Heimat & Welt, März 2016

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ZEITSCHRIFT für Südtiroler in der Welt 39100 BOZEN/ITALY

März 2016

Filmgeschichte Südtirols

Foto: Günther Masnovo

Alpenkino Sand in Taufers


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THEMA

H&W | März 2016

Filmland Südtirol

Vom Filmemachen, von Menschen und Kinos n Wer früher im Bereich Film arbeiten wollte, musste aus Südtirol weg. An eine Rückkehr war nicht mehr zu denken. Heute hat sich die Situation geändert. Anders geworden ist auch die allgemeine Kinosituation. Das Buch „Cinema. Film in Südtirol seit 1945“ erzählt davon.

Der ehemalige Bozner Schauspieler Peter Martell (l.) beim Zusammen­ treffen mit Regisseur Wim Wenders und dem Südtiroler Filmpionier Martin Kaufmann (r.) anlässlich der Bozner Filmtage 2006. Martell wäre 1967 fast Filmpartner von Bud Spencer in einem Django-Western geworden. Weil er verletzt war, bekam Terence Hill die Rolle.

Foto: Digital Photo Image OHG Bozen, Manuela Tessaro

„Ich habe acht Jahre lang bei der Firma Birfield in Bruneck gearbeitet. Glücklich war ich dabei nie. Gleichzeitig wusste ich nicht, was ich wirklich machen will. Irgendwann wollte ich einfach weg“, sagt Anton M. Algrang (Jg. 1965), der Pusterer aus St. Georgen bei Bruneck, der heute als Schauspieler erfolgreich ist. Das ist nur eine von vielen Geschichten aus dem Filmland Südtirol. Immer sind es auch Geschichten vom Hierbleiben und Wegmüssen, häufig sind es abenteuerliche Geschichten. Das Konzept Filmland schließt nämlich vieles mit ein, die Filmbeschaffung, die vor Öffnung der Grenzen mehr als schwierig war, das Filmemachen und das Produzieren, den Drehort Südtirol, die Regie, das Schauspiel, das Kulturkino in beiden Sprachen, Festivals und die Kinosäle, von denen es heute nur mehr wenige gibt.

Der Drehort Südtirol Südtirol ist als gefragter Drehort heute in der ganzen Welt bekannt. Erst 2014 war

Der aus Bruneck stammende Produzent Karl „Baumi“ Baumgartner (l.) hat nicht nur den Weltruhm von Jim Jarmusch (r.) begründet sondern auch Aki Kaurismäki, Emir Kusturica, Yilmaz Güney, Andrej Tarkowskij, Sally Potter, Kim ki-duk und viele andere berühmt gemacht. 2014 wurde er mit der Berlinale Kamera ausgezeichnet Foto: Pandora Film, Archiv

Hollywood für Aufnahmen zu „Everest“ mit Josh Brolin und Jake Gyllenhaal am Schnalser Gletscher. Die Attraktivität Südtirols hat mit Landschaft und Wetter zu tun und mit dem Geld, das es gibt, als Wirtschaftsförderung sozusagen. Die geförderten Projekte müssen nämlich mindestens 150 Prozent der Mittel, die aus dem Landestopf kommen, wieder im Land ausgeben. Als „Standort mit viel Sonne“ sei Südtirol beliebt und auch, weil „das Lösen von Problemen hierzulande sehr gut funktioniert“, weiß Andreas Pichler. Der Bozner ist selbst Regisseur und Produzent mit europaweiten Verbindungen. Bis es soweit war, musste ein langer Weg zurückgelegt werden. Drehs im Land waren zwar nicht neu, schon Hitchcock war da, Pasolini oder Polanski. Eine echte Filmförderung konnte nur durch die Hartnäckigkeit einzelner Filmbegeisterter durchgesetzt werden. Denn Film hatte in Südtirol länger als anderswo nicht als Kultur sondern als eher fragwürdige Schaustellerei gegolten. Der Nachholdbedarf war bis herauf in die 1990er Jahre groß.

Es war das Schönste, einen Film umarmt anzusehen In der Anfangszeit des Kinos war Südtirol als Teil der Donaumonarchie durchaus auf der Höhe der Zeit. Schon 1907 enstanden in Bozen zwei feste Kinos, der TheaterKinematograph unter den Lauben und der Weltbiograph in der Mustergasse. Beide überlebten sehr lange. Der Theater-Kinematograph wurde als Eden-Kino erst 2012 geschlossen, der Weltbiograph war bis in die 1960er Jahre als Zentral-Kino gegenüber der Hauptpost in Betrieb. Den ersten großen Kinoboom gab es in Bozen zur Zeit der Faschismus. In der Nachkriegszeit zog das Kino dann aufs Land. In 1960er Jahren hatte fast jedes Südtiroler Dorf sein eigenes Kino. Eines der langlebigsten unter ihnen war das Laurin-Kino in Welschnofen. Von 1957 bis 1992 wurde es von der Familie Kaufmann betrieben. In den 1970er Jahren begann der stetige Niedergang der Kinos. Die Haushalte hatten immer mehr TV-Geräte, und dank der Autonomie auch Programme in deutscher


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Sprache. Viele waren zu träge weiter ins Kino zu gehen, auch wenn Kinobesuche auf ganz unterschiedliche Art reizvoll sein konnten. Es gab Menschen, die nutzten den beheizten Saal, um sich aufzuwärmen, wenn die eigene Wohnung zu kalt war, andere genossen die schummerige Atmosphäre. „Im Kino gab es kleine Logen, wo wir hingingen, wenn wir etwas allein sein wollten. Es war das Schönste, einen Film umarmt anzusehen“, erzählt Annalisa Cagol von ihren Besuchen im Corso-Kino in Bozen. 1980 wurde dieses schöne Kino geschlossen, 1988 abgerissen. In den dreißiger Jahren hatte es in Bozen sogar ein Kino gegeben, das „Cinema Palpa“ genannt wurde. Natürlich hieß das Kino nicht wirklich so: „Palpare“ bedeutet berühren, betatschen – wenig geeignet als Bezeichnung für eine seriöse Lichtspielstätte. Die Einrichtung hatte gar keinen offiziellen Namen, es handelte sich nämlich um eine soziale Einrichtung. Kinobetreiber war das Fürsorgeinstitut der Post- und Telefongesellschaft, die es auch ärmeren Menschen erlaubte, sich zu unterhalten. Soldaten zahlten weniger. „Für 50 Centesimi konnten wir von 14 bis 18 Uhr im Kino bleiben“, erzählt der Quireiner Paul Zenleser, damals ein Bub.

