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6. 2 0 1 8 au g u st | S e p t e m b e r
D 7,50 € A 8,50 € L 8,70 € I 8,80 € CHF 13,20
D 19088 F
Stefan Moses Caimi & Piccinni Tomaso Clavarino
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L e i c a F o t o g r a f i e I n t e r n at i o n a l
Julio Bittencourt
An exploration on Trust By Jess Bonham and Anna Lomax
wetransfer.com
Lfi 6. 2018
p o rt f o l i o l i g h tb ox
F / sto p
102 | Lfi . Galerie
86 | Leica SF 60
Über 23 000 Fotografen präsentieren in der LFI-Galerie mehr als 300 000 Bilder. In diesem Heft: futuristische U-Bahn-Stationen, Kinder im besten Licht und farbenfrohe Architektur
Die Neuzugänge in Leicas Zubehörsegment, das Blitzgerät SF 60 und die Funkfernsteuerung SF C1, waren überfällig. Ältere Systemblitze sind mit der neuen Steuereinheit kompatibel
P h o to
90 | motion blur Einst als vermeidbarer Fehler empfunden, ist sie heute ein beliebter Effekt: die Bewegungsunschärfe. Über die kreativen Möglichkeiten des dynamischen Gestaltungsmittels
112 | bücher
Benjamin Kaufmann: aus der Serie Motion Blur
Neue Publikationen von Kai Löffelbein, Paul d’Amato, Saul Leiter und Loredana Nemes 1 1 4 | A u s s t e ll u n g e n
98 | Museum Leica In loser Folge beginnt LFI in dieser Ausgabe mit einer Serie, die sich besonderen Exponaten im neuen Leica Museum in Wetzlar widmet
Julio Bittencourt 6 | Pl e t h o r a
Welche Bedeutung hat das Individuum in der Gesellschaft? Beeindruckende Kompositionen und Bilder von Enge und Einsamkeit
Tomaso Clavarino 28 | Prophets and Profits
Sie versprechen Wunder und bitten dreist zur Kasse: christliche Fundamentalisten und ihre Geschäfte mit den Ärmsten in Ghana Das Blitzgerät SF 60: auch per Funk steuerbar, eine Sichtverbindung ist nicht nötig
Caimi & Piccinni
Delete, Hamburg; Ins Offene, Halle; Doing the Document, Köln; Werner Bischof, Kriens; Stillleben in der Fotografie der Gegenwart, Wien 116 | Leica Galerien Die Ulrich-Mack-Ausstellung in der Leica Galerie Nürnberg und der Überblick über das Pro gramm der Leica Galerien weltweit, u. a. mit Craig Semetko und Szymon Brodziak 1 1 8 | I n t e rv i e w Die Fotografie-Initiative Organ Vida, Kroatien, feiert das zehnjährige Bestehen. Im Gespräch: die künstlerische Leiterin und CoGründerin Marina Paulenka
4 2 | Rh o m e : Th e U n e x p e c t e d S i d e
Ein Experiment zwischen Dokumentation und Fiktion: Dem Fotografenteam gelang eine ganz eigene, einzigartige Hommage an die Ewige Stadt
Benjamin Kaufmann 6 0 | M o t i o n Bl u r
Sinnvolle Unschärfe in ihrer schönsten Form: entstanden durch die Synchronisation von Blitz, Licht und Bewegung
1 2 2 | m e i n B i ld Bei einem Shooting mit Bernard Henri Levy gelang Frédéric Stucin nur mit einer Notlüge die entscheidende Aufnahme 122 | impressum
Stefan Moses 7 0 | L e i c a K lA s s i k e r
Im August wäre er 90 geworden: eine Hommage an Stefan Moses (29. August 1928 – 3. Februar 2018), einen der wichtigsten Porträtisten der Bundesrepublik
Cover: Julio Bittencourt, aus der Serie Plethora
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LFI 500
sc h ö n wa r d i e z e i t A n e kd o t e n u n d G e s c h i c h t e n r u n d u m L F I
Vor 50 Jahren lag der englischen Ausgabe der LFI 3/1968 ein kleiner Zettel bei, der den Abonnenten in den Vereinigten Staaten erklärte, dass aufgrund eines Streiks der Dockarbeiter an der Ostküste der USA die Ausgabe 1/1968 nicht entladen werden konnte und an Bord des Frachters verbleiben musste. Die E. Leitz Inc., die für den Vertrieb der LFI in Nordamerika damals zuständig war, entschuldigte sich mit dem unscheinbaren Zettel in der übernächsten Ausgabe bei den Abonnenten. Die Hefte blieben an Bord, bis das Schiff New York das nächste Mal anlief. Wann das der Fall war, ist leider nicht überliefert. Haben auch Sie eine kuriose, lustige oder einfach nur interessante Geschichte rund um die LFI erlebt und möchten sie mit uns teilen? Die spannendsten Anekdoten aus den letzten 70 Jahren werden wir anlässlich der 500. LFIAusgabe veröffentlichen. Senden Sie Ihre Geschichte bis zum 15. Oktober 2018 an stories@lfi-online.de
Contributor
Während der Begriff Plethora im Deutschen nur in der medizinischen Fachsprache üblich ist, wird das aus dem Griechischen kommende Wort im angelsächsischen Sprachraum auch in seiner ursprünglichen Bedeutung Überfluss oder Überfülle verwendet. Warum der aus Brasilien stammende und in São Paulo und New York aufgewachsene Fotograf sein Langzeitprojekt so genannt hat, zeigen die Aufnahmen mehr als deutlich – und auch, dass es einen Überfluss an Einsamkeit geben kann. 4 |
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To m as o C l ava r i n o Ohne die kompakten Ausmaße der Leica M-P wäre die Bildsprache von Prophets and Profits wohl ganz anders ausgefallen: „Obwohl ich auf meiner Reise zwei Kameras und zwei Objektive benutzte, war ich stets in der Lage, mich während des Fotografierens sehr diskret zu bewegen“, resümiert Clavarino. Das war auch nötig, denn die Serie nimmt selbst ernannte Kirchenführer und ihre Jünger in den Fokus und untersucht die Verbindung zwischen Religion, Macht und Abzocke in Ghana.
C a i m i & P i cc i n n i
Für ihr Projekt Rhome streifte das Fotografenduo durch die entlegensten Viertel von Rom. In einem ehemaligen Schlachthof entdeckten Caimi & Piccinni eine Gruppe älterer Herrschaften, die sich dort regelmäßig trifft, um zu Latino-Klängen zu tanzen. Als sie die aufgeputzte Gesellschaft fotografieren wollten, waren die Teilnehmer nicht gerade begeistert. Die meisten hielten das Tanzvergnügen vor ihren Partnern geheim und genossen die kleinen Fluchten. Und so soll es bleiben.
Fotos: © Julio Bittencouer, © Tomaso Clavarino, © Caimi & Piccinni
j u l i o B i tt e n c o u rt
LEICA. LEICA. DASDAS WESENTLICHE. WESENTLICHE.
LEICA CL So kompakt und diskret, dass sie in jede Hand passt. Und in jedes Herz. cl.leica-camera.com
P l e t h o ra
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Julio Bittencourt
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Welche Bedeutung hat der Einzelne in modernen Zivilisationen? Aus zahllosen Bildern komponiert Julio Bittencourt seinen Reigen der Großstadt. Ganz gleich wo fotografiert, ob dokumentiert oder inszeniert – Bittencourt will zum Diskurs über die Bedeutung des Menschen in der modernen Gesellschaft anregen.
To kyo S u bway . Menschen, viele Menschen, auf dem Weg zur Arbeit, zur Ausbildung, zum Einkaufen. Julio Bittencourt fotografiert immer den gleichen Ausschnitt mit wechselnder Besetzung. In der seriellen Zusammenstellung verliert die einzelne Szene an Bedeutung, das Gesamtbild gewinnt dafür enorme Kraft, die über den bloßen Inhalt hinausstrahlt
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9 to 5 . Fiktive Bürohochhäuser mit realen Szenerien – wie einen Voyeur lässt Bittencourt den Betrachter durch die Fensterscheiben blicken, die Menschen in ihrem stillen Tun beobachten. Alltagssituationen zu einem künstlerischen Tableau erhoben – in der stilistischen Strenge verschwindet das Menschliche
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R o o m 2 0 1 . Ein Setzkasten voller lebendiger Miniaturen – das Zimmer 201 in einem Capsule Hotel irgendwo in Asien; jede Szene wie aus einem Film, jede Person Darsteller der eigenen Geschichte. Viele kleine perfekte Momente zusammengesetzt zu einem Mosaik der Einsamkeiten. Raumnot wegen Überbevölkerung – und doch bleibt jeder in seiner eigenen Blase
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L au n d r o m at . Der ewig gleiche Rhythmus des Alltags spiegelt sich in der Serie aus dem Waschsalon besonders deutlich wider. Jung und alt, Mann und Frau, Familien und Einzelgänger – sie alle treffen sich im öffentlichen Raum und bleiben doch für sich allein – streng inszenierte Statisten eines absurden Zivilisationstheaters
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D e a d S e a . Freizeitvergnügen en masse – Enge, Nähe, Leib an Leib, was den einen unter höchsten Stress setzen mag, ist für den anderen eine willkommene Flucht aus dem von Arbeit, Reglement und Disziplin dominierten Alltag. Jedes einzelne Motiv transportiert das Thema „Übermaß” – in der Serie potenziert. Wo bleibt da der einzelne Mensch?
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Julio Bittencourt will keine fertigen Antworten auf die großen Fragen unserer Zeit liefern – aber er möchte mit seinen Serien zur Diskussion darüber anregen
J u l i o B i tt e n c o u r t Bittencourt liebt das Spiel mit Realitäten, sein Stil wirkt oft dokumentarisch, seine konzeptionellen Serien aber weisen weit über das Einzelbild hinaus. 1980 in Brasilien geboren, wuchs er in São Paulo und New York auf. In Langzeitprojekten untersucht er das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt. Seine Arbeiten werden weltweit publiziert und in Ausstellungen präsentiert.
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LFI: Der Begriff „Plethora“ bezeichnet Überfluss, Unmenge oder auch die krankhafte Überproduktion einer Körperflüssigkeit. Warum trägt die Serie diesen Namen? Julio Bittencourt: Die Idee, diesen Begriff zu verwenden, der eine große, gar exzessive Menge von etwas impliziert, empfand ich als sehr passend, weil wir ihn zumeist nur mit überfüllten Plätzen oder einer Unmenge von Dingen assoziieren. Er kann aber auch genau das Gegenteil bedeuten, wie man in Plethora sehen kann: von den in eine U-Bahn oder in ein Schwimmbad gezwängten Menschenmassen bis zu einem „Überfluss“ an Einsamkeit in Autos oder Hotelzimmern. Welche Überlegungen gab es, bevor Sie begonnen haben zu fotografieren? Oder war es die eine zündende Idee, die sich in einem Satz zusammenfassen lässt? In einem Satz: Eine Menschenmenge dämpft nicht das Gefühl von Einsamkeit. Ausgangspunkte waren große Metropolen und überbevölkerte Länder und – für jedes Unterkapitel – Themen, mit denen die meisten Menschen etwas verbinden können, Erholung etwa, Wohnen, Gewalt, öffentlicher oder individueller Verkehr. Während dieser vier- bis fünfjährigen Reise, wie auch bei allen anderen Projekten, war es mein Ziel, die Arbeit so weit wie möglich zu komprimieren, denn natürlicherweise ist es die Zeit, die herauspräpariert, was gehen muss, und dir sagt, was bleiben sollte. Individuum – Masse, Gemeinsamkeit – Einsamkeit, Tristesse – Konsum: Worum geht es in dieser Serie? Während der vergangenen zwölf Jahre habe ich mich einem Thema verpflichtet und mich allen Projekten als einem Kapitel dieses Themas genähert – dem Beobachten und der Interpretation der Beziehung des Menschen zu seiner direkten Umgebung in all ihren unterschiedlichen Formen, ohne Rück-
sicht auf Grenzen, Nationalitäten oder den Ort. Natürlich gibt es da diverse Schichten; besonders in diesem Projekt, in dem jede Serie selbst wiederum ein eigenes Kapitel darstellt. Dabei liegt der Fokus hauptsächlich auf großen Städten mit all den physischen und mentalen Einschränkungen, die sie mit sich bringen. Wie haben Sie entschieden, wo Sie für Plethora fotografieren wollten? Es war ein langer, aufregender und erschöpfender Prozess, der 2013/14 begann, mit Büchern, Notizen, Bildern, Post-its und Landkarten, die die Wände bedeckten. Ursprünglich hatte ich 60 Themen auf der Liste und schon vor der ersten Aufnahme waren etliche wieder verschwunden. Während des Fotografierens, das rund zwei Jahre dauerte, gab es frustrierende Versuche, die nicht funktionierten, oder andere, die beim ersten, zweiten und dritten Mal fehlschlugen und erst dann Sinn ergaben. Bei größeren Projekten ist das so, erst nach und nach beginnen die Bilder zu dir zu sprechen, dann wird klarer und deutlicher, wohin man geht und was zu tun ist. Jetzt, fünf Jahre später, bin ich glücklich mit den acht Geschichten, die ich umgesetzt habe. Drei Leica-Systeme habe ich dabei verwendet: M, SL und S. Für jede der Serien in Plethora war ein System ganz besonders geeignet. Im Gefängnis war es etwa die kleine, diskrete M mit einem 50er-Objektiv, im Schwimmbad die SL und ihr Autofokus und in eher kontrollierten Umgebungen wie im Capsule Hotel oder in der U-Bahn die S, ein Arbeitstier, das unglaubliche Dateien liefert.
