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Porsche Werkzeugbau GmbH: „Wir müssen zeigen, was wir haben“
„WIR MÜSSEN ZEIGEN, WAS WIR HABEN“
Im Wettbewerb um die besten Köpfe setzt die Porsche Werkzeugbau GmbH aus dem erzgebirgischen Schwarzenberg auf eine hausinterne Ausbildungswerkstatt, eine offene Unternehmenskultur und neue Impulse für traditionelle Handwerksberufe.
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Immer wieder schallt Nicole Thümer ein freundliches „Mahlzeit“ entgegen. Beim mittäglichen Rundgang durch die Produktionshallen der Porsche Werkzeugbau GmbH, dem größten Arbeitgeber Schwarzenbergs, wird die Personalreferentin ein ums andere Mal gegrüßt – man kennt sich. „In einem mittelständischen Unternehmen wie unserem ist das noch möglich“, sagt die studierte Juristin. Auch bei derzeit rund 450 Beschäftigten. Knapp 40 davon sind Auszubildende und absolvieren eine insgesamt 3,5-jährige Lehre zum Werkzeug- oder Zerspanungsmechaniker.
Know-how aus den eigenen Reihen sichern
Die Ausbildung des eigenen Nachwuchses hat im Unternehmen eine lange Tradition. 1898 als Erzgebirgische Schnittwerkzeug- und Maschinenfabrik (ESEM) gegründet, wurde schon 1908 die erste Betriebsberufsschule eingerichtet. Eine hausinterne Ausbildungswerkstatt gibt es seit 1931, sie hat alle gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Umschwünge überdauert. 2015 übernahm die Porsche AG die Firma vom Automatisierungsspezialisten KUKA. Ein großer Name mit enormer Strahlkraft kam damit
Ralph Teumer
Kaufmännischer Leiter
nach Schwarzenberg, Investitionen in Höhe von 40 Millionen Euro wurden seitdem getätigt. „Das zieht natürlich, damit haben wir uns in die Spitzengruppe manövriert und konnten auch einige Rückkehrer gewinnen, die mit ihren Familien aus den alten Bundesländern wieder in die Heimat gezogen sind“, betont Ralph Teumer, kaufmännischer Leiter von Porsche Werkzeugbau. „Dennoch ist es nicht so, dass wir sämtliche Fachkräfte aus Dresden, Chemnitz oder Leipzig ins ländliche Erzgebirge locken können. Wir benötigen jedes Jahr acht bis zehn Auszubildende, um unseren Bedarf zu decken.“ Gemeint sind zukünftige Experten, die hochpräzise Großwerkzeuge für die Produktion von Karosseriebauteilen jeglicher Art herstellen. „Das ist ein Spezialgebiet und wir haben immenses Interesse daran, dass unsere Lehrlinge nach ihrer Ausbildung hier am Standort bleiben“, ergänzt Nicole Thümer. „Sie müssen dann nicht ihr ganzes Leben als Werkzeug- oder Zerspanungsmechaniker arbeiten. Es gibt die Möglichkeit, sich zum Techniker oder Meister zu qualifizieren und auch, sich im Haus beispielsweise zum Konstrukteur weiterzuentwickeln.“
Offensives Personalmarketing bringt Erfolg
Den stetigen Nachschub an Fachpersonal sicherzustellen, ist unterdessen kein Selbstläufer. „Wir können zwar unsere Lehrstellen stets besetzen, doch die Zahl der Bewerbungen nimmt ab“, sagt Ralph Teumer. Das bestätigt auch seine Kollegin, die außerdem ehrenamtliches Mitglied im Berufsbildungsausschuss der IHK Chemnitz ist. „Klassische Handwerksberufe spielen bei den Wünschen der jungen Leute immer weniger eine Rolle“, berichtet Nicole Thümer. Hinzu komme, dass das angebotene Berufsbild in den Schulen meist unbekannt sei. Hier setzt Porsche Werkzeugbau mit verschiedenen Aktivitäten an: Schülerpraktika, die Teilnahme an der Woche der offenen Unternehmen und an Ausbildungsmessen, ein Tag der offenen Tür in der Ausbildungswerkstatt und Führungen im Rahmen der „Spätschicht“ zu den Tagen der Industriekultur konnten das Interesse merklich steigern. „Wir haben erkannt, dass wir zeigen müssen, was wir haben“, unterstreicht die Personalreferentin. „Wenn die Jugendlichen einmal hier sind und mit unseren Auszubildenden in Kontakt kommen, bewerben sie sich auch. Gleichzeitig können sich die Eltern ein Bild davon machen, dass ihre Kinder bei uns gut aufgehoben sind.“
