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Bär: Kein schweres Heben

Aussetzung der Insolvenzantragspflicht

Über Scheinsicherheiten und das neue SanInsFoG

Die Corona-Pandemie stellt Politik und Unternehmen vor immense Herausforderungen. Neben vielfältigen Hilfsprogrammen spielt die Aussetzung der Insolvenzantragspficht eine große Rolle, um den Zusammenbruch von Teilen der Wirtschaft zu verhindern. Allerdings wiegt diese ausgesetzte Insolvenzantragspflicht viele Unternehmen in falscher Sicherheit.

Rechtsanwalt Robert Buchalik

+Rechtsanwalt Robert Buchalik erläutert, welche Voraussetzungen zu erfüllen sind, um von der Aussetzung zu profitieren, und welche weiterführenden neuen Gesetze und Möglichkeiten es gibt, ein Unternehmen für die Zeit nach Corona zukunftsfähig aufzustellen.

Wann muss Insolvenz beantragt werden?

Es gibt zwei grundlegende Tatbestände, die eine Insolvenzanmeldung für Unternehmen zwingend erforderlich machen. Dies sind Zahlungsunfähigkeit und Überschuldung. Diese Regelung gilt für alle Unternehmen, die gegenüber ihren Gläubigern nur beschränkt haften.

Wann ist Zahlungsunfähigkeit erreicht? Zahlungsunfähigkeit ist bereits erreicht, wenn zwischen den fälligen Verbindlichkeiten und den freien liquiden Mitteln (und das sind ausschließlich freie Banklinien und Cash auf dem Konto – nicht etwa auch fällige Forderungen) eine Deckungslücke besteht, die größer als 10 % ist. Dieser Fall kann schneller eintreten, als man denkt, und kann u. a. auch vom Finanzmanagement eines Unternehmens und von der Zahlungsmoral der Kunden beeinflusst werden. Wann ist Überschuldung erreicht? Überschuldung liegt vor, wenn das Vermögen des Unternehmens die Schulden nicht mehr deckt. Eine Überschuldung alleine macht jedoch noch keinen Insolvenzantrag notwendig, wenn insgesamt eine Perspektive für die Fortführung des Unternehmens besteht. Inwieweit das der Fall ist, sollte sicherheitshalber immer von einem Insolvenzexperten geprüft werden.

Schützt die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht wegen Corona tatsächlich vor der Insolvenz?

Am 30. April 2021 endet einmal mehr die Frist zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht. Viele Unternehmen wähnen sich in einer Scheinsicherheit. Auf das Recht zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht kann sich – anders als vielfach geglaubt – nur ein ganz geringer Teil von Unternehmen aus rechtlicher Sicht tatsächlich berufen. Voraussetzungen dazu sind insbesondere, dass + die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-

Pandemie beruht, was widerlegbar vermutet wird, wenn das Unternehmen am 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, + begründete Aussichten bestehen, dass die Insolvenzreife während der Aussetzungsdauer beseitigt werden kann, + bis zum 28. Februar 2021 ein Antrag auf Gewährung finanzieller Hilfeleistungen im Rahmen staatlicher Hilfsprogramme zur Abmilderung der Covid-19-Pandemie gestellt wurde, + der Antrag nicht offensichtlich aussichtslos ist, d. h. offensichtlich keine Aussicht auf Erlangung der Hilfeleistung besteht und + die beantragte finanzielle Hilfe zur Beseitigung der Insolvenzreife geeignet und ausreichend ist.

Selbst wer glaubt, die Voraussetzungen zu erfüllen, kann eine böse Überraschung erleben, wenn es zu einem späteren Zeitpunkt doch zu einem Insolvenzantrag kommen sollte. Insolvenzverwalter werden dann von Gesetzes wegen versuchen, entsprechende Haftungsansprüche gegen den Geschäftsleiter persönlich auch mit Blick auf dessen Privatvermögen durchzusetzen. Als Beleg dafür, dass die Aussetzungsvoraussetzungen eben nicht vorlagen, werden sie sich auf den gestellten Insolvenzantrag berufen.

Auch die Staatsanwaltschaft wird sich für diesen Vorgang interessieren. Denn lagen die Aussetzungsvoraussetzungen nicht vor, droht eine strafrechtliche Verfolgung wegen Insolvenzverschleppung.

Welche Alternativen gibt es, um ein Unternehmen zu sanieren?

