Ortsportraet Hosena

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Rundschau M I TTWO C H, 16. S EPTEM BE R 20Lausitzer 09

Hosena / Lauchhammer / Schwarzheide

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Elbe-Elster-Rundschau

O RT S P O RT RÄ T H O S E N A - D E R R U N D G A N G

NACHRICHTEN

Die letzten Mohikaner von Hosena Auf Spuren- und Menschensuche in den letzten Winkeln einer zersiedelten ehemaligen Industriegemeinde Wenn es in Hosena nicht Geschäfte, Ärzte, Apotheke, Sparkasse und diverse Feste geben würde – so manch ein Einwohner, der in dem „ausgefransten“ Großdorf weit weg am Ende einer der vielen Sackgassen wohnt, würde seinem entfernten Gegenüber zu Lebzeiten kaum über den Weg laufen. Innerhalb der Reihe „Ortsporträt“ war die RUNDSCHAU am Montag auf der Suche nach einigen der „letzten Mohikaner“ von Hosena.

sterben soll, hält er nichts. Weiter geht es zum nächsten der vielen Enden von Hosena. Kurz vor dem scheinbaren Nichts in Richtung Senftenberger See wohnt Kathrin Schön in einem zumindest rein äußerlich schick sanierten Gebäude mit dem Namen „Margarethenhaus“. Die 40jährige Mieterin lebt dort seit einem Jahr und würde die grüne Abgeschiedenheit am Waldrand nicht wieder eintauschen. „Wenn ich Trubel brauche, fahre ich woanders hin“, sagt sie. Für ihre Freundin aus Dresden ist die UmVon Manfred Feller gebung wie Urlaub. Kathrin Zu dem abseits gelegenen ehema- Schön und ihre Nachbarn haben ligen Bauernhof der Familien es sich im großzügigen Garten gePohle und Seiler zwischen Lauta- mütlich eingerichtet. Alte BauDorf und Hosena führt ein unbe- ern- und Haushaltsutensilien festigter Privatweg. Ausgedehn- wechseln sich gestalterisch mit tes, gepflegtes Grünland umgibt viel Grün ab. Zierkürbisse, grüne das Anwesen. Und dort wacht ein Bohnen, Tomaten und Monatsansehnlicher Beschützer. „Astor“ erdbeeren, die noch Blüten und zeigt bellend jedem Unbekann- Früchte tragen. Nur der weite Weg ins Dorf ten seine scharfen Zähne. Im Dienste der Leser stellen sich die stört. Doch die Nachbarn helfen Reporter mutig der Gefahr. In sich untereinander. Wenn einer dem Moment wird „Astor“ auch etwas vergessen habe, fahre gaschon von Herrchen zurückge- rantiert ein anderer rein zufällig zum Einkaufen, so Kathrin Schöpfiffen. ne. Was die Hausnamen an der Fassade und die Initialen in dem wappenähnlichen Putzgebilde bedeuten, weiß Nachbar HansJürgen Wendisch, ein ehemaliger Kraftfahrer. Der 59-Jährige wohnt nebenan im „Helenenhaus“, davor im Zwinger ein dunkler Dobermann, der auf „Dark“ hört. „F & Co“ steht für Hans-Jürgen Wendisch wohnt im den einstigen Glassandunternehmer Fabian. Und die Häuser habe „Helenenhaus“. Es gehört ihm. er, wie es einst im Bergbau üblich war, nach weiblichen Familienmitgliedern benannt. In diesem Fall seien es seine Töchter. In der kleinen Siedlung links und rechts der Senftenberger Straße endet Hosena aber noch lange nicht. Die „letzten Mohikaner“ wohnen noch viel weiter weg. Eine scharfe Rechtskurve führt in den Kathrin Schön hat es sich fast am Ende der holprigen, nicht enden wollenden WaldSenftenberger Straße schön gemacht. weg. „Die Löcher Jörg Seiler ist Zimmerermeis- müssten mal wieder gestopft ter. Auf dem Hof der Schwieger- werden“, empfängt das Hosenaer eltern hat er sich vor fast zehn Original Erwin Flügel den unanJahren seine Existenz aufgebaut. gemeldeten Besuch. Wo er mit Am 25. Mai 2010 begeht er sein seiner Familie seit 1973 wohnt, Jubiläum. Der damals 31-Jährige sagen sich Fuchs und Hase wirkhat sich auf die eigenen Beine ge- lich „Gute Nacht“. Der kleine, stellt, als die besten Nachwende- drahtige Mann, der vor wenigen jahre des Handwerks so gut wie Tagen seinen 80. Geburtstag gevorbei waren. „Ja, ich habe zur feiert hat, ist gekleidet wie ein auf schlechtesten Zeit mit einem An- der Hasenjagd befindlicher Poligestellten angefangen. Doch heu- zist mit Kapitänspatent. Als er te habe ich drei, alles sehr gute ausholt, um seine Bücher füllenLeute.“ Wer sich drehe, auch klei- de Lebensgeschichte zu erzählen, ne Aufträge nicht scheue, Quali- hellt sich das Rätsel um seine unAnzugsordnung tät biete, könne im Handwerk gut gewöhnliche langsam auf. Als hin- und hergeüberleben. Die Selbstständigkeit ver- schubster Zwangsarbeiter aus schlinge aber auch viel Zeit. Auf Polen hatte er in der jungen DDR dem heimischen Gehöft bleiben irgendwann keine Lust mehr, als die eigenen Zimmererarbeiten Knecht für 35 Mark im Monat im liegen, und Zeit fürs Grundstück Pferdestall zu arbeiten und dort ist auch nicht. Zum Glück gibt es auch zu schlafen. Er ging zur KaSchwiegervater Giesbert Pohle. sernierten Volkspolizei. Im zivi„Er ist unser Hausmeister“, len Leben verdingte er sich später scherzt Jörg Seiler. Unterbro- als Kraftfahrer an vielen Fronten chen wird er immer wieder von und behauptet Stein und Bein, eidem Feierabendverkehr auf der ne heruntergekommene, achtsitStraße. Er hofft, dass die Ortsum- zige Staatslimousine besessen zu fahrung bald kommt. Von einer haben, die einst dem großen Zwischenlösung, bei der die Allee sächsischen Nuschler Walter für eine etwas breitere Straße Ulbricht gehört haben soll. Heute

