Energie sparen, Teil 6

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Energie sparen

Teil 6 Energie der Zukunft


„Wir werden eine Modellregion mit umfassendem Energiepflanzenanbau sein, haben zahlreiche Geothermieanlagen und Windparks mit hoch leistungsfähigen Anlagen.“ Simone Peter, Saarländische Umweltministerin

Windenergie im Aufwind Agenda 2050: So könnte die Energieversorgung des Saarlandes in der Mitte dieses Jahrhunderts aussehen – Ministerin sieht Potenzial für Windenergieanlagen

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ie das Saarland in fünfzig Jahren aussehen wird? Umweltministerin Simone Peter: „Sauberer! Auf den meisten Dächern werden Photovoltaikanlagen glitzern, wir werden eine Modellregion mit umfassendem Energiepflanzenanbau sein, haben zahlreiche Geothermieanlagen und Windparks mit hoch leistungsfähigen Anlagen.“ Angesichts rückläufiger Energiereserven sind Alternativen unabdingbar. Einzig die Kohlevorräte reichen noch über 200 Jahre. Entsprechend hat sich die Bundesregierung den Ausbau der erneuerbaren Energien auf die Fahnen geschrieben: 30 Prozent der Stromerzeugung soll 2020 aus regenerativen Energien stammen. Einer Branchenprognose der Berliner Agentur für Erneuerbare Energien zufolge soll der Anteil in zehn Jahren sogar schon 47 Prozent betragen. Dabei wird Windenergie den größten Anteil haben – ein Viertel der Stromversorgung soll 2020 von Windkrafträdern kommen. Sonnenenergie und Bioenergie sollen jeweils rund sieben und neun Prozent der Stromproduktion ausmachen. Auch im Saarland wird der Ausbau der erneuerbaren Energien in den kommenden Jahren eine wichtige Rolle spielen. Denn mit einem Anteil regenerativer Energien am Stromverbrauch von gerade mal vier Prozent steht das Saarland auf einem der hintersten Plätze – gefolgt nur noch von Bremen und Berlin. Umweltministerin Peter

will nun die Windenergie ausbauen. Der Teilplan Wind innerhalb des Landesentwicklungsplans soll noch innerhalb des Jahres erstellt und das Land damit für den Neubau von Windenergieanlagen geöffnet werden. Dabei hat Peter auch ungewöhnlich Standorte – wie beispielsweise innerhalb des Waldes im Blick. Bürgerbeteiligungsprojekte oder Energiegenossenschaften sollen die Akzeptanz in der Bevölkerung erhöhen. Die allerdings ist nach einer Forsa-Umfrage von Ende des vergangenen Jahres zufolge gar nicht einmal so schlecht. Einem Solarpark in der Nachbarschaft würden 76 Prozent zustimmen, einer Windenergieanlage noch 55 Prozent. Doch nicht nur für Windanlagen sieht Simone Peter großes Potenzial: „Es gibt noch viele Flächen entlang der Autobahnen und Bahntrassen, aber auch viele private Hausdächer, die noch für Solaranlagen genutzt werden können.“ Auch in der Geothermie sieht die Umweltministerin großes Potenzial. Während die Deutsche Energie-Agentur davon ausgeht, dass auch bei einem Ausbau der regenerativen Energien die gesicherte Leistung ohne den Neubau weiterer konventioneller Kraftwerke 2020 den Bedarf nicht mehr decken wird – sondern dass rund 20 Prozent Kraftwerksleistung fehlen werden, hat das Fraunhofer-Institut für Windenergie und Energiesystemtechnik ermittelt, dass bei einem zügigen

Ausbau der erneuerbaren Energien sogar eine Komplettversorgung ausschließlich über erneuerbare Energien bis 2020 möglich wäre. Dafür allerdings müssten nicht nur die Stromnetze stark ausgebaut werden, um von der zentralen Stromerzeugung in wenigen Großkraftwerken auf viele dezentrale Stromerzeuger umzustellen, es müsste auch eine Kooperation auf europäischer Ebene geben. So könnten Bergseen in Nordeuropa in Zeiten hoher Produktion als Energiespeicher dienen. Die ersten Schritte sind getan: Erst kürzlich wurde beschlossen, ein gigantisches Stromkabel zwischen Deutschland und Skandinavien zu legen. Dass die erneuerbaren Energien zu unzuverlässig für eine Grundlast sind, dem widerspricht Kurt Rohrig vom Fraunhofer-Institut. Je mehr Anlagen am Netz seien, desto schwächer werde dieses Argument. Als Beispiel nennt er den Wind: „Der Wind weht nicht immer, aber immer irgendwo.“ Mit ihrer Prognose für die Zukunft dürfte Simone Peter gar nicht so falsch liegen. Denn zwischen 2020 und 2030 soll nach Erkenntnissen der Deutschen Energie-Agentur der Ausbau der Erneuerbaren Energien noch einmal um 20 Prozent zulegen. Und laut den Studien des Fraunhofer-Instituts ist das Angebot an erneuerbaren Energien 2050 so groß, dass es auch Spitzenlasten abfedern kann. Text: Joachim Wollschläger, Foto: Becker&Bredel