Das StaRUG (Gesetz zur Restrukturierung und Stabilisierung von Unternehmen) ist am 1. Januar 2021 in Kraft getreten. Unternehmen können nun außerhalb eines Insolvenzverfahrens Vereinbarungen treffen, denen nicht alle Gläubiger zustimmen müssen.

Damit eine Restrukturierung nach StaRUG erfolgen kann, darf noch keine Zahlungsunfähigkeit eingetreten sein, das Unternehmen muss andererseits aber schon drohend zahlungsunfähig sein. Unter diesen Voraussetzungen hat es die Chance, eine Vergleichslösung mit seinen Finanzgläubigern zu schließen, der nur 75 % der Gläubiger in jeder Gläubigergruppe zustimmen müssen. Bei mehreren Gruppen muss diese Mehrheit nur in der Mehrheit der Gruppen erzielt werden. Hier getroffene Regelungen wirken auch gegen die nicht zustimmenden Gläubiger. Sollten allerdings nicht alle Gläubiger zustimmen, müssen die getroffenen Regelungen in einem Restrukturierungsplan aufgenommen werden. Der Restrukturierungsplan ist vom zuständigen Restrukturierungsgericht zu bestätigen, damit er für und gegen alle Gläubiger wirkt. Nur wenn alle Gläubiger in allen Gruppen zu 100 % zustimmen, bedarf es keiner Mitwirkung des Restrukturierungsgerichtes. Auf diese Weise können Banken zum Beispiel gezwungen werden, Teilverzichte, Stundungen ihrer Kredite oder Abänderungen ihrer Kreditverträge vorzunehmen. Sanierung in Eigenverwaltung innerhalb der Insolvenz Zusätzlich zum neuen StaRUG gibt es die Möglichkeit, eine Sanierung in Eigenverwaltung oder im Rahmen eines Schutzschirmverfahrens (ESUG) in Anspruch zu nehmen. Diese findet bereits innerhalb eines Insolvenzverfahrens statt und ist bisher die beste Alternative, eine Sanierung unter Insolvenzbedingungen unter Federführung der bisherigen Geschäftsleitung durchzuführen. In diesem Verfahren gibt es keinen Insolvenzverwalter, die Geschäftsleitung bleibt im „Fahrersitz“ und bestimmt die Geschicke des Unternehmens. Das Gericht bestimmt lediglich einen Sachwalter, der die Sanierung überwacht. Die Sanierung in Eigenverwaltung bietet weitergehende Möglichkeiten gegenüber einem StaRUGVerfahren, weil – anders als beim StaRUG – auch Verträge beendet, Kündigungen von Arbeitnehmern mit kurzen Fristen ausgesprochen werden können und Sozialpläne auf 2,5 Monatsgehälter pro Mitarbeiter begrenzt sind. Unternehmen, die sich in Eigenverwaltung befinden, sind zudem insolvenzgeldberechtigt, d. h., die Bundesagentur für Arbeit übernimmt für 3 Monate die Zahlung von Löhnen und Gehältern.

Mit der Änderung des ESUG zum 1. Januar 2021 wurden die Zugangsvoraussetzungen zur Eigenverwaltung verschärft. Eine erfolgversprechende Durchführung des Verfahrens ohne die Begleitung von Sanierungsexperten ist deshalb sehr unwahrscheinlich.

Fazit

Auch wenn die Insolvenzantragspflicht weiterhin ausgesetzt ist, sollten sich gefährdete Unternehmen nicht in Sicherheit wiegen, sondern rechtzeitig ihre finanzielle Situation prüfen und bei Bedarf eine Beratung durch ausgewiesene Sanierungsexperten in Anspruch nehmen. Es gibt mit dem neuen StaRUG und der Sanierung in Eigenverwaltung oder unter einem Schutzschirm erfolgversprechende Verfahren, welche die endgültige Auflösung oder Zerschlagung eines Unternehmens verhindern und zukunftsfähige Wege aufzeigen können.