etwas, das dich hineinzieht, das dich teilhaben lässt an dessen Einsatz und Engagement. Ich sehe eine Fotografie als Wort und eine Serie als Gedicht. Ich mag Gedichte. Das trägt auch die Intention von Komplementarität in sich. Den Betrachter sich selbst erkennen lassen in dem einzelnen Bild, ohne die Möglichkeit zu verlieren, das Ganze in diesen enormen Bildern zu sehen und über das Kollektive und das Soziale zu reflektieren – die Plethora, in der wir alle leben. Überlagert die ästhetische Form Ihrer Bilder den Inhalt? Oder wird der Inhalt umso prägnanter durch die formale Strenge? Ich schätze die Dualität von Fotografie und spiele gern mit ihrem dokumentarischen und konzeptionellen Charakter: mit echten Themen, Menschen, Hintergründen arbeiten und gleichzeitig die kreativen Möglichkeiten des Mediums nutzen, um andere Realitäten zu schaffen. In manchen Serien ist das direkter, in anderen weniger. In Plethora sind alle Orte real, alle Menschen, alle Themen – meine Intention war es, eine Balance zu finden zwischen dem Inhalt und der Art, wie er präsentiert wird – ohne journalistischen Anspruch an das, was man Realität nennen mag. Ich suche nicht nach Antworten auf all die Fragen, die sich zu diesen Themen ergeben, sondern möchte eine Debatte darüber anstoßen. interview: inas fayed
ju liobitte n cou rt.com Ausste llu n g: Plethora, 18. September bis November 2018,
Das Serielle ist typisch für Ihre Arbeitsweise – auch, dass das Einzelbild in der Zusammenstellung aufgeht. Was bedeutet das Einzelbild für Sie, was die Serie? Natürlich möchte ich das bestmögliche Foto machen, das so auch für sich allein steht. Aber auch wenn ein einzelnes Bild stark ist, kann die Serie doch noch eine ganz andere Bedeutung hinzufügen. Dann siehst du die persönliche Vorstellung von jemandem,
Leica Galerie Wetzlar LFI-On lin e .DE /B log: 43 Hours – Eine Weitere Serie als Film Equipment: Leica S006, Leica Vario-Elmar-S 1:3.5–5,6/30–90 mm Asph, Leica APO-MacroSummarit-S 1:2.5/120 mm, Leica APO-TeleElmar-S 1:3.5/180 mm Asph, Leica M240, Leica Summicron-M 1:2/50 mm, Leica SL, Leica VarioElmarit-SL 1:2.8–4/24–90 mm Asph
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Tomaso Clavarino P r o p h e ts a n d P r o f i ts
In Ghana werben christliche Fundamentalisten seit Jahren mit großem Erfolg um Gläubige. Priester und Propheten versprechen Wunder und häufen gleichzeitig mehr und mehr Luxus an – zumeist auf Kosten der ärmsten Schichten der Bevölkerung.
Pastor Daniel Obinim gehört zu den bekanntesten und umstrittensten Kirchenführern des Landes. Trotz zahlreicher kontroverser Aktionen hat er etliche Verehrer
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Religion als Geschäftszweig: „Ein-Mann-Kirchen“ schießen in Ghana ohne behördliche Kontrolle wie Pilze aus dem Boden. Die Führer haben gelernt sich zu vermarkten, leiten eigene YouTube-Kanäle, Radiosendungen oder Fernsehstationen. Bei ihren Gottesdiensten werden sie von riesigen Soundanlagen unterstützt, die durch die Straßen schallen. Insbesondere Menschen am Rande der Gesellschaft, die sich ein besseres Leben erhoffen, werden von diesen Aktionen angezogen
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Bei der Ankunft von Daniel Obinim in der Stadt Kumasi reagieren die Menschen mit Euphorie und bedingungsloser Hingabe
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Die Straßen in Ghana sind mit Plakatwerbung für Gotteshäuser gepflastert, die sensationelle Ereignisse versprechen und dafür zur Kasse bitten. Mit den ursprünglichen christlichen Werten haben nur wenige dieser oft extrem konservativen Institutionen nicht unbedingt etwas zu tun. Viele berufen sich auf das vielfach kritisierte Wohlstandsevangelium, in dem materieller Besitz als bester Beweis für die Liebe Gottes gilt
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Der Kauf und Konsum von Luxusartikeln durch die Kirchenführer sorgt für gesellschaftliche Spannungen und Spaltungen. Kirchensteuern zahlen die wenigsten von ihnen
T o m a s o C l ava r i n o Der Dokumentarfotograf und Autor wurde 1986 geboren und lebt in Italien. Seine Arbeiten beschäftigen sich mit unterschiedlichen sozialen und kulturellen Phänomenen; Clavarino berichtet über Konflikte und befasst sich mit den Menschenrechten. Zu den vielen Publikationen, für die er bisher tätig war, gehören u. a. die Washington Post, der Spiegel und der Guardian.
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Während der Einfluss religiöser Institutionen in vielen europäischen Gesellschaften immer weiter zurückgeht, scheinen sie zuzunehmen, je weiter man aus einer europäischen Perspektive Richtung Süden blickt. Auf dem afrikanischen Kontinent bestimmt die Religion in vielen Ländern noch immer das gesellschaftliche Handeln. So ist ein großer Teil der knapp 30 Millionen Einwohner des westafrikanischen Staates Ghana streng gläubig. Ungefähr 70 Prozent der Bevölkerung verstehen sich als Christen. Ein besonderes Phänomen in diesem Zusammenhang ist auch in Ghana der Vormarsch fundamentalistischer christlicher Gruppen. Evangelikale Bewegungen wie die Pfingstbewegung und charismatische Kirchen wachsen seit Jahren konstant und erleben aktuell eine Blütezeit. Um die Situation in Ghana im Zuge seines Projekts Prophets and Profits zu untersuchen, wurde der italienische Dokumentarfotograf Tomaso Clavarino vom Pulitzer Center on Crisis Reporting aus den Vereinigten Staaten unterstützt. Ein Krisengebiet ist Ghana jedoch nicht, im Gegenteil: Das Land ist modern, wachstumsstark, politisch stabil und friedlich. Dennoch erlebt es durch den Aufschwung der Evangelikalen aktuell tief greifende gesellschaftliche Veränderungen. Auf seiner Reise durch das Land stellte Clavarino fest, dass sich sowohl die Architektur in den Kommunen als auch die Gesellschaft in Ghana langsam aber sicher verändern. „Überall sprießen die Kirchen aus dem Boden, von der Hauptstadt Accra bis hin zu den kleineren Städten und Gemeinden“, berichtet der Fotograf. Ihre Führer geben vor, Ängste zu besiegen und Krankheiten wie HIV zu heilen – natürlich gegen einen finanziellen Obulus. Besonders die Ärmsten der Gesellschaft sehen die Gotteshäuser als eine Art letzte Bastion in der Hoffnung auf ein besseres Leben. „Besseres Leben“,
das heißt für viele Kirchenführer ein Leben in Luxus, denn die Auffassung des Wohlstandsevangeliums ist landesweit sehr stark verbreitet: Ein Leben in Reichtum gilt als sichtbarer Beweis der Gnade Gottes. Da de facto jeder eine Kirche eröffnen kann, werben unzählige selbsternannte Vertreter Gottes mit einem besseren Leben. Dafür nutzen sie Plakate und soziale Online-Medien, manche besitzen sogar eigene TV- und Radiostationen. „Die evangelikalen Strömungen um die Pfingstbewegung und die charismatischen Kirchen sind extrem erfolgreich, da sie genau auf die Bedürfnisse der Menschen eingehen“, konstatiert Clavarino. „Die Menschen dort suchen nach Antworten auf Fragen, die sich durch ihre alltäglichen Bedürfnisse ergeben, deshalb ziehen die Versprechen von Glück und Wunderheilungen eine Menge Jünger an.“ Tatsächlich ziehen es viele Ghanaer vor, sich von einem Beschwörer in der Kirche als von einem Arzt im Krankenhaus behandeln zu lassen. Eine der schillerndsten Personen in diesem Dunstkreis zwielichtiger Gottesdiener ist Pastor Daniel Obinim. Der Mann, der vorgibt, bereits im Himmel gewesen zu sein und mit dem Erzengel Gabriel kommuniziert zu haben, wurde bereits zweimal festgenommen, weil er Gewalt gegen ein junges Pärchen und einen Journalisten anwendete. Obinim gibt an, 20 Häuser und acht Range Rover zu besitzen und hat sich erst kürzlich einen Rolls-Royce zugelegt. Für Clavarino ist er der Prototyp eines Predigers, der reich geworden ist, weil er lediglich eigene Interessen verfolgt hat. Clavarino hat auf seiner Reise noch mit vielen anderen Kirchenführern Kontakt aufgenommen. Längst nicht alle berufen sich auf das Wohlstandsevangelium, aber sie verbindet eine extrem konservative Ausrichtung, die schon lange in den Wert- und Normvorstellungen der Ghanaer verankert ist. Da Religion nicht erst seit den christlichen Missionierungen, die im 15. Jahrhundert begannen, eine große Rolle in der ghanaischen Gesell-
schaft spielt, werden Themen wie Atheismus, Homosexualität oder Abtreibung in der Öffentlichkeit kaum thematisiert. Die Kirchen treiben diese Tabuisierung noch weiter voran, sodass es in Ghana nicht einfach ist, Kritik zu äußern oder eine aktive LBGTCommunity zu finden. Jahr für Jahr kommt es zu zahlreichen Fällen von Gewalt gegen Homosexuelle und auch Gegner der auf medizinische Indikationen beschränkten Abtreibungsregelung haben einen schweren Stand. Dennoch sollte man diesen Phänomenen nicht mit Schwarzweißdenken begegnen: „Für westlich geprägte Menschen scheint das alles recht einfach zu bewerten sein, da Religion dort regelrecht ein Geschäft ist“, gibt Clavarino zu bedenken. „Deshalb denke ich, dass wir uns nicht auf unsere westliche Sichtweise versteifen dürfen und den Problemen auf den Grund gehen sollten, die tief im Bewusstsein verankert sind.“ Dazu braucht es ein Verständnis für die Entwicklung dieser Situationen. Clavarino meint, dass Ghana eigentlich eines der besten Beispiele für eine afrikanische Renaissance sein könnte. Für eine stabile Gesellschaft müsste die Zivilbevölkerung sich jedoch gegen das unkontrollierte Wachstum der evangelikalen Fundamentalisten stellen. Und das wird zu einer großen Herausforderung, wenn man die kulturellen Wurzeln des Landes nicht verklären möchte. Nachdem die Wirtschaft, der Frieden und das Gesundheitssystem bereits für positive Entwicklungen gesorgt haben, wäre eine gerechtere Wohlstandsverteilung der nächste logische Prozess, der den progressiven Status von Ghana festigen könnte. danilo rössger
tomasOc lavarin o.com LFI-On lin e .DE /B log: Slideshow mit weiteren bildern Equipment: Leica M-P240 mit Summicron-M 1:2/35 mm und Summicron-M 1:2/50 mm Asph
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RHome: The u n e x p e ct e d side LeicA M
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Rom, die ewige Stadt. Mythen, Geschichte und Geschichten. Schauplatz zahlloser Filmklassiker und klischeebehafteter Sehnsuchtsort. Valentina Piccinni und Jean-Marc Caimi suchten nach ihrer Vision der Stadt am Tiber und schufen ein eigenwilliges, geheimnisvolles und abgrßndiges Porträt ihrer Wahlheimat.