WINDKRAFTANLAGE KRAN MESSGERÄTE Sie erfassen Wetterdaten und ermöglichen so einen sicheren Betrieb.

Er kann sich über der gesamten Fläche bewegen und bei Wartungsarbeiten Bauteile bis zu einem Gewicht von einer Tonne heben.

GETRIEBE

ROTORBLATT

Es verbindet die Rotorwelle mit der Welle des Generators.

Es besteht aus Glasfaserverbundstoff (GFK). Der Rotor kann einen Durchmesser von über 80 Metern haben. Die Gesamthöhe kann je nach Turm bis zu 180 Meter betragen.

KÜHLUNG

ROTORBLATTANTRIEB

Generator und Umrichter werden jeweils mit einem Wassersystem gekühlt, das Getriebe mit Öl.

Elektromotoren verändern durch Drehen der Blätter den Anstellwinkel.

ROTORBLATTLAGER Die Blätter sind beweglich gelagert und können so dem Wind angepasst werden.

GENERATOR Er hat eine Nennleistung von 2500 kW und wiegt etwa zehn Tonnen.

HAUPTLAGER In ihm ist die drehende Rotorwelle gelagert.

MASCHINENHAUS Es besteht aus einem gegossenen Maschinenträger und einer Verkleidung aus glasfaserverstärktem Kunststoff. Für Wartungsarbeiten ist es umlaufend begehbar.

BREMSE

ANTRIEB

HYDRAULIKSYSTEM

Die Scheibenbremse hilft im Notfall den Rotor anzuhalten.

Er dreht Maschinenhaus und Rotor optimal in den Wind.

Bremssysteme und Dachöffnung funktionieren hydraulisch. QUELLE: NORDEX, GRAFIK: ILLUNAUT.DE


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ENERGIE SPAREN

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Der Tankstelle Erde geht das Ă–l aus

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ie Erde ist eine riesige EnergieTankstelle, auch wenn die Menschheit fleiĂ&#x;ig Ă–l, Gas, Kohle und Uran fĂźr Atomkraftwerke in groĂ&#x;en Mengen verbraucht. Pro Jahr werden weltweit rund 440 Exajoule (EJ) an fossilen Energieträgern (Ă–l, Gas und Kohle) zum Fahren, Fliegen, Heizen oder zur Stromerzeugung genutzt. Die Vorsilbe „Exa“ der Energieeinheit Joule steht fĂźr eine Zahl mit 18 Nullen. Rechnet man die Einheit Joule in die im Alltag geläufigeren Kilowattstunden (kWh) um, kommen Ăźber 122 Billionen kWh heraus. Der Anteil Deutschlands (knapp 13,5 EJ) am weltweiten Energieverbrauch beträgt knapp drei Prozent. Die heute weltweit verfĂźgbaren Energiereserven werden, so das Bundeswirtschaftsministerium, auf 38 700 EJ geschätzt. Nach diesen Berechnungen reicht das ErdĂśl noch 42 Jahre, Erdgas steht fĂźr 61 Jahre zur VerfĂźgung, Steinkohle fĂźr 129 Jahre und Braunkohle fĂźr 286 Jahre. Hier sind allerdings Energiereserven ausgespart, die bisher nicht erschlossen wurden, wie zum Beispiel die ErdĂśl-Ressourcen aus den kanadischen Ă–lsanden. Es wird geschätzt, dass die weltweit ungenutzten Rohstoff-Ressourcen der Energie von 571 700 EJ entsprechen. Das ist mehr als das Tausendfache des jährlichen Verbrauchs. Daher geht die Bundesanstalt fĂźr Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) davon aus, dass „die globalen Reserven an Energie-Rohstoffen mit Ausnahme des konventionellen ErdĂśls längerfristig eine ausreichende Deckung des Energiebedarfs gewähren“. Doch längerfristig ist

