90 Jahre Skischule Lech

Page 1

F I R S T

C L A S S

S K I I N G

–

S I N C E

1 9 2 5


First class skiing.


IMPRESSUM

Inhalt

Herausgeber: Skischule Lech, Tannberg 185, 6764 Lech am Arlberg Inhalt: Johannes Bischof, Christian Elsensohn, Alexandra Gradauer, Skilehrerteam Bildnachweis: Lechmuseum Seite 21, 27, 48, | Ski Kultur Arlberg (Gebhard Jochum), Seite 2, 15, 40 | Skischule Lech (Mallaun Josef), Seite 10, 49 – 84 | Vorarlberger Landesbibliothek Bregenz, Seite 8, 23 – 26, 28 – 39, 41 – 45 Layout: Christoph Ganahl, Bildstein | Lektorat: Klaudia Kostner, Dornbirn | Druck: Druck.at, Wien

07 Vorwort

Johannes Bischof, Christian Elsensohn

12 Wie alles begann

16 Hinter den Kulissen der Skischule Lech

- Wolfgang Huber

- Eduard Jochum

- Peter Jochum

- Sigi Jochum

- Markus Kleissl

22 Die Wiege des alpinen Skilaufs

26 Die Faszination Skilauf

31 Fachkompetenz des Skiführers aus Sicht der Geführten

36 Wenn Kollegen über Kollegen sprechen

46 Schelmengeschichten und andere Kuriositäten

48 Die Skischule Lech belebt den Tourismus

82 »Braungebrannter Herr der weißen Welt«


Vorwort

Liebe Freunde und Gäste der Skischule Lech

um später ihre Ski-Schüler erfolgreich unterrichten zu können. Das damals eingeführte Schulsystem für die Skilehrerausbildung war (und ist immer noch) eine wesentliche Säule für unseren Erfolg. Dies beweist die Tatsache, dass unser Ausbildungssystem in allen Skisportländern übernommen wurde und nach wie vor weltweit angewandt wird.

Wir haben unsere langjährige Tradition zum Anlass genommen, um gemeinsam mit unseren Skilehrerinnen und Skilehrern und natürlich mit Ihnen – unseren Freunden und Gästen – ein besonderes Jubiläum zu feiern. Mehr als 90 Jahre nach der Gründung des Unternehmens zu einer Zeit, in der noch niemand ahnen konnte, welch rasante Entwicklung mit dieser Zeitspanne einher geht, dürfen wir im Rahmen der Ehrennadelträgerwoche im Sommer 2017 einen spannenden, unterhaltsamen und lustigen Abend organisieren und mit unseren Gästen feiern. Diese erfolgreiche Entwicklung ist aber gleichzeitig auch Verpflichtung, sich mit einem Blick in die Vergangenheit zu beschäftigen und zu ergründen, wie es zu dieser Erfolgsgeschichte kommen konnte.

Mit der Einführung des Skischulgesetzes in Vorarlberg im Jahr 1936 wurde erstmals ein Leiter für jede Skischule nominiert. Von den Lecher Skilehrern wurde damals Ludwig Schneider ausgewählt, nachdem Engelbert Jochum auf diese Position verzichtet hatte. Und schon in den dreißiger Jahren erkannte Josef Schneider die Wichtigkeit der Fremdsprachen im Unterricht: Er unterrichtete in Englisch und Französisch, nachdem bereits damals Gäste aus England, Frankreich und Amerika an den Arlberg kamen. Um die Seriosität der Skischule zu wahren, wurden die Skilehrer bei ihren abendlichen Aktivitäten regelmäßig »kontrolliert«.

Bereits im Winter 1925/26 war den beiden Gründungsmitgliedern Ludwig Schneider und Engelbert Jochum klar, dass die Skilehrertätigkeit nicht als einzelner Hotelskilehrer, sondern nur gemeinsam mit anderen Skilehrern langfristig erfolgreich sein kann. Diese Erkenntnis führte zur Gründung der Skischule Lech. Schon damals mussten zahlreiche Schwierigkeiten gemeistert werden und es galt notwendige Erfahrung zu sammeln. Die staatliche Skilehrerausbildung wurde erst 1929 eingeführt. Von Anfang an waren die Lecher Skilehrer dabei vertreten und lernten wichtige Grundlagen, 6

Eduard Jochum: Wenn es mal eine Veranstaltung wie den Ski Ball gab, machten Engelbert (Jochum) und Reinhold (Jochum) gerne Kontrollgänge, um die Skilehrer rechtzeitig heimzuschicken. Der eine oder andere lachte mal ein Mädchen an, die man aus dem Skikurs mitnahm. Eduard Jochum hat das so kommentiert: »Früher isch ma bräver gse. Chancen häts ge, aber i han jo als Junger ghürotat, do war denn sowieso Firobad.« 7


Auch die Kinder wurden schon früh professionell unterrichtet (Gisbert Wolf ca. 1962).

8

Kontinuität und Zielstrebigkeit waren dauerhafte Begleiter seit der Gründung. Die langen Wirkungsperioden der jeweiligen Skischulleiter bezeugen, wie sehr die Skilehrerinnen und Skilehrer hinter ihren Führungskräften standen. 1968 übernahm Elmar Walch die Leitung der Skischule für 20 Jahre bis er 1988 an den damals 30-jährigen Stefan Schneider übergab. Stefan leitete die Geschicke der Skischule ebenfalls 20 Jahre lang und somit vier Perioden. 2008 wurde Christian Elsensohn zum Skischulleiter gewählt und ist bis dato für die Leitung des Unternehmens gemeinsam mit Johannes Bischof verantwortlich. In diesen Perioden war aber stets auch der Wille zur Veränderung ein wichtiger Motor, wobei bewusst nicht jeder Trend aufgegriffen, sondern eine langsame, aber stetige Entwicklung angestrebt wurde.

persönliche Freundschaften. Dieser persönliche Kontakt zu den Gästen wurde bereits von Ludwig Schneider als erstem Skischulleiter gelebt. Ludwig Schneider suchte in den umliegenden Hotels das persönliche Gespräch mit den Gästen, um ihnen an der Bar bei einer Zigarre und einem Glas Wein die Vorteile der Skischulbetreuung zu erläutern. In unserer Jubiläumsbroschüre nehmen wir diesen Grundgedanken auf und möchten, Ihnen liebe Leser, ganz persönliche Geschichten erzählen. Geschichten unserer Skilehrerinnen und Skilehrer, von früher und heute und von zahllosen Erinnerungen, die wir gemeinsam mit unseren Gästen teilen dürfen. Wir hoffen, Ihnen damit einige unterhaltsame Momente zu bescheren. Welche persönlichen Erinnerungen, Anekdoten oder emotionalen Highlights verbinden Sie mit der Skischule Lech? Der Verein ski.kultur. arlberg in Lech wurde unter anderem gegründet, um alle Themen rund um die »Skikultur« zu sammeln. Wir würden uns freuen, wenn Sie Ihre schönsten Geschichten und Bilder mit uns teilen würden, damit wir diese an den Verein ski.kultur.arlberg zur Archivierung weitergeben können.

