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Glutenfreie Backwaren

GLUTEN-FREE-BACKWAREN

Worauf es bei der Herstellung ankommt

Viele Bäckereien nutzen neben Weizen oder Roggen auch Pseudogetreide wie Amaranth, Quinoa und Buchweizen, vor allem um ihr Sortiment zu erweitern. Dass die Backwaren als „glutenfrei“ gekennzeichnet werden können, ist ein zusätzlicher Vorteil, aber nicht immer leicht zu erreichen.

Autor: Florian Paschen, Leiter der Abteilung Science & Academy bei DIOSNA Dierks & Söhne GmbH

+Die Problematik für Bäckereien liegt in aufwendigen Reinigungsprozessen und dem Nachweis, dass das Produkt tatsächlich kein Gluten (< 20 ppm) enthält. Die Herstellung glutenfreier Produkte muss vollständig von der üblichen Produktion losgekoppelt sein. Im Idealfall gibt es ein eigenes Lager für Rohstoffe und ggf. Verpackungen, eigene Anlagen und eine eigene Produktion. Auch wenn dies einen hohen Investitionsaufwand bedeutet, es ist das sicherste Verfahren. Je weiter von dieser Ideallinie abgewichen wird, desto strenger und engmaschiger muss der Glutengehalt der Endprodukte kontrolliert werden. Das Marktpotenzial ist da und wächst, vor allem wenn Bäckereien auch Lieferungen ins europäische Ausland anpeilen. Glutenfreie Produkte sind eine eigenständige Produktkategorie. Der Grund dafür liegt in den Eigenschaften der glutenfreien Teige, die sich von Teigen aus Weizen, Dinkel oder Roggen unterscheiden. Kurz und teilweise sehr plastisch, so kann man sie beschreiben. Genau das macht die Produktion schwieriger, und es braucht etwas Erfahrung, um die Maschinen auf die Teigeigenschaften einzustellen. Besonders knifflig wird es, wenn mit Vorteigen gearbeitet werden soll, die zudem pumpfähig sein sollen. Die für eine glutenfreie Fermentation geeigneten Rohstoffe können sich während der Fermentation in ihre Hauptbestandteile auftrennen. So kann zum Beispiel eine Teigphase entstehen, die vor allem Stärke enthält, dabei zu Boden sinkt und das Mischwerkzeug blockiert.

Kompensation von Funktionalitäten

Gluten bildet ein dreidimensionales Netzwerk aus, wenn Energie zugeführt wird. Dies ist die wesentliche Funktionalität von Gluten, die es zu berücksichtigen gilt. Überall dort, wo der Teig bzw. das Gluten gezogen, gedehnt oder gestaucht wird, können glutenfreie Produkte nicht direkt mithalten. Es gibt jedoch Rohstoffe, die die Struktur ähnlich wie glutenfreie Teige aufbauen und wesentlich verbessern können. So werden glutenfreie Teige den Weizenteigen sehr ähnlich.

Im Allgemeinen gilt: Je mehr die sensorische Qualität einer Backware darauf beruht, dass Gluten vorhanden ist, umso komplexer wird es, die Qualität durch Prozesse und/oder die Rohstoffauswahl zu imitieren. So ist z.B. ein Baguette oder ein Ciabatta mit seiner offenen, teils groben, weichen und dennoch dünnwandigen Porenstruktur schwer zu imitieren. Kuchen und Kekse hingegen lassen sich sehr gut herstellen, insbesondere wenn Gluten hinderlich oder sogar unerwünscht ist. Je mehr das Verhältnis von Kruste zu Krume zur Kruste tendiert, desto einfacher ist die glutenfreie

Herstellung von Weizengebäck und glutenfreien Produkten im Vergleich

Weizengebäcke

Wasseraufnahme Gluten 1,3 g H2O/g

Vorteig

Bei den Vorteigen wird häufig ein 1:1-Verhältnis von Mehl zu Wasser verwendet. Die Mehlinhaltsstoffe in Kombination mit Wasser machen daraus eine gut fließfähige Masse, welche scherstabil und pumpfähig ist. Während der Fermentation bleiben diese Eigenschaften stabil. Bei der Verwendung von Reisstärken oder Ähnlichem überwiegt der Stärkeanteil in den Rohstoffen, während einer langen Fermentation trennen sich die Phasen und die Stärke sinkt zu Boden; dies kann Vorteiganlagen zerstören. Daher empfehlt es sich bei solchen Applikationen, Propelleranlagen (Vorteiganlagen) zu verwenden. Wichtig dabei ist, dass das Werkzeug separat gesteuert werden kann. So kann die Stärke stets in der Schwebe gehalten werden.

