LFI Magazin 1/2018 D

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L e i c a F o t o g r a f i e I n t e r n at i o n a l

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Josef Koudelka Francesco Anselmi Cris Toala Olivares

René & Radka


LEICA. DAS WESENTLICHE.

DER PERFEKTE MOMENT Darauf haben Sie gewartet! Der Moment, in dem man sich für eine Leica M entscheidet, verändert die Sicht auf die Welt. Und nie war es so einfach wie heute, sich davon selbst zu überzeugen. Entscheiden Sie sich jetzt für die Leica M10, die schlankeste digitale M aller Zeiten. Oder profitieren Sie vom attraktiven Preis der M-Sets mit legendären Leica M-Objektiven. Informieren Sie sich gleich auf www.leica-camera.com oder bei Ihrem Leica Händler.

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Lfi 1. 2018

p ortfo l i o l i g h t b ox

F / s to p

100 | Lfi . Galerie

82 | Leica TL2 und CL

Über 23 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als 300 000 Bilder. In dieser Ausgabe mit dabei: eine farbenfrohe Schneiderei in Thailand und ein Balanceakt mit Steinen

Leica hat seine APS-C-Palette gründlich überarbeitet: Für die spiegellosen Systemkameras TL2 und CL stehen derzeit sieben Objektive mit höchstem Abbildungsniveau zur Auswahl

P h oto

8 8 | N o c t i l u x- M 75 Bei der Entwicklung dieses Objektivs hat Leica alle nur denkbaren Register gezogen, um dem Anspruch gerecht zu werden, Instrumente zu schaffen, die es ermöglichen, einmalige bildgestalterische Akzente zu setzen 9 6 | M at e 1 0 P r o Im neuen Huawei-Phablet kommt die vierte Generation der Leica Dual Camera zum Einsatz, die über zwei Summilux-H 1:1.6/27 mm Asph verfügt

1 1 2 | A u s s t e ll u n g e n

Robert Eliasson: aus der auf Kuba entstandenen Serie Azúcar Crudo

Josef Koudelka 6 | Exiles

Die Themen des tschechischen Fotografen sind eng mit seiner Biografie verknüpft: Die Schwarzweißbilder aus den 1970-Jahren entstanden im Exil

Robert Eliasson 28 | Azúcar Crudo

Ein Standbein der APS-CPlattform von Leica: die CL mit integriertem Sucher

Inspiriert von einer Fernsehreportage reiste Eliasson nach Kuba und zeigt eine andere Seite des Landes – jenseits von Strand, Salsa und Mojito

Cris Toala Olivares

Grenzen | Borders, Stuttgart; Christian Tagliavini, Berlin; Joel Meyerowitz, Berlin; Peter Dammann, Hamburg; Werner Mantz, Köln 1 1 5 | L e i c a- G a l e r i e n Das Programm der LeicaGalerien weltweit – ein Überblick. Mit dabei: Jean Pigozzi, Per-Anders Pettersson, Kurt Hutton und Elliott Erwitt 116 | Bücher Neue Bücher von: Elger Esser, Roger Ballen, Luis Cobelo, Ed Eckstein und der Ausstellungskatalog New Documents 1967 1 1 8 | I n t e rv i e w 2017 hat sich die Fotoagentur Maps Images gegründet. Ein Gespräch mit dem Fotografen Gaël Turine und der Agentin Laetitia Ganaye, zwei der Initiatoren

40 | Ring of Fire

Vulkane: Lebensgefahr, aber auch Rohstoffe und Touristenströme. Faszinierende Aufnahmen von den feuerspuckenden Rachen der Erde

Francesco Anselmi 52 | Borderlands

An der Grenze zwischen Mexiko und den USA war Anselmi „stets auf der Hut“ – ein Gespräch über Leben und Arbeiten im Schatten der Mauer

1 2 2 | m e i n B i ld Von kindlicher Unbeschwertheit und Glück erzählt eine Aufnahme, die Ulrich Mack 1972 von seinem Sohn gemacht hat 122 | impressum

René & Radka 68 | Tussie-mussies

Farbenfrohe Blüten, florale Skulpturen: eine verspielte Hommage an die Blumensprache des Viktorianischen Zeitalters

C overfoto:

René & Radka, aus ihrer Serie Tussie-Mussies

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L F I - bl o g

F oto g rafe n i m F oku s M e h r R a u m f ü r Ih r e B i ld e r

Takanori Tomimatsu berichtet im Blog über seine Art der Street Photography

Ein Bild und die Geschichte dahinter, längere Bildstrecken, kurze Interviews – im LFI-Blog gibt es verschiedene Formate, die die Redaktion regelmäßig mit neuen Inhalten versorgt. Eine weitere Kategorie heißt LFI.GalleryFotograf. Dort stellen wir Fotografen vor, deren Arbeiten der Redaktion in der LFI-Galerie aufgefallen sind. Ob Street Photography, Porträt oder Familienalbum – in dieser Kategorie treffen ganz verschiedene Betrachtungsweisen aufeinander. So entsteht für Fotografen, die ihre Aufnahmen in der LFI-Galerie teilen, die Möglichkeit, ihre Bilder einer noch größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. So etwa die Bilder von Kata Sedlak, die das tägliche Leben ihrer Familie dokumentieren. Oder die Aufnahmen des japanischen Fotografen Takanori Tomimatsu, die das Geschehen auf Tokios Straßen zeigen. Geben Sie auch Ihren Bilder die Chance auf einen Eintrag im Blog und teilen Sie sie in der LFI-Galerie: lfi.gallery

Contributor

„Was auch immer ich mache, mache ich für mich selbst. Wenn es hilfreich ist, bin ich zufrieden. Ich reise um die Welt und will herausfinden, was mich interessiert und was mit mir zu tun hat. Aus diesem Grund arbeite ich nie für ein Magazin, habe ich nie Mode fotografiert, habe ich nie Werbung gemacht. Ein Projekt muss mich interessieren und etwas mit mir zu tun haben.“ Josef Koudelka ist sich bis heute treu geblieben – das Porträt mit Leica hat Elliott Erwitt 1974 in Paris fotografiert. 4 |

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C r i s Toa l a O l i vare s Ursprünglich wollte Toala Arzt werden – schnell entdeckte er jedoch seine Liebe zur Fotografie. Er wechselte den Beruf und verschrieb sich der Kamera, den Vulkanen und den Menschen, die mit ihnen leben. Diese Arbeit brachte ihn an entlegene Orte auf der ganzen Welt, die oft nur aus der Luft zugänglich sind. Sein Mentor für die Luftaufnahmen? Kein Geringerer als Naturfotograf George Steinmetz, den seine Aufnahmen mit einem motorisierten Gleitschirm bekannt gemacht haben.

F ra n ce s co A n s e l m i

Seiner Reise an die Grenze zwischen den USA und Mexiko ging eine lange Recherche voraus: Social-MediaPlattformen und Online-Dating-Apps brachten Anselmi mit den Gangs in Kontakt. Deren Mitglieder, die er in bei El Paso fotografierte, lernte er zuvor über die Plattform Craigslist kennen. Auf seine Anfrage hin schickten sie ihm vorab Bilder ihrer Tattoos. So verlor der italienische Fotograf vor Ort keine Zeit – und wusste vor seiner Abreise schon genau, wen er ablichten wollte.

Foto links: © Elliott Erwitt/Magnum Photos

jo s ef Ko u d e l ka



LeicA Klassiker

Josef Koudelka

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Eigenwillig und intensiv – das fotografische Werk von Josef Koudelka ist in unserer Zeit nahezu unvergleichlich. „Ich bin am Einzelbild interessiert, das viele verschiedene Geschichten von unterschiedlichen Menschen erzählt“, sagte der tschechische Fotograf einmal im Interview. Ein großartiger Erzähler ist er bis heute, nimmermüde, neue Welten zu entdecken. 8 |

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Die Bildsprache Josef Koudelkas ist unvergleichlich, intensiv und außergewöhnlich. Seit vielen Jahrzehnten gilt er als eine der bedeutendsten fotografischen Stimmen Europas. Seine Serien umspannen ein breites Themenfeld, das immer eng mit seinen biografischen Stationen verbunden ist. Die in diesem Portfolio gezeigten Fotografien entstanden alle zwischen 1971 und 1979, in einer Lebensphase des Fotografen, in der er ein Exilierter war und sich auch als solcher empfand. Als er im Mai 1970 mit einem Ausreisevisum Tschechien verließ, begann für ihn eine Phase der Entfremdung und Anonymität. Er zog nach England, doch sollte das Unterwegssein in den nächsten Jahren seinen Lebensrhythmus bestimmen. Dieses Nichtsesshaftsein sorgte für einen distanzierten Blick auf die Welt, obwohl er mit seinen Aufnahmen immer die großen humanistischen Fragen zur Existenz aufgriff. Die meisten Motive erscheinen zunächst rätselhaft. So auch das Auftaktbild: vier Männer in Mänteln, dem Betrachterblick abgewandt, eingepfercht in Betonwänden, die mit Stacheldraht bewehrt sind. Ein fast voyeuristischer Blick auf ein enges, wildes Pissoir. Auf der Szene, 1976 in Irland entstanden, liegt etwas Anrüchiges, Verbotenes und doch weckt das Bild die Neugier des Betrachters. Ein zweites Bild mag umso mehr das Vorgehen des Fotografen bei der Findung seiner Motive verdeutlichen: Drei Männer, auf Wanderstöcke gestützt, knien in einer schroffen Küstenlandschaft. Die Komposition des Bildes (Seite 10) lebt von der Trennung in den dunklen, steinigen Boden im Vordergrund und den luftigeren, unscharfen Hintergrund. Dort ist noch eine zweite Menschengruppe zu sehen, doch auch sie erklärt nicht das Ereignis oder den Grund für die Demutshaltung der Männer. Über den Bildtitel erfährt der Betrachter, dass es sich um Pilger am Berg Croagh

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Patrick in Irland handelt. Immerhin. Denn die meisten Bildtitel nennen nur den Ort der Aufnahme, ihr Kontext bleibt unerklärt. Ganz typisch für die Gestaltung der Fotografien ist bei Koudelka die Verbindung der Personen und ihres Umfelds. Die Menschen und ihre Handlungen werden zwar nicht näher bestimmt, doch sie befinden sich in einer komplexen Beziehung zu ihrer Umgebung. Die schwarzweiße Fotografie stärkt die Kontraste, betont Flächen, Formen und visuelle Gegensätze und lässt so viele der Porträtierten entrückt erscheinen. Damit wird symbolisch immer wieder auch ein Bogen zum Fotografen selbst geschlagen, der sich als Wanderer in der Welt versteht. Und seine Bilder sollen eben nie zu einfach, zu eindeutig sein. Vielmehr dürfen sie den Betrachter in ihrem archaischen Ausdruck, der sich einer eindeutigen zeitlichen Zuordnung verweigert, mit ganzer Wucht treffen. Bereits vor seinem Exil hatte Koudelka seine einzigartige Bildsprache entwickelt und mit verschiedenen Serien und Projekten seinen Weg in die Fotografie gefunden. Dabei startete er seine berufliche Laufbahn nach dem Studium an der Technischen Universität in Prag zunächst als Luftfahrtingenieur. Schon früh hatte er mit einer Rolleiflex zu fotografieren begonnen, unter anderem für das Theatermagazin Divaldo. Seit 1965 war er Mitglied der tschechischen Künstlervereinigung. Nach der Aufgabe der Tätigkeit als Ingenieur 1967 widmete er sich dann ganz der Fotografie. Schon seit Beginn der 1960er-Jahre hatte er sich fotografisch mit dem Leben der Roma beschäftigt; diese Serie sollte in den folgenden Jahren zu seiner wichtigsten Aufgabe werden. Doch auch die politischen Umbrüche der Zeit hinterlassen in seinem fotografischen Werk bedeutende Spuren. Im August 1968 entstanden seine berühmten Aufnahmen von der Invasion der Warschauer-Pakt-Armeen in die ČSSR. Seine unmittelbaren Fotografien dokumentieren die Geschehnisse auf den Straßen von Prag, dramatische Szenen an Orten, an denen sich →

Seite 6  /   7: Irland 1976 Seite 9: Spanien 1973 Seite 10: Irland 1972 Seite 11: Spanien 1974 Seite 12  /   1 3: Frankreich 1974 Seite 14: Deutschland 1979 Seite 15: England 1976 Seite 16  /   1 7: Spanien 1971 Seite 18: Frankreich 1973 Seite 19: Spanien 1973 Seite 20  /   2 1: Frankreich 1975 Seite 22  /   2 3: Irland 1971 Seite 25: Irland 1972 Seite 26: Schweiz 1978


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Fotos: Š Josef Koudelka/Magnum Photos; Zitate aus lens.blogs.nytimes.com (Koudelka-Interview von James Estrin) und Nationality Doubtful (Amanda Maddox, A Stranger in No Place)


J o s ef Ko u d e l ka am 10. Januar 1938 in Boskovice, ČSSR, geboren. Von 1956 bis 1961 Studium an der Technischen Universität in Prag, danach arbeitet Koudelka bis 1967 als Luftfahrtingenieur. Parallel entstehen Aufnahmen für ein Theatermagazin, er ist als Reportagefotograf tätig und beginnt, sich für das Leben der Roma zu interessieren. Im August 1968 fotografiert Koudelka den Einmarsch der Truppen des Warschauer Pakts in Prag, die den sogenannten Prager Frühling niederschlugen. 1970 wird ihm in England Asyl gewährt, das Land bleibt Ausgangsstation seiner vielen Reisen. Seit 1974 ist Koudelka festes Mitglied der Bildagentur Magnum. 1987 erhält er die französische Staatsbürgerschaft. Zahlreiche Ehrungen und Auszeichnungen.

