kino und film im herzen wiens
licht spiele nr. 114 FREE MAG
JUNI 2016
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JOSEF HADER IST STEFAN ZWEIG
VOR DER MORGENRテ傍E programmtipps von apollo, artis, actors, urania und village cinemas wien mitte kino
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kino und film im herzen wiens
licht spiele JUNI 2016
URANIA Vor der Morgenröte
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Mikro & Sprit
8
ACTOR’S studio Everybody Wants Some!
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7 Göttinnen
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VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE 8
APOLLO - DAS KINO Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln
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Ice Age - Kollision voraus!
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ARTIS international English Cinema in Vienna
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Kinoinformation Kinoprogramm & Erreichbarkeiten
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Lichtspiele-Chefredakteur
Matthias Greuling
lichtspiele@kabelplus.at
AUF UNSEREM COVER
„Vor der Morgenröte“ (Filmladen) Impressum Lichtspiele erscheint elf Mal jährlich wienweit bei Werbeagentur Matthias Greuling, Spechtgasse 57/5, 2340 Mödling, Österreich. Telefon: +43 664 462 54 44 Fax: +43 2236 23 240 E-Mail: lichtspiele@kabelplus.at. Internet www.celluloid-filmmagazin.com. VERTRIEB in folgenden Wiener Kinos: Actor’s Studio, Artis International, Urania Kino, Apollo Kino, Village Cinemas Wien Mitte, sowie in 150 Wiener Szenelokalen, traditionsreichen Cafés und Pubs. Herausgeber & Chefredakteur: Matthias Greuling. Grafik & Produktion: Werbeagentur Matthias Greuling. Fotos: Filmverleiher. Printed in Austria. Die Beiträge geben in jedem Fall die Meinung der AutorInnen und nicht unbedingt jene der Redaktion wieder. Grundsätzliche Richtung der Zeitschrift lt. § 25 MedG: Lichtspiele informiert über aktuelle Kinofilme und DVD-Releases Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe. © 2016 by Werbeagentur Matthias Greuling
EIN CAFÉ MIT MARIA SCHRADER Schauspielerin Maria Schrader legt mit „Vor der Morgenröte“ ihre zweite Regiearbeit vor (Seite 4).
Frau Schrader, wieso haben Sie einen Film über Stefan Zweig gedreht? Ich interessierte mich besonders für Stefan Zweigs letzte Jahre. Seine ohnehin außergewöhnliche Biografie las sich in diesem Abschnitt wie eine allegorische Erzählung über das Exil. Er war dem Krieg entronnen und wurde trotzdem von ihm heimgesucht. Zweig ist damals ein Mann, der nicht nur gerettet ist, sondern vergleichsweise in großem Luxus leben kann und der eigentlich dort angekommen ist, wohin er sich immer gewünscht hat: In Abgeschiedenheit, in Sicherheit, in Ruhe, umgeben von der schönsten Natur und unendlich Zeit, um zu arbeiten. Und trotzdem konnte er damit nichts anfangen. Welche Aspekte aus Zweigs Exil-Zeit haben Sie besonders interessiert? Es sollte ein Film über diese Zeit und über Europa werden, ohne dabei in Europa zu sein.
© Katharina Sartena
Mikro & Sprit
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Foto: ツゥ Filmladen
URANIA ab 03.06.
Ein dichter in der fremde VOR DER MORGENRテ傍E: Maria Schrader gelang ein sensibles Portrテ、t des Schriftstellers Stefan Zweig in seinen Jahren im Exil. Josef hader ist in der hauptrolle zu sehen.
„Vor der Morgenröte“ porträtiert das Leben von Stefan Zweig und seiner Frau im Exil
E
s liegt eine gewisse Poesie über diesem Film. Ein Hauch von Abenteuer, aber ohne Kitsch. Ein Hauch von Drama, aber ohne die Zwänge gängiger Dramaturgie. „Vor der Morgenröte“ lässt sich Zeit für sein Thema und negiert damit die klassischen Sehgewohnheiten, die man aus Bio-Pics und TV-Dramen kennt. Hier folgt nichts eingefahrenen Schemata, sondern hier können die Geschichte und ihre Protagonisten atmen. Josef Hader spielt Stefan Zweig. Das allein ist schon ein Bruch mit Konventionen, denn dem Hader ist der Hader in seiner Performance so gar nicht anzu-
merken. Es ist ein erfrischender Zugang zu diesem Schauspieler, der sich hier in die Rolle eines Schriftstellers fallen lässt, ganz uneitel und ohne Angst. Es gibt hier keinen Raum für den von ihm so geliebten Sarkasmus, und doch bleibt Hader unverkennbar, obwohl er sich die Rolle als Zweig zu eigen machen kann und eine andere, kaum bekannte Seite von sich zeigt. Hinzu gesellt sich die Art und Weise, wie Maria Schrader ihre Geschichte inszeniert hat: Anstatt im Eiltempo durch Zweigs Jahre im Exil zu hasten, beschränkt sich Schrader auf wenige Schlüsselmomente, die sie dafür umso
6I7 URANIA AB 03.06.
