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José Luis Carrillo Xiomara Bender Nicoló Lanfranchi Robin Maddock
L e i c a F o t o g r a f i e I n t e r n at i o n a l
Lenny Kravitz
Mehrfacher Gewinner des TIPA-Awards – 2013/2017
„Das beste Fotolabor der Welt“
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Lfi 4. 2019
p o rt f o l i o l i g h t b ox
F / s to p
102 | Lfi . Galerie
8 6 | „ D r i f t e r “ -s e t
Über 25 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als eine halbe Million Bilder. In diesem Heft: eine verregnete Nacht, ein Stern auf Beinen und ein kopfloser Passant
Technisch entspricht sie der Leica M Monochrom – das Besondere an dem von Lenny Kravitz entworfenen „Drifter“-Set ist sein extravagantes Design: sepiafarbene Lackierung und „Synthetic Python“-Look
P h oto
9 4 | C L „ B au h au s“ Diskretion in Schwarz und Silber: über die Sonderedition der Leica CL aus Anlass des 100jährigen Bauhaus-Jubiläums und eine Seelenverwandtschaft
112 | Bücher
Nicoló Lanfranchi: aus seinem Projekt über die Macuxi
98 | Q2 & Bluetooth Lädt doppelt eigentlich besser? Die Leica Q2 ermöglicht drahtlose Verbindungen nicht nur über Wi-Fi, sondern auch über den Bluetooth-LE-Standard
Xiomara Bender 8 | The Power of Dreams
Formation, Gemeinschaft und eine perfekte Performance: wie die Demokratische Volksrepublik Korea ihren 70. Gründungstag feierte
Nicoló Lanfranchi 2 2 | Ka m p f d e r M ac ux i
Gefährlich schön: die „Drifter“ von Lenny Kravitz kommt im „Synthetic Python“-Look
Sie sind stolz und sie sind viele: Im Norden Brasiliens kämpft das indigene Volk der Macuxi gegen Übergriffe auf sein Land
Robin Maddock
Neue Publikationen von: Alec Soth, Evelyn Hofer und Guy Tillim. Und, aus Anlass des 100-jährigen Jubiläums der Gründung: der Bildband Bauhausmädels 1 1 4 | A u s s t e ll u n g e n Sabine Weiss, Köln; Saul Leiter, München; Beat Presser, Zingst; Édouard Baldus, Wien; Mondsüchtig, Winterthur 116 | Leica Galerien Das Programm der Leica Galerien weltweit, u. a. mit Yashuhisa Ishii in Tokio, Anatol Kotte in Konstanz und Ralph Gibson in London 1 1 8 | I n t e rv i e w Sirkka-Liisa Konttinen, Mit begründerin des Film- und Fotokollektivs Amber, über das Archiv als Inspirationsquelle
38 | Weiss und Weiter
Was haben ein Ping-Pong-Ball, verschüttete Milch und Papier gemeinsam? Ein Foto-Essay über die Flüchtigkeit des Augenblicks
José Luis Carrillo 4 8 | Sc h a ll u n d R a u c h
Willkommen im märchenhaften Land der Cannabis Social Clubs: eine fast surreale Serie über Menschen und ihre Liebe zum Hanf
1 2 2 | m e i n B i ld Wer glaubt, das Selfie sei ein Phänomen des 21. Jahrhunderts, den belehrt Jean Pigozzi eines Besseren 122 | impressum
Lenny Kravitz 58 | Drifter
Porträts und Straßenszenen, Inszeniertes und Situatives: spannende Einblicke in das Leben des Musikers, Designers und Fotografen
Cover: Lenny Kravitz, fotografiert von Mark Seliger
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L E i c a- E v e n t
L e n n y K rav i tz Drifter
Auf die Frage, was er auf eine Reise mitnähme, wenn es nur fünf Teile sein dürften, antwortete Lenny Kravitz: „Meine Gitarre, meine Leica-Kamera, eine Jeans, ein T-Shirt und eine Jacke. Ich bin unkompliziert.“ Gefragt hatte Anfang 2019 der große Fotograf Mark Seliger, der von 1992 bis 2002 Cheffotograf des Rolling Stone war, für den er über 150 Cover aufgenommen hat. Dann kamen Aufträge von Vanity Fair und GQ, Adidas und Netflix und vielen mehr. Er erhielt zahllose Preise, weltweit präsentierten Museen und 4 |
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Galerien seine Werke. Was in der Branche Rang und Namen hat, stand vor seiner Kamera. Natürlich auch Kravitz, der sich nicht nur als Musiker, sondern auch als Produzent, Designer und Fotograf einen Namen gemacht hat. Während ihres Treffens entstanden auch ein Video und Porträts, die Kravitz mit seiner Leica-Sonderedition „Drifter“ zeigen – ein M-Monochrom-Set mit synthetischer Belederung in PythonOptik (siehe Seite 86). Kravitz fotografiert schon seit vielen Jahren und hat nun eine Auswahl zu-
sammengestellt, die er in einer großen Ausstellung in der Leica Galerie Wetzlar erstmals der Öffentlichkeit präsentiert: Drifter, zu sehen ab dem 24. Mai (siehe Seite 58). In Drifter zeigt Kravitz sein Leben als Reisender zwischen Shows und Hotelzimmern, lautem Straßenleben und ruhigen Momenten. Als er wieder anfing mit dem Fotografieren, so berichtet er, habe er sich genauso hineingestürzt wie in die Musik: „Das hat meinem Leben so viel Freude gegeben, so viel Kunst. Es ist ziemlich erfüllend für mich.“
Foto: © Mark Seliger
Lenny Kravitz mit der Leica M Monochrom „Drifter“. Fotografiert von Mark Seliger in den Straßen von New York, 2019
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Contribut0r
Der italienische Fotograf verbrachte mehrere Wochen in Nordbrasilien, um das indigene Volk der Macuxi zu porträtieren. Der Respekt, den er dafür bekam, öffnete ihm Tür und Tor für weitere Arbeiten in der Gegend: „Aktuell passiert sehr viel in diesen abgelegenen Grenzgebieten zu Venezuela und Guyana – das wird sich in nächster Zeit auch nicht ändern“, berichtet er. Deshalb freut sich Lanfranchi über das eigene Netzwerk, das er sich durch das Macuxi-Projekt in der Region aufbauen konnte. 6 |
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X i o m a ra B e n d e r Die Fotografin hat Nordkorea schon öfter bereist. Einmal bot sich ihr die Gelegenheit, allein zu fotografieren: „Am Kim-Il-sung-Platz gibt es seit einigen Jahren das HelmutSacher-Café. Meine Gruppe war dort schon eingekehrt und ich nutzte die Situation zum Fotografieren. Ein Guide blieb bei mir. Nach zehn Minuten wurde er unruhig und bat mich nachzukommen, er wolle auch einen Cappuccino trinken gehen. Das war ziemlich ungewöhnlich und ist mir nie zuvor passiert.“
R o b i n Ma d d o c k
Für seine Serie III zog Maddock mit einer Leica R6.2, einem Ping-PongBall, einem Blatt Papier und Milch zum Verschütten durch New York, San Francisco und L.A. „Die Kamera habe ich vor allem aus dem Grund gekauft, dass der Verkäufer mir sagte, Salgado habe sie benutzt! Ich habe mit der alten SLR meines Vaters fotografieren gelernt – ich mag es, dass man genau sieht, was man bekommt. Ich mag auch das Geräusch des Auslösers – richtig laut! Ich lausche dem Klicken all meiner Kameras!“
Fotos (von links): © Carlo Bevilacqua, © Artjom Gilz
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Xiomara Bender t h e p ow e r o f d r ea m s
Perfekt performte Propaganda: Die Demokratische Volksrepublik Korea feierte 2018 den 70. Jahrestag ihrer GrĂźndung mit einer riesigen Parade. Willkommen im Land des Gleichschritts!
Die Fotografin Xiomara Bender war 2018 anlässlich der Feierlichkeiten zum 70. Jahrestag der Staatsgründung in Nordkoreas Hauptstadt Pjöngjang gereist. Gefeiert wurde mit einer großen Militärparade, die sich durch die schnurgeraden Straßen der Hauptstadt zog
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Im Stadion „Erster Mai“ – dem derzeit größten Stadion der Welt – gingen die Jubiläumsfeierlichkeiten zum 70-jährigen Bestehen des Staates weiter. 150 000 Menschen finden im Stadion Platz, bis zu 100 000 Statisten sorgten für eine perfekte Show
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Wenn ich an Nordkorea zurückdenke, erinnere ich mich zuallererst an ein zärtliches Gefühl. Diese überraschende Empfindung breitete sich ausgerechnet während einer Militärparade in mir aus. Erwartet hatte ich Waffen. Stählerne Kanonen und dicke Raketen. Feindseligen Protz und frenetisch zelebrierte Propaganda. Eine Zurschaustellung angeblicher Macht hatte ich mir, dem Anlass gerecht, während meiner Reisevorbereitungen zu Hause ausgemalt. Vor allem aber rechnete ich mit Aggression und Hysterie – gegen die USA, den Imperialismus, die westliche Welt. Ganz böse und bewusst beängstigend wirkte es in meinen Gedanken vor und erschuf in mir gehörig Respekt vor diesem baldigen Aufenthalt auf der Koreanischen Halbinsel. Wie sonst sollte die letzte, im wahren Sinne des Wortes übrig gebliebene stalinistische Diktatur ihren 70. Geburtstag zelebrieren? Und wie anders könnte ein Land Wirkung erzeugen, welches medial über Jahrzehnte hinweg als globale, sogar atomare Bedrohung in den Köpfen der meisten Menschen eingenistet wurde? So assoziiert man mit dem Namen Nordkorea zuallererst Angst, Denunziation, Beklemmung und eine vergleichslose Traurigkeit, die die Bevölkerung ausstrahlen muss – glaubt man der Berichterstattung. Und so stand ich also da, neugierig und erstaunt, inmitten einer dieser typischen, ausladenden und ellenlang geraden Prachtstraßen Pjöngjangs, während die Lastwagenkonvois mit offener Ladefläche, auf der junge, zierliche Soldatinnen und Soldaten jubelten, zu beiden Seiten an mir vorüber rollten. Sie hielten Luftballons anstatt Gewehren in ihren Händen, winkten ungeniert und lachten fast kindisch in die Menge. Es war ein starkes Bild, wie die noch aus Sowjetzeiten stammenden Lkw auf mich zurollten und ausgelassene Freude statt Zorn transportierten. Ich stand allein in der Menge, weder
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einer der zahlreichen Polizisten noch einer unserer beiden obligatorischen Aufpasser hatte mich daran gehindert, einfach auf die Fahrbahn zu treten. Und so reckte ich meine Hand mal links, mal rechts zu den mir entgegen gestreckten Händen. Ein Eindruck dominiert meine Wahrnehmung dieser Reise dabei immer wieder: Das Auftreten in Formation und in Gemeinschaft. Ob bei der Maisernte, beim Tai-Chi am Ufer des Taedong, bei gymnastischen Übungen oder Tanzeinlagen. Niemand erscheint allein, entscheidet allein, hegt auch nur irgendeine denkbare, vergleichbare Individualität, wie wir sie kennen und über deren Verwirklichung wir uns ereifern. Den absoluten Superlativ dieser Gruppendynamik stellt das ArirangFestival dar, dass wir im Stadion „Erster Mai“ in Pjöngjang anlässlich der Jubiläumsfeierlichkeiten erleben konnten. Eine akribisch perfektionierte Inszenierung der 70-jährigen Geschichte Nordkoreas, eine gewaltige Choreografie abertausender Akrobaten, Tänzer, Athleten, Musiker und Kindergruppen. Die Organisation von Massen beherrscht wohl kaum ein anderes Land so meisterhaft wie Nordkorea. Die Perfektion der Performance, die die Ideologie der KimDynastie ihren Untertanen durch Drill und Disziplinierung eingebläut hat, beeindruckt mich bis heute. Unsere Tribüne war keine hundert Meter Luftlinie von der Herrscherloge entfernt, in welcher kein Geringerer als Kim Jong-un selbst neben seinen Getreuen Platz genommen hatte. Zweimal konnte ich die Fotografin Xiomara Bender nach Nordkorea begleiten und davon profitieren, dass der für ausländische Gäste zuständige Apparat ihr vertraut. Was an Eindrücken dominiert, fühlt sich skurril und auch befremdlich an. Aber ebenso bleiben eine Zerbrechlichkeit und Zärtlichkeit jenseits von Kollektivierung und Uniformität zurück. Eine Form der Würde, welche Bender mit ihren Bildern in unsere so gegensätzliche Welt transportiert. marc oliver rühle
Xiomara Bender Geboren 1987 in Basel. Nach einem Aufenthalt in Indien und dem Schulabschluss besuchte Bender die Technische Kunsthochschule in Berlin. Seit ihrem Abschluss ist sie als freie Fotografin tätig. 2016 erschien ihr Buch North Korea. The Power of Dreams (Kehrer Verlag), mit dem sie den Deutschen Fotobuchpreis 2018 der Hochschule der Medien in Silber gewann. Die Serie wurde in zahlreichen Galerien gezeigt. Ihre Arbeiten erschienen u. a. im Stern und der Zeit. xiomara-be n de r.com LFI -On lin e .DE /B log: ein Blick hinter die kulissen
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Nicolรณ Lanfranchi
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An der nördlichen Grenze Brasiliens wird um Rohstoffe, Land und Einfluss gekämpft. Der Fotograf Nicoló Lanfranchi hat sich zusammen mit dem Journalisten Dom Phillips in das Zentrum eines Konflikts begeben, der sich aktuell zuzuspitzen droht. Aber die Macuxi sind bereit, auf die politischen Veränderungen in Brasilien zu reagieren.