mag nu m photo s.com Bü c her : (Auswahl) Josef Koudelka. Nationality Doubtful (Yale University Press, New Haven und London 2014); Wall (Prestel, München 2013); Roma (Steidl, Göttingen 2011); Invasion Prag 68 (Schirmer Mosel, München 2008); Koudelka (Ed. Braus im Wachter-Verlag, Heidelberg 2006)

Bevölkerung und Invasoren gegenüberstanden. Die Bilder wurden 1969 über die Grenze geschmuggelt und gelangten auch in die USA. Ohne seinen Namen zu nennen, verbreitete Magnum Photos diese Aufnahmen und viele große internationale Magazine druckten sie. Diese Fotografien gelten bis heute als Sinnbild der brutalen Invasion. Sie wirken in ihrer vibrierenden Unmittelbarkeit und Intimität der Situationsschilderung. Die Reportage eines „anonymen tschechischen Fotografen“ erhielt sogar die Robert-CapaMedaille des Overseas Press Clubs. Die Anonymität der Autorenschaft schützte Koudelka und seine Familie zunächst, er konnte im April desselben Jahres sogar nach London reisen, um seine Theaterfotografien vom Theater Divadlo za branou in Prag im Foyer des Londoner Aldwych Theaters auszustellen. Er ging noch einmal zurück nach Prag, um im Juli des nächsten Jahres mit einem Reisevisum wieder nach London zu fahren. Diesmal kehrte er nicht zurück. Längst gab es Verdächtigungen, zu gefährlich war die politische Situation für ihn in seinem Heimatland geworden. Diese Entscheidung war ein Bruch mit seinem alten Leben, er verlor nicht nur die Möglichkeit, seine Familie zu sehen, sondern auch alle fotografischen Kontakte in der ČSSR. In den nächsten 16 Jahren blieb Koudelka staatenlos, er lebte ohne festen Wohnsitz und reiste durch die Welt, wobei seine Ausgangsbasis zunächst London war. Von England aus widmete er sich insbesondere auch der Weiterentwicklung der Serie über die Roma. Das Buch Gypsies erschien erstmals 1975 und in erweiterter Form noch einmal 2011. Koudelka arrangierte sein Leben und seine fotografische Produktion um die Termine wichtiger Roma-Festivals und religiöser Ereignisse in Europa; seine Routen sollten sich mit den Jahren ständig erweitern. Die Aufnahmen, die in dieser Zeit entstanden, reflektierten insbesondere seine paradoxen Gefühle zwischen Entfremdung und Engagement. „Ich fand mich einfach außerhalb der Tschechoslowakei und ich beschloss zu tun,

was ich bisher nicht tun konnte, als ich dort lebte: die Welt zu sehen.“ Einen Abschluss wird diese Phase in der Publikation Exiles finden, die allerdings erst 1988 erscheint. Das Buch ist Bestandsaufnahme und Vergangenheitsbewältigung zugleich. Bereits 1971 war Koudelka von Elliott Erwitt eingeladen worden, Magnum Photos beizutreten. In dieser Zeit begann er mit zwei Leicas mit einem 35er und einem 50er zu arbeiten, die ihm Henri Cartier-Bresson zur Verfügung stellte. Dank der MagnumKontakte wuchs sein professionelles Netzwerk schnell, das Pariser Büro wurde bald zu einer wichtigen Anlaufstelle für ihn. Seine Mitgliedschaft hat Koudelka einmal beschrieben als „Teil von etwas, das gut war. Ich bekam sofort viele Freunde dort. Wenn ich reiste, hat es mir sehr geholfen – die Leute hatten keine Angst, mir den Schlüssel zu ihrem Haus zu geben, in dem ich schlafen konnte“. Nicht zuletzt durch die Hilfe Cartier-Bressons wurde Koudelka 1986 in Frankreich eingebürgert – sein Leben als Staatenloser endete. 1986 ist zugleich aber auch der Beginn einer neuen Phase im Werk des Fotografen: Er begann, mit einer Panoramakamera zu arbeiten, und erkundete zunehmend Landschaften. Beim späteren Übergang zur digitalen Fotografie konnte Koudelka auf die Hilfe von Leica zählen: Auf Basis einer S2 fertigte das Unternehmen eine spezielle Panoramakamera für ihn. Bis heute arbeitet er an einem umfassenden Projekt über archäologische Stätten, die er bisher in fast 20 Ländern fotografiert hat. Gefragt nach den Erkenntnissen dieses Projekts, hat Koudelka einmal geantwortet, „dass nichts dauerhaft ist. Das ist auch etwas, was ich von den Roma gelernt habe. Cartier-Bresson pflegte mir zu sagen, dass mein Problem darin besteht, dass ich nicht an die Zukunft denke. Und genau das habe ich von den Roma gelernt. Sich nicht um die Zukunft zu sorgen“. Ulrich Rüter

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Robert Eliasson A z ú car cr u d o

Im letzten Jahr starb Fidel Castro, sein Bruder Raúl ist noch wenige Wochen im Amt. Die Sanktionen der USA sind gelockert. Wie rohem Zucker steht Kuba ein Wandel bevor. Der schwedische Fotograf Eliasson erzählt Geschichten aus einem von Improvisation und der Jagd nach Devisen geprägten Alltag.

Zukunft trifft Vergangenheit: Kubas Jugend trägt Adidas-Shorts und trifft sich in den Ruinen von Habana Cerro. Alle Fotos entstanden mit einem 28er-Summilux an einer Leica SL

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Boxen ist und bleibt der Nationalsport Nummer eins auf der Karibikinsel. Schon die Kleinen trainieren fleiĂ&#x;ig wie hier in einem Outdoor-Boxring im Zentrum von Havanna. Der Boxring steht jedermann aus den Vierteln in der Nachbarschaft offen. Und der Trainer ist natĂźrlich ein ehemaliger Weltklasse-Boxer

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Taxi cubano: Geschätzt sind es etwa 80 000 bis 90 000 Exemplare dieser alten Autos, die noch über die Insel fahren. Zusammengehalten mit Kaugummi, wie Kubaner oft scherzhaft erzählen


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Schön, aber heruntergekommen – ein typisches Apartment in Zentrum von Havanna. „Haste nix, biste nix“: Nur wer im Land der zwei Währungen den harten, an den Dollar gekoppelten Peso convertible besitzt, kann sich auch etwas leisten. So lange werden die Zimmer oft an „dunkle“ Gäste vermietet

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Es ist kein Geheimnis, dass das System der zwei Währungen auf Kuba auch Schattenseiten mit sich bringt. Die Devisen bestimmen das System und als Tourist wird man nicht selten als „Dollar auf zwei Beinen“ bezeichnet


Es waren auch die brillanten Farben, die Robert Eliasson an Kuba reizten. Oft sind es gerade diese Farben, die die Tristesse des kubanischen Alltags erträglicher machen.

R o b ert E l i a s s o n Eliasson kam vor zehn Jahren als Autodidakt zur Fotografie. 2012 wurde er zum LeicaBotschafter ernannt, seither wird sein Werk in Kooperation mit Leica regelmäßig ausgestellt. Eliasson war als erster ausländischer Fotograf in der Fábrica de Arte Cubano, Havanna, zu sehen. Seine Serie Azúcar Crudo wird vom 15. Februar bis zum 31. Mai 2018 im Stockholmer Lydmar Hotel gezeigt.

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LFI: Strand, Rumba und Mojito – für viele Menschen sind das Synonyme für Kuba. Nichts davon ist auf Ihren Bildern zu sehen … Robert Eliasson: Es gibt eine Menge Fotografen, die genau solche Bilder gemacht haben, Alex Webb etwa. Ich möchte mit meinen Bildern eine andere Seite des faszinierenden Landes zeigen – die warmherzigen und widerstandsfähigen Kubaner. Sie verkörpern für mich etwas, das wir in unserer Welt schon lange aus den Augen verloren haben. Die Familienbande lösen sich immer mehr auf, wir kümmern uns kaum um Ältere, leben als Singles und müssen uns anstrengen, jemanden kennenzulernen. In Kuba steht die Familie an erster, zweiter und dritter Stelle, Nachbarschaften werden gepflegt, das Gemeinschaftsgefühl ist ausgeprägt. Der Gedanke an Zusammenhalt interessiert mich.

Können Sie beschreiben, wie der typische Alltag auf Kuba aussieht? Der Alltag ist ein logistischer Kampf: vom Toilettenpapier über Einkäufe bis hin zum Abendessen. Zur Arbeit zu kommen ist ein täglicher Kopfschmerz. Wegen des Benzinmangels dauert es oft mehrere Stunden. Der gewöhnliche Kubaner kann weder Rindfleisch noch Fisch kaufen, er lebt nach Saison und auf einer Diät mit Reis, schwarzen Bohnen, Schweinefleisch oder Hühnchen. Die harte Währung der Touristen macht das Haupteinkommen des Staates aus. So werden die Bedürfnisse der Touristen natürlich auch zuerst erfüllt. Kuba hat zwei Währungen: Der einheimische Peso ist nur ein Bruchteil des konvertiblen Dollar wert. Staatliches versus privates Einkommen – das führt dazu, dass Uni-Professoren Taxi fahren und Ärzte lieber als Barkeeper arbeiten.

Was war für Sie der Grund, sich mit dem Thema Kuba zu beschäftigen? Nach gescheiterten Fotoprojekten in Afrika saß ich in Stockholm vor dem Fernseher und habe eine Sendung über eine Bar in Kuba gesehen. Ich war beeindruckt von der Intimität, von den lebendigen und brillanten Farben. Eine Woche später flog ich nach Havanna. Das war 2009. Seither bin ich drei- bis viermal im Jahr dort.

Ihre Bilder zeigen zersprungene Spiegel und bröckelnde Wände, sie wirken wie die Schatten von Glück. Ist Kuba das Beispiel einer geschei‑ terten Revolution? In gewisser Weise sind die Kubaner besser dran als vor der Revolution. Sie hungern nicht, sie haben Zugang zur medizinischen Grundversorgung und eine ausgezeichnete Schulbildung. Aber Kuba ist eine Diktatur, darüber gibt es keinen Zweifel. Es existiert kein Eigentum, keine Rede- und Bewegungsfreiheit, es sei denn, man hat viel Geld oder Beziehungen.

Sie schreiben, dass Sie mit Ihrem Projekt „die Essenz und den Geist des gewöhnlichen Alltags jenseits des Klischees“ erfassen möchten. Was genau meinen Sie damit? Die Klischees, auf die ich mich beziehe, sind schöne alte Autos, glückliche Menschen, die auf den Straßen tanzen, herrliche Gebäude mit Patina. Wenn man aber hinter die Fassade schaut, gibt es eine andere Geschichte zu erzählen. Die Autos sind so abgewrackt, dass es gefährlich ist, mit ihnen zu fahren. Die Gebäude in der Stadt sind dermaßen heruntergekommen, dass sie oft einfach zusammenstürzen.

Wie gingen Sie an das Projekt heran? Mein Ansatz war einfach. 2009 fing ich an, in den Straßen von Havanna zu fotografieren. Ich war gefesselt von den Farben, dem Licht, den Autos. Von einer Stadt, die in der Zeit eingefroren war. Ich lebte in einem Hotel in der Nähe der Altstadt. Bei meiner nächsten Reise zog ich in eine Casa Particular, eine Art Privatpension, in einem verarmten, berüchtigten Stadtviertel im Herzen von Havanna. Hinter diesen verrottenden Fassaden musste es Geheimnisse geben, die nur darauf warteten, erzählt zu werden. Nach und nach begann ich Beziehungen zu außer-

gewöhnlichen Menschen, ihren Familien und Freunden aufzubauen. Ihre Fotografien zeugen von einer intimen Atmosphäre … Wenn man nah dran sein möchte, muss man geduldig sein. Nur so gewinnt man Vertrauen. Ich habe immer wieder Orte und Leute besucht, war zu Geburtstagsfeiern, Hochzeiten und religiösen Zeremonien eingeladen. Und ich blieb so lange, bis ich den richtigen Moment zum Fotografieren gefunden hatte. Leute, denen ich verbunden bin, bemerken mich dann kaum noch. Ich benutze die Leica SL mit M-Objektiven. Ich liebe diese Kombination, der SL-Sucher ist hervorragend! Viele Ihrer Protagonisten sind Teen‑ ager. Wie sieht ihre Zukunft aus? Die Jungen haben keine Verbindung mehr zur Revolution, abgesehen von dem, was sie aus dem Geschichtsunterricht kennen. Ihr Leben wird von Smartphones und WiFi bestimmt. Eines steht fest: Der Wandel wird irgendwann kommen. Sie sagen, der Fotograf Josef Koudel‑ ka habe Ihre Serie inspiriert … Vor zehn Jahren, als ich mit dem Fotografieren begann, suchte ich nach einer Ausgabe von Koudelkas Buch Gypsies. Ich war fasziniert von seinen Bildern und davon, wie natürlich und frei er sich in dieser geschlossenen Gemeinschaft bewegt hatte. Als ob er einer von ihnen wäre. Was war der Trick? Er blieb zwei Jahre und interagierte mit den Menschen, nur so wurde er akzeptiert. Er tauchte in die Situation ein. Und genau das möchte ich auch in meiner Arbeit erreichen. interview: katja hübner

art u pon .com/ro b ert-eliasson LF I-On lin e.DE /Blog: one photo — one story Equipment: Leica SL mit Summilux-M 1:1.4/28 mm Asph

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Cris Toala Olivares

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Dichte Rauchwolken, beißender Schwefelgeruch, nicht zu kontrollierende Lavaströme: Rund um die Welt reist Cris Toala Olivares zu aktiven Vulkanen. Dabei geht es dem Fotografen nicht allein um das Naturphänomen, sondern vor allem auch um die Menschen, die an den Hängen der unberechenbaren Berge leben.

