotenzial sowohl für die Allgemeinheit als auch für das Individuum zu reduzieren. Die nächste Gruppe, die schon deutlich weniger Schwierigkeiten im Leben erfährt, sind die nichtaktiven Nichtintelligenten. Das ist einfache Arithmetik: Weniger Aktivität mit relativ wenig Intelligenz ergibt weniger potentielle Fehler und Gefahrenquellen. Man beschränkt sich auf das Minimum und 56
B e d ü r f nis s e u n d Pe rs ö n li c h ke i t s e n t wi c kl u n g
Das einfache Dorfleben im abgelegenen Südindien.
muss dafür auch weniger tun. Das ist eine mögliche Lösung für Menschen, die nicht die Möglichkeiten haben oder hatten, sich weiterzubilden. Ein großer Teil der armen Weltbevölkerung wählt diesen Weg und lebt mäßig gut damit. »Die sitzen ja nur rum, anstatt zu arbeiten«, lautet oft der falsch verstandene Kommentar von reichen Touristen. Nun gibt es aber keine Arbeit oder ein Stück Land, das man besitzt, oder die Möglichkeit, in der Stadt zu studieren. Interessant ist die andere Feststellung dieser Reisenden: »Die sind ja so arm und trotzdem lächeln sie und sind freundliche Menschen.« Dass sie auch anders können, beweist das hohe Wirtschaftswachstum der asiatischen Staaten und auch in Afrika ist ein großer Aufbruch im Gang. Nun kommen wir zu den aktiven Intelligenten. Sie sehen überall Geschäfte oder Möglichkeiten und packen sie auch beim Schopf. Die hohe Aktivität bewirkt auch in diesem Fall trotz Intelligenz und den Möglichkeiten, die sie sich schaffen können, eine nicht zu unterschätzende Fehlerquote und damit Leid. Zudem besteht die Möglichkeit, dass man sich nicht wirklich Zeit 57
Optimierte Leistung durch angepasste Ernährung
V
iele Menschen definieren sich heute nicht über das, was sie essen, sondern was sie nicht essen. Manchmal könnte man meinen, die urbanisierte, westliche Gesellschaft sei von einer kollektiven NahrungsmittelNeurose befallen. Der fatale Fehler dabei ist, dass nur von der Nahrung und ihren erwünschten oder unerwünschten Bestandteilen ausgegangen wird. Dabei geht es in der Ernährung zuallererst um uns selbst. Was brauche ich mit meiner ureigenen Struktur und Jetzt-Verfassung? Danach schaue ich ins Außen: Was bietet mir die Natur um mich herum an?
Regional und saisonal Die Generationen meiner Eltern und Großeltern aßen einfache, regionale Speisen, wobei die Essgewohnheiten fast schon von Dorf zu Dorf unterschiedlich waren. Das Appenzellerland, wo ich lebe, liegt auf 700 – 1000 Metern über dem Meeresspiegel. Milchwirtschaft, kleine Äcker mit Roggen oder Kartoffeln sowie der eigene geschützte Gemüsegarten und ein paar robuste Obstbäume 92
O p t imi e r t e Le is t u n g d u rc h a n g e p a s s t e Ern ä h ru n g
O p t imi e r t e Le is t u n g d u rc h a n g e p a ss t e Ern ä h ru n g
Lebensabschnitte und Personengruppen Die konstitutionelle Ernährungsweise muss fallweise an Lebensabschnitte, Personengruppen und weitere Lebensumstände wie Klima, Arbeit oder Krankheiten angepasst werden.