Die Indigenen im Bundesstaat Roraima sind politisch stark engagiert. Auf stundenlangen Meetings schmieden sie Pläne, wie sie den Vormarsch der Ultrarechten stoppen können
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Lautlos zieht ein Geier seine Kreise über der Steppe von Roraima. Es riecht nach gerodetem Land. Menschen oder gar große Städte sucht man vergebens – auch wenn hier und da Spuren der Zivilisation zu erkennen sind. Relikte aus der Kolonialzeit sprenkeln die Natur. Roraima ist der nördlichste und zugleich bevölkerungsärmste Bundesstaat Brasiliens, rund 600 000 Menschen leben hier – weniger als ein halbes Prozent der Gesamtbevölkerung. Rund die Hälfte davon führt ein Leben fernab von Begehrlichkeiten der Industrienationen. Hier, in der Gemeinde Uiramutã, pflegen die Bewohner ihre indigene Kultur. Das Reservat Raposa Serra do Sol bietet auf 170 000 Quadratkilometern eine Heimat für etwa 20 000 Indios. Die meisten sind Macuxi, die ein Leben zwischen Ackerbau und Viehzucht führen. Doch von ländlicher Idylle ist der Alltag dieses Volkes weit entfernt. Bereits im 18. Jahrhundert, kurz nach dem Erstkontakt mit portugiesischen Kolonialisten, errichteten diese die ersten Missionsdörfer auf dem Territorium der Macuxi. In den folgenden Jahrzehnten des Kautschukbooms fristeten viele Indigene ein Dasein als Arbeitssklaven. Als im 20. Jahrhundert reiche Gold-, Kupfer-, Bauxit- und Diamantenvorkommen in den Reservaten entdeckt wurden, gab es kein Halten: Angriffe, Plünderungen und Brandschatzungen gehören bis heute zum Alltag der Indigenen. Viele Jahre hat es gebraucht, um den Schutz ihrer Rechte und Territorien in der Verfassung zu verankern. Der Grundsatz von 1988, der den kommerziellen Abbau von Rohstoffen auf ihrem Gebiet verbietet, wird allerdings nur halbherzig eingehalten. Die Wahl von Jair Bolsonaro zum Staatspräsidenten zieht die Schlinge für die Indigenen schließlich noch enger: Der Ultrakonservative, der bereits mit rassistischen, misogynen und homophoben Aussagen Schlagzeilen machte, möchte mit allen Mitteln für wirtschaftlichen Aufschwung in Brasilien sorgen. Er hat Großes vor in dieser rohstoffreichen Gegend, redet von Flexibilisierung der Umweltbestimmungen und Modernisierung der Arbeitswelt. Die Macuxi fürchten um ihr Reservat, das ihnen im Jahr 2009 zugesprochen wurde. Doch schon kurz nach seinem Amtsantritt verabschiedete Bolsonaro ein Dekret, dass die Zuständigkeit der nationalen Behörde für Angelegenheiten der indigenen Bevölkerung (FUNAI) für die Bestimmung indigener Landstriche strich. Über die Verteilung von Ländereien entscheidet nun das eng mit dem mächtigen Agrarsektor verbundene Landwirtschaftsministerium. Verpackt wird dieser Kurs als Eingliederung der Indigenen in die westliche Gesellschaft. Dass die Macuxi das gar nicht möchten, gerät zur Nebensache. Aus diesen Gründen haben sie im Laufe der Jahre gelernt, sich zusammenzuschließen, um sich gemeinsam für ihre Zukunft einzusetzen, etwa als Conselho Indigena de Roraima (CIR), ein Rat, dessen Mitglieder gegen die Rückkehr kolonialer Strukturen und für die Befreiung der Indigenen aus ihrer Unterdrückung kämpfen. Der CIR trifft sich regelmäßig mit anderen Indigenen, um über Lösungen für ihre Probleme zu diskutieren. So auch an diesem Tag. Unter ihnen: ein Italiener und ein Brite. Es handelt sich um den Fotografen Nicoló Lanfranchi, der gemeinsam mit dem Journalisten Dom Phillips den Alltag der Macuxi begleitet und dokumentiert. Schon seit längerer Zeit hegt Lanfranchi großes Interesse an ihren Problemen, so begleitete er erst vor Kurzem indigene Gruppen am Rio Doce. →
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LANFRANCHI KAM ES BEI DEN MACUxI-PORTRÄTS DA RAU F A N, I HRE N KA M PF FÜR GE S EL LS CH AFTL IC H E EMANZIPATION WÜRDEVOLL IN SZENE ZU SETZEN.
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Obwohl die Pflege ihrer Kultur und die Anerkennung ihrer Territorien in der brasilianischen Verfassung von 1988 verankert sind, werden die Rechte der indigenen Völker seit Jahren massiv beschnitten. Wirtschaftliche Akteure wie die parteiübergreifende Front der Großgrundbesitzer im brasilianischen Kongress gewinnen mehr und mehr Einfluss auf die Nutzung der Reservate. Die Macuxi haben deshalb im Laufe der Zeit gelernt, sich zu organisieren: Regelmäßige Treffen haben das Ziel, aktiv an den Prozessen der staatlichen Politik zu partizipieren und ihre Rechte zu stärken. Dort versammeln sich Hunderte, manchmal auch Tausende Teilnehmer
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Keila Pereira Alexandre (15, oben) und Dionito Jose de Souza (51, links) vom Stamm der Macuxi in Uiramutã. Lanfranchi: „Für die Porträts benötigte ich lediglich meine Leica CL, schwarzen Stoff und einen Ort mit gutem Licht.“ Während der Shootings gab es so gut wie keine verbale Kommunikation zwischen dem Fotografen und seinen Protagonisten. Ihr Selbstbewusstsein kommt auf diesen Porträts besonders stark zur Geltung
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Westlich oder festlich? Lanfranchi erzählt: „Die Macuxi tragen ihre traditionelle Kleidung, den Kopfschmuck und die Körperbemalung nur zu besonderen Anlässen, wie auf diesen wichtigen politischen Treffen. Es sind Zeichen von Macht und Respekt.” Oben: Estenio da Silva (24) ist der Sohn vom Stammeschef der Indigenen von Uiramutã. Rechts: Doani (5) und Yamili (7) sind die Enkelinnen der Schamanin Mariana (siehe Seite 36)
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DIE M AC Ux I S I N D FR IED L EB EN D E MEN S CH EN, ABER UNTERDRÃœCKUNG BESTIMMT IHREN ALLTAG. POLITIK IST DIE EIN Z I G E WA FFE , U M S IC H ZU W EH R EN .
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Der Junge links trägt den Satz „Ich bin ein Indio, ich bin ein Krieger“ auf dem Rücken. Stolz bestimmt das Leben der Macuxi. Das macht sich nicht nur im Umgang untereinander und gegenüber Fremden, sondern auch durch ihre Kleidung bemerkbar. Beeindruckt von dieser Lebenseinstellung, entschloss sich Lanfranchi die Macuxi zu porträtieren. Die Indigenen wissen um die zahlreichen Bodenschätze in ihren Reservaten und befürchten neben Vertreibung und Zwangsumsiedlung auch unkontrollierten Rohstoffabbau auf ihrem Territorium. Deshalb versuchen sie alles, was in ihrer Macht steht, um diesem Prozess entgegenzusteuern
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In ganz Brasilien leben rund 900 000 Indigene in 300 Völkern. Die Fundação Nacional do Índio kümmert sich um ihren Schutz und die Bewahrung ihrer Kultur. Seitdem der ultrakonservative Präsident Jair Bolsonaro 2019 sein Amt angetreten hat, wird ihre exekutive Macht mehr und mehr eingeschränkt. Nächste Seite: Mariana Tobias (71), stammt aus der Barro-Community in Pacaraima, der Nachbarregion von Uiramutã. Sie ist eine Pajé – eine Person, die seit ihrer Kindheit gelernt hat, mit traditionellen Heilmitteln umzugehen. Diese Fähigkeiten gibt sie an ihre Enkeltöchter Doani und Yamili (siehe Seite 31) weiter
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Präs i d e nt B olsonaro konz e ntr ie rt sich nur auf d ie Wi rts chaftsEntwicklung. S e in kurs könnte di e Ind ig e n e Kultur volle nds ze rstöre n.
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NicolÓ Lanfranchi Neben der Tätigkeit als Mode-, Werbe- und Porträtfotograf ist die erzählende Dokumentarfotografie eine der größten Leidenschaften des Italieners. U. a. recherchierte er bereits für Amnesty International und Greenpeace die Umweltkatastrophe am Rio Doce, Brasilien. Seine fotografischen und audiovisuellen Arbeiten erzählen Geschichten, die den Menschen in den Mittelpunkt rücken. Lanfranchi veröffentlichte in Publikationen wie Spiegel, The Guardian oder Internazionale und lehrte Storytelling am Mailänder Istituto Europeo di Design.
n i co la n f ra n c h i.co m L FI-Onl i n e .DE / B lo g : Slideshow — NicolÓ Lanfranchi an Bord der Aquarius
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Besonders in Zeiten, in denen sich die politische Situation zuspitze, sei es wichtig, Geschichten wie diese zu veröffentlichen, meint der Fotograf. Während ihres mehrwöchigen Aufenthalts in Brasilien nahmen Lanfranchi und Phillips an den Diskursen der Macuxi teil. Dazu finden sich einige hundert, manchmal auch einige tausend Indigene aus dem ganzen Reservat ein. „Die Macuxi sind sehr aktiv, gut organisiert und schmieden konstant Pläne“, erzählt Lanfranchi, sichtlich beeindruckt von der strukturierten Vorgehensweise in den Treffen. „Alles geschieht auf Augenhöhe, jeder wird gleichermaßen in die Gemeinschaft eingebunden.“ Die Sprachbarriere war dabei erfreulich niedrig. Gewiss haben die Macuxi ihre eigene Sprache, doch auf Portugiesisch war Kommunikation möglich. In langen Gesprächen diskutieren die Macuxi über alles, was sie aktuell bewegt. Es sind teils jahrhundertealte Probleme, die wegen der BolsonaroRegierung relevanter sind denn je. Die Diskussionskultur sowie das Bedürfnis, aktiv an der politischen Gestaltung mitzuwirken, haben sich die Macuxi zwangsläufig aneignen müssen. Zu oft schon wurden sie verdrängt, angegriffen und ausgebeutet. Nun möchten sie agieren, handeln, gehört werden. Die Politik ist die mächtigste Waffe, die ihnen dafür zur Verfügung steht. Lanfranchi entschloss sich, Porträts aufzunehmen, die den Stolz der Macuxi zum Ausdruck bringen. „Ich mag es, Menschen zu porträtieren und wollte eine Art Katalog von Gesichtern und Charakteren entwerfen – egal ob jung oder alt, Mann oder Frau.“ Ausgerüstet mit seiner Leica CL und schwarzem Stoff für den Hintergrund begab er sich auf die Suche nach einem Ort mit gutem Licht und lud die Macuxi ein, sich in dem improvisierten Studio einzufinden. Zunächst hätten sie der Aktion kein großes Vertrauen entgegengebracht, doch die Zweifel an der Aussagekraft von Lanfranchis Aufnahmen verschwanden im Laufe der Zeit: „Menschen, die wenige Minuten zuvor noch nicht vor die Kamera wollten, möchten nun ihr Bild gedruckt haben. Für mich ist das ein großes Geschenk“, erzählt er. Dem Fotografen war es dabei wichtig, ihren Kampf für gesellschaftliche Emanzipation würdevoll in Szene zu setzen. In absoluter Stille und mit großer Ernsthaftigkeit fotografierend, fand die Kommunikation zwischen dem Fotografen und seinen Protagonisten zumeist nonverbal statt. Auf diese Art und Weise hat Lanfranchi zum ersten Mal Porträts gemacht – es wird nicht das letzte Mal sein. „Das war ein Schlüsselerlebnis, weil die Macuxi meine Arbeit mochten und mir deshalb Akzeptanz geschenkt haben. Normalerweise wollen sie keine Reporter in ihrer Nähe haben, wenn ihre Zusammenkünfte stattfinden. Das hat mir weitere Türen geöffnet und mir ermöglicht, ein Netzwerk aufzubauen.“ Sich seiner Verantwortung bewusst, setzt Lanfranchi das Porträtprojekt mit geflüchteten Indigenen an der brasilanischen Grenze fort – ebenfalls Macuxi. Es ist eine von vielen weiteren, bisher unerzählten Geschichten, die ihren Kampf um Unabhängigkeit in die Welt tragen wird. „Aktuell passiert extrem viel im Norden Brasiliens“, gibt der Fotograf zu Protokoll. Der Ausgang all dieser Geschichten steht allerdings noch in den Sternen. „Wenn ich so darüber nachdenke, sind viele meiner Geschichten recht pessimistisch“, überlegt er. „Mir ist es jedoch wichtig, dass diesen Menschen Gehör verschafft wird.“ Recht hat er. DANILO RÖssGER
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Robin Maddock weiss und weiter
Ein Ping-Pong-Ball, ein Blatt Papier und verschüttete Milch: In seiner Serie III fotografiert Robin Maddock drei Dinge, die sich durch die Themen Bewegung und Flüchtigkeit verbinden. Einen kurzen Stopp legen sie auf seinen Bildern ein – bevor sie leichtfüßig und geschmeidig weiter hüpfen, fliegen, fließen.
