LFI Magazin 6/2019 D

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6. 2 0 1 9    au g u st | S e p t e m b e r

D 8,90 € A 9,90 € L 10,10 € I 10,20 € CHF 15,60

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L e i c a F o t o g r a f i e I n t e r n at i o n a l

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Ilse Bing Alixandra Fazzina Caleb Stein

Jan C. Schlegel


Helmut Newton, Sie kommen (dressed), French Vogue, Paris 1981, © Helmut Newton Estate

HELMUT NEWTON SUMO MARK ARBEIT. GEORGE HOLZ. JUST LOOMIS THREE BOYS FROM PASADENA

PHOTO COLLECTION OF HELMUT AND JUNE HELMUT NEWTON FOUNDATION | MUSEUM FÜR FOTOGRAFIE | 7.6.2019 - 10.11.2019 JEBENSSTRASSE 2, 10623 BERLIN | DI, MI, FR, SA, SO 11-19, DO 11-20 UHR


Lfi 6. 2019

p o rt f o l i o l i g h t b ox

F / s to p

96 | Lfi . Galerie

8 2 | L e i c a V- Lux 5

Über 25 000 Fotografen präsenteren in der LFI-Galerie mehr als eine halbe Million Bilder. U. a. in diesem Heft: ein Panamahut unter Dampf und eine Barszene im Stil Edward Hoppers

Die neue Leica V-Lux 5 erinnert fast schon an eine Spiegelreflexkamera, sie ist aber kleiner und leichter. Im Vergleich zu ihrer Vorgängerin, der V-Lux (Typ 114) bietet sie Finetuning par excellence. Die Bedienung erfolgt über eine Vielzahl frei belegbarer Tasten und Einstellräder

P h oto 107 | Bücher

88 | Leica Q2 Sie ist die konsequente Fortsetzung der Q-Serie und besticht vor allem durch ihre grandiose Auflösung. Der Berliner Fotograf Peer Kugler hat die Q2 einem Praxistest unterzogen

Ram Shergill: aus der Serie Goldmine, Almería, Spanien 2017

1 0 8 | A u s s t e ll u n g e n

Jan C. Schlegel 6 | C r e at u r e s o f t h e S e v e n S e a s

Seine „Fänge“ auf dem Fischmarkt fotografierte Schlegel im Hotel und schuf mit dem Platin-PrintVerfahren Aufnahmen von fragiler Schönheit

Caleb Stein Die neue Leica V-Lux 5 ist in wesentlichen Bereichen optimiert worden

Neue Publikationen von Fred Baldwin, Alessia Rollo, Guenter Zorn und Gerhard Vormwald

2 4 | D o w n by t h e H u d s o n

Eine Kleinstadt irgendwo in den USA: Dort fing der Fotograf heitere Augenblicke völliger Unbeschwertheit ein – mehrere Sommer lang

Alixandra Fazzina 3 6 | Y e m e n C o n t r a fl o w

Perspektive ohne Aussicht: In Dschibuti treffen Flüchtende, deren Ziel die arabische Halbinsel ist, auf Menschen, die vor dem Krieg im Jemen fliehen

Ilse Bing

Gute Aussichten, Hamburg; Die Anderen sind wir, Cottbus; Sumo von Helmut Newton, Berlin; Antanas Sutkus, Mannheim 100 | Leica Galerien Das Programm der Leica Galerien weltweit, unter anderem mit Alex Webb in Wetzlar und Nobuyoshi Araki in Bangkok 1 1 0 | I n t e rv i e w Ein Gespräch mit den Fotografen Carlos Javier Ortiz und Danny Wilcox Frazier sowie Ruddy Roye, dem Gründer des Kollektivs @theleica10 1 1 4 | m e i n B i ld Die Aufnahme von Gael Turine aus der Serie Aveuglement war ein Wendepunkt in seiner fotografischen Laufbahn 114 | impressum

5 2 | Kö n i g i n d e r L e i c a

Sie gehört zu den prägenden Fotografinnen des 20. Jahrhunderts und machte sich mit einem Selbstporträt unsterblich: Ilse Bing (1899–1998)

100 Digital Features 62 | S - M agaz i n O n l i n e

Arbeiten ohne Vorgaben: Das einzigartige Format Digital Features auf der Webseite des S Magazins feiert seine 100. Ausgabe

Cover: Jan C. Schlegel, Palinurus Elephas aus der Serie Creatures of the Seven Seas

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LFI-shop

S u m m e r Sa l e S pa r e n S i e b i s z u 5 0 P r o z e n t

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Contributor

Zehn Jahre nach ihrem ersten Projekt über Flüchtlingsbewegungen am Horn von Afrika kehrte die Britin Alixandra Fazzina zurück, um die aktuelle Lage zu dokumentieren. Was sie dort beobachten konnte, war verstörend: Während weiterhin viele Afrikaner auf die arabische Halbinsel flohen, wurden andere aus dem Kriegsland Jemen evakuiert. Nun waren es auch jemenitische Flüchtlinge, die in der Region um Dschibuti (Stadt) Zuflucht suchen. Ihr Projekt Yemen Contraflow war geboren. 4 |

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Ja n c . S c h l e g e l Wenn sich Jan C. Schlegel mit einem Thema beschäftigt, versucht er es vollständig und auf mehreren Ebenen zu durchdringen. Für seine viel beachteten Serien reiste er durch 61 Länder. Mit seinen dort entstandenen Porträts schuf er ein wertvolles kulturanthropologisches Archiv. Auch die Arbeit an seinen Insekten-Studien Of Monster & Dragon und der hier gezeigten Serie Creatures of the Seven Seas hat ihn sensibilisiert für das, was bald vielleicht nicht mehr da ist.

Caleb Stein

Für sein Projekt Down by the Hudson wanderte Caleb Stein tagtäglich dieselbe Hauptstraße der US-amerikanischen Kleinstadt Poughkeepsie entlang – und das über mehrere Jahre. Ursprünglich war die Idee, typisches Kleinstadtleben in den USA zu dokumentieren, doch Stein fühlte sich erst bei der Wasserstelle am Rande der Stadt richtig angekommen. Erst nach vier Jahren des Fotografierens stieß er auf diesen Garten Eden, in dem die Menschen den Alltag hinter sich lassen. Besser spät als nie.

Fotos: © Eduardo Diaz, © Vadim Levin, © Andrea Orejarena

A l i xa n d ra Faz z i n a


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C r e at u r e s of the s e v e n s e as LeicA S

Jan C. Schlegel

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Th e n u m o r i e n t a l i s

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Jan C. Schlegel ist in die wundersame Welt der Unterwasserspezies eingetaucht. Mit der Leica S und dem seltenen Platin-Print-Verfahren gelangen ihm Bilder, die die bizarren Schรถnheiten in all ihren Facetten zeigen.

Brama brama

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Hippocampus barbouri o

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Octopus vulgaris


Pl e u r o n e c t e s p l a t e s s a

Trichiurus lepturus

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Belonidae

Ph y c i s p h y c i s

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Zeus faber


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„Mir geht es nicht um eine wissenschaftliche Dokumentation. Mich fasziniert es, Dinge zu zeigen, die man sonst nicht sehen kann und normalerweise auch nicht zu sehen bekommt. Ich möchte Details, Formen und Strukturen zeigen. Die Einzigartigkeit jedes Lebewesens und der Natur und ihre Schönheit.“

Loligo vulgaris

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Carcinus maenas


S c ato p h ag u s a r g u s


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Hippocampus barbouri o

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Jan C. Schlegel Geboren 1965 in Triberg im Schwarzwald. Seine Leidenschaft für die Schwarzweißfotografie wurde durch einen Workshop mit Walter Schels entfacht. Toni Schneiders, ein erfolgreicher Fotograf in seiner Region, wurde zu seinem Mentor. Schlegel arbeitet viel im Genre Porträtfotografie, sein Augenmerk liegt auf den Themen Globalisierung und Identität. Seine Bilder werden international in Galerien, Ausstellungen und auf Kunstmessen gezeigt.

ja n-sc hl e g e l .co m Ausste l lu n g : Jan C. Schlegel: Platinum and Silver Works; 10. Oktober bis 7. November 2019; Immagis Fine Art Photography, München; www.immagis.de LFI-Online.DE/Blog: Behind the Scenes – die Serie of Monster & Dragon

Equipment: Leica S006 und S007 mit Summarit-S 1:2.5/70 Asph (CS), Summicron-S 1:2/100 Asph und Apo-Macro-Summarit-S 1:2.5/120 (CS)

LFI: Mit der Serie gelingt Ihnen eine Reminiszenz an ein ursprüngliches Genre der Fotografie: als Medium der Dokumentation. In der heutigen Wahrnehmung werden die Motive durch die Präsentation in Ausstellungskontexten gleichsam zu Kunstobjekten. Beispiele sind die Britin Anna Atkins, die mit Zyanotypien von Algen, also Blaupausen, eines der frühesten Fotobücher geschaffen hat oder natürlich Karl Blossfeldt mit seinen Pflanzenstudien. Was wollen Sie mit Ihrer Serie Creatures of the Seven Seas zeigen? Jan C. Schlegel: Mir geht es nicht um wissenschaftliche Dokumentation. Vielmehr geht es mir um die Schönheit und Einzigartigkeit jedes Lebewesens in all seinen Details, Formen und Strukturen. Ich will, dass die ganze Aufmerksamkeit dem Fisch gewidmet wird, nichts soll von ihm ablenken. Über Ihren Arbeiten steht noch eine weitere, ethische Dimension. Sie kommen gerade aus Österreich, wo Sie auf dem Festival La Gacilly in Baden ausstellen. Das Festival steht für den Gedanken, mit hochklassiger Fotografie ein Bewusstsein für die Umwelt zu schaffen. So verstehe ich meine Arbeit. Fotografie ist eine Sprache, die beim Betrachter etwas bewirken soll. Es reicht einfach nicht aus, am Ende nur ein schönes Bild zu haben. In Ihrer Serie Of Monster & Dragon haben Sie mit Kalotypien gearbeitet, in Creatures of the Seven Seas mit dem seltenen und teuren PlatinPrint-Verfahren. Warum? Platin ist für mich die beste Möglichkeit zur perfekten Darstellung selbst kleinster Details. Jeder handgefertigte Abzug ist einzigartig und kein anderer fotografischer Prozess erzeugt eine solche Tiefe: Das Platin-Verfahren kann die meisten Graustufen darstellen und bringt die größtmögliche Zeichnung ins Schwarz.

Aus der digitalen Bilddatei wird zunächst ein Negativ angefertigt. Eine Platin-Lösung, die auch Eisen-Oxalat enthält, wird auf hochwertiges Aquarellpapier aus reiner Baumwolle mit dem Pinsel aufgetragen. Die Qualität des Papiers spielt bei Platin-Abzügen eine wesentliche Rolle. Nach der Trocknung wird diese Beschichtung mit dem Negativ unter einer UVLampe zwischen eineinhalb und drei Stunden belichtet. Die Prints sind 56 mal 76 Zentimeter groß. Die Serie haben Sie zwischen Februar 2018 und April 2019 fotografiert. Wo haben Sie die Tiere gefunden? Rund um die Welt: In Porto, Portugal, auf Sansibar, Tansania, in Hongkong, in Essaouira, Marokko, und in Murmansk, Russland, bin ich sehr früh auf die lokalen Fischmärkte gegangen, um einzukaufen, und habe meinen „Fang“ später im Hotel fotografiert. Zuvor habe ich sichergestellt, dass die Tiere hinterher verarbeitet werden. Welchen Einfluss hat die Arbeit an der Serie auf Sie genommen? Fische sind extrem vielfältig – das war mir in dieser Form vorher nicht wirklich bewusst, wird aber besonders in der Serie sehr deutlich. Ein anderer Nebeneffekt ist, dass ich Plastik aus meinem Haushalt verbanne, weil Plastik die einzigartige Schönheit der Meere zerstört. Ich möchte mit meiner Kunst Impulse für neue Sichtweisen geben. Fische betrachten wir lieber aus der Distanz und scheuen uns sie anzufassen. Es lohnt sich aber, genauer hinzuschauen. Haben Sie Pläne, wie Sie das Projekt fortschreiben wollen? Ich plane eine Natur-Trilogie. In meiner Serie Of Monster & Dragon habe ich mich mit der faszinierenden Welt der Insekten beschäftigt. Gerade arbeite ich an einer dritten Serie mit floralen Objekten. Interview: Carla Susanne Erdmann

Die Prints sind von außergewöhnlicher Qualität. Welcher technische Aufwand steckt darin?