Von der berühmten »Arlberg-Methode« mit Hocke, Stemm­ bogen und Christiania über das Wedeln in den 60iger und 70iger Jahren, Jetschwung, Umsteigschwünge bis hin zum Carven und Freeriden mit der großen Materialvielfalt für jedes Gelände und jede Schneeart hat sich der Skisport grundlegend verändert und auch das Unternehmen selbst hat zahlreiche Änderungen mitgemacht. Dabei ist man sich aber immer der »Berufung« treu geblieben, als Skilehrer den Gästen ein umsichtiger und professioneller Begleiter und Betreuer zu sein, egal ob Kind, Jugendlicher oder Erwachsener. Mit vielen Gästen verbinden uns heute langjährige

Abschließend möchten wir noch einen Ausblick in die Zukunft wagen. Die rasante Entwicklung insbesondere der Technik und des Materials wird sicher auch die nächsten Jahre in diesem Tempo weitergehen und zahlreiche Verbesserungen und Erleichterungen in den verschiedensten 9


Bereichen mit sich bringen. Neben neuen Möglichkeiten der Kommunikation untereinander wird dies unter anderem in der Vorher­sage von Wetter- und Klimabedingungen, bei der Ausrüstung und den Sicherheitseinrichtungen zutreffen. Eines aber wird sich auch in Zukunft nicht ändern – die persönliche Betreuung und der direkte Kontakt zwischen Betreuer und Gast bleibt ein gelebter Wert in der Skischule Lech, um auch in Zukunft die Freude am Skifahren und an der Natur sowie dem Winter in den Bergen zu vermitteln.

Fahren in der Königsklasse

Die optimale Betreuung und die Erfüllung Ihrer Wünsche werden wir auch in Zukunft als Schwerpunkt unserer Tätigkeit sehen und wir hoffen, dass Sie uns in der Skischule Lech auf diesem Weg noch zahlreiche Jahre begleiten werden. Johannes Bischof

Christian Elsensohn

Direktor

Skischulleiter

10

11


Wie alles begann

Die ersten Tage des organisierten Skilaufs in der Region Lech-Zürs reichen bis zum Anfang des 20. Jahrhunderts zurück. Bereits 1906 wurde der erste Skikurs in Zürs durchgeführt. Anfang der Zwanziger Jahre begann dann der Siegeszug des Skisports in den heimischen Bergen. Im Winter 1921/22 unterrichtet der erste Lecher Skilehrer, Gebhard Jochum, ein paar Anfänger im Skilauf. Ein Jahr war Gebhard Jochum als Hotelskilehrer im Hotel Krone in Lech tätig, bevor er am Ende seiner ersten Saison nach Zürs wechselte. Die daraufhin frei werdende Position wurde 1923/24 von seinem älteren Bruder Engelbert Jochum übernommen, der fortan die Gäste des Hotels Krone als Hotelskilehrer betreute. Und zur gleichen Zeit wurden die ersten Skigäste des Hotels »Tannbergerhof« von Ludwig Schneider unterrichtet.

Der Skilehrer als Animateur »Wilhelm Pfefferkorn, der Wirt im Hotel »Krone«, stellte Engelbert Jochum als Skilehrer ein. Er erkannte, dass ein Skilehrer nicht nur Skilehrer, sondern auch Animateur sein musste. Woraufhin er den Jochum nach Bludenz zu einem Tanzkurs schickte. Er war ein Eintänzer mit der Aufgabe, im Lokal des Hotels bei Musik die Leute zum Tanzen zu animieren.« Sehr schnell wurde den beiden bewusst, dass nur ein Zusammenschluss langfristig zielführend und richtig ist und somit kam es im Winter 1924/25 zur Gründung der 12

Skischule Jochum-Schneider in Lech. Grund dafür war die Schwierigkeit, Anfänger und Fortgeschrittene gemeinsam zu unterrichten. Freilich mussten in dieser Zeit zahlreiche Schwierigkeiten gemeistert werden und es galt vor allem, die notwendige Erfahrung zu sammeln, da es zum Beispiel noch keine Skilehrerausbildung im heutigen Sinn gab und der Unterricht noch relativ provisorisch ablief. Erfolgreiche Skilehrer-Ausbildung Erst 1929 wurde die staatliche Skilehrer-Ausbildung für alle Skilehrer eingeführt und die Lecher Skilehrer waren unter den Ersten, die diese Ausbildung absolvierten. Unterrichtet wurde Stockschwung und Stemmbogen. Die Übungshänge befanden sich fast ausschließlich im Bereich Schmelzhof in der Parzelle Omesberg. Mit der gesetzlichen Regelung des Skischulwesens im Jahr 1936 wurde dann vorgeschrieben, dass jede Skischule einen Leiter namhaft machen musste. In Lech wurde Ludwig Schneider von den Skilehrern als Leiter nominiert, nachdem Engelbert Jochum lieber im Hintergrund mitverantwortlich blieb. Im Jahr 1939 - 14 Jahre nach der Gründung der Skischule Lech – unterrichteten bereits 25 Männer in der Skischule Lech die inzwischen bekannte »Arlberg-Methode« mit Hocke, Stemmbogen und Christiania. Zweiter Weltkrieg und Wiederaufbau Der Zweite Weltkrieg brachte dann einen völligen Stillstand in der Entwicklung des Fremdenverkehrs im ganzen Land, 13

aber gleich nach dem Krieg waren es dieselben Männer, die am Wiederaufbau der Skischule Lech beteiligt waren. Von 1968 bis 1988 wurde die Skischule Lech für 20 Jahre von Elmar Walch umsichtig geleitet und laufend an die neuen Erfordernisse angepasst, die sich durch die stete Aufwärtsentwicklung des Tourismus ergaben. Die Erschließung der Region mit mehr Seilbahnen und Liften führte zu einem immer breiteren Spektrum von Möglichkeiten. Von 1988 bis 2008 war Stefan Schneider als Skischulleiter für die Geschicke der Skischule Lech verantwortlich. Er war unter anderem auch für die Aus- und Weiterbildung junger Skilehrer im Österreichischen Skischulverband und für die Vertretung der Skischule Lech nach außen in diversen Gremien verantwortlich. Im Herbst 1999 hat Stefan Schneider zur kaufmännischen und organisatorischen Unterstützung Johannes Bischof ins Unternehmen geholt, der seit 2007 als kaufmännischer Direktor gemeinsam mit dem Skischulleiter wesentlich an der Entwicklung beteiligt ist und für den Erfolg der Skischule Lech mitverantwortlich zeichnet. Die Skischule Lech – eine traditionsreiche Institution 2008 wurde Christian Elsensohn zum Leiter der Skischule Lech gewählt und während dieser Zeit wurde auch der höchste Stand an Skilehrern verzeichnet. Über 430 Skilehrerinnen und Skilehrer waren zum Beispiel während der Hauptsaison in der Wintersaison 2009/10 als selbstständige


