Lichtspiele Magazin November 2012

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kino und film im herzen wiens

licht spiele nr. 75 eur 0.5

november 2012

love is all you need

PIERCE BROSNAN LIEBT TRINE DYRHOLM

programmtipps von apollo, artis, actors, urania und village cinemas wien mitte kino



licht spiele NOVEMBER 2012

URANIA Argo

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Love Is All You Need

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Oh Yeah, She Performs!

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Bis zum Horizont, dann links!

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In ihrem Haus

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VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE Cold Blood

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APOLLO - DAS KINO Skyfall

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ARTIS international English Cinema in Vienna

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Kinoinformation Kinoprogramm & Erreichbarkeiten

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AUF UNSEREM COVER

„Love Is All You Need“ (Filmladen) Impressum Lichtspiele erscheint acht Mal jährlich wienweit bei Werbeagentur Matthias Greuling, Anningerstrasse 2/1, 2340 Mödling, Österreich. Telefon: +43 664 462 54 44 Fax: +43 2236 23 240 E-mail: lichtspiele@kabelplus.at. Internet http://programmkino.cineplexx.at. VERTRIEB in folgenden Wiener Kinos: Actor’s Studio, Artis International, Urania Kino, Apollo Kino, Village Cinemas Wien Mitte, sowie in 160 Wiener Szenelokalen, traditionsreichen Cafés und Pubs. Herausgeber & Chefredakteur: Matthias Greuling. Mitarbeiter dieser Ausgabe: Anna Wollner Grafik & Produktion: Werbeagentur Matthias Greuling. Fotos: Filmverleiher. Printed in Austria. Die Beiträge geben in jedem Fall die Meinung der AutorInnen und nicht unbedingt jene der Redaktion wieder. Grundsätzliche Richtung der Zeitschrift: Lichtspiele informiert über aktuelle Kinofilme und DVD-Releases Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung der Redaktion und Quellenangabe. © 2012 by Werbeagentur Matthias Greuling

EIN CAFÉ MIT BEN AFFLECK Ben Affleck über „Argo“, seine dritte Regiearbeit, die schon jetzt zu den Oscar-Favoriten 2013 gezählt wird (siehe Seite 4) Mr. Affleck, wie kamen Sie zu diesem Projekt? Als ich das erste Mal von dem Skript gehört habe, habe ich einfach behauptet, ich hätte zu dem Thema promoviert. Klar, ich hab ein paar Hausarbeiten über die iranische Revolution geschrieben, die ich jetzt, mit dem nötigen Abstand und einer gewissen Reife als ziemlichen Müll bezeichnen würde, aber eine Promotion war schon ziemlich weit hergeholt. Ich habe mein Studium ja noch nicht mal abgeschlossen. Aber die Möglichkeit, über das Thema einen Film zu machen, war einfach zu verlockend. Man traut Ihnen schon einen Oscar für „Argo“ zu... Ich bin wirklich sehr stolz auf „Argo“. Bei meiner Filmografie ist das ja keine Selbstverständlichkeit. Aber es ist zu früh, um über die Oscars nachzudenken. Im Moment sorge ich mich eher darum, dass überhaupt jemand ins Kino kommen will. Echte Menschen – nicht nur Leute aus Hollywood, die über die Insiderwitze lachen. Menschen, die bereit sind, für ihr Ticket zu zahlen.

© Tuma

ACTOR’S studio


© Warner

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Ben Affleck ist Regisseur und Hauptdarsteller in „Argo“


AFFLECK AUF OSCAR-KURS BEN AFFLECK tischt uns in seiner dritten Regiearbeit eine unglaubliche, aber wahre Geschichte auf und zeigt ein überaus geschicktes Händchen für Timing. Insider erwarten bereits den groSSen Oscar-Regen für „Argo“.

