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Eine WM der Superlative

Biathlon

In Antholz, der Wiege des Biathlonsports, gingen vom 12. bis zum 23. Februar die Weltmeisterschaften dieser faszinierenden Sportart über die Bühne. Es waren Titelkämpfe, die neue Maßstäbe setzten. Und bei der eine Niederrasnerin im Mittelpunkt stand. VIDEO

Fotos: Nordic Focus

Mit zweimal Gold und ebenso vielen gewonnen Silbermedaillen war Dorothea Wierer ein Superstar bei ihrer Heim-WM. Weltmeisterin in der Verfolgung und im Einzel, außerdem Silber mit der Mixed Staffel und im abschließenden Massenstart – mehr hätte man sich von der späteren Gesamtweltcupsiegerin bei den Titelkämpfen in ihrer Heimatgemeinde nicht erwarten können (siehe eigener Bericht Seite 56-58).

Dass „Doro“ nicht die alleinige Königin von Antholz war, hing mit den Leistungen von Marte Olsbu Roeiseland zusammen. Denn die Norwegerin holte in allen sieben Entscheidungen eine Medaille (fünf Mal Gold, zwei Mal Bronze) – etwas Einzigartiges, das vor Roeiseland noch keiner anderen Biathletin gelungen war. Natürlich profitierte sie in den drei Staffelentscheidungen auch von ihren überragenden norwegischen Teamkolleginnen und -kollegen. Das soll den phantastischen Auftritten Marte Olsbu Roeiselands aber keinen Abbruch tun, die – im Gegensatz ihrer höher eingeschätzten Teamkollegin Tiril Eckhoff – auch in den vier Einzelentscheidungen ihr Leistungspotenzial abrufen konnte und Weltmeisterin im Sprint und im Massenstart wurde.

Vier verschiedene Weltmeister bei den Männern

Gab es in den Solo-Entscheidungen der Frauen mit Wierer und Roeiseland nur zwei verschiedene Weltmeisterinnen, so waren es bei den Männern insgesamt vier Titelträger. Im Sprint der Männer setzte sich der Russe Alexander Loginov durch, der kurz vor Ende der WM im Zuge einer Razzia von der Polizei aus dem Bett geholt wurde und den abschließenden Massenstart ausließ. Diese Durchsuchung und ein gesperrter russischer Trainer, der sich eine Akkreditierung erschlichen hatte, waren übrigens die einzigen Mini-Schönheitsflecken einer ansonsten perfekten Weltmeisterschaft.

Zurück zum sportlichen Geschehen in Antholz. Im Verfolgungswettkampf, der auf den Sprint folgte, hatte der Franzose Emilien Jacquelin die Nase vorn. Auch im Einzel ging Gold nach Frankreich: Martin Fourcade jubelten in seinem Abschiedsjahr (er beendete am Ende der Saison seine grandiose Karriere) die Tausenden Fans von der Antholzer Tribüne zu. Das zweite Gold heimste der Biathlon-Superstar mit der französischen Staffel ein. Im abschließenden Massenstart gewann schließlich jener Biathlet, dem in der Südtirol Arena eine ähnliche Ausbeute wie seiner Teamkollegin Marte Olsbu Roeiseland glückte. Johannes Thingnes Boe, der spätere Gesamtweltcupsieger, behielt im Duell mit den Franzosen Quentin Fillon Maillet und Emilien Jacquelin die Oberhand. Es war seine sechste WM-Medaille in Antholz.

170.000 Fans sorgen in der Südtirol Arena für Stadionatmosphäre

Aus Südtiroler Sicht gab es bei „WM dorhoam“ nicht nur Wierers vier Medaillen zu bejubeln. Mit Lukas Hofer und Dominik Windisch holten zwei weitere heimische Skijäger Edelmetall. Sie gehörten gemeinsam mit Wierer und Lisa Vittozzi zu jener Mixed Staffel, die das Antholzer Biathlonfest mit Silber eröffnet hatte.