Achtung bei Kindern Kapha, Pitta und Vata beeinflussen nebst der körperlichen Grundkonstitution auch unsere verschiedenen Lebensabschnitte. Die Kindheit wird ganz eindeutig von Kapha bestimmt. Trotzdem ist weder eine Kapha reduzierende Ernährung noch Leistungssport für Kinder zu empfehlen. Kinder haben eine klare Mission, die darin besteht, in möglichst kurzer Zeit ihr Körpergewicht zu vermehren. Grün ist die Signalfarbe aller Nahrungsmittel, – außer vielleicht grüne Torte –, die die körperlichen Strukturen nicht vermehren, und daher wird alles Grüne kompromisslos verweigert. Recht haben sie, die Kleinen! Traumatisieren Sie Ihre Kinder nicht mit Ihren eigenen Diätvorstellungen, was nicht bedeuten soll, dass Sie die Ernährung Ihres Nachwuchses den Fast-Food-Ketten überlassen. Sie müssen ihm gesunde Alternativen bieten: ein Teller mit dampfender Pasta und frischem Pesto (z. B. püriertem Gemüse), darüber etwas Biokäse gerieben, Kartoffeln in jeglicher Form, ob als Püree, Pellkartoffeln oder im Öl gebacken, süß schmeckendes, leichtes Brot, frisch zubereitete Cremes, Grützen, Puddings und Kuchen. Als genereller Speiseplan für Kinder eignet sich die Vata-regulierende Ernährungsweise, wie zuvor beschrieben. Bei übergewichtigen Kindern soll die Menge reduziert, aber – außer bei einem juvenilen (kindlichen) Diabetes – nicht auf eine Kapha-reduzierende Ernährung umgestellt werden. Das Verdauungsfeuer muss bei übergewichtigen Kindern angeregt werden. Das kann durch erhöhte körperliche Aktivität, Sport, Vermeiden von übermäßigem Schlaf, Abschaffen von Zwischenmahlzeiten und Naschereien, Verzicht auf Fleisch, Käse, Wurstwaren, Fast-Food und alles Kalte erreicht werden. 136
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Speziell für Frauen In der Manu Samhita, einem archaischen Gesetzbuch, steht geschrieben, dass dort, wo Frauen geehrt werden, jede Arbeit Früchte trägt, und umgekehrt, wo Frauen nicht geehrt werden, noch so große Mühen keinen Wohlstand bringen. Die Gesundheit der Frau muss einer Gesellschaft deshalb sehr am Herzen liegen, sonst wird sie nicht mehr lange weiterexistieren. Bhava Mishra, ein Ayurveda-Arzt, hat vor 400 Jahren drei Säulen des Wohlbefindens für die Frau aufgelistet: • bestes Essen • ausreichend Schlaf • erfüllte Sexualität Für einen Außenstehenden, insbesondere einen Mann, erscheint die Ernährungsweise für Frauen unverständlich. Für die betroffenen Frauen, die sich von ihren laufend wechselnden Zuständen leiten lassen, ist das nicht wirklich ein Problem. Zuerst sind da die ausgeprägten Lebensabschnitte, die sich in die von Kapha geprägte Zeit vor dem Einsetzen der ersten Monatsblutung, in die 137
O p t imi e r t e Le is t u n g d u rc h a n g e p a ss t e Ern ä h ru n g
Pitta-Zeit, bei der die Blutungen monatlich stattfinden, und in die Vata-Zeit, wenn die Periode ausbleibt, einteilen lassen. Aber auch monatlich ändert sich der Hormonstatus: Die von Vata bestimmte Blutung, der von Kapha geprägte fruchtbare Zeitabschnitt und die von Pitta beherrschte prämenstruelle Phase. Das natürliche Essverhalten der Frau passt sich mit ständig wechselnden Gelüsten der jeweiligen Situation an. Die konstitutionelle Ernährungsweise bildet außer in der Kindheit die übergeordnete Struktur. Beispielsweise sollte eine Pitta-Frau eine Pitta-reduzierende Ernährungsweise als Grundlage ihres Essverhaltens beibehalten, aber kurz vor Beginn der Monatsblutung auf eine Vata-reduzierende Ernährung mit warmen Speisen und Getränken umstellen. Das ist besonders bei starken Regelschmerzen wichtig. Wenn Beschwerden eher prämenstrueller Natur sind, dann gilt es, von kurz vor dem Eisprung bis zum Einsetzen der Blutungen, unabhängig von der Grundkonstitution, auf eine Pitta-reduzierende Ernährung umzustellen. Beschwerden in der Kapha-Zeit sollten, außer bei