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Vorherige und linke Seite: Der Cotopaxi in Ecuador schleuderte 2015 Asche und Dampf in die Atmosphäre. Diese Seite: ein Lavastrom des Pico do Fogo, Kap Verde. Einige Pflanzen trotzen dem Ausbruch auf der Insel Fogo lFI

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Ein Zuhause im Schatten des Cotopaxi: Rund 300 000 Menschen leben im potenziellen Gefahrengebiet




Mindestens zwei Vulkansysteme befinden sich unter dem Gletscher Langjรถkull auf Island. Vorherige Seite: der Vulkan Stromboli


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Oben: Der Torfajökull im Süden Islands ist 1190 Meter hoch. Einst war er mit einem Gletscher bedeckt, der mittlerweile aber zum größten Teil geschmolzen ist. Unten: Begehung auf dem Námafjal, Island

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C r i s Toa l a O l i vare s Geboren 1982 in Manta, Ecuador. Medizinstudium in den Niederlanden, bevor er zur Fotografie wechselte. Für seine erste Kamera verkaufte er seine Gitarre. Toalas Bilder erschienen u. a. in Geo und National Geographic. 2015 erschien sein Buch The Amsterdam Canals im Verlag Terra Uitgeverij. In seinem jüngsten Projekt widmet er sich dem Wattenmeer und seinen Bewohnern.

toa laol i vare s.co m LF I -O nl i n e .D E / B lo g : Toalas Video vom ausbruch des Cotopaxi Equipment: Leica M240 mit Summicron-M Summicron-M 1:2/35 mm

Italien, Stromboli, 2013: Wie die Insel heißt auch der Vulkan – Stromboli. Es handelt sich um einen aktiven Schichtvulkan, man erkennt sie an ihrer steilen Form. In unregelmäßigen Abständen kommt es zu kleineren Eruptionen. Die Bewohner auf der Insel haben gelernt, ihr Leben seinen Explosionen und Lavaausbrüchen anzupassen. Viele würden diesen Lebensstil für zu unstetig halten, aber die Menschen, die ich auf Stromboli getroffen habe, ziehen Energie aus dem Leben mit dem Berg. Mario Zaia, ein Guide und Vulkanologe, erklärte mir, dass die Kraft des Stromboli in ihm Emotionen wie Angst und Ehrfurcht wachrüttelt – sie hilft ihm, diese Gefühle zu verstehen und mit ihnen umzugehen. Ich bin immer wieder nach Stromboli zurückgekehrt und immer hatte ich das Gefühl, als würde ich dort meinen Akku wieder aufladen. Das ist natürlich auch der Grund, warum so viele Besucher die etwa 920 Meter hoch zum Vulkan steigen: um die Energie zu spüren. Die Einheimischen wissen, dass sie dem Vulkan ihren Lebensunterhalt verdanken. Sie sprechen von ihm wie von einem Gott. In seinem Angesicht realisieren die Menschen, wie klein sie sind. Kap Verde, Pico do Fogo 2014: Als ich 2014 auf die Insel Fogo reiste, hatte die Lava aus dem ausbrechenden Vulkan bereits die Häuser zahlreicher Menschen verschlungen und sie mussten evakuiert werden. Zum ersten Mal habe ich auch die roten Lavaströme gesehen, die den Hang hinunterflossen. Fast alle Häuser in Chã das Caldeiras, einer großen Ebene am Fuße des Vulkankegels in mehr als 1600 Meter Meereshöhe, wurden zerstört, ebenso die Straßenverbindung nach São Filipe, dem Hauptort der Insel. Mitten im Chaos habe ich Manuel getroffen, einen Vulkanführer, der geblieben ist und seinen Freunden und Nachbarn geholfen hat zu fliehen. Die Lava ist so unglaublich schnell – du weißt nie, welchen Weg sie einschlagen wird. In dieser Situation muss man zusammenhalten und einen sicheren Weg finden. Zum Glück kennen die

Menschen hier ihre Umgebung und die Natur gut – sie leben vom Anbau von Früchten, Bohnen, Wein, Kaffee und Kartoffeln. Die Bewohner kämpfen für ihr Land und sagen: „Ich bin mit der Lava geboren und werde mit ihr sterben.“ Zum Glück kam es dieses Mal nicht so weit. Ecuador, Cotopaxi, 2015: Der Cotopaxi liegt nur etwa 50 Kilometer südlich von Quito, der Hauptstadt Ecuadors. Er zählt zu den höchsten und gefährlichsten aktiven Vulkanen der Welt, doch die Legenden, die sich um ihn ranken, sind mit Liebe verbunden. Ich bin in Ecuador geboren und mit diesen Legenden aufgewachsen. Ich habe auch viele Geschichten über den Ausbruch 1877 gehört, bei dem Hunderte Menschen starben. 2015 sahen dann die Leute ihren gigantischen, 5897 Meter großen Nachbarn plötzlich wieder zum Leben erwachen. Während meiner Zeit vor Ort habe ich Segundo Benites begleitet, einen Bauern, der als einer der Letzten die Gegend rund um den Cotopaxi verlassen hat. Tränen sind über sein Gesicht gelaufen, weil er seine Heimat aufgeben musste. Nach dem Tod seines Vaters hat er sich diesem Land verschrieben und ist dort fest verwurzelt. Familie bedeutet hier viel – auch der Cotopaxi wird mit „Vater Cotopaxi“ angeredet. Vulkaninsel Island, 2016: Island ist die größte Vulkaninsel weltweit mit rund 30 aktiven Vulkanen. Zwei Wochen bin ich im Juli durch den Inselstaat gereist, um zu erfahren, wie die Menschen mit den Vulkanen leben. Ich habe etwa mit einem Ingenieur gesprochen, der geothermische Kraftwerke entwickelt. Er erklärte mir: „Du musst akzeptieren, was die Erde dir bietet.“ Manchmal bietet sie dir sehr viel und manchmal nichts. Und manchmal zerstört sie alles. Die Menschen hier spüren eine Verbindung zur Erde – Wissen und Gefühl kommen zusammen. cris toala olivares

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Francesco Anselmi Bor d er l a n d s

3200 Kilometer lang ist die Grenze zwischen Mexiko und den USA. Zäune und Mauern gab es hier lange vor Donald Trump, doch jetzt stehen die Zeichen auf Veränderung. Francesco Anselmi hat sich auf der amerikanischen Seite umgesehen: Wie lebt es sich im Schatten einer Mauer?

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Von oben im Uhrzeigersinn: Die Mauer, die Mexiko und die USA trennt. Luis mit seiner Frau Lizeth und Tochter Amberly in ihrem Haus in der Colonia La Peñita in Texas – hier wohnen mittellose Migranten, die entlang der Grenze geboren wurden. Auch Felipe und Maria leben dort. Sie sind vor zwei Jahren illegal in die USA gekommen – ihr Sohn David ist US-Bürger. Vorherige Seite: Laine ist Anführerin der Border Guardians und engagiert sich politisch für den rechten Flügel. Zu ihren Füßen liegt die mexikanische Flagge

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Von links oben im Uhrzeigersinn: Eine Wechselstation in Kalifornien zeugt vom Austausch zwischen den Staaten. Eine Feier anlässlich eines 15. Geburtstags in der Colonia La Peñita in Texas. Für die Jugendlichen, die in der Grenzregion leben, birgt die Zukunft viele offene Fragen. Wie wird die Präsidentschaft von Donald Trump das Leben auf beiden Seiten der Grenze verändern? Wird ein Austausch zwischen den USA und Mexiko auch weiterhin möglich sein?

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Eithan ist Mitglied einer Gang, die sich Cripples nennt. Er lebt in Las Cruces in New Mexico. Die afroamerikanischen Gangs befinden sich im Kampf mit den südamerikanischen – beide Seiten wollen die Kontrolle über das Territorium

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Oben: Eine junge Frau posiert mit einem tätowierten Hakenkreuz beim National Meeting zwischen der US National Socialist Party und dem Ku-Klux-Klan in Pikeville, Kentucky. Rechts: Santos gehört der berüchtigten Gang Mara Salvatrucha an – die Mitglieder verdienen ihr Geld mit dem Drogenschmuggel in die USA. Santos ist soeben aus dem Gefängnis entlassen worden. Er hat ein Verbrechen gestanden, das er nicht begangen hat. So schützen jüngere Gangmitglieder die, die höher im Rang stehen

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Pikeville, Kentucky: Mitglieder der South Secessionist Party demonstrieren gegen illegale Einwanderung. Dabei schwenken sie die KonföderiertenFlagge – für manche Erinnerung an Tradition, für andere Symbol der Unterdrückung

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Von oben im Uhrzeigersinn: Ein Polizist bei einer Demonstration in Pikeville, Kentucky; viele Bewohner wehren sich gegen das zunehmend feindliche Klima. Das ist nicht überall spürbar: Ein mexikanisches Paar verbringt die Ferien auf der Insel Padre Island in Texas. Eine Tafel in der Sonora-Wüste warnt vor illegaler Einwanderung und Drogenschmuggel. Trotzdem gelingt es jährlich Tausenden, die Grenze zu überqueren. Nicht immer schaffen es die Migranten, den Weg aus der Wüste heraus zu finden

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F ra n ce s co A n s e l m i Geb. 1984 in Mailand. Studium am International Center of Photography mithilfe des New York Times Company Foundation Scholarship. 2013 Gewinner des Chris Hondros Fellowship Fund, 2014 Finalist beim Leica Oskar Barnack Award. 2016 erhält er den Visura Grant for Personal Projects. Thematisch hat er sich lange mit den Folgen der Wirtschaftskrise in Griechenland beschäftigt. Er lebt in Mailand und New York.

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LFI: Sie haben an der Grenze zwi‑ schen Mexiko und den USA fotogra‑ fiert – und nicht nur dort sollen die Grenzen gesichert werden. Leben wir in einem Zeitalter der Abgrenzung? Francesco Anselmi: Es scheint fast so. Nationalismus wächst in jedem Land, das sich mit dem Thema der Einwanderung auseinandersetzen muss. Ich persönlich denke, dieser Punkt wird die große Herausforderung dieses Jahrhunderts sein und wir sollten uns ihr so konstruktiv wie nur irgend möglich stellen – anstatt uns hinter Mauern zu verstecken. Haben Sie sich deshalb für dieses Projekt entschieden? Die Idee hatte ich schon lange. Ich bin immer fasziniert gewesen von der amerikanischen Kultur und als europäischer Teenager in den 90ern bin ich auch stark von ihr beeinflusst: Musik, Literatur, Fotografie … Es ist eine Republik, die in vielen Bereichen den höchsten Standard festsetzt, aber gleichzeitig gibt es besonders auf sozialer Ebene so viele ungelöste Probleme. Mit dem Projekt habe ich jetzt begonnen, weil ich denke, dass das Thema Identität sehr wichtig ist für die amerikanische Gesellschaft und dass Grenzen eine entscheidende Rolle für diese Definition spielen. Das Land steht an einem Wendepunkt. Präsident Donald Trump plant, mit einer Mauer die Grenze zu sichern. Inwiefern wird sich die Situation da‑ durch verändern? Eine Mauer oder ein Zaun ist bereits durch vorherige Präsidenten angewiesen worden – etwa ein Drittel der 3200 Kilometer langen Grenze ist schon abgedeckt. Die Situation ist in den verschiedenen Staaten sehr unterschiedlich. Im südöstlichen Texas profitieren beide Seiten von der Nachbarschaft, sie sorgt für wirtschaftliches Wachstum. In vielen Industriezweigen sind günstige Arbeitskräfte angestellt. In dieser Gegend würden sogar die

Republikaner gegen eine Mauer stimmen – und erst Recht gegen jede Art von wirtschaftlicher Beschränkung. Ihre Bilder erzählen aber eine andere Geschichte … In Arizona finden wir eine ganz andere Situation vor. Das Gebiet, das an Mexiko grenzt, ist eine Wüste mit nur wenigen Siedlungen. Der Strom an Menschen und Drogen, die illegal ins Land kommen, reißt nicht ab und die Mehrheit der Menschen fühlt sich unter den derzeitigen Konditionen nicht sicher – egal ob Republikaner oder nicht. Beide Phänomene gab es jedoch schon vor der Trump-Ära. Haben Sie sich während Ihrer Arbeit dort sicher gefühlt? Ich fühle mich niemals sicher, wenn fast jeder um mich herum Waffen trägt, besonders dann nicht, wenn eine Hausfrau ein Kampfgewehr unter ihrem Sofa aufbewahrt. Paradoxerweise habe ich mich sicherer gefühlt, als ich Mitglieder der berüchtigten Gang Mara Salvatrucha getroffen habe, als privates Eigentum in einer konservativen Gemeinde zu betreten und nach Informationen zu fragen. Man weiß nie, wie ein verängstigter Mensch mit Waffe reagieren wird. War es denn schwer, mit den Men‑ schen dort in Kontakt zu kommen? Vor meiner Reise habe ich viel Zeit mit der Recherche verbracht. Eine gute Methode war es, mit den Menschen durch die sozialen Medien und Online-Dating-Apps in Kontakt zu treten. Die Gangmitglieder, die ich in der Gegend um El Paso herum fotografiert habe, habe ich über die Plattform Craigslist kennengelernt. Ich habe ihnen genau erklärt, was ich suche und mehr als 20 Leute haben mir Bilder ihrer Tattoos geschickt. Wir haben einen Monat lang Nachrichten geschrieben, bevor wir dann vor Ort das Bild gemacht haben. Ich denke, diese Form der Annäherung über Internetplattformen steht für das soziale Phänomen, das ich festhalten möchte: Ein Gefühl der Isolation wird immer vorherrschender.