Facettenreiches Angebot Der moderne Skischul-Betrieb besteht aus drei Bereichen: Gruppen-Unterricht für Erwachsene und Jugendliche, Privat-Unterricht und Kinder-Skischule. Beim Skiunterricht 14

sind wir nach wie vor bestrebt, sowohl dem Anfänger als auch dem fortgeschrittenen Skifahrer die neuesten Techniken zu vermitteln. Beim Privat-Unterricht geht es neben der Verbesserung der Skitechnik auch speziell um das Führen und Begleiten der Gäste im alpinen Skiraum. Skitouren im »freien Skiraum« werden mit erfahrenen und bestens ausgebildeten Skiführern sowohl in der Gruppe wie auch mit Privat-Skilehrern durchgeführt und sind mit einzigartigen Erlebnissen im Pulverschnee oder Firn verbunden. Ein besonderes Anliegen war und ist für uns, die Betreuung der Kinder und Jugendlichen und das Vermitteln des alpinen Skilaufs auf spielerische Weise, wobei wir großen Wert auf Sicherheit legen und darauf achten, dass der Spaß nie zu kurz kommt. Nach wie vor hat die Sicherheit einen besonders großen Stellenwert. Viele Mitglieder der Skischule Lech sind in der Lawinenkommission und für die LawinenSicherung tätig und bringen ihre vielfältige Erfahrung auch für das gesamte Wohl der Gemeinde Lech mit ein. Von Anfang an hat sich die Skischule Lech als eine der wichtigsten infrastrukturellen Einrichtungen des bekannten Skiortes Lech behauptet und ist für viele Gäste fixer Bestandteil ihres Winterurlaubes.

Die Weitläufigkeit des Arlbergs begeistert seit jeher die Wintersportler.

Skilehrer in der Skischule Lech tätig. Mit der Einführung der verpflichtenden Dienstnehmerschaft für alle Skilehrer/innen durch die Behörden kam es im Winter 2010/11 zu einem massiven Einbruch und zu gravierenden Einkommensverlusten für die Skilehrer/-innen, welche ab diesem Zeitpunkt nicht mehr selbstständig in einer Skischule tätig sein konnten. In den darauf folgenden Jahren ist es aber gelungen, die Rahmenbedingungen für die Skilehrer/-innen laufend zu verbessern, sodass im Winter 2016/17 wieder über 230 Skilehrer in den Hauptsaisonzeiten beschäftigt werden konnten. Die Größe der Skischule und insbesondere die Anzahl der Skilehrer/-innen ist von Beginn an entsprechend der touristischen Entwicklung laufend gewachsen und nach wie vor zählt die Skischule Lech zu den bedeutendsten Skischulen der Welt. So hat die Skischule Lech nicht nur mit der touristischen Entwicklung Schritt gehalten, sondern war maßgeblich an diesem Erfolg beteiligt. Durch den hohen Anteil an einheimischen Skilehrern ist es gelungen, einen starken Ortsbezug und ein freundschaftliches Verhältnis zwischen Gast und Skilehrer aufzubauen, was auch durch die zahlreichen Stammgäste der Skischule Lech bestätigt wird.

15


Auszug aus Interviewgesprächen

Hinter den Kulissen der Skischule

WOLFGANG HUBER Erster Gast: Er hatte Privatunterricht mit zwei Kindern und deren Vater. Damals war er noch ohne Ausbildung, die Kinder waren nicht viel jünger als Wolfgang selbst. Wetterbedingungen und Nebel Es gibt immer wieder Gäste die fragen: »Weißt du schon noch wo wir sind?« Jeder Lehrer, der behauptet, sich im Nebel zu jedem Zeitpunkt noch zu 100 % orientieren zu können, lügt. Ein Zeichen des hohen Stellenwertes Bei Ankunft in Lech war die oberste Priorität, dem runden Tisch der Skigruppen im Restaurant Ambrosius beizuwohnen. Erst im Anschluss checkte man im Hotel ein. Eindrucksvolle Erlebnisse Das menschliche Zurechtkommen in der Gruppe: Wenn das Gruppengefüge passte, jeder zufrieden war und ich dazu auch meinen Teil beigetragen habe, war das für mich ein schönes Erlebnis.

mit Peter, bis sie selbst geheiratet haben. Nach wie vor haben sie einen Privatskilehrer in Lech.

Edi schlug ihm als Geschenk und auf Grund des schönen Firns vor, dass der Junge sich die Strecke für den Tag aussuchen durfte. Der Junge wünschte sich daraufhin, mit allen auf den Wöster zu gehen. Dies wurde ihnen erlaubt und somit ging die Gruppe auf den Wöster. Noch heute schwärmt dieser Gast von diesem erlebnisreichen Tag, wenn er wieder in einer der Skigruppen unterwegs ist oder Edi privat besucht. Durch den Nebel am Schindlergrad Edi war mit vier Gästen unterwegs. Beim Losfahren hatten sie das schönste Wetter, bis der Nebel über der Ulmer Hütte hochzog. Plötzlich verlor ein Gast einen Ski im Tiefschnee. Es dauerte lange, bis sie den Ski wieder gefunden hatten. Dann kam der Nebel. Man konnte keinen Meter weit sehen. Langsam fuhr die Gruppe durch den Nebel Richtung Tal. Unterwegs baten immer mehr Leute Edi um Hilfe und sich der Gruppe anschließen zu dürfen. Edi nahm immer mehr Leute in seine Gruppe auf. In Rauz waren es schlussendlich 38 Personen.