Der Beginn der Serie: „Ich erinnere mich an die Bank, auf der ich saß und anfing, den Ping-Pong-Ball zu werfen …“
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Mit einer analogen Kamera wurde die Arbeit an der Serie III zum Paradestück für perfektes Timing: Wohin fällt der Schatten? Und vor allem: Wohin weht das Papier, in welche Richtung hüpft der Ball, wohin fließt die Milch? Hohe Geschwindigkeit und gleißendes Sonnenlicht waren die Herausforderungen, denen sich Robin Maddock stellen musste
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Betonwüsten so weit das Auge reicht, durchbrochen und gleichzeitig strukturiert vom Schattenspiel: So werden die Stadtlandschaften zur Bühne. Maddock hat sich in verschiedenen Städten jeweils unterschiedlichen Objekten gewidmet: Papier in New York und San Francisco, Milch in San Francisco und dem Ping-Pong-Ball in Los Angeles
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Ein unbeschriebenes Blatt – der Beginn jedes konzeptionellen Arbeitens. Bei Maddock begann es mit Fotopapier. Nachdem die ersten Bilder gelungen waren, hatte er sofort sein fertiges Buch im Kopf
Robin Maddock Geboren 1972 in England. Studium der Archäologie in Wales, bevor er den Master in Photographic Studies an der Universität in Westminster erlangte. 2009 erschien sein erstes Buch Our Kids Are Going to Hell, 2011 folgte God Forgotten Face (beide Trolley Books). Die hier gezeigte Serie wurde 2014 unter dem Titel III ebenfalls bei Trolley Books veröffentlicht.
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LFI: Ein Ping-Pong-Ball, ein Blatt Papier und verschüttete Milch – drei auf den ersten Blick sehr unterschiedliche Objekte. Wie entstand die Idee, sie in einer fotografischen Serie zu vereinen? Robin Maddock: Alles begann mit dem Ball. Ich erinnere mich an die Bank, auf der ich saß und anfing, ihn zu werfen. Ich musste an Tim und Struppi denken und die Episode Der Fall Bienlein, in der ein kleines Stück Klebeband um die Welt reist – ein Objekt auf der Reise. Ebenso wichtig war eine Folge von Rupert Bär, bei der ein Ball von alleine wegläuft. Und warum Milch und Papier? Ich wollte das Gefühl vermitteln, dass sich die Form wandeln kann. Die unterschiedlichen weißen Objekte habe ich in verschiedenen Städten verwendet: Papier in New York und San Francisco, Milch in San Francisco und den Ball in Los Angeles. Es war gut zu wissen, dass ich immer nur mit einer Sache arbeite: So konnten die Gedanken abdriften. Fliegen, Hüpfen, Fließen – ist die Bewegung das verbindende Moment der drei Objekte? Ja, erst in Leichtigkeit und Kürze, dann werden sie von der Kamera festgehalten und dann auf dem Papier. Wenn sich beim Blättern im Buch zur Serie III plötzlich die Kategorien vermischen – das sind die Momente, in denen ich am glücklichsten bin. Dieses bewusste Spiel mit dem Ineinandergleiten der Bilder auf den Buchseiten ist Freud und Leid zugleich bei der Bildauswahl. Dieses Mal war es noch schwerer, weil es keine reale Geschichte dahinter gab. Aber mir haben einige Leute gesagt, dass sie einen Sinn im freien Schweben, Fließen und der Leichtigkeit sehen. Das ist eine schöne Idee, weil ich die Bilder in diesen drei Städten gemacht habe, die in vielerlei Hinsicht zum Massivsten gehören, was wir je erschaffen haben.
Das Projekt unterscheidet sich deutlich von Ihren früheren, oft eher dokumentarischen Arbeiten … Ich war mit meinem Projekt God Forgotten Face in Plymouth beschäftigt und musste an etwas komplett anderem arbeiten. Ich versuche mich immer weiter zu bewegen. Doch die Serie III beeinflusst andere dokumentarische Arbeiten, mit denen ich mich heute beschäftige: Nichts steht allein. Trotzdem habe ich es genossen, eine kulturell so vorgeprägte Landschaft bei gutem Wetter zu entdecken. Warum haben Sie Kalifornien als Ausgangspunkt gewählt? Es passiert gerade so viel und Kalifornien ist die Quelle: unsere verdrehte Beziehung zwischen Technologie und Natur, die Angst vor dem Tod und dem Älterwerden, Eitelkeit und fehlende Empathie. Das hat die Welt verändert. Im Jahr 2000 war ich das erste Mal dort und als ich dann an III arbeitete, fühlte es sich an, als sei die Aufregung abgeklungen. Mein liebster Diner wurde zerstört. Genauso war es, als ich später einige Plätze besuchte, die ich für dieses Projekt aufgesucht hatte – sie waren weg! Ich kann nicht damit leben, wie Amerika versucht, seine ruhmreiche Vergangenheit zu vergessen, ich sehe so viel Gier und Ignoranz darin. Aber es ist eine Wegmarke für die Richtung, in die die ganze Welt zieht. Also fotografiere ich hier. Sie haben zuvor meist in Farbe fotografiert. Warum haben Sie sich hier für Schwarzweiß entschieden? So wird es abstrakter. Ich habe es mir schwerer gemacht, Los Angeles ist voller Licht und Farben und ich bin eigentlich ein Farbfotograf. Aber ich wollte etwas Zeitloses machen, das sich auf einige meiner amerikanischen Helden bezieht: Bukowski, Fante, Chandler, Evans. Auf Film zu fotografieren hatte auch einen physikalischen Aspekt: das Timing bei hoher Geschwindigkeit in tollem Licht. Es war befreiend, etwas fast Skulpturales aus Basismaterialien zu schaffen. Da hatte ich die Arte Povera und die Kunst der Bescheidenheit im Kopf.
Künstler wie José Clemente Orozco und Francis Alÿs hatten einen großen Einfluss auf meine Arbeit. Präsent und doch flüchtig – ist der Ping-Pong-Ball ein Synonym für das Bild an sich? Ich würde sagen, der Ball ist eher der blinde Fleck im Bild, als ein Kommentar zur Fotografie an sich. Generell versuche ich, Fotografie zu nutzen, um mehr zu sehen, etwas möglich zu machen und nicht zu verdunkeln. Ich mache keine kommerzielle Fotografie oder Bilder für Instagram. Das sind für mich Dinge, die die Wahrheit in eine Richtung biegen, um etwas zu verkaufen. Auf diese Arbeit hier blicke ich noch immer mit dem Gedanken, etwas geschaffen zu haben, das einer ganz anderen Logik folgt. Hatten Sie beim Fotografieren bereits das Buch im Kopf ? Sobald das erste Bild wirklich gut aussieht, denke ich in Büchern. Was sind Ihre aktuellen Projekte? Ich arbeite an einem Drei-JahresProjekt über England seit dem EUReferendum. Mit Texten von mir und anderen und einigen bis zu 20 Jahre alten Bildern aus meinem Archiv. Veröffentlicht wird es diesen Herbst. Daneben arbeite ich an einem Projekt über Frankreich, das nächstes Jahr abgeschlossen sein wird. Begleitet Sie ein Motto bei Ihrem fotografischen Arbeiten? Mach erst die Bilder, stell dann Fragen. Ich lasse mich vom Visuellen leiten, nicht zuerst von einem Text oder einem Konzept. Interview: katrin iwanczuk
rob in maddoc k.com LF I-On lin e .DE /Blog: One Photo — One story Equipment: Leica R 6.2 mit Summicron-R 1:2/50 (Ernst Leitz Canada)
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JosĂŠ Luis Carrillo S c h a ll u n d R au c h
Um Gras in Spanien auch legal zu konsumieren, sprieĂ&#x;en dort immer mehr Cannabis Social Clubs wie Pilze aus dem Boden. Carrillo hat Clubmitglieder im Rausch ihrer Lieblingsdroge inszeniert.
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Es ranken sich Mythen und Legenden um die Droge, deren unterschiedliche Wirkung unter Anhängern immer garantiert für Gesprächsstoff sorgt. Allein in der Web-Datenbank cannabis.info sind mehr als 1500 Sorten gelistet, die alle unterschiedliche Effekte bei der Inhalation erzeugen. Sowohl der Konsum als auch die Kommunikation über Cannabis verbindet. Weltweit konsumieren über 180 Millionen Menschen zwischen 15 und 64 Jahren Cannabis nicht aus medizinischen Gründen, 13,1 Millionen gelten als abhängig, besagt eine WHO-Studie über Cannabiskonsum aus dem Jahr 2014. Auch in Spanien ist Haschischrauchen weit verbreitet – und wie in vielen europäischen Ländern bewegen sich Kiffer in einer Grauzone: Der Besitz von bis zu fünf Gramm für den persönlichen Gebrauch ist erlaubt. Illegal ist es, die Droge in Umlauf zu bringen. Das Konsumieren im privaten Umfeld ist erlaubt, aber nicht an öffentlichen Orten. Auf der iberischen Halbinsel haben fantasievolle Aktivisten und Sympathisanten aus dem juristischen Milieu für Möglichkeiten gekämpft, Cannabis in der Öffentlichkeit legal konsumieren zu können. Die Lösung: sogenannte Cannabis Social Clubs, in denen man es sich in der rechtlichen Grauzone gemütlich machen kann. Gegen eine Mitgliedsgebühr von 20 bis 30 Euro pro Jahr – und nur auf Empfehlung – erhalten interessierte Einheimische, aber auch Touristen Zutritt zu den wohnzimmerähnlichen Clubs, die explizit keine Bars sind, sondern Cannabiskonsumierstuben. Die Cannabis Social Clubs fungieren darüber hinaus als Selbstversorgungskooperativen. Die meisten bauen für jedes Mitglied, oft direkt im Hinterhof, ein bis zwei Hanfpflanzen an, damit der Gang zum Dealer wegfällt. 2010 wurden in Spanien die ersten Cannabis Social Clubs gegründet, 2018 gab es schon mehr als 800. Wo sie zu finden sind, zeigt zuverlässig die App Weedmaps.
José Luis Carrillo beschäftigt sich seit Langem mit dem Thema Cannabis: „Ich fotografiere eine Realität, zu der ich seit meiner Jugend gehöre. Schon immer habe ich mich für die Cannabis-Welt und ihre Kultur, Literatur und Musik interessiert, die in der Subkultur zirkuliert.“ Mit einer Leica M240 und dem Apo-Summicron-M 1:2/50 Asph spürte Carillo dem Phänomen der Cannabis Social Clubs 2018 in seiner Heimatstadt Alicante nach, wo es aktuell zwölf Clubs gibt, doch nur in vier durfte er fotografieren. „Ich möchte Menschen zeigen, die sich in der Gesellschaft verloren fühlen und Cannabis verwenden, um sich wieder mit sich selbst zu verbinden oder um einer Realität zu entgehen, in der sie sich nicht wohl fühlen“, erläutert Carillo seine Intention. Er will mit seiner Porträtserie „zuerst einmal Stereotypen widerlegen, die über Cannabisraucher im Raum stehen. Und zweitens, die Realität von Abhängigkeit zu zeigen, die sich hinter der Fassade des Vergnügens verbirgt.“ Dafür hat er sich ein besonderes visuelles Konzept überlegt. Er fotografierte seine Protagonisten zwar in der Umgebung der Cannabis Social Clubs, doch die ist als solche nicht zu erkennen. Niemand raucht, kein Joint ist zu sehen. Dennoch zeichnet mehr oder weniger starker Qualm die von warmen Farben umgebenen Gesichter weich. Der Fotograf übersetzt den Habitus des Kiffens in einen von der Sache abstrahierten Bilderzyklus aus märchenhaft verträumten, scheinbar genießenden oder auch seltsam entrückten Figuren. In Carillos ästhetischem Rahmen scheinen diese von ihrer Beziehung zu Cannabis zu erzählen. „Der Qualm und das Rot, Grün und Gelb sind unverkennbare Symbole der Cannabiswelt. Ich strecke, deformiere und verändere diese Symbolik, indem ich den gesamten Bildausschnitt mit Rauch fülle und so eine Atmosphäre von fantasievoller Cannabisfarbe erzeuge. So trenne ich die Figur von der Realität und leite die Protagonisten in ihre innere Welt, den Ort, von dem aus sie sich ausdrücken möchten.“ Carla Susanne Erdmann
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J o s é L u i s C a rr i ll o Geboren 1977 in Alicante, Spanien. Die Bilder in den alten Keksdosen seiner Großmutter weckten schon als Kind sein Interesse für Fotografie. Der Autodidakt ist seit 2014 als Co-director del Máster PhotoAlicante en Fotografía Contemporánea tätig. Danach gefragt, wie man am besten sein Auge schult, zitiert er gern Altmeister Henri Cartier-Bresson: „Wenn das eine Frage von Regeln wäre, wäre in der Fotografie schon alles gemacht worden.“
jose lu isc arrillo.com LF I-On lin e .DE /B log: One Photo — One Story
Equipment: Leica M240 mit ApoSummicron-M 1:2/50 Asph
PASSION FOR LEICA SINCE 1949
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Lenny Kravitz
Drifter
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Musiker, Designer – und Fotograf. In seiner neuen Ausstellung Drifter beweist Lenny Kravitz erneut, dass er mit der Kamera umzugehen weiß. Zwischen intimen Porträts und lakonischen Momentaufnahmen, genau beobachteten Straßenszenen und wohlkomponierten Augenblicken in Hotels – Kravitz nimmt uns mit auf die Reise, zeigt uns sein Leben.