ausführlicher zeigt. Es sind Episoden aus den letzten Jahren des Stefan Zweig, als er im Exil lebte, fern seiner Heimat Österreich, wo die Nazis seine Bücher verboten und die er schon 1934 verließ. Stefan Zweig war zu seiner Zeit ein Starautor und gemeinsam mit Thomas Mann der meistübersetzte deutschsprachige Schriftsteller. Maria Schrader zeigt den weltberühmten Autor in sechs Episoden seines Lebens – von seinem ersten Aufenthalt in Brasilien und der Teilnahme am P.E.N.-Kongress Stefan Zweig war schon zu Lebzeiten ein beliebter Literat
in Buenos Aires 1936 über den Besuch New Yorks, wo er 1941 seine erste Frau Friderike wieder trifft, bis zu seinem Tod 1942 in Petrópolis. Dort schrieb Zweig sein wohl berühmtestes Werk „Die Schachnovelle“. Die lose Episodensammlung, deren Teile vorderhand nichts miteinander zu tun haben, entwickeln jeweils eine in sich geschlossene Stärke, weil sie Aufenthalte des Schriftstellers und Begegnungen mit Zweig beinahe in Echtzeit zeigen: So ist die Rede, die der ebenfalls ins Exil gegangene
Wien-Besuch: Schrader bei Hader im Hotel Triest
VOR DER MORGENRÖTE, KINOSTART 03.06. D/Ö 2016. REGIE Maria Schrader MIT Josef Hader, Aenne Schwarz, Barbara Sukowa
URANIA KINO Uraniastr. 1, 1010 Wien Tel.: 715 82 06
Fotos: © Filmladen; Greuling
Schriftsteller Emil Ludwig 1936 auf dem P.E.N.-Kongress in Buenos Aires in Zweigs Anwesenheit hielt, zur Gänze und in Echtzeit im Film nachgespielt. Das birgt die Gefahr gewisser Längen, die Schrader aber nicht nur durch eine hervorragende Besetzung und den unentwegten Einsatz mehrerer Landessprachen verhindert, sondern auch durch die überaus packende Sogwirkung, die eine solche Art von Zeugenschaft entwickelt: Man hat als Zuschauer das Gefühl, wahrhaftig an historischen Ereignissen in all ihrer Breite teilzunehmen. Durch die offene Episodenform erspart sich Schrader das Korsett einer dramatischen Konvention; das gibt dem Film eine Energie, die Magisches vollbringt: Selbst wenn Zweig mit seiner zweiten Ehefrau irgendwo im brasilianischen Urwald einen Zwischenstopp bei einem lokalen Bürgermeister einlegt, der ihm die Aufwartung macht, bleibt das intellektuelle Drama ein Eyecatcher: Man will einfach nicht wegsehen.
8I9 URANIA VILLAGE ab 24.06.
ein abenteuer auf den straSSen frankreichs MIKRO & SPRIT: Eintauchen in die wundersame Welt von Michel Gondry.
