brot+backwaren 2022-02 digital

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PRODUKTION

GLUTEN-FREE-BACKWAREN

Worauf es bei der Herstellung ankommt Viele Bäckereien nutzen neben Weizen oder Roggen auch Pseudogetreide wie Amaranth, Quinoa und Buchweizen, vor allem um ihr Sortiment zu erweitern. Dass die Backwaren als „glutenfrei“ gekennzeichnet werden können, ist ein zusätzlicher Vorteil, aber nicht immer leicht zu erreichen. Autor: Florian Paschen, Leiter der Abteilung Science & Academy

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bei DIOSNA Dierks & Söhne GmbH

Die Problematik für Bäckereien liegt in aufwendigen Reinigungsprozessen und dem Nachweis, dass das Produkt tatsächlich kein Gluten (< 20 ppm) enthält. Die Herstellung glutenfreier Produkte muss vollständig von der üblichen Produktion losgekoppelt sein. Im Idealfall gibt es ein eigenes Lager für Rohstoffe und ggf. Verpackungen, eigene Anlagen und eine eigene Produktion. Auch wenn dies einen hohen Investitionsaufwand bedeutet, es ist das sicherste Verfahren. Je weiter von dieser Ideallinie abgewichen wird, desto strenger und engmaschiger muss der Glutengehalt der Endprodukte kontrolliert werden. Das Marktpotenzial ist da und wächst, vor allem wenn Bäckereien auch Lieferungen ins europäische Ausland anpeilen.

Glutenfreie Produkte sind eine eigenständige Produktkategorie. Der Grund dafür liegt in den Eigenschaften der glutenfreien Teige, die sich von Teigen aus Weizen, Dinkel oder Roggen unterscheiden. Kurz und teilweise sehr plastisch, so kann man sie beschreiben. Genau das macht die Produktion schwieriger, und es braucht etwas Erfahrung, um die Maschinen auf die Teigeigenschaften einzustellen. Besonders knifflig wird es, wenn mit Vorteigen gearbeitet werden soll, die zudem pumpfähig sein sollen. Die für eine glutenfreie Fermentation geeigneten Rohstoffe können sich während der Fermentation in ihre Hauptbestandteile auftrennen. So kann zum Beispiel eine Teigphase entstehen, die vor allem Stärke enthält, dabei zu Boden sinkt und das Mischwerkzeug blockiert.

Kompensation von Funktionalitäten Gluten bildet ein dreidimensionales Netzwerk aus, wenn Energie zugeführt wird. Dies ist die wesentliche Funktionalität von Gluten, die es zu berücksichtigen gilt. Überall dort, wo der Teig bzw. das Gluten gezogen, gedehnt oder gestaucht wird, können glutenfreie Produkte nicht direkt mithalten. Es gibt jedoch Rohstoffe, die die Struktur ähnlich wie glutenfreie Teige aufbauen und wesentlich verbessern können. So werden glutenfreie Teige den Weizenteigen sehr ähnlich. Im Allgemeinen gilt: Je mehr die sensorische Qualität einer Backware darauf beruht, dass Gluten vorhanden ist, umso komplexer wird es, die Qualität durch Prozesse und/oder die Rohstoffauswahl zu imitieren. So ist z.B. ein Baguette oder ein Ciabatta mit seiner offenen, teils groben, weichen und dennoch dünnwandigen Porenstruktur schwer zu imitieren. Kuchen und Kekse hingegen lassen sich sehr gut herstellen, insbesondere wenn Gluten hinderlich oder sogar unerwünscht ist. Je mehr das Verhältnis von Kruste zu Krume zur Kruste tendiert, desto einfacher ist die glutenfreie

www.brotundbackwaren.de 02/2022


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