PETER JOCHUM EDUARD JOCHUM Mit der Kindergruppe am Wöster Ein Junge in der Gruppe hatte seinen zehnten Geburtstag. 16

Seine ersten Gäste aus der Kinderskigruppe Zwei wunderschöne »Maikile, klene Stöpsile« mit weißen Helmen und blauen Sternchen drauf. Sie fuhren so lange 17

Peters Gäste auf Busreise durch den Bregenzerwald Eine seiner Kursteilnehmerinnen brachte ihren Freund mit zum Kurs. Laut Beschreibung hatte er das richtige Niveau, um mit Peters 2A Gruppe mitfahren zu können. Es ging Richtung Klemm. Schnell stellte sich heraus, dass der neue Gast auf diesem Niveau nicht mithalten konnte. Der Gast weigerte sich sogar, weiterzufahren. Peter erklärte ihm und seiner Freundin deswegen den Weg von Schröcken mit dem Bus nach Dornbirn und wie sie von dort mit dem Zug und Bus nach Lech finden würden. Sie hatten eine gute Reise und konnten sogar die Landschaft genießen. Nur am Dornbirner Bahnhof fühlten sich die Gäste in ihrer Winterbekleidung und Lawinenausrüstung wie Außerirdische – neben all den bereits sommerlich gekleideten Damen. Wenn das Ski-Level überschätzt wird und Peter sich schämt Laut Auskunft war der neue Gast Snowboarder, der seine Skifahr-Kenntnisse aus vergangener Zeit wieder auffrischen wollte. Es ging am Ziehweg vom Kriegerhorn Tal hinüber zum Petersboden. Nach dem ersten Schwung und einer ordentlichen Körperrotation ging es allerdings plötzlich rückwärts den Skihang hinunter. Auch Peters Gäste können einmal auf einer einfachen Piste zuerst an einer Tanne


SIGI JOCHUM

hängen bleiben und beim zweiten Schwung im Sicherheitsnetz landen. Viele seiner Kolleginnen und Kollegen konnten das Spektakel beobachten. So funktionierte das nicht für Peter. Er entschied sich die Skier abzuziehen und auf dem Wanderweg Richtung »Bergbahn Oberlech« zu laufen, wo sie nicht mehr den amüsierten Blicken der anderen Skilehrer ausgesetzt waren. Am Flühenlift fanden beide ihren Frieden und zuletzt die Sicherheit wieder. Als Peter das erste Mal über die Snowboarder froh war Peter entschied sich mit seinen Gästen auf den Wöster zu gehen. Der Nebel stieg vom Gaisbachtobel nach oben. Im Ochsengümpele allerdings war der Nebel schon zu dicht. Die Gruppe verlor die Orientierung. »I wär jo gern wieda uffi ganga Richtung Monzabonsee, aber i han jo nümma gwisst wo ...«. In dieser Ebene kann es schon einmal länger dauern, bis man den Weg Richtung Wasserfall (ins Wöstertäli) findet. Peter ging ein Licht auf. Die Snowboarder fahren normalerweise nach der Rüfispitze Schuss über die Ebene des Ochsengümpeles, damit sie es in einem Schwung zur Einfahrt des Wasserfalles schaffen. Er lief also so lange in der Ebene herum, bis er plötzlich eine Snowboardspur querte. Sofort folgte er der Spur, bis er endlich bei der Einfahrt vor dem Wasserfall stand. Kaum zog er die ersten Schwünge ins Wöstertäli, lichtete sich auch schon der Nebel. Peter: »Des war s‘erscht mol, dass i mi über d'Snowboarder gfreut han.« 18

Gruppenkurse Früher fuhr man weniger. Man erklärte mehr, erzählte Geschichten, die Leute wussten am Abend wo sie tagsüber fuhren. Wenn der Südhang nach einer Sperre aufging, war das wie ein Rennen. Wie die Narren fuhren alle miteinander nach unten. Man stritt sich um die Meter in der Falllinie. Sigi fuhr in diesen Momenten gemütlich an den Seitenhängen hinterher.

MARKUS KLEISSL Persönliche Devise Du kannst keine hundertprozentige Leistung geben, wenn du mit einem Gast nicht zu hundert Prozent zurechtkommst. Dafür zahlt der Gast zu viel Geld, um bei menschlichen Unstimmigkeiten noch miteinander weiterzufahren. Bei Gästen wo es passt, steckt eine lange Entwicklung dahinter. Ich konzentrier mich nicht nur auf das Skifahren, sondern pflege eine gute Konversation und bemühe mich um einen Tagesablauf und das Vertrauen des Gastes. Ich habe mit meinen Gästen besondere Erlebnisse geteilt wie eine Reise nach Neuseeland zum Heliskiing, Touren auf den Großglockner. Das schweißt zusammen und stärkt das Vertrauen. Das sind Möglichkeiten, die man sonst nicht hat als

Die schönsten Momente entstehen spontan Ich habe kein Wochenprogramm. Alles ist situationsgerecht. Ich möchte gar nicht werten, was schöner ist. Man hat so einen großen Spielraum hier am Arlberg und kann das Gebiet aus so vielen unterschiedlichen Blickwinkeln betrachten. Ich versuche jeden Moment zu genießen, solange ich kann.

»einfacher Einheimischer«, vor allem als staatlich geprüfter Skilehrer. In deiner Persönlichkeitsbildung bringt es dich einfach weiter. Man lernt Menschen kennen, über die man ein Buch schreiben könnte. Alles eine Frage der Einstellung Es muss einem bewusst sein, was für eine Verantwortung man hat und dass man als touristischer Botschafter in dem Ort fungiert. Man muss sich mit der Organisation identifizieren können.

Schneeballwerfen hilft Wenn man im Nebel am Rüfispitz gar nicht mehr weiter weiß, dann lässt man alle paar Meter einen Schneeball den Hang runter rollen, um ungefähr den Steilheitsgrad zu erraten.

Eine Abfahrt geht immer vom Start bis zum Zielpunkt Man muss sich vor Augen halten, dass das Gelände variieren kann. Das muss man als Lehrer lernen, aber auch als Gast. Oftmals zeigen sich Hürden erst in einer bestimmten Situation. Eines Tages stand Markus mit seinem Privatgast bei der Aussichtsplattform der Valluga 2. Sie genossen neben anderen Gästen die Aussicht, bis ein neben ihnen stehender Herr zu ihnen sagte: »Da würde ich für viel Geld nicht hinunterfahren.« Markus lächelte und antwortete: »Deswegen fahr ich jetzt mit meinem Gast dort runter, eben weil ich dafür ganz gut bezahlt werde.« Markus Privatgast hatte Höhenangst und machte große Augen und glaubte, ihren Ohren nicht zu trauen. Schon ging es bergab. Die Tour stellte sich für beide Seiten als große Herausforderung dar. Mit Müh und Not und viel Zuspruch kamen sie heil unten an. Der Gast war jedoch glücklich und stolz zu gleich. 19

Methodisch didaktische Grundsätze Die größte Kunst beim Unterrichten ist, den Gast mit einer Bewegungsaufgabe zu einem besseren Skifahrer zu machen, ohne dass er dabei weiß, dass er einen Fehler macht.