Können Sie die Atmosphäre noch etwas genauer beschreiben? Sie ist surreal und die Isolation ist immer zu spüren. Instinkte in ihrer Urform treten hier zutage, was mich sehr fasziniert hat. Während meiner Reise hat mich stets das Gefühl begleitet, auf der Hut sein zu müssen. Sehen Sie sich selbst als neutraler Beobachter? Bei Themen, die uns alle angehen, ist es unmöglich, neutral zu bleiben. Ich denke auch, dass es als Fotograf generell unmöglich ist, neutral zu bleiben. Jede Bewegung beruht darauf, was wir denken und was wir fühlen. Der Fotograf ist in dem Moment nicht mehr objektiv, in dem er die Kamera nimmt und sich entscheidet, was er zeigen will. Ich finde Neutralität aber auch sehr langweilig. Ich mag es, mich einem Thema in respektvollen Unterhaltungen zu nähern, und meine Bilder, die dann entstehen, sind das Resultat dieser nicht planbaren Arbeit. Was kann Fotografie für Sie in diesem Kontext bewirken? Fotografie kann zu glühenden Debatten darüber beitragen, wer wir sind, und kann uns verschiedene Ansichten liefern. So kann unser Bewusstsein dafür wachsen, welche Rollen wir im Leben einnehmen möchten. Werden Sie diese Serie in Zukunft weiter fortsetzen? Ja, ich werde jetzt das zweite Kapitel fotografieren, weiterhin nur auf der amerikanischen Seite, um deutlich zu zeigen, wie die Nähe zur Grenze die amerikanische Gesellschaft beeinflusst. interview: Katrin iwanczuk

fran ce s coan s elmi.com LF I-On lin e.DE /Blog: Ein bild und seine geschichte Equipment: Leica M Monochrom mit Summicron-M 1:2/35 mm Asph

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LeicA S

RenĂŠ & Radka T USSIe - MUSSIe s

Das deutsch-tschechische Fotografenduo zog vor vier Jahren nach Los Angeles. Inspiriert von dem unerwarteten BlĂźtenreichtum in Kalifornien startete es seine Hommage an die Blumensprache des Viktorianischen Zeitalters.

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„Am Anfang standen unsere Landschaftsbilder. Wir wollten eine verträumte Welt erschaffen, eine Fantasiewelt. Weite Teile Kaliforniens sind zwar Wüste, aber während der sogenannten ‚Superblüte’ wirkt sie wie ein impressionistisches Gemälde. Sie erstrahlt in allen Farben, die man sich vorstellen kann.“

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„Wir verwenden in Tussie-Mussies nur Blumen, die in Kalifornien im Frühling wild blühen. In der Serie beziehen wir uns auf die Floriografie, die Sprache der Blumen in der Viktorianischen Zeit. Ihre Bedeutung in dieser sittenstrengen Ära war so groß, dass es regelrechte Blumenwörterbücher gab.“

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Kinder, von Blumen umgeben, mal natürlich eingebettet, mal kunstvoll umkränzt, sind das Sujet des Fotografenduos René & Radka, das seit mehreren Jahren an seinem freien Projekt Tussie-Mussies arbeitet. Inspiriert wurden sie dazu von den sogenannten Tussie-Mussies, kleinen Sträußen aus Blumen oder Kräutern, die in der Viktorianischen Zeit als Kommunikationsmittel Hochkonjunktur hatten. Tussie bezieht sich auf das englische „tussock“ (Grasbüschel) und Mussie kommt von „moss“ (Moos). Jede in einem Gesteck enthaltene Blume transportierte eine chiffrierte Nachricht: Rose oder Vergissmeinnicht (Liebe), gelbe Rose (abnehmende Liebe oder Untreue), Gänseblümchen (Unschuld), Phlox (Einverständnis). Das übertrug das Fotografenduo als Andeutung auf ihre Kindermodels und schmückte sie als Tussie-Mussies. „Wir haben nur lokale Blumen verwendet, keine Importe aus Holland“, sagt Radka Leitmeritz. Die nostalgisch wirkende Kleidung der Kinder stammt zumeist aus dem riesigen Fundus des Kostümverleihs der Universal Studios. Die beiderseitige Faszination für die Farben und skulpturalen Ausprägungen blühender Pflanzen bildet die Grundlage dieser Arbeit. „Unsere freien Projekte haben sich immer um Kinder gedreht. Weil wir von der Menge an Blumen in und um Los Angeles so fasziniert waren, haben wir versucht, beides zu kombinieren“, stellt Leitmeritz fest. „Fast jeder Fotograf auf der Welt hat Blumen fotografiert, deshalb ist es eine Herausforderung, etwas Neues zu machen“, ergänzt René Hallen. „Das Thema mit den Kindern und den Blumen kann sehr leicht in etwas Kitschiges umschlagen. Wir haben Bild für Bild nach Ideen gesucht“, so Leitmeritz weiter. „Wenn es zu dunkel wird oder ein Kind die Augen geschlossen hat, kann es leicht wie ein Trauerfall wirken“, erläutert Hallen. Das zu umschiffen war eine der größten

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Herausforderungen für das Duo. Seit sie vor rund vier Jahren nach Los Angeles zogen, waren sie fasziniert von dem unglaublichen Blütenreichtum, der vor Ort manchmal zu finden ist. Nur alle paar Jahre wird Kalifornien die sogenannte Superblüte beschert, für die mehrere Faktoren zusammentreffen müssen: Nur, wenn es im Winter ausreichend regnet und es im Frühjahr nicht sofort zu heiß wird, verwandeln sich die sonst eher kargen und wüstenähnlichen Landschaften des US-Bundesstaats in impressionistische Gemälde. Myriaden Lupinen in Regenbogenfarben, Mohnblumen in Rot, Gelb, Orange, Koralle, gelbe und lila Phazelien sowie leuchtend blauweiße Liebeshainblumen überziehen die öde wirkende, von Staub und Steinen dominierte Natur mit beinahe unwirklichen, ausgedehnten Blütenteppichen. Die Transformation dauert nur zwei bis drei Wochen, dann ist der Zauber vorbei. Doch wann das Ereignis wirklich stattfindet, bleibt ein Geheimnis der Natur. Ein Glücksspiel. Auch René & Radka mussten mehrere Jahre warten, bis alle Voraussetzungen für das Naturspektakel gegeben waren. Im Sommer 2016 war es endlich so weit. Im Campingbus fuhr das Fotografenpaar mit Kindern und Equipment zu den Schauplätzen, mehrere Stunden lang und Übernachtung in der Wüste inklusive, „denn für unsere Bilder brauchen wir Morgen- oder Abendsonne“, sagt Radka. Fotografiert haben sie an bekannten Schauplätzen der Superblüte, etwa im Vasquez Rocks, einem Naturschutzpark im Norden des Los Angeles County, und im benachbarten Antelope Valley, dem westlichsten Zipfel der Mojave-Wüste. Zu den Naturkulissen gehörte auch der Anza-Borrego Desert State Park in der Colorado-Wüste, der größte Naturschutzpark Kaliforniens. Auch wenn keine Blumenteppiche in Sicht sind, setzt das Duo die Arbeit an Tussie-Mussies fort und verwendet dann Papierhintergründe. Aber sie warten schon darauf, ihre bezaubernde Serie weiter zu fotografieren, wenn es wieder grünt – und Kaliforniens Blüten blühen. Carla Susanne Erdmann

re n é & Ra d ka René Hallen (*1973 in Köln) studierte an der Fachhochschule für Fotografie, Dortmund. Radka Leitmeritz, (*1974 in Litomerice) ließ sich an der Film- und Fernsehfakultät der Akademie der Musischen Künste in Prag ausbilden. Sie lernten sich Ende der 1990er-Jahre in Paris kennen. Seither leben und arbeiten sie zusammen für Modemagazine und Werbekampagnen. re n eradka.com S-Magazin e.ph oto graph y: interview und Digital Feature zu Tussie-mussies Equipment: Leica S (007) mit Summarit-S 1:2.5/35 mm Asph, Elmarit-S 1:2.8/45 mm Asph (CS) und Summarit-S 1:2.5/70 mm Asph


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d i e da . . . o d er d i e da? L e i ca A P s - C-syst e m e

Wer bislang gezögert hat, auf der Suche nach einem kompakten, flexiblen Kamerasystem die TL-Familie ins Auge zu fassen, sollte sich diese köstliche Qual nicht entgehen lassen: Die Wahl zwischen TL2 und CL macht Leicas APS-C-System so attraktiv wie nie.

Konkurrenz wirkt ­belebend. Und in dieser Hinsicht hat Leicas APS-C-Systemwelt 2017 einen kräftigen Vitaminschub bekommen. Erst ein generalüberholtes TModell namens TL2, nur wenige Monate später eine weitere, ganz anders konzipierte Kamera mit TL-Bajonett und APS-C-Sensor: die CL. Obendrein ergänzt ein neues 18-mm-PancakeObjektiv das Sortiment. Der Eindruck drängt sich auf, dass Leica sehr optimistisch gestimmt ist gegenüber dem Potenzial des Systems mit 15,8 mal 23,6 mm großem, 24 Megapixel auflösendem Sensor im Zentrum, der nicht nur ermöglicht, sehr kompakte Gehäuse um ihn herumzubauen und ebenso kompakte Autofokusobjektive zu konstruieren, sondern dabei auch sehr gute Bildqualität liefern kann. 82 |

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Es ist ja auch wirklich an der Zeit, dass der Dornröschenschlaf ein Ende hat, den das TL-System schon längere Zeit erduldet hat, weil die ursprünglich zugehörige Kamera mit, nun ja, gemischten Gefühlen von der angepeilten Klientel aufgenommen worden ist. T L2: ku n stw erk m i t s ch ön h eits f ehle r .

Die definitiv nicht konkurrenzfähige Autofokusleistung der frühen Tage ist mittlerweile Geschichte, die TL2 lässt, wie berichtet, in puncto fotografische Performance keine Wünsche mehr offen. Allerdings gilt natürlich auch für die TL2: Sie ist vom Ansatz her, positiv ausgedrückt, ihrer Zeit voraus und verweigert sich in einem ganz wesentlichen Aspekt dem, wie sich ­viele potenzielle Interes-

senten heute eine hochklassige Systemkamera vorstellen: Ja, sie ist haptisch und in ihrem Finish ein Genuss; ja, sie bietet ein riesengroßes Display mit ausgeklügelt implementierter TouchSteuerung; ja, sie weiß von außen wie von innen zu gefallen. Aber sie zwingt nun einmal dazu, im „Touristenmodus“ auf Motivjagd zu gehen, sprich mit ausgestrecktem Arm. Niemals werden wir müde, dar­auf herumzureiten – wer eine leistungsfähige Systemkamera will, schätzt es nicht unbedingt, extra einen Aufstecksucher dazukaufen zu sollen, um das Gerät so zu verwenden, wie er oder sie es nicht nur gewohnt ist, sondern auch am allerbesten findet, um ein Motiv in den Fokus zu nehmen. Und schaut sich im Zweifel lieber anderswo

um, selbst wenn er oder sie sich in die Kamera an sich fast schon verliebt hätte. Es reicht ja schon, ein bisschen weitsichtig zu sein, um F­raming via Display für sich a­bzulehnen. Dementsprechend verlief dann ja auch das Schicksal der T/TL – und damit bislang auch jenes der dazugehörigen Objektive. T L- Obj e kt i v e : h i ghe n d f ü r a ps-c: Schon geraume Zeit wurden wir den Eindruck nicht los, dass L ­ eica die eigenen Anstrengungen unter Wert verkauft, was das Ausloten des optischen Potenzials von für →

Mit der Leica CL (oben) ist die Leerstelle gefüllt, die die TL2 noch lässt – und das TL-System zum ­attraktivsten aller APS-C-Systeme auf dem Markt geworden


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Vario-Elmar-TL 1:3.5–5.6/18–56 mm Asph bei 18 mm und Blende 3.5 (oben), Apo-Vario-Elmar-TL 1:3.5–4.5/55–135 mm Asph bei 67 mm und Blende 4 (unten)

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Apo-Vario-Elmar-TL 1:3.5–4.5/55–135 mm Asph bei 135 mm und Blende 4.5 (oben), Vario-Elmar-TL 1:3.5–5.6/18–56 mm Asph bei 55 mm und Blende 5.6 (unten)

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APS-C gerechneten Objektiven betrifft. Bereits seit der X-Familie hat ­Leica viel Gehirnschmalz investiert in die Verfeinerung der Designs und der Methoden der Fertigung. Doch schon seinerzeit gab es ja nicht wenige, die sich den Schritt in eine