Freie Fahrt für Radler in Schwarzheide Schwarzheide. Ein jahrelan-

ges Hindernis für Radfahrer ist gestern Nachmittag auf der einen Seite in der Naundorfer Straße von Schwarzheide zurückgebaut worden. In einem symbolischen Akt haben Bürgermeister Christoph Schmidt und Bauamtsleiter Frank Pradel das Absperrgeländer entfernt. Die Radfahrer müssen nun nicht mehr auf die Straße ausweichen. In ein paar Jahren soll der Bahnübergang ohnehin technisch komplett erneuert werden. mf

Autodiebstahl ist in Ruhland misslungen

Zimmerermeister Jörg Seiler mit Ehefrau Annett (41), sie arbeitet bei der Sparkasse, und „Astor“, dem Fotos: Steffen Rasche amerikanisch-kanadischen Schäferhund, einer Mischung aus Husky und Wolf.

fährt der rüstige Senior, der immer noch zwei Treppenstufen im Laufschritt auf einmal nimmt, einen kleinen französischen Gebrauchtwagen. Stellvertretender Dorf-Sheriff sei er in Hosena einst ebenfalls gewesen. Noch heute freut er sich diebisch, wenn er in seiner grünen Montur in Senftenberg aus dem Auto steigt und alle anderen plötzlich langsamer fahren. Die Sachen habe er supergünstig bei seinem Schwiegersohn erworben, der ein Jagd-

Hosena geschäft in Hoyerswerda besessen habe. Erwin Flügel liebt die Ruhe auf dem Grundstück direkt am gesperrten Fabiansteich. Sorgen bereitet ihm nur, dass Notärzte das abgelegene Anwesen schon mehrfach nicht gefunden haben. Weiter geht es ans Ende der Hüttenstraße. Vor dem ehemaligen Spezialglaswerk ist Schluss. Kurz davor hat ein neuer Eigentümer ein altes Mehrfamilienhaus mächtig aufgemotzt und die Fassade mit Mosaiken verziert. Ein Hingucker. Ulrich Kuba (49), seit 1985 Mieter, ist voll des Lobes. Seine 3-Raum-Wohnung hatte bis vor wenigen Monaten weder Bad noch Toilette und schon gar keine Zentralheizung. Jetzt sei alles vom Feinsten, sogar mit großen Balkons.