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s ist auf den ersten Blick eine so unglaubliche Geschichte, dass sie nicht wahr sein kann – und im Idealfall von Hollywood erfunden wurde. Aber – das wird bei Ben Afflecks „Argo“ schon im Vorspann klar – so kreativ war noch nicht mal die Traumfabrik. Was Affleck hier in seiner dritten Regiearbeit erzählt, beruht auf einer wahren Begebenheit, einer freigegebenen Geheimakte des CIA. Und ist gerade deswegen vielleicht noch unglaublicher. Argo erzählt von der Geiselnahme in der amerikanischen Botschaft in Teheran am 4. November 1979, auf dem Höhepunkt der iranischen Revolution. Aber nur am Rande. Denn während 52 Botschaftsmitarbeiter 444 Tage in Haft waren, gelang sechs Mitarbeitern die Flucht. Sie verschanzten sich ARGO, KINOSTART 09.11. USA 2012, REGIE Ben Affleck. MIT Ben Affleck, Bryan Cranston, Taylor Schilling, Kyle Chandler, John Goodman

in der kanadischen Botschaft, waren als sogenannte Hausgäste willkommen. Da die Aktenvernichtung vor der Erstürmung iranischer Revoluzzer nicht abgeschlossen werden konnte, war es nur eine Frage der Zeit, bis den Geiselnehmern auffiel, dass sechs Amerikaner fehlten. Für das Leben aller Beteiligten ungünstig. Der CIA-Agent Tony Mendez – gespielt von Affleck selbst, ganz im 70er-Look mit Vollbart und Cordjacket – sollte die entflohenen Geiseln aus dem Iran holen. Dafür entwickelte er einen unglaublichen Plan. Mit einem erfundenen Filmprojekt, das selbst in Hollywood vorgestellt wurde, sollten die Hausgäste als Filmcrew auf Locationsuche das Land verlassen. Der Film dahinter: „Argo“, ein ScienceFiction Fantasyabenteuer mit MondURANIA KINO Uraniastr. 1, 1010 Wien Tel.: 715 82 06


© Warner

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landschaften, Wüsten und exotischen Drehorten, eine filmische Konkurrenz zu „Star Wars“. Das ganze Projekt musste Hand und Fuß haben, Werbeanzeigen in den Branchenblättern von Hollywood, szenische Lesungen aus dem Drehbuch in vollem Kostüm, ein Produzent, der auf den Tisch haute und sagte: „ Wenn ich einen fingierten Film drehe, wird es ein fingierter Kassenknüller!“ SATIRE  „Argo“ ist nicht nur ein packender Politthriller. Es ist Geschichtsstunde und bissige Hollywoodsatire zugleich. Afflecks Ruf als Regisseur, das ist schon seit dem oscarnominierten „The Town“ kein Geheimnis mehr, ist fast schon besser als der als Schauspieler. Der Showdown fast schon gelassen, unspektakulär – zum Glück. Hier wird kein amerikanisches Heldenstück erzählt; der Ruhm gehörte den Kanadiern, denn die USA durften offiziell von der ungewöhnlichen Be-

freiungsaktion nichts wissen und vor allem nicht darüber sprechen. Affleck beweist also nicht nur ein Händchen für ein reduziertes Timing, er hat auch ein Gespür für Humor. Zum Beispiel, wenn Alan Arkin als verbissener Produzent Lester Siegel und John Goodman als oscarprämierter MakeUp Artist John Chambers in einer nervenaufreibenden Parallelmontage die eigenen Studios nicht überqueren können, weil ein schlechtes B-Movie gedreht wird – Anspielungen wie diese liebt Hollywood. Referenzen auf sich selbst, wie sie letztes Jahr auch „The Artist“ zuhauf bot. Nicht zu unrecht wird „Argo“ daher schon für die kommende Awards Season gehandelt. Und endlich wünscht man sich bei einem Film auch mal eine Fortsetzung. „Argo 2“ – die Verfilmung des zusammengeschusterten Science-Fiction-Streifens im Nahen Osten. Verwundern würde es nicht. Anna Wollner


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URANIA – AB 23.11.