ODO STROLZ Wenn der Gast über seinen Skilehrer flucht Odo war mit seinem langjährigen Stammgast unterwegs. Der Gast ist Hobby-Jäger und erzählt gerne von der Jagd. Er hat auch einen Hang, seinen Gefühlen übertrieben Ausdruck zu verleihen, vor allem wenn er genervt war. Odo wusste natürlich, dass das nicht ernst zunehmen war. Für Außenstehende schien es allerdings nicht so zu sein. Wenn


Berühmte Persönlichkeiten »Der hät an Narra an mir gfressa.“ Gerne und viel diskutierte Odo mit seinem Gast beim Skifahren über die Finanzmärkte. Und Odo schlug schon oft vor, die Familie solle doch einen jüngeren Lehrer buchen. Die Antwort war allerdings eindeutig: »Nein Odo, du brauchst uns gar nicht abwimmeln. Und wenn du mal nicht mehr kannst, dann kommst du halt mit dem Rollator.“

20

Geländewahl Bei frischem Schnee lautete die Devise, die ersten zwei Tage geht man nicht ins Gelände. Man wartete ab, bis sich der Schnee setzte. Zunächst hielt man sich nur im Nahbereich auf, erst später stieg man auf und zum Schluss machte man Heliskiing. Odo allerdings wollte nicht fliegen, denn frei nach Peter Wolf »fliegen Wölfe nicht“. Informatives Folge im Gelände nie einer Einzelspur. Du weißt nicht, wer diese Spur gelegt hat.

Die Faszination von Geschwindigkeit, Schneegestöber und Freiheit begeisterte schon in den 30igern.

der Gast seinen Gefühlen wieder mal freien Lauf ließ und sich reinsteigerte, konnte er andere damit schon mal einschüchtern. So hörte man bei längeren Märschen oder bei nicht präparierten Passagen des Langen Zuges schon mal Ausrufe wie: »Himmel Herr Gott, wenn ich ein Gewehr hätte … mein Gewehr, ich erschieße ihn, diese Ratte!“ Er wollte Odo schon des Öfteren erschießen. Seine Antwort war dann obligatorisch: »Wenn du net glei amol ufhörsch, denn lass i di sto und fahr weg, denn schausch blöd!“ Diese aus dem Kontext gerissene Konversation bekam sogar schon der Skischulleiter zu hören und zog daraufhin schnell von dannen. Odo musste lachen. Selbstverständlich gab es auch schöne Erlebnisse, wenn Odo mit seinem Gast statt auf Skiern in der Kutsche oder seinem Maserati durch Lech fuhren und beim Schlemmen von herrlichen Köstlichkeiten dem schönen Leben frönten.

21


22 23

Nach den Pferdefuhrwerken kamen Raupenfahrzeuge zum Einsatz, um den Gäste eine komfortable Anreise zu ermöglichen (1929).

Die abenteuerliche Flexenstraße war wichtigste Voraussetzung für die Entwicklung der Region Lech-Zürs.

Die Wiege des alpinen Skisports.


24 25

Lech mit seinem Wahrzeichen, dem Omeshorn (um 1955).

Der weltberĂźhmte Wintersportort Lech in den 60iger Jahren.


26 27

Das Übungsgelände beim Flühenlift war schon damals ideal geeignet (um 1925).

Anfängerunterricht in den ersten Jahren der Skischule Lech oberhalb der Lecher Kirche (1925).

Die Faszination Skilauf.


28 29

Ăœbungshang mit herrlichem Blick ins Dorf.

Anfängerunterricht mit Blick auf das Omeshorn.


Die Begeisterung über die bevorstehende Abfahrt motivierte zu stundenlangem Aufstieg (um 1929).

30

Fachkompetenz des Skiführers aus Sicht der Geführten Zu Johann Walchs wie Ludwig Schneiders Stärken zählten die detailgenaue Kenntnis der Landschaft am winterlichen Arlberg sowie ein »Gefühl für die Berge« und für Schnee. Schneiders »hervorragende Kenntnis von Gelände und Schneeverhältnissen« wird von Walter Nebel aus Düsseldorf gerühmt. Vier Skialpinisten aus Stuttgart loben Walch als »guten Kenner dieses Gebietes« und Ely von Houten aus dem niederländischen Haarlem fühlt sich von Schneider »geführt mit einer Sicherheit und mit solchen Kenntnissen des Geländes wie nur ein außerordentlich guter Führer es tun kann.« Ing. Georg Hölzer aus Leipzig attestiert Walch »unüberbietbare Fachkenntnisse im Anlegen guter Aufstiegsund Abfahrtsspuren« und zudem, schreibt ein namentlich unbekannter Schützling Walchs, habe er die Eigenschaft, »immer guten Schnee« zu finden. Diese Einschätzung teilt Eugen Krings von der Alpenvereinssektion Aachen und kommt zum Schluss, dass dieses Talent den »echten« Bergführer auszeichne: »Im schneearmen Dezember 1932 so herrliche Pulverschneeabfahrten finden, kann nur ein wirklicher Bergführer“. Über die Tatsache, dass Walch stets »den schönsten Anstieg und die jeweils pulvrigste Abfahrt« zeige, freut sich ein Ehepaar und sechs Skitouristen konstatieren, dass er »schöne Touren und ganz gemütliche Abfahrten« ermögliche. Ein SC Arlberg-Mitglied aus Frankfurt am Main bescheinigt Schneider die Fähigkeit, 31

»Touren je nach Schnee- und Wetterverhältnissen stets so zu legen…, dass wir bei geringstem Kraftverbrauch den größten Genuss der Abfahrt haben« und streicht Schneiders »seltenes Anpassungsvermögen an die Fähigkeit seiner Begleitung, so dass auch schwächere Fahrer nicht überanstrengt werden«, heraus. So mache er, stellt Dr. jur Harry Clemens aus Braunschweig fest, »jede Tour zu einem Erlebnis« und auch Marie-Luise Barth aus Berlin berichtet, dass sie »auf den Touren viel Freude und Erholung fand.« Alle Touren wären, schreibt Walter Nebel aus Düsseldorf, »außerordentlich angenehm, erfreulich und lohnend. Ich habe in anderen Gebieten keinen besseren Führer gefunden.«1 –––––––––––– 1 Bergführer-Buch No. 39 für Ludwig Schneider gebürtig aus Lech zuständig zur Ortsgemeinde Lech – ausgefertigt 2. Okt. 1931, Bezirkshauptmannschaft Bludenz, Vormerkregister Zl. 64. »Auf den Spuren eines Wunders in Weiss« – Ein Projekt zur Erforschung der Geschichte von Skisport und Skitourismus am Arlberg im Auftrag von ski.kultur.arlberg/Sabine Dettling, wissenschaftliche Leiterin, Forschungsprojekt (S. 616-617)


32 33

Die Abfahrtstechnik war zu Beginn ein Balanceakt mit schwungvollen Einlagen.