Foto: Š Mark Seliger
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Die Fotografie ist ihm in die Wiege gelegt worden – Lenny Kravitz’ Vater arbeitete als Fotojournalist für NBC News und berichtete u. a. aus dem Vietnamkrieg. Schon als Kind spielte Kravitz mit der Leicaflex des Vaters. „Ich fühlte mich zu ihr hingezogen. Es schien etwas zu sein, das ich verstehen wollte.“ 2015 dann entwarf er seine erste Kamera für Leica – die „Correspondent“ im Andenken an seinen Vater. Im selben Jahr erschien auch sein erster Bildband Flash. Nun präsentiert Kravitz sein neustes Designobjekt – das „Drifter“-Set, eine Sonderedition auf Basis der Leica M Monochrom (mehr dazu ab Seite 86). Parallel dazu präsentiert eine große Ausstellung in der Leica Galerie Wetzlar die Serie Drifter. „Ich bin ein Drifter. Das ist mein Leben, seit ich mit fünfzehn zu Hause ausgezogen bin. Ich bin immer unterwegs.“ Kravitz nimmt uns mit auf die Reise, zeigt uns intime Porträts und lakonische Momentaufnahmen, genau beobachtete Szenen auf der Straße und wohlkomponierte Augenblicke in Hotelzimmern. Ein weiterer großer Fotograf – Mark Seliger – hat mit Kravitz zusammen die Bildauswahl für die Ausstellung editiert und sich im Vorfeld mit ihm über Fotografie und den besonderen Augenblick ausgetauscht. Mark Seliger: Ich weiß, du hältst deine Wahrnehmungen als Poet und Sänger fest – was bedeutet es dir, das auch fotografisch zu machen? Lenny Kravitz: Beide Medien laufen auf das Gleiche hinaus: Du fängst einen Moment ein – den Moment – sei es als Ton oder als Bild. Und das ist wunderbar. Wenn dieser Augenblick vergangen ist, wenn er einmal gelebt wurde, ist er für immer verloren. Egal, wie oft man etwas aufnimmt und sagt, ach machen wir’s noch mal – es ist nie wieder dasselbe. Jeder Moment ist einzigartig. Das ist das Magische an der Fotografie: Sie ist wie eine Zeitkapsel, die den Moment bewahrt.
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Was inspiriert dich besonders? Das Leben selbst. Es inspiriert mich jeden Tag aufs Neue, und das ist eine wunderbare Sache. Ich bin immer bereit, neue Momente einzufangen. Darum werde ich der Fotografie auch nie überdrüssig. Jeder Tag, an dem ich mit der Kamera unterwegs bin, ist eine neue Erfahrung. Und das Wissen, dass du vielleicht mit etwas ganz Besonderem zurückkehren könntest, treibt dich an, weiterzumachen. Wir sind Geschichtenerzähler … … ja, in der Musik geht es ebenso wie im Film und in der Fotografie darum, Geschichten zu erzählen. Beide Ausdrucksformen sind für mich untrennbar miteinander verbunden. Musik bereichert und inspiriert die Fotografie und umgekehrt. Das war schon immer so. Die Musik und das Bild, Rock ’n’ Roll und die Fotografie – damit wurden schon einige Geschichten geschrieben. Der Betrachter erlebt das alles hautnah – die Outfits, die Konzerte, die Backstage-Atmosphäre, was auch immer. Das Lebensgefühl. Warum Schwarzweißfotografie? Ich liebe Fotografie, egal ob in Farbe oder in Schwarzweiß. Aber Schwarzweiß hat für mich eine Seele, die mich berührt. Ich tendiere dazu, die Welt in Schwarzweiß zu sehen. Es scheint authentischer, zeitloser. Auch bei der Gestaltung eines Bildes ziehe ich eine Schwarzweißdarstellung vor, weil ich das Gefühl habe, dadurch anders – und besser – zu komponieren. Hast du eine bestimmte Strategie, um deine Träume zu realisieren? Den Schritt zur Fotografie bin ich gegangen, weil ich selbst permanent fotografiert wurde. Das gab mir auch die Möglichkeit, großartige Fotografen bei der Arbeit zu erleben. Ich war mehr daran interessiert, was hinter der Kamera ablief, als daran, vor der Kamera zu stehen. Als ich die Fotografie wieder aufgriff, habe ich mich ihr mit der gleichen Energie verschrieben, mit der ich meine Musik mache. Ich öffnete mein Herz, öffnete meine Augen, und habe einfach losgelegt.
L e n n y K r av i t z wurde 1964 in Brooklyn, New York, geboren. Bereits als Kind wusste der Multi-Instrumentalist, dass er Musiker werden wollte. Mittlerweile reicht seine Kreativität weit über die Musik hinaus. Durch seinen Vater hat er auch die Fotografie bereits im Kindesalter entdeckt. Mit Drifter präsentiert Lenny Kravitz nun seine zweite große Ausstellung – zunächst in der Leica Galerie Wetzlar und dann auf weiteren Stationen weltweit. le n n y kravitz.com Equipment: Leica M8, M9 und M Monochrom mit Summilux-M 1:1.4/50 Asph und Noctilux-M 1:0.95/50 Asph; Leica Q
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– L e i c a M M o n o c h r o m „ D r i f t e r “ – Q 2 & Bl u e t o o t h – L e i c a c l „ B au h au s “ –
L e n n y K rav i tz ’ „ D r i f t e r “ -S e t: L e i c a M Monochrom, Zwei summ ic ro n - O b j e kt i ve & „W e e k e n d e r Bag “
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D r i f t i n g away M Monochrom „Drifter“
Die von Lenny Kravitz gestaltete Leica M Monochrom „Drifter“ beeindruckt nicht nur durch ihr extravagantes Design, sondern auch als Komplettset mit Objektiven, Pouches, Köchern sowie der Reisetasche „The Drifter Traveler“.
Sagen Sie ruhig, was Sie gedacht haben, als sie die neue Leica M Monochrom „Drifter“ das erste Mal gesehen haben: „Eine M in Braun und mit Schlangenleder-Bezug: Das geht doch gar nicht“, könnte möglicherweise Ihr erster Gedanke gewesen sein. Der Autor dieser Zeilen jedenfalls dachte genau das, gefolgt von der Überlegung, dass eine Leica M schon ihres Wertes wegen Seriosität ausstrahlen sollte. Doch schon bald schlug diese Meinung in Verlangen um: Eine Kamera, die man immer dabeihat, muss nicht wie geleckt aussehen und sollte es auch gar nicht. Und sie darf ruhig etwas Persönlichkeit ausstrahlen, statt einfach nur gefällig und seriös – oder anders gesagt: langweilig – auszusehen. Die Persönlichkeit, die die „Drifter“ ausstrahlt, ist 86 |
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dent“ aus dem Jahr 2015, eine M-P240, war bereits sehr erfolgreich, sodass eine Fortsetzung der Geschichte nur folgerichtig war. E i ne G e lu nge ne Ko m bi nat i o n. Die „Drifter“
Der 1964 geborene Lenny Kravitz machte sich nicht nur als Rockmusiker, sondern auch als Designer und Fotograf einen Namen
keine geringere als die von Lenny Kravitz, der in erster Linie als Rockmusiker bekannt ist, sich aber auch als Schauspieler, Produzent, Designer und Fotograf einen Namen gemacht hat. Die „Drifter“ ist bereits die zweite von Kravitz gestaltete Sonderedition der M, die erste, die „Correspon-
kommt nicht allein, sondern wird als Set mit zwei Summicron-Objektiven, einem 28er und einem 75er, sowie einer eigens gestalteten Tasche und anderen Accessoires geliefert. Und Leica und Kravitz legen unisono Wert darauf, dass es vor allem diese Kombination ist, durch die aus der „Drifter“ etwas ganz Besonderes wird: entworfen, um alles Essenzielle für den Trip ins Ungewisse dabei zu haben. Das ist natürlich vor allem die Kamera, aber eben auch die beiden Objektive und nicht zuletzt die Taschen, die ausdrücklich nicht nur für die
Fotografie, sondern auch für den sonstigen Reisebedarf gedacht sind. „The Drifter Traveler“ ist dazu gedacht, Ausrüstung und Gepäck für ein verlängertes Wochenende aufzunehmen. Für die Objektive gibt es schützende Köcher aus Kunstleder, für Kamera, Ladegerät, ErsatzAkkus etc. kommen zwei Pouches dazu. Kravitz sieht die „Drifter“ nicht einfach bloß als nett gestaltete M, sondern als Ausdruck eines Lebensstils – seines eigenen. Das Leben eines Rockmusikers ist vom Reisen geprägt, davon, fast jeden Tag woanders zu sein. Aus dem Leben eines Reisenden, der von einem Ort zum nächsten driftet, erklärt sich auch der Name der Sonderedition. Und offenbar ist es Kravitz’ Sache nicht, mit großem Gepäck auf Reisen →
Technisch entspricht die „Drifter“ einer Leica M Monochrom. Das Besondere ist das Design mit sepiabrauner Lackierung. Einige Bauteile wie der Blitzschuh, das Daumenrad, der Auslöser und die Fronten der Gegenlichtblenden werden absichtlich nicht lackiert – das rohe Messing wird unweigerlich eine Patina ausbilden
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Zu der Sonderedition „Drifter“ gehören nicht nur die Kamera und die beiden Summicron-Objektive, sondern auch zwei Pouches und zwei Vintage-Köcher. Dazu sticht vor allem die Reisetasche „The Drifter Traveler“ hervor. Alles, was wie Tierhaut aussieht, wird in Wirklichkeit auf synthetischem Wege hergestellt
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zu gehen, sondern er beschränkt nicht nur die Fotoausrüstung auf das Wesentliche, sondern auch das, was sonst noch dazugehört. De r Za h n de r Z ei t.
Die beiden Objektive des Drifter-Sets haben ausdrehbare Gegenlichtblenden und unterscheiden sich somit nicht nur in der Farbe von den Serienmodellen
Norbert Rosing
wilde Arktis Im Reich der Eisbären 4. mai — 14. juni 2019
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Die Leica M Monochrom als Basis bedeutet natürlich von vornherein den Verzicht auf Farbinformationen, gleichzeitig aber einen sehr willkommenen Gewinn an Detailschärfe und an Bildqualität für die Schwarzweißaufnahmen. Technisch entspricht die Kamera dem Serienmodell. Als Reisebegleiter für die Kamera hat Kravitz zwei spannende Objektive ausgewählt: Das Summicron-M 1:2/28 Asph ist für den Überblick zuständig und dürfte auf Reisen wohl das häu-
spuren sind für eine Reisekamera eher eine Trophäe denn ein Makel. Blitzschuh, Daumenrad, Auslöser und Soft-Release-Button bestehen aus Messing und sind absichtlich nicht lackiert oder anderweitig versiegelt. Diese Komponenten werden unweigerlich anlaufen und mit der Zeit einen Used-Look bekommen – selbst dann, wenn man sie nicht benutzt. Noch auffälliger ist aber sicher die Belederung in Python-Optik, die sich deutlich vom diskreten Auftritt traditioneller Leicas abhebt. Tierschützer können jedoch absolut beruhigt sein, denn nichts am „Drifter“-Set, weder die Belederung der Kamera noch das Material der Taschen, ist tierischen Ursprungs.
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Für den „Synthetic Python“Werkstoff der Belederung holte sich Kravitz Rat bei der Modedesignerin Stella McCartney, die ihm die Bezugsquelle des von ihr häufig für Taschen und andere Accessoires eingesetzte Material verriet. Da Kravitz Veganer ist, hat er Wert darauf gelegt, kein Leder für Kameras, Taschen oder Riemen zu verwenden. Mit seiner Materialwahl für die „Drifter“ zeigt er nachdrücklich, dass sich hohe Qualität und edle Optik auch ohne tierische Produkte erreichen lassen. Das Aussehen der Objektive wurde ebenfalls verändert. Passend zur Kamera sind sie auch in Sepiabraun lackiert, was sie bereits einzigartig macht. Zusätzlich
wurde die anschraubbare Gegenlichtblende des Summicron-M 1:2/28 Asph aus der Serie hier fest verbaut. Sie lässt sich einfach ausdrehen, was den Look des Objektivs tatsächlich deutlich verändert. Die in der Serie ausziehbare Gegenlichtblende des SummicronM 1:2/75 Asph ist in der „Drifter“-Version ebenfalls ausdrehbar, sodass das Handling der beiden Objektive exakt das gleiche ist. Und noch eine kleine Besonderheit gibt es: Der Lack an den Vorderkanten der aus Messing gefertigten Gegenlichtblenden wurde abgeschliffen – sie werden wie die unversiegelten Messingteile der Kamera ebenfalls unweigerlich eine reizvolle Patina ansetzen. →
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figer eingesetzte Objektiv sein. Für ein so lichtstarkes 28er ist das Objektiv extrem kompakt und mit seiner Weitwinkelcharakteristik und großen Anfangsöffnung drinnen wie draußen eine universell gute Wahl für die meisten Aufnahmesituationen. Und wenn doch mal der Wunsch nach einem selektiveren Bildwinkel für Porträts und andere Motive aufkommt, greift man einfach zum Summicron-M 1:2/75 Asph, das ebenfalls für hohe Lichtstärke und überlegene Bildqualität steht. Anders als das Serienmodell ist die „Drifter“ nicht in Schwarz oder Silber, sondern in Sepiabraun lackiert. Dass der Lack sich relativ schnell abnutzen kann, ist gewollt, denn Gebrauchs-
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„Co r r esp o nde nt“ vs. „ Dr i ft e r “ . Natürlich bleibt
es nicht aus, dass man die „Drifter“ mit Kravitz’ Erstling, der „Correspondent“ von 2015, vergleicht. Diese war in erster Linie eine Hommage an seinen Vater, der als Kriegsreporter eine ziemlich ramponierte Leica aus Vietnam zurück nach Hause gebracht hatte. Die „Correspondent“ – technisch betrachtet eine Leica M-P240 – und die beiden Objektive des Sets, ein Summicron-M 1:2/35 Asph und ein Summilux-M 1:1.4/50
Schon 2015 gestaltete Kravitz die Sonderedition „Correspondent“ auf Basis der Leica M-P240, die eine Hommage an seinen Vater und dessen Kamera darstellte
Asph wurden per Hand individuell bearbeitet, um Abnutzungs- und Gebrauchsspuren zu erzeugen. Die auf 125 Exemplare limitierte Sonderserie war innerhalb kürzester Zeit ausverkauft und verschwand allen Gebrauchsspuren zum Trotz wohl überwiegend in den Vitrinen von Sammlern. Gegenüber der eher der Vergangenheit zugewandten „Correspondent“ wirkt die „Drifter“ deutlich extravaganter, sie ist deutlich reifer und mit allem mitgelieferten Zubehör auch weitaus kompletter und praktikabler. Mit diesem Set kann man auf der Stelle losziehen und seine Reiseerlebnisse dokumentieren. Aber vor allem orientiert sich die „Drifter“ am Lifestyle
Für die anspruchsvolle Fotografie Thomas Biasotto mit Leica M und Noctilux 50 mm
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eines Rockstars und wirkt so wesentlich extrovertierter als die üblicherweise für ihre Diskretion bekannten Leica-Kameras. Und einer von Kravitz designten Kamera darf man offenbar auch jederzeit ansehen, dass sie häufig benutzt wird, statt sorgfältig herausgeputzt im Schrank zu stehen. Ideen für die Se rie?