Vielseitiges Duo: Das Apo-Vario Elmar-TL 1:3.5–4.5/55–135 mm Asph und das Vario-Elmar-TL 1:3.5–5.6/18–56 mm Asph erfüllen die meisten Gestaltungsaufgaben – mit exzellenter Leica-Qualität von kon­stant ­hoher Kontrastleistung bis zu samtweichem Bokeh

Systemlösung gewünscht hätten – ohne diesen blieb die X-Familie gefühlsmäßig immer irgendwie im Kompaktsegment verhaftet, nur knapp über den D-Luxen. Und auch die T wurde schließlich aus genannten Gründen nie als ernstzunehmende Systemkamera wahrgenommen. Dabei hatte man sich in Wetzlar nicht weniger zum Ziel gesetzt, als die optische Leistung der APS-C-Objektive auf das Niveau des Kleinbilds zu heben. Also zu kompensieren, dass ein APS-C-Bild um den Faktor 1,5 zu skalieren ist, damit es die gleiche Ausgabegröße wie ein 24-mal-36-mm-Bild erreicht. Was auch gelungen ist. In der Entwurfsphase ist Leica dafür intern von 60

statt 40 Linienpaaren pro Millimeter ausgegangen, die ein für APS-C gerechnetes Objektiv mit 50 Prozent Kontrastwiedergabeleistung über das gesamte Feld ab Offenblende abzubilden habe. Kleine ironische Notiz am Rande: Mittlerweile macht sich Leica die hierbei gewonnenen Erfahrungen zunutze, um auch die Kleinbildobjektive, aktuell spe­ ziell jene für die SL, auf ein nie gekanntes Auflösungsund Kontrastniveau zu heben; der seltene Fall einer Innovationsdiffusion „von unten nach oben“. Jedenfalls aber: Peter Karbe, der Leiter der Leica-Optik­ abteilung, hatte schon bei mehreren Gelegenheiten immer mal Grund zu betonen, dass die APS-C-

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29.08.2017 10:43:38


Objektive zum Besten gehören würden, was Leica je kon­struiert habe. Mit Blick auf das TL-System bedurfte es da nur eines Prinzen, der kommt, um es endlich wachzuküssen. Der Leica CL, mit anderen Worten. CL: die ­v oll en d ete aps-c-kame ra . Wir

möchten Leicas Entscheidung, diese Kamera jetzt zu lancieren, als „Flucht nach vorn“ bewerten. Und aufs Äußerste begrüßen. Wobei der integrierte elektronische, 2,36 Megapixel auflösende Sucher den Hauptausschlag gibt. Ein Detail, aber ein wesentliches: Endlich eine Systemkamera, die schon vom ersten Anschauen, vom ersten Ausprobieren her überzeugt, geradezu

mehrheitsfähig erscheint. Die das Zeug hat, viele Menschen für Leica-Fotografie zu begeistern, die sich noch vor Kurzem nicht vorstellen konnten, sich je „eine echte Leica“ zu leisten, oder denen alles jenseits von SL und M zu inflexibel, zu kompromissbehaftet erschien. Es gibt nun also endlich unterhalb von M und SL eine Systemlösung von Leica, die qualitativ so hochwertig ist, dass die Einstufung „unterhalb“ sich für viele fotografische Zwecke allein auf den Preispunkt und auf Spezialansprüche gestalterischer Art bezieht, und die zudem Alternativen im Hinblick auf Nutzungsund Geschmackspräferenzen bietet. Im APS-C-Segment sollte am Tandem

TL2–CL niemand mehr vorbeigehen, der nach einer bezahlbaren Systemkamera Ausschau hält und großartige Objektive hoch zu schätzen weiß. Das Display der CL ist natürlich kleiner als jenes der TL2, die Touchfunktionen sind auf die ­Selektion des Fokus­punkts beschränkt, die Gestaltung ist weniger „progressiv“ und eher eine Interpretation der klassischen Leica-Formensprache – wobei die ergonomische Aufgeräumtheit der Steuerungs­elemente fast genauso gestalterisch erlesen daherkommt wie bei der TL2, und die CL daher in ihrem Segment nicht minder als herausragendes Designkunststück gelten darf. Klassische Formensprache, wie gesagt.

d e r f r i sc h e wi n d im

APS-C-Segment hat den Autor dieser Zeilen (eigentlich M-Fanatiker) motiviert, selbst mal loszuziehen mit den Varioobjektiven 18–56 mm und 55–135 mm. Besonders Letzteres profitiert von der Stabilität, die ein Durchblicksucher bietet – angesichts des Fehlens einer Bildstabilisierung bei den TL-Objektiven. Vor allem aber ist zu bemerken, um was für eine flexible wie exzellente Kombination es sich dabei handelt, und so lässt sich nur ­empfehlen: Wer ein neues Kamera­system entdecken will, gönne sich das Vergnügen, das das TLSystem haptisch und optisch bereitet, ob mit der TL2 (aber nur mit Visoflex) oder der CL. olaf Stefanus

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s c h arf — w e i c h N o c t i l u x- M 1 : 1 . 2 5 / 75 m m AS P H

Ein außergewöhnliches Objektiv mit ­ exzessiv perfektionierter Leistung in der Schärfeebene – die zugleich so dünn ist, dass sie umso plastischer heraustritt aus wundervollem Bokeh: eine verführerische Kombination von Eigenschaften.

Hochkomplexes optisches und mechanisches Innenleben, geschmeidiges Fokussieren, unterstützt durch einen breiten Einstellring. Volumen und Gewicht aber: erheblich

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Sollte es möglich sein, das zur Legende gewordene Leistungsniveau des Noctilux-M 1:0.95/50 mm noch zu steigern? Ja, das ist möglich – mit dem neuen NoctiluxM 1:1.25/75 mm Asph! Aber es hat seinen Preis. Denn eine Äußerlichkeit, die die Abbildung des Objektivs links nicht zeigt, ist: Erstmals besitzt ein M-Objektiv einen Stativanschluss, und der sollte bei Stativverwendung zwecks Stabilität auch genutzt werden. Mit mehr als 900 Gramm liegt das 75er-Noctilux in der Hand, aber ein Schwergewicht ist es nicht nur buchstäblich, ­sondern auch im übertragenen Sinne. Leica hat bei der Entwicklung dieses Objektivs alle nur denkbaren Register gezogen, um der Programmatik gerecht zu werden, Instrumente zu schaffen, die einmalige bildgestalterische Akzente zu setzen ermöglichen. Sprich: mit hauchdünner, markant gesetzter Schärfeebene Plastizität zu erzeugen, ohne durch das dazu notwendige riesige Öffnungsverhältnis optische Qualitätsabstriche in Kauf nehmen zu müssen. Neun Linsenelemente enthält die Fassung, zwei ­asphärisch geschliffene Flächen und die Verwendung hochbrechender Sondergläser sorgen schon bei Offenblende für eine praktisch totale Eliminierung der monochromatischen Bildfehler wie sphärische Aberration, Koma, Astigmatismus, Verzeichnung. Gläser mit anomaler Teildispersion dienen der Vermeidung von Farbfehlern – allein Spuren des Farbquerfehlers könnten sich bei ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen

an Bildstellen mit starken ­Kontrastkanten mitunter noch zeigen: das berüchtigte Purple Fringing, welches hochgeöffnete Objektive gern heimsucht, aber in der digitalen Bearbeitung leicht zu beseitigen ist. De u t l i c h h ö h ere s Ko r r e kt i o nsni veau.

Allerdings: Sah man dieses Phänomen beim 50er-Noctilux noch fast regelmäßig, wenn es bei Tageslicht mit voller Öffnung zum Einsatz kam, ist das allgemeine Korrektionsniveau des 75er-Noctilux in allen Belangen deutlich höher – geradezu unfassbar fand Fotograf Jürgen Holzenleuchter, von dem die Aufnahmen auf diesen Seiten stammen, wie klar und plastisch sich die Schärfeebene bei Blende 1.25 herauslöst, auch am Bildrand, nicht nur im Zentrum. „Unglaublich scharf“, so lautete das erste spontane Urteil, das er uns ungefragt übermittelte. Freilich gleich gefolgt von „unglaublich schwer“. Womit der Fotograf gar nicht mal das korrekte Fokussieren angesichts der minimalen Schärfentiefe meinte, sondern die schiere Masse von Glas und Metall. Wobei zu beiden Aspekten später noch etwas zu sagen wäre. Dass das zweite Mitglied der Noctilux-Familie ein Objektiv der Brennweite 75 mm geworden ist, entspricht e­ iner eingeübten Tradition bei Leica. Der Aufbau eines 50ers stellt eine gute ­Basis dar für die →

Angenehme Arbeitsdistanz, ­effektvolle Akzentuierung von Schärfe und Unschärfe. Alle ­Bilder: Jürgen Holzenleuchter


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Fotos: Jürgen Holzenleuchter

Es ist faszinierend zu sehen, wie selbst bei diesem anspruchsvollen Verhältnis von Anfangsöffnung und Brennweite die ­Abbildungsleistung des Noctilux-M 1:1.25/75 mm Asph bei Offenblende (links und Ausschnitt oben) so enorm ist, dass Abblenden (rechts, Blende 4) allein dazu dienen muss, gegebenenfalls die Schärfentiefe zu erhöhen


Entwicklung ­eines leichten Teleobjektivs, und in die Welt kam die Brennweite 75 mm fürs M-System, als Walter Mandler von Leitz Canada aus dem ebenfalls von ihm schon Anfang der 1960er-Jahre designten Summilux 1:1.4/50 mm das vor allem durch seinen cremigen Abbildungscharakter berühmt gewordene Summilux 1:1.4/75 mm ableitete, welches 1980 auf den Markt kam. Auch dieses war ein sehr, fast schon M-untypisch voluminöses Objektiv. Das Summilux-M 1:1 .4/ 5 0 mm Asph , erstes M-

Objektiv mit Floating Elements zur Gewährleistung der hohen Offenblendleistung auch im Nahbereich, diente dann Peter Karbe,

dem heutigen Leiter der Leica-Optikabteilung, und seinem Designteam zur Entwicklung des Apo-Summicron-M 1:2/75 mm Asph. Das Kürzel „Apo“, für apochromatische Korrektur, also Korrektur für sämtliche Wellenlängen, vulgo Lichtfarben, deutet es an: Ein etwas kleinerer Bildwinkel, ein wenig mehr Entspannung in puncto Öffnungsverhältnis, und schon lässt sich das Niveau der optischen Fehlerkorrektur signifikant erhöhen. Ähnlich verhält es sich auch beim Noctilux-M 1:1.25/75 mm Asph im Verhältnis zum Noctilux-M 1:0.95/50 mm Asph. Das für Ersteres nun gewählte Öffnungsverhältnis hat zum e­ inen anwendungs-

Was o pt is c he H öc hst l e ist u n g b e i OF fe n b l e n de he is s e n kan n, z e igt das n e u e Noct ilux im ­extrem. Die tolle U n s c hä rfe : e in Ne b e n p ro du kt der Korrektions­ p hilo s o p hie .

pragmatische Gründe: Eine noch gerin­gere Schärfentiefe dürfte sich beim Fotografieren im M-Stil wahrlich kaum mehr handhaben lassen. Andere Gründe liegen in der Hardware-Ergonomie: Die Relation von Brennweite zu Blendenzahl durfte – für die Größe der Eintrittspupille – 60 mm nicht übersteigen, damit die Funktionalität des Messsuchers gewährleistet bleibt. Trotzdem ist es auch so, wie es jetzt realisiert ist, ­bereits der Fall, dass ein Teil des Messsucherfensters durch das Objektiv bedeckt ist. Es kann also bei manchen Objektdistanzen so sein, dass die Triangula­ tion, also das Prinzip, auf dem der Messsucher basiert, nicht funktioniert. →

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An der M wirkt das 75er Noctilux durchaus etwas disproportional. Tatsächlich erschwert es mit seinem Durchmesser das Fokussieren per Messsucher in manchen Situationen. Live View hilft – oder gleich die Verwendung an der SL

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Somit haben wir es also mit einem optischen Meisterwerk für die M zu tun, welches das M-Prinzip fast schon überstrapaziert. Da liegt der Gedanke nahe, dass das 75er-Noctilux wenigstens implizit auch mit Blick auf die Leica SL konzipiert

worden ist, zu der es von den Proportionen her ohnehin beinahe besser passt als zur M. Zumindest aber dürfte es sich um das erste MObjektiv handeln, das für die Generation M mit Live View designt ist. Denn zum Beispiel bei Verwendung des Visoflex spielt die Messsucherfensterabschattung natürlich keine Rolle mehr, ganz zu schweigen davon, dass sich mit Focus Peaking – oder auch sogar ohne Hilfsmittel mit dem großartigen elektronischen Sucher der SL – selbstredend viel leichter auch Motivteile jenseits der Bildmitte akkurat fokussieren lassen. Wie auch immer man diese Produktentwicklung bewerten mag im Hinblick auf ihre Verträglichkeit

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mit dem, was traditionell unter M-Fotografie zu verstehen ist – sie ist eine logische Fortsetzung der Geschichte der Brennweitenpaarung 50 und 75 mm; sie demonstriert höchst eindrucksvoll den optischen Fortschritt in puncto Beherrschung der Eigenschaften von Glassorten, Herstellung und Bearbeitung von Asphären sowie Perfektionierung von Methoden der Linsenfassung, die in der Tradition der Leitz’schen Präzisionsmikroskopefertigung gründen – allesamt mit in der Fotografiebranche bis heute beispiellosem Aufwand vorangetriebene Verfahren, um Fotografen Instrumente an die Hand zu geben, die unvergleichliche Bildresultate liefern. olaf Stefanus

Die aktuelle Ausgabe der LFI – und alle anderen seit 2003 –, News aus der Welt der Fotografie, Videos zu den Reportagen und ausgewählte Bereiche der Lesergalerie: die LFI-App für iOS und Android.