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Das Ziel des Projekts Rhome war die Darstellung der menschlichen Existenz in all ihren Facetten. Piccinni und Caimi verbrachten Stunden in kleinen Bars, Clubs und Parks, plauderten und trafen Leute, die ihnen ihr Privatleben offenbarten. Von da an entstanden die Fotos fast wie von selbst
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Rom ist eine Stadt der Widersprüche, der Höhen und Tiefen, der Pracht und der Finsternis, in der sich Vergangenheit und Gegenwart, Kultur und Ignoranz, Banalität und Außergewöhnliches treffen. Man kann dort das Postkartenklischee erfahren, ohne jemals den wahren Kern der Metropole kennenzulernen
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Von der glitzernden touristischen Erfahrung bis zum unendlichen Alltagsstress an einem vÜllig desorganisierten Ort – jeder Versuch einer Definition der ewigen Stadt muss scheitern, da sie ein unendlich kompliziertes Geflecht sozialer Realitäten und menschlicher Existenzen ist
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Jean-Marc Caimi Va l e n t i n a P i cc i n n i Valentina Piccinni und JeanMarc Caimi arbeiten seit 2013 zusammen an Projekten, die sich einerseits auf dokumentarische und andererseits auf persönliche Fotografie konzentrieren. Ihre Werke werden regelmäßig in der internationalen Presse veröffentlicht. Piccinni und Caimi haben bereits drei Bücher veröffentlicht. Mit Rhome haben sie den FUAM Photobook Award 2018 gewonnen.
cai m i p i cc i n ni .co m LFI -O nl i n e .DE/ B log : Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica M Monochrom mit
Summicron-M 1:2/35 mm Asph
Nach Neapel – dem sie den Bildband Forcella gewidmet haben – ist Rom die zweite Stadt, die Valentina Piccinni und Jean-Marc Caimi fotografisch erkundet haben. In ihrer Arbeit ver-folgen sie einen neorealistischen Ansatz, in dem sich Fiktion und Dokumentation vermischen. Auf ihren Schwarzweißbildern entstehen so Stimmungen und Atmosphären, die an Filme von Visconti und Fellini erinnern. Wie im italienischen Neorealismus der Nachkriegszeit, der filmisch die wirtschaftliche und moralische Situation sowie die Lebensumstände der Menschen, deren Armut und Verzweiflung thematisierte, zeigen Piccinni und Caimi Menschen in Rom, die nicht dem Mainstream folgen, und fangen verborgene Mikrokosmen ein. Und doch ist es nicht nur die soziale Realität, die das Fotografenduo konsequent in Schwarzweiß einfängt: Viele ihrer Aufnahmen bezeugen ihren Blick für die Magie und das Besondere im Banalen. So entfaltet sich durch die Verwendung starker Kontraste, wechselnder Perspektiven und durch die Setzung des Lichts eine fast poetische Stimmung. Jedes Bild erzählt eine eigene Geschichte. Die beiden Fotografen leben seit vielen Jahren in Rom und haben sich selbst die schwierige Aufgabe gestellt, eine Arbeit über die eigene Stadt zu schaffen. Die größte Herausforderung, vor der sie standen, war es, Rom mit neuen Augen zu sehen. „Uns fehlte der Kick des ersten Blicks, wenn alles, was man erlebt, neu, kraftvoll, magisch ist und noch nicht durch Rationalität relativiert wurde“, so Piccinni, die ursprünglich aus Bari kommt. Also begannen sie, sich in Situationen zu begeben, die sie aus dem Kokon der Gewohnheit und aus ihrem eingespielten Gleichgewicht brachten. „Wir verbrachten Stunden in kleinen, manchmal schmutzigen Bars, Clubs, Parks, plauderten und trafen Leute. Wir haben uns in ganz verschiedenen Stadtvierteln aufgehalten und nichts Besonderes getan. Das löste eine Art Domino-Effekt aus, der für unsere Arbeit so entscheidend ist. Wir kamen in
Situationen, an Orte und Menschen, die uns ihr Privatleben öffneten.“ Von da an, so Piccinni, wären die Fotos fast wie von selbst entstanden. Eine große, wenn auch nicht die Hauptrolle dieses Projekts spielen queere und transsexuelle Protagonisten. Wie in der Rom-Episode von Jim Jarmuschs Night on Earth werden hier sakrale Gebäude und Menschen aus der sexuellen Subkultur in den Vororten gegenübergestellt. „Wir sind an menschlichen Beziehungen interessiert, an dem täglichen Leben, das durch die Adern einer Stadt fließt und sie lebendig macht. Städte können als ein eigener Organismus angesehen werden, der ständig in Bewegung ist, sich unablässig verändert und mit uns interagiert“, berichtet Piccinni. Intensive Porträts wechseln sich mit Aufnahmen von Häuserecken, Topfpflanzen oder Wildtieren im Stadtgebiet ab. Diese Vielfalt, die durch die Kombination persönlicher Schicksale mit der Profanität des Alltags entsteht, macht Rhome aus. Piccinni und Caimi jonglieren sowohl technisch als auch inhaltlich leichthändig mit Licht und Schatten, Bedeutung und Absurdität. Für einen Buch-Dummy des Projekts koppelte das Duo Bilder instinktiv, emotional, ohne ein logisches oder konsequentes Storytelling zu erzwingen. Dazu sagt Caimi: „Diese Methode, die schier endlose Verbindungen zwischen den Bildern entstehen lässt, gab uns einen neuen Überblick über die Stadt und vermittelt einen Hauch von der Realität unseres Lebens.“ Der Band hat in diesem Jahr den FUAM Dummy Book Award gewonnen, der mit einem Sponsoring für den Druck und die Veröffentlichung des Buches verbunden ist. Daher reisen Piccinni und Caimi im Herbst in die Druckerei nach Istanbul, aber auch, um dort zu fotografieren. Sicher werden sie auch in dieser Stadt die Widersprüche und Abgründe finden, die sie so grandios dokumentieren. Denise Klink
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Benjamin Kaufmann Motion Blur
Wie dynamisch man in einem statischen Setting wie einem Studio arbeiten kann, stellt Benjamin Kaufmann mit dieser Serie unter Beweis. Dort dreht sich alles um Bewegungsunschärfe – in ihrer schönsten Form.
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„Der Ausgangspunkt war der aktuelle Trend ‚Glitzer‘. Was das Auge sieht, überträgt sich nur bedingt auf eingefrorene Momente in Fotografien. Daher haben wir mit Bewegung, Licht und Farbe experimentiert, um das Glitzern sichtbar zu machen.“
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B e n ja m i n Kau f m a n n Der 1974 in München geborene Fotograf tastete sich über die Bereiche Prepress und Postproduktion langsam an das Handwerk heran. Zwei Jahre assistierte er in München bei Michael Leis, bevor er nach einem einjährigen Arbeitsaufenthalt in Spanien 2004 sein Masterstudium an der Central Saint Martins in London aufnahm. Er fotografiert für internationale Modemagazine wie Elle und Vogue und für Werbekampagnen im Lifestyleund Modebereich.
Be n ja m i nkau fm a n n .co m LFI -O nl i n e .DE/ B log : Slideshow mit weiteren Bildern Equipment: Leica S007 mit Summarit-S 1:2.5/70 mm Asph (CS) und mit Apo-MacroSummarit-S 1:2.5/120 mm (CS) STYLING: Sarah Cazeneuve, HAARe: Olivier Lebrun , MAKE-UP: Julie Nozières, MODEL: Flora Carter @ M Management
„Nur durch die Bewegung entsteht das Aufregende“, sagt Benjamin Kaufmann. Das mag lapidar klingen und in der Fotografie überflüssig zu erwähnen sein. In diesem speziellen Fall aber ist es angebracht, die Aussage einmal in den Fokus der Betrachtung zu rücken. Denn die hier veröffentlichte Strecke bildet eine Art Gegenposition zu Kaufmanns sonstigem Schaffen: „Ich bin ein eher technischer Fotograf und eigentlich meistens darum bemüht, technisch perfekte Bilder auch unter unmöglichen Umständen zu machen.“ Kaufmann zeigt in seinen Arbeiten eine erstaunliche Bandbreite. Er fotografiert auch gerne nüchtern und klar, mit flächendeckender Schärfentiefe. Bei der Serie Motion Blur geht es jedoch um die Inszenierung von Materialien, die momentan en vogue sind. Nach einer Phase des Purismus finden sich in vielen aktuellen Designerentwürfen glitzernde und schillernde Oberflächen und Partikel, die sich auch im Make-up spiegeln. Um diese zur Geltung zu bringen und vor allem abzubilden, muss man in der fotografischen Praxis Bewegung ins Spiel bringen. „Gewisse Materialien leben nur dadurch, dass sie sich bewegen, zum Beispiel ein Diamant“, konstatiert Kaufmann. Denn die Lichtbrechung, der Weg des Lichts, ist der Schlüssel zur Wahrnehmung auf der Netzhaut des Betrachters. Die gezielte Darstellung von Dynamik im Bild erreicht man durch verschiedene Arten von Bewegungsunschärfe: durch den Mitzieheffekt, bei dem die Kamera ein bewegtes Motiv während der Belichtung verfolgt, den Wischeffekt, bei dem sich ein Motiv vor der statischen Kamera bewegt oder den Zoomeffekt, bei dem während der Belichtung die Brennweite verändert wird. Entsprechend dynamisch ging es im Dezember 2017 im Pariser Studio Astre zu. Tanzend wie ein Boxer bewegte sich Kaufmann mit der S auf und ab, vor und zurück. Auch das Model Flora Carter war immer in Bewegung. Neben Dynamik war das Phänomen Zufall ein entscheidender Faktor bei der Serie Motion Blur, die auf
einer Fashionidee beruht. Die Kunst bestand darin, Blitz und Dauerlicht mit den Bewegungen von Kamera und Model zu synchronisieren. Das Resultat ist ein reines Zufallsprodukt: „Du kannst alles planen, hast aber keinen Einfluss darauf. Wir wollten manche Effekte ein zweites Mal erzeugen, aber hatten keine Chance. Die Effekte sind einfach nicht kalkulierbar.“ Kaufmann weiß diese Arbeitsweise durchaus zu schätzen. „Man muss gute Rahmenbedingungen schaffen und dann dem Zufall eine Chance geben“, lautet ein Ratschlag seiner Mutter, die sich als Grafikdesignerin und Illustratorin ebenfalls mit Komposition und Gestaltung auskennt. Auch in puncto Teamwork gibt es eine Lebensweisheit: „Denen, die kreativ sind, muss man Raum lassen.“ Ohne Teamwork könnte Kaufmann seine Kamera oft einfach beiseitelegen. „Ich arbeite sehr gerne mit einem kleinen Kreis an hervorragenden Künstlern. Wichtig ist für mich, dass man generell eine gemeinsame Vorstellung von Ästhetik hat, sich aber auch nicht scheut, sich zu reiben und Ideen zu diskutieren. Man muss sich immer wieder infrage stellen und ergänzen. Streitbare Partner sind das Beste, was einem passieren kann.“ Während der skulpturell begabte Haarstylist Olivier Lebrun, der auch viel mit Enrique Badulescu arbeitet, sehr spontan zu Werke ging, bereitete sich die Make-up-Artistin Julie Nozières akribisch vor. Am Set prallten dann alle kreativen Kräfte aufeinander. Das konzertierte Schaffen im Moment ist der Aktionsraum, in dem Kaufmanns Bilder entstehen. Nachbearbeitung am Computer findet bei Kaufmann nur in einem ganz geringen Umfang statt. „Es darf nie eine Definition von Perfektion geben, das ist mittelalterlich“, ist seine Meinung. So werden auch künftige Projekte die richtige Balance von Perfektion und Spontaneität erreichen können. Carla Susanne Erdmann
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Stefan Moses Au s d e m Ko sm o s e i n e s M e n sc h e n f r e u n d e s
Der bedeutende Porträtist Stefan Moses wäre im August 90 Jahre alt geworden. Über sechs Jahrzehnte lang hat Moses mit unbestechlichem, immer wieder überraschenden Blick auf seine Zeitgenossen große Fotografiegeschichte geschrieben.