1987 entstand in Bozen die damals schon zweisprachige Filmschule ZeLIG. Heute genießt die inzwischen dreisprachige und auf Doukumentarfilm spezialisierte Filmschule internationales Renommee. Derzeit studieren junge Menschen aus 18 Ländern in Bozen. Hier bei einem Filmdreh. Foto: Filmschule ZeLIG

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THEMA

Inhalt

Persönlichkeiten Es war nicht nur Luis Trenker, der das Filmland Südtirol prägte, auch wenn er vielleicht der erste ist, der spontan einfällt. Mindestens genau so wichtig für die Filmwelt war und ist der Brunecker Karl „Baumi“ Baumgartner, ein Produzent, der irgendwann aus dem engen Pustertal nach Frankfurt aufgebrochen ist und wichtige Weichen für den europäischen Film gestellt hat. Nicht umsonst wurde er 2014 mit der Berlinale Kamera ausgezeichnet. Die Liste der Preisgekrönten aus Südtirol wird immer länger. Erst im Jänner gab es für die Filmeditorin Evi Romen, die Schauspielerin Gerti Drassl, die Produzenten Andreas Pichler und Valeria B. Moser den österreichischen Filmpreis. „Österreich liebt Südtirol“, titelten die Zeitungen.

THEMA Filmland Südtirol

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SÜDTIROL AKTUELL

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Ein besonderes Kapitel in der Filmgeschichte Südtirols ist jenes des Filmschmuggels. Bis weit in unsere Zeit herauf mussten deutschsprachige Filme aus dem Ausland an den Grenzkontrollen vorbei importiert und wieder exportiert werden. Wer dabei war, kann noch immer abenteuerliche Geschichte erzählen, Martin Kaufmann aus Welschnofen zum Beispiel, Max Pörnbacher aus Sand in Taufers oder Hubert Prast aus Klobenstein. Dieser hatte Filmkartons sogar mit dem Flugzeug ins Land gebracht. Nachzulesen sind einige dieser Abenteuer und viele andere in „Cinema. Film in Südtirol seit 1945“, das erstmals die besondere Geschichte des Films in Südtirol erzählt. Besonders deshalb, weil es in Südtirol immer zwei Sprachgruppen sind, die im Auge behalten werden sollten, um Geschichte vollständig darzustellen. Dies gilt z.B. für das Kulturkino, das auf italienischer und auf deutscher Seite nach dem Krieg unter der Obhut der Pfarrer begonnen, das sich dann selbständig gemacht hat und verschiedene Wege gegangen ist, heute aber so langam zusammenfindet.

> Renate Mumelter,

Vereinbarung in Rom, Vorwort Autonomiekonvent Digitale Dörfer, Museion, Romedius-Pilgerweg Südtirol innovativ: Pertinger Herde Klimahouse, „Der Schlern“, Buchvorstellung Autonomieabkommen, Auszeichnung, Natura2000 Gewonnene Jahre

EXPERTEN

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Schwierige Grenze

Kurzmeldungen

Das Erbrecht

INTERN

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Südtiroler in Stuttgart und NRW Südtiroler in Hamburg H E I M AT U N D W E L T David Calas

IMPRESSUM

HEIMAT & Welt Herausgeber und Eigentümer: Südtiroler in der Welt Verantwortlich für den Inhalt: Dr. Hans Gamper Schriftleitung: Ingeburg Gurndin Redaktion: Irene Schullian alle: 39100 Bozen, Pfarrplatz 31, Postf. 463 Tel. (0039) 0471 309176 Fax (0039) 0471 982867 Internet: www.kvw.org/suedtiroler-welt E-Mail: suedtiroler-welt@kvw.org Eingetragen beim Landesgericht Bozen unter 7/72 Druck: Lanarepro Ges.m.b.H., I-39011 Lana Ausgaben: „Heimat & Welt” erscheint monatlich (insgesamt 11mal jährlich) Bei Unzustellbarkeit zurück an: Arbeitsstelle für Südtiroler in der Welt, 39100 Bozen, Pfarrplatz 31, Postf. 463 Redaktionsschluss: Am 15. des Monats Bankverbindung: Südtirol und Italien: Südtiroler Sparkasse Waltherplatz, 39100 Bozen IBAN IT68A 06045 11601 000000371000 BIC CRBZIT2B001 Mitfinanziert von der Autonomen Provinz Bozen

Journalistin und Filmkritikerin, Autorin des Buches

AUTONOME PROVINZ BOZEN - SÜDTIROL

PROVINCIA AUTONOMA DI BOLZANO - ALTO ADIGE

Cinema. Film in Südtirol seit 1945, siehe Buchvorstellung Seite 9

PROVINZIA AUTONOMA DE BULSAN - SÜDTIROL


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SÜDTIROL AKTUELL

Kurz notiert

Meldungen aus Südtirol n STUDIUM

n BILDUNG

n TOURISMUS

n NEUES DEKRET

Südtiroler Studierende

Wettbewerb

Fernradweg

Bußen für Müllsünder

12.294 Südtiroler waren laut einer ASTAT-Erhebung im akademischen Jahr 2013/14 an italienischen und österreichischen Universitäten eingeschrieben. Knapp die Hälfte waren in Italien inskribiert, davon 26,2 Prozent an der Freien Universität Bozen und 13,9 Prozent an der Claudiana. Wer Österreich als Studienort wählte, den zog es vor allem nach Innsbruck (63,4 Prozent) und Wien (26,2 Prozent). Sozialwissenschaftliche und pädagogische Studienrichtungen standen hoch im Kurs. <