50 Jahre Leica Historical Society of America

Die Sonderedition des APO-Summicron-M 1:2/50 mm Asph bildet den Auftakt zum 50-jährigen Jubiläum der Leica Historical Society of America (LHSA) im Jahr 2018 und erinnert an das Design des 1954 gemeinsam mit der M3 vorgestellten Summicron 1:2/50 mm. Das Objektiv wurde 1954 in einer versenkbaren Version vorgestellt, 1956 wurde die starre Version angekündigt. Die LHSA-Sonderedition des Apo-Summicron-M 1:2/50 mm Asph vereint die enorme Abbildungsleistung dieses Objektivs, das erst-

mals in vollemUmfang die Möglichkeiten moderner digitaler Kamerasysteme hinsichtlich Kontrast und Auflösung ausnutzt, mit dem Look & Feel eines Summicron aus den 1950er-Jahren. Die äußeren Teile des Objektivgehäuses sind aus Messing gefertigt und schwarz lackiert oder silbern verchromt. Weitere Reminiszenzen an die Zeit der ersten SummicronObjektive sind die separate Gegenlichtblende und der Objektivdeckel: Beide sind ebenfalls aus Messing gefertigt, ihre Verarbeitung entspricht der Ausführung des jeweils gewählten Objektivs. Die LHSA-Sonderedition des APO-SummicronM 1:2/50 mm Asph ist auf 500 Exemplare limitiert,

davon werden 300 Einheiten schwarz lackiert und 200 silbern verchromt. Die Leica Camera AG hat bereits in der Vergangenheit bei einigen Sondereditionen mit der LHSA zusammengearbeitet, die sich der Erforschung und der Geschichte des Unternehmens und der Anwendung seiner Produkte verschrieben hat und vierteljährlich die Zeitschrift Viewfinder herausgibt. Zu den früheren LHSA-Sondereditionen zählen ein Set, bestehend aus einer klassischen Leica MP von 1956 und einem SummiluxM 1:1.4/50 mm Asph im Design der 1950er-Jahre, die schwarz lackierte M6 TTL und eine Leica MP von 2003 mit Leicavit in Hammerschlaglackierung.

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22.02.2017 16:19:05 Uhr


Sc h l a n k h e i t s ku r m at e 1 0 p r o

Das neue Flaggschiff unter den Huawei-Smartphones geht mit schmalerer Optik, 6-Zoll-OLED-Display, lichtstarken Summilux-Objektiven in der Leica Dual Lens Camera und KI-Unterstützung an den Start.

Inzwischen ein vertrautes Bild: die Leica Dual Lens Camera auf der Rückseite der P- und Mate-Reihe. Hier – beim Mate 10 Pro – erstmals mit Summilux-f/1.6-Objektiven

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Am 16. Oktober 2017, als Huawei das Phablet Mate 10 Pro vorstellte, war es gerade einmal anderthalb Jahre her, dass mit dem P9 und P9 Plus die ersten HuaweiSmartphones mit Leica Dual Lens Camera erschienen waren. Innerhalb dieser 18 Monate kamen mit dem Mate 9 im Dezember 2016 und dem P10 und P10 Plus im Februar 2017 noch zwei weitere Telefon-Generationen auf den Markt, bei denen die beiden Unternehmen ihre Kooperation fortsetzten und an denen sich das gegenwärtige Tempo der Evolution der Smartphone-Kameras gut ablesen lässt. Ausgangspunkt war im April 2016 eine Leica Dual Lens Camera mit zwei Objektiven vom Typ Summarit-H 1:2.2/27 mm Asph, von denen das eine auf einen 12-Megapixel-Farbsensor und das andere auf einen ebenso großen Schwarzweißsensor belichtete. Während die Objektive beim Mate 9 und beim P10 die gleichen blieben, wuchs der Schwarzweißsensor bei diesen beiden Geräten von 12 auf 20 Megapixel an. Der ist jetzt auch beim Mate 10 Pro wieder verbaut, das neue Phablet ist nun aber mit wesentlich lichtstärkeren Objektiven, zwei Summilux-H 1:1.6/27 mm Asph, ausgestattet. Die im P10 Plus verbauten SummiluxObjektive verfügen lediglich über eine Offenblende von f/1.8. Huawei und Leica haben sich also offenbar dafür entschieden, die Entwicklungsstufe Summicron mit einer Offenblende um f/2 vollständig zu überspringen. Oder von der Spitze her betrachtet: Damit ist der Abstand zu einer der Kron-


juwelen des Leica-Objektivbaus, dem Noctilux, gar nicht mehr so groß – denn gerade erst hat der Hersteller mit dem Noctilux-M 1:1.25/75 mm Asph (siehe S. 88) quasi eine neue Untergrenze gegenüber dem Summilux definiert. Leider hat uns ein Testexemplar des Mate 10 Pro nicht mehr rechtzeitig zum Redaktionsschluss dieser Ausgabe erreicht, sodass wir nach Aktenlage berichten müssen, und die sieht so aus: Angetrieben wird das Phablet von einem Kirin-970-Octa-Core-Prozessor von HiSilicon, der als Besonderheit über eine Neural Processing Unit verfügt, eine KI-Einheit, die gerade auch bei fotografischen Aufgabenstellungen zum Einsatz kommt. Das Betriebssystem ist Android 8 „Oreo“, das unter Huaweis Benutzeroberfläche Emui 8 läuft. Der Arbeitsspeicher verfügt über 6 Gigabyte, der interne Speicher über 128. Letzterer lässt sich nicht mehr wie in den bisherigen Modellen durch Mikro-SDKarten erweitern. Das OLEDDisplay des Mate 10 Pro im Seitenverhältnis 2:1 zeigt 2160 × 1080 Pixel an (Pixel-

Das Mate 10 Pro kommt in den Farben Titanium Grey, Midnight Blue und Mocha Brown in den Handel. Unter Umständen ist nicht jede Farbe bei jedem Netzanbieter zu haben

dichte 402 ppi). All das verbirgt sich in einem nach IP67 staubgeschützten, wasserdichten Gehäuse, das 154,2 × 74,5 × 7,9 mm misst. Dafür, dass das Gerät nicht vor der nächsten Steckdose schlappmacht, sorgt ein 4000-mAh-Akku, der bis zu 505 Stunden im StandbyModus durchhalten soll. Auch bei den SmartphoneFlaggschiffen anderer Hersteller lässt sich beobachten, dass die Megapixel-Anzahl der Kamerasensoren derzeit eher stagniert. 12 Megapixel sind üblich, gelegentlich

Mit den Promo-Aufnahmen für das Phablet verweist Hersteller Huawei auf das ArtificialIntelligence-Feature des neuen Flaggschiffs unter seinen Smartphones

sind es 13, das LG V30 nutzt im Standardwinkel 16 und die 20 des Mate-Schwarzweißsensors sind ein Ausreißer, der der Idee hinter der Kamera geschuldet ist: Das Zusammenspiel beider Kameras ermöglicht sowohl bessere Farb- als auch Schwarzweißbilder, weil Informationen aus beiden miteinander verrechnet werden. Bei einer Schwarzweißkamera entfällt die Farbfilter-Matrix über dem Sensor, beispielsweise ein Bayer-Filter, sodass sich feine Details höher auf- →

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lösen lassen – das Ergebnis ist ein schärferes Bild mit verbesserter Auflösung, geringerem Rauschen und größerem Dynamikumfang. Mit ihrem 20-MegapixelSensor liefert die Schwarzweißkamera nicht nur mehr, sondern auch andere Informationen als die Farbkamera. Diese ermöglichen unter anderem eine Zoom-Funktion, mit der sich Motive bei unveränderter Qualität in doppelter Vergrößerung aufnehmen lassen (in 12-Megapixel-Auflösung). Die Megapixel-Werte der in Smartphones verbauten Sensoren weiter in die Höhe zu treiben, ist tatsächlich auch wenig sinnvoll, denn die Pixel sind schon jetzt so klein, dass sie zu wenig Licht aufnehmen, als dass sie Rauschen in schlechten Lichtsituationen verhindern könnten. Die Alternative wären größere Sensoren, aber die stellen nicht nur einen Kostenfaktor dar, sondern beanspruchen natürlich auch mehr Platz in den ohnehin schon bis in den letzten Winkel vollgestopften Smartphone-Gehäusen. Und den durch größere Displays theoretisch gewonnenen Raum fressen praktisch zwingend notwendige größere Akkus gleich wieder auf. Unter diesen Bedingungen ist es sicherlich die bessere Idee, dass Huawei zunächst einmal auf eine lichtstärkere Optik setzt. Smartphone-Hersteller setzen in puncto Bildqualität seit jeher darauf, die Ergebnisse durch auf die jeweilige Kamera und das jeweilige Display abgestimmte Algorithmen zu optimieren, die der Anwender auf dem Smartphone kaum beeinflussen kann. Seit einigen Jah-

ren wird dieses generelle Vorgehen durch spezielle, auf bestimmte Aufnahmesituationen zugeschnittene Verfahren ergänzt. Beispiele dafür wären etwa Apples Porträt-Modus oder Huaweis „Wide Aperture“Funktion, mit der sich das Bokeh von Leica-Objektiven – auch im Nachhinein – imitieren lässt. Und nun also künstliche Intelligenz.

D ie L ic htstä rke der Ob jekt ive zu v erb e s s ern ist die S in n vo llere Strate g ie , al s we iter a n d er Auflösungsfähigkeit der W in zigen Sensoren zu s c hrau b e n .

Die Neural Processing Unit im Mate 10 Pro verrichtet ihre Dienste etwa bei der Sprach- und Bilderkennung. Bei Letzterer erkennt die Kamera, wenn der Anwender es wünscht, das gewählte Motiv und optimiert die fotografischen Parameter für die spezielle Situation. Ob es funktioniert hat, sieht man an einem entsprechenden Piktogramm auf dem Display. Zunächst sind es 13 Szenarien, bei denen die KIUnterstützung greifen soll: blauer Himmel, Blumen, Bühne, Essen, Hund, Katze, Nacht, Pflanze, Porträt, Schnee, Sonnenuntergang, Strand und Text. Ob dieses Feature sinnvoll ist, werden wir für eine der nächsten Ausgaben in der Praxis erproben. bernd luxa


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b e s t of L F I . Ga l l er y

selfie „Auf einer Reise durch die Mongolei habe ich bei Gastfamilien gewohnt, um Kultur und Traditionen der Nomaden kennenzulernen. In Naiman Nuur plauderte ich mit Enkhjargal, der ältesten Tochter meiner Gastgeber. Wir sprachen auch über Selfies und sie zeigte mir, dass sie diese moderne Kulturtechnik perfekt beherrscht.“ Callie Eh Leica Q, Summilux 1:1.7/28 mm Asph

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l ig h t box


F i s h i n g n et s „Mui Ne ist ein Fischerort im Süden Vietnams. Als ich den Strand entlangging, sah ich diese Frau vor ihrer Hütte, wo sie sich mit ihren Netzen beschäftigte. Nach der Aufnahme lächelten wir uns an, aber ich glaube, sie hat überhaupt nicht verstanden, was ich so besonders an ihrer alltäglichen Arbeit fand.“ Bob Chiu Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 mm Asph

o p p o s i te r i v er Ba n k „Für Hindus ist die Stadt Varanasi am Ganges ein sakraler Ort, in dem sich auch viele Pilger aufhalten. Bewohner und Pilger nutzen das nicht besiedelte Ufer gegenüber als Naherholungsgebiet. Für ein paar Rupien können sie reiten und sich von Jungen wie diesem herumführen lassen.“ Sébastien Pipo Leica M240 mit Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph

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d a n g er z o n e „2014, ein Jahr nachdem Haiyan, der stärkste je registrierte Tropensturm, auf die Philippinen getroffen war, besuchte ich die Stadt Tacloban, um zu dokumentieren, wie die Menschen versuchten, die Folgen der Katastrophe zu bewältigen. Hier zerlegt man gerade ein gestrandetes Schiff, um es besser transportieren zu können.“ Lee Sungsoo Leica MP 0.58 mit SummicronM 1:2/35 mm und Kodak Tri-X

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pong pong chung! „Diese Aufnahme ist nach dem Beat der Country-Musik in Thailand benannt. Die Tänzerinnen tragen farbenfrohe geraffte Röcke, wie sie in dieser Schneiderei hergestellt werden. Sie befindet sich in einem hektischen, aber tristen Markt und fiel mir durch die kraftvollen Farben ins Auge.“ Tanet Sae-Au Leica M240 mit Summicron-M 1:2/35 mm

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b r i ck G i r l , new delhi

s ê rtar co u n t y

„Gegenüber meinem Hotel in Neu-Delhi befand sich eine Baustelle. Für den Transport der Ziegel waren ausschließlich Frauen zuständig, die die schwere Last auf dem Kopf balancierten. Ihre Hände nahmen sie fast nie zu Hilfe.“