Theoretisch kĂśnnten die Energiereserven unseres Planeten fĂźr mehrere Jahrhunderte ausreichen – In der Praxis ist jedoch entscheidend, dass bereits in der Mitte dieses Jahrhunderts das ErdĂśl zur Neige geht ein relativer Begriff. Denn der Energiehunger der Welt wird in den kommenden Jahrzehnten zunehmen, da viele groĂ&#x;e Volkswirtschaften wie China, Indien oder Brasilien erst am Anfang ihrer Industrialisierung stehen. Das Zentrum fĂźr strategische und internationale Studien in Washington rechnet in seinem Internationalen Energieausblick (International Energy Outlook, IEO) 2009 mit einer jährlichen Verbrauchssteigerung von 1,5 Prozent bis 2030. Das entspricht einem Gesamtanstieg von 44 Prozent. Allein 63 Prozent dieses Wachstums wird auf die sogenannten BRIC-Länder entfallen, Brasilien, Russland, Indien und China. Die grĂśĂ&#x;te Wachstumsrate wird daher mit einem jährlichen Plus von drei Prozent fĂźr Asien erwartet – und zwar von heute rund 118 auf 240 EJ. Nordamerika, wo heute bereits pro Jahr 121 EJ verfeuert werden, wird im Jahr 2030 bei einer Steigerungsrate von 0,6 Prozent auf knapp 142 EJ

kommen. Europa nimmt sich bescheiden aus. Hier werden derzeit knapp 82 EJ fĂźr Mobilität, zum Heizen und zur Stromerzeugung genutzt. Im Jahr 2030 sollen es 92 EJ sein, was einer jährlichen Steigerung von 0,5 Prozent entspricht. GrĂśĂ&#x;ter Energieverbraucher sind mit einem Anteil von 20,4 Prozent die USA. Das Wachstum der Weltwirtschaft und der WeltbevĂślkerung hat allerdings einen wesentlichen Einfluss auf die Reichweite fossiler Energieträger. Das wird vor allem bei Stein- und Braunkohle deutlich, deren Reserven noch am längsten reichen. Selbst bei einem bescheidenen Wachstum der WeltbevĂślkerung von 0,5 Prozent pro Jahr werden die jetzt bekannten SteinkohleVorräte schon nach 98 Jahren aufgebraucht sein. Der wesentlich kleinere Braunkohle-Bestand wird noch fĂźr 169 Jahre reichen. Nach Angaben der Vereinten Nationen (UN) leben derzeit rund 6,8 Milliarden Menschen auf der Erde. Im Jahr 2050 kĂśnnten es nach UN-Berechnungen 9,1 Milliarden Menschen sein. Schmerzhaft wird es vor allem sein, wenn das ErdĂśl zur Neige geht. Dann ist nicht nur die Treibstoff-Versorgung der Autos betroffen. Auch der Pkw selbst besteht zu 20 Prozent aus Materialien, die auf ErdĂśl-Basis hergestellt wurden – egal, ob es sich um Kleb-, Dämm- oder Kunststoffe handelt oder Farben und Lacke. Beim ErdĂśl werden wir auch in den kommenden Jahrzehnten zum grĂśĂ&#x;ten Teil noch vom OPEC-Kartell und damit weitgehend von der arabischen Welt abhängig sein. Saudi-Arabien als der grĂśĂ&#x;te ErdĂśl-Produzent der Opec wird nach der Prog-