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itten im laufenden Schuljahr kommt ein Neuer in die Klasse - Théo (Théophile Baquet). Wie Daniel (Ange Dargent) ist auch er schnell ein Außenseiter in der Klasse: Daniel, introvertiert und immer vertieft in seine Zeichnungen, und Théo, der auf alles eine Antwort weiß und leidenschaftlich gerne tüftelt. Doch eins haben beide gemeinsam: Als die Sommerferien beginnen, will keiner die Zeit mit seiner Familie verbringen und zusammen schmieden sie einen Plan. Mit Hilfe eines Rasenmäher-Motors und einigen Brettern zimmern sie sich ein ebenso skurriles wie liebevoll gestaltetes und vor allem fahrbares Haus. Ein abenteuerlicher Roadtrip - mit maximal 20 km/h - über die französischen Landstraßen beginnt. Sie lernen neue Freunde kennen, liefern sich eine Verfolgungsjagd mit der Polizei und vor allem...machen das, was sie schon immer tun wollten: die Freiheit genießen. Filmemacher Michel Gondry („Science of Sleep Anleitung zum Träumen“) widmet sich in „Mikro & Sprit“ der Geschichte zweier liebenswerter Außenseiter und lässt die beiden Darsteller-Neulinge Ange Dargent als „Mikro“ und Théophile Baquet als „Sprit“ auf eine ausgeflippt-aufregende Reise durch die französische Provinz fahren. Mit Audrey Tautou holte er erneut eine weltbekannte Schauspielerin an Board und führt die NUR STUNDE RUHE, KINOSTARTManier 08.05. durch eine semidrei EINE in bewährt-phantasievoller Fautobiographische 2014, REGIE Patrice Leconte. MIT Christian Coming-of-age-Komödie. Schräg, Clavier, Carole Bouquet aber sehenswert.
VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE
URANIA KINO
Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien Tel.: 242 40-418
Uraniastr. 1, 1010 Wien Tel.: 715 82 06
Foto: © Constantin
MIKRO & SPRIT, KINOSTART 24.06. F 2016. REGIE Michel Gondry. MIT Théophile Baquet, Ange Dargent
10 I 11 ACTORS AB 03.06.
Ein sommer wie damals EVERYBODY WANTS SOME! ist richard linklaters liebeserkl채rung an die eigene jugend in den 1980er Jahren
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MEIN EIN, MEIN ALLES, KINOSTART 03.06. USA 2016. REGIE Richard Linklater MIT Blake Jenner, Glen Powell
Actor‘S STUDIO Tuchlauben 13, 1010 Wien Tel.: 533 52 32
© Foto: Constantin
s ist das Follow-up zu Richard Linklaters „Boyhood“, und das, obwohl die beiden Filme rein inhaltlich nichts miteinander zu tun haben: „Everybody Wants Some!“ porträtiert das Leben einer Gruppe von Freunden im Sommer 1980 am letzten Ferien-Wochenende vor dem Beginn der Uni. Ihr Alltag sollte sich eigentlich um die Vorbereitung auf das College und ihr Baseball-Team drehen - wird aber vielmehr von heißer Musik, verrückten Partys, viel Marihuana, noch mehr Alkohol und natürlich jungen Frauen bestimmt. Es geht um Männerfreundschaften und Rivalitäten, um Leidenschaft und ungestüme Lebenslust - und manchmal sogar um die Liebe. Gemeinsam versuchen die unbeaufsichtigten Jungs ihren Weg zwischen den Freiheiten des Jungseins und den Verpflichtungen des Erwachsenwerdens zu finden - bevor am nahenden Montag die Schulglocke klingelt und der Ernst des Lebens beginnt. Eine herrlich nostalgische Komödie mit Kult-Potential, die den Zuschauer direkt in das Jahr 1980 führt, als eine Gruppe von Freunden das letzte freie Wochenende vor Studienbeginn in vollen Zügen genießt. „Das Ganze ist ziemlich autobiographisch“, gibt Richard Linklater zu, der Regisseur, Autor und Produzent von „Everybody Wants Some!“ „Rückblickend wird mir klar, dass ich nicht nur persönlich eine sehr lustige Zeit auf dem College hatte, sondern mich in einer interessanten kulturellen Phase befand. Es war immer noch wie das Ende der Siebziger, denn das, was die Leute gemeinhin mit den Achtzigern assoziieren, ging so richtig erst 1982 oder 1983 los.“ Also: Viel Retro und viel Kinospaß!
12 I 13 ACTORS ab 17.06.
Die emotionen fahren achterbahn 7 GÖTTINNEN entführt den zuschauer in die bunte welt indiens.