Immer mehr Skifahrerinnen und Skifahrer gesellen sich dazu – Aufstieg zum Madlochjoch.


34 35

Der Tag bescherte den Skifahrer/-innen Gesprächsstoff bis spät in die Nacht hinein (um 1937).

Schon früh erkannte man die Vorzüge eines idealen Geländes und Schnees (um 1935).


Wenn Kollegen über Kollegen sprechen

… Fahrstile Gewisse Lehrer erkennt man aus der Entfernung vom Hasensprung schon an der Fahrweise, wenn sie den Mohnenmäder runterfahren wie z.B. ein Gebhard Schneider mit seiner deutlichen hoch-tief Bewegung. … Pater Adolf der Wedel König Aus ihm wurde der Wedel König, der den sündigen Skilehrer/ -innen am Skilift die Beichte abnahm. Keine Predigt hielt er ab, ohne nicht den wiederkehrenden Vergleich zu bemühen: »Das ist wie beim Skifahren.« … Wösterkönige Bernhard Wolf und Arnold Beiser Diese Herrschaften sprangen förmlich auf die Berge. Damals stapfte man noch ohne Felle. Gängig waren der Wöster, Eisenscharte und Karhorn. … Kollegen, die sich gegenseitig ein Ei legen Helmut Schneider übergab Markus2 seine Gäste – 1B Fahrer – an einem tollen Tiefschneetag. Er gab ihm zudem den Rat auf den blauen Pisten zu bleiben, da sie noch sehr ungeübt seien und eine der Damen Angst habe. Pflichtbewusst fuhr Markus am Kriegerhorn schön langsam vor, bis einer in der Gruppe schrie, warum sie nicht zum Zupert abbiegen. »Helmut hat aber gesagt, ihr fahrt noch nicht so gut und ich muss auf der Piste bleiben«, sagte Markus ganz verdutzt. »Ahhh der Schneider…«, lachten die Gäste. Es stellte sich

Der Herr Chef Engelbert Jochum liebt überhaupt nichts Süßes, Statement eines Gastes (1938).

36

heraus, dass sich Helmut einen Scherz erlaubt hatte. Nach einem kurzen Aufklärungsgespräch folgte eine Tiefschneefahrt nach der anderen. Am Nachmittag traf Markus auf Helmut, der im gleichen Moment in ein Gelächter verfiel.

war Quatsch. Denn jene Lehrer, die man aus der Krone verjagte, schlichen sich heimlich wieder in den Tannberger rein. Das weiß ich aus erster Hand von meinem Vater.4

Der Stammtisch der Skilehrer Alle älteren Skilehrer besuchen traditionell den runden Tisch. Elmar Strolz ist schon länger nicht mehr in der Skischule. Nach wie vor kommen seine Kumpel in das Hotel Krone, um sich am runden Tisch zu treffen. Auch mit Robert Würfel war es so oder mit allen Schneider-Skilehrern. Die Familie Pfefferkorn war schon immer mit der Familie Schneider sehr verbunden. Werner Huber kommt vom ersten bis zum letzten Skischultag der Saison. Freitags herrscht immer eine traurige Stimmung, wenn sich der Urlaub dem Ende zuneigt. Es gibt sehr treue Gruppen. Viele transportieren die Tradition weiter. Man sieht den Gästen an, wie sehr sie an ihren Lehrern hängen.3 … Onkel Ludwig Ludwig Schneider sorgte regelmäßig für Recht und Ordnung. Abends ging er durch die Lecher Nachtlokale. Wer sich nicht anständig benehmen konnte, den kassierte er. … Engelberts Kontrollgänge Die Idee mit der 19 Uhr Sperre kam von meinem Vorgänger. Aber das mit den Kontrollgängen muss ich widerlegen. Das 37

… Paul Pfefferkorn in Memoriam Thomas Huber Das Ableben von Thomas klingt bei seinen Skilehrerkollegen noch immer nach. Mit ihm ging ein guter Kamerad verloren. Jedes Jahr findet ihm zu Ehren am 24. August ein Gedächtnistreffen auf der Alpe der Familie Pfefferkorn statt. Dort wird Fondue gereicht. Thomas war mit dem Hotel Krone sehr eng verbunden. ––––––––––––

2 Zitat Paul Pfefferkorn, Hotel Krone 3 Zitat Paul Pfefferkorn, Hotel Krone 4 Zitat Stefan Schneider, Skischulleiter von 1988 bis 2008


38

39


40 41

Skiunterricht in Zürs oberhalb vom Flexenpass.

Stil, Eleganz und Spaß – Skikurs Friedrich Schneider (um 1925)


42 43

Und schon damals gehörte Aprés Ski dazu – Kronenbar Lech (40iger Jahre).

Rasante Abfahrt vom Petersboden – oberhalb von Oberlech (30iger Jahre).


44 45

Unterhaltsame Schleppliftfahrt am Schlegelkopf (60iger Jahre).

Stilsicher und technisch perfekt – Engelbert Jochum – einer der Günder der Skischule Lech (40iger Jahre).


Schelmengeschichten und andere Kuriositäten

Im Besitz einer Murmeltierfarm Gerhard: »Ich besitze eine Murmeltierfarm.« Gast: »Was machst du denn damit?« Gerhard: »Ich züchte sie in einem Gehege, damit man mit Hilfe der Tiere Murmeltiersalben produzieren kann.« Gast total entsetzt: »Aber dann bringst du sie ja um?« Gerhard beruhigend: »Nein, wir führen bei ihnen nur mit der Nadel eine ganz normale Fettabsaugung durch. Das tut ihnen nicht einmal weh.« Gast: »Wenn du ein Gehege hast, besteht die Gefahr, dass sie sich unter dem Zaun durchgraben!« Gerhard: »Die laufen nicht weg. Sobald sie den Zaun sehen, halten sie sich davon fern. Außerdem haben sie einen richtig schönen ruhigen Platz. Die Farm habe ich unten im Auslauf des Zuperts in Zug.« Zufällig ergab es sich, dass Gerhard in einem Alpenzoo ein sich am Zaun festhaltendes Murmeltier fotografieren konnte. Immer wenn die Gäste ob seiner Schelmengeschichte skeptisch wurden, zeigte er ihnen dieses Foto als Beweis. Der Mythos um das seltene Alpentier »Raurackel« In Gerhards aktiver Zeit als Skilehrer lernte er seinen Gästen den Einstieg in das Geländefahren. Hier und dort verloren die Gäste gerne mal die Kontrolle und landeten unkontrolliert im Tiefschnee. Wenn ein Gast wieder mal verständnislos keine Argumente für das Stürzen finden konnte, ging die Konversation mit Gerhard in etwa so weiter: Gerhard: »Das muss wohl wieder eines dieser Raurackel gewesen sein. Die ziehen dich an deinen Beinen gerne nach unten.« Gast: 46

