Portät - Marcus Klausmann

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Marcus Klausmann Ich bin dann mal weg!

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s ist stockfinster in diesem verdammten Wald. Nur hier und dort bricht vereinzelt Tageslicht durch das dichte Netz aus Blättern und Holz. Wer kommt auf die Idee, ein Interview im tiefsten Wald zu veranstalten? Halt! Da war doch was. Ich erstarre in meiner Bewegung. Huhu-Huhu! Oh Mann, nur eine Eule die irgendwo im Dunkel sitzt. Meine Haut verwandelt sich immer mehr in einen Noppenanzug. An das Knacken der Äste und Zweige unter meinen Stollenreifen hab ich mich bereits gewöhnt. Aber da draußen ist noch etwas anderes. Das spüre ich ganz deutlich.

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^Text: Marco Knopp °Bild:^Text: Norbert MaxEisele-Hein Mustermann °Bild: Kalle Knipser ~Grafik: Klaus Klicker

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^Text: Max Mustermann °Bild: Kalle Knipser ~Grafik: Klaus Klicker

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Ich lenke mein Rad um eine alte verknöcherte Weide und erreiche den vereinbarten Treffpunkt. Doch außer mir und der langsam aufsteigenden Dämmerung ist niemand da. Ich schaue auf die Uhr. Bin ich vielleicht... Pffftttt! - Was war das? Irgendetwas ist direkt hinter mir vorbei geschossen. Noch während ich den Luftstoß spüre, drehe ich mich ^Text: Marco Knopp °Bild: Norbert Eisele-Hein

um. Nichts! ‚Nur der Wind‘, versuche ich mich wieder runter zu bringen. ... Pffftttt! Da, schon wieder, aber diesmal ganz woanders. Und wieder nichts zu sehen. ,Ganz ruhig bleiben!, rede ich mir zu. ... Pffftttt! Der Luftzug! Diesmal von rechts. Blitzschnell drehe ich mich um. Nichts! Was ist das? Kein Mensch ist so schnell. Werde ich von einem Rudel wil©pedaliéro #05/07


der Schakale eingekreist? Ich nehme den Schlauch meiner Trinkblase und knalle ihn wie eine Peitsche. Während mein Bike zu Boden fällt schwöre ich mir, kämpfend zu sterben. Gerade will ich mit lautem Gebrüll ins dunkle Dickicht stürmen, da ruft jemand hinter mir: »Wo willst du denn hin? Und was soll das albernde Theater mit dem Schlauch?« Verdutzt drehe ich mich um. Was da vor mir steht ist sicher nicht so gefährlich wie ein Rudel Schakale, dafür aber um ein vielfaches schneller! »Servus, ich bin Marcus Klausmann«, begrüßt mich der 12-malige Deutsche-Meister im Downhill freundlich. »Komm, wir fahren ein Stück zusammen. Und keine Angst, ich fahre langsam«. »Langsam« ist ja bekanntlich ein dehnbarer Begriff. Wie dehnbar er ist, merke ich, als ich mit gefühlter Höllengeschwindigkeit hinter Marcus herjage, während dieser auf dem Rad ein paar Postkarten schreibt. »He, mach mal sutsche (nordd. für ruhig/ bedacht)«, rufe ich ihm hinterher, »ist schließlich nicht jeder als Rennfahrer auf die Welt gekommen!« »Tja, ich auch nicht!« ruft Marcus zurück, »ich habe mit Trial angefangen!« Und während er das sagt, zieht er bei Highspeed ein Fotoalbum aus seinem Rucksack. »Hier guck mal, das war 1982, da war ich gerade fünf Jahre alt und bin meinen ersten Contest gefahren. Und zwar auf einem BMX aus dem Supermarkt. Und am Tag vor dem Event hat mich auch noch eine Biene direkt über dem Auge gestochen. Ich musste also mit total zugeschwollenem Auge antreten. Ich weiß gar nicht mehr, Wievielter ich geworden bin…war aber nicht besonders gut, glaub ich!« Trotz des Handicaps nimmt er am Ende des Tages einen Pokal mit nach Hause. ,Jüngster Teilnehmer‘ steht auf der Plakette. Der Hunger nach Trophäen ist geweckt. In den kommenden Jahren wird der junge Marcus zweimal Vizeweltmeister bei den Schülern, später in der Juniorenklasse sogar zweimal Weltmeister. ©pedaliéro #05/07