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reida (Sarah-Jane Dias) hat ihre besten Jugendfreundinnen zu sich nach Goa eingeladen. In der traumhaften Umgebung des indischen Küstenstaats will sie mit ihnen – zur großen Überraschung aller – ihre Hochzeit feiern. Die Hochzeitsgesellschaft könnte unterschiedlicher kaum sein: Suranjana (Sandhya Mridul) ist eine toughe Geschäftsfrau und Mutter, Joanna (Amrit Maghera) eine aufstrebende Schauspielerin, Mad (Anushka Manchanda) eine mit dem Erfolg ringende Musikerin, Nargis (Tannishtha Chatterjee) engagierte Umweltaktivistin, und die ehemalige Spitzenstudentin Pam (Pavleen Gujral) ist inzwischen Hausfrau. Umsorgt werden alle von Freidas Hausmädchen Laxmi (Rajshri Deshpande). Zwar verrät Freida ihren erstaunten Freundinnen noch nicht, wen sie heiraten wird, zum Feiern muss sie sie aber nicht überreden. Und während alle über die Identität des Bräutigams rätseln, beginnen die sieben jungen Frauen wild und ausgelassen über Gott und die Welt zu philosophieren – über Männer, Sex und ihre Karrieren, über ihre kleinen Geheimnisse, Sehnsüchte und Ängste. Je mehr sie dabei von sich offenbaren, desto klarer wird ihnen, dass sie alle vom Leben nicht das bekommen haben, was sie
sich erhofft hatten. Eigentlich hatte ihnen die Welt offen gestanden, in einem Land, in dem Traditionen und Männer das Sagen haben, sind ihre Träume aber irgendwann auf der Strecke geblieben. Sieben Frauen, die wütend sind – und die gemeinsam Pläne schmieden, wie sie ihr bisheriges Leben ändern können. Doch sie ahnen nicht, dass ihre Gemeinschaft durch ein dramatisches Ereignis schon bald auf ganz andere Weise herausgefordert wird. Mit „7 Göttinnen“ präsentiert Pan Nalin – der mit seinem Film Samsara einen Welterfolg feierte – ein mitreißendes „weibliches Buddy-Movie“. Was zunächst wie die indische Antwort auf Filme wie „Brautalarm“ aussehen mag, entwickelt sich zu einer wilden Achterbahnfahrt der Emotionen und zu einem starken und bewegenden Statement, das nicht nur „gleiches Recht für alle“ einfordert, sondern auch für die Kraft von Freundschaft und Zusammenhalt und das Festhalten an eigenen Überzeugungen steht. In den Fokus seines Films rückt Pan Nalin dabei sieben junge Frauen, die althergebrachte Traditionen und Gesellschaftsstrukturen herausfordern und angreifen und jenseits aller Klischees und Vorurteile ein neues und modernes Indien im Aufbruch repräsentieren.
© Foto: Filmladen
7 GÖTTINNEN, KINOSTART 17.06. IND 2015. REGIE Pan Nalin MIT Sarah-Jane Dias, Rajshri Deshpande, Sandhya Mridul
Actor‘S STUDIO Tuchlauben 13, 1010 Wien Tel.: 533 52 32
14 I 15 69. Filmfestspiele CANNES
CANnES 2016 in ar wieder live „Lichtspiele“ w Sten öS gr die gt zei Cannes dabei und l-special. festiva stars in unserem
© Foto: Katharina Sartena
greuling Text: matthias Sartena Fotos: Katharina
Marion Cotillard ist Frankreichs größtern Star. Sie war mit zwei Filmen in Cannes vertreten.