„ich finde, Die zeit ist reif für komödien“ SUSANNE BIER im gespräch über ihre romanze „Love is all you need“ mit Pierce Brosnan und trine dyrholm

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usanne Bier ist seit ihrem Oscar für „In einer besseren Welt“ (Bester fremdsprachiger Film 2011) eine ziemlich umworbene Filmemacherin im (Unterhaltungs-) Kino - doch die ihr angebotene USStangenware will sie nicht verfilmen. Stattdessen hat sie sich als Nachfolgeprojekt eine romantische Komödie mit dramatischen Faktoren erwählt; Krebs spielt eine Rolle, und - als Quotenbringer - der immer noch smarte Pierce Brosnan als Objekt der Begierde von Biers weiblicher Hauptfigur. Lichtspiele traf die dänische Regisseurin zum Gespräch. Lichtspiele: Frau Bier, in „Love Is All You Need“ erzählen Sie eine romantische Komödie, nicht aber ohne Schwere. Die Hauptfigur leidet an Brustkrebs. Das ist nicht zum Lachen. Susanne Bier: Der Film beginnt mit einer Frau, die mehr oder weniger alles im Leben verloren hat. Sie steckt mitten in ihrer Krebsbehandlung, sie weiß nicht, ob sie die Krankheit überleben wird, ihr Mann hat eine Affäre mit einer blonden Vollbusigen, während sie durch die Chemo alle Haare verloren hat und durch den Krebs beide Brüste. Pierce Brosnan ist dann der

Mann, der ihr Herz erobern wird, und sie auch seines. Mit wem will man denn in so einer Situation sonst zusammenkommen? Natürlich wünscht man sich einen smarten James Bond an seiner Seite! Das Schöne an romantischen Komödien ist ja nicht, dass es am Ende eine Überraschung gibt, wer mit wem zusammenkommt. Das weiß man schon von Beginn an. Das Schöne ist vielmehr der Weg dorthin. Also das „Wie“. Interessant ist, dass der internationale Titel Ihres Films ganz anders lautet als der dänische… Ich werde gekillt, wenn ich das verrate, aber ich sage es trotzdem: Unterschiedliche Verleiher in verschiedenen Ländern dachten, dass mein favorisierter Titel für den Film, „The Bold Hairdresser“ (Die glatzköpfige Friseuse), zu abschreckend sei. Für mich war es aber der ideale Titel, denn einerseits kann man damit schon im Titel das Thema Krebs vermitteln, zugleich klingt es aber auch nach Komödie, nach etwas, über das man Schmunzeln kann. In Dänemark kommt der Film übrigens unter diesem Titel heraus. Haben sich nach Ihrem Oscar 2011 für Ihr Drama „In einer bes-


© Filmladen

Annäherung in Italien: Pierce Brosnan erwärmt sich sehr für Trine Dyrholm

seren Welt“ Ihre Karriereentscheidungen verändert? Ich treffe die Entscheidungen über meine Projekte immer aus dem Bauch heraus, ich denke darüber nicht nach. Eine Geschichte muss mich packen. Ich habe nie aus Karrieregründen gedacht, jetzt solltest du vielleicht einmal diesen oder jenen Film machen, weil es dir nützt. Insofern habe ich nach dem Oscar nicht daran gedacht, diese Aufmerksamkeit für meine Person zu nutzen. Früher hatte ich manchmal nach dem Kopfprinzip entschieden, und es waren meistens LOVE IS ALL YOU NEED, KINOSTART 23.11. DK/S/F/I/D 2012, REGIE Susanne Bier. Mit Pierce Brosnan, Trine Dyrholm, Kim Bodnia

desaströse Entscheidungen. Das tue ich nicht mehr. Warum also nun eine romantische Komödie? Ich denke, die Zeit ist reif für gute Komödien. Ich meine, sehen Sie sich um, die Krise hat vielen Menschen ihren Alltag erschwert, zu Lachen gibt es momentan nicht viel. Und da sind gut gemachte Komödien doch eine nette Abwechslung. Wobei ich nichts von diesen romantischen Komödien halte, in denen einem zwei 25-jährige, gut aussehende Menschen in Designerkleidern, tollen URANIA KINO Uraniastr. 1, 1010 Wien Tel.: 715 82 06


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Susanne Bier (links) mit Brosnan und Dyrholm beim Filmfestival Venedig