»Wie oft ich damals Deutscher Meister geworden bin, kriege ich nicht mehr zusammen. In meinem Verein Denzlingen, in dem ich bis heute Mitglied bin, entdeckte man mein Talent und ließ mich dann auch bei Straßenrennen antreten. Wenn ich kein Downhillprofi geworden wäre, dann hätte ich es bestimmt mal als Straßenradrennfahrer probiert!« Die Erfolgsgeschichte reißt auch auf dem Rennrad nicht ab. Nachdem Marcus diverse Straßenrennen gewinnt, beschließt sein Trainer, ihn aufs Querfeldeinrad zu setzen. Wie nicht anders zu erwarten, ist Marcus Klausmann auch hier ein echtes Ausnahmetalent. Er wird gleich Deutscher Meister. Zumindest fast. »Das war vielleicht bescheuert damals. Ich hatte zwar gewonnen, aber der Titel wurde mir sofort wieder aberkannt. Irgendwo in der hinterletzten Ecke des Regelwerks stand, dass eine bestimmte Übersetzung eingehalten werden müsste. Davon wusste nur leider kein Mensch etwas, und so wurde ich disqualifiziert. Es gab eine riesige Aufregung deswegen. Die Regel wurde auch kurz danach gestrichen. Genutzt hat es mir aber nichts mehr, der Titel war futsch.« Es ist schon erstaunlich, wie entspannt und ruhig er jede Kurve oder Unebenheit vor mir durchfährt. Während es bei ihm aussieht, als würde er eine schöne Geliebte zum Tanz bieten, holpere ich eher wie ein besoffener Punk beim pogen hinter ihm her. Wenn man es nicht wüsste, würde man nicht glauben, dass der zurückhaltende Schwabe der schnellste Downhiller in ganz Deutschland ist. Und das schon seit vielen Jahren. »Ich bin mittlerweile seit 15 Jahren im Downhill dabei. Seit 1997 bin ich Profi. In dieser Zeit hab ich viel gesehen und bin noch mehr gefahren. Ich habe viele Veränderungen miterlebt. So stelle ich fest, dass die Strecken wieder natürlicher werden. Es gab mal eine Zeit, da musste alles gebaut sein. Überall waren Sprünge

und Anlieger angelegt, wie ein künstlicher Parcours. Heute wird es wieder technischer und schöner. Das liegt mir mehr, und es kommt auch dem, was ich für Downhill halte, viel näher.« Während Marcus in aller Ausführlichkeit erzählt, schaffe ich es kaum ihm zu folgen. Ich hätte nie gedacht dass bergabfahren so anstrengend sein kann. ‚Das möchte ich auch können‘, schießt es mir durch den Kopf. »He Marcus!«, japse ich, »wie wird man eigentlich so schnell? Gibt es da irgendwelche Tricks?« - »Klar! Ganz wichtig ist natürlich die Radbeherrschung. Ich fahre dazu ziemlich viel Dirt, das schult optimal. Ich habe im Garten meiner Schwiegereltern einen Dirttrail gebaut, Guido Tschugg hat mir dabei geholfen. Meine Schwiegereltern wohnen im gleichen Ort, da kann ich immer schnell noch mal eine Runde fahren gehen. Um im Downhill-Rennen richtig schnell zu sein, ist die Linienwahrnehmung ganz entscheidend. Da kann man sehr viel Zeit gewinnen. Man sollte auf seinem Heimtrack trainieren, andere Linien zu fahren, damit man ein Gefühl dafür bekommt, was schnell ist und was langsam. Und das sollte man am besten auf Zeit machen. Ich habe mir dafür eine Zeitmessanlage gekauft, eine Stoppuhr tut es aber auch. Denn manchmal ist es wirklich vertrackt: Man denkt, man fährt ^Text: Marco Knopp °Bild: Norbert Eisele-Hein