Großer Auftritt mit Maskerade für eine ungewöhnliche Frau: die Kunstsammlerin Peggy Guggenheim 1969 vor der Kulisse ihrer Wahlheimat Venedig
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Die Schauspielerin Tilla Durieux im Zobel und mit Lorgnon, aus der Serie Große Alte im Wald, Berlin 1963; der Maler Ernst Wilhelm Nay, Köln 1964, für die Serie Selbst im Spiegel lFI
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Eingehüllt in eine Leinwand mit den für sein Werk so typischen Nägeln porträtierte Stefan Moses den Künstler Günter Uecker, Düsseldorf 1971, aus der Serie Künstler machen Masken
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Joseph Beuys bei der Aktion Das Schweigen von Marcel Duchamp wird überbewertet (Fettecke), München 1968; ob große Papierschere oder ein einfacher Pappteller – das Maskenspiel war Teil der Inszenierung: Otto Dix in Hemmenhofen 1964 und Saul Steinberg in New York, 1962
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Als Bildreporter hatte Moses auch bei offiziellen Veranstaltungen den Blick fßr Nebensächlichkeiten, die er in seinen Bildern zu feinen Stillleben komponierte: die Beine von Konrad Adenauer (links) und Willy Brandt (rechts) auf einem Vertriebenen-Treffen, Hannover 1961
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Zu Besuch beim Historiker Golo Mann entstanden nicht nur Porträts, sondern auch Aufnahmen seines Schreibtischs, Kilchberg 1982 (oben li. und re.); das offiziellere Motiv des Vertriebenenreffens in Hannover 1961, das die Distanz zwischen Konrad Adenauer und Willy Brandt umso mehr in den Blick nahm
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Fotos: © Stefan Moses; courtesy Johanna Breede PHOTOKUNST; Zitate aus Stefan Moses. Die Monographie
„Der Wald ist Bühne, Symbol für Vergänglichkeit und Wiedergeburt und für Sehnsucht nach Heimat“, so Stefan Moses. Willy Brandt aus der Serie Große Alte im Wald, Siebengebirge 1983
Die Stadt als Bühne: Zweimal empfing die exzentrische Kunstsammlerin und Mäzenin Peggy Guggenheim (1898– 1979) den deutschen Fotografen Stefan Moses in ihrer Wahlheimat Venedig. Nach einem ersten Besuch 1969 entstanden fünf Jahre später beim zweiten Zusammentreffen legendäre Motive. Zu einem der bekanntesten gehört das Porträt auf der Rückbank eines Motoscafo, auf der sich Guggenheim dem Fotografen vor der Kulisse der Lagunenstadt präsentierte. Hier hatten sich zwei Persönlichkeiten gefunden, die ihre Lust an der Inszenierung mit einer Neigung zu Ironie und zu Skurrilem teilten und sich dabei der Wirkung der Bilder immer sehr bewusst waren. Die Grande Dame der Kunstwelt sitzt ganz nonchalant vor der Kamera, nimmt dabei aber keine wirklich elegante Pose ein, sondern gibt sich ganz dem spontanen Spiel der Improvisation hin. Wohlweislich hatte sie ein ganz besonderes Stück ihrer Brillenkollektion mitgenommen, das jetzt in das Zentrum des Bildes rücken sollte – ihr Blick bleibt hinter der Nachtfalterbrille des US-Designers Edward Melcarth verborgen. Während der Fahrt mit dem Wassertaxi entstand eine ganze Serie spielerischer Porträts, deren Abfolge erst kürzlich veröffentlicht wurde: Begegnungen mit Peggy Guggenheim sollte der letzte zu Lebzeiten des Fotografen konzipierte und produzierte Bildband werden. Erstaunlich ist die Entdeckung, dass die gesamte Venedig-Strecke in Farbe aufgenommen wurde. Er hätte so viele Farbfilme dabei gehabt, erklärte Moses, da er ja auch noch die Kunstsammlung in der Guggenheim-Villa dokumentieren wollte. Gleichwohl hat er in den meisten seiner vielen Bildbände einen schwarzweißen Abzug der Begegnung im Motoscafo bevorzugt. Von der Fotografie war Moses schon als Kind begeistert. Als Achtjähriger sammelte er mit einer alten SteinheilPlattenkamera seines früh verstorbenen Vaters erste fotografische Erfahrungen. Der 15-Jährige musste aufgrund der NS-Rassegesetze das Gymnasium in Breslau verlassen; er begann im Fotogeschäft Bittner als „Hilfsarbeiter“
eine Ausbildung bei der Fotografin Grete Bodlée und nutzte dort erstmals eine Leica, denn die Kinder- und Porträtfotografin schuf möglichst viele Kleinbildaufnahmen für ihre Kunden, die dann aus einer Vielzahl von Motiven die gewünschten auswählen konnten. Im Frühjahr 1944 wurde Moses in einem Zwangsarbeiterlager interniert, konnte aber 1945 fliehen und traf noch im selben Jahr seine Lehrmeisterin in Erfurt wieder und setzte seine Ausbildung fort. Nach einer Station als Theaterfotograf in Weimar und einem kurzen Intermezzo als Fotograf für die Filmstudios Potsdam-Babelsberg siedelte Moses im August 1950 nach München über, wo er bis zu seinem Tod lebte: „Jetzt wollte ich mich mit der Kamera auf die größere Weltbühne mitten ins Leben stürzen. In München lagen schon zwei Visa zur Ausreise nach Chicago bereit, aber es war mir unmöglich, dieses Deutschland, das ich ja kaum wirklich kannte, zu verlassen. Ich wollte hier bleiben, hier reisen und Bilder von den Menschen machen, die wie ich den Krieg überlebt hatten.“ Ab Herbst 1950 arbeitete er für die Neue Zeitung, das Magazin Revue und für Das Schönste aus dem Münchner Kindler-Verlag. Das Porträt stand immer im Mittelpunkt seiner Aufträge. Zahlreiche Reisen quer durch die Welt ergänzten schnell den Bilderkosmos des Fotografen. „Die Fotoreisen mit dem Schiff nach USA und die lange Europareise waren noch mit der Rolleiflex unternommen worden. Daneben gab es aber immer eine kleine Leica, die leises, behutsames und unauffälliges Arbeiten ermöglichte. Die kleinen Kameras mit 24x36 mm-Filmen verliehen dem dynamischen neuen Lebensgefühl Ausdruck“, erinnert sich der Fotograf in einem Interview in seiner großen Monografie (2002). Ab 1960 war Moses fester Fotograf des Hamburger Magazins Stern, →
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doch schon in dieser Zeit begann er zu zweifeln, ob denn die dominierende Reportagephilosophie des „moment décisive“ wirklich zutreffend sei. Aus dem Nachdenken über eine andere Form des Fotografierens, das auch sequenziell zu verstehen sei, sollte er seinen unverwechselbaren Stil entwickeln, den er mit dem Versuch eines Festhaltens des „moment fugitif“ beschrieb. Mustergültig hat er die Erkenntnis der längeren Beobachtung und fotografischen Begleitung mit dem Buch Manuel umgesetzt, das 1967 erschien. Ein bis heute legendäres Buch, in dem der Fotograf seinen kleinen Sohn durch ein Lebensjahr begleitet. Eigentlich ein höchst privates Projekt, das aber genau den Nerv der Zeit traf. Die Wahrnehmung von Kindheit, das Bewusstsein für die vielen Entdeckungen, die Freiheit und Unbekümmertheit eines Kindes, die in dem Buch geschildert werden, entsprach der Diskussion einer Gesellschaft, die im Umbruch war und in der ein Kind erstmals als schon autonome Persönlichkeit erkannt wurde. Dieser intime „Selbstauftrag“ des Fotografen verkaufte sich in Rekordhöhe, zeigte aber auch das veränderte fotografische Konzept des Autors: Nicht das Einzelbild bestimmt die Idee, sondern die sorgsam komponierten Bilderfolgen fügen sich zu einem stimmigen, berührenden Gesamteindruck. 1968 kündigte er beim Stern und folgte fortan noch konsequenter seinen eigenen Ideen und konzeptuellen Bildserien. Das Fotografieren diene nur einem einzigen Zweck, hat Stefan Moses oft behauptet: „Sie festzuhalten, bevor sie verschwinden.“ Ganz sicher, er war ein Menschenfotograf, ein zärtlicher Chronist, ein genauer Beobachter seiner Zeitgenossen. So entstanden in den folgenden Jahren viele durchkomponierte Porträtzyklen, wobei Deutschland und die Deutschen sein bevorzugtes Thema blieben. Künstlerisch, aber auch psychologisch
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spannende Bilder der vielen Künstler, Literaten, Politiker und Geisteswissenschaftler verbinden sich in Moses Werk zu einem Kaleidoskop der deutschen Nachkriegsgesellschaft. Vor allem mit seiner Serie Die Deutschen hat er Geschichte geschrieben. Zunächst in den 1960er-Jahren in Westdeutschland für den Stern entstanden und 1980 als Buch publiziert, konnte er den Zyklus dann nach dem Fall der Mauer in den Jahren 1989 und 1990 mit den Menschen in Ostdeutschland fortsetzen. Vorgestellt werden Alltagsmenschen, die er allerdings aus ihrer gewohnten Umgebung heraushebt. Anonyme Deutsche unterschiedlicher Profession stehen auf dem grauen Tuch, wirken nur durch Pose, Kleidung, Mimik und Gestik, präsentieren ihre jeweilige Individualität. Für Moses war das konzeptionelle graue Filztuch enorm wichtig, „damit es eine Einheit gibt.“ Besondere Verfremdungseffekte hatte er schon mehrfach in seinen Bildserien eingesetzt – mit dem für ihn so wichtigen hintergründigen Humor. So führte er deutsche Intellektuelle und Künstler in den Wald, ließ sie Masken entwerfen oder vor einem großen Kleiderspiegel ein Selbstporträt inszenieren. So vielfältig seine fotografischen Inszenierungen, so breit war auch die Palette der benutzen Kameras: Ob Leica oder andere Systeme, stets ging es dem Fotografen um das passende Werkzeug für seine Ideen. Typisch für Moses ist auch der freie Umgang mit dem Negativ: Von seinen Aufnahmen gibt es oft verschiedene Ausschnitte und Variationen. Er blieb der Regisseur, nicht nur bei der Aufnahme, sondern auch bei der Präsentation. Die Endlichkeit seiner Arbeit war ihm stets bewusst, auch wenn er im Rückblick auf sein Lebenswerk heute als einer der wichtigsten deutschen Chronisten gelten darf. Vor allem die Leichtigkeit seiner Inszenierungen bleibt einzigartig, ganz im Sinne eines von ihm gern zitierten Credos: „Die ganze Welt ist eine Bühne! Und wir alle sind die Darsteller im großen und kleinen Welttheater und spielen miteinander.“ ulrich rüter
S T EFAN M O S E S Geboren am 29. August 1928 in Liegnitz/Niederschlesien (heute Polen). Sein Vater, ein jüdischer Rechtsanwalt, verunglückt 1932 tödlich; mit der Mutter zieht er 1938 nach Breslau. Fotografenausbildung bei Grete Bodlée. 1947 als jüngster Theaterfotograf am Nationaltheater Weimar. 1950 Umzug nach München; für verschiedene Magazine tätig; zahlreiche Reisen. Ab 1960 fester Fotograf des Stern. LFI 2/1963 widmet ihm als „Meister der Leica“ ein Portfolio. Er beginnt intensiv an freien Projekten zu arbeiten. 1995 übergibt er seinen fotografischen Vorlass dem Fotomuseum im Münchner Stadtmuseum. Zahlreiche Publikationen, Ausstellungen und Ehrungen. Am 3. Februar 2018 ist Stefan Moses in München verstorben.
joh an n a-bre e de .de Ausste lu n g: Stefan Moses. Künstler ; bis 21. September, Johanna
Breede PHOTOKUNST , Berlin Bü ch e r: (Auswahl) Begegnungen mit Peggy Guggenheim (Elisabeth Sandmann Verlag, München 2017); Manuel (Collection Rolf Heyne, München 2006); Stefan Moses. Die Monographie (Schirmer/ Mosel, München 2002); Ende mit Wende – DDR. 200 Photographien 1989–1990
(Hatje Cantz, Ostfildern 1999); Jeder Mensch ist eine kleine Gesellschaft
(Prestel, München 1998)
f/ s top – sf 60 & SF c1 – motion blur – museum Leica –
A l s E n t f e ss e lt e r , F unkst e u e r bar e r b l i tz m a r k i e rt d e r S F 6 0 e i n e n N e u e n a n fa n g i m L eic a- B l i tz syst e m
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d e r e n t f e ss e lt e b l i tz leica SF 60, leica SF C1
Der Leica SF 60 ist mehr als nur der neue Blitz, auf den LeicaEnthusiasten lange warten mussten, denn er markiert einen Neuanfang im Leica-Blitzsystem, das nun die Funkfernsteuerung entfesselt eingesetzter Blitzgeräte erlaubt.
Die Auffrischung von Leicas Blitzsystem war überfällig. In letzter Zeit ging der Trend zu per Funk ferngesteuerten Blitzgeräten. Servoblitze, die über infrarote Lichtimpulse programmiert werden, sind aus der Mode gekommen, da die optische Steuerung weniger zuverlässig und auf eine Sichtverbindung angewiesen ist. Während ältere, überwiegend auf Metz-Modellen beruhende Leica-Blitze zwar nach wie vor gute Dienste leisten, sind sie doch in die Jahre gekommen. Beide Neuzugänge in Leicas Zubehörsortiment, das Blitzgerät SF 60 und die Funkfernsteuerung SF C1, entsprechen mit wenigen Modifikationen Produkten von Nissin Digital, in diesem Geschäftsfeld seit mehr als 50 Jahren aktiv. Sie sind einerseits vollwertige 86 |
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Mitspieler in Leicas Blitzsystem und daher für LeicaFotografen aller Konfessionen geeignet – die Leica CL, TL, M, Q, SL undS werden gleichermaßen unterstützt. Andererseits erweitert ihre Kompatibilität mit Nissins drahtlosem Blitzsystem die Auswahl von Produkten, auf die Leica-Fotografen zurückgreifen können. d er s f 6 0. Der neue Blitz
(für rund 520 Euro) auf Basis des Nissin i60A ist ein kompaktes Kraftpaket. Trotz der Leitzahl von 60 bei ISO 100 ist er nur 98 mm hoch und wiegt 300 g (ohne Batterien). Dank einer LED mit neun Leistungsstufen kann er auch als Videoleuchte dienen. Der Blitzkopf lässt sich um 180° in beide Richtungen schwenken und um 90° nach oben kippen. Der Zoomreflektor leuchtet die
Bildwinkel von Objektiven zwischen 24 und 200 mm Brennweite (bezogen auf das Kleinbildformat) aus. Ein eingebauter Diffusor erweitert den Leuchtwinkel für Brennweiten bis 16 mm und eine herausziehbare Reflektorscheibe sorgt für ein weiches Licht, wenn der Reflektor um 45° nach oben gekippt wird. Die mitgelieferte, aufsteckbare Softbox ist allein oder zusammen mit dem Reflektor nutzbar. Die Leitzahl 60 wird übrigens bei der 200-mm-Stellung des Reflektors erreicht. Die Blitzleistung ist in Schritten von 1/3 LV bis auf 1/256 der maximalen Helligkeit reduzierbar. Die Blitzdauer variiert zwischen 1/800 s bei maximaler und 1/20 000 s bei minimaler Leistung. Der TTL-Modus, der neben dem Blitzlicht auch das Umgebungslicht be-
rücksichtigt, wird mit Kameras der Familien TL, CL, M, Q, SL und S unterstützt. Andere Kameras , einschließlich solcher anderer Hersteller, können den Blitz im manuellen Modus nutzen. Der SF 60 kann wahlweise mit seinem Zoomreflektor große Entfernungen überbrücken, durch indirektes Blitzen gegen eine Wand oder Decke für eine weiche Ausleuchtung sorgen oder lediglich die Schatten aufhellen. Die High-Speed-Synchronisation erlaubt Verschlusszeiten bis 1/8000 s; der SF 60 schaltet automatisch in den HSS-Modus, wenn es die Verschlusszeit erfordert. Mit einer sehr kurzen Belichtungszeit kann der SF 60 den Tag zur Nacht machen, indem die kurze Verschlusszeit den Hintergund abdunkelt,
während das Motiv im Vordegrund vom Blitz beleuchtet wird. Die verschiedenen Modi und Einstellungen werden durch zwei Rändelräder und ein Farbdisplay auf der Rückseite des Blitzgeräts gesteuert, aber die meisten Funktionen lassen sich auch über das Kameramenü wählen. St ro m v e r so rgun g.