Da ist es beinahe schade, dass es sich auch bei der „Drifter“ um eine limitierte Sonderedition handelt, die in Handarbeit einmalig aufgelegt wird. Insgesamt gibt es nur 125 Sets und nur 100 davon kommen in der beschriebenen Form in den Handel. Die übrigen 25 werden für ein Event mit Lenny Kravitz in Wetzlar zurückgehalten
und besitzen sogar einen etwas erweiterten Lieferumfang, über den Leica sich noch in Schweigen hüllt. Die Limitierung des Angebots, die natürlich auch mit einem gewissen Preisaufschlag verbunden ist, ist auch deshalb schade, weil die „Drifter“ eigentlich viel zu originell, hübsch und durchdacht ist, um in einer Vitrine zu enden. Diese Kamera und diese Objektive schreien eigentlich danach, ihren Besitzer zu begleiten, Erlebnisse zu dokumentieren und später mit ihren Spuren Geschichten zu erzählen. Vermutlich ist der Praxiseinsatz nicht allzu vielen Exemplaren vergönnt, aber man darf hoffen, dass Leica zumindest einen Teil der Ideen für die Serien-
Wenn man Schon ein en Kon t rap u n kt zu d en en s e tz t, d i e n u r noch mit Dem vo rg e h a lt e n e n Smartphone f oto g ra f i e r e n , dann Doch so wie d ie „ Dr ift er “.
geräte aufgreift: Die fest angebrachten Gegenlichtblenden, die universell einsetzbaren Taschen oder die garantiert nicht aus tierischer Produktion stammenden und dennoch hochwertigen Belederungen, Taschen und Riemen sind es absolut wert, auch in der Serie eingesetzt zu werden. Und vielleicht geht es Ihnen ja mittlerweile ähnlich wie dem Autor dieser Zeilen, der sich nach anfänglicher Skepsis für die „Drifter“ begeistern kann: Eine extrovertiertere M in Python-Optik sieht doch einfach klasse aus. Wenn man schon einen Kontrapunkt zu denen setzt, die nur noch mit dem vorgehaltenen Smartphone fotografieren, dann doch so wie die „Drifter“. holger sparr
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Weniger ist mehr L e i c a C L „ B au h au s“
Das erste Bauhaus-Gebot heißt bei Leica „Reduzierung auf das Wesentliche“. Was läge bei einer derartigen Verwandtschaft der Seelen also näher als eine Sonderedition zum 100. Jubiläum des Bauhauses? Hier ist sie.
Das Bauhaus wird 100! Das „Labor der Moderne“ hat wie keine andere Bildungseinrichtung Design, Kunst und Architektur des 20. Jahrhunderts geprägt und seine bestimmende Kraft bis heute nicht verloren. Das ist umso erstaunlicher, als das Bauhaus gerade einmal 15 Jahre, von 1919 bis 1933, seine Wirkung als Institution entfalten konnte. Durch die Vereinigung der Großherzoglich-Sächsischen Kunstschule Weimar und der Großherzoglich-Sächsischen Kunstgewerbeschule Weimar entstand eine bis dahin einmalige Verbindung von Kunst und Handwerk, die ab 1925, nachdem in Weimar die Grundlagen des pädagogischen Konzepts gelegt worden waren, im Bauhaus Dessau ihre große Blütezeit erlebte. Nachdem die Einrichtung in Dessau auf 94 |
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Betreiben der Nationalsozialisten 1932 geschlossen wurde, bestand sie bis 1933 als private Institution in Berlin weiter, bis ihr auch dort keine andere Wahl als die Selbstauflösung gelassen wurde. Zahllose BauhausMeister, -Gesellen und -Lehrlinge wurden zur Emigration gezwungen, in der sie, Ironie der Geschichte, erst recht für die Verbreitung ihrer Ideen, die den Faschisten so verhasst waren, in aller Welt sorgten. D ie Ed ition „ Bau h aus“ .
Leica würdigt das 100. Bauhaus-Jubiläum durch eine Sonderedition der Leica CL. Das Set „Bauhaus“ besteht aus der Kamera in der Silber-Version, einem ElmaritTL 1:2.8/18 Asph, ebenfalls in Silber, und einem Trageriemen. In die Belederung der Kamera und das Leder
des Trageriemens ist der Bauhaus-Schriftzug geprägt, den Joost Schmidt 1929 für die gleichnamige Zeitschrift des Bauhauses entworfen hatte. Eine weitere Besonderheit des in einer Auflage von 150 Exemplaren erscheinenden Sets besteht darin, dass der rote Leica-Punkt auf dem Kameragehäuse nicht etwa fehlt, sondern in Schwarz gehalten ist. Allein das macht die Bauhaus-Edition der CL zu etwas Besonderem: So diskret, gerade auch im Hinblick auf den Markenauftritt, geben sich sonst nur die Professional-Versionen der Leica M. Da auch die Bauhaus-Prägung auf Kamera und Trageriemen in keiner Weise aufdringlich wirkt, steht die Sonderedition ganz im Zeichen des vom Bauhaus vertretenen schnörkellosen Designs
nach dem „form follows function“-Prinzip. Joost Schmidt (1893– 1948) war ein Bauhaus-Student der ersten Stunde, der bis 1925 Meisterschüler in Weimar war. Als das Bauhaus 1925 nach Dessau zog, wurde Schmidt neben Marcel Breuer, Josef Albers und anderen einer der Jungmeister und Leiter der Plastischen Werkstatt. Schmidt hatte 1923 den studentischen Wettbewerb für das Plakat zur ersten BauhausAusstellung gewonnen. Auf Grund seiner Grafik-Kompetenz, die er nicht zuletzt mit diesem Plakat unter Beweis gestellt hatte, das heute als eine Ikone des →
Die Belederung der Leica CL „Bauhaus“ ziert Joost Schmidts Bauhaus-Schriftzug; Schmidt hatte 1923 einen Plakat-Wettbewerb am Bauhaus gewonnen
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Fotos: © Leica Camera AG; Markus Hawlik © Bauhaus-Archiv Berlin
Grafikdesigns am Bauhaus gilt, unterrichtete Schmidt von 1925 bis 1932 im Vorkurs Schrift- und Reklamegestaltung. Nachdem er 1928 die Leitung der Druck- und Reklamewerkstatt übernahm, prägte er nachhaltig wie kein anderer das Grafikdesign des Bauhauses. Bauhaus und Fotog rafie . Was Schmidt für
das Grafikdesign am Bauhaus war, war László Moholy-Nagy für die Fotografie. 1923 vom Bauhaus-Gründer Walter Gropius zum Leiter des Vorkurses und der Metallwerkstatt berufen, fokussierte sich der konstruktivistische Künstler Moholy-Nagy in seinen theoretischen Schriften auch auf eigene Erfahrungen mit der Leica, die er vermutlich schon 1925 erwarb. Anders als seine Frau Lucia Moholy-Nagy, die als ausgebildete Fotografin bei der Doku96 |
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Zwei Bauhaus-Ikonen: eine Maske aus Oskar Schlemmers Triadischem Ballett und der Stahlclubsessel B 3 von Marcel Breuer
mentation der Bauten und Produkte des Bauhauses vor allem auf Plattenkameras setzte, versuchte er die experimentellen Möglichkeiten des Mediums durch den Einsatz der Kleinbildfotografie weiter auszuloten. In seinem Buch Malerei, Fotografie, Film, das er 1925 veröffentlichte, postulierte Moholy-Nagy die Auffassung, die Fotografie von der reinen Reproduktion der Realität abzulösen und ebnete damit den Weg zu einer produktiven Lichtgestaltung: „dieses jahrhundert gehört dem licht“, bekannte er, „die fotografie ist die erste form der lichtgestaltung. wenn auch in transponierter und –
vielleicht gerade dadurch – fast abstrahierter gestalt.“ Fotografie war ab 1929 Unterrichtsfach am Bauhaus, also erst nachdem Moholy-Nagy Dessau verlassen hatte. Mit Walter Peterhans wurde ein Lehrer berufen, der in der Ausbildung eine drastische Wendung vollzog, indem er technisches Handwerk, präzise Dunkelkammerarbeit und solide Kameratechnik in den Vordergrund stellte, ohne die experimentellen Materialstudien dabei aufzugeben. Die Leica spielte in seinem Unterricht keine Rolle. Die Studentinnen und Studenten verwendeten für ihre angewandten und vor allem auch ihre privaten Aufnahmen unterschiedliche Kameramodelle. Von der Rollei (Irena Blühová) bis zur Linhof (Ellen Auerbach), von der 9x12-Plattenkamera (Eugen Batz) bis zur Welta 6x9 (Gertrud Arndt). Aber nachweislich gab es auch einige Bauhaus-Schüler, die eine Leica besaßen, dazu zählten etwa Erich Consemüller, Alfred Ehrhardt, Gotthardt Itting, Hajo Rose und Moï Ver. Bau h aus u nd l e i ca . Im Bauhaus-Umfeld gab es weitere Protagonisten mit einer Verbindung zur Leica, etwa Josef Albers, der von 1925– 33 Meister am Bauhaus war. Auch Umbo (Otto Maximilian Umbehr), der dort von 1921–23 studierte, sollte
später die Leica für seine Arbeit entdecken. Weiterhin sind Andreas Feininger und sein Bruder T(heodore) Lux Feininger hervorzuheben, die im Umfeld des Bauhauses erste fotografische Erfahrungen sammelten, als ihr Vater Lyonel dort als Meister tätig war. Auch Lyonel Feininger begann 1931, angefacht durch den Enthusiasmus der Söhne, mit einer Leica zu fotografieren. Weitere ehemalige Bauhaus-Schülerinnen, die später erfolgreich mit einer Leica arbeiten sollten, waren ferner die ungarische Fotografin Judit Kárász oder auch Edith Tudor-Hart, die nach ihrer Zeit am Bauhaus kurzzeitig eine Leica benutzte und später insbesondere durch ihre Tätigkeit als Agentin des sowjetischen Geheimdienstes bekannt wurde. Ebenso wäre die Modemacherin Ré Soupault zu nennen, die nach ihren Bauhaus-Jahren später erfolgreich auch die Fotografie für sich entdecken sollte. So vielfältig die Berührungspunkte von Leica und Bauhaus auf der Ebene einzelner Personen auch sind, erscheint doch der Umstand bedeutender, dass beide, das Unternehmen und die Bildungseinrichtung, auf ihre eigene Weise das Bild einer Epoche geprägt haben. bernd luxa / Ulrich Rüter
Le ic a Akade mie Voraussichtlich ab Herbst 2019 werden mehrere Landesakademien der Global Academy Workshops im Bauhaus Dessau durchführen. Sobald genaue Termine feststehen, finden Sie weitere Informationen unter www.leica-akademie.com
Fotos: © Leica Camera AG; Oliver Vogler © Leica Akademie
In den Trageriemen, der zum „Bauhaus"-Set gehört, ist ebenfalls der Bauhaus-Schriftzug von Joost Schmidt geprägt
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Der Agfa-Direct-Umkehrfilm liefert – wie schon sein Name sagt – auf direktem Weg schwarzweiße Kleinbilddias für Projektionszwecke. Man müßte in verschiedenen Fällen, die bei Verwendung von Negativmaterial mehrfaches Umkopieren erforderlich machen, mit Hilfe des Dia-Direct-Films schneller und einfacher zu guten Ergebnissen kommen. Weiße Striche auf schwarzem Grund sind bei vielen Illustrationen unerwünscht. Dem Zeichner kann dieser Wunsch zum Alptraum werden. Muß er doch größere Flächen schwarz anlegen und dabei recht dünne Striche frei und weiß lassen.
So viele Bilder und so begrenzt der Platz? Mehr Bilder, mehr Interviews, mehr Rezensionen und mehr Hintergrundberichte finden Sie online im LFI-Blog. Aktuell, überraschend und informativ!