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superschnell, ein Blick auf die Uhr verrät aber, dass das gar nicht stimmt. Beim Training mit der Uhr bekommt man ein Gefühl dafür, wie es sich anfühlt, wenn man wirklich schnell ist.« Plötzlich wird es heller vor uns. Wir verlassen den Wald und halten an einem kleinen Felsvorsprung. Während wir rasten, wärmen uns die letzten Sonnenstrahlen des Tages und tauchen die Umgebung in ein gemütliches Rot. Wie seine erste Begegnung mit einem Mountainbike war, möchte ich von ihm wissen. »Das war 1989«, verrät Marcus, »mein Vater hatte sich eins gekauft. Er war schon immer ein leidenschaftlicher Radfahrer. Ich hab es mir natürlich öfter mal heimlich ausgeborgt, um damit in der Gegend rumzuspringen. Leider nicht immer so unauffällig, wie ich es mir gewünscht hatte. Gleich beim ersten Ausflug auf dem Bike hab ich die Gabel verbogen. Am Anfang blieben es erstmal nur kleine Ausflüge auf dem MTB. Ich fuhr ja zu der Zeit auch noch Querfeldein und Straßenrennen. Damals hat man mich eigentlich immer auf einem Fahrrad sitzen sehen. Mein Trainer hat mich damals ziemlich hart rangenommen, ich war brutal übertrainiert und musste eine Pause einlegen. Von da an tigerte ich oft mit dem Mountainbike einfach durch die Gegend.«

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Der damalige Nationaltrainer Klaus Jördens entdeckt den jungen Marcus Klausmann bei einem seiner Streifzüge auf dem MTB. Er erkennt sofort, dass der Bursche bergab eine echte Rakete ist. Nur eine Woche später lässt er den erst 14-jährigen in Mintelheim an einem Downhillsprint teilnehmen. »Da stand ich auf einmal. Nach der Qualifikation war ich gleich Erster und habe unter anderem die damaligen Weltklasse-Downhiller Jürgen Beneke und Jürgen Sprich hinter mir gelassen. Im Finale musste ich als Letzter starten, das war furchtbar. Genau wie heute noch, habe ich es damals schon gehasst, ganz allein da oben auf der Startrampe zu stehen. Ich war echt gut unterwegs im Finale, doch dann ist mir die Kette gerissen. Ich bin trotzdem auf einen sensationellen vierten Platz ins Ziel gerollt. Allerdings hab ich mich höllisch geärgert, als Dritter hätte ich noch ein paar schöne Ski bekommen. Ab da an bin ich fast nur noch Downhill gefahren. Ich habe im ersten Jahr eine Menge Lehrgeld zahlen müssen. Bin bei jedem Rennen aus den Kurven geflogen und auf den Boden aufgeschlagen, dass die Knochen knackten.« Trotz der vielen Stürze ist Marcus immer vorne mit dabei. In seinem ersten Jahr bekommt er von Scott ein Cat Carbonrad, zur damaligen Zeit ein absolutes Highlight auf dem Markt. Damit wird er prompt Vierter. Ein paar Wochen später wird er Vizeweltmeister der Junioren. Der Startschuss für die Downhill-Dominanz des Marcus Klausmann ist gefallen. »Einen meiner spektakulärsten Titel habe ich 1994 in Hallenberg-Liesen geholt. Im Finale der Deutschen-JuniorenMeisterschaften bin ich in einer Haarnadelkurve weggerutscht und habe mich in einem Fangnetzt verheddert. Dabei ist mein Lenker auf einer Seite abgebrochen. Ich bin aus dem Netz geklettert, hab mich aufs Bike geschwungen, einhändig ins Ziel gefahren und habe gewonnen. Das war schon irre!«