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Caleb Stein D o w n b y t h e h u ds o n

Caleb Stein extrahiert in dem Projekt Down by the Hudson eine zeitlose Magie aus dem Alltag der Bewohner eines unscheinbaren Vororts in den Vereinigten Staaten. Das Ergebnis ist eine Hommage an den Sommer, an die Gemeinschaft und an eine Stadt, an die der Fotograf sein Herz verloren hat.

Im kĂźhlen Nass ist jeder willkommen. Beim Wasserloch am Rande von Poughkeepsie verlagert Caleb Stein die Essenz der Street Photography ins Wasser

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Das Wasserloch ist ein Garten Eden für alle. Dort entblättern die Bewohner ihre Seelen und vergessen ihre Sorgen. „In diesen politisch aufgeladenen Zeiten übt dieser Ort eine magische Anziehungskraft auf mich aus“, erzählt Stein

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Ein zentrales Element von Steins Erzählung ist die Vielfalt der Menschen, die sich an diesem Ort zusammenfinden


Steins Porträts sind immer nah, immer ehrlich. „Viele Menschen, die ich fotografierte, haben sich mir geöffnet. Dafür bin ich ihnen sehr dankbar.“


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Wasser bedeutet Leben, das macht sich in Poughkeepsie auf vielen Ebenen bemerkbar. In den Bildwelten von Caleb Stein triumphiert die Gemeinschaft gegenüber dem Individuum und macht sich frei von sämtlichen Zwängen

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Haben Sie schon einmal von Poughkeepsie gehört? Das 33 000-Einwohner-Städtchen unweit von New York hat zunächst einmal wenig Bemerkenswertes an sich. Poughkeepsie ist typisch für viele Vorstädte in den USA, die wie am Reißbrett erschaffen scheinen. Genau dieses Klischee weckte die Neugierde des in London geborenen Caleb Stein, als er dort Kunstgeschichte studierte. Zunächst war die Kleinstadtidylle willkommener Kontrapunkt zur Hektik der Metropolen, in denen er Jahre seines Lebens verbracht hatte. Mit der Zeit reifte nicht nur sein Faible für Fotografie weiter heran, sondern auch das Bedürfnis, genauer zu erkunden, ob sich die Vorstadt-Klischees in der Realität wiederfinden. Denn zunächst, so erzählt Stein, kannte er diese fast schon mythischen Stereotype nur aus Illustrationen von Norman Rockwell. Da traf es sich gut, dass er auf dem Weg zum College einmal quer durch die Stadt laufen musste. So wanderte Stein Tag für Tag die knapp fünf Kilometer lange Hauptstraße entlang und lichtete ab, was ihm vor die Linse kam. Meist musste er nicht lange auf spannende Motive warten. Die Unmittelbarkeit des Ortes kam ihm dabei entgegen, ist er doch vordergründig interessiert an Situationen, die von Zufall und Unberechenbarkeit geprägt sind. Je vertrauter Stein mit seiner Umgebung wurde, desto mehr nahm sein Projekt Gestalt an. Direkten Einfluss auf seine Arbeit hatte dabei die Ausbildung im Studio von Bruce Gilden, das sich in der Nähe von Poughkeepsie befindet. Gilden lehrte ihn, nah am Menschen zu bleiben und die Konversation mit der Umwelt stets aufrecht zu erhalten. Im Laufe der Zeit synchronisierte Stein seinen Rhythmus mit dem Pulsschlag der Gemeinde. „Poughkeepsie ist ein sehr dynamischer Ort mit ganz eigenen Schönheiten und Unzulänglichkeiten“, berichtet er. Für ihn ist die Stadt ein Symbol für den postindustriell geprägten wirtschaftlichen

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Niedergang, wie man ihn aktuell in vielen Kleinstädten der USA beobachten kann: Einst ein bedeutender Wirtschaftsstandort, wanderten im Laufe der Jahre immer mehr große Firmen und somit potenzielle Arbeitgeber ab. Keine Frage, dass sich das negativ auf den Gemütszustand der Bewohner auswirken muss. Eine thematische Kehrtwende nahm sein Projekt schließlich, als ihm seine damalige Freundin und jetzige Frau das Wasserloch unweit des Stadtzentrums zeigte. Sofort war der Fotograf angetan von diesem idyllischen Flecken Erde am Hudson. Zumindest für einen kurzen Augenblick scheinen dort alle Sorgen vergessen. „In politisch aufgeladenen Zeiten wie diesen hat das Wasserloch etwas, was mich magisch anzieht“, schwärmt Stein. Im kühlen Nass, abseits vom Stress des Alltags ist es egal, ob man Frau oder Mann, schwarz oder weiß, für Clinton oder für Trump ist. Jeder frönt seinem persönlichen Eskapismus im Schutz des Kollektivs. Dieses Motiv der individuellen Freiheit spiegelt sich in den Aufnahmen von Stein wider, die immer auf Augenhöhe entstehen und somit einen Blick in die Seelen der Protagonisten erlauben. Dank des humanistischen Ansatzes findet der Betrachter selbst im augenscheinlich Alltäglichen etwas ganz Besonderes: Momente, in denen Menschen so sein können, wie sie möchten. Stein interessiert sich seit seiner Zeit auf der Highschool für Fotografie. Mit der Leica M10 hat er erst kürzlich die Kamera seiner Wahl gefunden. Durch den einfachen Umgang mit der kompakten M10 genoss er das Fotografieren im kühlen Nass umso mehr. Noch immer fotografiert er mit Freude an dem Wasserloch, obwohl er mit seinen Serie bereits jetzt ein visuelles Kleinod erschaffen hat. Gegenwärtig plant Stein, das Projekt auf weitere Kleinstädte auszuweiten. Die Erinnerungen an die Zeit am Wasserloch von Poughkeepsie mögen vielleicht irgendwann einmal verblassen, doch auf den Bildern von Caleb Stein werden diese Zeugnisse der Unbeschwertheit weiterleben. Danilo Rössger

Caleb Stein Der 1994 in London geborene Fotograf studierte Kunstgeschichte auf dem Vassar College in Poughkeepsie. Während dieser Zeit und im Anschluss war er Studioassistent von Bruce Gilden im nahe gelegenen Beacon. Sein fotografischer Blick konzentriert sich auf soziale Interaktionen innerhalb von Gemeinschaften. 2018 gewann Stein mit Down by the Hudson den angesehenen Gomma Grant in der Kategorie Best Black and White Documentary.

ca le b-ste in .square space .com LF I-On lin e .DE/B log: Slideshow mit weiteren Bildern aus Poughkeepsie

Equipment: Leica M10 mit Elmarit-M 1:2.8/28 Asph


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Alixandra Fazzina Y e m e n C o n t r af l o w

Im ostafrikanischen Staat Dschibuti treffen Flüchtlinge, deren Ziel die arabische Halbinsel ist, auf Menschen, die vor dem Krieg im Jemen fliehen. Beide Perspektiven wirken gleichermaßen aussichtslos: Fazzina zeigt die gegenläufigen Migrationsbewegungen in einem ambitionierten Langzeitprojekt.

Jemenitische Flüchtlinge werden auf einem Speedboot von ihrem Lager in Obock nach Dschibuti (Stadt) gebracht, wo sie sich ein besseres Leben erhoffen

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In den Slums von Dschibuti (Stadt) leben viele jemenitische Flüchtlinge bereits seit mehreren Jahren. Auf der Flucht vor Verfolgung, Hunger und Tod im kriegszerrütteten Jemen sind sie hier gestrandet. Ein Großteil von ihnen sind alleinstehende Mütter mit Kindern, deren Väter im Krieg umgekommen sind. Nach dem Tod der Männer werden den Frauen in der patriarchalischen Gesellschaft im Jemen oft auch die Kinder genommen

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Alixandra Fazzina nahm sich viel Zeit für Gespräche mit den Frauen – so auch mit diesen in Somaliland lebenden Jemenitinnen


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Unten: In einem nur für Frauen offenen Raum flicht die Jemenitin Fatma ihrer Nachbarin Isra das Haar. Sie leben in großer Armut mit ihren Familien in einem inoffiziellen Camp am Stadtrand von Hargeisa, Somaliland. Links (von oben): Die 18-jährige Kharia verlor ihre gesamte Familie im Krieg in Jemen und lebt nun in einem Frauenhaus in Somaliland. Ein alter Fernseher zeigt jemenitische Kriegspropaganda, viele Flüchtlinge halten sich so auf dem Laufenden. Das Zelttuch mit Kampfjets in einem Flüchtlingslager in Obock gehört Mohamed Al Abid aus dem Jemen, der zusammen mit seiner schwangeren Frau floh

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Für die offizielle Überfahrt von Jemen nach Berbera zahlen die Flüchtlinge 250 Dollar pro Person


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Unten: Zwei Flüchtlingsfrauen und eine Einheimische rauchen Shisha und kauen Khatblätter in einer Schmugglerunterkunft in Dschibuti. Links: Afrikanische Flüchtlinge auf der Durchreise, diese beiden Jugendlichen streifen auf der Suche nach Arbeit durch Obock, um sich die Überfahrt in den Jemen zu finanzieren. Eine aus dem Jemen geflohene Frau mit ihrer Tochter in einem Flüchtlingscamp in Dschibuti. Vom Omnibusbahnhof in Dschibuti (Stadt) werden die Flüchtlinge in die umliegenden Slums gebracht

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Ein verwaister 17-Jähriger aus dem Jemen verdient seinen Lebensunterhalt im Exil mit dem Verkauf selbstgefangener Fische


Die Küste von Dschibuti (Stadt) ist Dreh- und Angelpunkt gegenläufiger Migrationsströme, die wie Ebbe und Flut die Menschen an Land und wieder weg bewegen

A l i x a n d r a Fa z z i n a Die britische Fotografin, vertreten durch die Agentur Noor, beschäftigt sich seit dem Beginn ihrer Karriere mit Flüchtlingsströmen auf der ganzen Welt. In Langzeitprojekten wie A Million Shillings: Escape from Somalia und Flowers of Afghanistan berichtete sie von den humanitären Auswirkungen kriegerischer Konflikte. Daneben ist sie als Radio- und Fernsehautorin tätig und gibt regelmäßig Workshops.