Knetung

Quelleigenschaften

Durch die Komposition der Mehlinhaltsstoffe von Protein bzw. Gluten, Stärke, Pentosanen und anderen Bestandteilen ergeben diese Komponenten unter Einfluss zugeführter mechanischer Energie einen viskoelastischen Teig. Ohne Zugabe weiterer Rohstoffe wie Fasern wird der Teig z. B. bei Verwendung von Reismehl eher wie eine breiige Masse ohne Stand und im Idealfall plastisch.

Je nachdem, welcher Teig oder eben welche Backware hergestellt wird, liegt hier durch Proteine, Xylane und Pentosane eine hohe Quellung vor.

Teigentwicklung Bei einem klassischen Weizenteig muss Energie hinzugefügt werden, um ein dreidimensionales Glutennetzwerk ausbilden zu können. Jedoch nicht nur die Verknüpfung von Gliadin und Glutenin ist hier zu berücksichtigen, auch wenn das der größte Anteil ist, sondern auch Protein-Stärke und Proteine-Xylane-Verbindungen. Diese Kombination macht den viskoelastischen Teig aus, welcher aber für einige Minuten in einem Kneter geknetet werden muss. Teigformung Der viskoelastische Teig kann nach kurzen Teigruhen beliebig geformt werden. Zu freigeschobenem Brot oder Kastenbrot oder zu Kleingebäck. Gärtoleranz Wurde der Teig ausgeknetet, so hält der Teig die Glutenstruktur, welche wiederum die gebildeten Gasblasen festhält und somit eine lockere Teigstruktur bildet, welche auch über die Gärzeit und darüber hinaus gut gehalten werden kann.

Gashaltung Ausgeknetete Teige haben wie bei der Gärtoleranz ein gutes Gashaltevermögen, da die Proteine (Gluten) das Gas auch bei leichten Bewegungen halten können.

Ofentrieb Im Ofen gibt die Hefe noch mal einen Gasschub und die Gase dehnen sich zudem auch etwas aus, hier muss das Gluten die Gase gut halten, bevor das Gluten denaturiert und die Stärke den Part der Wasseraufnahme und Strukturbildung übernimmt.

Glutenfreie Produkte

Stärke 0,4 g H2O/g

Hingegen ist die Quellung beim Reismehl nur anhand der Randschalenanteile festzumachen, je dunkler das Mehl, desto mehr Wasser kann aufgenommen werden. Dies gilt auch beim Weizen, jedoch ist dies beim Reismehl der alleinige Bestandteil. Hingegen wird der Teig aus z. B. Reismehl nur zusammengemischt, um ggf. eine bindende Masse auszubilden, welche sich aus Cellulose, Xylanen und anderen verdickenden Bestandteilen zusammensetzt.

Die Teigformung gelingt bei einem 100-%-Reismehlbrot nur bedingt, meistens müssen die Brote im Kasten gebacken werden. Die Teige im Kasten haben eine stützende Kastenwand, welche zur Stabilität beiträgt. Diese Teige oder Massen sind sehr stabil, können aber meistens ohne diese stützende Wand nicht gut halten, da sie sonst zusammenfallen würden. Daher ist die Gärtoleranz zwar gut, aber nur im Kasten möglich. Durch die zähe Masse können die eher kompakten Teige die dennoch gehaltenen Gase halten, dies ist jedoch auch wie bei den Weizenteigen begrenzt.

Bei den glutenfreien Teigen übernimmt generell von Anfang an die Stärke den Part der Wasseraufnahme und die Strukturbildung. So sind viele glutenfreie Produkte eher kompakter.

Herstellung. Eine Pizza zum Beispiel ist im Vergleich zu einem Ciabatta technologisch nicht besonders anspruchsvoll.