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Auch zwei Jahre später verblüfft Klausmann alle. In seinem ersten Elitejahr wird er gleich Worldcup-Sieger. So geht es dann immer weiter. Die Trophäenschränke im kleinen Zimmer sind zum bersten gefüllt. Diverse Deutsche Meisterschaften und andere Titel lassen Marcus Klausmann zu Deutschlands gefürchtesten Export in Sachen Downhill werden. Dann geschieht, was ihm viele hinter seinem Rücken wünschten, aber keiner glauben mag. 2001 verliert er im letzten Rennen die Deutsche Meisterschaft. Er blickt in die fast schon untergegangen Sonne und seine Stimme wird leiser. »Es war in Bad Wildbad. Ich werde dieses Rennen nie vergessen. Es hatte brutal viel geregnet. Nach der Qualifikation war ich mit 15 Sekunden vorn. Im Finale sind dann ziemlich viele Sachen schief gelaufen. Ich weiß noch, dass ich mir vorher selber sagte: ‚Bei diesem Vorsprung kannst du sogar zweimal stürzen. Was soll da schon passieren?!‘ Tja, ich bin dreimal gestürzt, und der Titel war weg. Mein Pedal ging kaputt, so dass ich andauernd abgerutscht bin. Als ich dann auf die Zielgerade zugschoss, war das Rennen trotz der Stürze immer noch nicht verloren. Aber ich habe es leider nicht geschafft. Ich musste mich mit einer Hundertstelsekunde Rückstand geschlagen geben. Stefan Kudera ist damals Deutscher Meister geworden. Ich respektiere seine Leistung wirklich, er ist ein echt starkes Rennen gefahren. Aber verloren habe ich das Rennen nicht seinetwegen, sondern weil ich einiges auf die leichte Schulter genommen habe. Ich war noch niemals in meinem Leben so enttäuscht wie nach dieser Niederlage. Das Rad hab ich danach erstmal vier Monate in die Ecke gestellt und es nicht mehr angerührt. Ich hatte einfach keinen Bock mehr.« Es wird dunkel, und das schöne Rot verwandelt sich langsam in ein kühles Grau. Wir steigen auf unsere Bikes und fahren langsam das letzte Stück des Berges hinab.

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»Aber dann habe ich erkannt, dass es meine Schuld war. Wäre ich da konzentrierter rangegangen, wäre das Desaster vielleicht gar nicht erst passiert. Ich habe dann trainiert, trainiert und nochmal trainiert. Ich hatte nur noch diesen zweiten Platz vor Augen. Dabei hab ich mir immer gesagt »Das passiert dir kein zweites Mal!« So kommt es dann auch. Im letzten Jahr macht er sogar das Dutzend voll und wird zum 12. Mal Deutscher Meister im Downhill. Unglaublich sind aber nicht nur seine Leistung auf der Strecke, sondern auch die Gegebenheiten abseits der Strecke. Denn Marcus Klausmann ist vermutlich der einzige Mensch auf der Welt, der einen Fast©pedaliéro #05/07

Genick-Bruch erleidet und trotzdem im selben Jahr noch Deutscher Meister wird. »Alles fing vor dem zweiten Rennen in Vigo an. Ich war damals in meinem Garten noch ein wenig Dirtspringen. Als ich einen Hügel herunter lief, riss mir das Kreuzband. Beim Rennen in Vigo fuhr ich trotzdem sehr gut und habe mir keine weiteren Gedanken gemacht. Wieder zuhause war ich mit meinem Schwager nochmal ein bisschen Dirtspringen. Leider war ich etwas unvorsichtig. Nach einem Sprung bin mit dem Vorderrad an der Landung hängen geblieben, voll über den Lenker gegangen und im Dreck gelandet. Dabei ist es dann passiert.«