Die Funkfernsteuerung SF C1 erlaubt den entfesselten Einsatz von bis zu acht unabhängigen Gruppen kompatibler Blitze im Umkreis von 100 m. Sowohl der TTL- wie der manuelle Modus werden unterstützt
Mit Leitzahl 60 bei ISO 100 und einer Höhe von nur 98 mm ist der SF 60 ein so leistungsstarker wie kompakter Blitz. Er ist nicht nur mit der hier abgebildeten Leica SL kompatibel, sondern ebenso mit der CL, TL, M, Q und S
Der SF 60 wird mit vier AABatterien oder -Akkus betrieben. Im Batteriebetrieb liegt die Blitzfolgezeit zwischen 0,1 und 5,5 s, abhängig von der Blitzleistung. Entsprechend variiert auch die Batterielaufzeit zwischen 1500 und 2200 Blitzen. Eine externe Stromversorgung wie beispielsweise das Power Pack PS 8 von Nissin lässt sich einstöpseln, um einen Batteriewechsel zu vermeiden und die Blitzfolgezeit weiter zu verkürzen. Das PS 8 hat einen NiMH-Akku mit einer Kapazität von 21,6 Wh. Ihn zu laden dauert vier Stunden, und danach kann das PS 8 nicht nur zwei Blitzgeräte des Typs SF 60 laden, sondern auch Smartphones oder Tablets. F e r nst e u e run g. Der SF 60 kann abseits der Kamera als Servoblitz genutzt werden, der vom Blitz des Master-Blitzgeräts ausgelöst wird. Für eine weit darüber hinaus gehende Kontrolle besitzt der Blitz einen Empfänger für Funkwellen im 2,4-GHz-Band, die keine direkte Sichtverbindung erfordern. Hindernisse zwischen der Kamera und dem entfesselt eingesetzten Blitz können die Signale nicht blockieren und auch die Ausrichtung des Blitzgeräts ist unkritisch. → lFI
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Der dreh- und schwenkbare Reflektor des SF 60 zoomt zwischen 24 und 200 mm. Alle Einstellungen sind über zwei Rändelräder und ein Farb-LCD erreichbar
NEU IST ZU TEUER?
Das Herz des drahtlosen Systems bildet die Steuereinheit SF C1 für rund 290 Euro, die auf dem Nissin Air 10s basiert. Mit dem SF C1 im Blitzschuh der Kamera lässt sich eine praktisch unbegrenzte Zahl kompatibler Blitzgeräte innerhalb eines Radius von 100 m kontrollieren. Die TTL-Steuerung sowie ein manueller Modus werden ebenso unterstützt wie HSS, Langzeitsynchronisation, die Synchronisation auf den zweiten Verschlussvorhang und ein RoteAugen-Vorblitz. Auch der Zoomreflektor kann drahtlos gesteuert werden. Zur Einrichtung der Steuereinheit und der von ihr kontrollierten Blitze müssen diese miteinander gekoppelt werden, damit
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die Blitzgeräte nur Befehlen des zugeordneten SF C1 gehorchen. Diese Kopplung bleibt auch nach dem Ausschalten oder bei einem Batteriewechsel erhalten. Bis zu acht Gruppen von Blitzgeräten können unabhängig voneinander gesteuert werden. Ihre Leistungsabgabe lässt sich in Schritten von 1/3 LV auf bis zu 1/256 reduzieren. Beim Umschalten vom TTLModus zur manuellen Steuerung bleiben die automatisch gefundenen Einstellungen gespeichert. Man braucht also nur noch eine Feinjustierung vorzunehmen, statt im manuellen Modus ganz von vorn beginnen zu müssen. Der SF C1 wird mit zwei AAA-Zellen betrieben, die
rund 3000 Auslösungen erlauben. Falls eine neue Firmware-Version verfügbar ist, kann sie über einen MicroSD/SDHC-Steckplatz installiert werden. Da der SF C1 das Nissin Air System (NAS) zur drahtlosen Kommunikation nutzt, funktioniert er nicht nur mit dem SF 60, sondern ebenso mit kompatiblen Nissin-Blitzgeräten wie dem i60A und Di700A. Darüber hinaus lässt sich jeder Blitz, einschließlich des Leica SF 64 und SF 40, über Funk synchronisieren, wenn sie mit dem Funkempfänger Nissin Air R ausgestattet sind. Die ältere Generation der Leica-Blitzgeräte lässt sich also auch im neuen, drahtlosen System problemlos weiter nutzen.
E i ne ne u e G e ne rat i o n.
Die Funkfernsteuerung ermöglicht eine neue Art der Lichtsetzung mit Blitzlicht. Für eine Porträtaufnahme kann man beispielsweise einen Blitz mit einer BeautyDish als Lichtformer und einem Spotlight kombinieren, mit einem dritten Blitz die Schatten aufhellen und einen vierten Blitz zur Ausleuchtung des Hintergrunds einsetzen und die Leistungsabgabe dieser Geräte unabhängig voneinander kontrollieren. Während man sich frei mit der Kamera bewegt, sorgt die TTL-Blitzsteuerung für eine optimale Belichtung. Darüber hinaus kann man auch zwischen verschiedenen Kameras mit einem eigenem SF C1 wechseln, da sich mehrere Steu-
ereinheiten mit denselben Blitzgeräten koppeln lassen. Der SF 60 und die Steuereinheit SF C1 führen Leicas Blitzsystem in eine neue Richtung. Die neuen Möglichkeiten, die diese beiden Produkte mit sich bringen, machen bereits vorhandenes Zubehör für das Blitzen nicht überflüssig. Die Kommunikation über die TTLKontakte im Blitzschuh hat sich nicht geändert, sodass auch künftig neue wie alte Blitzgeräte an einer LeicaKamera genutzt werden können. Wichtiger ist noch, dass vorhandene Blitzgeräte künftig auch entfesselt eingesetzt und drahtlos gesteuert werden können, wozu lediglich ein preisgünstiger Adapter erforderlich ist. michael J. hussmann
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22.02.2017 16:19:05 Uhr
I g o t t h e b lu r bewegungsunschärfe
Lange Zeit galt Bewegungsunschärfe als eine der häufigsten Ursachen für als missraten empfundene Aufnahmen. Heute erfreut sich der Effekt großer Beliebtheit und wird gern als kreatives Mittel der Bildgestaltung eingesetzt.
Ist Ihnen schon einmal das Stativ bei einer Langzeitaufnahme verrutscht? Oder Sie haben eine zu lange Belichtungszeit gewählt, das Motiv rauschte durchs Bild und hinterließ bloß eine Wischspur? Und doch hatten diese Fotos etwas an sich, etwas Magisches, was das menschliche Auge nicht erfassen kann. Jeder von uns hatte schon seine Begegnung mit der Bewegungsunschärfe – ob geplant oder ungeplant. Aber der Reihe nach. Was i st Be wegung su n s c här fe? Als Bewegungs-
unschärfe bezeichnet man in der Fotografie die unscharfe Abbildung bewegter Objekte. Aufgrund der geringen Lichtempfindlichkeit des fotografischen Materials in der Anfangszeit der Fotografie war die Bewegungsunschärfe eine Quelle typi90 |
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scher technischer Fehler und „verwischter“ Porträts. Um das zu vermeiden, mussten sowohl die Kamera als auch die abgebildete Person fixiert werden – mithilfe von Stativ und Kopfhalter. Mit der Verbesserung der Lichtempfindlichkeit des Materials und der Objektive ließ sich diese Fehlerquelle allmählich ausschalten. Auf der anderen Seite begannen avantgardistische Künstler, mit diesem Effekt zu spielen und ihn gezielt als ästhetisches Gestaltungsmittel einzusetzen, um Bilder emotional aufzuladen und um bestimmte Stimmungen und Eindrücke zu erzeugen oder zu verstärken. Bewegungsunschärfe ist nicht gleich Bewegungsunschärfe. Es gibt verschiedene Wege und Techniken, um diesen Effekt zu erzeugen. Anders als beim Bokeh sind
hier die Einflussmöglichkeiten nicht nur auf das Öffnen und Schließen der Blende beschränkt, sondern es gibt viele unterschiedliche Verfahren, um Unschärfe zu erzeugen. Man kann das Objekt durch das Bild ziehen lassen, die Kamera bewegen, man kann beides gleichzeitig tun. Man kann sogar unbewegte Objekte in Bewegung versetzen. Zumindest kann ein Foto diesen Eindruck suggerieren. B e w e g u ng su nsc h ä r f e foto g ra f i e r e n. Grundsätzlich unterscheidet man drei unterschiedliche Formen von Bewegungsunschärfe: Die „klassische“ Variante ist die, dass sich das Objekt bewegt. Diese Art erzeugt der Fotograf „passiv“ durch eine längere Belichtungszeit, die, je nach Motiv von einigen Zehn-
telsekunden bis zu mehreren Minuten reichen kann. Diese Technik wird häufig verwendet, um Bewegungen festzuhalten (Abbildung rechts) oder um Landschaftsaufnahmen mit fließendem Wasser oder vorbeiziehenden Wolken zu gestalten. Um ausreichend lange Belichtungszeiten bei Tageslicht zu erzeugen, empfiehlt es sich, ein NDFilter zu verwenden, das die Menge des einfallenden Lichtes auf den Sensor verringert und die Belichtungszeit entsprechend verlängert. Bei sehr langen Belichtungszeiten sind ein verstärktes Aufkommen vom Dunkelrauschen und bei der Verwendung von Film der SchwarzschildEffekt zu beachten. Die zweite Variante – die Kamera wird bewegt – bietet dem Foto→
Foto: Mattia Zaldini
Bewegungsunschärfe eignet sich zum Beispiel sehr gut fßr dynamische Aufnahmen von tanzenden Menschen
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Fotos: Sebastian Mayer (oben), Jhon Bosch (unten)
Auf der visuellen Ebene wird die Technik des Mitziehens von Fotografen gern verwendet, um ihre Aufnahmen attraktiver und dynamischer wirken zu lassen – oben und rechts zwei Beispiele in Farbe
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Fotos: David Patris (oben), Sebastian Mayer (unten)
Bei den schwarzweißen Aufnahmen ist das Zusammenspiel der Technik des Mitziehens mit der inhaltlichen und emotionalen Ebene – oben Freude, links Dramatik – besonders gut gelungen
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Foto: Mikhail Kirakosyan
Der Zoomeffekt verleiht dieser Architekturaufnahme eine ganz besondere Dynamik und lässt die Skyline von Moskau im Stil des Futurismus aufscheinen. Außerdem entsteht beim Betrachten des Fotos das Gefühl, in das Bild hineingezogen zu werden
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sierten Objektes zu führen (Abbildungen Seite 92 und 93). Das Ergebnis ist ein verwischter Hintergrund und ein gut erkennbares, fokussiertes zentrales Motiv (siehe auch die Kolumne LFI vor 50 Jahren auf der rechten Seite). Dieser Effekt wird wegen seiner emotionalisierenden Wirkung oft als künstlerisches Mittel verwendet. Möchte man das fokussierte Objekt besonders hervorheben, kann hilfsweise das Blitzlicht eingesetzt werden. Wichtig ist dabei, dass das Objekt nicht zu weit entfernt und dass der Blitz auf den zweiten Vorhang eingestellt ist. M i t m ac h e n! Bewegungs-
unschärfe ist ein großartiges Werkzeug, um alltägliche Motive aufzuwerten und emotional aufzuladen. Man braucht lediglich, je nach verwendeter Technik, Stativ, Fernauslöser oder App sowie ein bisschen Übung und Geschick. Versuchen Sie es selbst und laden Sie Ihre Aufnahmen mit Bewegungsunschärfe in die LFI.Gallery. Die Redaktion wählt die besten Bilder aus und stellt sie in die Kategorie Motion Blur. david rojkowski
Fotos: Mikhail Kirakosyan (oben), Chan Chun Ming (unten)
Während bewegte Objekte bei einer langen Belichtung im Tageslicht verwischt erscheinen (unten), lassen sich punktuelle Lichter in der Dunkelheit Dank Bewegungsunschärfe als Linien darstellen (oben)
grafen mehr Möglichkeiten, das Bild und die Bewegungsunschärfe aktiv zu gestalten. Allerdings erfordert diese Technik auch Übung und Geduld, um zufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen, denn die richtige Kombination aus Belichtungszeit, Blende und Handbewegung unterscheidet sich von Motiv zu Motiv. Man muss sie erst herausfinden. Neben der unmittelbaren Bewegung der Kamera gibt es auch noch den Zoomeffekt, um das Bild durch Bewegung zu beeinflussen. Dabei wird während der Belichtung nicht die ganze Kamera bewegt, sondern nur der Zoom des Vario-Objektivs manuell betätigt (Abbildung Seite 94). Wichtig ist, im Vorfeld die ungefähre Länge der Strahlen oder umgekehrt den Weg, den das Zoom machen soll, abzuschätzen. Die dritte Variante ist schließlich die Kombination aus beiden genannten Techniken – sowohl die Kamera als auch das Objekt sind in Bewegung. Diese Technik wird auch als „Mitziehen“ bezeichnet. Dabei wird versucht, die Kamera synchron zur Bewegung des fokus-
BOUTIQUE in Konstanz am Bodensee
M ot i o n B lu r LFI vor 50 Jahren
Ü b e r B e w e g u n g s u n s c h ä r f e h at m a n s i c h au c h s c h o n i n d e r L F I 5/ 1 96 8 d e n Ko p f z e r b r o c h e n .