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Vor zehn Jahren verbrachte Alixandra Fazzina viel Zeit am Horn von Afrika, um die Flucht der Somali auf die Arabische Halbinsel zu dokumentieren. Damals entstand daraus ein vielbeachtetes Buch. Sie erhielt mehrere Auszeichnungen. Nun steht sie erneut am Ufer des Golfes von Aden und beobachtet die Ankunft eines Flüchtlingsbootes von der anderen Seite. Ihr Atem stockt. Mehrere Menschen fangen an zu winken und auch sie erkennt bekannte Gesichter in der Menge. Es sind dieselben, die sie bereits vor zehn Jahren fotografiert hatte. Die Somali kehren zurück, aus dem Elend eines Krieges, der seit Jahren im Jemen wütet, auf der Suche nach einer Zukunft in ihrer alten Heimat. Fazzina fühlt, dass es an der Zeit ist, wieder an ihr Projekt anzuknüpfen. LFI: Bitte beschreiben Sie die Situation, die Sie 2018 am Horn von Afrika vorgefunden haben. Fazzina: Ich war ursprünglich vor Ort, um die offiziellen Evakuierungen der Somali aus dem Jemen zu dokumentieren, aber blieb offen für das, was sonst noch um mich herum geschah. Was ich beobachten konnte, war eine absurde Situation: Auch jetzt, wo immer mehr Somali vor dem Krieg im Jemen zurück in ihr Land fliehen, reißt der Strom der Flüchtlinge, die täglich zu Hunderten in den Jemen gehen, nicht ab. Ich habe die gegenläufigen Migrationsströme beobachtet, die teilweise nur durch einen Zaun oder eine Straße voneinander getrennt sind. Das hat mich sehr schockiert. Was interessiert Sie so an Migrationsbewegungen, dass Sie jahrelang an deren Dokumentation arbeiten? Ich möchte die Migrationsströme in dieser Region wirklich erforschen und mich dabei so weit wie möglich von dem entfernen, was gerade in Europa in Hinsicht auf Flüchtlinge diskutiert wird. Ich möchte, dass wir Migration als ein weltweites Phäno-

men verstehen, das es schon immer gab. Menschen fliehen aus ganz unterschiedlichen Gründen. Ich möchte zeigen, dass es Migration noch in viel größerem Ausmaß außerhalb Europas gibt. In einem Jahr flüchten mehr Menschen aus Afrika in den Jemen als nach ganz Europa. Wie sehen Sie die Rolle von Bildern in der Berichterstattung über die Flüchtlingsströme? Was die Bilder von Flüchtlingen betrifft, beobachte ich an mir selbst, dass sich bei deren Anblick eine gewisse Ermüdung eingestellt hat. Wir sind davon gelangweilt, schauen nicht mehr richtig hin und blättern schnell weiter. So machen die Bilder keinen Eindruck mehr auf uns und verfehlen ihre Wirkung. Daher möchte ich diese visuellen Klischees durchbrechen und mithilfe meiner Bilder und Texte neue Geschichten erzählen. Gab es Momente, in denen Sie bewusst nicht fotografiert haben? Ja, sehr viele. In einer Nacht war ich am Strand, es war stockdunkel. Plötzlich sah ich Menschen, die in Boote stiegen. In solchen Momenten nehme ich alle Eindrücke in mich auf, um sie später aufschreiben zu können. Das ist vielleicht untypisch für eine Fotografin, aber ich finde, manche Momente kann man nicht fotografieren. Und überhaupt: Wie viele Bilder von Flüchtlingen in Booten brauchen wir noch? Am Ende machte ich ein Bild von einem Paar neuer Seidenschuhe, das ein Mann am Strand vergessen hatte. Nach solchen Motiven suche ich. Dazu gehören auch Erfahrung und Stärke – um eben nicht das offensichtliche Bild zu machen, das die Klischees bedient und es wahrscheinlich auf die Titelseite einer Tageszeitung schafft. Sie sind auch als Autorin tätig. Wie sehen Ihre Arbeitsabläufe aus? Tatsächlich schreibe ich die meiste Zeit. Wenn ich an einem Ort wie Dschibuti fotografiere, mache ich das sehr gezielt, langsam und unauffällig. Dabei hilft mir die Leica M 10 sehr, denn sie ist sehr diskret und ich kann sie

in meinem Ganzkörperschleier verstecken. Es ist wichtig, sich der Bedeutung einer Kamera an diesen Orten bewusst zu sein und sie nicht offen zu tragen. Sonst kann es schnell gefährlich werden. Ihre Bilder zeigen Menschen in sehr sensiblen Situationen. Wie erhalten Sie Zugang zu den Menschen? Ich interessiere mich wirklich für die Menschen und nicht nur für ein gutes Foto. Ich habe immer eine jemenitische Übersetzerin bei mir, die Linguistin ist und mir auch Feinheiten mitteilen kann. In der heutigen Berichterstattung verschwinden die Geschichten der Protagonisten oft hinter dem Bild. Bei mir ist es umgekehrt. Ich höre mir erst die Geschichte an und mache dann ein Bild. Wenn ich jemanden zu Hause besuche, bleibe ich nicht nur eine halbe Stunde, sondern vier oder fünf. Ich lasse mir viel Zeit. Ein Großteil Ihrer Bilder zeigt Frauen und Kinder auf der Flucht. Hat das einen bestimmten Grund? Anfangs hat es mich auch sehr verwundert, wie viele der Flüchtenden Frauen mit Kindern waren. Zunächst dachte ich, es läge an mir und meiner Übersetzerin, dass wir als Frauen eher einen Blick für andere Frauen haben. Ich habe also bei der UN nachgefragt und tatsächlich sind etwa 43 Prozent der Flüchtenden weibliche Haushalte. Das liegt an den patriarchalen Strukturen in der jemenitischen Gesellschaft: Wenn die Frauen im Krieg ihre Männer verloren haben, müssen sie als Nächstes ihre Kinder an die Familien der Männer abgeben. Daher fliehen sie lieber. interview: Denise Klink

LF I-On lin e .DE/B log: Alixandra Fazzina, one Photo — one Story Equipment: Leica M240 und Leica M 10 mit Elmarit-M 1:2.8/28 Asph, Summilux-M 1:1.4/35 Asph und Summicron-M 1:2/50

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LeicA Klassiker

Ilse Bing D I E KÖ N I G I N D ER LE I C A

Sie zählt zu den wichtigsten Avantgarde-Künstlerinnen der Fotografie im 20. Jahrhundert. Ihr Markenzeichen: die Leica. Von Frankfurt über Paris nach New York verlief der Lebensweg der passionierten Fotografin. In Kooperation mit der Berliner Galerie Berinson zeigt LFI Ilse Bings berühmtestes Bild, aber auch andere, unbekanntere Aufnahmen.

Ein Bild, das Fotografiegeschichte schrieb: Kaum eine Leica-Aufnahme ist so bekannt wie dieses Selbstporträt. Es entstand 1931 in Bings Wohnung im Pariser Viertel Montparnasse

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Alle Abbildungen: © Ilse Bing Estate/courtesy Galerie Berinson, Berlin

Die grafische Komposition bestimmte viele Motive von Ilse Bing. Gerade das Spiel von Licht und Schatten reizte sie zu vielen Aufnahmen auch nach der Emigration von Paris nach New York: Blätter auf Stufen, New York 1953 (linke Seite), Häuser in New York 1936 (oben) und Pferdeschlachterei, Paris 1933 (unten)

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Alle Abbildungen: © Ilse Bing Estate/courtesy Galerie Berinson, Berlin

Mit der Leica auf Motivsuche: Das Interesse am Alltag und das Leben auf der Straße bestimmten sowohl in Paris als auch in New York viele Aufnahmen der Fotografin: Flohmarkt, Paris 1932 (oben); Suppenküche, Paris 1931 (unten)

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Stadtansichten, Hinterhöfe und das flüchtige Leben – bei ihren Streifzügen durch die Großstadtstraßen ließ Ilse Bing sich treiben, setzte auf den Zufall: leeres, heruntergekommenes Gelände, New York 1936 (oben) und Straßenmarkt, Paris 1933 (unten)

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Alle Abbildungen: Š Ilse Bing Estate/courtesy Galerie Berinson, Berlin

1936 hielt sich Bing das erste Mal in den USA auf. Bei dieser Gelegenheit entstanden die Bilder auf dieser Seite: Dead End, New York (oben); Zirkus Barnum & Bailey, Madison Square Garden, New York (unten). Rechte Seite: Handschatten, Washington, D.C. 1953

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Wohl kaum ein anderes Leica-Motiv ist so bekannt wie Ilse Bings Selbstporträt mit ihrer Kamera. Auf dem 1931 in Paris entstandenen Bild präsentiert sich Bing als junge, forschende, aber auch experimentell arbeitende Fotografin. Die Faszination des Bildes ist bestimmt von der Inszenierung mit zwei Spiegeln sowie der strengen Bildgliederung in Vertikale und Horizontale. Vor allem ist es aber eine spannende Variation über das fotografische Sehen: Das linke Auge scheint mit der Leica verschmolzen, im gleichzeitig sichtbaren Profilbild wird aber erkennbar, dass Gesicht und Kamera sich nicht einmal berühren. Der fotografische Akt wird hier als Symbiose von Nähe und Distanz, präziser Versuchsanordnung und forschender Selbsterkenntnis zwischen Auge und Kamera inszeniert. Bing lebte da bereits in Paris und hatte die Fotografie zu ihrem Lebensinhalt und Beruf gemacht. Als Tochter einer großbürgerlichen jüdischen Familie in Frankfurt schien zunächst eine akademische Karriere vorgezeichnet. Doch bei den fotografischen Studien für ihre Doktorarbeit – die Kunsthistorikerin wollte über den deutschen Architekten Friedrich Gilly promovieren – entwickelte sie eine grundsätzliche Leidenschaft für die Fotografie. Schon 1929 kaufte sie sich ihre erste Leica und bald darauf erschienen erste Veröffentlichungen in deutschen Magazinen. Ende 1930 zog sie nach Paris, dort widmete sie sich unterschiedlichen Themen, immer wieder erkundete sie die französische Metropole, ihre Motive entsprachen dem Stil der Neuen Fotografie. Sie publizierte Reportagen, arbeitete als Werbefotografin und hatte erste Ausstellungen. In Paris „habe ich mich wirklich selbst gefunden und entfaltet. Von der ersten Minute habe ich gewusst, hier bin ich glücklich“, erinnerte sie sich 1989 in einem Interview mit Herlinde Koelbl.

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Bing arbeitete ausschließlich mit der Leica, schon damals gab ihr der Kollege und Kritiker Emmanuel Sougez den Ehrentitel „Königin der Leica“. Bei ihren freien Arbeiten setzte sie auf den Zufall. Ihre Erfahrungen als Bildjournalistin halfen ihr im Bruchteil einer Sekunde, eine spannungsvolle Bildkomposition zu gestalten. 1936 präsentierte sie ihre Arbeiten erstmals in einer Galerie in New York, eine Festanstellung beim gerade geründeten Magazin Life lehnte Bing allerdings ab. Paris als Lebensmittelpunkt war ihr wichtiger, nicht zuletzt wegen des Pianisten und Musikwissenschaftlers Konrad Wolff, den sie 1937 heiratete. Nach der Eroberung von Paris durch die deutsche Wehrmacht internierte die Vichy-Regierung das Ehepaar als „ausländische Feinde“ in Südfrankreich. Nach zehn Wochen konnten sie das Lager verlassen, neun Monate später gelang die Emigration nach New York. Mit Porträts und Modeaufnahmen, später auch Reportagen fasste Bing mühsam als Fotografin Fuß. Erst langsam fand sie in den USA Anerkennung, arbeitete 1951 auch mit einer Rolleiflex, doch 1959 gab sie die Fotografie ganz auf: „Mit diesem Medium konnte ich nichts Neues mehr sagen. Ich habe auf dem Höhepunkt meiner fotografischen Entwicklung aufgehört, mit der Kamera zu arbeiten. Ich konnte damit nicht mehr ausdrücken, was ich erlebte. Natürlich hätte ich noch schöne Bilder machen können, aber es kam nicht mehr von innen.“ Sie arbeitete nun an Collagen, Zeichnungen und Gedichten. 1976 kaufte das MoMA Fotografien, stellte sie aus und sorgte für eine Wiederentdeckung des Werks, das nun auch international neue Wertschätzung erfuhr. Mit fast 99 Jahren starb Ilse Bing 1998 friedlich in ihrer New Yorker Wohnung. Heute zählt sie zu den wichtigsten Vertreterinnen einer neuen, selbstbewussten Generation von Künstlern, die ab den 1920er-Jahren Fotografiegeschichte geschrieben hat. Mit dem Leica-Porträt hat sie sich selbst ein unverwechselbares fotografisches Denkmal gesetzt. Ulrich Rüter

I L S E B I NG

geboren am 23. März 1899 in Frankfurt. Beginnt mit Mathematik- und Physikstudium, wechselt zur Kunstgeschichte. Für ihre Dissertation kauft sie sich die erste Kamera, eine 9x12-Plattenkamera von Voigtländer. 1929 Abbruch der akademischen Karriere, sie erwirbt eine Leica und veröffentlicht erste Reportagen. Ende 1930 Umzug nach Paris. 1937 Heirat mit Konrad Wolff. 1940 Internierung in Gurs, über Marseille Emigration nach New York. 1951 Arbeiten mit der Rolleiflex, 1957 Farbexperimente, 1959 völlige Aufgabe der Fotografie. Erst in den 1970er-Jahren wurde ihr Werk wiederentdeckt. Zahlreiche Ausstellungen, Ehrungen und Publikationen. Am 10. März 1998 stirbt Ilse Bing in New York. Alle präsentierten Motive Courtesy Galerie Berinson, Berlin, www.berinson.de

Bü ch e r: (Auswahl) ILSE BING: THREE DECADES OF PHOTOGRAPHY (New Orleans

Museum of Art 1985); Larisa Dryansky, ILSE BING: PHOTOGRAPHY THROUGh THE LOOKING GLASS (Abrams Books, New York 2006); Hilary Schmalbach, ILSE BING: FOTOGRAFIEN 1929–1956 (SuermondtLudwig-Museum, Aachen 1996)


PASSION FOR LEICA SINCE 1949

C O L O G N E


LeicA s | SL

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d i g i ta l f e at u r e s Alle zwei Wochen erscheint im S Magazin online ein exklusives Digital Feature, in dem die Sund SL-Fotografen die kreative Hoheit innehaben. Dort kĂśnnen sie demonstrieren, wer sie sind und wofĂźr sie stehen.

