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Wir alle lieben Listen. Wir küren gerne unsere Lieblingsbands, die tollsten Bücher oder die Serien, die wir am besten finden. im Kino ist das nicht anders, es gibt zahllose Hitparaden der besten Filme, ob von Einzelpersonen erstellt oder in großen Abstimmungen ermittelt. Wenn aber alle zehn Jahre das British Film Institute mit der hauseigenen Zeitschrift Sight & Sound rund um die Welt Kritiker*innen, Kurator*innen und Kinoprogrammmacher*innen befragt, welche denn die wichtigsten Filme seien, dann hält die Filmwelt kurz den Atem an. Denn „The Greatest Films Of All Time“, wie dieser Poll ganz bescheiden heißt, wird bereits seit 1952 ermittelt und gilt als renommierteste und kenntnisreichste Abstimmung ihrer Art mit über 1600 Teilnehmenden.
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Anfang Dezember war es mal wieder so weit, und die Spannung war groß. Würde VERTIGO von Alfred Hitchcock, der 2012 den jahrzehntelangen Spitzenreiter, Orson Welles‘ CITIZEN KANE, ablöste, die Pole Position halten können? Wird es diesmal vielleicht Stanley Kubrick gelingen, auf Platz 1 zu kommen? Oder David Lynch? Und dann das: Hitchcock, Welles, Kubrick und Lynch in den Top 10, aber an der Spitze ein Film, den viele erstmal bei Wikipedia nachschlagen mussten: Jeanne dIelMan, 23 QUaI dU COMMeRCe, 1080 bRUxelles von der belgischen Regisseurin Chantal Akerman. Ein sperriger Titel – und ein 201 Minuten langer Film! Während die einen ratlos waren, brachen andere in Jubel aus: endlich findet ein Film, der seit seinem Erscheinen 1975 mit jedem Jahr einflussreicher und wichtiger wurde, die große Anerkennung! Und was für eine längst fällige Ehre für Akerman, die aus einer Familie von Holocaust-Überlebenden stammende und 2015 verstorbene Filmemacherin!
Worum geht es also in diesem „besten Film aller Zeiten“? Im Mittelpunkt steht die titelgebende Jeanne Dielman, gespielt von Starschauspielerin Delphine Seyrig, eine verwitwete Frau Anfang vierzig, die mit ihrem erwachsenen Sohn in einer Wohnung in Brüssel wohnt. Jeanne ist Hausfrau, entsprechend spielen in der Handlung, die über drei Tage angesiedelt ist, alltägliche Verrichtungen eine wichtige Rolle: Kaffeekochen, Kartoffeln schälen, die Wohnung putzen. Alles normal also? Zunächst scheint es so, doch schnell wird klar, dass Jeanne ständig wechselnden Männerbesuch in der Wohnung hat, nicht aus romantischen Gründen, sondern weil sie sich prostituiert. Und dann sind da noch die zwanghaften Verhaltensweisen, die sie immer wieder an den Tag legt. Der Film entfaltet diese Geschichte in einer strengen Ästhetik, in der wir die Figuren in sorgsam komponierten Bildern präsentiert bekommen. Das unvergessliche Ende wollen wir natürlich hier nicht spoilern, jedenfalls ist JEANNE DIELMAN ein Film, nach dem wir eine Frau, die in einem Film Kartoffeln schält oder eine Schere benutzt, nie wieder so sehen werden wie zuvor.
Warum es Chantal Akerman auf Platz 1 geschafft hat, darüber wurde in den letzten Wochen viel diskutiert. Lag es daran, dass mehr Frauen (oder besser: Nicht-
Männer) in die Abstimmung einbezogen wurden?
Haben die Bemühungen, das Filmschaffen von Frauen bekannter zu machen, Wirkung gezeigt?
Tatsächlich fällt auf, dass neben Akerman auch Filmemacherinnen wie Claire Denis, Agnès Varda oder Céline Sciamma viel höher auf der BFI-Liste platziert sind als zuvor. Ein Fortschritt also für mehr Gleichstellung und Diversität im Kino. Und selbst, wenn das manchen nicht schmecken mag – der Regisseur Paul Schrader vermutete sogar eine „geheime Absprache“ hinter der Nr. 1 für JEANNE DIELMAN – entdeckt die Filmwelt nun voller Neugierde dieses einflussreiche Werk.
Im Filmhaus wird JEANNE DIELMAN am Sonntag, 5. März, um 18 Uhr gezeigt. Der Termin ist zugleich der Auftakt für eine neue monatliche Reihe mit Filmklassikern, die jedes Mal von einem interessanten Gast präsentiert wird. Diesmal, bei JEANNE DIELMAN, ist es Andrea Kuhn, Leiterin des Nuremberg Human Rights Film Festivals , die in den Film einführen wird.
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Vorführung von Jeanne dIelMan, den besten Film aller Zeiten, am Sonntag, 5. März, 18 Uhr. www. kunstkulturquartier.de/filmhaus curt vergibt 2x2 Tickets für die Vorstellung.