THAMBAR-M 1:2,2/90 – EINE LEGENDE KEHRT ZURÜCK.
„Gibt es eine wissenschaftliche Erklärung für das beiliegende Bild? Hier kann mir niemand richtig erklären, weshalb der Fahrer scharf, das Auto aber unscharf abgebildet wurde. Die technischen Daten sind: Leica M3, Summicron 50 mm, 1/60 Sek. bei Bl. 11“, (fragt Fotograf Oskar Anrather). Und nun der Physiker (Dr. H. Frenk): „Zunächst geht aus dem unscharfen Hintergrund eindeutig hervor, daß die Kamera mitgezogen wurde. Bei einer Geschwindigkeit von 180 km/h = 50 m/Sek. legt der Wagen innerhalb einer 1/60 Sek. etwa 80 cm zurück. Das Mitziehen der Kamera ist eine Winkelbewegung, der in verschiedenen Abständen ganz verschiedene Lineargeschwindigkeiten entsprechen. Man kann also damit Schärfe nur in einem bestimmten Abstand erzielen. Auf dem Bild macht eine Fehlentfernung (Fahrer–Stoßstange) von etwa 2 m eine Unschärfe von 20 bis 30 cm = 25 bis 37% von 80 cm Weg aus.
Geöffnet: Mo-Fr 9:30 bis 18:30 Uhr / Sa 9:30 bis 14:00 Uhr
Für den Fahrer muss die Kamera um 4 bis 5° geschwenkt werden, das war für die Stoßstange zuwenig (5 bis 8°) und für das Hinterrad zuviel (3 bis 4°). Die Nummer 16 befindet sich übrigens in der gleichen Entfernung wie der Fahrer, sie ist also scharf. Diesem Seiteneffekt überlagert sich noch der Längseffekt dadurch, daß der Wagen der Kamera näher kommt. Er erscheint größer.“ LFI 5/ 1 96 8 : Die Jungen von Magnum: Sergio Larrain, Burt Glinn, Constantine Manos; Willi McBride über Farbdias als Druckvorlagen u. v. m. für 1,09 Euro in der LFI-App für iOS
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wie alles begann museum leica
In loser Folge beginnt LFI in dieser Ausgabe mit einer Serie, die sich herausragenden Exponaten im neuen Leica Museum in Wetzlar widmet. Den Auftakt bilden die Ur-Leica, die Nullserie und das erste Serien-Modell Leica I.
Zur Eröffnung des LeitzParks III am 15. Juni 2018 hat Leica-Historiker Lars Netopil den Bildband Museum Leica herausgebracht (LFI 4/2018). Er präsentiert schon jetzt auf 672 opulenten Seiten bedeutende Exponate des im Leitz-Park III untergebrachten Leica Museums, in dem derzeit noch die Ausstellung Augen auf! 100 Jahre Leica Fotografie zu sehen ist. Den regulären Betrieb wird das Leica Museum im kommenden Jahr aufnehmen. LFI beginnt in dieser Ausgabe in loser Folge mit einer Serie, die auf den von Wolfgang Sauer fotografierten Aufnahmen für Museum Leica beruht. Den Anfang machen, wie könnte es anders sein, die Stücke, die am Anfang der nun schon über 100-jährigen Geschichte der Lei(tz) Ca(mera) stehen. 98 |
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Oskar Barnack (1879–1936), Erfinder und Konstrukteur der Leica, in seinem Büro in den Ernst Leitz Werken (vermutlich 1933)
D ie Ka mera u n d i h r Kon stru kteu r. Die Kine-
matografie als dynamische Kunstform des Maschinenzeitalters und die Mikroskopekonstruktion als zentrale technische Bedingung der explosionsartigen Entwicklung der Wissenschaft im letzten Drittel des 19. Jahrhunderts: Beide zusammengebracht und in Oskar Bar-
nacks Kopf zu einem neuen Ende gedacht, standen Pate bei Idee und Ausführung seiner „Kleinfilmkamera“. Diese bei der Vorstellung der Leica I 1925 von Leitz verwendete Bezeichnung trifft den Kern der Sache präziser als der spätere Begriff „Kleinbildkamera“, denn Barnack ging es ja um das große Bild vom kleinen Negativ. Selbst Forschungsreisende nahmen seinerzeit die Mühe auf sich, 40-mal50- oder gar 50-mal-60-cmPlatten mitzuführen, weil sie meinten, nur so ihren Gegenstand in all seinen Details dokumentieren zu können. Dem könnte Barnack durchaus zugestimmt haben – allein der Umstand, dass es 10 bis 15 Minuten dauerte, bis eine solche Plattenkamera überhaupt aufnahmebereit war, störte ihn ungemein, und darin war er,
in einer Ära, die nicht nur die Geschwindigkeit feierte, sondern auch die Problemlösung durch Technik, nicht der Einzige. Geboren am 1. November 1879 in Lynow bei Berlin, begann Barnack als 14Jähriger eine Lehre in einer Berliner Werkstatt für feinmechanische Instrumente, nach deren Abschluss er auf Wanderschaft ging und unter anderem die Fertigung von Uhren und Rechenmaschinen kennenlernte. Kurz vor der Jahrhundertwende verschlug es ihn nach Jena, wie Wetzlar eines der maßgeblichen Zentren der feinmechanischen und optischen Industrie, wo er Anstellung bei Zeiss im Mikroskopbau fand. Schon bald kam er dort auch in Berührung mit der Konstruktion fotografischer Instrumente. Barnack war ein begnade-
ter Tüftler auf vielen Gebieten der Mechanik. Selbst zu fotografieren begann er spätestens 1899, mit einer 13-mal-18-cm-Plattenkamera, eigenhändig umgebaut aus einer 9-mal-18-cm-Stereokamera. E i ne Ide e l i e gt i n de r Lu ft. In Jena freundete sich
Abbildungen aus MUSEUM LEICA, mit freundlicher Genehmigung von Lars Netopil Classic Cameras, Wetzlar
Die Ur-Leica von 1913/14
Nullserie, Seriennnummer 119
Serienmodell Leica I
Barnack mit dem Ingenieur Emil Mechau an, der an einer Lösung für die flimmerfreie Kinoprojektion tüftelte. 1893 hatte William K. L. Dickson in den Labors von Edison durch Halbierung des 70-mm-Kodak-Rollfilms den perforierten 35-mmFilm konzipiert, der in der Folge der Normalfilm für die Kinoproduktion wurde. Zeiss hatte freilich kein Interesse an Mechaus Arbeiten, und dieser ging 1908 zu Leitz nach Wetzlar, wo er den flimmerfreien Projektor vollendete. Wahrscheinlich hat sich Barnack, inspiriert durch Mechaus Kinoversuche, schon in Jena mit der Möglichkeit befasst, den Kinofilm als Material für eine Standbildkamera einzusetzen. 35 mm Filmbreite mit Perforationsrand bedeuteten eine Bildfläche von 18 mal 24 mm in den Kinokameras und -projektoren, die das Filmband senk- →
Von der Ur-Leica zum Serienmodell: Oben das einzige erhalten gebliebene Exemplar der Ur-Leica, darunter eine Kamera aus der Nullserie mit dem Original-Klappsucher, der später oft durch den Fernrohrsucher des Serienmodells Leica I (unten) ersetzt wurde
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Das Werkstattbuch von Oskar Barnack: Aufgeschlagen ist die Seite aus dem März 1914 mit dem Eintrag „Liliput Kameras fertig“
Bei der Ur-Leica musste das Objektiv vor dem Verschlussaufzug abgedeckt werden, um den Film nicht ungewollt zu belichten
recht durchläuft. Tatsächlich lag der Gedanke, diesen Film für Fotokameras zu nutzen, in jenen Jahren in der Luft – allein es mangelte an der erforderlichen Technik für brauchbare Vergrößerungen, ganz abgesehen von geeigneten Objektiven. Es gab eine ganze Reihe
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entsprechender Kameraentwicklungen, die aber nie über den Status des Versuchs hinauskamen, meist weil sie in ihrer Konzeption allzu sehr der Kinokamera ähnelten oder aus anderen Gründen zu unpraktisch für das mobile Fotografieren waren. Inwieweit Barnack
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diese Konzepte kannte, ist nicht überliefert, wohl aber, dass ihm bei Zeiss ein Prototyp einer Kamera namens Minigraph unterkam, die zwar konstruktiv nichts mit seiner späteren Eigenentwicklung gemein hatte, aber eben für Kinofilm als Aufnahmemedium gedacht war. Als Barnack auf Initiative Mechaus hin 1911 zu Leitz nach Wetzlar wechselte, wird er die Minigraph im Kopf behalten haben – als Erinnerung an die Möglichkeit, vom kleinen Negativ zum großen Bild zu kommen, von der er in den Folgejahren mehr und mehr überzeugt sein sollte. Kann Barnack somit auch nicht als Urheber der Kleinfilmfotografie gelten, war er doch der Erste, der diese Idee
Die aktuelle Ausgabe der LFI – und alle anderen seit 2003 –, News aus der Welt der Fotografie, Videos zu den Reportagen und ausgewählte Bereiche der Lesergalerie: die LFI-App für iOS und Android.
Abbildungen aus MUSEUM LEICA, mit freundlicher Genehmigung von Lars Netopil Classic Cameras, Wetzlar
konsequent zu Ende gedacht und eine entsprechende Konstruktion geschaffen hat: 1913 findet sich in den Werkstattbüchern erstmals die Notiz „Photokamera Eigenk.“ (Eigenkonstruktion) – der erste schriftliche Hinweis auf die Kamera die wir heute als Ur-Leica kennen. Da der Film in einer Fotokamera aus praktischen Erwägungen quer, nicht senkrecht wie in einer Filmkamera läuft, ergab sich fast zwangsläufig eine Verdoppelung des Aufzeichnungsformats auf 36 mal 24 mm. Von de r Ur -L e ica zu m Ser ie nmodell . Nachdem die Formatfrage geklärt war, ging es an die Details der Hardware: In die Rocktasche sollte die Kamera
passen, und wegen der geplanten starken nachträglichen Vergrößerung der Bilder musste die mechanische Ausarbeitung von höchster Präzision, die Filmplanlage von äußerster Exaktheit sein – keineswegs durfte man sich auf die Schärfentiefe des vorgesehenen Standardobjektivs verlassen. Und es ging Barnack auch um die komfortable Kopplung von Filmtransport und Verschlussaufzug, was einen Schlitzverschluss bedingte, dessen Konstruktion und Maße das Äußere der Kamera vollständig definierten. Ein zum Filmformat passendes Objektiv stand zunächst nicht zur Verfügung – Barnack entschied sich schließlich für ein Summar 1:4.5/42 mm aus Ernst Ar-
beits Repertoire für seine Kamera, die er zunächst „Liliput“ nennen wollte, ein Name, den sich 1913 allerdings bereits die Firma Ernemann hatte schützen lassen. Dass die Kamera, die zwei Verschlusszeiten, 1/25 und 1/50 Sekunde, bot und bei der man das Objektiv vor dem Verschlussaufzug zunächst noch abdecken musste, durchaus vielversprechende Ergebnisse erzeugte, davon hatte sich Ernst Leitz II selbst ein Bild gemacht, der sie im Frühjahr 1914 in den Vereinigten Staaten ausgiebig getestet hat. Der Erste Weltkrieg verhinderte, dass eine Serienfertigung der Kamera schon früher ernsthaft in Erwägung gezogen werden konnte – obwohl Barnack in den
Kriegsjahren weiter an seiner Konstruktion feilte. Bereits zwei Jahre nach Kriegsende wurde das von Max Berek konstruierte Objektiv Anastigmat 1:3,5/50 mm zum Patent angemeldet, doch die Entscheidung zur Serienproduktion ließ noch weitere vier Jahre auf sich warten. Zunächst entstanden ab 1923 die vermutlich 25 Kameras der Nullserie, bevor Ernst Leitz II 1924 eine letzte hitzige Debatte mit seinem berühmten „Es wird riskiert“ beendete. Auf der Leipziger Frühjahrmesse 1925 wurde die Leica I der Öffentlichkeit präsentiert – bis zum Ende des Jahres wurden 903 Exemplare an den Handel ausgeliefert, sechs später Jahre waren es bereits 70 000. ann effes
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b e st o f LFI . G a l l e r y
Out of t h e da r k „Ich mag den futuristischen Look der U-BahnStation Canary Wharf in London. Sie erinnert mich an ein angedocktes Raumschiff. Ich habe das Bild extra aus dieser Perspektive aufgenommen, um die Silhouetten der Pendler und die Dramatik des Lichteinfalls noch besser einzufangen.“ Howard Yang Leica M-D mit Elmarit-M 1:2.8/28 mm Asph
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l ig h t box
M a c au S t r e e tL i g h ts „Als ich auf dem Weg nach Hause an einer Ampel hielt, trafen die Scheinwerfer anderer Autos auf das Gesicht meines Sohnes. Ich fühlte, dass es ein schönes Motiv war und nahm das Bild auf. Ich bin froh, sein Aufwachsen mit solchen Bildern dokumentieren zu können.“ Keith Leung Leica M10 mit Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph
Am e r i c a n Decorum „Ich suchte nach etwas, das von der amerikanischen Vielfalt übriggeblieben war. Da fiel mir diese schmucklose Wand in Rapid City ins Auge. Die Leere war für mich ein starkes Bild für den gegenwärtigen Moment in der Geschichte der Vereinigten Staaten.“ Philippe Blayo Leica M10 mit Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph
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Colours of life „Ich komme oft an diesen Ort in Hongkong, weil ich es mag, wie sich das Licht und die Schatten zu jeder Jahres- und Tageszeit verändern. Für mich ist das Bild auch eine Erinnerung daran, dass das Leben immer voller Farben ist, auch wenn man sich gerade in der Dunkelheit befindet.“ Chan Chun Ming Leica T mit Schneider-Kreuznach Curtagon 1:4/28 mm
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P j ö n Gj a n g i n Fa r b e „In Nordkorea fühlte ich mich wie ein Teil einer bizarren Filmproduktion mit Tausenden Statisten. Es gibt keine Opposition und der Blick ist sehr eingeschränkt. Für das Foto stieg ich auf den 170 Meter hohen Juche Tower. Ich war erstaunt von den Farben in einer sonst so gleichgeschalteten Welt.“ Andre Terlingen Leica SL mit VarioElmarit-SL 1:2.8–4/90– 280 mm Asph
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OUt o f t h e Office
Girl Gang I n Pa r i s
„An Tokio fasziniert mich die moderne Architektur. Für das Foto wartete ich vor einem Bürokomplex bis es Abend wurde. Nur in der Dunkelheit entsteht durch die farbigen Türen ein interessantes Muster. Die Menschen, die um dieses Zeit das Büro verlassen, vervollständigen die Komposition.“
„Den ganzen Tag war ich durch die Stadt gelaufen, aber ich konnte keine rechte Inspiration finden. Auf dem Nachhauseweg sah ich die drei Frauen und war sofort von dem Motiv fasziniert. Der Hintergrund, die lebendigen Farben und ihre Präsenz: Plötzlich ergab alles wieder einen Sinn.“
Vadim Krisyan Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8-4/24-90 mm Asph
Michael Erimo Leica M9 mit Summilux-M mit 1:1.4/50mm Asph
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Fa l l e n d e Türme „Die Red Road Flats in Glasgow waren einst die höchsten Wohnhäuser in Europa. In letzter Zeit waren sie eher für eine hohe Kriminalitätsrate bekannt. Ich habe die Häuser über Jahre hinweg oft fotografiert. Natürlich musste ich dann auch bei ihrem Abriss dabei sein.“ Colin Templeton Leica M9-P, Summilux-M 1:1.4/35 mm Asph
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p h oto – b ü c h e r – Au sst e l l u n g e n – f e st i va l s – Awa r d s –
Paul D’Amato: Lillian, New Covenant Church of Deliverance, 2011
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Ka i Lö f f e l b e i n CTR L -X : A t o p o g r a p hy o f e - wa s t e
Pau l D ’Am ato h e r e / s t i ll / n ow
Eine einzelne Computerplatine hat durchaus ihre abstrakte Schönheit. Sie ist in diesem Bildband aber nur die verführerische Ergänzung zu den beklemmenden Aufnahmen der Computerschrottverwertung, die der deutsche Fotograf (*1981) in Ghana, China und Indien dokumentiert. Post-apokalyptische Szenerien, die die Schattenseiten des verantwortungslosen Konsums zeigen. Ansehen!