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nose des IEO 2009 seine Tagesförderung bis 2030 von derzeit elf auf zwölf Millionen Barrel (ein Barrel sind 159 Liter) steigern, der Irak wird seine Tagesproduktion von zwei auf fünf Millionen Barrel erhöhen. Bei den Nicht-Opec-Ländern sind es vor allem Russland, die Länder um das Kaspische Meer, Brasilien und die Vereinigten Staaten selbst, die ihre Förderung noch ausweiten werden. Eine spürbare Steigerung wird auch von den kanadischen Ölsanden erwartet. Hier könnte die Tagesförderung auf 4,2 Millionen Barrel erhöht werden. Derzeit sind es 1,2 Millionen. Beim Erdgas gehen die Autoren des IEO 2009 davon aus, dass der weltweite Verbrauch von derzeit 34 Trilliarden Kubikmeter auf 51 Trilliarden Kubikmeter im Jahr 2030 steigen wird. Vor allem in Asien wird das Erdgas als Energielieferant vermehrt eingesetzt. Bei der Erdgas-Förderung werden, ähnlich wie beim Öl, die arabischen Länder des Nahen Ostens mit einer Steigerungsrate von 89 Prozent die Nase vorn haben. Eine wichtige Rolle werden dabei auch Russland oder andere asiatische Länder wie beispielsweise Kasachstan spielen. Der wachsende ErdgasVerbrauch wird zu etwa einem Fünftel aus diesen Regionen kommen. Der europäische Anteil wird abnehmen. Bei der Kohle, die weltweit zu 30 Prozent den Energieverbrauch deckt (28 Prozent Steinkohle, zwei Prozent Braunkohle) ist die weltweite Verteilung der Vorräte nach Angaben der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe auf drei Regionen konzentriert. Die Ressourcen an Steinkohle belaufen sich auf

ENERGIE SPAREN

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Schon zur Mitte des Jahrhunderts dürfte den großen Erdöl-Raffinerien der Nachschub ausgehen.

16 404 Gigatonnen (Gt, eine Gigatonne sind eine Milliarde Tonnen). Davon lagern knapp 42 Prozent in Nordamerika, in Australien und Asien rund 35 Prozent, in den Ländern der früheren Sowjetunion etwa 18,3 Prozent. Der Rest verteilt sich überwiegend auf Europa und Südafrika. Die Ressourcen der Braunkohle werden auf 4345 Gt geschätzt. Ein Drittel davon lagert in Nordamerika, 31,5 Prozent in den Ländern der früheren Sowjetunion, 25,9 Prozent in Australien und Asien, rund 8,8 in Europa. Stein- und Braunkohle werden in erster Linie dazu eingesetzt, Strom zu produzieren. Nach einer Analyse der Energie-Informationsagentur (EIA) wird der Kohleanteil an der weltweiten Stromproduktion bis 2030 von heute 41 auf 44 Prozent steigen. Einen wichtigen Beitrag zur Stromerzeugung wird auch die Atomindustrie leisten. Der Kernenergie-Anteil an der Stromproduktion beträgt heute rund 15 Prozent. Er soll laut EIA

bis zum Jahr 2030 auf zehn Prozent sinken. Zurzeit sind weltweit 436 Kernkraftwerke in 30 Ländern am Netz. Zur Versorgung des derzeitigen Kraftwerkparks werden jährlich über 65 400 Tonnen Uran benötigt. Die BGR schätzt die weltweiten Uran-Vorräte auf 18,2 Millionen Tonnen. Theoretisch reichen die Uran-Ressourcen damit für rund 280 Jahre. Andere Schätzungen gehen von geringeren Vorräten aus. Fazit: Die Weltvorräte an fossilen Energieträgern wie Erdöl, Gas und Kohle werden zwar noch einige Zeit den Bedarf decken. Doch die Nachfrage wird weltweit steigen, so dass man nicht darum herumkommt, auch Energiequellen in großem Stil zu erschließen, deren Ressourcen nicht endlich sind. Dazu zählen sicherlich die Wind- und Wasserkraft sowie die unerschöpfliche Energiequelle Sonne. Text: Lothar Warscheid, Foto: dpa


ENERGIESPEICHER ERDE − Die weltweiten Reserven nicht erneuerbarer Energ

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Legende: Gt = Gigatonnen (Milliarden Tonnen) Bill. m3 = Billionen Kubikmeter Mt = Megatonnen (Millionen Tonnen) EJ = Exajoule (1018 Joule, dieser Wert entspricht etwa dem monatlichen Energieverbrauch Deutschlands) Die Größe eines Symbols verdeutlicht den Anteil an den weltweiten Reserven dieses Rohstoffs. Die Höhe der Erdteile verdeutlicht ihren Anteil an den weltweiten Energiereserven. * Zusammenschluss von Nachfolgestaaten der Sowjetunion


gierohstoffe

710,6 Gt Steinkohle

182,8 Bill. m³ Erdgas

157,4 Gt Erdöl

279,3 Gt Braunkohle

5,3 Mt Uran

18 060 EJ

6947 EJ

6575 EJ

3113 EJ

725 EJ

Vorrat für 90 Jahre Das derzeitige Energiepotenzial der weltweiten Reserven an nicht erneuerbaren Energierohstoffen wird von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aktuell auf 38 700 Exajoule geschätzt. Das entspricht etwa dem 90-Fachen des weltweiten Primärenergieverbrauchs des Jahres 2007 an fossilen Energierohstoffen. Zum Vergleich: Deutschland verbraucht etwa 13 Exajoule Energie pro Jahr. 90 Prozent davon werden aus fossilen Rohstoffen wie Erdöl oder Kohle gewonnen. Ein Blick auf die Karte zeigt, wo die Energiespeicher unserer Erde liegen. Quelle: Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe, VIAVISION, Grafik: Robby Lorenz