»Was ist bitte ein Raurackel?« Gerhard: »Die leben hier in den Alpen.« Gast: »Von denen habe ich aber noch nie gehört. So ein Blödsinn.« Gerhard: »Doch, die gibt es. Damals entlief ein kleiner Dackel seinem Herrchen bei einer Wanderung. Der ging in ein Murmeltierloch und paarte sich anscheinend mit einem der Murmeltiere dort. Dadurch entstand eine neue Tierart. Leider sieht man sie nicht oft.« Gerhard ließ seine Gäste immer so lange im Glauben, bis er oftmals beim Mittagessen eines seiner Plüschtiere von zu Hause auspackte und eine Szene am Tisch inszenierte, die demonstrieren sollte, wie sich das Tier durch Zufall im Rucksack versteckt hatte. Kreischend hüpften die Gäste vom Tisch, bis man das regungslose Plüschtier am Tisch liegen sah und sich die rätselhafte Geschichte um das Tier auflöste. Wolf Gisbert – ein Original Ein »gstandener« Walser Skilehrer, welcher seit gefühlten 130 Jahren im Dienste der Skischule die wohl anspruchsvollste und unangenehmste Aufgabe Tag für Tag mit ständiger Zufriedenheit »fast« aller Skilehrer meisterte – die morgendliche Einteilung.

Herr der Finsternis nicht angesprochen werden, denn zu dieser Zeit heckt er jeden Tag aufs Neue seinen Plan aus, wie er die Weltherrschaft am schnellsten und effizientesten an sich reißen kann – ohne seinen Job in der Skischule dabei aufs Spiel zu setzen. Seine Art, Gäste der richtigen Gruppe zuzuweisen ist so simple wie auch erstaunlich: Der Gast kommt, unterrichtet Gisbert von seinem Können, dieser rollt die Würfel und je nach Zahl (die genaue Berechnungsmethode ist leider geheim und patentiert) weist Gisbert den Gast der »richtigen« Gruppe zu. Zum Thema Krankenstand hatte der Alt-Skischulleiter Ludwig Schneider seine eigene durchaus effiziente Theorie, die Gisbert immer wieder gerne ins Treffen führt: »Es gibt keine kranken Skilehrer, es gibt nur Gesunde oder Tote.« So einschüchternd diese Schilderungen auch sein mögen, ein Kenner weiß, Gisbert ist eine Klasse für sich und sorgt am Sammelplatz stets für die notwendige Heiterkeit. Ohne ihn wäre das Skilehrerdasein wohl nur halb so lustig. Selbst die am schlechtesten gelaunten Skilehrer starten nach einem kurzen Smalltalk mit Gisbert mit einem Lächeln in den Tag. Gisbert – ein Mann, eine Ideologie, eine Legende.

Pünktlich irgendwann zwischen 9 Uhr 9.30 Uhr taucht er frisch rasiert aus der Höhle des Löwen auf und steuert mit grimmiger Mimik und hängendem Kopf auf die Ein­ teilungsfahnen zu. Bei diesem »Walk of Blame« sollte der 47


Wünsche in Bezug auf die Skischule Ich wünsche mir, dass es die Skischule immer gibt beziehungsweise geben sollte. Schön wäre auch, wenn der Zug der Einheimischen nicht abtrünnig wird, sondern diese zur Skischule Lech kommen. Wir sollten eine Einheit bilden. Ich unterstütze all jene, die der Skischule Lech treu bleiben. 48

Werbung für den Arlberg – Hubert Schwärzler Die Arlbergschule war legendär. Viele Skilehrer/-innen gingen jedes Jahr nach der Wintersaison nach Amerika oder Australien, um dort zu unterrichten. Das waren vor allem jene, welche nicht ortsansässig oder durch eine Landwirt­ schaft oder andere Aufgaben in Lech gebunden waren. Hubert Schwärzler versuchte diese Personen zu erfassen. Er bekam über das Ministerium, die Wirtschaftskammer und die Österreichwerbung einen Reisekostenzuschuss. Das Werbematerial wurde kostenlos mit den Fluggesell­schaften transportiert. Die Handelsdelegation und das Büro der Österreichwerbung leiteten die Werbung in die Skiorte weiter. In weiterer Folge wurden mit diesem Budget die Reisen der SkilehrerInnen finanziert. Im Gegenzug mussten die SkilehrerInnen zweimal während der Saison einen Werbefilmabend organisieren und Werbegeschenke und Abzeichen verteilen. So machten sie Werbung für den Arlberg als Äquivalent für die Leistungen, die man hierzulande für sie erbrachte. Schnell erkannten sie, dass es auch für sie wichtig war. So bekamen sie ihre späteren Kunden am Arlberg. Früh knüpfte Lech einen Draht nach Übersee, der Lech zugutekam. Nach einer Analyse war klar, dass man so gegen das Gästeloch im Jänner etwas tun konnte. Man konzentrierte sich auf jene Orte der südlichen Hemisphäre, die im Jänner große Sommerferien hatten. Südafrika kam zu diesem Zeitpunkt als wichtiger Markt dazu. Die Skilehrer/-innen waren das Bindeglied. 49

Wintersportplakat 2017

Notwendigkeit des Skifahrens – Paul Pfefferkorn Paul Pfefferkorn ist sehr stolz auf seinen Vater Robert Pfefferkorn, auch wenn er sich auf politischer Ebene nicht immer beliebt machte. Aber er war Visionär. Ohne ihn, behauptet Paul, hätte es viele Sachen wie den Flächenwidmungsplan nicht gegeben, der für Lech eine große Errungenschaft ist. Dass die Hauptskiabfahrten bis unmittelbar in das Dorf hinunter gehen, ist Lechs Stärke. Das hat sein Vater früh erkannt. Man kann sich mit vielen Orten messen, aber es gibt wenige Skiorte, in denen die Abfahrten bis in den Ort gehen. Es gab Personen, die erkannt haben, wie wichtig das Skifahren für sie ist. Dazu zählte zum Beispiel Norbert Schnetzer. Viele haben ein Haus, erkennen aber die Not-wendigkeit für das Skifahren nicht. Wir leben vom Winter. Wenn man Skilehrer ist und sein Geld damit verdient, hat man einen anderen Blickwinkel. Deshalb ist es schade, dass wir nicht mehr so viele Einheimische in der Skischule haben wie früher.