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© Fotos: Katharina Sartena
69. Filmfestspiele CANNES
Göttin des roten Teppichs: Julia Roberts war zum allerersten Mal überhaupt in Cannes
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enn man in Cannes über die Croisette oder die Rue d’Antibes schlendert, erinnert nichts an das, worum es hier bei der Verleihung der Goldenen Palme eigentlich ging: Denn all die wohlversorgten älteren Damen mit ihren Botox-Lippen und den kleinen Handtaschenhunden, aber auch die Ferrari-Herren mit Monaco-Kennzeichen, Schläfenfärbung und Bauchansatz oder die jungen Frauen, die sich nach der Croisette-Methode ernähren (Essen-Übergeben) können nur annähernd nachvollziehen, wie es dem Gewinner dieses Festivals geht: Ken Loach, demnächst 80, hat hier mit „I, Daniel Blake“ zum zweiten Mal nach 2006 die Goldene Palme gewonnen, und ja, es war ein Sozialdrama, das im Licht der Croisette immer noch wohliger aussieht als in der beinharten Rea-
lität seiner Protagonisten. Doch die Jury rund um den Regisseur George Miller („Mad Max: Fury Road“) hat sich dafür entschieden. Es geht um den bald 60-jährigen Daniel Blake, verkörpert vom Neo-Schauspieler und Stand-Up-Comedian Dave Johns, der seinen Tischlerberuf nach einem Herzinfarkt nicht mehr ausüben kann, und dem die Ämter nur zwei Monate Genesungszeit geben. Dann macht er Bekanntschaft mit den Sozialbetrieb, in dem er völlig durch den Rost zu fallen droht. „I, Daniel Blake“ ist ein Pamphlet gegen die soziale Bürokratie und spielt in Großbritannien. Aber das könnte sonst wo sein in Europa. Loach bedankte sich für den Preis mit einer emotionalen Rede: „Die Welt, in der wir leben, ist in einer gefährlichen Situation, weil die Ideen, die wir ‚neo-
Im Uhrzeigersinn von oben links: Woody Allen mit seinen Stars Blake Lively (l.) und Kristen Stewart bei der Eröffnung des Festivals mit „Café Society“. Susan Sarandon schaute auch vorbei. Jessica Chastain verblüffte in einem gelben Kleid. Steven Spielberg stellte in Cannes den Fantasy-Kinderfilm „The BFG“ vor.
liberal‘ nennen zu einer Katastrophe führen“, so Loach. „Eine andere Welt ist möglich und sogar notwendig“, zeigte sich Loach in seiner auf Französisch gehaltenen Ansprache überzeugt. Der Hauptpreisträger der 69. Film-
festspiele an der Croisette kam überraschend, nachdem man hier etliche Tage für eine Prämierung des deutschen Wettbewerbsbeitrags „Toni Erdmann“ Stimmung gemacht hatte: Maren Ades Film über eine Business-Frau in Buka-
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© Fotos: Katharina Sartena
69. Filmfestspiele CANNES
Oben: Der Cannes-Sieger der Herzen - Maren Ades (Mitte) „Toni Erdmann“ mit Sandra Hüller (l.) und Peter Simonischek. Links: George Clooney kam mit Ehefrau Amal. Unten: Ryan Gosling und Russell Crowe zeigten die „Nice Guys“ außer Konkurrenz.
rest (Sandra Hüller), deren Vater (Peter Simonischek) ihr die Augen für ihren menschenverachtenden Job öffnen will, ging gänzlich leer aus. Obwohl Ade mit allerlei dramaturgischen Klischees hantierte und Hüller in der Rolle gänzlich überzeugt, war das der Jury keinerlei Erwähnung wert. Als beste Darstellerin holte stattdessen die Philippinerin Jaclyn Jose die Trophäe. Die 52-Jährige erhielt den Preis für ihre Leistung in dem AntiKorruptionsdrama „Ma‘ Rosa“ von Brillante Mendoza, einer der stärksten Filme dieses Wettbewerbs. Er arbeitet sich an einer Gemischtwarenhändlerin ab, die im Hinterzimmer Drogen verkauft - und festgenommen wird. Dann beginnt das Feilschen: Ist die Polizei korrupt genug, um Ma’ Rosa freizulassen?