Zwei Südtiroler Schulklassen ist es gelungen, beim internationalen Schülerwettbewerb zur politischen Bildung in Bonn den Hauptpreis in ihrer Kategorie zu gewinnen. Sieben weitere Schulklassen aus Südtirol konnten sich im oberen Mittelfeld platzieren und ebenfalls attraktive Preise holen. In der Kategorie „Lebensmittel für die Tonne“ holte die zweite Klasse der Fachschule für Hauswirtschaft und Ernährung Frankenberg in Tisens den ersten Preis und gewann eine Reise nach Berlin mit Fototermin bei Bundeskanzlerin Angela Merkel. In der Kategorie „Politik brandaktuell“ gewann die Klasse 3 G der Mittelschule Oswald von Wolkenstein in Brixen mit einem berührenden Video zur Flüchtlingsthematik den Hauptpreis, der mit 1.500 Euro dotiert ist. <

Der seit vergangenem Herbst neu erschlossene Fernradweg München-Venezia zählt mit fast 600 Kilometern zu den abwechslungsreichsten Radtouren Europas und ist mit 3000 Höhenmetern im Anstieg die leichteste Alpenüberquerung. In den Regionen entlang der Strecke spielt das Radfahren eine wichtige Rolle in der Tourismusentwicklung. Um dies noch weiter auszubauen und die gemeinsame Vermarktung zu verbessern, haben sich Tourismusorganisationen aus Bayern, Tirol, Südtirol und Venetien zusammengeschlossen. <

Was bisher einzelne Gemeinden im Land per Verordnung geregelt hatten, ist nun Staatsgesetz: Raucher, die ihre Zigarettenstummel auf die Straße oder in den Abwasserschacht werfen, machen sich strafbar. Mit 2. Februar trat ein Dekret aus Rom in Kraft, das für Kleinmüll-Sünder teils saftige Geldbußen vorsieht. Über 20 Kilogramm achtlos weggeworfene Zigarettenstummel sammelt die Müllabfuhr allein in der Fußgängerzone in Bozen beinahe Monat für Monat ein. Wer dabei erwischt wird, wie er einen Stummel zu Boden wirft, muss mit einer Strafe von 110 Euro rechnen. <

n SPORT Kitz-Sieger Peter Fill Peter Fill hat das Hahnenkammrennen in Kitzbühel gewonnen. In seinem 301. Weltcuprennen hat er seinen größten Sieg gefeiert. Der 33-jährige Kastelruther zähmte die Streif, die Topathleten abwarf. „Heute ist für mich ein Traum in Erfüllung gegangen. 300 Rennen habe ich gebraucht, jetzt ist der Sieg beim bekanntesten Skirennen der Welt Realität geworden. Auf einer Piste, die im alpinen Skizirkus ein Mythos ist. Ich bin so glücklich, das kann man gar nicht in Worte fassen“, sagt Peter Fill. <

Peter Fill

Foto: facebook

n POLITIK

n FORSCHUNG Ötzis Mutter

Ankunft in Venedig

Foto: Frescura

Gemeinderatswahlen Der 8. Mai ist als Termin für Neuwahlen in insgesamt 21 Gemeinden in Trentino-Südtirol festgelegt. In Südtirol wird in Bozen sowie in Freienfeld, Niederdorf und Schluderns gewählt, Die Bürgermeister-Stichwahl in Bozen fällt damit, so sie denn notwendig wird, auf den 22. Mai. In Bozen fallen im Frühling auch die vom kommissarischen Verwalter Michele Penta angekündigte Bürgerbefragung zum Kaufhaus-Projekt von René Benko und die landesweite Volksabstimmung zum Ausbau-Projekt für den Bozner Flughafen an. <

n DESIGN Auszeichnung Für sein Projekt „Stibile“, das in seiner Formensprache an die Ursprünglichkeit traditioneller Südtiroler Bauernstuben anknüpft, erhielt der Pusterer Innenarchitekt und Designer Kurt Steurer den Design Award. Dem Fachmann aus St. Lorenzen war es ein Anliegen, modernes Design mit der Behaglichkeit und stimmungsvollen Atmosphäre von Holz zu kombinieren. Steurer liefert sein „Stibile“ (Stube) an heimische und ausländische Wohnliebhaber. <

Die genetische Linie des Vaters findet sich auch in heutigen Populationen, wie man seit 2012 aus der Analyse des gesamten Genoms der Gletschermumie weiß. Für die aktuelle Studie verglichen die Forscher das Erbgut von Ötzis Mitochondrien – den Energiekraftwerken der Zelle – mit 1077 modernen Proben. Die mitochondriale Erbsubstanz wird ausschließlich von den Müttern an die Nachkommen weitergegeben und verändert sich nur sehr langsam; Analysen der mitochondrialen DNA geben deshalb Aufschluss über die Herkunft und Verwandtschaftsbeziehungen von Menschen. Die mütterliche Abstammungslinie hat demnach ihren Ursprung in den Ostalpen und ist aufgrund der kleinen Population ausgestorben. <


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SÜDTIROL AKTUELL

Vereinbarung in Rom

VORWORT DER LANDESRÄTIN

A22 wird öffentlich und lokal verwaltet n „Weitere 30 Jahre lang wird die Brennerautobahn-AG, als rein öffentliche Gesellschaft, die A22 führen“, freuen sich die Landeshauptleute Kompatscher und Rossi, und sprechen von einer historischen autonomiepolitischen Errungenschaft. Gemeinsam mit Minister Delrio und den weiteren zwölf öffentlichen Gesellschaftern haben sie in Rom das diesbezügliche Einvernehmensprotokoll unterzeichnet.