Fotos: © Paul D´Amato; © Kai Löffelbein; © Saul Leiter Estate; © Loredana Nemes
192 Seiten, 117 Farbabb., 29,7 × 25 cm, englisch, Steidl
Chicagos West Side rückt immer nur dann ins mediale Bewusstsein, wenn es dort Straßenkämpfe oder Gewaltverbrechen gibt. Der US-amerikanische Fotograf (*1956) hat sich dem Viertel in einem über zehnjährigen Langzeitprojekt genähert. Er zeigt die Alltäglichkeit dieser Gegend, die weder die ärmste, älteste noch größte afro-amerikanische Community ist. Aber genau das macht sie für ihn so typisch: „Diese Gemeinschaften sind der Kollateralschaden des Kapitalismus.“ Denn auch hier lebt fast jeder fünfte Haushalt unterhalb der Armutsgrenze, die statistischen Daten zu Arbeitslosenrate, Gewaltverbrechen oder Teenagerschwangerschaften sind nicht ungewöhnlicher als in vergleichbaren Städten der Vereinigten Staaten. Die wirkliche Krise besteht für den Fotografen darin, dass die Lebensbedingungen der Bewohner oft komplett ignoriert werden. Mit seiner empathischen Fotografie schafft es D’Amato, den von ihm in Würde und mit großem Ernst Porträtierten Aufmerksamkeit zu verleihen. „Diese Fotografien werden das Viertel nicht verändern. Aber jede dieser Begegnungen und die entstandenen Bilder können etwas bewirken, was Statistiken und Sensationsnachrichten nicht können. Sie erinnern uns daran, dass wir alle miteinander verbunden sind, dass die Personen auf den Bildern nicht ,die da‘ sind, sondern ,er‘ und ,sie‘ – und sie sind genauso wichtig wie jeder von uns“, so seine Hoffnung. 144 Seiten, 80 Farbabb., 23 × 29 cm, englisch, Kehrer Verlag
S au l L e i t e r I n My R o o m
Stille, intime Momente: Die Aktaufnahmen entstanden im Atelier des Fotografen (1923– 2013), das er seit den 1950erJahren im New Yorker East Village betrieb. Leiter plante in den 70er-Jahren selbst ein Buch dazu, doch zu Lebzeiten hat er es nie realisiert. Jetzt ist es posthum zu entdecken. 148 Seiten, 81 Schwarzweißabb., 20 × 20,3 cm, englisch, Steidl
L o r e da n a N e m e s Gier Angst Liebe
Die Fotografin (*1972) arbeitet immer konzeptuell, ihre Bildsprache ist ebenso klar wie vielseitig. Der Bildband versammelt vier Serien aus zehn Jahren und begleitet die umfassendere Retrospektive in der Berlinischen Galerie. Stand bisher der Mensch bei Nemes im Mittelpunkt, sind in den zwei jüngsten Serien auch Maschinen und Tiere Gegenstand der fotografischen Befragungen. Intensiv setzt sie sich mit den Themen Identität und Gruppenzugehörigkeit auseinander oder untersucht virtuos die Titel gebenden Urgefühle. Dabei findet
sie überraschend unterschiedliche Zugänge. Ob farbig oder schwarzweiß, ob Abstraktion oder detailscharfes Porträt: Die in diesem feinen Buch präsentierten Bildserien überzeugen, sie sind subtil, emotional, eindringlich. 128 Seiten, 91 Abb., 23 × 27 cm, deutsch/englisch, Hartmann Books
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Doing the Document m u s e u m l u d w i g , Kö l n
31. August 2018 — 6. Januar 2019 Foto: David Hockney, John St. Claire Swimming, April 1972
Ins Offene K u n s t m u s e u m M o r i t z b u r g , H a ll e
Der Osten Deutschlands. Ein weites Feld, immer noch nicht ganz beackert und widersprüchlich. Immer noch Thema. Im Vorfeld des bevorstehenden Jubiläums zum 30. Jahrestag des Mauerfalls 2019 mehren sich die Diskussionen über ostdeutsche Identitäten, über die Rolle der Ostdeutschen, ihre Wahrnehmung und mediale Präsenz. Junge Autoren untersuchen ihre Herkunft, Wissenschaftler stellen Thesen über „Ostdeutsche als Migranten“ auf und sogenannte Wutbürger werden als Abgehängte aus den neuen Bundesländern deklariert. „Ungeachtet dieses nicht planbaren Rahmens haben wir schon in den zurückliegenden drei Jahren die Ausstellung Ins Offene vorbereitet, die der Frage nach der Erscheinungsform der Fotokunst im Osten Deutschlands seit 1990 nachgeht“, sagt Thomas BauerFriedrich, Direktor des Kunstmuseums Moritzburg Halle. Und so stellt die Ausstellung das einstige Gebiet der DDR in den Fokus, fragt nach den Kontinuitäten und Neuanfängen in der dortigen künstlerischen Fotografie, nach den Themen und der Auseinandersetzung westdeutscher Fotografen mit dem Osten. Präsentiert werden Positionen von 21 Künstlern; und egal, ob die Schau nun ein Beitrag zur aktuellen Debatte oder zum Mauerfall ist: Sie erscheint wichtiger denn je. 29. Juni — 16. September 2018, Foto: Sibylle Bergemann: Anke Wicklein aus Ramba Zamba, 1997
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Delete M KG , H a m b u r g
In Zeiten von Fake News präsentiert das Museum für Kunst und Gewerbe die Ausstellung Auswahl und Zensur im Bildjournalismus, die sich dem Einfluss der Medien auf die öffentliche Meinungsbildung widmet. Wie beeinflussen eigentlich Herausgeber, Redakteure und Grafiker die Aussagekraft der Bilder? 8. Juni — 25. November 2018; Foto: Thomas Hoepker, Ein Unfall in Harlem, New York 1963
W e r n e r B i sc h o f M u s e u m i m B e ll pa r k , K r i e n s
Er war ein Mythos – jung, schön und neugierig. Er reiste nach Indien, Korea, Japan und Hongkong, nach Amerika und Indochina. In den Anden in Peru verlor er mit nur 38 Jahren sein Leben. „Hier stehe ich. Und ich werde mich fragen und euch fragen – durch das Auge meiner Kamera“, sagte Werner Bischof einst – und genau das macht wohl seinen Standpunkt in der Fotografie aus. Er fragte und
zweifelte, er suchte das Leben mit all seinen Erfahrungen aus Leid und Freude, Armut und Würde. Die Ausstellung macht das berührende Werk in Originalprints zugänglich. 25. August — 4. November 2018 Fotos: Werner Bischof, Akt, Zürich 1941; Dschunken im Hafen von Kowloon, Hongkong 1952
Fotos: © Sibylle Bergemann/Ostkreuz; © David Hockney; aus der Serie Twenty Photographic Pictures by David Hockney, 1976; © Thomas Hoepker/Magnum Photos; © Werner Bischof Estate/Magnum Photos; © Alexi Mekhishvili; © Annette Kelm, Galerie Johann König, Berlin; © Sharon Lockhart Neugerriemschneider, Berlin
Die Ausstellung ist der Schenkung von über 200 Werken deutscher und amerikanischer Fotografen durch die Kölner Familie Bartenbach zu verdanken. Sie vereint Fotografien von 20 Künstlern, darunter Diane Arbus, David Hockney, Walker Evans, Wolfgang Tillmans und Gary Winogrand.
Stillleben in d e r F o to g ra f i e d e r G e g e n wa rt ku n st h au s w i e n
Blumen, Früchte oder Instrumente – die Darstellung von Gegenständen um ihrer selbst willen hat eine lange Tradition, beginnend in der Malerei des Barock im 17. Jahrhundert. Schon bald, nachdem sich die Fotografie entwickelt hatte, wurde das Stillleben auch in dieses Medium übernommen. Lange galt das Genre dort jedoch als vernachlässigt, als dröge und langweilig. Mit der Ausstellung im Kunst Haus Wien erfährt es nun einen Aufschwung. Präsentiert werden zeitgenössische Arbeiten von Tacita Dean, Hans-Peter Feldmann, David Hockney oder Ugo Rondinone. „Bei dieser Wiederannäherung geht es weniger um eine nostalgische Referenz an ein verschwunden geglaubtes Genre“, stellt das Kunst Haus fest. „Ganz im Gegenteil hinterfragen Künstlerinnen und Künstler aktuell in der Fotografie das Stillleben radikal als Ausdrucksmöglichkeit.“ Wie in den historischen Vorbildern erscheinen leblose Materialien als Objekte mit Eigenleben. Arrangiert und in Szene gesetzt. Doch anders als historische Gemälde stellen aktuelle Werke radikaler den Bezug zur Wirklichkeit her, zu Globalisierung und Konsum, Werbung und Identität. 13. Sept. 2018 — 17. Februar 2019 Fotos: Alexi-Mekhishvili, Rose Napkin, 2017 (oben); Annette Kelm, Pizza Pizza Pizza, 2016, und Welcome, 2016 (links; Mitte); Sharon Lockhart, Ikebana Group 2-4C, 2003 (rechts)
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U l r i c h M ack Leica Galerie Nürnberg
Der Besuch von John F. Kennedy vor 55 Jahren war ein mediales Großereignis, das Geschichte schreiben sollte. Am 23. Juni 1963 landete der US-Präsident auf dem Köln-Bonner Flughafen Wahn – vier Tage später hob er vom Flughafen Tempelhof in Berlin wieder ab. Dazwischen lag für den jungen Fotografen Ulrich Mack ein Marathonauftrag: er gehörte zu den privilegierten Bildjournalisten, die den Aufenthalt Kennedys begleiten konnten. Überall erwarteten jubelnde Menschenmengen den USPräsidenten, seinen Höhepunkt fand der Staatsbesuch dann vor dem Schöneberger Rathaus in Berlin. 500 000 Zuhörer folgten der Rede, die mit den geschichtsträchtigen Worten „Ich bin ein Berliner!“ endete. Mack war 116 |
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Ulrich Mack: John F. Kennedys legendärer Staatsbesuch 1963 in Berlin mit Konrad Adenauer (oben) und Willy Brandt (unten)
im Auftrag der Illustrierten Quick auf allen Stationen dabei. Mit sechs LeicaKameras ausgestattet entstanden über 1000 Aufnahmen, von denen für die Nürnberger Schau rund 40 gemeinsam mit dem Fotografen ausgewählt
wurden. Macks Blick galt nicht nur den Reden und Auftritten des Staatsgastes, sondern sein Fokus war immer auch auf die Atmosphäre und begleitenden Umstände des Staatsbesuchs gerichtet. Sein Gespür für Szenen und anekdotische Momente, die sich am Rande des Geschehens abspielten, lassen die Reportage bis heute als ein Zeitdokument erscheinen, das weit über die offizielle Dokumentation hinausreicht. Blieben die meisten seiner Aufnahmen seinerzeit unveröffentlicht, zeigt sich in der Auswahl heute umso mehr ein sehr lebendiges Stück deutscher Geschichte. ulrich rüter Bis zum 6. Oktober 2018, Ulrich Mack: Kennedy in Berlin; Leica Galerie Nürnberg; leica-store-nuernberg.de/Leica-Galerie
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I Pledge Loyalty to the Republic
USA | Boston, MA 02116, 74 Arlington St. 12. Juli — 9. September 2018
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Alex Webb: Selections 1979–2013 GER | 60311 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 15 7. September — 27. Oktober 2018 i st a n b u l
Werner Bischof: A Selection From 1935–1953
Edward Quinn: Riviera Cocktail
S ão Pau l o
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Kyoto
AUT | 5020 Salzburg, Arenbergstr. 10 10. Juni — November 2018
Los Angeles
Manfred Baumann: Mustangs USA | West Hollywood, CA 90048, 8783 Beverly Boulevard 9. August — 17. September 2018 Mailand
Víctor M. Pérez: Anyone, Anytime, Anywhere ITA | 20121 Mailand, Via Mengoni 4 29. Juni — 15. September 2018 NRW
Szymon Brodziak: What You See Is Who You Are GER | 59302 Oelde-Stromberg, Mies-van-der-Rohe-Weg 1 7. Juli — 8. September 2018 Nürnberg
Ulrich Mack: Kennedy in Berlin GER | 90403 Nürnberg, Obere Wörthstr. 8 29. Juni — 6. Oktober 2018
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Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest
S c h l o ss A r e n b e r g
JPN | Kyoto, 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku 30. Juni — 4. Oktober 2018
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AUT | 5020 Salzburg, Gaisbergstr. 12 10. August — 13. Oktober 2018
TUR | 34381 Şişli/İstanbul, Bomontiada – Merkez, A Birahane Sk. No:1 5. Juni — 30. August 2018
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Im Uhrzeigersinn von oben: Alexandra Polina, aus der Serie Myths, Masks and Subjects; Nick Hannes, aus der Serie Mediterranean. The Continuity of Man (2010–2014); Daniel Castro Garcia, aus der Serie Foreigner: Migration into Europe 2015–2016, Sarah Pabst, aus der Serie Zukunft
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„ Es pass i e rt i mm e r e t wa s fa n ta st i sc h e s .“ i n t e rv i e w
Die Fotografie-Initiative Organ Vida in Zagreb, Kroatien, feiert 2018 mit ihrem Festival gleichen Namens das zehnjährige Bestehen. Die Co-Gründerin und künstlerische Leiterin, Marina Paulenka, spricht über die vielfältigen Aktivitäten von Organ Vida.