Der Regiepreis wurde heuer ex aequo an zwei Filmemacher vergeben. So wurden der Franzose Olivier Assayas für seinen Film „Personal Shopper“ mit Kristen Stewart und der Rumäne Cristian Mungiu für „Bacalaureat“ als beste Regisseure geehrt. Letzterer gewann in Cannes schon 2007 eine Goldene Palme. Sowohl Mungiu als auch Assayas sind würdige Preisträger, auch, wenn man sie nicht wirklich auf dem Plan hatte - genauso wenig wie den Siegerfilm. Was die Gewinner gemein haben, ist ihr Wille zur Schilderung großer Themen anhand kleiner Schicksale. Ähnlich wie der Iraner Asghar Farhadi, dessen „A Separation“ bereits in Berlin gewann und der nun mit „The Salesman“ in Cannes eine intensive, mitreißende Geschichte vorlegte, die im Wettbewerb ihresgleichen suchte. Farhadi, der den Drehbuchpreis erhielt, animiert Darsteller Shahab Hosseini zu einer subtilen Höchstleistung, sodass dieser hier den Darstellerpreis abräumen konnte. Völlig zurecht wurde dieser Film zweifach ausgezeichnet: Farhadi ist ein Spezialist dafür, in die iranische Gesellschaft zu blicken, ohne dabei zwingend politisch anklagend zu wirken; das schärft paradoxerweise die zwar nüchterne, aber zutiefst kritische Sicht auf seine Gesellschaft. Bleibt noch der 27-jährige Xavier Dolan aus Quebec, Kanada: Er hielt die emotionalste Dankesrede von allen, weil er den Großen Preis der Jury für seine Theateradaption „Juste la fin du monde“ entgegennehmen durfte. Der als Wunderkind der Branche gehandelte Kanadier betonte unter Tränen: „Alles, was wir im Leben tun, tun wir, um geliebt und akzeptiert zu werden.“ Er werde sein ganzes Leben lang Filme drehen - ob er wolle oder nicht: „Ich bevorzuge den Wahnsinn der Leidenschaft gegenüber der Weisheit der Gleichgültigkeit.“
Dolans Leidenschaft verdeckt aber nicht, dass das 69. Filmfestival von Cannes heuer einige großartige Arbeiten unberücksichtigt ließ: Etwa „Sieranevada“ des Rumänen Cristi Puiu, der sich darin nach „The Death of Mr. Lazarescu“ und „Aurora“ zum dritten Mal an die Stadtränder Bukarests begibt, wo er in knapp drei Filmstunden und in gemächlicher Schnittfolge von einer Familie und Freunden erzählt, die sich in einem Apartment treffen, um dort das Andenken an das kürzlich verstorbene Familienoberhaupt hochzuhalten. Kein Crowd-Pleaser, aber Qualitäts-Kino, ebenso wie „Aquarius“ von Kleber Mendonca Filho, der ein exemplarisches Kaleidoskop der gegenwärtigen brasilianischen Gesellschaft vorführt, oder Jim Jarmuschs „Paterson“ mit Adam Driver als Busfahrer und Hobbyliteraten, Park Chan-wooks sublimen Thriller „The Handmaiden“ und das Hochglanz-Fashion-Horrorstück „The Neon Demon“ des Dänen Nicolas WInding Refn. Cannes war immer schon ein Festival der Kontraste: Die zur Schau gestellten Filme korrespondierten in den seltensten Fällen mit den Realitäten auf der Straße: Im Kino regiert hier die Armut, auf den Straßen Protz und Prunk. Das kann eben auch Kino sein, man muss nur genau hinsehen: All der Prunk in den Autos und den Gesichtern der Bewohner weicht langsam einer Erkenntnis, die sich universeller, gesünder und auch richtiger anfühlt: Man braucht den schönen Schein nicht, um emotional gepackt zu werden: Dazu braucht es nur unverblümte Wahrheit. Insofern geht die Goldene Palme für Ken Loach völlig in Ordnung. Der Mann beherrscht seinen Job.
ALLE CANNES-SIEGER Noch mehr Geschichten rund um die Berlinale unter festivalier.blogspot.com
20 I 21 IMAX APOLLO DONAUPLEX
imax-hits im juni neue Filme, die in den wiener Kinos apollo und donauplex in bester imax-qualität gezeigt werden.
© Disney
Foto: © Fox
© Fox
ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN Als Lewis Carroll sein Buch „Alice im Wunderland“ 1865 erstmals veröffentlichte, fand es faszinierte Leser auf der ganzen Welt. Angesiedelt in einer eigenartigen Welt voller ungewöhnlicher Figuren, veränderte das Buch die Kinderliteratur für immer. Sechs Jahre später ließ Carroll dem Erfolg die Fortsetzung „Alice hinter den Spiegeln“ folgen. Damit festigte er seinen Ruf als einer der produktivsten Schriftsteller der Welt. „Alice im Wunderland: Hinter den Spiegeln“ vereint sämtliche Stars des Blockbusters von 2010. Zu ihnen gehören Johnny Depp, Anne Hathaway, Mia Wasikowska, Matt Lucas und Helena Bonham Carter. Neue Figuren werden von Rhys Ifans und Sacha Baron Cohen gespielt. Seit 26.05. im Kino.