„Die Aufnahme ist im Landkreis Sêrtar in der Autonomen Region Garzê (Provinz Sichuan) entstanden. Sie zeigt, wie viele Nonnen und Mönche sich in der Umgebung eines Klosters der tibetischen Buddhisten angesiedelt haben.“

Tim Ayres Leica X1, Elmarit 1:2.8/28 mm Asph

Riksa Dewantara Leica M240 mit Apo-Summicron-M 1:2/90 mm Asph

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da h e i m sein „Meine Reise führte mich nach Indien zu Christen in die Gegend von Dabhi. Mein Wunsch war es, einen ganzen Tag und eine Nacht mit ihnen zu verbringen. Die Begegnungen im Dorf gaben mir das Gefühl von Heimat oder daheim zu sein. Eine schöne Erfahrung, an die ich gerne zurückdenke.“ Bert Meyer Leica M8 mit Elmar-M 1:3.8/24 mm

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Bo i l i n g Po i n t „Diese Aufnahme gelang mir in einem berühmten Teehaus in Chengdu, der Hauptstadt der Provinz Sichuan. Das Teehaus kann auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken. Hier gießt der Chef gerade frisch aufgebrühten Tee in die Kannen der Gäste.“ Oliver Yeung Leica SL mit VarioElmarit-SL 1:2.8–4/24– 90 mm Asph

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p h oto – b ü c h er – Au s s te l l u n g e n – fe s t i va l s – Awar d s –

Christian Tagliavinis La Moglie dell’Orefice, 2017, aus der neuen Serie 1406, zu sehen bei Camera Work, Berlin

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Wer n er Ma n t z

Fotos: © Christian Tagliavini; © Andreas Gehrke; Werner Mantz: Nederlands Fotomuseum Rotterdam + Museum Ludwig, Köln, beide © VG Bild-Kunst, Bonn 2017; © Peter Dammann

M u s e u m L u d w i g , Kö l n

Gre n z e n | Bor d er s v h s - ph o t o g a l e r i e , S t u t t g a r t

Grenze ist ein dehnbarer Begriff. Der Rand eines Raumes, eine Trennlinie, im geografischen wie im kulturellen Sinn. Eine Grenze kann schützend oder abschreckend sein, subtil oder plakativ. Der Europäische Architekturfotografie-Preis architekturbild 2017 widmet sich mit Grenzen | Borders den vielfältigen Interpretationen des Themas. Einsendungen kamen von 133 Fotografen aus aller Welt. Mit ihren Bildern versuchen sie zu erzählen, was sie mit dem Begriff „Grenzen“ verbinden. Wie öffnen oder schließen sie sich? Sperren sie ein oder aus? Was sind ihre Auswirkungen auf das Landschaftsbild? Und welche Bedeutung haben sie für die Kunst? Die 28 prämierten Arbeiten wurden für eine Ausstellung zusammengestellt, die nun in Stuttgart zu sehen ist. Darunter auch die Bildserie des diesjährigen Gewinners. Der Fotograf Andreas Gehrke dokumentierte mit seiner vierteiligen Reihe Arrival provisorische Flüchtlingsunterkünfte in Berlin. Seine Serie wechselt zwischen Aufnahmen in Schwarzweiß und Farbe, ein Verweis auf Vergangenheit und Gegenwart. Ob ein ehemaliges Stasi-Bürogebäude, ein Kuppelbau am Flughafen Tempelhof oder das Hotel President – im Zuge der sogenannten Flüchtlingskrise bekamen Räume neue Funktionen, wurden zu Wartehallen für den Start in einem anderen Land. „Durch den Fokus auf verschiedene Umgebungen von Flüchtlingen erhält der Betrachter einen umfassenden Eindruck des Ausmaßes der Entfremdung und der psychischen Auswirkungen von Grenzen auf den Menschen“, urteilte die Jury. 29. November 2017 — 10. Februar 2018, Foto: Andreas Gehrke, NUK Flughafen Tempelhof, Mehrzweckhalle, 2016

Erstmals vereint das Museum Ludwig in Architekturen und Menschen Fotografien von Gebäuden des gebürtigen Kölners mit seinen in den Niederlanden entstandenen Kinderbildnissen. Porträt und Architektur: Beide Aspekte waren für Mantz gleichbedeutend und zeugen von der Vielfältigkeit seines Schaffens. 14. Okt. 2017 — 21. Jan. 2018; Foto: Kommunionsporträt eines Mädchens, Maastricht, 1934–1938, Haus am Botanischen Garten, Köln, um 1929

Peter Da m m a n n Historische Museen H a m b u r g, J e n i s c h H au s

Hamburg und St. Petersburg feiern ihre 60-jährige Städtepartnerschaft – das Jenisch Haus präsentiert nun die Serie Hinter dem Palast steht noch ein Haus des 2015 verstorbenen Leica-Fotografen. Dammanns Werke erzählen von dem Leben hinter prachtvollen Fassaden. 12. Dez. 2017 — 22. Feb. 2018; Foto: St. Petersburg, Musikschule des RimskiKorsakow-Konservatoriums, 1999

Christian Tag l i av i n i CAMERA WOR K , b e r l i n

Es ist die bislang aufwendigste Arbeit von Christian Tagliavini: Für La Moglie dell’Orefice (linke Seite) aus seiner neuen Serie 1406 dauerte der Schaffensprozess über drei Monate. Der Schweizer Künstler, der sich als „photographic craftsman“ versteht, designt die Kleider selbst, produziert die Hüte, baut die im Bild befindlichen Objekte, gestaltet mittels Laser Ornamente und Verzierungen. In 1406 verbindet er die italienische Kunst der Renaissance im Quattrocentro mit zeitgenössischer Fotokunst. Die Jahreszahl 1406 bezieht sich dabei auf das Geburtsjahr des italienischen Malers Filippo Lippi. Würde, Anmut, Ausstrahlung: Die durch Tagliavini wiederbelebte Frührenaissance hat auch in den Zeiten der Moderne nichts von ihrer Kraft eingebüßt. Weltweit zum ersten Mal wird die neue Serie zusammen mit anderen Werken in Berlin gezeigt. 9. Dez. 2017 — 24. Feb. 2018; Foto: Carte Regina Di Quadri, 2012

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J oe l Me y erow i t z

In der Zeit, in der die Sonne untergeht und die Finsternis noch nicht ganz da ist, scheint das Licht sich noch einmal aufzubäumen, um mit voller Sättigung des Tages seine Kraft abzustoßen. Das Abendrot wird röter, das Gras grüner und der Sand funkelt im Beige seiner Kristalle. Entre chien et loup – zwischen Hund und Wolf – so nennen die Franzosen jene Zeit, und Joel Meyerowitz hat ihr in den 1970er-Jahren mit seinen Aufnahmen am Cape Cod an der Ostküste der USA eine ganze Fotoserie gewidmet. „Take it in – absorb it“ lautet eines der Leitmotive des amerikanischen Fotografen, und mit dieser Maxime taucht er ein in die Situationen, Kompositionen und das Licht, als sei er selbst Teil seiner Motive und nicht nur deren Beobachter. 114 |

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Die Ausstellung Why color? im C/O Berlin widmet Joel Meyerowitz, der Anfang 2017 den Leica Hall of Fame Award erhalten hat, nun eine Retrospektive und stellt erstmals in Deutschland seine Vintageprints in Farbe sowie alle wichtigen Schaffensperioden von den 1960er-Jahren bis heute vor. Meyerowitz, der als einer der

wichtigsten Wegbereiter der New Color Photography gilt, ist klassisch ausgebildeter Maler. Und wie mit einem Pinsel gemalt, hält er auf seinen Bildern überraschende und oft sehr kuriose Momente des Alltags fest. Ob auf den Straßen in Frankreich, Italien, Griechenland, Ungarn oder Marokko – die Welt ist für Meyerowitz ein farbenfroher Schauplatz seines Schaffens. Und zugleich birgt sie für ihn oft mehr Reichtum, als er sich vorzustellen vermag. Als er 1962 Robert Frank kennenlernte, hielt er erstmals eine Kamera in der Hand. Seitdem hat er nicht mehr aufgehört zu fotografieren. 9. Dezember 2017 — 11. März 2018 Fotos: New York City 1963 (ganz oben); Paris, France 1967

Fotos: © Joel Meyerowitz/courtesy Howard Greenberg

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Oskar Anrather: Mein Salzburg. Mein Leben

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Bo s to n

Michael Benari: Reality-Deconstructed 74 Arlington Street, Boston, MA 02116 4. Januar — 24. Februar 2018 brasilien

Sc h l o s s A re n b er g

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Per-Anders Pettersson: African Catwalk Walfischgasse 1, 1010 Wien 20. Oktober 2017 — 13. Januar 2018

Icons – Michael Grecco Rua Maranhão, 600 Higienópolis, 01240–000 São Paulo 8. Dezember 2017 — 9. Februar 2018 Ja pa n

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K y oto

Pra g

Marc Riboud: Japanese Women as seen by Marc Riboud

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Jean Pigozzi: Johnny’s Pool

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Lambert Creyghton: Hindenburgline Project

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Wojtek Wieteska: Travelling

Elliott Erwitt: City of Love

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„Als ich 2014 zum ersten Mal eine Leica M Monochrom nutzte, war ich skeptisch, da ich seit 1982 fast ausschließlich eine quadratische Rolleiflex verwendete. Zu meiner großen Überraschung begann ich mit der Leica bleibende Fotografien zu schaffen, die mir wieder einmal beweisen, dass die Kamera ein Werkzeug des Verstandes ist.“ Zwar nehmen die Leica-Aufnahmen in dem neuen Bildband des südafrikanischen Fotografen (*1950) nur ein kleines Kapitel ein, doch fügen sie sich nahtlos in das Gesamtwerk ein, das bisher nie in dieser Fülle zu besichtigen war. Ballens Arbeiten zählen zu den außergewöhnlichsten und radikalsten Positionen zeitgenössischer Fotografie. Seine fotografischen Minidramen, die grotesken Bildwelten und absurden Tableaus haben ihn in den letzten Jahren unverwechselbar werden lassen – sein drastischer psychologischer Realismus polarisiert unvermindert. Ballenesque führt den Betrachter durch das Lebenswerk, präsentiert dabei bekannte Bilder, aber auch unveröffentlichte Serien, die seine sich über mehr als vier Jahrzehnte erstreckende stilistische Entwicklung aufzeigen. Eine komplexe, reichhaltige Entdeckungsreise. 336 Seiten, 330 Duotone- und Farbabbildungen, 30,5 × 32,5 cm, englisch, Thames & Hudson

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E l g er E s s er Morgenland

Der Eindruck einer Fata Morgana täuscht: Trotz flirrender Luft, delikater Farbigkeit und vermeintlicher Ort- und Zeitlosigkeit zeigt Esser (*1967) reale Orte des Nahen Ostens. Ein faszinierendes Vexierspiel aus Vergangenheit, Mythos, Poesie und Gegenwart, denn alle Motive wurden zwischen 2005 und 2015 fotografiert. 180 Seiten, 131 Duotone- und Farbabb., 24,5 × 30 cm, Schirmer/Mosel

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Zurumbático steht für einen Menschen, „der unvernünftig handelt. Einen Trottel, verwirrt, langsam, düster, melancholisch (…). Eine tranceartige Erfahrung“. Kein Wunder also, dass der Bildband den Betrachter in einen Strudel exotischer Motive zieht. Ort der Handlung ist die Gegend um Aracataca, eine Stadt in Kolumbien, in der Gabriel García Márquez vor 90 Jahren geboren wurde. Sein Roman Hundert Jahre Einsamkeit wurde für den ebenfalls in Kolumbien geborenen Fotografen (*1970) das Leitmotiv seiner eigenen Reise. Dabei geriet auch er in einen Rausch von Empfindungen und Eindrücken – ihm gelang, das Ungewöhnliche im Alltäglichen, Komik und Tragik, Stille und Wildheit in farbkräftigen Aufnahmen mit seiner Leica M9 einzufangen. Die Motive erklären sich nicht, vieles bleibt rätselhaft. „Alles ist unwirklich bis zum Beweis des Gegenteils.“ 104 S., 67 Abb., 24 × 30 cm, span./engl., Auflage: 500, www.zurumbatico.com

Fotos: © and courtesy Roger Ballen; © Ed Eckstein; © Elger Esser/courtesy Schirmer/Mosel; © Luis Cobelo

Wie wird aus einem Zivilisten ein Soldat? 1972 begleitete der US-amerikanische Fotograf mit seiner Leica junge Männer bei dieser Verwandlung: von der Rekrutierung bis zur neunwöchigen Grundausbildung. Ein Zeitdokument aus der Ära des Vietnamkriegs – auch nach 45 Jahren eine dichte, unmittelbare Reportage von starker Aktualität.