Kapha-Konstitutionen, nicht mit einer Kapha-reduzierenden Ernährung beantwortet werden. Bei den Lebensphasen ist die Sache nicht ganz so komplex. Die Prämenstruationsphase liegt im Kindesalter und dazu passt die Ernährung wie im letzten Abschnitt beschrieben. Im mittleren Lebensabschnitt dominiert Pitta. Das ist kein Grund, um von Ihrer konstitutionellen Ernährungsweise abzuweichen. Es gibt aber zwei Regeln, die Sie von der Pitta-Ernährung übernehmen sollten: Meiden Sie grundsätzlich extrem saure, ölige und salzige Speisen – sie wirken stark menstruationsfördernd und verstärken die Blutungen – und essen Sie möglichst viele grüne Nahrungsmittel und regelmäßig frisches Muskelfleisch – diese Nahrungsmittel sorgen dafür, dass frisches Blut produziert wird. Bei Wechseljahresbeschwerden muss auf die jeweilige Symptomatik eingegangen werden. Bei Hitzewallungen sollten Sie auf eine PittaErnährung umstellen und im späteren Abschnitt, wenn die Wallungen nicht mehr auftreten, können Sie sich wieder an Ihre konstitutionelle Ernährung halten. 138
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Speziell für Männer Männer sind zwar in der Regel »Sensibelchen«, aber einfach gestrickte! Sie wollen Frauen und die Welt erobern, und das am besten in schicken Fahrzeugen. Auch für große Denker und Philosophen ist das Grübeln und Philosophieren nur eine verfeinerte Masche, um die eben genannten Ziele zu erreichen. Und am Ende des Tages reiten sie einsam und in Melancholie versunken in den Sonnenuntergang hinein … Die Ernährung des Mannes soll typgerecht sein und die Nahrungsmenge muss der körperlich-geistigen Aktivität angepasst werden. Gesund essen und leben ist für viele Männer leider noch kein Thema, mit dem sie sich beschäftigen wollen. Die meisten Herz-Kreislauf-Erkrankungen wären aber mit einer angepassten Ernährungsweise vermeidbar, so ungern Männer das hören. Sie lassen sich lieber mit Blaulicht zur nächsten Intensivstation kutschieren. 139
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Generation 60+ Nehmen Sie Ihr Schicksal sofort in die Hand und investieren Sie nicht mehr in den Aktienmarkt, sondern ausschließlich in Ihre Gesundheit. Damit erhöhen Sie Ihre Chancen, möglichst lange gesund und vital zu bleiben. Das Immunsystem lässt sich in diesem Alter nicht mehr so leicht regenerieren wie vor dem 42. Geburtstag. Deshalb benötigen Sie mehr Zeit und Aufwand. Hinzu kommt, dass Ihnen Ihr Körper eine falsche Ernährung oder einen unpassenden Lebensstil nicht verzeiht und dass es im Krankheitsfall viel länger dauert, bis Sie wieder auf dem Damm sind. Zudem rächen sich Ernährungsfehler aus vergangenen Tagen im Alter. Um mit dieser unerfreulichen Situation fertigzuwerden, brauchen Sie einen guten seelischen Halt. Das können Ihre Partnerschaft, die Familie, altruistische Aktivitäten, Philosophie, Kunst oder meditative Praktiken sein. Stellen Sie sich der Auseinandersetzung mit der weltlichen Endlichkeit. Setzen Sie Gegenmaßnahmen! Auch wenn Vata nicht ein Teil Ihrer Konstitution bildet, müssen Sie ab dem 60. Lebensjahr sanft auf eine Vata-reduzierende Ernährung umstellen – außer bei starkem Übergewicht. In diesem Fall müssen Sie erst Ihr normales Gewicht erreichen und dann einige Prinzipien
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von Vata übernehmen: warme und leicht nährende Flüssigkeiten trinken, z. B. jede Art von leichten Suppen, Gewürztees mit etwas warmer Reis- oder Hafermilch, eine Gewürzmilch, wobei die Milch 1 : 1 mit Wasser verdünnt wird. Ideal ist Ziegenmilch. Verwenden Sie nur frische und die besten Öle wie Olivenöl, Kürbiskernöl, Leinöl oder Sesamöl. Auch wenn Sie als älterer Erdenbürger alleine leben, sollten Sie sich nur in Ausnahmefällen von Aufgewärmtem ernähren. Sie müssen unbedingt täglich etwas Frisches für sich kochen!