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Nehmen Sie eine Zeichnung oder eine gedruckte Vorlage mit dunklen Strichen auf hellem Grund (es könnten schließlich auch farbige Vorlagen sein) auf Dia-Direct-Film auf. Das Filmpositiv wird auf Papier vergrößert und als Ergebnis liegt eine einwandfreie Druckvorlage (oder ein Kontrollbild etc.) mit weißen Strichen auf schwarzem Grund vor. Der Agfa Dia-Direct-Film bringt beinahe ideale Eigenschaften für die Reproduktion von Vorlagen mit. Eine Gradation von etwa Gamma 1,5 ( für Negativfilm ist Gamma = 0,7 und für Repromaterialien Gamma = 2,0 als normal anzusehen) und ein Auflösungsvermögen von 175 Linien/mm (zum Vergleich Isopan-IFF = 185 Linien/mm; Isopan-IF = 150 Linien/mm). L FI 3/ 1 969 : Die Fotografie – Spielzeug und Kunstmittel, Denkende Blitzgeräte, Vergrößern mit dem Elektronenblitz u. v. m. für 1,09 Euro in der LFI-App für Android und iOS
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D o p p e lt g e ko p p e lt Leica Q2 und bluetooth
Drahtlose Datenübertragung über Wi-Fi ist schon lange etabliert. Die Leica Q2 verfügt zudem über den Bluetooth-Standard, der Wi-Fi nicht ersetzt, sondern ergänzt. Wie funktioniert das und welche Vorteile bringt der doppelte Verbindungsaufbau?
Die Leica-App Fotos, im Oktober 2019 vorgestellt, arbeitet mit allen Leica-Modellen zusammen, die ein Wi-Fi-Modul besitzen, und wird parallel für Smartphones mit Android- und iOSBetriebssystem entwickelt. Wie wir bei der Vorstellung von Fotos (LFI 7/2018, Seite 104ff.) schon angedeutet hatten, waren und sind Erweiterungen der Funktionalität in der Pipeline – von den mehr als 100 000 Anwendern wurden um die tausend Feature-Wünsche geäußert. Manche davon sind in der aktuellen Version 1.2 bereits verwirklicht, andere werden folgen. Eine wichtige Neuerung ist die Erweiterung der drahtlosen Verbindung zur Kamera, die bislang ausschließlich ein Wi-Fi-Funknetz nutzte, auf eine zweite Funkverbindung nach 98 |
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dem Bluetooth-Standard. Das setzt natürlich voraus, dass auch die Kamera Bluetooth unterstützt – bislang sind das die D-Lux 7 und die Q2, aber es steht zu vermuten, dass Bluetooth in weiteren Modellreihen Eingang finden wird. Ohne Bluetooth-Unterstützung setzt Fotos wie bisher allein auf Wi-Fi, um Bilder zu übertragen oder die Kamera fernzusteuern. Mit Bluetooth wird der Verbindungsaufbau noch einfacher und in der Zukunft ist auch mit neuen Funktionen zu rechnen, die sich allein mit Bluetooth verwirklichen lassen. W i- F i p lus B lu eto ot h .
Ein Wi-Fi-Modul gehört bei Leica-Kameras zur Standardausstattung. Die Kameras können sich in einem Funknetz anmelden oder auch ein eigenes Funknetz
aufbauen, mit dem sich ein Android- oder iOS-Smartphone mit der App Fotos verbinden lassen. Die Leica Q2 unterstützt neben einem Funknetz nach den Standards IEEE 802.11b/g/n/ac auch Bluetooth in der Version 4.2. Sowohl Wi-Fi als auch Bluetooth sind Standards zur Datenübertragung per Funk, die teilweise die gleichen Frequenzbänder nutzen – Wi-Fi sendet im 2,4- oder 5,0-GHz-Band, Bluetooth im 2,4-GHz-Band. Wozu dient das zusätzliche Bluetooth-Modul? Wi-Fi hat sich in den letzten zwei Jahrzehnten zu einer vollwertigen und viel bequemeren Alternative zum drahtgebundenen Ethernet und zu USB entwickelt. Das Funknetz bietet eine ausreichende Bandbreite, um Bilddaten zügig zu übertragen, was ja bei
einer 47,3-MegapixelKamera wie der Leica Q2 entscheidend ist – deren DNG-Dateien können fast 90 Megabyte groß werden. Wi-Fi-Netze haben auch eine große Reichweite und decken ein ganzes Studio oder eine Wohnung ab; im Freien sind bis zu 150 Meter überbrückbar. Eine Übertragung nach dem Bluetooth-Standard ist deutlich langsamer, die Bandbreite liegt auf dem Niveau, das Wi-Fi vor 20 Jahren erreichte. Auch die Reichweite ist geringer – zu verbindende Geräte sollten sich im selben Raum befinden. Dafür benötigt Bluetooth aber auch viel wenger Energie, was besonders für den aktuellen Standard 4.2 LE gilt, den die Leica Q2 unterstützt; „LE“ steht für „Low Energy“. Eine Bluetooth-Verbindung →
Unter iOS muss der Aufbau einer WLAN-Verbindung bestätigt werden (2). Nach dem Verbindungaufbau hat man über Fotos Zugriff auf Einstellungen wie die Belichtungsmessmethode und den Weißabgleich (3)
4 Beim ersten Verbindungsaufbau lernen sich Kamera und Smartphone kennen. Nachdem das BluetoothPairing im Kameramenü gestartet wurde, wählt man in der App Fotos das Kameramodell aus (1)
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5 Im Fernsteuerungs-Modus hat der Fotograf Zugriff auf die Belichtungsparameter und kann durch Antippen des Motivs scharfstellen (4). Nach der Aufnahme kann er die Bilddateien herunterladen (5)
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lässt sich über längere Zeit aufrechterhalten, ohne dass man sich Sorgen um die Akkulaufzeit machen müsste. Pärc he nbil dung. In der
Kommunikation zwischen der Q2 und dem Smartphone teilen sich Bluetooth und Wi-Fi die Arbeit. Bluetooth ist der leichtfüßige Bote zwischen den beiden Geräten, der die Funknetzverbindung aufbaut und über längere Zeit den Kontakt zwischen ihnen hält. Die Aufgabe von Wi-Fi ist das „heavy lifting“, also die Übertragung von Live-Bildern der Kamera und der Download der Aufnahmen im Jpeg- und/oder DNG-Format. Dank Bluetooth ist der Aufbau einer Verbindung noch einfacher geworden.
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Nach dem doppelten Verbindungsaufbau lassen sich die Kommunikationskanäle zu verschiedenen Zwecken nutzen. Der Fotograf kann die Aufnahmen auf der Speicherkarte der verbundenen Kamera betrachten, zur Schärfekontrolle bis zur 100-Prozent-Darstellung hineinzoomen und mit einer Wischgeste vom unteren Rand nach oben die Belichtungsparameter einblenden. Sowohl Jpeg- wie auch DNG-Dateien lassen sich auf das Smartphone herunterladen. Als Erinne-
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Im Kameramenü wählt man unter „Bluetooth“ die Option „Pairing“, in der App Fotos das Q-System und dann die Q2 aus, um eine erste Verbindung aufzubauen. Zunächst über Bluetooth, anschließend aktiviert die Q2 dann ohne weiteres Zutun das Wi-Fi-Funknetz und das Smartphone meldet sich darin an. Nur unter iOS muss die Netzwerkanmeldung noch bestätigt werden. Nachdem Kamera und Smartphone einmal gekoppelt sind, geht der Verbindungsaufbau ganz schnell, wobei wiederum eine Bluetooth-Verbindung den Anfang macht und danach das Wi-Fi-Netzwerk etabliert wird. Sofern im BluetoothMenü die Option „Fern-Aufwachen“ eingeschaltet ist,
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rungsstütze, ob sich ein Bild noch ausschließlich in der Kamera oder auch schon auf dem Smartphone befindet, werden Erstere vor einem schwarzen Hintergrund, Letztere vor einem weißen Hintergrund angezeigt. Beide Arten von Bildern lassen sich über eine „Teilen“-Schaltfläche speichern – etwa in einer Dropbox oder anderen Speicherlösung in der Cloud – oder auf einen Computer übertragen, aber auch an andere Anwendungen wie etwa einen Raw-Konverter übergeben. Dazu muss man die Aufnahme nicht erst herunterladen – so spart man sich einen Arbeitsschritt. Unter anderem kann der Fotograf in Lightroom CC den digitalen Zoomfaktor (28, 35, 50
oder 75 mm) wählen und das Resultat der Raw-Entwicklung dann speichern, um in Fotos oder anderen Apps darauf zuzugreifen. Die vielleicht wichtigste Funktion, die Fotos bietet, ist die Fernsteuerung der Kamera. Aus der App heraus lassen sich die Belichtungseinstellungen ISO, Blende, Verschlusszeit und Belichtungskorrektur wählen, Menüeinstellungen wie der Weißabgleich oder die Belichtungsmessmethode ändern und die Kamera fernauslösen. Das elektronische Sucherbild auf dem Smartphone folgt praktisch verzögerungslos den Bewegungen des Motivs oder der Kamera. Zur Fokussierung tippt man einfach das scharfzustellende Motiv an.
Die dau er ha ft e B lu etoot h- LEVerbindung, die den Akku der Kamera nicht zu s ehr b elast et, wä r e au c h n u tzbar für den Datenaustausch im H in t erg ru n d.
Ausb l i c k. Leica arbeitet daran, Fotos im Zusammenspiel mit der Q2 noch zu erweitern. Die Bluetooth-LEVerbindung, die dauerhaft aufrechterhalten werden kann, ohne den Kamera-Akku zu sehr zu belasten, ließe sich auch für den Datenaustausch im Hintergrund nutzen. Dann könnte man die Uhrzeit von Smartphone und Kamera synchronisieren oder GPS-Daten des Telefons für das Geotagging von Aufnahmen verwenden, unabhängig davon, ob man auf den Auslöser der Kamera gedrückt oder sie über die App gesteuert hat. Solche Funktionen werden über Updates der App zur Verfügung gestellt, denn die Entwicklung von Fotos geht weiter. michael j. hussmann
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HA M S a „Das arabische Wort ‚Hamsa‘ steht für die Zahl fünf. Ich arbeite in Eminönü, dem historischen Teil von Istanbul. Als ich eines Tages nach Hause ging, sah ich diese fünf Frauen Seite an Seite. Ich nutzte die Chance, als sich eine von ihnen plötzlich umdrehte, nachdem sie bemerkte, dass ich hinter der Gruppe fotografierte.“ Mehmet Esen Leica M10 mit Summicron-M 1:2/35 Asph
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J u n g e mi t Pa pag e i „Dieses Foto ist im Inselstaat São Tomé und Príncipe, rund 250 Kilometer westlich der afrikanischen Küste, entstanden. Der Junge hat sich einen grauen Papagei, der für diese Region typisch ist, als Spielgefährten auserkoren. Sichtbar stolz und voller Respekt präsentiert er ihn der Kamera.“ Pedro Matos Leica M240 mit Summilux-M 1:1.4/35 Asph
d e r S ta n d d e s m e tzg e r s „Ich fotografiere gerne auf Märkten, da sie die Kultur und den Puls einer Stadt widerspiegeln. Während andere Stände LEDs benutzen, hängen hier noch alte Lampen, was dem Ganzen eine komplett andere Atmosphäre verleiht. Die Beleuchtung hat mich sofort in den Bann gezogen.“ Antonio Leong Leica M10 mit Summicron-M 1:2/28 Asph
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mann ohne gesicht „Wegen einer Panne wartete ich irgendwo in Dehli auf den nächsten Bus und fotografierte die Menschen, die zufällig an der Hauswand neben mir entlang liefen. Mir gefällt, wie das Gesicht dieses Passanten vor dem Fenster beinahe im Nichts verschwindet. Es wirkt sehr mysteriös.“ Mehmet Esen Leica M262 mit Summicron-M 1:2/28 Asph
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Ei n S t e r n au f b e i n e n „Ich fotografiere gern während verregneter Nächte in Städten. Dieses Bild entstand in Macao. Die Reflexionen des Kunstlichts in der Nässe erzeugen eine ganz eigene Stimmung. Das Mädchen mit dem Licht schien wie ein Stern im Nirgendwo, sodass ich nicht lange gezögert habe.“ Antonio Leong Leica M10 mit Summicron-M 1:2/28 Asph
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„In dieser Situation hatte ich großes Glück, weil der Arbeiter nur ganz kurz in dieser Position verharrte. Ich bin deshalb sehr froh über meine schnelle Reaktion. Hier haben sich die unzähligen Übungsstunden im zügigen Fotografieren vertikaler Bilder bezahlt gemacht!“
„Dieses Bild entstand in Malis Hauptstadt Bamako. Der Herr auf dem Foto ist der Chef eines städtischen Distrikts. Nachdem er mich zu sich eingeladen hatte, setzte er sich und starrte mich an. Seinen eindringlichen Blick musste ich unbedingt einfangen.“
Jonathan Eden-Drummond Leica M-E220 mit SummaronM 1:3.5/35
Jean-Michel Clajot Leica M246 mit Summilux-M 1:1.4/50 Asph
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Kl e i n e geschenke „In der Vorweihnachtszeit besuchte ich eine Siedlung, in der Sinti und Roma leben. Die Eltern dieser Kinder haben kaum Geld, die Familie kämpft jeden Tag wieder ums Überleben. Ich hatte ihnen Süßigkeiten und Kleidung mitgebracht und konnte dort diese Aufnahme machen.“ Martin Krystynek Leica Q, Summilux 1:1.7/28
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pph hoto oto – –b b oü ockhse–r e–xAu h i bsistti e olnlsu n –g fen s t–i va Awa s – rds – f elsst i–va ls r – dAwa
Alec Soth: Bill and Marth’s, St. Louis, aus I know how furiously your heart is beating
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G uy T i l l i m
Fotos: © Estate of Evelyn Hofer; © Guy Tillim; © Alec Soth, courtesy of the artist and Mack; © Museum Folkwang Essen/Arthotek (Walter Peterhans, Mädchen mit Orangen, vor 1930)
M u s e u m o f T h e R e vo lu t i o n
E v e ly n H o f e r begegnungen
Ein schönes Buch! Wenngleich „schön“ eigentlich keine Kategorie für eine Besprechung sein sollte, aber hier stimmt alles: Auswahl, Abfolge, Verarbeitung, Textbegleitung. In den letzten Jahren ist das Werk der deutsch-amerikanischen Fotografin (1922–2009) merklich stärker in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt, sodass die Aussage eines Kritikers der New York Times, sie sei „die berühmteste unbekannte Fotografin Amerikas“, kaum noch gelten kann. Auch dieser Bildband, der eine Werkschau aus fünf Jahrzehnten begleitet, belegt die Vielfalt Hofers. Die Aufnahmen zeigen Stadtansichten und Künstlerporträts, vor allem aber überraschen die Stillleben in klassischem Schwarzweiß, aber immer wieder auch in satter Farbintensität. Ihre Aufnahmen sind nie Schnappschüsse, sondern die Fotografin schuf vorzugsweise mit der Großbildkamera und langen Belichtungszeiten exakt komponierte Bilder. Nicht ohne das Gefühl der Melancholie schaut der heutige Betrachter auf eine noch analoge Welt, erlebt die Kraft des fotografisch gestalteten Bildes. Diese erscheinen oft zeitlos, gleichwohl an den Details die Datierung möglich ist. Treffend wird im Vorwort des Buches ein Paradox beschrieben: Die Fotografien Hofers mögen deshalb noch heute so berühren, „weil sie sich dem Vergehen der Zeit widersetzen und es zugleich unabweisbar vor Augen führen“. 280 Seiten, 190 Schwarzweiß- und Farbabbildungen, deutsch/englisch, 22,7 × 27,3 cm, Steidl
Straßen als stille Zeugen des Spannungsverhältnisses von Kolonisation und Dekolonisation, Kapitalismus, Konsum, Macht und Repräsentation: Die Bilder des südafrikanischen Fotografen (*1962) entstanden zwischen 2014 und 2018 in afrikanischen Großstädten. Hier zeigt sich die Vielfalt politischer und gesellschaftlicher Veränderungen der letzten Jahrzehnte. 136 Seiten, 65 Farbabb., englisch, 28,5 × 26,5 cm, Mack Books
Alec Soth
B au h au s M ä d e l s A tr i b u t e t o p i o n e e r i n g w o m e n a rt i s t s
In der Fülle der Publikationen anlässlich des BauhausJubiläums mag der Titel zunächst oberflächlich wirken, doch umso bedeutsamer ist es, die Bezeichnung „Bauhausmädel“ als ein modernes, selbstbewusstes Rollenbild im Kontext der Zeit zu verstehen. 87 ganz unterschiedliche Biografien stellt der Autor Patrick Rössler vor, darunter bekannte Protagonistinnen, aber auch Entdeckungen.