Während wir weiter fahren, greift Marcus sich mit der rechten Hand in den Nacken und streicht kurz über die Narbe. »Ich bin direkt auf dem Genick gelandet. Mir war sofort klar, dass irgendetwas kaputt ist. Ich habe auf den Knien gelegen, meinen Kopf gehalten, und meinem Schwager gesagt, dass er sofort den Notarzt holen soll. Per Krankenwagen wurde ich in die Notaufnahme gebracht. Nach dem ersten Röntgenbild meinten die Leute im Krankenhaus dann aber: »Wir können nichts Kaputtes erkennen. Sie sind gesund, stehen sie auf!«.«

^Text: Marco Knopp °Bild: Norbert Eisele-Hein

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Nachdem er den Doktoren nochmals versichert, dass er seinen Kopf nicht von allein halten könne, wird eine Computertomographie durchgeführt. Die ergibt, dass ein Halswirbel gebrochen und ein weiterer instabil ist. Auf dem ersten Röntgenbild war nichts zu erkennen, weil die beschädigten Wirbel, der sechste und siebte Halswirbel, hinter dem Schlüsselbein liegen. »Ich hatte verdammtes Glück, dass ich heute nicht querschnittsgelähmt bin. Das war wirklich knapp. Ich wurde schnell operiert, dabei bekam ich zwei Schrauben in den sechsten Halswirbel verpasst, den siebten Halswirbel hat man ruhig gestellt und dann alles über drei Wirbel mit einer Platte versteift. Die OP verlief sehr gut, ich bin danach aufgewacht und konnte wieder alles bewegen. Ich war zwar noch ein wenig benebelt von der Narkose, fühlte mich aber schon wieder ganz o.k. Das größere Problem war eigentlich eher der Kreuzbandriss, den ich schon vorher hatte. Da hat die Reha wesentlich länger gedauert.« Unter Aufsicht des Mannschaftsarztes der deutschen Fußballnationalmannschaft, Dr. Eder, absolviert der gelernte Automobilkaufmann seine Reha zwischen Mertesacker, Ballack und Co. Es dauert nicht lange, und man sieht Marcus Klausmann wieder in die Pedale treten. »Natürlich hatte ich beim ersten Mal Angst, aber man macht halt langsam, und schaut was so geht. Ich wollte einfach so schnell wie möglich mein Gefühl fürs Bike wieder bekommen. Mein Schwager musste mich dann kurze Zeit später auch bereits wieder bremsen: »He, Marcus! Mach mal langsam! Du ballerst schon wieder den Berg runter als wäre nichts gewesen.«Die Freude, wieder fahren zu können, war riesig. Ich war einfach dankbar überhaupt wieder auf dem Rad sitzen zu dürfen.« Noch im selben Jahr wird Marcus Klausmann wieder Deutscher Meister! »Ohne die Unterstützung meiner Familie ©pedaliéro #05/07