Sechs Regeln für eine gesunde Ernährungsweise Die sechs wichtigsten Ernährungsregeln für alle Konstitutionstypen sind: • Täglich einen möglichst großen Anteil an frischen (regionalensaisonalen) und naturbelassenen Lebensmitteln konsumieren! • Die Essenszeiten möglichst regelmäßig einhalten. • Frühestens drei (Vata und Pitta) bis vier Stunden (Kapha) nach einer Mahlzeit wieder etwas essen und nicht länger als sechs Stunden ohne Nahrung bleiben! • Wenn bei obiger Zeitregel kein Hunger herrscht, dann sind appetitanregende Maßnahmen angezeigt, wie ein Aperitif: z. B. 2 TL Zitronensaft, 2 Scheiben frischer, feingehackter Ingwer, 3 Basilikumblätter, 1 TL Honig und 50 ml heißes Wasser. • Es ist genauso ungesund, zu wenig zu essen, wie zu viel zu essen! • Mit allen Sinnen essen! So reagieren Sie auf jede emotionale oder physiologische Veränderung. 141
Den Lebensstil sich selbst anpassen
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eben einer individuellen Ernährungsweise gilt es, einen ebenso individuellen Lebensstil zu pflegen. Sie sollen diesen an die körperliche wie charakterliche Konstitution anpassen und möglichst nicht an irgendwelche Zwänge von außen. Wenn Sie nicht lernen, sich für sich selbst einzusetzen – wer bitte soll es dann tun? Ayurveda listet folgende Aspekte der aktiven Gesundheitspflege auf: • Chronobiologie – die zeitliche Organisation physiologischer Prozesse als Reaktion auf äußere Umstände. Sie werden unterteilt in Ratschläge in Bezug zum Tagesablauf (Dinacarya) und der Nacht (Nishacarya) sowie in Bezug zum jahreszeitlichen Wechsel (Ritucarya). • Regulation der natürlichen körperlichen Bedürfnisse (Navegandharaniya) • Der Umgang mit negativen Emotionen (Sadvritta) • Weitere praktische Tipps Sie werden in der Ayurveda als Methoden gewertet, um gesund zu bleiben, und ihr Befolgen wird immer empfohlen. Der berühmte Ayurveda-Arzt Vagbhata (siehe S. 222) geht so weit zu sagen, dass die meisten Menschen eigentlich wissen, was gut für sie ist. Die Kunst liegt darin, danach zu leben.
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D e n Le b e ns s t il si c h s e l b s t a n p a s s e n
Wenn’s mal nicht so gut läuft Ayurveda’s medizinische Kompetenz
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ie folgenden Beispiele aus meinem Ayurveda-Praxis-Alltag sollen aufzeigen, wie wirksam Ayurveda bei chronischen und weit verbreiteten Beschwerdebildern helfen kann. Den wichtigsten Beitrag zum Erfolg leisten immer die Betroffenen selbst. Dieses Kapitel zeigt die medizinische Kompetenz von Ayurveda und ist nicht zur Selbsttherapie geeignet. Wenn Sie einen kompetenten AyurvedaTherapeuten in Ihrer Region suchen, können Sie sich an einen der Berufsverbände wenden (Adressen siehe Seite 269).