Foto: Diane Arbus: Junger Mann mit Lockenwicklern, West 20th Street, N.Y.C. 1966

Eine Ausstellung mit historischer Wirkung – doch diese erschließt sich erst aus der Distanz von 50 Jahren. Denn damals war es nur eine kleine Präsentation im New Yorker Museum of Modern Art: 1967 wurden 94 kleinformatige Aufnahmen von drei jungen, noch weitgehend unbekannten Fotografen gezeigt. Heute zählen Diane Arbus (1923–1971), Lee Friedlander (*1934) und Garry Winogrand (1928–1984) zu den wichtigsten Vertretern der Nachkriegsfotografie

Ne w Doc u m e n t s 1 967 D i a n e A r b u s , L e e F r i e dl a n d e r , Ga r ry W i n o g ra n d

in den Vereinigten Staaten. Ihr Blick ist damals ungewöhnlich, waren ihre Aufnahmen doch schlicht und radikal zugleich in ihrer neuen Anwendung eines dokumentarischen Ausdrucks in individueller Sprache. Die Schau wanderte durch weitere Museen in den

USA, die Bedeutung der Ausstellung konnte selbst Kurator John Szarkowski kaum absehen, hatte er doch nicht einmal ein Budget für einen Katalog. 50 Jahre später ist das nun nachgeholt worden. Das Buch zeigt die legendären Fotografien und dokumentiert die Geschichte der Ausstellung. Ein überfälliges Vermächtnis und ein spannendes Stück Fotografiegeschichte. 170 Seiten, 100 Schwarzweißabbildungen, 23,5 × 27,5 cm, Schirmer/Mosel

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„W i r g l au b e n a n d i e V i e l fa lt d er I d ee n u n d Mac h er .“ i n t e rv i e w

Vor ein paar Monaten gründeten zwölf internationaleFotografen und vier Kreative die Agentur Maps Images. Ein Gespräch über Chancen und Pläne mit einem der Initiatoren, dem Fotografen Gaël Turine, und Laetitia Ganaye, Agentin und Teilhaberin.

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Alessandro Penso (ganz links): Saisonarbeiter aus Burkina Faso, Basilicata, Italien 2011 John Vink (links): Demonstration in Phnom Penh, Kambodscha, 2. Juli 2013

Dominic Nahr (rechts): Feiern zum Unabhängigkeitstag am 9. Juli, Juba, Südsudan 2011

Foto links: © Gaël Turine/Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps; Fotos rechts: © Alessandro Penso/Maps, © John Vink/Maps, © Dominic Nahr/Maps, © Gaël Turine/ Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps, © Cédric Gerbehaye/Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps, © Hannah Reyes Morales/GroundTruth/Maps

Gaël Turine (linke Seite und ganz rechts): Umland der peruanischen Hauptstadt, Pamplona Alta, Lima, Juli 2017

Cédric Gerbehaye (links): Trauernde um Mohammad Dagga, Kaschmir, Indien, April 2017 Hannah Reyes Morales (rechts): ein Nachtclub in Angeles City, Philippinen, April 2016

LFI: Wie sind Sie auf die Idee gekommen, eine Fotoagentur zu gründen? Gaël Turine: Cédric Gerbehaye und ich hatten schon eine Weile darüber nachgedacht, als wir vor zwei Jahren entschieden, mit Christian Lutz darüber zu sprechen. Abgesehen von unserer Motivation und unseren Wünschen standen eigentlich alle Zeichen auf negativ. Aber die hochwertige Truppe und unsere Idee, auch Kreative ins Boot zu holen, sollten uns unterscheiden, so war es.

Wo wollen Sie mit Maps Images (Maps) hin? Laetitia Ganaye: Die Idee kam von einer Gruppe Fotografen, die sich zu dem entwickelt hat, was wir sind: zwölf Fotografen und vier Kreative. Turine: Eine Gruppe von Contributoren, eine Comiczeichnerin, VideoLFI:

regisseure, Schreiber sind auch Teil der Gruppe. Maps verfügt über alle Ressourcen, die für die Kreation nötig sind: vom Konzeptentwurf bis zur finalen Präsentation in diversen Formen. Was kann Maps anbieten? Ganaye: Die Idee war, eine Struktur zu schaffen, in der alle Mitglieder auf demselben Level sind, und zusammen Projekte zu machen, die sich in verschiedenen Bereichen tummeln können wie Musik oder auch Text. Wir wollen an multidisziplinären Projekten zeigen, wie man sich einem Thema von verschiedenen Seiten nähern kann, um so das breitestmögliche Publikum zu erreichen. Turine: Die Fotografen würden gerne ihr Angebot weiter streuen, sich gedanklich vergrößern, und so dachten wir daran, Nicht-Fotografen, also Kreative, zu integrieren, die über einen großen Erfahrungsschatz verfügen und mit der Fotografie verbunden sind. LFI:

Wir glauben an die Vielfalt der Visionen und der Macher. Was sind Ihre Hauptziele? Ein größeres Publikum ansprechen. Fotografische Arbeiten müssen sowohl im herkömmlichen Umfeld wie Galerien und Museen präsentiert werden als auch in unerwarteten Locations, in einem sehr kreativen Rahmen, der dem Betrachter ein echtes Erlebnis bietet. Redaktionelle Strecken kann man gedruckt oder in digitaler Form publizieren oder als singulären Print, wo Rahmen und Inhalt im Dialog stehen. Maps will zeitgemäß sein und alle Verbreitungsplattformen wie die sozialen und andere Online-Medien bedienen. Aber eben auch Formate, die mehr Zeit brauchen, also verlangen, dass sich der Betrachter auf sie einlässt. →

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Matthieu Gafsou (links): aus seiner Serie Surfaces, Tunesien 2009 Massimo Berruti (rechts): Elektrosensibler, Green Bank, West Virginia, März 2017

Christian Lutz (rechts): aus seiner Serie Insert Coins, Las Vegas, Nevada 2012 Simona Ghizzoni (ganz rechts): Frühling, Scampia, Italien, Mai 2017

Justyna Mielnikiewicz (ganz links): Alleinerziehende, Warschau, Polen , Juni 2017 John Trotter (links): auf dem March For Truth in Lower Manhattan, New York, USA, Juni 2017

Wen hätten Sie gern als „Lieblingskunden“? Ganaye: Wir machen jedem, der unsere Werte teilt, ein entsprechendes Angebot. Turine: Der „Lieblingskunde“ würde Maps für die Qualitäten als Hersteller von Inhalten und die Fähigkeiten bei der Verbreitung schätzen. Der „Lieblingsgeldgeber“ würde spezielle Projekte in Auftrag geben, die sich auf gesellschaftliche Belange konzentrieren, aber trotzdem akzeptieren, dass damit die Ausgaben von Maps finanziert werden. Die Effizienz bei Maps hängt im Wesentlichen davon ab, wie viel Zeit und Energie die Kreativen für die Einzel- und Gruppenprojekte von MapsFotografen aufbringen müssen. LFI:

Erzählen Sie uns etwas über die Maps Foundation.

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Ganaye: Die Maps Foundation ist ein

zentraler Bestandteil unserer Struktur. Sie wird uns ermöglichen, Fördermittel für Gruppenarbeiten oder pädagogische Projekte anzufragen. Turine: Die Stiftung wird ihre Arbeit am 1. Januar 2018 aufnehmen. Inhalte und interdisziplinäre Gruppenprojekte, Vermittlungsprojekte und kulturelle Events sind der Kern ihrer Aktivitäten. Sie soll Maps helfen, große und bedeutende Projekte zu realisieren, die größere Budgets benötigen, die die Agentur Maps aufgrund ihrer Statuten so nicht handhaben kann. Sie haben eine Ethik-Charta. Was sind dort die Hauptpunkte? Turine: Lassen Sie mich ein paar Schlüsselbegriffe nennen, die viel darüber aussagen: Unabhängigkeit, kollektive Intelligenz, Integrität, Transparenz. Wir glauben fest daran, dass sich Maps vor allen Unzulänglichkeiten mit seinen Werten schützen muss. LFI:

Maps als Contentlieferant und Verteilungsplattform muss alles daran setzen, diese Ethik-Charta als Richtlinie mit Leben zu füllen. Ganaye: Wir haben unsere ethischen Prinzipien als Richtlinie für unsere Aktivitäten schriftlich niedergelegt. Natürlich wollen wir so auch Partner finden, die diese Prinzipien teilen. LFI:

Wie haben Sie für sich geworben?

Ganaye: Wir haben uns Anfang Sep-

tember auf dem Festival Visa Pour l’Image in Perpignan präsentiert. Wir sind mit hochwertigem Werbematerial sowie digitalen Mitteln aufgetreten, die man verteilen kann. Der zweite Schritt unserer Markteinführung fand auf dem Photoreporter International Festival in Baie de Saint-Brieuc statt, wo wir Anfang Oktober unser erstes Gruppenprojekt Unrest zeigten.


Berichten Sie von Ihrem Konzept der Gruppenprojekte, insbesondere dem Projekt Unrest (Ruhelosigkeit). Turine: Wir wollten als erstes Gruppenprojekt etwas machen, mit dem wir uns alle, Fotografen und Keative, auf ganzer Linie identifizieren konnten. Wir wollten an einem Thema arbeiten, das viele Herangehensweisen und Interpretationen ermöglicht. Wir wollten uns nicht auf einem begrenztem Feld bewegen. Verschiedene Themen und visuelle Sprachen sind vor allem durch den namengebenden Schlüsselbegriff Unrest miteinander verbunden. Das Festival Photoreporter hat unser erstes Gruppenprojekt freundlicherweise unterstützt. LFI:

Wie ist die Rückmeldung auf Maps bisher verlaufen, was ist Ihr größter Erfolg bis jetzt? Ganaye: Ich denke, dass wir es bis zur Markteinführung geschafft haben, ist schon ein großer Erfolg! Wir haben zum Teil begeisterte Rückmeldungen erhalten. Ich habe das Gefühl, dass viele Menschen unsere Offenheit für andere Ausdrucksformen sehr schätzen und dass sowohl Fotografen als auch Kreative eine Mannschaft bilden, die auf Augenhöhe arbeitet. Turine: Nicht nur für alle Mitglieder ist Maps Images ein Projekt, ein Angebot, ein organisches Labor, in dem Ideen und Umsetzung aufeinandertreffen, um sich in runde und relevante Projekte umzusetzen.

Fotos links: © Matthieu Gafsou/Maps, © Massimo Berruti/ Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps, © Christian Lutz/Maps, © Simona Ghizzoni/Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps, © Justyna Mielnikiewicz/Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps, © John Trotter/Photoreporter Festival St-Brieuc/Maps

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Interview: Carla Susanne Erdmann

Laet i t i a Ga nay e 1980 in Asnières-sur-Seine geboren. Nach ihrem Kulturmanagementstudium und einem Praktikum bei Magnum Photos kam Ganaye 2003 zu Agence VU. Ende 2015 machte sie sich als Fotografieberaterin selbstständig, bevor sie sich im Juli 2017 Maps Images als Kreative anschloss. Ga ë l T u r i n e 1972 im Nieuwpoort, Belgien,

geboren. Turine studierte Fotografie in Brüssel und arbeitet seitdem als freiberuflicher Fotograf. Seine Arbeiten werden in internationalen Medien publiziert. Er gibt Workshops und unterrichtet an der Public University in Brüssel (ULB). Er ist Mitgründer von Maps Images. Aus stel lu n g e n : Informationen über

aktuelle Veranstaltungen finden Sie unter www.mapsimages.com

D WAR A Y M DUM S 2018 L E S KAS REVIEW s & lichte ffent

und rö likum n unve b r u h P I tio en Sie ional chproduk eren t i t a n n r e inte mm Präs e Bu plett inem rogra ene p m s h o g c k a u e rl r Präs Fotob en Sie ein me ins Ve ce zu en n n h a n a i h n uf ie C gew onal die A Sie d rnati s sowie r. Nutzen s auf inte eview R e e l h t c h t c u e von K n Ihres Bu s und zu B xperten. t E tatio -Even den Jurye fi a r n g m: e o g t a a Fo rr itr u o e v z 018 r s e g pril 2 A mit h nmeldun 3 s A 17 bi er 20 b m e v 15 No


Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

U l r i c h Mack m e i n B i ld

Kindliche Unbeschwertheit, Freiheit und Glück: Für den Fotografen finden sich all diese Gefühle versammelt in einem Bild, das er von seinem Sohn am Plöner See machte.

70. Jahrgang | Ausgabe 1.2018

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Carla S. Erdmann, Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, David Rojkowski, Holger Sparr, Olaf Staaben, Olaf Stefanus, Katrin Ullmann Fotoredaktion Reportage Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Katja Hübner, Ulrich Rüter, Cris Toala Olivares Geschäftsführung Frank P. Lohstöter, Anja Ulm

Julian am Plöner See, 1972

Viele Jahrzehnte hatten wir ein kleines Feriendomizil am Plöner See. Von Hamburg war das nicht weit entfernt. Die ganze Familie freute sich immer darauf, am Wochenende, im Sommer auch für länger, die Zeit auf dem Land zu verbringen. Zum See waren es nur ein paar Meter und mit dem Außenborder war man in wenigen Minuten auch auf der Möweninsel. Dort durfte man damals sogar noch Möweneier sammeln. Heute ist das verboten, die Insel ist längst Naturschutzgebiet und darf nicht mehr betreten werden. Das Bild meines glücklichen, jubelnden Sohns erinnert mich immer auch an meine eigene Kindheit. Auch ich fand in der Natur mein Stück Freiheit. Bei mir war es die Oste-Mündung. Ich war glücklich, wenn ich in der Natur war. Und deshalb war ich so froh, für meine eigenen Kinder ebenfalls einen Platz zu haben, der für uns Heimat war. Ulrich Mack, Jahrgang 1934, gehört mit vielen Langzeitdokumentationen und Publikationen zu den renommiertesten deutschen Fotografen. Er arbeitete für Magazine wie Quick, twen und den Stern und war Professor für Visuelle Kommunikation in Dortmund.

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A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 46 vom 1.1.2018 REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI ist auch als App im Apple iTunes Store und bei Google Play erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.


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Foto aus der Serie „Parkour Motion“, © Ben Franke


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