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Julie Nagel inszeniert in Born 10.0 einen apokalyptischen Kampf ums Ăœberleben vorherige Seite: Antonio Paredes – Hunky Dory ist von der Pop-Art inspiriert


Michael Donovan zaubert in Face Game einen neuen Ausdruck in die Gesichter der Models Seite 68: Jörg Schieferecke ließ sich für Drop Dead Beauty von einem Song inspirieren

Arved Colvin-Smith überrascht in Chromaticity mit gewagten Farbspielen

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Johann Clausen zeigt in Fishing ungewohnte Ansichten von FischkĂśdern

Tom Hoops beschäftigt sich in Chinpira mit der Yakuza-Thematik

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Edisonga schafft in Fields eine dichte emotionale Atmosphäre


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Joseph Chen – ein Science-Fiction-Szenario: die Mode-Strecke Gods & Monsters

Verena Heller-Ghanbar lässt ihre Fairytale Dreams wahr werden

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Jacob + Carrol porträtieren in That certain boy Daan van der Deen in der Manier der Commedia dell'arte Seite 78: Ram Shergill fuhr für die Serie Goldmine an historische Drehorte in Südspanien

Janina Fleckhaus fotografierte ihre Strecke Lightship in London

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Die Chance, ein Digital Feature für das S Magazin zu fotografieren, wird von Leica-S- und SL-Fotografen gern genutzt, um sich jenseits kommerzieller Projekte kreativ auszudrücken. Sie können ohne Vorgaben frei arbeiten und haben die alleinige kreative Hoheit über das Projekt. Das ist für Nachwuchsfotografen ebenso reizvoll wie für gestandene Profis. Einzige Bedingung: Das S Magazin bekommt die Produktion zunächst exklusiv. Nun erschien die 100. Ausgabe des in der Leica-Welt einmaligen Formats, das ins Leben gerufen wurde, um S- und SL-Fotografen auch online eine Plattform zu bieten. Hier können sie jenseits der Begrenzungen einer Print-Publikation aktuelle Arbeiten präsentieren. Wie unsere Auswahl zeigt, sind die Ergebnisse bunt und vielfältig. Allen gemeinsam ist eine stets neue, frische Variation der klassischen Modefotografie – das Genre, das sich beinah als Synonym für die S-Fotografie ansehen lässt. Antonio Paredes ließ sich für seine verwaschen wirkende, bonbonfarbene Bilderstrecke von David Bowies Album Hunky Dory und von der Kunst Andy Warhols inspirieren. Die Hamburgerin Julie Nagel inszenierte für Born 10.0 mithilfe von Make-up, Location und Kleidung eine Endzeitstimmung, vor der sie das Model David Balheim vor der Kulisse einer alten Industrieanlage ablichtete. Ganz auf das Gesicht in Nahaufnahme konzentrierten sich Michael Donovan und Arved Colvin-Smith: der Amerikaner Donovan, indem er die Gesichter in Face Game mit Accessoires, Licht und Farbe auf ungewöhnliche Art verfremdete und der Brite Colvin-Smith, indem er sie in Chromaticity als Leinwand für ausdrucksstarke Farben verwendet. Beide Projekte haben mit kommerzieller Beauty-Fotografie nicht mehr viel zu tun, sondern erheben eher einen künstlerischen Anspruch – das ist die Freiheit, die die Digital Features bieten.

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Jörg Schieferecke zog die Inspiration für sein Feature direkt aus dem Song Where The Wild Roses Grow und dem Video, in dem Sängerin Kylie Minogue im Wasser treibt. Für Drop Dead Beauty arbeitete er mit Spiegeleffekten, Reflexionen und verschieden fließenden Texturen. Etwas aus dem Rahmen fällt die Strecke von Johann Clausen, er inszenierte in Fishing Stillleben von Fischködern in einer formen- und farbenfrohen Ästhetik. Der Brite Tom Hoops fotografierte eine reguläre Modestrecke in Schwarzweiß, aber mit originellem visuellen Ansatz: Er ließ das Model wie einen Chinpira, einen in der Hierarchie unten angesiedelten Yakuza, stylen. Edisonga alias Jana Gumpert schuf in Fields eine dichte Atmosphäre mit warmer Farbigkeit. Eine fast mystische Stimmung kreierte der New Yorker Modefotograf Joseph Chen in Gods & Monsters: Düstere Farben, unwirkliches Licht und überlebensgroß retuschierte Tiere bestimmen die Bilder. Verena HellerGhanbar konzentriert sich in ihren lyrischen Fairytale Dreams auf die elfenhafte Anmutung der Models und deren ausdrucksstarke Gesichter. Der Protagonist steht auch in der Serie That certain boy vom Fotografenduo Jacob + Carrol im Mittelpunkt. In den reduzierten Studio-Aufnahmen lenkt nichts von ihm ab und auch die Outfits kommen zur Geltung. Janina Fleckhaus besticht in ihrem Feature Lightship mit verspielter Romantik. Modefotograf Ram Shergill versetzte das Setting seines Features Goldmine von New Mexico an die Drehorte der sogenannten Spaghetti-Western in Südspanien und kooperierte mit dem Kostümbildner Jack Irving, der auch für Lady Gaga gearbeitet hat. Das Ergebnis ist eine Strecke mit surreal anmutenden Outfits in der kargen Landschaft der Provinz Almería. Dieses Portfolio kann nur einen kleinen Ausschnitt aus dem breiten Fundus der Digital Features vorstellen. Weitere Strecken, etwa von Enrique Badulescu oder Joachim Baldauf, Interviews und Steckbriefe der Fotografen finden Sie auf der Webseite des S Magazins. Denise Klink

Digital F eatu re s

Weitere Strecken, Interviews mit den Fotografen und technische Details finden Sie auf s-magazine.photography Antoni o Pare de s | Hunky dory

fotografiert mit der Leica S007 und dem Summarit-S 1:2.5/70 Asph Juli e Nag e l | Born 10.0

fotografiert mit der Leica S007 mit dem Summarit-S 1:2.5/ 70 Asph Mi c hae l D onovan | Face gam e

fotografiert mit der Leica SL und dem Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 Asph Arved Colvin-Smith | Chromaticity

fotografiert mit der Leica S007 und dem Apo-Macro-Summarit-S 1: 2.5/120 Jörg Sc hi e fe re cke | D rop D ead Beauty

fotografiert mit der Leica S007 und dem Elmarit-S 1: 2.8/45 Asph Johann Claus e n | Fi s hi ng

fotografiert mit der Leica S007 und dem Apo-Macro-Summarit-S 1: 2.5/120 Tom Hoops | Chi np i ra

fotografiert mit der Leica S007 und dem Apo-Macro-Summarit-S 1:2.5/120 Ed i s onga | Fi e ld s

fotografiert mit der Leica S007 und dem Vario-Elmar-S 1:3.5–5.6/30–90 Asph Jos e p h Che n | Gods & Monster s

fotografiert mit der Leica S007 und dem Summarit-S 1: 2.5/70 Asph ve re na he lle r- Ghanbar | Fai ry taLe

fotografiert mit der Leica S007 und dem Elmarit-S 1:2.8/45 Jacob + Carrol | Th at ce rtain boy

fotografiert mit der Leica S007 und dem Summarit-S 1: 2.5/70 Asph Jani na Fle c kh aus | Li g htship

fotografiert mit der Leica SL und dem Vario-Elmarit-SL 1: 2.8–4/24–90 Asph Ram Sh e rg i ll | Gold mi ne

fotografiert mit der Leica S007 und dem Elmarit-S 1: 2.8/45


f/ s top – L e ica v- l u x 5 – L e ica - q 2 - P r ax is t e s t –

di e ne u e l e ica V- Lux 5 m i t To u c h - D is p l ay, GröSSerem Sucherbi l d u n d sc h n e l l e r e m P r oz e ss o r

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u n i v e r sa lg e n i e L e i c a v- l u x 5

Mit der V-Lux 5 stellt Leica ein neues Mitglied seiner Kompaktkamera-Familie vor, das sich zunächst kaum von der Vorgängerin zu unterscheiden scheint. Doch der Eindruck täuscht: Die V-Lux 5 bietet Finetuning par excellence.

Auf den ersten Blick scheint sich die neue Leica V-Lux 5 kaum von ihrer Vorgängerin, der V-Lux (Typ 114), zu unterscheiden, mit der sie das Objektiv, den Sensor und viele Eigenschaften teilt. Von einer „Reduzierung auf das Wesentliche“ kann hier eher nicht die Rede sein: Eine Vielfalt von Automatikprogrammen und -funktionen nimmt dem Fotografen – wenn er es denn will – die Notwendigkeit ab, eigene Entscheidungen zu treffen. Und mit ihrem 25-bis-400-MillimeterZoom (umgerechnet auf das Kleinbildformat) deckt die V-Lux 5 Brennweitenbereiche ab, die man sonst in Leicas kompletten Kamerasystemen nicht findet. Damit mag die Kamera nichts für Puristen sein, aber wer gerne mit leichtem Gepäck unterwegs ist und sich trotz82 |

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dem alle fotografischen Möglichkeiten offenhalten will, für den ist neue V-Lux 5 die passende Begleiterin. Und auch die Anhänger mechanischer Kameras können sich angesichts ihrer beeindruckenden Möglichkeiten überlegen, ob die V-Lux 5 nicht genau die Eigenschaften mitbringt, die man an der vorhandenen Kamera vermisst. evolution statt revolu tion . Nun wird man sich aber zu Recht fragen, warum die V-Lux 5 technisch relativ nah an ihrer Vorgängerin bleibt, die immerhin schon 2014 vorgestellt wurde. Dafür gibt es mehrere Gründe. Einer davon ist, dass die V-Lux 5 trotz der formalen Ähnlichkeit natürlich einige Vorteile gegenüber der Vorgängerin aufweist – wir kommen noch darauf. Ein

anderer Grund ist, dass sich das Tempo der Weiterentwicklung bei Digitalkameras naturgemäß verlangsamt und eher Finetuning als Revolutionen gefragt sind. Die Revolution kam schon letztes Mal, als die V-Lux (Typ 114) die Abkehr von den winzigen Sensoren damaliger Kompaktkameras mit entsprechend eingeschränkter Empfindlichkeit und Bildqualität vollzog. Ein weiterer Grund liegt darin, dass Leica nicht alle in Kooperation mit Panasonic entwickelten digitalen Kompaktkameras auch mit dem roten Punkt anbietet. Stattdessen pickt sich Leica die Rosinen aus dem Kuchen. Dass es also für alle digitalen Kompakten von Leica eine Entsprechung in Panasonics Lumix-Programm gibt, ist kein Geheimnis, wobei die Leica-Versionen ihren

höheren Preis durch ihren besseren Lieferumfang und nicht zuletzt ihren deutlich höheren Wiederverkaufswert allemal rechtfertigen können. Die V-Lux-Familie von Leica basiert auf Panasonics Lumix-FZ-Kameras, deren extreme Zoombereiche eine nicht mehr wirklich kompakte Bauweise bedingen. Die Bezeichnung „Bridgekamera“ scheint daher angemessen, denn hier befindet man sich tatsächlich schon auf halbem Wege zu den Systemkameras. Die V-Lux (Typ 114) basierte auf der FZ1000, die damals mit ihrem im Vergleich zu den Vorgängern gigantischen Sensor einen Qualitätssprung einläutete. Ihr Objektiv, das Leica DC Vario-Elmarit 1:2.8–4/9.1–146 Asph, das umgerechnet auf Kleinbildverhältnisse →