Wintersportplakat 1965.

Die Skischule Lech belebt den Wintersport

SKISCHULE LECH

First class skiing


50 51

Sportliche Kompetenz und Eleganz zugleich am Sammelplatz – Martin Huber.

Die 60iger präsentieren sich sportlich elegant – Martin Huber.


52 53

Muxel Engelbert mit seinen SkisprĂśsslingen am Schlegelkopf (1971).

Skiunterricht begeisterte auch in den 60iger Jahren – Gruppe Gisbert Wolf vor dem Omeshorn (1964).


54 55

Richard Nenning stets hilfsbereit (1972).

Skikurs Richard Nenning in der Ebra (1972).


56 57

Gerhard Gradauer mit seiner Skigruppe in ZĂźrs (1985).

Muxel Engelbert mit seinen Pistenraudis (1972).


58 59

Wedeltraining am Schlegelkopf (um 1970).

Aufstellung zum Formationstraining beim Schwarzwandlift (um 1970).


60 61

Alt-Skischulleiter Stefan Schneider auf Erkundungsfahrt mit Elmar Strolz (um 1996).

Gruppenfoto der SkifĂźhrer (ausnahmsweise mit Snowboard) vor dem Schlegelkopf (2007).


62 63

Erste Anzeichen fĂźr die Freeskier Generation (1996).

Carving bringt in den 90iger Jahren neuen Schwung in den Skisport.


64 65

Für uns sind schwarze Pisten auch nur weiß. (um 2007).

Schon die Anreise über den Flexenpass weckt Kurvenfeeling, (um 2000).


66 Ein historischer RĂźckblick Ăźber das Gestern und Heute aus der Welt des Skilaufs (um 2009).

Der Skifackellauf als klangvoller Abschluss unserer Skidemonstration (um 2009).


68 69

Tiefschneevergn체gen als Lohn f체r den Aufstieg (2010).

Frischer Powder lockt Privatg채ste schon fr체h am Morgen auf den Berg (2010).


70

71


72 73

Profitieren von den Profis (2012).

Perfektionsfahrt im Freien Gelände (2012).


Exkursion ins freie Gelände.

74

75


76

77


78 79

Die Landschaft um Lech macht den Arlberg zu einem der schรถnsten und beliebtesten Skigebiete.

Harmonie in der Gruppe, (2013).


80 Motivationsspruch unserer Lehrer: ÂťSchwarze Pisten sind bunter als sie scheinenÂŤ (2016).

Skifahrer lieben die Symbiose aus Natur, Bewegung und Genuss (2013).


»Braungebrannter Herr der weißen Welt«

Der Skilehrer: braungebrannter Herr der weißen Welt – eine idealisierte Beschreibung von Hubert Mumelter

Die Faszination des Skilaufs wurde in vielen Geschichten niedergeschrieben. Eine davon beschreibt amüsant das Leben eines Skilehrers.

Der Weg zum »Wie« des Skilaufens »ist bunt und reich an Freud und Leid und – Arbeit. Vor allem aber: Der Arbeitsraum ist schön: Schnee, Sonne, Luft, Wind und Berge.« Der Skilehrer »hat es schön und lebt wie ein Vogel in der Luft!« Mit dem ersten Schnee bezieht er seinen Winterposten, schnallt die Ski an »und ist und bleibt ein Herr dieser weißen Welt und in dieser …, bis der letzte Firnschnee … wegschmilzt.« Vier bis fünf Monate lebt er in seinem Element aus Schnee und Eis, und »die ganze übrige Welt samt ihren Problemen« kann ihm »den Buckel runterrutschen«, hat er doch »nicht viel beträchtlichere Sorgen als Wetterlage und Schneebeschaffenheit«. Er »wohnt in seinem Hotel oder Berggasthof oder Hütte und ist eine unabkömmliche ansehnliche Zeiterscheinung«5 Sein »Vorsprung in brauner Schönheit und Anbetung« ist groß genug gegenüber den »Acht- und vierzehntage-Skiläufer(n)«. Diese können sich niemals »im Grade der Skihaserl-Bewunderung mit denjenigen messen, die in jedem Winter monatelang auf Bretteln stehen«,6 auch deshalb nicht, weil der Skilehrer »jung, … rank und schlank und überaus schmuck und verführerisch-männlich sportlich in straffen Hochspannungshosen, sprich Keilhosen, und zünftigem Pullover« daherkommt, wenn er »überwältigend schön und engelhaft« auf den Ski dahinschwebt und doch im »Umgang mit Skibabys 82

ein sympathischer Mensch« ist, obwohl er einen so großen »Patzen Geld« verdient, dass er das »übrige Jahr recht und schlecht« privatisieren kann.« Er »lernt … eine Unzahl Menschen aus aller Herren Länder kennen, die … einem zuweilen da und dort und wann weiterhin nützlich sein können.« Kurzum: Der Skilehrer ist der Herr der SkitouristenHerde, »der Platzhirsch, die maßgebende Autorität, ein Tausendsasa und Prachtkerl draußen und drinnen, auf Berg und Übungswiesen, in Hallen und Bar und Stube«.7 –––––––––––– 5 Mumelter, H. (1939), Freuden und Leiden des Skilehrers. In H. Mumelter (Hrsg.), Sonne, Ski und Pulverschnee. Das Farbfotobuch vom Wintersport (S. 36–41) 6 Toth-Sonns, W. (1938/39), Zauber der Sonnenfarbe. Der Winter. Zeitschrift für Skilauf und Winterturistik (S. 32, S. 170-172. S. 172) 7 Mumelter, H. (1939), Freuden und Leiden des Skilehrers. In H. Mumelter (Hrsg.), Sonne, Ski und Pulverschnee. Das Farbfotobuch vom Wintersport (S. 36-41) »Auf den Spuren eines Wunders in Weiss« – Ein Projekt zur Erforschung der Geschichte von Skisport und Skitourismus am Arlberg im Auftrag von ski.kultur.arlberg/Sabine Dettling, wissenschaftliche Leiterin, Forschungsprojekt (S. 616-617)

Wir freuen uns auf weitere gemeinsame Geschichten mit Ihnen und den Skilehrerinnen und Skilehrern der Skischule Lech. 83


84


W W W . S K I S C H U L E - L E C H . C O M


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.