LFI: Organ Vida organisiert eines
der faszinierendsten zeitgenössischen Fotofestivals in Europa. Sie wurde 2009 als Non-Profit-NGO gegründet. Wie hat alles begonnen? Marina Paulenka: Es gab zu dieser Zeit in Kroatien nicht viele Events für zeitgenössische Fotografie. Es wurden höchstens einmal „alte Meister“ oder Werke aus dem Ausland ausgestellt, hier und da passierte etwas in Galerien. Es gab keine Stipendien für Fotografen. Die Szene war sehr überschaubar. Nachdem wir kleine Ausstellungen mit Arbeiten talentierter kroatischer Fotografen organisiert hatten, bekamen wir gute Rückmeldungen. Wir entschieden, ein Festival mit Ausstellungen, Vorträgen und Workshops zu veranstalten. Wie sind Sie auf den Namen Organ Vida gekommen, was bedeutet er? Paulenka: Wir wollten nicht einen üblichen Begriff, der sich aus der Foto-
grafie oder der Theorie ableitet wie etwa Focus; also haben wir über den Tellerrand hinausgedacht. Organ Vida bedeutet „Organ des Sehens“. Es gilt für alle visuellen Künste, aber natürlich besonders für die Fotografie. LFI: Wie und mit welchen Mitteln
entwickelten Sie die Initiative weiter?
Paulenka: In den ersten drei Jah-
ren war Organ Vida ein Festival für Künstler aus Kroatien, dann sind wir international geworden. Dank des hervorragenden Teams haben wir Bemerkenswertes erreicht. Heute haben wir drei Säulen bei Organ Vida: das OV-Magazin, das internationale Fotofestival Organ Vida und im Jahr 2017 haben wir das erste Fotostipendium für Work in progress finanziert – den Marina Viculin Award.
LFI:
Das Festival, das bald stattfinden wird, ist die sichtbarste Säule. Paulenka: Das Organ Vida Festival ist ein jährliches internationales Fotofestival, das zwei Wochen im September in Zagreb, stattfindet. Es ist ein LFI:
Treffpunkt für junge zeitgenössische Fotografen aus der ganzen Welt mit dem gemeinsamen Ziel, die Kunst und Praxis zeitgenössischer Fotografie voranzutreiben und Gespräche über kritische und globale gesellschaftspolitische Themen anzustoßen. Organ Vida schreibt jedes Jahr verschiedene Themenfelder offen aus, um gesellschaftliche, politische und persönliche Fragen in den Blick zu rücken. Eine internationale Expertenjury wählt die Bewerber aus, deren Fotografien auf der Hauptausstellung des Festivals gezeigt werden. Das Programm des Festivals umfasst darüber hinaus Workshops, Künstlergespräche, Portfolio Reviews, Vorträge, Musik- und Theateraufführungen und vieles mehr. Viele prominente Kunstkritiker und Experten für zeitgenössische Fotografie und Kunsttheorie aus der ganzen Welt nehmen aktiv am Festivalprogramm teil. Bisher haben wir so bekannte Künstler wie Roger →
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unabhängig davon, für welches Genre sie stehen – Idee, Vision und Konzept sind entscheidend. Was ist Ihre Mission? Das Festival ist ein wichtiger Impuls für die lokale Kulturszene. Wir sind eng mit verschiedenen lokalen Institutionen verbunden – von Museen bis hin zu Bildungseinrichtungen. Die Fotografen, Kuratoren und Theoretiker, die wir einladen, bieten eine einmalige Gelegenheit für unser Publikum, zeitgenössische Fotografie zu erleben. Wir ermöglichen es Fotografie auf verschiedene Weise zu entdecken, sei es partizipativ in Workshops, akademisch auf Konferenzen oder lehrreich bei Vorträgen und begleiteten Rundgängen durch die Ausstellungen. Organ Vida ist immer noch ein freundlicher, intimer Ort, wo das Publikum und Fachleute aus der ganzen Welt in Kontakt treten und sich austauschen können. LFI:
Paulenka:
Welche Förderung ist mit dem Marina Viculin Award verbunden? Paulenka: Im Jahr 2017 hat Organ Vida einen neuen Preis für zeitgenössische kroatische Fotografie gegründet. Der Marina Viculin Award wird jährlich verliehen, um die Arbeit von Künstlern mit herausragenden Leistungen in der kroatischen Fotografie zu würdigen. LFI:
Ballen, Dana Lixenberg, Rob Hornstra, Hannah Starkey, Anouk Kruithof, Katrin Koenning, Pieter Hugo, Philip Toledano präsentieren können. Ganz oben: Pieter Hugo, Abdullahi Mohammed with Mainasara, Lagos, Nigeria, aus der Serie The Hyena & Other Men (2005–2007)
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Was ist im Allgemeinen der Schwerpunkt des Festivals? Paulenka: Dokumentarfotografie stand nur in einem Jahr speziell im Fokus. Heute wollen wir alle zeitgenössischen Praktiken in der Fotografie zeigen, LFI:
Wie wählen Sie die Fotografen aus, die Sie auszeichnen? Welche Genres unterstützen Sie? Paulenka: Wir teilen nicht in Genres ein und wir verstehen Fotografie nicht als ein Medium zum Selbstzweck. Wir denken über den gegenwärtigen Stand der zeitgenössischen Kunst nach und für uns ist es wichtig zu sehen, wie Künstler die Welt, in der sie leben, mit dem Medium Fotografie reflektieren, ihre Geschichten auf eine neue und frische Art erzählen und über bestimmte Themen mit neuem Verständnis sprechen. Wir haben eine internationale Jury, die den Gewinner LFI:
Fotos: © Pieter Hugo, © Katrin Koenning, © Christina de Middel, © Dragana Jurišić
Oben li.: Katrin Koenning, aus der Ausstellung Indefinitely; oben rechts: Christina de Middel, aus dem Buch Sharkification; links: Dragana Jurišić, aus dem Buch YU – The Last Country
auswählt. Während des Jahres organisieren wir ein Mentoring-Programm für den Künstler. Was ist Ihrer Meinung nach der größte Erfolg von Organ Vida seit der Gründung? Sie feiern in diesem Jahr Ihr zehnjähriges Bestehen! Paulenka: Wir werden es im September feiern, ja! Wir sind sehr glücklich und stolz: Der Guardian-Kritiker Sean O’Hagan hat das Organ Vida Festival 2017 als eines der fünf besten Fotografie-Events der Welt gelistet! Das Festival versammelt unterschiedliche Experten und Künstler: In diesem kreativen Umfeld voller Energie passiert immer etwas Fantastisches. Menschen fühlen sich verbunden, und jeder kann sich treffen und Wissen und Erfahrungen austauschen. LFI:
Leica Rope Straps Alles, was für die Berge gemacht wird, muss robust sein. In der jüngsten Zusammenarbeit zwischen Leica und COOPH wurden Bergsteigerseile genommen und daraus Tragriemen entwickelt. Ein Zubehör mit Charakter, um Ihre Kamera sicher und bequem zu transportieren.
Was werden die Highlights der zehnten Ausgabe sein? Paulenka: Unser Thema ist Engaged, Active, Aware – Women’s Perspectives Now. Dazu wird es mehrere Ausstellungen geben. In der Ausstellung gleichen Namens sind beispielsweise 20 Künstler zu sehen, die nach einem Open Call ausgewählt wurden, darunter Arvida Byström, Laia Abril, Katalin Ladik, Fiona Rogers, Nina Berman und Tomoko Sawada, kuratiert von Lea Vene und mir. Daneben zeigen wir Parallel – European Photo Based Platform – Intersection 2018 mit zwei Gruppenausstellungen von 53 Künstlern, Refest – Images and Routes of Refugee Routes mit seinem interdisziplinären Ansatz und verfolgen viele weitere Aktivitäten. Informieren Sie sich über unser Festivalprogramm. LFI:
Interview: Carla Susanne Erdmann
Marina Paulenka Geboren 1985 in Vinkovci,
Kroatien. In Zagreb studierte sie Grafikdesign und Fotografie an der Akademie der darstellenden Künste. Sie war beim Aufbau von Organ Vida beteiligt und ist die künstlerische Leiterin des Festivals. Sie hat bei zahlreichen Ausstellungen in Kroatien und international mitgewirkt. O rga n V i da F e stiva l: Eröffnungswoche, 10. bis 16. September 2018; Ausstellungen bis zum 30. September 2018; Zagreb, Kroatien; www.ovfestival.org OV o n l i n e M agaz in : www.ovmag.org
j e tzt Be ste lle n :
l f i- onl ine. d e/S h o p
Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l
Frédéric Stucin m e i n B i ld
Per Überraschungsmoment und mit einer Notlüge gelang Frédéric Stucin diese dichte Aufnahme des medienerprobten Publizisten und Journalisten Bernard Henri Levy.
70. Jahrgang | Ausgabe 6.2018
LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed, Frank P. Lohstöter (V.i.S.d.P.) A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Michael J. Hußmann, Denise Klink, Bernd Luxa, Edyta Pokrywka, Danilo Rößger, David Rojkowski bildredaktion Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Ann Effes, Carla Susanne Erdmann, Katja Hübner, Ulrich Rüter, Katrin Ullmann Geschäftsführung Steffen Keil, Frank P. Lohstöter A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 46 vom 1.1.2018 REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt
Bernard Henri Levy, Paris 2016
Für Libération soll ich Bernard Henri Levy fotografieren. Eine schwierige Aufgabe. Wie erwartet, übernimmt er selbst die Regie. Er lächelt, lächelt nicht, denkt nach, schaut nach hier, nach da. Ich bin kurz davor, mich geschlagen zu geben. Zufälligerweise habe ich eine Leica S 007 mit einem 120er dabei. Ich sage: „Kann ich bitte mit dieser Kamera noch ein paar Aufnahmen machen?“ – „Ja, sicher, aber schnell.“ Ich drücke auf den Auslöser. Levy fragt: „Sind Sie nicht zu nah dran?“ – „Nein, nein, überhaupt nicht“, lüge ich. Schnell verstaue ich alles, damit er nicht auf die Idee kommt, die Aufnahme sehen zu wollen. Ich weiß, dass genau diese veröffentlicht werden wird. Fréderic Stucin, 1977 in Nizza geboren, Studium der Fotografie an der École nationale supérieure Louis Lumière. Stucin schuf zahlreiche Porträts von Künstlern, Autoren und Politikern. Er lebt und arbeitet Paris.
L F I 7/ 2 0 1 8 e r s c h e i n t a m 2 6 . S e p t e m b e r 2 0 1 8
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Foto aus der Serie „Parkour Motion“, © Ben Franke