Das Plus-Energie-Haus soll in einer Wanderausstellung in ganz Deutschland gezeigt werden.

Mein Haus ist mein Kraftwerk Das Plus-Energie-Haus erzeugt mehr Energie als es verbraucht

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in Haus, das keine Energie verbraucht, sondern welche abgibt. Das ist keine Zukunftsmusik mehr, sondern schon gelebte Realität. Das sogenannte Plus-Energie-Haus soll zeigen, was beim heutigen Stand der Technik möglich ist. Es entstand aus einem Forschungsauftrag des Bundesbauministeriums. Federführend bei der Umsetzung dieses Projektes war die Technische Universität Darmstadt. Das Plus-Energie-Haus ist ein transportabler, voll funktionstüchtiger Leichtbau. Es wird derzeit als Wanderausstellung in verschiedenen Großstädten Deutschlands gezeigt. Termine und Programme der Ausstellung gibt es unter

www.plus-energie-haus.bmvbs.de beim Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung. In Essen wird das Haus noch bis Ende Juni ausgestellt. Informationen zu diesem Thema gibt es im Internet auch unter www.solardecathlon2009.de. Alle Außenwände, das Dach sowie die Fenster des „Tourhauses“ sind hoch wärmedämmend, dabei wurden neueste Materialien wie Vakuumdämmungen, hoch dämmende Fenster und Wärmespeicher in Form sogenannter Phasenwechsel-Materialien (Phase Change Materials, PCM) verwendet, die im Haus für ein ausgeglichenes Raumklima sorgen sollen. Sie nehmen die Wärme auf und geben sie zeitversetzt wieder ab – nämlich erst dann, wenn sie gebraucht wird. Bei der PCM-Wärmespeicherung werden Substanzen genutzt, die beim Erhitzen vom festen in den flüssigen Zustand übergehen. Beim Erstarren geben die die gespeicherte Wärme wieder ab. Gut geeignet für diesen Zweck sind Paraffine und Salzhydrate. Am Übergangspunkt vom festen in den flüssigen Zustand wird bei diesen Stoffen die meiste Wärme gespeichert. Außerdem ist ihre Speicherdichte zwei- bis fünfmal höher als bei klassischen Warmwasser-Speichern. Damit die Lade- und Entladezeit beim Wärmeaustausch gezielter verlaufen, wird den Wärmespeichern der neuesten Generation zehn Prozent Graphit beigemischt. Dadurch lassen sich die physikalischen Prozesse beim Wärmetransport energetisch besser steuern. Die Wärme wird schnell aufgenommen und kann kontrollierter abgegeben werden. Seinen Strom bezieht das Plus-Energie-Haus von Photovoltaik-Zellen, die unter anderem auf dem Dach installiert sind. Sie sind aber auch in den 48 Sonnenschutz-Lamellen sowie in die Glasscheiben der Fenster integriert. Die Lamellen sind an den Außenwänden des Gebäudes angebracht. Sie regeln die Sonneneinstrahlung in das Haus. Das warme Wasser wird über Flachkollektoren gewonnen, die auf dem Dach installiert sind. Die Wände des Plus-Energie-Hauses bestehen unter anderem aus Holz, Gipskarton und Zementfaser-Platten. Als Dämmstoff werden neuartige Vakuum-Dämmplatten (Vacuum insulated Panel, VIP) eingesetzt. Diese Platten sind zweimal drei Zentimeter dick. Die Gesamtdicke von sechs Zentimetern entspricht einer Dämmung, die man bei Mineralwolle erst erreichen würde, wenn diese 60 Zentimeter stark wäre. Für die Lüftung gibt es an der Nord- und Südseite zwei Öffnungen, die eine kurze und effektive Stoßlüftung des Innenraums erlauben. Bei geschlossener Fassade wird das Gebäude unter anderem über eine Wärmepumpe belüftet, beheizt oder gekühlt. Text: Lothar Warscheid, Foto: BMVBS/Schmidt


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ENERGIE SPAREN

Volldampf voraus: Geothermie verspricht Energie zum Nulltarif Erdwärmekraftwerke sind eine feine Sache – Doch leider ist die Technik wegen ihrer Nebenwirkungen umstritten

Welche Energie in den Gesteinsschichten in wenigen hundert Meter Tiefe steckt, zeigt der Ausbruch eines Geysirs. Geothermie-Kraftwerke sollen die Erdwärme im großen Stil technisch nutzen.