Die neue V-Lux 5 erinnert wie alle Vertreterinnen dieser Reihe an Spiegelreflexkameras, ist aber kleiner und vor allem leichter. Die Bedienung erfolgt ßber eine Vielzahl teils frei belegbarer Tasten und Einstellräder, was etwas Einarbeitung erfordert

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25 mm

50 mm

135 mm

400 mm

Immer wieder beeindruckend ist die enorme Brennweitenspanne des Objektivs, das von 25 bis 400 Millimeter und damit vom deutlichen Weitwinkel bis zum langen Tele reicht. Letzteres ist dank des optischen Bildstabilisators gut beherrschbar

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Die beiden Moduswahlräder machen die Wahl des Belichtungsmodus und des „Bildtransports“ einfach. Der griffige Einstellring am Objektiv kann je nach Einstellung zur manuellen Fokussierung oder zur Wahl der Brennweite verwendet werden


den riesigen Brennweitenbereich von 25 bis 400 mm überstreicht, konnte Maßstäbe setzen. der z eit voraus. Der Beliebtheit der FZ1000 bei Fotografen trug Panasonic dadurch Rechnung, dass nun mit der FZ1000 II eine aktualisierte Variante des Erfolgsmodells erschien, die Leica auch als Basis für die V-Lux 5 auserkor. Die Ähnlichkeit der technischen Daten hat also vor allem damit zu tun, dass die Panasonic FZ1000 und die Leica V-Lux (Typ 114) so überragend gut und ihrer Zeit sicherlich voraus waren. Davon abgesehen gibt es bei der V-Lux 5 natürlich auch Veränderungen. Leica und Panasonic haben

die Teile der Kamera unverändert belassen, die sich bewährt haben. Dazu zählen mit dem Objektiv, das keinen Anlass zur Kritik bietet, und dem Bildsensor, der mit seiner Größe, Auflösung und Empfindlichkeit nach wie vor in dieser Klasse unübertroffen ist, die beiden Hauptkomponenten der Kamera. Dafür wurde aber fast alles andere überarbeitet: Hinter dem Okularsucher steckt wie zuvor ein Display mit 2,36 Millionen Pixeln, aber die Vergrößerung wuchs auf 0,74. Noch praktischer ist aber das Display, das nun ein Touchscreen mit moderat gewachsener Auflösung ist. Die Fingerbedienung erleichtert Tätigkeiten wie das Auswählen eines AF-Messfeldes oder

Die V-Lux 5 steht n ic h t f ü r di e g roS S e R evolu t i on, s on d er n z ei gt, dass au c h bei Digitalkameras i n z w isc h e n i n er st er l i n i e Finetuning gef ragt ist.

das Blättern in den Menüs der Kamera enorm. Auch der Prozessor der neuen V-Lux hat etwas zugelegt, was sich an mehreren Stellen bemerkbar macht. Im Videobereich erkennt man die schnellere Signalverarbeitung vor allem daran, dass man Videos in 4K-Auflösung mit 3840 mal 2160 Pixeln nun auch mit 30 Bildern pro Sekunde aufzeichnen kann, was den UHD-Modus überhaupt erst richtig nutzbar macht. Die Kamera lässt sich nun auch via USB laden, sodass man kein Ladegerät mehr dabeihaben muss. Zudem verfügt sie jetzt über Bluetooth, um die Verbindung mit der App Leica Fotos zu vereinfachen. Im 4K-Fotomodus zeich- →

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wähnten Puristen eher als Ablenkung sehen dürften – zumal dann auch noch acht frei belegbare Funktionstasten plus drei virtuelle auf dem Touchscreen dazukommen sowie die vielen Anzeigemöglichkeiten im Sucher. Aber auch hier gilt: Man kann diese Funktionen nutzen, aber man muss es nicht. e i nfac h u nd praxi sg e r e c h t. Denn tatsächlich

net die V-Lux 5 Bildserien mit 30 Bildern/s auf, aus denen sich Einzelbilder mit rund acht Megapixel Auflösung auswählen lassen. Und im Post-Fokus-Modus zeichnet sie Serien mit verschiedenen Schärfeeinstel-

lungen auf, sodass man nach der Aufnahme das Fokusfeld verschieben und eine Einstellung auswählen kann. Spätestens jetzt sind wir im Bereich der vielen Automatikfunktionen und -features angelangt, die die schon er-

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kann und blickt durch den Okularsucher. Mit diesem lässt sich die Kamera vor allem bei den längeren Brennweiten viel einfacher ruhig halten als mit dem Display auf der Rückseite, das man eigentlich nur für die Bedienung und die Bildbetrachtung benötigt. Den gigantischen Brennweitenbereich des Objektivs empfindet man sehr schnell als absolut normal und praktisch, zumal sich auch das 400er-Tele dank des optischen Bildstabilisators sehr gut ruhig halten und mit normalen Belichtungszeiten nutzen lässt. So gelingen Aufnahmen wie mit keiner anderen Leica auf denkbar unbeschwerte Weise. Apropos unbeschwert: Die V-Lux 5 zeichnet sich

durch ihr geringes Gewicht aus, was sich bei der Benutzung und beim Transport der Kamera am Schultergurt als echter Vorteil erweist. Der ist zwar zum größten Teil durch die Verwendung von Kunststoff statt Metall erkauft, aber das ist, gerade auch wenn man die V-Lux 5 als Zweitkamera nutzt, vollkommen akzeptabel. Und natürlich ist die Bedienung durch den Touchscreen und das größere Sucherbild intuitiver als bei der Vorgängerin, durch die Vielzahl an Features und Knöpfen aber dennoch etwas komplex. Doch am Ende geht es einem mit der V-Lux 5 sicher so ähnlich wie mit einer neuen Waschmaschine: Anfangs staunt man noch über die vielen neuen Programme,

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aber schon bald nutzt man nur noch die Features, die man wirklich braucht. Und brauchen kann man die V-Lux 5 in der Tat sehr gut, auch als Ergänzung zu einer vorhandenen Kamera, denn sie beherrscht viele Kunststücke, für die sonst das passende Equipment kaum vorhanden sein dürfte. Brillieren kann die V-Lux 5 etwa beim Filmen oder beim Nutzen des extremen Teles für die Naturbeobachtung. Aber sie ermöglicht auch das Reisen mit leichtem – und nicht ganz so wertvollem – Gepäck. Dass ihre Bildqualität kaum besser ausfällt als zuvor und dass die große Revolution ausgeblieben ist, schmälert ihre Fähigkeiten in keiner Weise. holger sparr

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di e Q 2 b e i Nac h t leica q2

Die Leica Q2 ist die logische Fortsetzung der Q-Serie und beeindruckt vor allem mit ihrer gigantischen Auflösung. Der Berliner Fotograf Peer Kugler probierte sie für uns in der Praxis aus.

Äußerlich sind sich die Leica Q und Q2 beinahe zum Verwechseln ähnlich – den großen Unterschied macht vor allem der extrem hoch auflösende Sensor aus

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Die neue Leica Q2 hat mittlerweile für einiges Aufsehen gesorgt. Schon die Q hatte sich bei Fotografen einen festen Platz erobert, weil sie die exzellente Bildqualität einer Kamera mit Vollformatsensor und Festbrennweite mit den Annehmlichkeiten einer modernen Digitalkamera inklusive Autofokus verbindet. Die Q ist genau die richtige Kamera zum Nutzen von Gelegenheiten und immer Dabeihaben, die dabei qualitativ das höchste Niveau erreicht und sich mehr als deutlich von SmartphoneKameras abhebt. Die Q2 setzt diese Erfolgsgeschichte fort und setzt als hauptsächliche Neuerung auf ihren Bildsensor mit 47 Megapixeln, was deutlich mehr ist, als man beispielsweise im M-System findet. Die hohe Auflösung nutzt die Q2, um verschiedene Brennweiten per Ausschnittvergrößerung zu simulieren, wobei die Q2 nicht nur 35 und 50, sondern auch 75 mm als Option bietet. Dabei sinkt natürlich die Auflösung entsprechend. i m h ä rt e t e st. Um zu überprüfen, wie gut die Leica Q2 bei Fotografen ankommt, gaben wir die Kamera in die Hände von Peer Kugler. Der Berliner Fotograf ist schon deshalb der optimale Kandidat für den Praxistest, weil er einige Jahre Erfahrung mit der Leica Q hat und zu der Art Fotografen zählt, die selten ohne eine Kamera in der Tasche oder über der Schulter das Haus verlässt. Dabei war in der Vergangenheit meist die Q seine treue Begleiterin, mittlerweile ist es oft eher eine M10. Für uns

tauschte Kugler das angestammte Werkzeug gegen die neue Leica Q2. Auf diese Weise konnten wir sicher sein, dass Kugler nicht nur einen qualifizierten Praxistest durchführen, sondern auch alle Stärken und Schwächen der Q2 ausloten würde. Und wir wussten auch, dass es für die Q2 eher ein Härtetest werden würde, denn Kuglers Spezialität sind Fotos des Nachtlebens und das bringt oft sehr schlechte Lichtverhältnisse mit sich. Das wiederum sind genau die Bedingungen, die für den neuen Sensor eine echte Herausforderung sind, denn die hohe Auflösung bedingt kleinere Pixel und damit eine stärkere Neigung zum Bildrauschen bei hohen Empfindlichkeitseinstellungen. Doch zunächst die praxisrelevanten Punkte. Als langjährigem Q-Besitzer fielen Kugler auch die Feinheiten auf, durch die sich die Q2 von der Vorgängerin unterscheidet, denn optisch lassen sich Q und Q2 kaum auseinanderhalten, zumal Gehäusegröße und Objektiv unverändert blieben. So lobte er die einfachere Bedienung der Q2, die einige Knöpfe weniger auf der Rückseite aufweist. Und noch etwas fiel ihm auf: „Bei der Leica Q hat sich die Dioptrieneinstellung in der Fototasche gern mal von selbst verstellt“, erklärt Kugler, „dadurch habe ich mehr als einmal wertvolle Zeit verloren. Bei der Q2 kann das nicht mehr vorkommen.“ Eine Kleinigkeit, die aber in der Praxis viel ausmachen kann – und ein Beleg dafür, dass Leica Kritikpunkte seiner Kunden ernst nimmt. →


Fotos: Peer Kugler; Produktfotos: Leica Camera AG

Leica Q2 bei 28 Millimeter Brennweite, Blende 2.8, 1/40 Sekunde und ISO 1600

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Die Bilder der Q2 überzeugen auch bei schlechter Beleuchtung wie hier bei der Probe der Berliner Band Blue Ocean. Der Vollformatsensor erlaubt das feinfühlige Platzieren und Hervorheben der Schärfenebene

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Alle Bilder dieser Doppelseite entstanden mit 28 Millimeter Brennweite, einer Empfindlichkeit von ISO 1600, Blendeneinstellungen von 2.5 bis 2.8 und bei Belichtungszeiten zwischen 1/50 und 1/30 Sekunde

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D ie F rage de r Auflösun g . Etwas differenzier-

ter sah der Berliner Fotograf allerdings die stark erhöhte Auflösung der Kamera, mit der er sich anfangs schwertat – anders als manche Mittelformat-Fotografen, die davon begeistert sind, weil sie nun aus einer handlichen Kompaktkamera beinahe so viel herausholen können wie aus einer schweren Mittelformatkamera. Denn wie bereits gesagt, können kleinere Sensorpixel unter Umständen zu höherem Rauschen führen. Grundsätzlich erlauben sowohl die alte Q als auch die Q2 die Nutzung sehr hoher Empfindlichkeitseinstellungen – und die verwendet Kugler in seiner Arbeit

sehr häufig. Und so stolperte er bei seinen ersten Aufnahmen über das minimal erhöhte Bildrauschen der Q2: „Zuerst war ich tatsächlich etwas enttäuscht, denn das Rauschen wirkt schon stärker als bei der Q“. Doch von dieser leicht erhöhten Rauschneigung sieht man tatsächlich nur dann etwas, wenn man in bester „Pixel peeping“-Manier am Bildschirm ganz nah heranzoomt. Dazu besteht bei Bildern mit einer Auflösung von satten 47 Megapixeln aber praktisch kein Anlass, wenn man diese hinterher normal nutzen möchte. Das Rauschen der Q2 ist ausgesprochen feinkörnig und fällt tatsächlich nur auf, wenn man die

Di e Q 2 ist m i t i hr er g ewa lt i g en Bildqualität und ihrem schnellen Af-Objektiv eine p er f ekt e E rgä n zu n g zu od er ga r ei n E r satz f ü r ei n e Syst em kam era .