und meiner Freunde hätte ich das nicht geschafft. Sie reisen häufig mit und sind ein wichtiger Teil. Manche sprechen sogar vom »Klausmann-Clan«! Das zeigt, wie wichtig sie für meinen Erfolg sind. Meine Frau unterstützt mich so vorbildlich, das ist absolut nicht selbstverständlich, dass sie das alles mitmacht. Es gibt wirklich viele Menschen, die mich während meiner Laufbahn begleitet haben, ihnen allen bin ich sehr dankbar!« »Wie oft planst du denn noch, Deutscher Meister zu werden?« möchte ich von ihm wissen, »machst du die zwanzig voll?« »Nein«, antwortet er lachend, »ich glaube nicht. Ich weiß noch nicht einmal sicher, ob ich im nächsten Jahr wieder antreten werde. Ich mag das Meistertrikot echt gerne, aber viele wollen mich nur verlieren sehen oder sagen: ,Was du da machst, ist doch langweilig‘. Ich habe dann manchmal das Gefühl, dass meine Leistung nicht mehr respektiert wird. Dabei habe ich auch größten Respekt vor der Leistung meiner Mitstreiter. Und ich hab es mindestens genauso schwer, wenn ich da oben stehe. Vielleicht sogar noch schwerer, weil alle den Sieg von mir erwarten. Ich habe mein Ziel, zehn Mal Deutscher Meister zu werden, erfüllt. Jetzt werde ich sehen, ob ich mich nur noch auf die internationalen Rennen konzentriere.« Wir sind am Fuße des Berges angekommen. Erst jetzt merke ich, wie mein Hintern, Rücken, Arme, Beine, ach eigentlich alles, schmerzt. Es ist ein anstrengender Job, Marcus Klausmann auf den Fersen zu bleiben. Selbst wenn dieser nur gemütlich bergab fährt. Auf meine letzte Frage, was denn die Zukunft für ihn bereit hält, zuckt er nur mit den Achseln und grinst. »Der Weltcup ist ein Ziel, das ich noch packen will. Außerdem bekommen meine Frau und ich im Januar unser erstes Kind. Da steht noch viel an, Zimmer einrichten und, und, und. Das wird bestimmt noch eine spannende Zeit.«

Ich greife kurz in meine Tasche, um Marcus meine Karte zu geben. ... Pffftttt! Ich spüre den Luftzug. Als ich aufschaue, bin ich allein. Genau so schnell wie er erschienen ist, verschwindet Marcus Klausmann wieder im Labyrinth der Bäume. »Eine spannende Zeit« waren seine letzten Worte. Es ist fast nicht zu glauben, dass sie noch spannender werden kann als die, die bereits hinter ihm liegt. Aber zu wünschen ist es ihm.«

^Text: Marco Knopp °Bild: Norbert Eisele-Hein

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Die Geschichte zum Bild

von Marcus Klausmann

1. Was für ein Riesenpott! Da wurde ich 1996 beim Weltcup in Hawei Zweiter in der Gesamtwertung! Ein toller Erfolg für mich, wie man an meinem seligen Gesichtsausdruck unschwer erkennen kann.

2. Das war 1982, mein erstes richtiges Trialbike! Man beachte die Spielführerbinde an meinem rechten Arm. Ich liebte Fußball und wollte immer Torwart sein, bin aber über die F-Jugend nie hinaus gekommen.

3. 1991 auf meinem Trainingsgelände in Vörstetten, in dem Jahr, als ich Weltmeister wurde. Die Steine habe ich von der Gemeinde gestellt bekommen.

4. Etwas abgekämpft zu meinen Zeiten als Straßenrennfahrer! Das war 1992 in Gottenheim, ein wirklich sehr anstrengendes Rennen!

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^Text: Marcus Klausmann °Bild: Marcus Klausmann privat

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5. Ich als gläserner Mensch, aufgenommen nach meinem Unfall. Deutlich zu erkennen ist die Platte in meinem Hals. Die Platte ist nach drei Monaten wieder entfernt worden, die Schrauben bleiben für immer drin. Ein schönes Andenken!

6. Weltcup in Kaprun 1995, und wie man sehen kann befolgte ich auch schon damals den Grundsatz: die vielbefahrenste Linie ist nicht immer die Beste!

7. Mein erstes Profijahr bei Sintesi, in dem ich eine Menge gelernt habe. Leider war das Ende weniger schön, man blieb mir ein halbes Jahresgehalt schuldig.

8. Meine Winterleidenschaft: Querfeldein! Hier das Rennen in Merzhausen bei Freiburg. 1993 wurde ich Jugend Deutscher Meister. Leider wurde mir der Titel wieder genommen, weil ich die falsche Übersetzung drauf hatte. Eine Woche später hat der BDR die Regel aus dem Reglement geworfen (schade).

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