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on oben sieht Landau in der Pfalz ruhig und beschaulich aus. Doch dreitausend Meter in der Tiefe geht es heiß her. In den porösen Muschelkalkschichten brodelt bis zu 160 Grad heißes Wasser. Seit dem Jahr 2007 wird die unterirdische Wärme in einem sogenannten GeothermieKraftwerk zur Energieerzeugung genutzt. Das heiße Wasser wird aus einem Bohrloch an die Oberfläche gepumpt, wo es eine Turbine antreibt und so etwa drei Megawatt Strom erzeugt. Danach wird es durch ein zweites Bohrloch wieder zurück in die Erde gepresst. In Landau zeigen sich jedoch viele Anwohner gegenüber dieser Form der Energiegewinnung skeptisch, seit der Boden unter ihren Häusern mehrfach bebte. Die Erschütterungen erreichten dabei Stärken von bis zu 2,7 auf der Richterskala. Nun sollen Experten klären, ob das Geothermie-Verfahren die Erschütterungen verursacht hat – bis dahin läuft das Kraftwerk nur mit reduzierter Leistung. „Wenn Sie im Boden bohren, egal ob nach Erdöl, Erdgas oder heißem Wasser, dann kann das immer Erschütterungen auslösen“, räumt Stefan Dietrich vom Bundesverband Geothermie ein. Die Beben seien jedoch an der Oberfläche kaum spürbar. In Zukunft sollen neue Technologien dafür sorgen, dass Geothermie auch dort genutzt werden kann, wo es in tiefen Erdschichten – im Gegensatz zur Situation in Landau – keinerlei natürliche Wasservorkommen gibt. Ein entsprechendes Pilotkraftwerk hat zum Beispiel im Juli 2008 seinen Betrieb im elsässischen Soultzsous-Forêts aufgenommen. Im Saarland plant das Unternehmen Enro Energie die Errichtung eines Geothermiekraftwerks mit zwölf Megawatt elektrischer Leistung. Projektentwickler Mike Wirtz: „Unsere Technik bringt eine genau berechnete Wassermenge in das Gestein ein, sie ist schonend und kontrolliert.“ Wo das Kraftwerk gebaut werden soll, steht noch nicht fest. Auch Privatleute können in begrenztem Umfang von der Erdwärme profitieren, denn auch die oberen Erdschichten sind im Winter bereits deutlich wärmer als die Erdoberfläche selbst. So liegt die Temperatur in 100 Metern Tiefe in Deutschland im Jahresmittel bei etwa elf Grad. Hier kann man mit Bodensonden Wasser erwärmen, bevor man es an die Oberfläche pumpt. Dort sorgen Wärmepumpen dafür, dass man damit das eigene Haus heizen kann. „Für jede Kilowattstunde Strom, die sie in eine gute Wärmepumpe investieren, erhalten sie vier Kilowattstunden Wärme zurück“, so Stefan Dietrich vom Bundesverband Geothermie. Die oberflächennahe Technik hat einen weiteren Vorteil: Sie ist garantiert erdbebenfrei. Text: Michael Brächer, Foto: ddp


Intelligentes

STR MNETZ Die Stromversorgung der Zukunft soll sich der Nachfrage nach elektrischer Energie flexibel anpassen