„Jahrelang haben wir verhandelt und nach Lösungen gesucht, damit die für uns äußerst wichtige Verkehrsader öffentlich und unter Beachtung der lokalen Anforderungen und Bedürfnisse geführt werden kann. Die Unterzeichnung ist das sichtbare und nachhaltige Ergebnis dieser Bemühungen“, betonten nach der Unterzeichnung die Landeshauptleute Arno Kompatscher und Ugo Rossi. Demnach überträgt das Ministerium für Transport und Infrastruktur die Konzession zur Führung der Brenner­ autobahn einer In-House-Gesellschaft mit rein öffentlicher Beteiligung. Die Konzession soll über einen Zeitraum von 30 Jahren, also bis zum Jahre 2045, zugewiesen werden. Die Gesellschaft hat dafür Konzessionsgebühren von 1,4 Milliarden Euro – also 45 Millionen Euro jährlich – zu bezahlen. Die Vereinbarung

macht die angepeilte Querfinanzierung Autobahn-Eisenbahn möglich: Neben der Bereitstellung der 550 Millionen Euro, welche die bisherige Brennerautobahn-AG für die Finanzierung des Brennerbasistunnels sowie der Zulaufstrecken zurückgelegt hat, beinhaltet sie ein umfassendes Investitionsprogramm für die Brennerachse von geschätzten 3,5 Milliarden Euro zur Modernisierung und Instandhaltung der Verkehrsinfrastruktur. Die Vereinbarung räumt auch Spielräume bei der Tarifgestaltung ein. Zwar werden die Autobahngebühren auf gesamtstaatlicher Ebene vorgegeben und dürfen nicht über das Ausmaß der Inflation steigen, doch besteht die Möglichkeit, über die Tarifpolitik im Sinne der Eurovignette Luftund Lärmbelastung zu steuern. „Die Maßnahmen zur Verbesserung der Mobilität auf der Brennerachse werden nicht nur der Wirtschaft zugute kommen“, so die Landeshauptleute von Trentino und Südtirol, „vielmehr wird die gesamte Bevölkerung längs der Brennerachse daraus Nutzen ziehen: die Mobilität wird verbessert und gleichzeitig sollen Umwelt- und Lärmbelastung verringert werden, so dass die Lebensqualität steigt.“ Um diese Chancen optimal zu nutzen, sei ein gutes Zusammenspiel gefragt. <

Landeshauptmann Kompatscher bei der Unterzeichnung des Einvernehmensprotokolls in Rom mit Minister Delrio und Landeshauptmann Rossi

Foto: LPA/Katharina Tasser

Südtirol im Kino Liebe Südtirolerinnen und Südtiroler in der Welt, ein spannendes Drehbuch, ein kreativer Regisseur, ein fähiger Produzent, überzeugende Schauspieler und nicht zuletzt eine authentische Kulisse sind nur einige der Voraussetzungen, die es für einen gelungenen Kinofilm braucht. Dass sich unsere Heimat mit ihrer vielfältigen Landschaft als Drehort empfiehlt, wusste bereits der legendäre – wenn auch nicht unumstrittene – Grödner Bergsteiger, Schauspieler und Filmemacher Luis Trenker (1892-1990). Die schroffen Berge und die grünen Wiesen, die idyllischen Bergdörfer und die gepflegten Altstädte bieten auf kleins­ tem Raum viele der geforderten Ingredienzien für „großes Kino“. Und es ist immer wieder ein Genuss, Südtirol auf der Leinwand zu erleben und in historischen Filmen wie „Berge in Flammen“, in actionreichen Hollywoodproduktionen wie „Cliffhanger“ und „Everest“ sowie in neuen Projekten wie „Das finstere Tal“, „Honig im Kopf“, „Der stille Berg“ oder „Un passo dal cielo“ unsere einmalige Landschaft wieder zu erkennen. Vielleicht gerade für die Kino- und Filmfans unter Ihnen, die damit auch in der Ferne ein Stück Heimat erleben können. Eine beeindruckende Kulisse beeinflusst jedoch nicht nur den Erfolg des Kino- oder Fernsehfilmes: Die wirtschaftlichen Effekte durch produktionsbedingte Ausgaben vor Ort wie die Unterbringung und Verpflegung der Filmteams, aber auch der Transport, die Bauten, die Mieten und die Gagen für heimische Filmschaffende sowie die indirekte Tourismuswerbung sind mitunter positive Begleiterscheinungen. Wenn man bedenkt, dass es nicht wenige eingefleischte Fans gibt, die gezielt zu den Drehorten ihrer Lieblingsfilme reisen, werden die mittel- und langfristigen Vorteile eines attraktiven Filmstandortes bewusst. In Südtirol zeichnete seit 2010 die „Business Location Südtirol“ als Finanzierungs- und Servicepartner für Filmproduktionen verantwortlich. Mit der Fusion aller Südtiroler Wirtschaftsdienstleister (BLS, EOS, SMG und TIS) zum Sonderbetrieb von Land und Handelskammer „Innovation – Development – Marketing IDM Südtirol“ wird es möglich, im engen Netzwerk unser Land noch besser zu positionieren, unter anderem auch als Filmland. Damit Sie Südtirol immer öfter im Kino sehen und von der Sehnsucht nach der Heimat gepackt werden, um unser vielfältiges Land neu zu entdecken und vor Ort live und ungefiltert zu erleben. In Verbundenheit Martha Stocker Landesrätin

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SÜDTIROL AKTUELL

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Zündende Ideen für den Herd Südtirol innovativ

Das Pertinger-Sortiment unmfasst Heizungs-, Kombi-, Wirtschafts-, Bausatzoder Maß- Herde, Elektro-Backöfen, Abzugshauben, Kochfelder, Arbeitsflächen und Becken. Fotos: Pertinger

n Seit fast 80 Jahren sorgt Pertinger aus Vahrn mit seinen Herden für sichere, wohlige und gemütliche Wärme. Die Herde, ein Produkt mit Jahrhunderte alter Tradition, werden neuen Bedürfnissen angepasst und mit modernster Technik verwirklicht.

Die Entwicklung des Unternehmens Pertinger baut hauptsächlich auf drei Grundsätze: hohe Funktionalität, gemütliche Wärme, umweltfreundliches und nachhaltiges Heizen.

Tradition, Qualität, Innovation So entstehen bei Pertinger innovative Lösungen wie der hochwirksame, umweltfreundliche Biofeuerraum. Das innovative System sorgt dafür, dass der Wirkungsgrad und die Temperatur wesentlich höher sind als bei traditionellen Feuerräumen. Die Verbrennung ist viel sauberer und gleichmäßiger, die Umweltbelastung wird reduziert, der Verbrauch an Holz nimmt ab und es gibt weniger Ascheres­te.