Autos und Top-Jobs die große Liebe vormachen. Das finde ich zutiefst langweilig. Hingegen finde ich Filme toll, die eine gewisse Hoffnung transportieren und sich auch nicht scheuen, auf eine sanfte Art mit wirklich furchterregenden Themen wie Krebs umzugehen. Deshalb habe ich diesen Film gemacht. Der Oscar steht ja schon auf Ihrem Regal, der Erfolgsdruck ist also erst mal weg, oder? Ohne Zweifel hat das Druck von mir genommen, und ich habe mir auch kurz überlegt, ob ich nun die Chance auf wirklich große Holly-

woodfilme wahrnehmen soll. „Love Is All You Need“ hatte ich schon geplant, bevor ich den Oscar bekam, und ich glaube, es ist nicht gut, wenn man den eingeschlagenen Weg, den man für richtig hält, plötzlich verlässt, nur weil man eine Auszeichnung wie den Oscar bekommt. Welche Angebote hatten Sie nach dem Oscar denn erhalten? Man bekommt natürlich Angebote, manche klingen interessant, manche weniger. Ich habe mittlerweile auch einen Film in den USA gedreht, gleich nach „Love Is All You Need“, aber ich wollte keinesfalls


dieses Projekt hintanstellen, um die erste Gelegenheit beim Schopf zu packen. Sehen Sie, ich sitze ein bisschen zwischen den Stühlen. In Hollywood würde man jeden Film, den ich mache, als Arthaus bezeichnen. In meiner Heimat Dänemark gelte ich dagegen als Mainstream-Regisseurin. Das ist eine Art von Niemandsland, in dem ich operiere. Es ist also nicht so, dass man mir in den USA eine ganze Reihe von Actionfilmen anbieten würde, in denen es nur Verfolgungsjagden gibt. Glauben Sie nicht, dass Sie Verfolgungsjagden inszenieren könnten?

Ich weiß nur, dass ich jedes Mal, wenn ich einen Actionfilm sehe, in dem eine Verfolgungsjagd stattfindet, nur darauf warte, dass die ihre Autos abstellen und zu reden beginnen. Was halten Sie eigentlich von solchen Dingen wie die Quotenregelung für Frauen in der Filmbranche, so wie es in Schweden gemacht wird? Ich glaube nicht an Quoten. Das ist doch widersprüchlich. Ich würde es hassen, wenn ich die Regisseurin bin, die einen Film machen darf, weil es die Quote gerade erfordert. Bei Lars von Triers Produktionsfirma Zentropa, die ihren Film hergestellt hat, gibt es angeblich gleich viele Männer wie Frauen bei den Mitarbeitern. Das Ganze hat andere Ursachen. Der Grund, weshalb es in Dänemark verhältnismäßig viele weibliche Regisseure gibt, ist unser gutes Kinderbetreuungs-System. Wirklich. Viele Frauen in einem gewissen Alter haben nämlich das Gefühl, sich für irgendetwas entscheiden zu müssen. Kind oder Job? Es gibt in der Gesellschaft einen großen Druck auf Frauen, die Maßstäbe an eine „gute Mutter“ sind hoch. Als Regisseurin muss es schrecklich schwierig sein, wenn man diesen anstrengenden Beruf ausübt und zugleich Kinder hat. Die Antwort ist also wirklich primitiv, aber es ist tatsächlich so: Wenn man mehr Kinderbetreuungsplätze schafft und auch über die wirkliche Rolle der Frau in der Gesellschaft debattiert, dann würde sich die Arbeitssituation vieler Frauen rapide verbessern. Interview: Matthias Greuling


Actor´s Studio – AB 09.11.

© Fotos: Polyfilm

Musik-begeistert MIRJAM UNGER hat mit „oh yeah, she performs“ eine doku über österreichische musikerinnen gedreht

haben, die aber auch mit den Alltagsproblemen zwischen Proberaum und Mutterschaft fertig werden müssen. Gustav, Clara Luzia, Teresa Rotschopf und Luise Pop heißen die Künstlerinnen, die Unger eineinhalb Jahre mit ihrer Kamera begleitet hat. Lichtspiele: Woher kam der Drang, von weiblichen Musikerinnen zu erzählen? Mirjam Unger: Ich habe mich sehr intensiv mit der österreichischen Musikszene auseinandergesetzt, allein schon aufgrund meiner mittlerweile