I K n ow H ow F u r i o u s ly Yo u r H e a rt I s B e at i n g
„Es geht einfach darum, die zerbrechliche, rätselhafte Schönheit des Lebens einer anderen Person zu sehen“, so die Erklärung des Fotografen (*1969) zu seiner Serie. Die Porträts entstanden im Laufe des letzten Jahres in den USA und in Europa, unter anderem in Großbritannien. 84 Seiten, 38 Farbabb., englisch, 30 × 33,5 cm, Mack Books
Allein 460 Studentinnen am Bauhaus lassen sich heute nachweisen. Nicht zuletzt das reiche Bildmaterial mit vielen Porträts und Selbstporträts zeigt, welchen Anteil Frauen als Lehrende und Studierende am Bauhaus-Mythos haben. 480 S., div. Schwarzweiß-Abb., engl./dt./fr., 17 × 24 cm, Taschen
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Mondsüchtig Fotostiftung, Winterthur
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8. Juni — 6. Oktober 2019; Foto: Edy Brunner: Apollo 11, 1969
„La vie“ ist französisch und bedeutet „das Leben“. Zugleich ist es der Titel einer Ausstellung über die Grand Dame der humanistischen Fotografie. Sabine Weiss wurde in Saint-Gingolph in der Schweiz geboren, zog 1946, im Alter von 22 Jahren, in die Stadt der Liebe – nach Paris. Die Stadt ist für Fotografen ein Fest. Eiffelturm und La Bohéme, Moulin Rouge und La Boutille, Clochards und Bouquinisten, Küssende und Künstler. In Paris fotografiert sie ihre Charakterstudien, das Leben auf der Straße, den Alltag, die Arbeit und die Freizeit der Menschen. Zwischen Montparnasse, St. Germain-des-Près und Montmartre versammeln sich die Dichter, Maler und Musiker. „Ein gutes Bild ergibt sich von selbst“, soll Weiss einmal gesagt haben. Und damit meinte sie wohl auch die Flut an Ereignissen, die in dieser Stadt an ihr vorbeizogen. Gleichsam wurde sie zur Geschichtenerzählerin, tauchte zufällige Situationen in Licht und Schatten, in Atmosphäre und Schwarzweiß. Mittlerweile ist die Fotografin aus dem Kanton Wallis 94 Jahre alt geworden. Die Kölner infocus Galerie widmet ihrem Lebenswerk aus sieben Jahrzehnten eine eigene Ausstellung. Sie sei keine Künstlerin, sondern eine Kunsthandwerkerin, sagte Weiss noch vor drei Jahren in einem Interview über ihre Arbeit. Und doch ist es eine Kunst, das Vergängliche, die flüchtigen Momente aus Gesten, Haltungen und Objekte als Zeugnisse unseres Daseins für die Ewigkeit festzuhalten. Sensibel, genau und feinsinnig. 4. Mai — 4. Juli 2019; Foto: Sabine Weiss, Man with Black Coat, Paris 1954
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É DO UA R D B A L D U S W e s t l i c h t, W i e n
Die Fotografie feiert 180. Geburtstag und WestLicht unternimmt aus diesem Anlass eine Reise in die Frühzeit des Mediums. Transit und Monument zeigt 70 großformatige Albuminabzüge von Trassen, Brücken und Bahnhöfen entlang der Strecke Paris über Lyon bis ans Mittelmeer aus dem Jahr 1863. 5. April — 21. Juli 2019; Foto: Édouard Baldus: Toulon, Albuminabzug
Saul L e i t e r V e r s i c h e r u n g s ka m m e r K u lt u r s t i f t u n g , M ü n c h e n
Der niederländische Maler Vincent van Gogh hat einmal gesagt: „Es sind Harmonien und Kontraste in den Farben verborgen, die ganz von selbst zusammenwirken.“ Die Bilder des amerikanischen Fotografen Saul Leiter vermögen genau das – sie erscheinen als verschwommene, ästhetische Farbimpulse, als Reflexionen des Treibens auf der Straße, als Verwandlungen des Raums in eine Fläche. Schon als Teenager begann er zu malen,
später brachte er als einer der ersten überhaupt die Farbigkeit in die Fotografie ein. Die Ausstellung präsentiert Arbeiten aus den 1940er- und 50er-Jahren – es sind Fragmente des Andenkens an eine unvollendete Welt. 5. Juni — 15. September 2019; Fotos: Saul Leiter: Harlem 1960; Taxi, ca. 1957
Fotos: © Sabine Weiss; © Edy Brunner; © Édouard Baldus; © Saul Leiter, courtesy Howard Greenberg Gallery, New York (2)
Sab i n e W e i s s
Der Mond als immer noch unfassbares Gestirn steht im Mittelpunkt der Ausstellung, die sich ihm mit fotografischen Erkundungen nähert. Neben historischen Aufnahmen sind zeitgenössische Arbeiten zu sehen. Romantische Verklärung und technische Leistung: Die Bilder spiegeln die sinnliche Faszination des Gestirns trotz seiner Entzauberung durch die erste Mondlandung 1969.
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B e At P r e s s e r
Foto: © Beat Presser
Horizonte, Zing st
Das Umweltfotofestival Horizonte in Zingst geht ins zwölfte Jahr und widmet sich 2019 drei Schwerpunkten: den Problemen des Klimawandels, den Gefahren durch Plastikvermüllung der Meere und der Schutzbedürftigkeit der Artenvielfalt. In Multivisionsshows, Workshops und Ausstellungen sind Besucher und Fachpublikum eingeladen, sich zu begegnen und über die Themen auszutauschen. Im Kunsthallenhotel Vier Jahreszeiten präsentiert sich das Gastland Schweiz mit dem LeicaFotografen Beat Presser. Einmal um die Welt ist ein Ausflug ins Unbekannte, in eine Atmosphäre des Verborgenen. Presser ist ein Weltenbummler, der seine Eindrücke in allen Winkeln des Planeten sucht: Kolumbien, Peru, Bra-
silien, in Asien, Afrika oder der Toskana. Umwelt ist für ihn mehr als nur die eigene Umgebung, sondern ein Begriff für den Globus schlechthin. In Thailand und Kambodscha fotografierte er die Mönche im Alltag, auf Pilgerreisen oder Festen, im Indischen Ozean begleitete er Schiffbauer und Fischer auf ihren selbstgebauten Seglern – sogenannten Dhaus – , in der Schweiz dokumentierte er die Schönheit von Wasser- und Eislandschaften. Als Entdecker der Welt fungiert der Fotograf zugleich als deren Beschützer vor drohenden Gefahren: In packenden Bildergeschichten erzählt Presser uns von einer Faszination, die zu verlieren gehen droht. 25. Mai — 30. Juni 2019; Foto: Beat Presser: Fruits de mer, Madagaskar 1992
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Die wunderbare Geraldine Chaplin, Berlin 2012 (o.); der Schauspieler Moritz Bleibtreu, Hamburg 2009 (li.); die unvergleichliche Miss Piggy at the Ritz, Berlin 2012 (u.). Alle Fotografien stammen aus der Serie Iconication
A n ato l Ko t t e : I c o n i c at i o n
Mit Iconication, einer Werkschau des großen Porträtfotografen Anatol Kotte, eröffnete im Mai in Konstanz die jüngste Leica Galerie ihre Pforten. Schauspieler, Politiker, Musiker und Puppen, weltberühmte Stars und interessante Persönlichkeiten – Kotte hat die für ihn wichtigsten Bilder der vergangenen 30 Jahre zusammengestellt. Der deutsche Fotograf schafft es in seinen Porträts immer wieder, seinem Gegenüber sehr nah zu kommen und einen besonderen Augenblick festzuhalten. Gerade bei den großen Persönlichkeiten fällt das nicht immer 116 |
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leicht, zumeist ist bei ihnen die Zeit knapper und die Distanz größer. Was genau bedeutet Iconication? Auf diese Frage antwortet Kotte in seinem gleichnamigen Buch (2015 bei HatjeCantz erschienen): „Der Titel bezieht sich auf meine Arbeitsweise. Eher wenige Belichtungen und viel Kopfarbeit im Vorfeld. Und letztlich auf das zweifelhafte Ikonisieren von Prominenten und die Rolle des Fotografen als deren Helfer.“ Die neue Leica Galerie und der kurz zuvor eröffnete neue Leica Store Konstanz liegen in der Niederburg,
einem mittelalterlichen Stadtteil in unmittelbarer Nähe zum Bodensee und zur Schweizer Grenze. Das Kuratorenteam Markus Brenner, Judith Borowski und Barbara Marie Hofmann plant in den historischen Räumen pro Jahr vier Schauen international renommierter Fotografen: „Kriterium für die Auswahl der ausgestellten Arbeiten ist deren fotografische Eigenständigkeit: Gezeigt wird, was den Blick festhält und gefangen nimmt.“ 17. Mai — 18. August 2019, Leica Galerie Konstanz, Gerichtsgasse 10, 78462 Konstanz
Fotos: © Anatol Kotte
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5 x 5 – Eduardo Marques, Jaime Sá, Jaime Silva, Luis Mota, Ricardo Marques
THA | 10330 Bangkok, 2nd Floor Gaysorn Village, 999 Ploenchit Road 30. April — 16. Juni 2019
POR | 4000-427 Porto, Rua d. Sá da Bandeira, 48/52 6. April — 8. Juni 2019
Boston P r ag
Neal Preston: Exhilarated and Exhausted
Miroslav Hucek: Homes
USA | Boston, MA 02116, 74 Arlington St. 25. April — 7. Juli 2019
TCH | 110 00 Prag 1, Školská 28
F r a n kf u r t
Sa l z b u r g
Régis Bossu: More than just a Kiss GER | 60311 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 15 22. März — 22. Juni 2019
26. April — 16. Juni 2019
Ra l p h G ib s o n LeicA Galerie London
TUR | 34381 Şişli/İstanbul, Bomontiada – Merkez, A Birahane Sk. No:1 Mitte Juni — August 2019
60 Jahre Fotografie von Ralph Gibson – dieses Jubiläum feiert die Leica Galerie London mit Shadow and Light, einer Ausstellung von Werken des US-Amerikaners, die zwischen 1970 und 1990 entstanden sind. Satte Schwarzweißbilder, sensibel und oft mit einem surrealen Blick komponiert.