Bilder extrem stark vergrößert. Sobald man in die Übersichtsdarstellung wechselt oder die Aufnahmen druckt, ist vom Bildrauschen kaum noch etwas zu sehen. Und die Aufnahmen auf diesen Seiten, die mit Empfindlichkeiten von bis zu ISO 3200 entstanden sind, zeigen eindrucksvoll, dass die Aufnahmen der Q2 auch bei hoher Empfindlichkeit von erlesener Qualität sind. Aufnahmen bei guter Beleuchtung kommen bei Kugler normalerweise eher selten vor, aber natürlich probierte er auch das aus und zeigte sich dabei von der deutlich gestiegenen Bildqualität sehr beeindruckt: „Die Auflösung und Schärfe der Bilder ist →

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Bei dieser Aufnahme probierte Peer Kugler für uns die vier verschiedenen Brennweiteneinstellungen der Leica Q2 aus, wobei die Qualität auch bei längster Brennweite überzeugt. Alle Aufnahmen entstanden mit voll geöffneter Blende bei ISO 800

Brennweite 28 Millimeter

wirklich sensationell, das ist noch einmal eine deutliche Steigerung zur Q.“ Das gilt natürlich vor allem dann, wenn man bei den kürzeren Brennweiten bleibt, idealerweise also den Bildwinkel des 28ers und damit auch die Auflösung des Sensors voll ausnutzt. Lä ng e r e „ B r e nnw e i t e n“ . Zu Leicas Q-Reihe

„Brennweite“ 35 Millimeter

„Brennweite“ 50 Millimeter

„Brennweite“ 75 Millimeter

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gehört aber die reizvolle Idee, längere Brennweiten durch Ausschnittvergrößerungen zu simulieren. Per Knopfdruck macht die Kamera das automatisch für 35, 50 und bei der Q2 nun auch für 75 mm und passt dafür Sucherdarstellung und Belichtungsmessung an. Wer seine Bilder „roh“ im DNG-Format speichert, bekommt trotzdem stets den kompletten Sensorinhalt, über den nur ein frei platzier- und löschbarer Rahmen für den Ausschnitt gelegt wurde. Natürlich fragten wir Kugler auch nach seiner Meinung zu der Möglichkeit der Brennweitenverlängerung. „Offen gestanden nutze ich die Taste für die Brennweite kaum“, gab Kugler zu, „ich weiß ja bei der Aufnahme um die hohe Auflösung und mache auch sehr oft in der Nachbearbeitung Ausschnittvergrößerungen. Deshalb muss das nicht schon bei der Aufnahme passieren.“ Kugler mag mit seiner Arbeitsweise zwar

die Mühe nicht honorieren, die sich Leicas Entwickler mit diesem Feature gegeben haben, aber letztlich siegt hier die durch lange Erfahrung bedingte Gelassenheit im Umgang mit der Q. Zudem ist er ohnehin ein Anhänger der Brennweite 28 Millimeter, die er auch mit seiner M10 oft einsetzt. Und Gelassenheit ist auch bei spontanen Fotos gefragt, die bei Kugler relativ oft vorkommen. Spätestens hier spielt die Q2 gegenüber der M10, die ihn ebenfalls oft begleitet, einen Vorteil aus, denn die Q2 bietet einen Autofokus, auf den sich der Fotograf auch bei schlechteren Lichtverhältnissen gut verlassen kann. Der Fotograf kommt so schneller zum Schuss, hat dafür aber auch einen Preis zu zahlen: „Die Q2 ist wegen des ziemlich großen Autofokus-Objektivs ein bisschen größer als eine M10 mit einem vergleichbaren Objektiv. Dafür sieht man aber bei wenig Licht im elektronischen Sucher der Q2 manchmal mehr als im Messsucher der M.“ Darüber hinaus konnte Kugler feststellen, dass die Q2 bei wenig Licht eigentlich genauso schnell wie seine alte Q reagierte – und das, obwohl sie für viele andere Anwendungen den Vorteil der enorm vergrößerten Auflösung mitbringt. Nach einigen Streifzügen durch die Berliner Nacht weiß auch Kugler die Qualitäten der Q2 zu schätzen – sie ist also keineswegs nur die richtige Kamera für Frühaufsteher. holger sparr


La n dsc h af t sbi l d e r LFI vor 50 Jahren

Der Französische Fotograf René Poujade über Landschaftsfotografie m i t d e r L e i c a fl e x S L .

Für den Landschaftsfotografen besteht der größte Vorteil der Leicaflex SL in der extremen Lichtstärke der Objektive, wodurch man zu so kurzen Belichtungszeiten kommt, daß Verwackelungen sicher vermieden werden. Wenn man sie nicht benötigt, kann man ja abblenden, um mehr Tiefenschärfe zu gewinnen. Besonders die Lichtstärke 1:2.8 des Objektivs 180 mm ist sensationell und läßt einen das Gewicht von 1650 g vergessen, das man übrigens mit der linken Hand gut auffangen kann. Die Lichtmessung durchs Objektiv funktioniert so perfekt, daß ich von jedem Motiv ein optimal belichtetes Negativ erhielt. Die in der Brennweite richtig abgestuften Objektive 90, 135 und 180 mm bieten die Möglichkeit, die Landschaft in verschiedenen Ausschnitten ganz nach Wunsch zu erfassen, ohne den Standort wechseln zu müssen. Die lange Brennweite 180 mm verschafft darüber hinaus noch den großen Vorteil, den oft störenden Vordergrund ausschalten zu können. Für Landschaftsaufnahmen verwende ich nur einen mittelempfindlichen Panfilm (50 ASA = 18 DIN), um die hervorragende Schärfe der Leicaflex-Objektive auch wirklich auszunützen und im fertigen Bild zu erhalten. Mit höher empfindlichen Filmen, wie sie heute in Mode sind, wären auf diesem Gebiet keine gleichwertigen Ergebnisse zu erwarten. L FI 4/ 1 969 : Über Bildstörungen bei der Diaprojektion; Wie vertont man Diaserien? Zwei Blitzarten – ein Kontakt u. v. m. für 1,09 Euro in der LFI-App für Android und iOS

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b e s t o f L F I . Ga l l e r y

VOLL D A MP F vo r au s ! „Ich war im ältesten Hutgeschäft New Yorks auf der Suche nach einem Stetson, als der Verkäufer gerade einen Panamahut mit Dampf reinigte. Da ich meine M Monochrom dabeihatte, fragte ich, ob ich ein Foto machen dürfe. Beim dritten Versuch hatte ich das Bild im Kasten.“ Federico Quintana Leica M Monochrom mit Summicron-M 1:2/35 Asph

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l ig h t box


C A M B R I D GE N I GHTH AW K S „Nach dem Besuch einer Konferenz in Cambridge, spazierte ich abends durch die Straßen. Kurz zuvor hatte es geregnet, die Luft war klar und die Lichtverhältnisse ideal für schöne Aufnahmen. Die Barszene hat mich sofort an das Bild Nighthawks von Edward Hopper erinnert.“ Amit Kar Leica M10 mit Summilux-M 1:1.4/50

DA S L I C HT des Mondes „Dieses Foto ist auf der Kwun-Tong-Promenade in Hongkong entstanden. Die Lichtquelle auf dem Bild sehe ich als Symbol des Mondes an, der in meinen Augen die Quelle allen Lebens repräsentiert. Das Leben erachte ich als ungeheuer kostbar, sodass ich dieses Motiv unbedingt festhalten wollte.“ Tse King Yung Leica X113, Summilux 1:1.7/23

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WA S H I NGTON MONUMENT „Als ich das Monument in der Hauptstadt der Vereinigten Staaten besichtigte, konnte ich mich mit dem Verhalten der Besucher sofort identifizieren. Die Aufnahme passt hervorragend in eine Serie, an der ich gerade arbeite – sie handelt von der Einsamkeit der Menschen in den Städten der Welt.“ Cedric Roux Leica Q, Summilux 1:1.7/28 Asph

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A L I EN B R A I NWA S H „Auf dem Dach des Toyama Prefectural Museum of Art and Design befindet sich ein Spielplatz. Das Gerät auf diesem Bild ist eine Art Telefon. Meine erste Assoziation bei diesem Motiv war der Film Krieg der Welten, in dem außerirdische Wesen mit langen Tentakeln die Welt erobern.“ Hagen Wolf Leica Q, Summilux 1:1.7/28 Asph

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E A RTH , W I N D A N D WATER

mut zur fa r b e

„Wir waren auf der Suche nach einem Ort für ein Fashion-Shooting, als wir auf diese leere Straße stießen. Wir improvisierten ein wenig, das windige Wetter und die Kulisse kamen uns entgegen. Ich mag den Kontrast von maritimen Elementen und grauem Asphalt.“

„Während ihre Eltern außerhalb der Dörfer arbeiten, lieben es die Kinder vom Volk der Suri in Äthiopien, ihre Gesichter anzumalen. Es war eine sehr amüsante Reise, bei der es mir viel Freude bereitet hat, diese wunderbaren Menschen zu porträtieren.“

Antoine Edel Leica M10 mit Summicron-M 1:2/50

Bob Chiu Leica SL mit Vario-Elmarit-SL 1:2.8–4/24–90 Asph

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Lat e r n e n F e s t i va l „Der erste Vollmond nach dem chinesischen Neujahr symbolisiert Einheit und Perfektion, zelebriert mit einem Laternenfest, das in der QingDynastie (1644–1911) entstand. Seit 2008 gehört es zum Weltkulturerbe. Auf diesem Bild ist der Tanz der Feuerdrachen in Meizhou, China, zu sehen.“ Leo Kwok Leica M10 mit SuperElmar-M 1:3.4/21 Asph

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p h oto

Foto: © 2019 Fred Baldwin, Houston, Texas

– b ü c h e r – Au ss t e l l u n g e n – f e s t i va l s – Awa r ds –


A l e ssia R o l lo Fata M o r g a n a

F r e d B a l dw i n Dear Mr. Picasso

Die Küsten der Halbinsel Salento im Südosten Italiens sind für viele Flüchtlinge mit der Hoffnung auf ein besseres Leben verbunden. Die Fotografin (*1982) erzählt in der Serie aus ihrer Heimat, verzichtet jedoch auf stereotype Migrationsbilder. In dem aufwendig gestalteten Buch zeigt sie uneindeutig-poetische Motive, die zwischen Realität und Fiktion changieren. 80 S., 44 Farbabb., 20,5 × 27 cm, spanisch/engl., Ediciones Anómalas

Fred Baldwin

Fotos: © 2019 Fred Baldwin, Houston, Texas; © Alessia Rollo; © Günter Zorn, 2019; © 2019 Gerhard Vormwald

Dear Mr. Picasso

An illustrated love affair with freedom

Zu seinem 90. Geburtstag hat sich der legendäre US-amerikanische LeicaFotograf (*1929) selbst mit einem opulenten Bildband beschenkt, in dem er sein bildjournalistisches Lebenswerk noch einmal Revue passieren lässt. Fred Baldwin Baldwin ist ein brillanter Geschichtenerzähler; in 34 Kapiteln berichtet er über seine Karriere mit allen Höhen, aber auch die Misserfolge werden nicht ausgespart. Der entscheidende Wendepunkt in seinem Leben war tatsächlich eine Begegnung mit Pablo Picasso im Jahr 1955. Eine schwierige Kindheit, die ungeliebte Collegezeit und die Teilnahme am Koreakrieg lagen hinter ihm, doch Baldwin suchte nach einer erfüllenden Leidenschaft in seinem Leben. Er nahm seinen Mut zusammen und schickte dem Künstler einen Brief mit zahlreichen Zeichnungen. Nun hoffte er, vorgelassen zu werden. Drei Tage belagerte er die Villa Picassos in Cannes, bis sich die Tür öffnete und er nicht nur mit dem Künstler ein Gespräch führen, sondern auch das Atelier fotografieren durfte. Mit gewachsenem Selbstvertrauen entschied sich Baldwin, das Fotografieren zu seinem Beruf zu machen. Erfolgreich: von 1956 bis 1987 arbeitete er für alle wichtigen internationalen Magazine. Nebenbei gründete Baldwin 1983 zusammen mit seiner Frau Wendy Watriss, ebenfalls preisgekrönte Leica-Fotografin, in Texas das FotoFest Houston. Dear Mr. Picasso – An illustrated love affair with freedom, so der vollständige Titel des Bildbands, zeigt ein Bildreporterleben mit Hunderten von Farb- und Schwarzweiß-Fotografien.