© Filmladen

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as geht eigentlich in einer Musikerin vor, bevor sie auf die Bühne tritt? Mit welchen Schwierigkeiten hat eine Künstlerpersönlichkeit zu kämpfen, wenn es ihr nicht um Quote, sondern um Qualität geht, in einem Business, das kreativen Künstlern einen immer kleineren Raum bietet, zugunsten rasch produzierter Einheitsware? Regisseurin Mirjam Unger („Wiens verlorene Töchter“) widmet sich in ihrem neuen Dokumentarfilm „Oh Yeah, She Performs“ vier jungen Frauen, die ihr Lebensglück in der Musik gefunden


20-jährigen Radiotätigkeit. Mir ist dabei aufgefallen, dass es bei den Lineups auf Konzerten und Festivals immer bloß eine weibliche Band, oder eine DJane gab, und sie wurden alle als Einzelkämpferinnen dargestellt. Dabei gibt es seit gut zehn Jahren eine Art Aufbruchstimmung, gerade bei den weiblichen Musikern. Das hat sicher viel mit den neuen technischen Möglichkeiten zu tun: Jeder kann Musik selber machen, auch zu Hause. Das ist ein internationales Phänomen, das auch immer wieder Thema meiner Radioarbeit war. Was unterscheidet den Zugang ihrer Protagonistinnen zur Musik von jenem ihrer männlichen Kollegen? Der große Unterschied zwischen weiblichen und männlichen Musikern ist – und das sieht man schön im Film – dass es dann plötzlich Kinder gibt, oder schwangere Sängerinnen, die dann alles regulierter machen müssen, mit begrenzten Probezeiten, Babysitter-Verhandlungen mit dem Partner – alles Dinge, die mit dem Rock’n’Roll zusammentreffen. Ansonsten arbeiten die Frauen an ihren Mikrofonen genauso hart wie ihre männlichen Kollegen. Was gefällt, ist die Offenheit der Protagonisten in Ihrem Film. Ja, besonders bei Clara Luzia, die im Film in einer Großaufnahme ihre Schnittwunden an den Unterarmen OH YEAH, SHE PERFORMS, KINOSTART 09.11., Ö 2012, REGIE Mirjam Unger Musik-Dokumentarfilm

Regisseurin Mirjam Unger kennt die heimische Musikszene durch ihre Tätigkeit als Moderatorin bei FM4 genau

zeigt. Das hat sie gar nicht gestört, denn sie ist einer der offensten Menschen, die ich kenne, sie ist immer authentisch, egal, ob auf der Bühne, im Studio oder bei Interviews. Sie steht zu sich, und die Schnitte an ihrem Arm sind Teil ihrer Biografie. Ehrlichkeit und Aufrichtigkeit sind, glaube ich, wichtig im Musikerberuf. Haben Sie eine Meinung zu „Pussy Riot“? Als ich hörte, dass sie zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurden, habe ich kurz überlegt, ob ich ihnen den Film widmen soll. Denn sie sind als Frauen auf die Barrikaden gestiegen, und haben mit ihren kritischen Texten und ihrer Aktion in der Kirche einen politischen Protest formuliert. Was mit ihnen geschehen ist, ist unfassbar. Interview: Matthias Greuling

Actor‘S STUDIO Tuchlauben 13, 1010 Wien Tel.: 533 52 32


„Bis zum horizont und dann links“: Die bewohner eines seniorenheims brechen aus

© Stadtkino

Actor´s Studio – AB 16.11.

letzte chance sehnsucht

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ie stolze Annegret Simon (Angelica Domröse) ist neu im Seniorenheim. Ihr bekommt der Tapetenwechsel nicht besonders. Und das zu recht, weiß Herr Tiedgen (Otto Sander), der ebenfalls lieber allein als betreut wohnen würde. Bewegungstherapie und Lesenachmittage sind für ihn der Inbegriff der Langeweile. Als die Bewohner des Seniorenheims zu einem Rundflug im Propellerflugzeug geladen werden, hat Tiedgen eine Idee, mit der er die schöne Annegret zu beeindrucken hofft. Kaum ist die Maschine in der Luft, verschwindet er im Cockpit und kommt kurz darauf als neuer Kapitän wieder heraus. Per demokratischer Abstimmung beschließt die Gruppe ihre eigene Entführung: ans Meer.