Weltmeisterlich waren auch die Zuschauer unterwegs, die in der Südtirol Arena für Stadionatmosphäre und Gänsehaut-Stimmung sorgten und im Fanzelt und Biathlon Village ausgelassen, aber immer friedlich feierten. In das Biathlon-Mekka am Fuße des Hochgalls strömte das Publikum jedenfalls in Scharen. 170.000 begeisterte Fans aus allen Teilen der Welt wurden an den insgesamt neun Wettkampftagen gezählt. Kein Wunder, dass die Biathlon-WM in Antholz nach den Olympischen Winterspielen 2006 in

Dominik Windisch, Lukas Hofer, Dorothea Wierer und Lisa Vittozzi

Foto: Nordic Focus

Dorothea Wierer wird von „Bumsis“ umzingelt

170.000 Fans verfolgten die WM vor Ort

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Alle Antholzer Medaillengewinner im Überblick

13.2.2020 – Mixed Staffel Nation Zeit 1. Roeiseland, Eckhoff, T. Boe, J. Boe NOR 1:02.27,7 (0+7) 2. Vittozzi, Wierer, Hofer, Windisch ITA +15,6 (0+6) 3. Puskarcikova, Davidova, Moravec, Krcmar CZE +30,8 (0+2)

14.2.2020 – Sprint Frauen 1. Marte Olsbu Roeiseland 2. Susan Dunklee 3. Lucie Charvatova NOR 21.13,1/1 Schießfehler USA +6,8/0 CZE +21,3/0

15.2.2020 – Sprint Männer 1. Alexander Loginov 2. Quentin Fillon Maillet 3. Martin Fourcade

16.2.2020 – Verfolgung Frauen 1. Dorothea Wierer 2. Denise Herrmann 3. Marte Olsbu Roeiseland

16.2.2020 – Verfolgung Männer 1. Emilien Jacquelin 2. Johannes Thingnes Boe 3. Alexander Loginov

18.2.2020 – Einzel Frauen 1. Dorothea Wierer 2. Vanessa Hinz 3. Marte Olsbu Roeiseland RUS 22.48,1/0 FRA +6,5/1 FRA +19,5/0

ITA 29.22,0/1 GER +9,5/3 NOR +13,8/3

FRA 31.15,2/0 NOR +0,4/2 RUS +23,9/1

ITA 43.07,7/2 GER +2,2/1 NOR +15,8/2

19.2.2020 – Einzel Männer 1. Martin Fourcade 2. Johannes Thingnes Boe 3. Dominik Landertinger

20.2.2020 – Single Mixed Staffel 1. Roeiseland, J. Boe 2. Preuss, Lesser 3. Bescond, Jacquelin FRA 49.43,1/1 NOR +57,0/2 AUT +1.22,1/1

NOR 34.19,9 (0+6) GER +17,6 (0+5) FRA +29,8 (0+4)

22.2.2020 – Staffel Frauen 1. Solemdal, Tandrevold, Eckhoff, Roeiseland NOR 1:07.05,7 (1+9) 2. Horchler, Hinz, Preuss, Herrmann GER +10,7 (0+9) 3. Merkushyna, Dzhima, Semerenko, Pidhrushna UKR +18,4 (0+8)

22.2.2020 – Staffel Männer 1. Jacquelin, Fourcade, Desthieux, Fillon Maillet FRA 1:12.35,9 (0+4) 2. Christiansen, Dale, T. Boe, J. Boe NOR +21,5 (1+12) 3. Lesser, Horn, Peiffer, Doll GER +36,2 (1+8)

23.2.2020 – Massenstart Frauen 1. Marte Olsbu Roeiseland 2. Dorothea Wierer 3. Hanna Oeberg

23.2.2020 – Massenstart Männer 1. Johannes Thingnes Boe 2. Quentin Fillon Maillet 3. Emilien Jacquelin NOR 39.14,0/2 ITA +20,7/3 SWE +26,1/3

NOR 38.09,5/0 FRA +42,0/3 FRA +55,0/2 Turin das zweitgrößte Wintersport-Event Italiens der vergangenen Jahrzehnte war.

Herausragende Medienresonanz

Dass im Rahmen des von OK-Präsident Lorenz Leitgeb und Generalsekretärin Erika Pallhuber penibel genau geplanten und organisierten SportEvents der Superlative alles wie am Schnürchen klappte, hing auch mit dem Einsatz der 1500 Mitarbeiter und freiwilligen Helfer zusammen. Gab es irgendwo auch nur das kleinste Problem – sofort wurde nach einer passenden Lösung gesucht und diese freundlich und zuvorkommend umgesetzt.

Auch die Medienresonanz war herausragend. Über 300 Medienschaffende – Reporter, Kameraleute, Journalisten und Fotografen – berichteten vor Ort aus Antholz. Allein im deutschen Fernsehen verfolgten im Durchschnitt mehr als vier Millionen Zuschauer die Titelkämpfe, was einem Marktanteil von rund 30 Prozent entspricht. Von den italienischen Gazzetten strahlte Dorothea Wierer ein ums andere Mal von den Titelblättern. Eine Biathletin auf Seite eins? Das wäre vor ein paar Jahren noch undenkbar gewesen. Aber die Zeiten ändern sich eben.