Attraktiv bleiben, heißt neue Wege gehen
Für die Ausbildung sind zwei Meister verantwortlich, die zusätzlich als Prüfer für die IHK arbeiten. Dank der Ausbildungswerkstatt finden auch
alle Lehrgänge zu Themen wie Schweißen, Elektrik oder Pneumatik im Haus statt, die sonst überbetrieblich absolviert werden müssen. Nach 18 Monaten werden die Azubis mit bestandener Zwischenprüfung erstmals in der Fertigung eingesetzt und wachsen so Stück für Stück in ihr Aufgabenfeld hinein. Damit dieses auf Dauer attraktiv bleibt, hat es einige Veränderungen gegeben. „Wir wollen das Berufsbild zukunftsfähiger machen und die digitalen Möglichkeiten viel stärker einfließen lassen“, erläutert Ralph Teumer. „Seit drei Jahren bekommen unsere Auszubildenden zum Beispiel Tablets und haben ein eigenes Netzwerk, in dem sie frei kommunizieren und kreative Projekte entwickeln können.“ Leider sei es durch die schleppende Digitalisierung nach wie vor nicht möglich, die Geräte in der Berufsschule einzusetzen, bedauert Teumer. „Das hemmt uns natürlich in diesem Prozess. Wir müssen hier schneller vorankommen, um die Jugendlichen damit zu begeistern, dass sie auch im Handwerk solche Medien nutzen können.“ Auf einem guten Weg ist derweil die neue Baustellen-App, die fünf Berufsakademie-Studenten von Porsche als gemeinsame Aufgabe umgesetzt haben.
Das Leistungsprinzip zählt
„Fördern und fordern“ lautet das Credo für die Nachwuchsbetreuung bei Porsche Werkzeugbau. Selbstständiges Arbeiten, sich etwas zutrauen, eigene Problemlösungen verfolgen stehen im Fokus der Ausbildung, an deren Ende die Übernahmegarantie winkt. Geknüpft ist diese an ein leistungsbezogenes „Kleeblatt“ aus Berufsschulnoten, Prüfungsergebnissen, unternehmensinternen Bewertungen und Soft Skills. Zu den beiden letzten Punkten zählen unter anderem fachliche Qualifikationen, Team- und Motivationsfähigkeit, die Bereitschaft, sich auf wandelnde Bedingungen einzustellen, sowie theoretische und praktische Leistungen. Zeigt die Ampel mehrheitlich grün, steht einem unbefristeten Arbeitsvertrag nichts im Wege. „Jeder, der sich einsetzt, hat eine Chance“, verdeutlicht der kaufmännische Leiter das Prinzip. So wie sich das Unternehmen seit seinen Anfängen als kleiner Schlossereibetrieb schon mehrfach neu erfunden hat, so ist heute in einem dynamischen Automobilmarkt ständiger Veränderungswille gefragt. Nach dem Bau von zwei zusätzlichen Fertigungshallen soll voraussichtlich bis 2024 auch eine neue Ausbildungshalle entstehen. Die Vision: Mit einer Glasfront zur angrenzenden Bundesstraße 101 wird die moderne Werkstatt als
Nicole Thümer Personalreferentin
Schaufenster ins Unternehmen unmittelbare Einblicke liefern und auf diese Weise als weiterer Baustein für ein erfolgreiches Personalmarketing dienen.
porsche-werkzeugbau.com
Claudia Weber
1 Mit den Werkzeugen von Porsche Werkzeugbau aus Schwarzenberg werden in Presswerken des VW-Konzerns und externer Kunden weltweit die Karosserieteile produziert, bevor in den Automobilwerken in Stuttgart-Zuffenhausen und Leipzig die endmontierten Fahrzeuge vom Band rollen.
2 Werkzeugbau hat am Standort Schwarzenberg eine über 120-jährige Tradition. Seit 2015 wird die Geschichte unter dem Dach der
Porsche AG weitergeschrieben.
3 Um das spezifische Know-how des Unternehmens für die Zukunft zu sichern, beginnen jedes Jahr acht bis zehn junge Leute ihre
Ausbildung bei Porsche Werkzeugbau. In der eigenen Ausbildungswerkstatt lernen sie die Fertigkeiten von der Pike auf.
Foto: Porsche Werkzeugbau Anzeige