Ausbrechen wollen sie, frei sein, ihren Sehnsüchten und Träumen die vielleicht letzte Chance geben. Doch die Flugzeugentführung bleibt nicht unbemerkt. Während sich Presse und Polizei mit Spekulationen überschlagen, fliegen die Alten immer weiter Richtung Süden - bis ihnen der Treibstoff ausgeht. Komödie über das Altwerden, temporeich inszeniert von Bernd Böhlich. BIS ZUM HORIZONT, DANN LINKS!, KINOSTART 16.11., D 2011, REGIE Bernd Böhlich MIT Otto Sander, Angelica Domröse, Herbert Köfer

Actor‘S STUDIO Tuchlauben 13, 1010 Wien Tel.: 533 52 32



Actor´s Studio – AB 30.11.

fortsetzung folgt „In ihrem Haus“ von François Ozon ist ein geschickt verschachtelt erzählter genremix

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© Filmladen

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ach seinem letzten Film „Das Schmuckstück“, einer durchwegs leichtfüßigen, zugänglichen Komödie, ist François Ozon mit „In ihrem Haus“ nun wieder auf der Suche nach einem dramatischen Impetus. Vordergründig erzählt er das Spannungsfeld zwischen dem eher frustrierten Literaturlehrer Germain (Fabrice Luchini) und dessen 16-jährigen Schüler Claude (Ernst Umhauer) - während Germain eher verzweifelt versucht, den Jugendlichen die großen Dichter nahezubringen und sich nach Dienstschluss daheim durch die lausig geschriebenen Arbeiten seiner Schüler quält, bringt Claude eine neue Qualität ins Leben von Germain und seiner Frau Jeanne (Kristin Scott Thomas), einer mäßig erfolgreichen Galeristin. Claudes Aufsätze heben sich nämlich von denen seiner Mitschüler ab; er tischt Germain die Geschichte über einen seiner Mitschüler auf, dessen Vertrauen er unbedingt gewinnen will, um endlich in sein Haus eingeladen zu werden. Dort lebt der Mitschüler in einem kleinbürgerlichen Idyll mit Mutter (Emmanuelle

Seigner) und Vater, man kocht, isst, spielt Basketball und sieht gemeinsam fern. Claudes erklärtes Ziel ist, die Mutter für sich zu begeistern, ja, gar mit ihr eine Liebesbeziehung zu beginnen. Claude beendet jede seiner handgeschriebenen Folgen mit dem Satz „Fortsetzung folgt“, was Germains und Jeannes Neugier auf den Fortgang der Geschichte bald gehörig steigert. Dazwischen nimmt Germain seinen Schützling oft beiseite, um mit ihm über die weitere Handlung und die Dramaturgie zu sprechen - bald jedoch zieht Claude auch Germains und Jeannes Leben in die Geschichte mit ein, und „In ihrem Haus“


entwickelt sich Literaturdrama zum Suspense-Thriller. Die an sich fiktive Geschichte droht, außer Kontrolle zu geraten. „In ihrem Haus“ kann mal als Drama, mal als Komödie, mal als Krimi gelesen werden, und Ozon hat keinerlei Mühe, zwischen den Genres zu changieren. Darüber hinaus ist die scheinbar komplexe Konstruktion so kompliziert nicht: „In ihrem Haus“ ist eigentlich ein Film übers Filmemachen; wenn sich Claude mit Germain über die Entwicklung seiner Geschichte unterhält, ist das, als würde man einem Drehbuchautor und seinem Regisseur beim Diskutieren neuer Szenen lauschen. Ozon

hat damit den eigentlichen Prozess der Geschichtsfindung unverblümt in die Handlung seines Films verpackt, ja sie gar zum Teil der Handlung gemacht. Das ist, abgesehen von der vortrefflichen Besetzung des Stücks, vielleicht der raffinierteste Schachzug des großartigen Geschichtenmanipulators François Ozon. IN IHREM HAUS, KINOSTART 30.11., F 2012, REGIE François Ozon MIT Fabrice Luchini, Kristin Scott Thomas, Ernst Umhauer

Actor‘S STUDIO Tuchlauben 13, 1010 Wien Tel.: 533 52 32


© Sony Pictures

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APOLLO - DAS KINO – AB 01.11.