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islang kann das Stromnetz vor allem eines: Strom liefern. Doch Kommunikationstechnologie soll helfen, die Infrastruktur schlauer zu machen. Sie soll Angebot und Nachfrage steuern und so für den effizienten Einsatz elektrischer Energie sorgen. Ziel ist ein intelligentes Netz, ein sogenanntes Smart-Grid. Hintergrund dieser Vision ist es, dass in den nächsten Jahrzehnten erneuerbare Energien aus Wind, Sonne und Biomasse in Europa immer wichtiger werden. So schreibt eine europäische Richtlinie zur Förderung und Nutzung von Energien aus erneuerbaren Quellen bis zum Jahr 2020 einen Anteil von 18 Prozent vor. Anders als bei Kohle- und Atomkraftwerken lässt sich die alternative Stromerzeugung schlecht planen. Intelligente Stromnetze sollen das schwankende Angebot mit der ebenfalls schwankenden Nachfrage zum Ausgleich bringen. Dafür muss zunächst klar sein, wie hoch der Verbrauch ist. Digitale Stromzähler liefern präzise Daten, wie viel Energie die Haushalte gerade nutzen oder wie viel Strom gerade über die eigene Solaranlage auf dem Dach oder ein privates Blockheizkraftwerk ins Netz eingespeist wird. Die Versorger könnten dann ihre Produktion entsprechend der Situation anpassen. Peter Bretschneider, Ingenieur des Fraunhofer-Anwendungszentrums für Systemtechnik in Ilmenau erklärt, dass anders als bisher Strom nicht nur vom Erzeuger zum Verbrauch fließen werde, sondern die Netze einen Transport in beide Richtungen unterstützen müssten. Das sei notwendig, um mit der wechselnden Einspeisung aus erneuerbaren Quellen flexibel umgehen zu können. So gibt es im Rahmen des „E-Energie“Projekts der Bundesregierung einen Versuch in Cuxhaven. Hier sollen mehrere private Block-

Impressum

Sonderveröffentlichung der Saarbrücker Zeitung

Chefredakteur Peter Stefan Herbst

Mit Stromzählern der neuen Generation, sogenannten Smartmetern, haben Hausbesitzer vollständige Kontrolle über ihren Verbrauch.

Art-Director Robby Lorenz

heizkraftwerke zusammengeschlossen werden, die Engpässe im Netz ausgleichen sollen, wenn Windkraft-Anlagen nicht ausreichend Strom liefern. Außerdem wird an Batterien geforscht, die in der Lage sind, große Mengen Strom aus regenerativen Energien zwischenzuspeichern. In Zukunft könnte über ein intelligentes Stromnetz der Betrieb einzelner Verbraucher gesteuert werden. Hierzu wäre es dann notwendig, dass alle Häuser miteinander vernetzt und intelligent ausgebaut wären. Dann könnten die Energie-Versorger zum Beispiel kurzfristig die Kühlschränke ihrer Kunden für eine gewisse Zeit vom Netz trennen, um Verbrauchsspitzen zu verhindern. Würde der Großteil aller Waschmaschinen zum Beispiel am Nachmittag laufen, wenn in privaten Haushalten relativ wenig Strom benötigt wird, könnten die Schwankungen im Tagesbedarf ausgeglichen werden. Gleiches gilt, wenn dank einer steifen Brise auf der Nordsee mehr Strom ins Netz fließt als benötigt wird. Sollten die Ideen der Experten wahr werden, würden die schlauen Stromzähler dann automatisch die Waschmaschine anwerfen oder das Elektroauto in der Garage laden. Wird mehr Strom benötigt als zur Verfügung steht, könnten die Akkus in den Elektromobilen wieder Energie abgeben. Derzeit entsteht auf dem Campus des Karlsruher Institute of Technology (KIT) ein intelligentes Haus, an dem das Wechselspiel zwischen Haustechnik, Stromnetz und Elektroauto genauer erforscht werden soll. Ziel ist es, das Elektroauto in den intelligenten Haushalt zu integrieren. Noch im Sommer sollen die ersten Bewohner in das etwa 60 Quadratmeter große Testhaus einziehen. Text: dpa, Foto: EVB Energy Solutions

Redaktion Peter Bylda Oliver Spettel

Geschäftsführung Dr. Joachim Meinhold (Vorsitzender) Christian Erhorn

Verlagsgeschäftsführer Thomas Deicke

Verlagsleitung Michael Schmierer Thomas Marx

Druck und Verlag: Saarbrücker Zeitung Verlag und Druckerei GmbH, 66103 Saarbrücken, Gutenbergstraße 11-23


Über riesige Spiegel, wie hier im spanischen Andasol-Kraftwerk, soll künftig Solarenergie in elektrischen Strom umgewandelt werden.