Website: www.buchalik-broemmekamp.de +++

© Buchalik

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Die Situation der deutschen Handwerksbäcker – Teil 4

Mit neuen Ideen die Krise bewältigen

+Der vierte Teil der Studie von Prof. Dr. James Bruton schließt die Reihe mit einer Gesamtschau ab.*

Unsere Studie erhebt nicht den Anspruch, die Landschaft der Bäckereiunternehmen in Deutschland im statistischen Sinn repräsentativ abzubilden. Vielmehr haben wir auf das im Handelsregister vorhandene Material, namentlich die Jahresabschlüsse und Lageberichte der Unternehmen, zurückgegriffen und die publizierten Daten verwendet, um die Lage zu deuten und Trends herauszulesen. Diese Daten sind in der Regel von Wirtschaftsprüfern geprüft und als Eigendaten der Unternehmen sind sie in hohem Maße authentisch. Außerdem verhilft die Auswertung der Stichprobe von bundesweit 103 Unternehmen zu einer seriösen und zuverlässigen Abbildung der Branchenrealität.

Welche Branchenrealität lässt sich aus den Zahlen ablesen? Die Ertragskraft hat sich in der Stichprobe gegenüber dem Vorjahr leicht verbessert. Dieser Befund deckt sich mit dem allgemeinen Trend steigender Umsätze laut Branchenstatistik. Mit der Stärkung der Ertragskraft geht auch eine Verbesserung der finanziellen Stabilität einher. Die Cashflow-Ratio ist außer bei den Kleinstunternehmen überall zurückgegangen. Das Eigenkapital ist im Allgemeinen recht hoch und gegenüber dem Vorjahr leicht gestiegen, allerdings bei den Gruppen M und S um 2 – 3 Prozentpunkte gefallen. Die Ausstattung mit Eigenkapital fällt im Einzelfall jedoch sehr unterschiedlich aus und bei der Bewertung dieser Kennzahl muss man auch die Kredittilgungsdauer berücksichtigen.

Das Ergebnis der Analyse der Ertragskraft, der finanziellen Stabilität und der Vermögens- und Personalkostenstruktur wird zur Verdeutlichung genereller Trends in der folgenden Abb. 1 zusammengefasst. Dabei betrachten wir schwerpunktmäßig die Gruppen M und S, denn diese bilden nahezu die Hälfte der Stichprobe. Darüber hinaus ist die Aussage für diese Gruppen am interessantesten, weil diese Betriebe zusammen- genommen das Rückgrat des klassischen Bäckereihandwerks in seiner heutigen Form darstellen.

Die Effizienz des Vermögenseinsatzes hat sich 2018 allgemein und vor allem bei der Kerngruppe der klein- und mittelständischen Unternehmen deutlich verbessert. Dabei ist die Investitionsneigung zurückgegangen, was auf die in den Vorjahren getätigten Investitionen zur Verbesserung der Wettbewerbsposition gegenüber dem LEH zurückgeführt wird. Die Veralterung des Anlagevermögens ist ein immerwährendes Thema, das die Betriebe, vor allem die Kleinbetriebe, stets im Auge behalten müssen, damit sie von ihren Mitbewerbern nicht abgekoppelt werden.

Wie sich aus der Analyse der Working Capital Ratio ergibt, fehlt sehr vielen Betrieben die Möglichkeit der Selbstfinanzierung von Investitionen, sodass sie auf finanzielle Unterstützung von außen angewiesen sind – je nach Strategie entweder über Kreditinstitute, verbundene Unternehmen, den Kapitalmarkt über Unternehmensanleihe (z. B. Wiener Feinbäckerei Heberer) oder über einem Investitions-Franchising-System (z. B. Kamps).

Die Personalintensität ist mit durchschnittlich 57 % des Rohertrags als hoch zu bezeichnen. Nur die großen Unternehmen ab 30 Mio. Euro Rohertrag schaffen einen niedrigeren Durchschnittswert, was auch durch deren Geschäftsmodelle zu erklären ist, d. h. stärkere Ausrichtung auf industrielle Produktion und Franchising-Modelle. Auch im Einzelfall variiert die Personalintensität entsprechend dem Geschäftsmodell. So finden wir auch industriell ausgerichtete Betriebe auch bei den kleinen und mittelgroßen Unternehmen mit entsprechend geringer Mitarbeiterzahl.

Nach alledem lässt sich feststellen, dass sich der Konzentrationsprozess weiterhin in vollem Gange befindet, wobei entsprechende Anpassungen an den Markt stattgefunden haben und noch stattfinden. Die meisten Unternehmen in der Stichprobe scheinen die Probleme mit verbesserten Geschäftsstrategien sowie durch mehr Effizienz und Effektivität im operativen Geschäft vorerst gut bewältigt zu haben und auf der Basis der Zahlen von 2018 scheinen sie aus der Krise gestärkt hervorgegangen zu sein.

Wer behauptet sich gut, wer hat eher Probleme?