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We n n’s m a l ni c h t s o g u t l ä u f t – Ayu r ve d a’s m e d izinis c h e Ko m p e t e nz
Bei einer Kadivasti-Behandlung zur schnellen Linderung von Ischiasbeschwerdungen.
We n n’s m a l ni c h t s o g u t l ä u f t – Ayu r ve d a’s m e d izinis c h e Ko m p e t e nz
Adipositas – Fettleibigkeit mit Wärme begegnen
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us ayurvedischer Sicht reduziert sich mit dem Älterwerden generell das Feuer-Element. Die dadurch herabgesetzten Primär- sowie Gewebestoffwechsel (Jatharagni und Bhutagni) fördern die Tendenz zu einer Gewichtszunahme, vor allem bei Menschen mit Wasser-Erde-Element (Kapha-, Vata-Kapha- und Pitta-Kapha-Prakriti) in ihrer Grundkonstitution. Bewegungsarmut, kalte Speisen und Getränke, Überessen, Medikamente wie synthetische Hormone oder Psychopharmaka zeigen besonders negative Auswirkungen auf das Körpergewicht. Extrem belastend sind Tagesschlaf und im Allgemeinen zu viel Schlaf. Damit werden die schweren Elemente im Körper gefördert. Einsamkeit, Mangel an sozialen Kontakten, Depression sind psychologisch bedingte Ursachen für Fettleibigkeit. Hinzu kommen familiäre oder berufliche Belastungen.
Therapie Die beiden intensiven ausleitenden Verfahren des Pancakarma wie therapeutisches Erbrechen (Vamana) und Abführen (Virecana) werden in Verbindung mit gewebereduzierenden physikalischen Maßnahmen nacheinander oder einzeln durchgeführt. Wirksame Medikamente bei Fettleibigkeit sind Anthalea azadirachta (Nimba), Commiphora mukul (Guggulu), Weihrauch (Shallaki), Boerhaavia diffusa (Punarnava) und Extrakt aus Schieferöl (Shilajit).
Ernährung Eine strikte Kapha-reduzierende Ernährung ist hier angezeigt. Das bedeutet ausschließlich gekochte, warme Speisen und Getränke, die mit bitteren und 251
We n n’s m a l ni c h t s o g u t l ä u f t – Ayu r ve d a’s m e d izinis c h e Ko m p e t e nz
Artischockensaft.
scharfen Gewürzen und möglichst wenig Fett (ideal sind Raps- oder Sesamöl) zubereitet werden. Auf normales Salz sollte vollständig verzichtet werden. Kräutersalz oder naturbelassenes Steinsalz in geringen Mengen sind angezeigt. Um das Verdauungsfeuer anzuheizen, sollten Sie vor jeder Mahlzeit ein Stück frischen Ingwer kauen. Für mehr Geschmack sorgt, wenn Sie den Ingwer in ganz feine Stücke zerhacken, diese mit einem Schuss frischen Zitronensaft und etwas Honig vermischen und einnehmen. Nach der Mahlzeit kann ein Digestif aus bitteren Pflanzen die Verdauung anregen. Zum Beispiel können Sie sich in der Apotheke Frischpress-Säfte von Artischocken, Brennnesseln oder Löwenzahn besorgen und in der vorgeschriebenen Menge einnehmen.