ICE AGE - KOLLISION VORAUS Sie sind wieder da, die Stars der Ice Age-Filme: Scrat stößt bei seiner endlosen Jagd nach der unerreichbaren Nuss in neue Dimensionen vor. Er wird ins Universum katapultiert, wo er versehentlich kosmische Kettenreaktionen auslöst, in deren Folge die Gefahr besteht, dass sich die Ice Age-Welt verändert oder gar zerstört wird. Sid, Manny, Diego und der Rest der Herde verlassen notgedrungen ihre Heimat und begeben sich auf eine Reise voller Spaß und Abenteuer. Dabei durchqueren sie exotische Länder und begegnen einer Vielzahl von neuen schillernden Charakteren. Ab 30.06. im Kino
APOLLO - DAS KINO Gumpendorferstraße 63, 1060 Wien Tel.: 587 96 51
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english cinema in vienna
ARTIS ENGLISH CINEMA
© Constantin (2); Warner
EVERYBODY WANTS SOME! JUNE 3
THE NICE GUYS JUNE 3
USA 2016. Directed by Richard Linklater. Starring Blake Jenner, Tyler Hoechlin Linklaters follow-up to „Boyhood“: A group of college baseball players navigate their way through the freedoms and responsibilities of unsupervised adulthood.
USA 2016. Directed by Shane Black. Starring Russell Crowe, Ryan Gosling Set against the backdrop of 1977 Los Angeles, The Nice Guys opens when single father and licensed PI Holland March (Gosling) is hired to investigate the apparent suicide of famous porn star Misty Mountains. As the trail leads him to track down a girl named Amelia (Qualley), he encounters less licensed and less hands-off private eye Jackson Healey (Russell Crowe) and his brass knuckles, both hired by the young hippie. However, the situation takes a turn for the worse when Amelia vanishes and it becomes apparent that March wasn‘t the only party interested. As both men are forced to team up, they‘ll have to take on a world filled with eccentric goons, strippers dressed as mermaids and even a possible government conspiracy.
THE CONJURING 2 JUNE 17 USA 2016. Directed by James Wan. Starring Vera Farmiga, Patrick Wilson Lorraine and Ed Warren travel to north London to help a single mother raising four children alone in a house plagued by malicious spirits.
ARTIS INTERNATIONAL Schultergasse 5, 1010 Wien Tel.: 535 65 70
kinoprogramm Das aktuelle Kinoprogramm mit den genauen Beginnzeiten entnehmen Sie bitte cineplexx.at und den Tageszeitungen. Alle Angaben ohne Gewähr. VOR DER MORGENRÖTE (Seite 4)
URANIA
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ACTORS
AB 24.06.
MIRKO & SPRIT (Seite 8)
URANIA/VILLAGE
AB 24.03.
EVERYBODY WANTS SOME! (Seite 10)
ACTORS
AB 03.06.
7 GÖTTINNEN (Seite 12)
URANIA
AB 25.03.
ALICE IM WUNDERLAND: HINTER DEN SPIEGELN (Seite 20)
APOLLO/DONAUPLEX
SEIT MAI
ICE AGE - KOLLISION VORAUS! (Seite 21)
APOLLO/DONAUPLEX
SEIT FEB.
© Filmladen
VORSCHAU AUF DIE NÄCHSTE AUSGABE (erscheint anfang JULI 2016):
„Toni Erdmann“ von Maren Ade, mit Peter Simonischek (Kinostart: 15.07.2016)
Erreichbarkeiten ACTOR’S studio Tuchlauben 13, 1010 Wien, Tel.: 533 52 32 Öffentlich: Linie U1 und U3 bis Stephansplatz H Bus 1A, 2A und 3A APOLLO - DAS KINO Gumpendorferstraße 63, 1060 Wien, Tel.: 587 96 51 Öffentlich: U3 Neubaugasse / U4 Pilgramgasse, Bus 13A, 14A 57A Gumpendorferstr. ARTIS international Schultergasse 5, 1010 Wien, Tel.: 535 65 70 Öffentlich: Linie U1 oder U3 Stephansplatz H Bus 1A, 2A oder 3A Hoher Markt URANIA kino Uraniastraße 1, 1010 Wien, Tel.: 715 82 06 Öffentlich: Linie U1 und U4 Schwedenplatz H Straßenbahn 1, 2, N Julius-Raab-Platz VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE Landstraßer Hauptstr. 2a, 1030 Wien, Tel.: 24240-418 Öffentlich: U4/U3 Landstr., Straßenbahn O, S1, S2, S3, S5 - S9, S15, Wien Mitte, Bus 74A.