Die Olympia-Generalprobe ist geglückt

Eine Neuheit stellte auch das Südtirol Home dar, in dem eine Vielzahl an VIPs und geladenen Gästen auf die WM anstießen. Ein Projekt, das vom Organisationskomitee gemeinsam mit dem Land Südtirol umgesetzt wurde und sehr gut ankam. Gut möglich, dass es das Südtirol Home auch künftig bei Großveranstaltung geben könnte.

Etwa, bei den Olympischen Winterspielen 2026. Die finden bekanntlich in Mailand und Cortina statt, die Biathlon-Wettkämpfe werden in Antholz ausgetragen. Nach dieser WM kann man jedenfalls getrost festhalten: Die Antholzer sind für die Spezial-Aufgabe Olympia bestens gerüstet.

Skilanglauf

Ein Klassiker – mit Garantie

Der Gsieser Tal Lauf ist in fast 40 Jahren noch nie ausgefallen. Das Rennen zählt zu den beliebtesten Volkslangläufen überhaupt. Auch 2020 war er einer der Höhepunkte im internationalen Langlauf-Kalender.

Das Coronavirus war an jenem Wochenende des 15. und 16. Februar in Südtirol noch kein Thema. Im Gsieser Tal war es wie immer, wenn der Gsieser Tal Lauf stattfindet. Ein idyllisches Tal, das sich im Ausnahmezustand befindet. Ein Tal, im Zeichen des Skilanglauf-Sports. So waren auch dieses Mal Langläufer, größtenteils Hobbyathleten, aus fast 40 Nationen im Gsieser Tal mit dabei. Insgesamt gingen 2300 Langläufer an den beiden Tagen an den Start, darunter auch rund 200 Athleten, die „Just for Fun“, also ohne Wertung, mitgemacht haben.

Auch zahlreiche Profis und ambitionierte Athleten aus aller Herren Länder waren wiederum mit am Start: Vor allem weil der Gsieser Tal Lauf im klassischen Stil auch wieder Teil der prestigeträchtigen Euroloppet-Serie war. Die FreistilRennen galten zudem als Etappen der „Gran Fondo Master Tour“ und zählten auch zu den nationalen „Coppa Italia“-Rennen.

Beim Klassik-Rennen am Samstag über die Distanz von 42 Kilometer bekamen die Zuschauer einen regelrechten Hundertstelkrimi geboten. Dabei lieferten sich die beiden „Azzurri“ Mauro Brigadoi und Lorenzo Busin einen spannenden Zielsprint. Schlussendlich entschied der Fleimstaler Brigadoi nach 1:47.29 Stunden das Rennen im Fotofinish für sich. An einen so knappen Ausgang konnte sich selbst OK-Chef Walter Felderer nicht erinnern. Bei den Damen ging der Sieg an die Tschechin Klara Moravcova. Das Klassik-Rennen über 30 Kilometer der Damen entschied Franziska Müller aus Deutschland für sich.

Südtiroler Siege gab es in den Rennen über 30 Kilometer bei den Herren zu bejubeln. Der Laaser Florian Cappello verwies im KlassikRennen den Deutschen Max Olex auf den zweiten Platz. Für den zu diesem Zeitpunkt 23-Jährigen war es der erste Sieg bei einem großen Volkslauf. Tags darauf im freien Stil setzte Cappello eins drauf und siegte im Schlusssprint vor dem Toblacher Patrick Klettenhammer und dem Branzoller Matteo Tanel.

Fotos: Michael Andres

Im Freistil-Rennen über 42 Kilometer gab es durchwegs azurblaue Siege, und zwar durch Mirco Bertolina bei den Herren (1:37.40) und Sara Pellegrini bei den Damen. Der Brunecker Dietmar Nöckler sorgte mit Rang drei für einen Südtiroler Podestplatz.

„Es war wieder ein großartiges Wochenende“, hatte es OK-Chef Walter Felderer gegenüber Pressevertretern auf den Punkt gebracht. Felderer ist seit den Anfängen des Gsieser Tal Laufs, also seit rund 38 Jahren, Präsident des Organisationskomitees. Seit jeher zieht der Gsieser auch Gäste aus Politik und Gesellschaft an. Für Landeshauptmann Arno Kompatscher war das Rennen in den vergangenen Jahren etwa ein Fixtermin. VIDEO

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