Wohlige Wärme, Zubereitung von Speisen und gleichzeitig warmes Wasser für Bad oder Heizkörper: das alles steckt in einem Pertinger Heizungsherd. Im Bild ein traditioneller Herd mit Holzfeuerung.

Sämtliche Pertinger Küchenherde können mit einer speziellen Durchheizklappe ausgerüstet werden, mit deren Hilfe der Rauch aus dem Feuerraum in eine Nachheizwand, die in einem daneben liegenden Raum aufgestellt werden kann, geleitet wird. Durch die hohe Wärmespeicherung müssen Herd oder Nachheizwand nicht ununterbrochen versorgt werden. Dank der konstanten Strahlungswärme wird in den folgenden Stunden eine angenehme Wärme abgegeben. „Wir sind stets offen für neue Technologien, wir arbeiten ständig an der Verbesserung der Wärmewirksamkeit und setzen auf individuelles Design“, erklärt Firmeninhaber Othmar Pertinger, der das Unternehmen in zweiter Generation führt.

Jeder Herd ein Einzelstück

Hochmodern, funktional und mit klaren Linien präsentiert sich die Pertinger-Herdmanufaktur in Vahrn. Im Firmensitz gibt es auch eine Schauküche und Schulungsräume für Kundenveranstaltungen. Foto: by Oskar Dariz

„Herde auf Maß müssen von höchster Qualität und den individuellen Bedürfnissen an gepasst sein“, so das Credo von Othmar Pertinger. Jeder Pertinger Herd ist daher ein Einzel-

stück, der im werkseigenen Büro geplant und gezeichnet, im Werk gefertigt und von den Betriebsmonteuren beim Kunden eingebaut wird.

Erschließung neuer Märkte Mittlerweile hat die Traditionsfirma über 50 Mitarbeiter und fertigt jährlich rund 2.500 Herde. Zudem wird stetig an der Erschließung neuer Märkte gearbeitet und auch an der Erweiterung des Produktportfolios und an der Qualität der Produkte. Neben Italien und Deutschland werden PertingerHerde auch nach Skandinavien, Großbritannien und Osteuropa, ja sogar nach China und in die USA verkauft. Dabei ist sich Othmar Pertinger der besonderen Natur seiner Produkte bewusst. „Wer mit Feuer arbeitet, trägt eine besondere Verantwortung, auch unserer Umwelt gegenüber“, so der Firmeninhaber. Sein Credo ist klar: Ein Pertinger-Herd steht nicht nur für Produktqualität, sonder auch für Nachhaltigkeit. <


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Klimahouse expandiert nach China

Messe Bozen und Messe Frankfurt bringen Klimahouse nach China n Die erste Auflage des internationalen Fachkongresses Klimahouse China, die anlässlich der ISH China Ende Mai 2016 in Peking stattfindet, ist vor allem eine Schulungsund Informationsplattform, die Inputs und Lösungen rund um das Thema energieeffizientes Bauen und Sanieren verbunden mit hoher Wohnqualität bieten will.

China muss sich mit dem Thema Green Economy auseinandersetzen, da es aufgrund des hohen Energieverbrauchs seiner Gebäude der weltweit größte CO2Emittent ist. In China rechnet man im Bereich der effizienten Energiesysteme mit einem Marktvolumen von rund 220 Milliarden Euro bis zum Jahr 2020. Nachhaltiges Bauen

schützt den Planeten und die Gesundheit seiner Bewohner und bietet auch großen wirtschaftlichen Nutzen. ISH China der Messe Frankfurt ist die größte Fachmesse Asiens für Sanitär, Heizungs-, Lüftungs- und Klimatechnik sowie für Anlagen im Bereich der neuen Energien. „Wir sind erfreut, dass Messe Bozen ISH China als Plattform ausgesucht hat, um Klimahouse und damit die aktuellsten Themen für nachhaltiges Bauwesen nach China und damit einem der am stärksten wachsenden Märkte weltweit zu bringen“, meint Donald Wich, Geschäftsführer der Messe Frankfurt Italia: „Diese Zusammenarbeit bereichert das Angebot der Veranstaltung um interessante Themen

Vivat, crescat, floreat

90. Jahrgang der Zeitschrift „Der Schlern“ n Südtirols Monatszeitschrift für Landeskunde feiert den 90. Jahrgang. In der Jubiläumsausgabe blickt „Der Schlern“ zurück: Im Mittelpunkt stehen die Menschen, die die Zeitschrift in diesen neun Jahrzehnten besonders geprägt haben.

Gegründet wurde „Der Schlern“ im Jahr 1920, in den für Südtirol schweren Jahren zwischen 1938 und 1945 ist er nicht erschienen, deshalb beginnt der 90. Jahrgang erst heuer. Auf insgesamt über 60.000 Seiten haben in diesen Jahren zahlreiche Autorinnen und Autoren gezeigt, wie vielfältig Landeskunde ist. „Der Schlern“ erreicht eine Leserschaft in aller Welt, liegt an Universitätsbibliotheken ge-

nauso auf wie an Archiven. Ein Beitrag der Jubiläumsausgabe ist dem Gründer des „Schlern“ gewidmet: Franz Junger. Nach dessen Tod im Jahr 1934 leitete Karl M. Mayer bis 1965 die Geschicke der Zeitschrift. Anschließend war Karl Wolfsgruber war Schriftleiter bis 1971. Ihm folgte Hans Grießmair, er war 30 Jahre lang der Schriftleiter. 2006 übernahm Irmgard Flies bis zu ihrem Tod 2014 die Schriftleitung. Seither hat Beate Gatterer die Schriftleitung inne. Zum Jubiläum gibt es ein besonderes Geburtstagsgeschenk; Das „Schlern“-Register, das mti dem Jahr 1997 endet, soll fortgesetzt werden und in den ersten Ausgaben des Jahres 2017 erscheinen. <

und Anreize für den gesamten Sektor.“ „In Südtirol sind die Arbeiten für ein KlimaLand Südtirol voll im Gange. Wir haben uns mit dem Klimapaket 2050 ehrgeizige Ziele gesetzt und es gibt noch viel zu tun, um sie zu erreichen. Aber mit Sicherheit sind wir auf diesem Gebiet eine Modellregion“, so Armin Hilpold, Präsident der Messe Bozen: „Diesen Weg werden wir unter