Dear Mr. Picasso An illustrated love affair with freedom

704 S., Abb. in Farbe und Schwarzweiß., 17 × 24 cm, engl, Schilt

Gerhard Vormwald B i ld e r f i n d e r

Das Wortspiel des Titels funktioniert nur auf Deutsch, trifft aber genau die Begabung des deutschen Fotografen und Künstlers (1948–2016). Nicht nur schuf er als „BildErfinder“ ungewöhnliche, oft surreal anmutende Bildkompositionen, die er mit großem Aufwand in seinem Pariser Atelier inszenierte, sondern es gab auch noch den „BilderFinder“: Egal, wo er mit seiner Kamera unterwegs war, entdeckte er in der Landschaft, aber vor allem im städtischen

Guenter Zorn Kag u raza ka M i g n a r d i s e s

Eine Hommage an sein Dorf mitten in der Metropole: Seit 1991 lebt der deutsche LeicaFotograf (*1953) in Japan und seit fast 20 Jahren ist der Stadtteil Kagurazaka im Tokioer Bezirk Shinjuku sein Zuhause. Für den Betrachter des Buches ist es ein Spaziergang voller Entdeckungen. 128 S., 106 Farb- und Schwarzweißabb., 21,4 × 21 cm, engl./japanisch/ deutsch, Klee Inc Paris Tokyo

Raum unglaublich feine, manchmal merkwürdige, aber vor allem komische Alltagsmomente. Drei Jahre nach seinem Tod lässt sich in dem Bildband, der eine Ausstellung in Mannheim begleitete, das Werk Vormwalds als Werbefotograf und Bilddesigner, als Poet und experimentellem Magier wiederentdecken. 160 S., 86 Farb- und Duplex-Abb., 20 × 28 cm, deutsch/engl., Hartmann

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Die Anderen si n d Wi r D i e s e lk r a f t w e r k , C o t t b u s

G u t e Au ssic h t e n

Was können Landschaft oder Architektur über Menschen und soziale Phänomene erzählen? Die Künstlergruppe Apparat hat sich nach der Bundestagswahl 2017 zusammengeschlossen, um sich in ihrem Projekt Bilder einer dissonanten Gesellschaft mit aktuellen politischen Themen auseinanderzusetzen.

D e i c h t o r h a ll e n , H A m b u r g

17. August — 13. Oktober 2019, Foto: Kevin Fuchs aus Lichtenberg

13. Juli — 3. Oktober 2019, Foto: Anna Thiessen: Kommando Korn, „gute aussichten“ 2018/2019

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Helmut Newton F o u n dat i o n , B e r l i n

Es war so groß und schwer, dass es mit einem Metallständer geliefert wurde: Sumo, das erste monumentale Kunstbuch des Taschen-Verlags. Im Jahr 1999 in einer Auflage von 10 000 handsignierten Exem-

A n ta n as S u t ku s M u s e u m Z e u g h au s , M a n n h e i m

Ende der 50er-Jahre begann Sutkus, Menschen in der Republik Litauen zu fotografieren. Mit über 200 Arbeiten ist Kosmos die erste umfassende Retrospektive des humanistischen Fotografen, dessen Heimatland bald 30 Jahre Unabhängigkeit feiern darf. 7. September 2019 — 26. Januar 2020, Foto: Antanas Sutkus: First Bikers, Klaipedia 1974

plaren erschienen, hatte Helmut Newton seine Fotografien in diesem Buch vereint, die Big Nudes, seine Modebilder für die Vogue, Elle oder Vanity Fair, Schauspieler- und Künstlerporträts. Nun werden die Bilder aus dem Buch einzeln präsentiert. Ergänzt wird die Ausstellung durch Bilder von Mark Arbeit, Georg Holz und Just Loomis unter dem Titel Three Boys from Pasadena. 7. Juni — 10. November 2019, Foto: Georg Holz: Nicolas Cage, Badlands, New York 1999; Helmut Newton: In my garage, Monte Carlo 1986

Fotos: © Anna Thiessen/„gute Aussichten“ 2018/2019; © Kevin Fuchs; © Antanas Sutkus; © Georg Holz; © Helmut Newton Estate

Zweitausendneunzehn, neun Juroren und neun Preisträger: Zum 15. Mal präsentiert sich der bundesweite Hochschulwettbewerb „gute aussichten“. 2004 wurde er von Josefine Raab und Stefan Becht gegründet, um noch unbekannte Fotografen dabei zu unterstützen, ihren Weg in die Öffentlichkeit und in den Kunstbetrieb zu finden. Mittlerweile ist der Wettbewerb aber noch mehr geworden: Neben einer möglicherweise ersten großen Ausstellung für die Gewinner ist „gute aussichten“ auch ein Seismograf für das, was in den Köpfen junger Menschen heute vorgeht und wie sie ihre Zukunft sehen. Die Ideen der Teilnehmer sind genauso vielfältig wie ihre fotografischen Umsetzungen: Von der Beschäftigung mit Räumlichkeiten, über Symbolik und Metaphorik im Zusammenschluss von Film-, Bild- und Textebenen, teilen die jungen Fotografen ihre Gefühlswelten in inhaltlicher, ästhetischer und medialer Bandbreite mit. Der Status quo der jungen deutschen Fotografie lautet: Ausschöpfung aller Möglichkeiten. Die Jury, die von dem Fotografen Elger Esser und dem Verleger Gerhard Steidl unterstützt wurde, wählte aus 98 Einreichungen von 40 Institutionen die Preisträger und ihre ausgezeichneten Arbeiten aus. Eine der prämierten Studentinnen ist Anna Tiessen von der Berliner Ostkreuzschule. In ihrer Serie Kommando Korn erzählt sie vom Sturm und Drang aus der schleswig-holsteinischen Provinz. Von einer Dorfclique aus angehenden Jungbauern und Schraubern, die zwischen Arbeit und Freiheit auf der Suche nach Zugehörigkeit sind. Und dabei zu sich selbst finden.

Sumo


L e ica Ga l e r i e n Boston

Porto

Alex Webb: Slant Rhymes

Collective Exhibition: Morocco 2019

USA  |  Boston, MA 02116, 74 Arlington St. 12. September — 3. November 2019

POR  |  4000-427 Porto, Rua d. Sá da Bandeira, 48/52 15. Juni — 31. August 2019

F r a n kf u r t Prag

Alan Schaller: Metropolis

A Tribute to the Masters of Photography: Jürgen Schadeberg

GER  |  60311 Frankfurt am Main, Großer Hirschgraben 15 23. August — 19. Oktober 2019

TCH  |  110 00 Prag 1, Školská 28 21. Juni — 8. September 2019

I s ta n b u l

Sinem Disli: Hollows & Mounds: A Take on Göbekli Tepe TUR  |  34381 Şişli/İstanbul, Bomontiada – Merkez, A Birahane Sk. No:1 4. September — 15. Dezember 2019

Salzburg

Pascal Dusapin

N o b uyo s h i A raki L e i c A G a l e r i e B a n g ko k

S ã o Pa u l o

Yoshihiro Tatsuki

Der Fotograf, der verstört und betört, der Künstler, der berühmt wurde mit seinen erotischen Bondage-Aufnahmen. Mit Life By Film. Photo Happiness präsentiert Araki nun 30 neue Aufnahmen, die er exklusiv für die Leica Galerie Bangkok geschaffen hat.

JPN  | Kyoto, 570–120 Gionmachi Minamigawa, Higashiyama-ku 24. August — 4. Dezember 2019

THA  |  10330 Bangkok, 2nd Floor, Gaysorn Village, 999 Ploenchit Road 24. Juli — 22. Oktober 2019

KO n s ta n z

Werner Bischof GER  |  78462 Konstanz, Gerichtsgasse 10 30. August — 17. November 2019 Kyoto

AUT  |  5020 Salzburg, Gaisbergstr. 12 26. Juli — 12. Oktober 2019

Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest BRA  |  01240–000 São Paulo, Rua Maranhão, 600 Higienópolis S c h l o ss A r e n b e r g

Vincent Lagrange: The Human Animal Project AUT  |  5020 Salzburg, Arenbergstr. 10 25. Mai — 28. September 2019 Singapur

London

Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest

Mark Cohen London, 64–66 Duke Street W1K 6JD 17. Juli — 1. September 2019

SIN  |  Singapur, Raffles Hotel Arcade, #01-20/21, 328 North Bridge Rd., 188719

Los Angeles Tai p e h

Henri Cartier-Bresson: The Eye of the Century

Aktuelle Ausstellung stand bei Redaktionsschluss nicht fest

USA  | West Hollywood, CA 90048, 8783 Beverly Boulevard 13. Juni — 5. September 2019

TWN  | Taiwan, No. 3, Ln. 6, Qingtian St., Da’an Dist., Taipei City 106

Mai l a n d

T o ki o

Mark de Paola: Recent Work

Yoshihiro Tatsuki

Fotos: © Nobuyoshi Araki; © Alex Webb/Magnum Photos

ITA  |  20121 Mailand, Via Mengoni 4 9. September — 21. September 2019 ME l b o u r n e

Tim Page: 21 AUS  | Melbourne, VIC 3000, Level 1 St Collins Lane, 260 Collins Street 8. August — 31. Oktober 2019 Nürnberg

Volker Figueredo Véliz: Cuba – Inside GER  |  90403 Nürnberg, Obere Wörthstr. 8 20. Juli — 19. Oktober 2019

JPN  | Tokio, 6-4-1 Ginza, Chuo-ku 23. August — 4. Dezember 2019

A l e x W e bb L e i c A G a l e r i e W e tz l a r

Mit The Suffering of Light präsentiert Alex Webb eine persönliche Auswahl aus seinem vielschichtigen und beachtlichen Lebenswerk: einzigartige, farbintensive Szenerien aus nahezu drei Jahrzehnten mit magischen, manchmal rätselhaften Stimmungen, in dem das Licht oft der Protagonist zu sein scheint. GER  |  35578 Wetzlar, Am Leitz-Park 5 5. September — 3. November 2019

w a r sc h a u

Patryk Bułhak: Closed POL  |  00–496 Warschau, Mysia 3 2. August — 14. September 2019 wien

Ian Berry: The English AUT  |  1010 Wien, Walfischgasse 1 6. September — 23. November 2019 Zi n g s t

Ekaterina Sevrouk: Last Paradise GER  |  18374 Zingst, Am Bahnhof 1 24. Mai — 15. Oktober 2019

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„ M u sik e r z e u g t bi l d e r i n u n s e r e n kö p f e n . “ i n t e rv i e w

Dialog der Künste: Das Kollektiv ©theleica10 hat es sich zum Ziel gesetzt, einzelne Songzeilen und Filmtitel in Fotos zu übersetzen. Jede Woche stellt es sich einer neuen Aufgabe – das Ergebnis zeigt es bei Instagram.

Fotos: © Erika Blanco

Zehn Fotografen, zehn Wochen, jeweils eine Liedzeile – viele unvergessliche Bilder: So lautete die Ursprungsidee des Kollektivs @theleica10. Jede Woche posteten die Fotografen bei Instagram ihre Bilder zu einer vorgegebenen Liedzeile. Wie sieht der Bob-Dylan-Song Not Dark Yet aus? Oder eine Zeile aus Tomorrow Never Knows von den Beatles? Und wie ein einzelnes Bild zur Filmkomödie Ein Fisch namens Wanda? Denn längst ist es nicht mehr nur bei Musik geblieben – auch Filme werden von den Fotografen in jeweils ein Bild übersetzt. Ein Gespräch mit den Fotografen Danny Wilcox Frazier und Carlos Javier Ortiz sowie Ruddy Roye, der das Projekt ins Leben gerufen hat, über die Verbindung von Musik, Film und Bild.