Der Einsatz von Fasern (z. B. Psyllium) und Verdickungsmitteln (z. B. Guarkernmehl, Hydroxymethylcellulose, Xanthan und/ oder modifizierte Stärken) kann die Eigenschaften glutenfreier Teige und Produkte deutlich verbessern. Allein die Verwendung der indischen Flohsamenschalen (Psyllium) verbessert die Qualität der Teige und Backwaren enorm. Psyllium wird häufig auch in Bioprodukten eingesetzt. Auch der Einsatz von Transglutaminasen wird häufig diskutiert, ist aber im Vergleich zu den Fasern oft zu teuer und die Wirkung ist im Vergleich zum Kostenaufwand eher gering. und zu Boden sinkt. Dies wiederum ist ideal für Fermentersysteme.

Die Milchsäurebakterien mögen eine Temperatur von 30 – 34 °C. Temperatur oberhalb von 40 °C sollte vermieden werden. Je höher die Temperatur, desto joghurtähnlicher schmeckt der Sauerteig und desto milder schmecken die Backwaren. Bei Temperaturen unterhalb von 32 °C wird der Sauerteig kräftiger und etwas säuerlicher im Geschmack. Die Temperatur sollte aber nicht unter 28 °C fallen.

Die Gärung ist nach 34 Stunden abgeschlossen, kann aber auf bis zu 48 Stunden verlängert werden. Nach 48 Stunden ist der Sauerteig vollständig gesäuert, während er nach 34 Stunden noch sehr aktiv ist. Wenn der Sauerteig wiederverwendet werden soll, wird eine Startermenge von 30 % empfohlen. Bei der Herstellung des ersten Sauerteigs ist eine Startermenge von ca. 2–5 % erforderlich, je nach verwendeten Rohstoffen. Das Verhältnis von Mehl zu Wasser sollte je nach Rezeptur 1 : 1–2 betragen. Dieser Sauerteig kann dann im Verhältnis 10–30 % dem Brotteig zugesetzt werden (auf Mehl gerechnet).

Sauerteig kann dazu beitragen, die Zugabe von Verdickungsmitteln zu reduzieren. Diese werden häufig in glutenfreien Produkten verwendet. Es ist wichtig zu wissen, dass Psyllium kein Lebensmittelzusatzstoff ist, sondern ein Ballaststoff. Generell zeigen die ersten Studien, dass Milchsäurebakterien in der Lage sind, Fruktane in Mehl (in Verbindung mit Wasser) umzuwandeln, aber es bedarf weiterer Forschung, um festzustellen, ob alle Milchsäurebakterien dazu in der Lage sind oder nur bestimmte. Klar ist jedoch, dass Milchsäurebakterien und Hefen im Vorteig bei langer Gärung zum Abbau von FODMAP beitragen können.

Je nach Fermentationsprozess sind die fertigen Backwaren leicht verdaulich, haben eine saftige, weiche, nicht strohige Krume und sind leicht sauer (joghurtartig) bis sauer (kefirartig) oder sogar aromatisch sauer. Bei der Entwicklung des Reisstarters kamen die Schwierigkeiten der Rohstoffvielfalt, der Anwendungen, der Parametrisierung und der Maschinengängigkeit ins Spiel. Die neueste Version des Starters ist bio-fähig. Der Reisstarter soll zudem universell einsetzbar sein, dem Bäcker eine individuelle Lösung bieten, um eine Vielfalt an Produkten herstellen zu können. Der Starter wurde von DIOSNA zum Patent angemeldet. +++

Entwicklung eines Reisstarters

Der DIOStart Reis Flüssigstarter ist eine Starterkultur für die Herstellung von auf Reis basierenden Teigen. Es handelt sich um spezielle Milchsäurebakterien, die dem reisspezifischen Medium angepasst sind. Mit diesen Startern kann Sauerteig hergestellt werden. Wird der Sauerteig dem Teig zugesetzt, verbessern sich die Eigenschaften der Backware hinsichtlich Frische, Aromaprofil, Krumenstabilität und Krumensaftigkeit sowie dem Schutz vor Schimmelbildung im Endprodukt. Darüber hinaus wird durch die Zugabe von Milchsäurebakterien eine kontrollierte Gärung eingeleitet, die dann individuell aufrechterhalten werden kann. Außerdem verhindert der Starter je nach Zugabemenge und verwendetem Rohstoff, dass sich die Stärke in der Matrix entmischt

Ansprechpartner bei DIOSNA: Dr. Torsten Zense, Technology Bakery, E-Mail: torsten.zense@diosna.de

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