Beteiligung aller Akteure des Sektors beharrlich weitergehen. Messe Bozen schaut in die Zukunft: Die Zusammenarbeit mit einem in China bereits präsenten und erfahrenen Partner bietet uns die Möglichkeit, den chinesischen Markt zu erkunden und mit einem Kongress innerhalb der ISH China einen weiteren Schritt in Richtung internationale Vernetzung zu machen.“ <

Null Emission dank Wasserstoff in Bozen

Foto: Marco Parisi

BUCHVORSTELLUNG

Cinema.

Film in Südtirol seit 1945 Die Geschichte des Kinos in Südtirol ist noch nie umfassend erzählt worden. Auch dieses Buch wird die Lücke nicht füllen, es versucht aber, einen Einblick zu geben, eine Zusammenschau anzubieten, in der das deutsche und das italienische Südtirol Beachtung finden. Das ist gar nicht so einfach, denn blinde Flecken in der Wahrnehmung sind in Südtirol fast schon naturgegeben. In diesem Buch geht es um Kinosäle genauso wie um das Filmemachen und die Kulturarbeit rund um Film und Kino, es geht auch um Menschen, die in irgendeiner Weise mit dem Kino zu tun hatten oder haben.

„Cinema. Film in Südtirol seit 1945“ von Renate Mumelter in Zusammenarbeit mit Martin Kaufman Edition Raetia 2015 ISBN 978-88-7283-536-4


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NÜTZLICHES

Sie fragen, Experten antworten

Italienisches und internationales Erbrecht TREFF.Heimat im September n Im Rahmen des Vortrages vom 21. Jänner für den TREFF.Heimat hat Rechtsanwalt Thomas Wörndle die wichtigsten Grundsätze des italienischen Erbrechts erläutert. Gleichzeitig wurden die Grundzüge des länderübergreifenden internationalen Erbrechts mit besonderem Augenmerk auf die umliegenden Nachbarländer und die EU-Erbrechtsverordnung angesprochen, die im Wesentlichen seit August 2015 wirksam wird.

Italienisches Erbrecht Erbfolge ohne Testament Wenn jemand bei seinem Ableben keine letztwillige Verfügung hinterlässt, wird die Erbfolge vom Gesetz geregelt, welches vorsieht, dass die Verwandten

bis zum sechsten Grad sowie der Ehepartner erbberechtigt sind: siehe Tabelle unten. Dem Ehepartner stehen überdies das Wohnungsrecht an der als Familienwohnsitz genutzten Wohnung sowie das Gebrauchsrecht an deren Einrichtung zu. Stirbt der Erblasser ohne Verwandte innerhalb des sechsten Grades und ohne Ehegatten, erbt der Staat. Die Erbberechtigten erben jeweils eine Quote des gesamten Vermögens und so auch jedes einzelnen Vermögenswertes, d.h. erben z.B. drei Kinder drei Wohnungen des Vaters, so steht jedem Kind eine Quote von einem Drittel an jeder Wohnung zu.

Die gesetzliche Erbfolge (ohne Testament)

Erben

Erbvermögen

Ehepartner

Alles

Ehepartner und 1 Kind

1/2 Kind 1/2 Ehepartner

Ehepartner und mehrere Kinder

1/3 Ehepartner 2/3 Kinder

Ehepartner, Eltern und Großeltern

2/3 Ehepartner 1/3 Verwandte

1 Kind

Alles

Mehrere Kinder

Alles zu gleichen Teilen

Eltern oder Großeltern

Alles zu gleichen Teilen

Ehepartner, Eltern, Großeltern und Geschwister

2/3 Ehepartner 1/4 Eltern bzw. Großeltern 1/12 Geschwister

Ehepartner und Geschwister

2/3 Ehepartner 1/3 Geschwister

Eltern, Großeltern und Geschwister

1/2 Eltern oder Großeltern 1/2 Geschwister

Geschwister

Alles zu gleichen Teilen

Andere Verwandte bis zum 6. Grad

Alles zu gleichen Teilen

Ausgleichspflicht

Die Nachkommen und der Ehegatte des Erblassers müssen, wenn sie in der Erbfolge zusammentreffen, die Schenkungen, die sie vom Verstorbenen erhalten haben, ausgleichen, außer wenn sie der Verstorbene davon befreit hat. Somit werden zu Lebzeiten erhaltene Schenkungen zwischen diesen Personen auf deren Erbanteil angerechnet. Der Erblasser kann sie bei der Schenkung oder in seinem Testament von der Ausgleichspflicht befreien.

Erbfolge mit Testament Der Erblasser kann über sein Vermögen durch ein Testament verfügen. Ein Testament kann von jedem Volljährigen, der nicht voll entmündigt ist oder zum Zeitpunkt der Abfassung unzurechnungsfähig ist, gültig verfasst werden. Das Testament soll Ausdruck des letzten Willens des Erblassers sein und kann daher jederzeit widerrufen oder abgeändert werden. Testamentsformen Das eigenhändig geschriebene Testament

Um gültig zu sein, muss dieses Testament allein vom Erblasser zur Gänze mit der Hand geschrieben, datiert und unterzeichnet werden. Wer ein eigenhändig geschriebenes Testament in Verwahrung hat (Notare, Rechtsanwälte, Wirtschaftsberater, Private) muss dieses bei Ableben des Erblassers einem Notar zur Veröffent-

lichung aushändigen. Ein eigenhändig geschriebenes Testament muss, um erfüllt werden zu können, im Original vorliegen, daher ist auf eine sichere Aufbewahrung zu achten. Das öffentliche Testament

Das öffentliche Testament wird von einem Notar in Gegenwart zweier Zeugen in einer öffentlichen Urkunde verfasst. Der Erblasser erklärt vor dem Notar in Gegenwart der Zeugen seinen Willen, der vom Notar schriftlich festgehalten wird. Anschließend verliest dieser den Text, welcher vom Erblasser, den Zeugen und vom Notar selbst unterschrieben werden muss. Das geheime Testament

Das geheime Testament kann vom Erblasser selbst oder von einer anderen Person geschrieben werden. Falls es vom Erblasser eigenhändig geschrieben wird, reicht eine Unterschrift am Ende. Wurde es gänzlich oder teilweise von einer anderen Person oder nicht handschriftlich vom Erblasser verfasst, so muss es der Erblasser am Ende jedes halben Bogens (ein Bogen sind vier Seiten) unterzeichnen. Das Testament wird in einem Umschlag versiegelt und einem Notar in Anwesenheit von zwei Zeugen überreicht.