Zum Schluss wollen wir diese immense Datenvielfalt nochmals verdichten, um festzustellen, wer unter den besprochenen Aspekten gedeiht bzw. eher Probleme zu haben scheint. Dafür werden die Kennzahlen nebeneinander betrachtet. Dabei wird

*Wenn Sie die komplette Studie, zusammengefasst in einem digitalen Format, wünschen, schreiben Sie eine E-Mail an: Frau Viktoria Usanova vom Leserservice, E-Mail: usanova@ foodmultimedia.de

© magele-picture – stock.adobe.com auf die Investitionsquote und den Anlagenabnutzungsgrad verzichtet, weil sie ohne eine mehrjährige Betrachtung der Entwicklung das Bild in der Gesamtschau verfälschen würden. Die Anlage zeigt die entsprechenden Daten nach den Rohertragsgrößenklassen für das Jahr 2018. Ziel ist es aufzuzeigen, wer sich am deutlichsten im grünen bzw. roten Bereich befindet. Es geht dabei nicht um eine Rangreihenfolge; vielmehr werden die augenscheinlich stärksten (grün) und schwächsten (rot) Betriebe alphabetisch aufgelistet.

Bei der Interpretation der folgenden Zahlen ist besondere Vorsicht geboten, denn viele Abweichungen nach oben oder unten lassen sich begründen und auf die obigen Ausführungen zu den einzelnen Kennzahlen sei verwiesen. Nichtsdestoweniger springen doch sehr deutliche Unterschiede zwischen den „Tops“ und den „Flops“ ins Auge. Gesamtschau sehr große Unternehmen (XL) – vgl. Anhang 1 Tops: Bäcker Görtz, Der Kalkreuther Bäcker Wiehgärtner, Frischbäck (gemeinsam mit Landbäckerei Ihle) Flops: Steinecke Holding, Wiener Feinbäckerei Heberer (Standort Mühlheim a. M.)

Abb. 1: Zusammenfassende Ergebnisse

Worum geht es? Kennzahl

Ertragskraft

Gesamtkapitalrentabilität

Cashflow-Rendite

Cashflow-Ratio

Fragestellung

Wie rentabel arbeitet das gesamte im Unternehmen eingesetzte Kapital?

Wie viel Rohertrag bleibt für Investitionen, Schuldentilgung und Ausschüttungen übrig?

Analyseergebnis

Median insgesamt 9,26 %; um 6,6 %-Punkte gestiegen.

Median insgesamt 8,66 %; um 8,7 %-Punkte gestiegen.

Wie hoch ist die operative Ertragskraft? Median insgesamt 47,36 %; um 4,7 %-Punkte gefallen.

Finanzielle Stabilität

Vermögensstruktur

Eigenkapitalanteil Wie stabil ist die Kapitalisierung im Hinblick auf eine Kreditfinanzierung?

Schuldentildungsdauer

Anlageneffizienz Wie viele Jahre benötigt das Unternehmen, um Kredite bei konstantem Cashflow zurückzuzahlen?

Wie effizient wird das Anlagevermögen eingesetzt, um Cashflow zu generieren?

Investitionsquote Wie stark wird in neue Produktionsanlagen investiert?

Anlagenabnutzung Wie veraltet sind die Produktionsanlagen?

Working Capital Ratio Wie viel Nettoumlaufvermögen steht für Investitionen und für den Produktionsprozess zur Verfügung? Insgesamt auf hohem Niveau, aber durchschnittlich von 23,95 auf 25,79 % gestiegen. Bei den Gruppen M und S jedoch mit leichter Abwärtstendenz.

Die Schuldentilgungsdauer hat sich durchweg leicht verbessert.

Median insgesamt 30,18 %; um 10,7 %-Punkte gestiegen.

Median insgesamt 19,23; Rückgang um 16,2 %-Punkte, am stärksten in den Gruppen M und S.

Median ingesamt bei 68 %. Anlagen durchschnittlich etwas älter geworden, bei M stabil und bei S etwas stärker.

Negatives Working Capital ist die Regel. Median insgesamt bei -34 %, aber um 12,7 %-Punkte besser als im Vorjahr. Bei M deutliche Verbesserung und bei S etwas schlechter geworden.

Kostenstruktur Personalintensität Wie hoch sind die Personalkosten relativ zum Rohertrag? Liegt durchschnittlich bei 57 %; sehr unterschiedliche Werte je nach Geschäftsmodell.

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