LFI: Können Sie erklären, wie es zu diesem außergewöhnlichen Projekt kam? Ruddy Roye: Die Idee hat sich im Gespräch mit dem Fotografen Travon Free entwickelt. Wir haben überlegt und ausgemalt, was geschähe, wenn man Worte und Bilder verbände. Das könnte ein guter Weg sein, um verschiedene Punkte wie soziale Ungerechtigkeit, Diskriminierung oder Vorurteile anzusprechen. Und was wäre, wenn aus demselben Gedanken verschiedene Bilder entstünden, die wiederum verschiedene Interpretationen zuließen? Wie sähe eine Gruppenarbeit aus, die von einem einzelnen Gedanken ausgegangen wäre? Meine Art zu fotografieren ist stark von der Reggae-Musik der 1970er- bis 90erJahre beeinflusst. Da haben wir uns gefragt, wie sähe es aus, wenn wir verschiedene Liedzeilen heute fotografisch umsetzen. LFI: Was ist die Gemeinsamkeit zwischen Musik und Fotografie? Carlos Javier Ortiz: Musik inspiriert mich, über Fotografie und Film nachzudenken. Musik öffnet den strukturierten Teil meiner Seele. Sie zerlegt Filmsequenzen in Einzelbilder, fragmentiert Komposition und einzelne Momente. →

Oben: Mit der Leica X-U hat Erika Blanco eine Songzeile aus dem Lied Heavenly Father von Bon Iver dargestellt: „I don’t know how you house the sin. I was never sure how much of you I could let in.“ Linke Seite und links unten: Blancos Interpretation des argentinischen Melodrams In ihren Augen und des Italowesterns Zwei glorreiche Halunken

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… essenzieller Teil seiner Arbeit. Bei seinen Fahrten durch das ländliche Amerika hat er stets auf die richtige Musikbegleitung geachtet (oben). Auch Carlos Javier Ortiz lässt sich von Musik inspirieren. Zu sehen ist hier seine Version von Bob Dylans Not Dark Yet (unten)

Oben: Sheila Pree Bright und Ein Fisch namens Wanda. Ganz oben (v. li. im Uhrzeigersinn): Kevin Sturman und eine Zeile aus dem Beatles-Song Tomorrow Never Knows; Maggie Stebers Version von Bob Dylans Not Dark Yet. Für Danny Wilcox Frazier ist Musik ein …

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Kevin Sturmanns Bild zu Ein Fisch namens Wanda und Ruddy Royes Bob-Dylan-Version (von oben). Roye hat das Projekt nach Gesprächen mit dem Fotografen Travon Free ins Leben gerufen, in denen sie sich über die Verbindung von Wort und Bild austauschten

Fotos: © Sheila Pree Bright; © Danny Wilcox Frazier/VII (2); © Carlos Javier Ortiz; © Ruddy Roye; © Maggie Steber/Redux Pictures; © Kevin Sturman

„ D i e Li e dz e i l e n r ic h t e n sic h i n m e i n e m Ko p f e i n u n d w e r d e n d o rt h e i m isc h . “


Wenn ich nicht gerade fotografiere, ist Musik ein fester Bestandteil meines Arbeitsprozesses. Während ich für meine Projekte Driftless und Lost Nation unzählige Meilen über Nebenstraßen durch das ländliche Amerika zurücklegte, war Musik mein Begleiter. Sie spiegelte meine Stimmung oder gab den Ton an. Ich suchte nach Alben und Live-Aufnahmen, die emotional mit der Region und den Themen, zu denen ich arbeitete, verbunden waren. Es gibt viel zu lernen von der Musik einer Region und Kultur. Auch einen Filmschnitt mache ich mit Musik. Das Tempo meiner Bearbeitungen wird von den Songs beeinflusst, die ich bei der Gestaltung von Workprints höre. Es ist ein energetischer Prozess, den ich liebe und die Musik nährt einen Teil dieser Energie. Roye: Gute Musik erzeugt Bilder in unseren Köpfen. Aus diesem Grund funktioniert die Verbindung zwischen Musik und Bildern so gut, wenn wir uns einen Film ansehen. Als Babys haben unsere Mütter und Väter uns vielleicht Lieder vorgesungen. Von klein auf haben wir Bilder gemalt, die aus Musik entstehen, deshalb liegt es nah, dass eine Liedzeile so emotionale Bilder erzeugen kann. Danny Wilcox Frazier:

Wie haben sich die Fotografen der Gruppe ©theleica10 gefunden? Roye: Ich habe zuerst Fotografen ausgewählt, die ich von Instagram kenne und die ebenfalls Leica-Kameras verwenden. Dann habe ich bei Leica angefragt mit der Bitte, mir Frauen vorzustellen, die mit Leica arbeiten. Ich wollte die größtmögliche Vielfalt. LFI:

Wie kann kann man sich den kreativen Prozess vorstellen? Was steht am Anfang, wie geht es los? Frazier: Zeilen aus Liedern, die ich immer wieder höre. Sie richten sich in meinem Kopf ein und werden dort heimisch. Bei den Filmen, mit denen wir jetzt arbeiten, gehe ich genauso vor. Ich beschäftige mich mit dem Titel, den Hintergründen und dem Film selbst. Die politischen und historischen Bedeutungen schwingen mit und LFI:

helfen letztlich, eine Aufnahme zu machen oder auszuwählen, welche den Dialog der Künste in eine neue Richtung führt. Gibt es ein Bild, bei dem Ihnen das besonders gut gelungen ist? Frazier: Das Foto eines jungen Vaters, der seine Tochter beim Rodeo in Red Cloud, Nebraska, in den Armen hält, ist mein Favorit. Es war spät und die Kinder wurden müde. Dieser Cowboy holte seine Tochter ab und sie verschmolz mit ihm – ein ruhiger Moment der Liebe und Geborgenheit. Sogar das Pferd schien die beiden zu respektieren. Die Zeile von Bob Dylan „It’s not dark yet, but it’s getting there“ passte perfekt zu diesem Bild. LFI:

Wie soll es mit dem Kollektiv @theleica10 weitergehen? Roye: Wir werden so lange weitermachen, bis es uns langweilt. Aber einige Mitglieder denken bereits über weitere Projekte nach – etwa daran, Bilder mit Lyrik zu verknüpfen. Ortiz: Genau, in den nächsten zehn Wochen werden wir uns mit Lyrik beschäftigen. Natürlich wäre es schön, wenn am Ende ein Buch entsteht. Das ist die Bitte, die wir an unsere Follower bei Instagram richten. Die Community ist stark und wir sind bemüht, unsere Arbeiten jede Woche zu zeigen. Frazier: Auch ich möchte, dass wir weitermachen und in einigen Jahren ein Buch und eine Ausstellung produzieren können. Dort lassen sich dann die Fotografien mit den Worten, die sie beeinflusst haben, vermischen.

Denken Sie Ihr Bild zu Ende. Sehen. Fühlen. Staunen. Archivsichere Premium FineArt Papiere von MOAB

LFI:

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Interview: Katrin Iwanczuk

@t h eL eica10 Das Instagram-Kollektiv ©theleica10 setzt sich aus den Fotografinnen und Fotografen Erika Blanco, Sheila Pree Bright, David J Carol, Danny Wilcox Frazier, Travon Free, Lauren Kop, Ruddy Roye, Maggie Steber und Kevin Sturman zusammen. Sie beschreiben sich selbst als ein Künstlerkollektiv, das mit Bildern Geschichten erzählt – immer inspiriert von Musik, Poesie, Filmen und anderen Kunstformen.

Grünbergstrasse 41, D 47445 Moers Kostenlose Hotline: 0 800 / 60 92 210

www.LifeFoto.de


Leica Fotografie I n t e r n at i o n a l

Ga e l T u r i n e m e i n B i ld

Dass ihre Erblindung nicht heilbar war, wussten die drei Männer. Dennoch fuhren sie zu einem Schamanen und waren auf dem Weg dorthin zu Scherzen aufgelegt.

71. Jahrgang | Ausgabe 6. 2019

LFI PHOTOGR A PHIE GMBH Springeltwiete 4, 20095 Hamburg Telefon: 0 40/2 26 21 12 80 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 ISSN: 0937-3969 www.lfi-online.de, mail@lfi-online.de Chefredaktion Inas Fayed A rt Direction Brigitte Schaller REDA KTION Michael J. Hußmann, Katrin Iwanczuk, Denise Klink, Bernd Luxa, Danilo Rößger, David Rojkowski bildredaktion Carol Körting layout Thorsten Kirchhoff MITA RBEITER DIESER AUSGA BE Carla Susanne Erdmann, Katja Hübner, Ulrich Rüter, Holger Sparr, Katrin Ullmann Geschäftsführung Steffen Keil A nzeigenleitung & M arketing Kirstin Ahrndt-Buchholz, Samira Holtorf Telefon: 0 40/2 26 21 12 72 Telefax: 0 40/2 26 21 12 70 E-Mail: buchholz@lfi-online.de holtorf@lfi-online.de Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 47 vom 1.1.2019

Aus der Serie Aveuglément, Elfenbeinküste 1997

Als ich diese Aufnahme machte, war ich 24. Mein erster Sohn war gerade geboren und ich hatte kurz zuvor meinen Abschluss in Fotografie gemacht. An der Elfenbeinküste hatten Zehntausende Menschen durch die Infektionskrankheit Flussblindheit ihr Augenlicht verloren. Sie waren aus der Gemeinschaft verstoßen worden, weil es hieß, die Erkrankung würde durch Flüche hervorgerufen. Die drei Männer nahmen mich mit zu einem Heiler, der behauptete, er könne sie von diesen Flüchen befreien. Obwohl sie wussten, dass es keine Heilung gab, glaubten sie an dessen Kräfte. Im Taxi witzelten sie darüber, wie sie bei dem Schamanen einen guten Preis für die Wunderheilung herausschlagen könnten. Das Bild bewirkte, dass ich einen Kredit bekam und meine Serie fortsetzen konnte, aus der ein Buch entstand. Das Bild war ein Wendepunkt in meiner Laufbahn. Gael Turine, 1972 in Nieuport, Belgien, geboren, studierte in Brüssel Fotografie. Er publiziert u. a. im Spiegel, Le Figaro und der New York Times. Seine Arbeiten werden international ausgestellt. Turine ist Mitglied der Agentur VU’, er lebt in Brüssel und Paris.

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REPRODUKTION: Alphabeta, Hamburg DRUCK: Optimal Media GmbH, Röbel/Müritz PA PIER: Igepa Profimatt A BO-Bezugsbedingungen LFI erscheint achtmal jähr­lich in deutscher und englischer Sprache. Jahresabonnement (inkl. Ver­sandkosten): Deutschland: 69 € Belgien, Österreich, Luxemburg, Niederlande, Schweiz: 74 € weltweit: 80 €; digital: 49 € LFI gibt es auch als kostenlose App im Apple iTunes Store und bei Google Play. Ältere Hefte sind als dort als In-App-Käufe erhältlich LFI-A boservice Postfach 13 31, D-53335 Meckenheim Telefon: 0 22 25/70 85-3 70 Telefax: 0 22 25/70 85-3 99 E-Mail: lfi@aboteam.de Für unverlangt eingesandte Fotos und Texte übernimmt die Redak­tion keine Haftung. Die Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzelnen Beiträge und Abbildungen sind urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheber­ rechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verla­ges unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Leica – eingetragenes Warenzeichen.


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ANATOL KOTTE „ICONICATION“ | AUSSTELLUNG bis 17. August 2019 | www.leica-galerie-konstanz.de

Leica Store Konstanz & Leica Galerie Konstanz 78462 Konstanz | Gerichtsgasse (gegenüber des Amtsgerichts) | Tel.: +49 (0)7531 916 33 00 | www.leica-store-konstanz.de | www.leica-galerie-konstanz.de

Öffnungszeiten: Mo - Fr 10.00 bis 18.30 Uhr, Sa 09.30 bis 14.00 Uhr


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35 LEITZ AUCTION*

23. Nov. 2019 W

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Mehr Informationen zu Einlieferbedingungen unter

WWW.LEITZ-AUCTION.COM * vormals Westlicht Photographica Auction


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