Das Pflichtteilsrecht Der Gesetzgeber sieht für den Ehepartner, die ehelichen und unehelichen Kinder sowie die ehelichen Vorfahren (Eltern,


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Großeltern usw.) Pflichtteile vor: siehe Tabelle rechts. Trotz dieser Bestimmungen könnte der Erblasser zu Lebzeiten durch Schenkungen über sein gesamtes Vermögen verfügen und so die Pflichtteilsberechtigten um ihren Anspruch bringen. Um dies zu verhindern, bestimmt der Gesetzgeber, dass die zu Lebzeiten des Erblassers gemachten Schenkungen bei der Berechnung des Pflichtteils mitberechnet werden müssen. Es wird hierbei der Wert der Schenkungen zum Zeitpunkt des Ablebens herangezogen. Der Wert der Schenkungen wird zum Todeszeitpunkt bestimmt, wobei eventuell getätigte Investitionen in Abzug gebracht werden können. Eine besondere Regelung betrifft das Pflichtteilsrecht des Ehepartners. Dem Ehepartner stehen das Wohnungsrecht an der als Familienwohnsitz genutzten Wohnung, sowie das Gebrauchsrecht an deren Einrichtung zu.

Internationales Erbrecht Das internationale Erbrecht befasst sich mit Erbfällen mit einem Bezug zu zwei oder mehreren staatlichen Rechtsordnungen. Z.B. Es verstirbt ein italienischer Staatsbürger mit Wohnsitz und Vermögen in Deutschland. Dieser Erbfall enthält drei der für das internationale Erbrecht wichtigsten Anknüpfungspunkte an eine Rechtsordnung: 1. Staatsangehörigkeit 2. Wohnsitz

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NÜTZLICHES

3. Lageort des Vermögens. Welcher Anknüpfungspunkt in solchen Fällen ausschlaggebend ist und welche Rechtsordnung demzufolge bei der Abwicklung der Erbschaft oder im Streitfall zur Anwendung kommt, wird von den Bestimmungen des internationalen Privatrechtes (IPR) festgelegt. Da jeder Staat eigene IPR-Bestimmungen hat, kann es zu verschiedenen und auch widersprüchlichen Ergebnissen kommen. Internationale Erbrechtsfälle können sich daher als sehr komplex erweisen. Um eine Vereinheitlichung und Rechtssicherheit auf europäischer Ebene zu erzielen, wurde kürzlich die sogenannte EUErbrechtsverordnung verabschiedet.

frei verfügbarer Teil

Ehepartner

1/2

1/2

Ehepartner und 1 Kind

1/3 Ehepartner 1/3 Kind

1/3

1/4 Ehepartner 1/2 Kinder

1/4

Ehepartner, Eltern und Großeltern

1/2 Ehepartner 1/4 Verwandte

1/4

1 Kind

1/2

1/2

Mehrere Kinder

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Eltern oder Großeltern

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Pflichtanteile beim Erben

Erblassers zum Zeitpunkt seines Todes bestimmt. Verstirbt z.B. ein italienischer Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland, so kommt auf die gesamte Erbfolge deutsches Recht zur Anwendung. Die EU-Verordnung gibt allerdings keine Definition des gewöhnlichen Aufenthaltes vor und überlässt die entsprechende Interpretation somit den nationalen Gerichten.

Durch die „Rom-V“ Verordnung (EU) Nr. 650/2012, die auf die Rechtsnachfolge von Personen Anwendung findet, die seit dem 17.8.2015 verstorben sind, werden einheitliche Regeln darüber festgelegt, welches Erbrecht auf einen internationalen Erbfall anzuwenden ist. Weiters wurde ein europäisches Nachlasszeugnis eingeführt. Nach wie vor nicht geregelt ist hingegen die Besteuerung von internationalen Erbrechtsfällen.

Rechtswahl

Die EU-Erbrechtsverordnung sieht auch die Möglichkeit vor, eine Rechtswahl zu treffen, d.h. eine Person kann mit einer Verfügung von Todes wegen (Testament) das Recht des Staates wählen, dem sie zum Zeitpunkt der Rechtswahl oder ihres Todes angehört. Z.B. Ein italienischer Staatsbürger mit gewöhnlichem Aufenthalt bestimmt mittels Testament, dass auf seine gesamte Erbfolge italienisches Recht

Anwendbares Recht

Das anwendbare Recht wird durch die EU-Erbrechtsverordnung einheitlich für alle EUMitgliedstaaten nach dem gewöhnlichen Aufenthalt des

TREFF•Heimat Foto: Walter Dejori

Informationen bei Südtiroler in der Welt, Tel. 0471 300213 oder suedtiroler-welt@kvw.org.