007 macht auf retro

„SKyfall“. das 23. bond-abenteuer überrascht mit retro-look und einem herausragenden javier bardem als daniel craigs gegenspieler. Im wiener apollo-kino in brillantem IMAX® zu erleben

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ames Bond ist zurück, und zwar ziemlich Retro: Abgesehen von der obligatorischen Action von der Opening-Sequenz auf einem fahrenden Zug bis zur U-Bahn-Action unterhalb Londons, bei der ein Zug einen Schacht tiefer kracht, hat Regisseur Sam Mendes viel Wert auf den Ur-Look der Reihe gelegt: Die kühle, eisern, aber nie herzlos geführte MI6-Ära der seit „GoldenEye“ (1995) diensthabenden Chefin M (Judi Dench) neigt sich dem Ende zu, auch, weil M sich in Fehler ihrer Vergangenheit verstrickt (und Judi Dench mit 78 verständlicherweise irgendwann aus der Bond-Reihe raus will). Was einst als Siegeszug gegen den MachoChauvinisten Bond gefeiert wurde, wird nun wieder in seinen Urzustand zurück versetzt. Bond ist ganz Mann und als solcher steigt man wahllos durch diverse Betten, säuft literweise Whisky und spürt Schusswunden erst kurz vor dem Koma. Dazu kommt ein Retro-Setting: Ja, das hölzern ausstaffierte Vorzimmer, der Kleiderständer, Miss Moneypenny und die gepols-

terte Tür zum Chef… Nur Bonds Hut fehlt noch. M steckt also in Schwierigkeiten, und Bond ermittelt gegen Silva, weil dieser eine Festplatte mit den Daten aller MI6-Agenten gestohlen hat, die er öffentlich zu machen droht. Terrorismus modern, via Youtube veröffentlicht. Die Schlagkraft des MI6 würde gen Null tendieren. Aber das geht natürlich nicht, weshalb Bond unterwegs ein zittriges, magersüchtig wirkendes und naives Häschen (Bérénice Marlohe) abschleppt, das ihn schnurstracks zu Silva führt. Und dieser Silva, das ist das wahre Goldstück von „Skyfall“ - schon lange gab es keinen 007-Gegenspieler mehr mit einer derartigen Extravaganza, wie sie Javier Bardem verkörpert. SKYFALL KINOSTART 01.11., GB/USA 2012, REGIE Sam Mendes MIT Daniel Craig, Judi Dench, Javier Bardem, Ralph Fiennes

APOLLO - DAS KINO Gumpendorferstraße 63, 1060 Wien Tel.: 587 96 51


VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE - AB 29.11.

AUF DER FLUCHT „COLD BLOOD“ heisst Stefan Ruzowitzkys neuer film - mit eric bana und olivia wilde in den hauptrollen

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it „Cold Blood - Kein Ausweg. Keine Gnade“ liefert Austro-Regiestar Stefan Ruzowitzky (Oscar für „Die Fälscher“) sein Hollywood-Debüt ab: Addison (Eric Bana) und seine Schwester Liza (Olivia Wilde) sind nach einem Casino-Überfall auf der Flucht im verschneiten Nirgendwo von Michigan. Nach einem Autounfall beschließen sie, sich zu trennen. Mitten in einem Blizzard wird Liza von Jay (Charlie Hunnam) aufgelesen, der - gerade aus dem Gefängnis entlassen - zum Haus seiner Eltern Chet (Kris Kristofferson) und June (Sissy Spacek) unterwegs ist. Zur gleichen Zeit schlägt sich Ad-

dison zu Fuß durch und hinterlässt eine blutige Spur, unberechenbar und gewaltbereit, eine Gefahr auch für Sheriff Becker (Treat Williams) und dessen Tochter und Deputy Sheriff Hanna (Kate Mara). Auch Addison führt der Weg zum Haus von Chet und June, die sich nichtsahnend auf das Thanksgiving-Wochenende vorbereiten. COLD BLOOD. KINOSTART 29.11., USA 2012, REGIE Stefan Ruzowitzky MIT Eric Bana, Olivia Wilde, Charlie Hunnam, Sissy Spacek

VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE Landstraßer Hauptstraße 2a, 1030 Wien Tel.: 242 40-418


ARTIS INTERNATIONAL - ENGLISH CINEMA IN VIENNA

english cinema in vienna

CLOUD ATLAS NOV 16

Š Fotos: Constantin; Warner; Sony

USA/D/HK 2012. Directed by Tom Tykwer, Andy & Lana Wachowski. Starring Tom Hanks, Halle Berry An exploration of how the actions of individual lives impact one another in the past, present and future, as one soul is shaped from a killer into a hero...

TWILIGHT BREAKING DAWN 2 NOV 22 USA 2012. Directed by Bill Condon. Starring Kristen Stewart, Robert Pattinson, Taylor Lautner Bella is enjoying her new life and new powers, after the birth of their daughter, Renesmee. Soon, however, their family bliss is threatened again, by a new menace. Vampire Irina believes a child like Renesmee could challenge the power and existence of the Volturi. As Irina rallies the Volturi to destroy this potential threat, Bella and the Cullens - together with any allies they can assemble - are preparing to fight a crucial, ultimate battle, to protect their family.

SKYFALL NOV 1 USA/GB 2012. Directed by Sam Mendes. Starring Daniel Craig, Javier Bardem, Judi Dench 23rd Bond adventure: Bond‘s loyalty to M is tested as her past comes back to haunt her. ARTIS INTERNATIONAL Schultergasse 5, 1010 Wien Tel.: 535 65 70


ALLE FILME AUF EINEN BLICK

kinoprogramm

Das aktuelle Kinoprogramm mit den genauen Beginnzeiten entnehmen Sie bitte cineplexx.at und den Tageszeitungen. Alle Angaben ohne Gewähr. ARGO (Seite 4)

URANIA

AB 09.11.

LOVE IS ALL YOU NEED (Seite 8)

URANIA

AB 23.11.

OH YEAH, SHE PERFORMS! (Seite 12)

ACTORS

AB 09.11.

BIS ZUM HORIZONT, DANN LINKS! (Seite 14)

ACTORS

AB 16.11.

IN IHREM HAUS (Seite 16)

ACTORS

AB 30.11.

SKYFALL (Seite 18)

APOLLO

AB 01.11.

COLD BLOOD (Seite 20)

VILLAGE

AB 29.11.

ENGLISH CINEMA: SKYFALL, CLOUD ATLAS, TWILIGHT: BREAKING DAWN 2 (Seite 21)

ARTIS

AB NOV.

© Universal Pictures

Next Issue (erscheint anfang DEZEMBER 2012)

Keira Knightley als „Anna Karenina“ (Kinostart: 07.12. 2012)

Erreichbarkeiten ACTOR’S studio Tuchlauben 13, 1010 Wien, Tel.: 533 52 32 Öffentlich: Linie U1 und U3 bis Stephansplatz H Bus 1A, 2A und 3A APOLLO - DAS KINO Gumpendorferstraße 63, 1060 Wien, Tel.: 587 96 51 Öffentlich: U3 Neubaugasse / U4 Pilgramgasse, Bus 13A, 14A 57A Gumpendorferstr. ARTIS international Schultergasse 5, 1010 Wien, Tel.: 535 65 70 Öffentlich: Linie U1 oder U3 Stephansplatz H Bus 1A, 2A oder 3A Hoher Markt

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URANIA kino Uraniastraße 1, 1010 Wien, Tel.: 715 82 06 Öffentlich: Linie U1 und U4 Schwedenplatz H Straßenbahn 1, 2, N Julius-Raab-Platz VILLAGE CINEMAS WIEN MITTE Landstraßer Hauptstr. 2a, 1030 Wien, Tel.: 24240-418 Öffentlich: U4/U3 Landstr., Straßenbahn O, S1, S2, S3, S5 - S9, S15, Wien Mitte, Bus 74A.




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