Lifestyle Möglichst viel geistige, soziale und körperliche Bewegung sind ein absolutes Muss. Sie sollten sich aber weder überfordern noch ein schlechtes Gewissen haben, wenn Sie einmal nicht nach Plan Sport treiben oder bei einem freudigen Anlass etwas über die Stränge schlagen, denn das schlechte Gewissen ist meist schädlicher als Ihr Fauxpas. 252
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Arteriosklerose – einer Arterienverkalkung vorbeugen
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rterienverkalkung ist im normalen Verlauf ein natürlicher Alterungsprozess. Dabei findet eine Veränderung der Blutgefäße statt. Die Gefäßwände lagern Fett ein, verkalken, verlieren an Elastizität und der Gefäßdurchmesser verengt sich zunehmend. Diese Ablagerungen werden Plaques genannt. Die Folge: Das Blut kann nicht mehr ungehindert fließen. Folgende Risikofaktoren fördern die Plaquebildung und führen dazu, dass diese früher einsetzt: Rauchen, Zuckerkrankheit, erhöhter Blutdruck, erhöhter Cholesterinspiegel, Übergewicht, Bewegungsmangel, negativer Stress, erhöhte Werte der Aminosäure Homocystein oder des C-reaktiven Proteins (CRP). Je nachdem, an welchen Gefäßen solche Veränderungen auftreten, können folgende Symptome erscheinen: Im Gehirn führt Arteriosklerose möglicherweise zu Schlaganfällen (Apoplexien). Die Folge davon kann eine halbseitige Lähmung sein. Am Herzen zeigt sich Arterienverkalkung in Form von Herzenge (Angina pectoris), Herzschwäche (Herzinsuffizienz) oder Herzinfarkt. Arterienverkalkung in den Nierengefäßen kann einen hohen Blutdruck und Nierenversagen bewirken. In den Beinen treten in Verbindung mit größerer Belastung Schmerzen auf, später auch beim Gehen (Claudicatio intermittens bzw. Raucherbein oder Schaufensterkrankheit). Bei Männern führt die Arterienverkalkung in den Beckenarterien unter Umständen zu Impotenz.
Therapie Die moderne Medizin ist überzeugt, dass Arterienverkalkung nicht geheilt, sondern nur durch Vorbeugung vermieden werden kann. In der AyurvedaMedizin sind wird da anderer Meinung. Prof. Udupa hat in seinen Langzeitstudien an der Benares Hindu University über zwei Jahrzehnte gesicherte kli253
nische Studien durchgeführt, die eindeutig die positive Wirkung bei Arteriosklerose von Extrakten der Rinde von Terminalia arjuna belegen, ein Medikament, das in der Ayurveda seit Tausenden von Jahren bekannt ist. In meiner Praxis habe ich damit sehr großen Erfolg. Die Extrakte von Terminalia arjuna gibt es in verschiedenen Darreichungsformen, wie zum Beispiel Yoga-Atmung. Parthadyarishtam, einem Kräuterwein, oder als reines Kräuterkonzentrat (5 : 1 herb ratio): Die Wirkung der Terminalia arjuna kann eindeutig erhöht werden, wenn täglich Atemübungen (Pranayama = Yoga-Atmung) durchgeführt werden, wie zum Beispiel das Gleichhalten von Ein- und Ausatmen. Dabei zählen Sie bei einem langsamen, gleichmäßigen Einatmen, wie lange Sie dazu gebraucht haben. Dann dosieren Sie die Ausatmung derart, dass diese genau gleich lange dauert. Wiederholen Sie diese Sequenz 10 Mal und atmen dann wieder völlig frei. Eine deutliche Verbesserung der Durchlässigkeit der Gefäße stellt sich nach Langzeiteinnahme von sechs Monaten bis zu einem Jahr ein. Die Symptome von Angina pectoris und andere nehmen hingegen schon nach ein paar Tagen Einnahme ab. In der klassischen Literatur sind frische Milchabkochungen des Rindenpulvers in einer Dosis bis zu 6 g auf 1 Tasse Milch pro Tag beschrieben. Die Milch lindert die adstringierende Wirkung und macht das Präparat verträglicher, vor allem für Menschen mit Verstopfung. Bei Übergewichtigkeit, hohen Cholesterinwerten oder einer Milchunverträglichkeit kommt das reine Pulver oder Konzentrat in geringerer Dosierung zum Einsatz, zusammen mit einer Tasse heißem Wasser. Blutegeltherapien verringern die Gefahr von Thrombosebildung, können die Blutwerte verbessern und reduzieren die Plaquebildung. Sie werden in der Ayurveda wie auch der europäischen Naturheilkunde wieder vermehrt eingesetzt.
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