Kyoto
UK | London, 64–66 Duke Street W1K 6JD 4. Mai — 29. Juni 2019
I s ta n b u l
Student Group Show featured by Dogus Group
Leslie Kee: Bookish
Fotos: © Ralph Gibson, from Infanta, 1987; from Quadrants, 1975; © Yasuhisa Ishii
Vincent Lagrange AUT | 5020 Salzburg, Arenbergstr. 10 25. Mai — Oktober 2019 Si n gap u r
wa r s c h a u
Thomas Herbrich: The Truth about the Moon Landing
PhotoVogue ITA | 20121 Mailand, Via Mengoni 4 27. Mai — 8. Juni 2019
GER | 90403 Nürnberg, Obere Wörthstr. 8 4. Mai — 6. Juli 2019
Schloss Arenberg
TWN | Taiwan, No. 3, Ln. 6, Qingtian St., Da’an Dist., Taipei City 106 Ende April — Juli 2019
M ai l a n d
Norbert Rosing: Wilde Arktis – Im Reich der Eisbären
BRA | 01240–000 São Paulo, Rua Maranhão, 600 Higienópolis 5. April — 8. Juni 2019
Wu Bai: It’s Not Far, Actually
USA | West Hollywood, CA 90048, 8783 Beverly Boulevard 13. Juni — 31. Juli 2019
Nürnberg
Lenny Kravitz: Flash
Taip e h
Henri Cartier-Bresson: The Eye of the Century
AUS | Melbourne, VIC 3000, Level 1 St Collins Lane, 260 Collins Street 17. Mai — 31. Juli 2019
S ão Pau l o
SIN | Singapur, Raffles Hotel Arcade, #01-20/21, 328 North Bridge Rd., 188719 16. Mai — 16. Juni 2019
Los Angeles
Allan Schaller: Metropolis
AUT | 5020 Salzburg, Gaisbergstr. 12 12. April — 6. Juli 2019
Rosalynn Tay: Dream A Little Dream
JPN | Kyoto, 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku 25. Mai — 22. August 2019
MElbourne
Alan Schaller: Metropolis
POL | 00–496 Warschau, Mysia 3 13. Juni — 28. Juli 2019
Ya s u h i sa I s h ii
Wetzlar
LeicA Galerie Tokio
Lenny Kravitz: Drifter
Der japanische Arzt und Fotograf Yasuhisa Ishii entführt in seinen Bilderwelten in eine Natur, die wie ein Organismus wirkt – Wassertropfen wie Zellen, Bäume wie Nervenstränge, Regen und Schnee als Transmitter. A Sea of Cells, a Forest of Nerves ist das erste Kapitel seiner neuen, fortlaufenden Serie. JPN | Tokio, 6-4-1 Ginza, Chuo-ku 17. Mai — 18. August 2019
GER | 35578 Wetzlar, Am Leitz-Park 5 24. Mai — Ende August 2019 wien
Ekaterina Sevrouk: Last Paradise AUT | 1010 Wien, Walfischgasse 1 5. April — 15. Juni 2019 Zi n g s t
Ekaterina Sevrouk: Last Paradise GER | 18374 Zingst, Am Bahnhof 1 24. Mai — 15. Oktober 2019
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Foto: Š Sirkka-Liisa Konttinen
„E i n e i n z i g a rt i g e s , s e h r l e b e n d i g e s A r c h i v.“ i n t e rv i e w
Seit über 50 Jahren dokumentieren die Fotografen und Filmemacher von Amber das Leben im Nordosten Englands. Ein Gespräch mit Gründungsmitglied Sirkka-Liisa Konttinen über ein der Humanistischen Fotografie verpflichtetes Kollektiv.
Fotos: © Sirkka-Liisa Konttinen, © Alys Tomlinson
LFI: Das Film- und Fotokollektiv Amber widmet sich der Humanistischen Fotografie und befasst sich nur mit bestimmten Themen. Wer sind die Gründer, was macht es einzigartig? Sirkka-Liisa Konttinen: Wir konzentrieren uns auf den industriell geprägten Nordosten Englands, die Arbeiterklasse dort, den Alltag und Landschaften. Der Kern der Gründungsgruppe hatte sich an der Filmschule Regent Street Polytechnic in London gefunden. Nach dem Abschluss zogen wir nach Newcastle mit dem Ziel, einen ständigen kreativen Dialog
mit den industriellen Gemeinschaften der Region zu führen. Filmemacher und Fotografen arbeiten oft Hand in Hand. Sie teilen sich Recherchen und Locations, der Einfluss ist wechselseitig, sie bauen Beziehungen untereinander auf. Es ist eine sehr fruchtbare Art zu arbeiten. Und wir haben ein sehr lebendiges Archiv. LFI: Ihr Archiv ist online und enthält fotografische Essays, Reportagen sowie Dokumentar- und Spielfilme. Die Bandbreite ist beeindruckend. Konttinen: Im Gegensatz zu anderen Archiven, in denen es viele verschiedene Schwerpunkte gibt, gehen die Produktionen und Auftragsarbeiten von Amber als Gesamtwerk ins Archiv, mit Filmen und Bildern. Wir haben mehr als 20 000 Fotografien und 100 Filme. Es ist ein lebendiges Archiv, eine Quelle der Inspiration für Fotografen und andere, die nach Anregungen für ihre Arbeiten suchen.
Oben: Alys Tomlinson: aus ihrer Serie ExVoto, 2018; links: Sirkka-Liisa Konttinen: David and Daughters, aus ihrer Serie Byker Revisited, 2003–2009; linke Seite: SirkkaLiisa Konttinen: Girl on a Spacehopper, aus ihrer Serie Byker, 1971
LFI: Wie hat Amber es geschafft,
50 Jahre lang zusammenzuarbeiten?
Konttinen: Der wahre Schlüssel zur
Kontinuität waren die auf Vertrauen gegründeten Beziehungen und →
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es um das wirkliche Leben geht. Jede Geschichte produziert neue Herangehensweisen, entsprechend der sich wandelnden Gesellschaft. In meinem Fall bedeutete das eine schrittweise Verlagerung von der Street Photography hin zu einer Fotografie, bei der man mit den Protagonisten zusammenarbeitet. Der Humanismus steht im Mittelpunkt jedes Ansatzes, was bedeutet, den Protagonisten selbst eine Stimme zu geben.
„ E s s o l lt e m e h r I n t e r e s s e a n S u b s ta n z g e b e n . “
LFI: Wie hat sich die Arbeit von Amber über die Zeit weiterentwickelt? Konttinen: Wir stehen vor den gleichen Problemen wie viele Dokumentaristen: Fragen von Zugang und Verantwortlichkeit. Was dabei unsere Geschichten immer wieder voranbringt, sind die langfristigen Beziehungen, die wir in mehr als einem halben Jahrhundert aufgebaut haben. Es ist ein ständiges Experiment in der Beziehung zwischen der Gemeinschaft und dem Künstler.
Im Uhrzeigersinn von ganz oben: Karen Robinson, aus ihrer Serie All Dresses Up, 2005; Izabela Jedrzejczyk, aus ihrer Serie Jungle Portraits, 1981; Mik Critchlow: Mining apprentices, Ashington Colliery, aus seiner Serie Ashington, 1981; Yan Wang Preston: Frank (2), June, 2013, aus ihrer Serie Forest, 2013
das nicht von Hierarchien geprägte Arbeitsumfeld, das es uns ermöglicht hat, uns langfristigen Projekten zu widmen und uns weiterzuentwickeln. Amber begann, einfache Dokumentarfilme über den Niedergang der Industrien zu drehen, und entwickelte das weiter bis hin zu Spielfilmen, in denen 120 |
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Galerie zu gründen, die Side Gallery? Konttinen: In den 1970er-Jahren gab es in Newcastle keine Galerie, die Fotografie zeigte, deshalb gründeten wir 1977 die Side Gallery, in bester Tradition humanistischer Dokumentarfotografie. Beginnend mit Edgar Lee wurden die Arbeiten einheimischer und internationaler Fotografen in Newcastle präsentiert. Verbindungen zu Fotografen auf der ganzen Welt führten zu weiteren Ausstellungen. Henry Cartier-Bresson feierte seinen 70. Geburtstag mit einer großen Show in der Side Gallery und kam dann zusammen mit seiner Frau Martine Franck, die auch eine Weile bei uns blieb, zu Amber. Neben der Galerie haben wir auch das Side Cinema gegründet, das Filmprogramme, Gespräche und Veranstaltungen rund um die Ausstellungen organisiert. LFI: Was würden Sie als größten Erfolg von Amber bezeichnen? Konttinen: Wir hoffen sehr, dass unsere Ausdauer als Kollektiv auch über uns hinaus weiter bestehen bleibt.
Fotos: © Karen Robinson, © Izabela Jedrzejczyk, © Mik Critchlow, ©Yan Wang Preston
LFI: Wie kamen Sie auf die Idee, eine
Unser größter Erfolg ist sicherlich das einzigartige, zusammenhängende Archiv filmischer und fotografischer Arbeiten, das seit über 50 Jahren wächst. Kürzlich wurde zur Sicherung der Werke der Amber Side Collection Trust gegründet, damit unsere Arbeiten permanent für neue relevante Kontexte zur Verfügung stehen. Sie werden in unseren eigenen Bildungsprogrammen für Schüler eingesetzt, um eine Beziehung mit der Vergangenheit und mit den Entwicklungen in der Region aufzubauen und eigene fotografische Geschichten zu entwickeln. Neben den Fotografien und Filmen von Amber sind auch meine eigenen Arbeiten im Archiv. Seit 2011 gehören sie wegen ihres „herausragenden Werts und ihrer Bedeutung für das Vereinigte Königreich“ zum Unesco Memory of the World.
Peak design everyday sling Die Kameratasche für Minimalisten. Hier finden Sie reichlich Platz für alle Arten von Systemkameras, Zubehör und Notebook.
LFI: Was ist Ihre Mission bei Amber
in puncto Dokumentarfotografie?
Konttinen: Dokumentation als eigen-
ständige Kunstform wiederzubeleben, vor allem auf Seiten des Medienund Kulturbereichs. Diese wird von den Museen und bedeutenden Kunstförderern gerade wiederentdeckt. Sie haben uns erzählt, dass Dokumentarfotografie „nur die Aufzeichnung von Geschichte“ sei. Obwohl von der Öffentlichkeit viel nachgefragt, mussten viele Fotografen im Nordosten aufgrund mangelnder Finanzierungsmöglichkeiten aufgeben.
LFI: Was wünschen Sie sich für die Fotoszene, national und weltweit? Konttinen: Es sollte mehr Interesse an Substanz geben. Interview: Carla Susanne Erdmann
S i r kka-L i i sa Ko n t t in e n Geboren 1948
in Myllykoski, Finnland. In den 1960er-Jahren studierte sie Film in London. 1968 war sie Mitbegründerin des Amber Film and Photography Collective. Die AmberSide Collection umfasst mehr als 20 000 Fotografien, 100 Filme, 10 000 Dias – ein einzigartiger Bestand von rund 400 Reportagen. Aus st e l lu n g e n : Yan Wang Preston: Forest und Alys Tomlinson: Ex-Voto, beide 6. April bis 9. Juni 2019; www.amber-online.com
j e tzt Be ste ll e n :
l f i- onl ine. d e/Sh o p
L e i c a F o t o g r a fi e I n t e r n at i o n a l
J e a n P i g oz z i m e i n B il d
Bereits in den 1970er-Jahren machte der Fotograf mit Faye Dunaway eines seiner ersten Selfies. Einen Selfie-Stick braucht Pigozzi auch heute nicht, er hat lange Arme.
71. Jahrgang | Ausgabe 4. 2019
LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefreda ktion Inas Fayed A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Denise Klink, Bernd Luxa, Danilo Rößger, David Rojkowski bildreda ktion Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Carla Susanne Erdmann, Katja Hübner, Marc Oliver Rühle, Ulrich Rüter, Holger Sparr, Katrin Ullmann Gesch ä ftsführung Steffen Keil A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 47 vom 1.1.2019
Faye Dunaway und Jean Pigozzi, 1974
Das erste Selfie machte ich gemeinsam mit Freunden während meiner Zeit in Harvard in den frühen 1970er-Jahren. Das erste Selfie, das ich mit einer Prominenten machte, war das mit Hollywood-Star Faye Dunaway. Es entstand ebenfalls während meiner Studienzeit in Harvard. Die Schauspielerin war zu der jährlichen Party der studentischen Vereinigung Hasty Pudding Theatricals gekommen, um den Hasty Pudding Award als „Woman of the Year” entgegenzunehmen. Der Gedanke hinter den Selfies ist ja, dass man im Gegensatz zu einem Autogramm – egal ob von Mick Jagger oder Dolly Parton – sicher sein kann, dass man eine Person wirklich getroffen hat. Es gibt einfach keine Möglichkeit, die Sache zu fälschen. Für meine Selfies – und ich habe Hunderte davon – benutzte ich immer eine Leica mit einem 35- oder 40-mm-Objektiv. Jean Pigozzi, 1952 in Paris geboren, lebt als Unternehmer, Philanthrop und Kunstsammler in Paris, New York und Panama. Seit den frühen 1970er-Jahren fotografiert er, oft in Schwarzweiß und gern als Selfie, seinen illustren, prominenten Freundeskreis.
LFI 5/2019 erscheint am 28. Juni 2019
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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jährlich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Versandkosten): Deutschland: 58 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 63 € weltweit: 69 € LFI gibt es auch als kostenlose App im Apple iTunes Store und bei Google Play. Ältere Hefte sind als dort als In-App-Käufe erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redaktion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.
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