Pflichtteil

Ehepartner und mehrere Kinder

EU-Erbrechtsverordnung

Stadtbesichtigung Glurns und Besuch der Whisky-Brennerei Puni 14. April 2016

Erben

zur Anwendung kommt. Siehe auch Heimat & Welt Oktober 2015. Gerichtsstand

Für die Entscheidungen in Erbsachen sind die Gerichte jenes EU-Mitgliedstaates zuständig, in welchem der Erblasser zum Todeszeitpunkt seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Ferner wird durch die EU-Erbrechtsverordnung ein europäischer Erbschein („europäisches Nachlasszeugnis“) eingeführt, dessen Verwendung für die Erben jedoch nicht verpflichtend ist. Der europäische Erbschein ersetzt auch nicht die bisher verwendeten staatsinternen Nachlasszeugnisse. > Thomas Wörndle Rechtsanwalt

Wörndle bietet montlich eine kostenlose Beratung für KVW Mitglieder an. Informationen unter Tel. 0471 300214


Poste Italiane spa - Versand im Postabonnement - G.D. Nr. 353/2004 • Erscheint monatlich • (konv. in Ges. Nr. 46 vom 27.2.2004) Art. 1, Abs. 2, DCB Bozen

PORTRÄT

Südtirol wird kreativer David Calas, Architekt in Wien n Der Bozner David Calas ist selbstständiger Architekt, Urbanist und Lehrbeauftragter an der Technischen Universtät Wien. Was hat Sie dazu bewogen ins Ausland zu gehen?

Calas: Andere Länder hatten für mich immer eine besondere Anziehungskraft. Durch das Reisen hat sich der Wunsch nach einem anderen Lebensumfeld verstärkt. Mit 19 Jahren und der Matura in der Tasche, begleitet von einer ausgeprägten Sturm-und-Drang Zeit, wollte ich einfach aus Südtirol weg. Mein primärer Wunsch war der Abnabelungsprozess und die Erfahrung, auf sich alleine gestellt zu sein. Ich entschied mich ganz spontan für Wien, einer nicht allzu fernen Destination, um dort zu studieren. Die Entscheidung fiel ebenfalls spontan auf Architektur, diese bereue ich bis heute noch nicht. Was hat Sie bewogen im Ausland zu bleiben? Welche Erfahrungen haben Sie gemacht?

Calas: Anfangs stellt man sich eine gänzlich unbekannte Stadt und die bevorstehenden Erlebnisse darin äußerst fantastisch vor. Bald jedoch holt die Realität einen auf den Boden der Tat-

sachen zurück. Die erste Zeit war ziemlich hart, da ich auf mich gestellt war, weshalb auch etwas Heimweh aufkam, da das vertraute Umfeld fehlte. Doch mit der Zeit erlernte ich die nötige Gelassenheit, wodurch sich ein tolles Lebensgefühl in der neuen Umgebung entwickelte. Die Studienzeit war zwar intensiv, jedoch konnte ich diese auch zum Teil mit all ihren Facetten auskosten, die eine Stadt wie Wien bietet. Die Entscheidung im Ausland zu bleiben kam unmittelbar nach Studien­ ende, da mir äußerst verlockende Jobs angeboten wurden. Der Reiz als Architekt an tollen Projekten zu arbeiten und Wien als Drehscheibe von Zentralund Osteuropa zu nutzen, war ausschlaggebend für einen weiteren Verbleib im Ausland. Von Wien aus konnte ich an verschiedenen Projekten in Kroatien, Serbien, Slowenien jedoch auch in Südtirol arbeiten, weshalb die kulturelle Einsicht wuchs ohne die eigenen Wurzeln zu missen. Hinzu kam dann vor einigen Jahren die Lehre an der TU Wien, die mich immer wieder in verschiedenen Studentenprojekten, unter anderem auch in Südtirol, involviert sieht. Durch meine Selbststän-

STECKBRIEF

David Calas - 25.9.1984 geboren und aufgewachsen in Bozen - Oberschule für Geometer - Architektur in an der TU Wien - Studium der Politikwissenschaften (Bachelor) - Lebt und arbeitet in Wien - Gründung des eigenen Archtitekturbüros STUDIO CALAS – build - social cultural - sustain - URBAN SYNC – City yourself - Lehrbeauftragter an der TU Wien – Abteilung für Wohnbau und Entwerfen

digkeit (STUDIO CALAS) und als Gründer einer Startup (URBAN SYNC) konnte ich Wien auch von unternehmerischer Seite kennen- und schätzen lernen. Die kreative Energie ist enorm und ansteckend! Was hat sich in Südtirol (seit Ihrem Weggang) verändert?

Calas: Mein Weggang liegt bereits zwölf Jahre zurück, weshalb sich einiges getan hat. Abgesehen von den traditionellen Strukturen, diese finde ich äußerst wichtig wenn sie mit der Zeit re-interpretiert werden, möchte ich mich nur auf die positiven Veränderungen in Südtirol beziehen. Ich merke, dass sich eine Veränderung anbahnt, die in der Selbstorganisation interessierter Menschen liegt. Das Anpacken erfolgt dynamischer, kreativer und immer öfters abseits von öffentlich-politischen Institutionen. Mit der Lage Südtirols, der Plurilingualität und dem aufkommenden Esprit entsteht eine gewisse Attraktivität. Diese finde ich als seine sehr wichtige, jedoch auch ausbaufähige Veränderung. Fühlen Sie sich noch als Südtiroler? Wie würden Sie heute Ihre Identität beschreiben?

Calas: Südtirol hat mich geprägt und wird mich in Zukunft prägen, weshalb ich Südtiroler bin!

Falls unzustellbar bitte zurück an:

David Calas ist öfters für Projekte in Südtirol Foto: www.svenwuttej.com

Ich sehe Identität jedoch nicht als territoriale Grenzlinie, sondern auch als Ausgangspunkt für weitere kulturelle Erfahrungen. Was wünschen Sie sich für die Zukunft Südtirols?

Calas: Dass es sein Potential erkennt, dieses auch nutzt und das nicht nur in internen Beziehungen. Das gute „Standing“ Südtirols sollte zur Schaffung einer kulturellen Verbindungsachse im zentraleuropäischen Raum verwendet werden. <

Für Österreich: Gesamtverband der Südtiroler in Österreich

Für Deutschland:

Zeughausgasse 8

Verband der Südtiroler Vereine

A-6020 Innsbruck

in der Bundesrepublik Deutschland c/o INVIA Köln e.V.

Für die Schweiz:

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Südtiroler Verein Zürich und Umgebung

D - 50674 Köln

c/o Arthur Altstätter Auhaldenstrasse 26 CH-8427 Rorbas


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