Strom aus der Wüste Das Desertec-Konsortium will Solarstrom dort gewinnen, wo die Sonne am meisten scheint

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s sieht nicht gut aus für unseren Planeten. Die fossilen Rohstoffe sind begrenzt, doch immer mehr Menschen verbrauchen immer mehr Energie. Das Großprojekt Desertec soll den Teufelskreis durchbrechen; mit großen Solarkraftwerken, die dort errichtet werden, wo die meiste Sonne scheint. „Die Wüsten empfangen in einer einzigen Stunde mehr Energie von der Sonne, als die Menschheit in einem Jahr verbraucht“, erklärt Gerd Knies, der führende Kopf des Projekts. Stimmt die Kalkulation der Desertec-Macher, dann könnten 90 Prozent der Weltbevölkerung mit Energie aus der Wüste versorgt werden. Wie das funktionieren soll, zeigt seit 1984 das „Solar Energy Generating System“ in der amerikanischen Mojave-Wüste. 930 000 Spiegel fokussieren in der Anlage das Sonnenlicht auf einen Kollektor, in dem ein Synthetiköl erhitzt wird. Mit der darin gespeicherten Hitze wird Dampf erzeugt, der ganz wie in herkömmlichen Kraftwerken Turbinen antreibt und so Strom produziert. Auf diese Weise erzeugen die insgesamt neun Kraftwerke bis zu 354 Megawatt – das entspricht der dreifachen elektrischen Leistung des Heizkraftwerkes an der Römerbrücke in Saarbrücken. Die Desertec-Kraftwerke sollen in Südeu-

ropa, im Mittleren Osten und in Nordafrika stehen. Mit speziellen Hochspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ) soll der Strom in Europa zum Kunden transportiert werden. Durch die spezielle Übertragungstechnik

„Die Idee, Wüstenstrom zu erzeugen und zu importieren, ist eines der wenigen schlüssigen Konzepte für die künftige Energieversorgung.“ Isabelle Werenfels und Kirsten Westpfahl, Forscherinnen der Stiftung für Wissenschaft und Politik

können die bei Hochspannungsleitungen üblichen Verluste auf etwa drei Prozent pro 1000 Kilometer reduziert werden. Bei Desertec rechnet man vor, dass der Wüstenstrom inklusive Transportkosten zwischen zehn und 20 Cent pro Kilowattstunde kosten würde. Doch das Projekt steht nicht nur vor vielen technischen, sondern auch vor zahlreichen politischen Herausforderungen. So befürchten Kritiker, dass sich Europa künftig auf diese Art in Sachen Energieversor-

gung von politisch instabilen Ländern abhängig machen würde. Dass die Desertec-Initiative vor allem von Großkonzernen vorangetrieben wird – darunter auch Mineralölkonzerne und Energieversorger, die fossile Kraftwerke betreiben – macht Umweltschützer skeptisch. Auch Hans Keller von der Arbeitsgemeinschaft Solar steht dem Vorhaben kritisch gegenüber: „Wir sollten uns an die eigene Nasenspitze fassen, statt dem Gigantismus zu verfallen und unsere Energieversorgung nach Nordafrika zu verlagern.“ Es gibt aber auch positive Stellungnahmen: „Die Idee, Wüstenstrom zu erzeugen und zu importieren, ist eines der wenigen schlüssigen Konzepte für die künftige Energieversorgung“, so das Fazit der Forscherinnen Isabelle Werenfels und Kirsten Westpfahl. Wenn die zahlreichen Hürden genommen werden, könnte laut Desertec schon in weniger als 30 Jahren Wüstenstrom aus unseren Steckdosen kommen. Mit der heutigen Ausgabe endet diese Beilagenserie zum Thema „Energie sparen“. Alle sechs Folgen gibt es zusammengefasst zum Nachlesen auch im Internet unter der Adresse www.saarbruecker-zeitung.de/energiesparen.

Text: Michael Brächer, Foto: Solar Millenium AG


Erdgas

Strom

Photovoltaik

Windenergie

Wasserkraft

Bioerdgas

Entstanden aus dem Zusammenschluss von CEGEDEL S.A., SOTEG S.A. und der Saar Ferngas AG versorgen wir die Region mit Strom und Erdgas. Dabei greifen wir auf einen breiten Mix konventioneller und erneuerbarer Energieträger zurück und kombinieren unsere Produkte mit intelligenten, praxisnahen Dienstleistungen: für integrierte, nachhaltige Energielösungen, erbracht von einem Team erfahrener Experten. Unser Anspruch: Energie für heute. Mit Verantwortung für morgen.

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