Dort draußen vermisst der in der Hausherr zum Tag der offeHohenbocka aufgewachsene nen Tür ein. Der Freiherr sei ein Glaswerker nichts. Nicht einmal guter Arbeitgeber, und der Weg Gaststätten, die das große Dorf Hosena einfach nicht zu bieten hat. Ansonsten lebe es sich in dem Ort prima, weil man dort fast alle Besorgungen machen kann. Das hätten die Nachbardörfer nicht. Hosena hat noch viele abgeschiedene Ecken zu bieten. Die Jo- Am Ende der Hüttenstraße: Ulrich Kuba wohnt in hannisthaler einem Haus, dass ein Blickfang geworden ist. Straße ist so eine, aber nur, weil dort seit Langem dorthin „nur“ 48 Kilometer weit. die neuen Laternen nicht brenBernhard Pohlings Gattin Felinen. Es wurden Erdkabel verlegt, citas (58) ist froh, dass beide jetzt aber die alten Masten nicht zu- mehr die Ruhe ganz nah an der rückgebaut. Natur genießen können. Wenn Auf dem Grundstück des letz- das Hoftor offenbleibt, stehen am ten Hauses wird gebaut. Hier Morgen schon mal Hirsch oder kann nur ein Maurer wohnen. So Reh vor der Tür. Ansonsten ist es ist es auch. Bernhard Pohling ist beiden in Hosena zu ruhig. Zum gerade beim Pflastern. Das lange Tanzen und Essengehen zieht es Grundstück bietet ihm ein riesi- sie zwangsläufig nach außerhalb. ges Betätigungsfeld, und er nutzt Die ehemalige Kindergärtnerin war einst eine begeisterte Seges weidlich aus. Der 59-Jährige war bis zum vo- lerin. Das kleine Xylon bleibt als rigen Jahr deutschlandweit auf schöne Erinnerung in der Garage. Montage – vom Norden (Bau der Ansonsten singt sie im Volkschor NDR-Studios in Hamburg) bis Hohenbocka. Ihr Mann Bernhard zum Süden (Stadion von 1860 setzt sich zur Entspannung gern München). Irgendwann hat es auf sein Quad oder die 250erihm gereicht: „Zuletzt bin ich in Crossmaschine. Die Suche nach den „letzten drei Jahren 360 000 Kilometer gefahren.“ Jetzt steht er in adli- Mohikanern“ von Hosena endet gen Diensten. Er baut das Schloss im Nirgendwo. Dort, wo die Welt des Freiherrn Mario von Malt- für die meisten zu Ende ist, leben zahn zu Leppersdorf in Sachsen offensichtlich fast nur zufriedemit auf. Am 26. September lade ne Menschen.

Hier spürt man die Hand des Handwerkers: Felicitas und Bernhard Pohling vor ihrem Haus.

Ruhland. Unbekannte haben am Montag gegen 2 Uhr in der Nacht versucht, in der KarlLiebknecht-Straße einen Pkw Audi zu entwenden. Die Täter sind dabei jedoch vom Halter überrascht worden und flüchteten. Sie hinterließen einen Sachschaden in Höhe von etwa 400 Euro. red/mf

Beim Rückwärtsfahren einen Pkw gerammt Senftenberg. Ein Pkw-Lenker

stieß am Montagnachmittag in der Ritterstraße beim Rückwärtsfahren gegen einen ausparkenden Pkw. Der Sachschaden wird mit 2500 Euro angegeben. red/mf

Kein Azubi frisiert besser als Mandy Schwarzheide. Sie ist gelernte

Zahnarzthelferin, 31 Jahre jung, Mutti der siebenjährigen Tochter Luna, hübsch und hat auffallend dunkle Augen: Mandy Weiche ist Jahrgangsbeste 2009 im Friseurhandwerk des Kammerbezirkes Cottbus. „Diese schöne Nachricht kam ganz überraschend. Ich hatte gar nicht damit gerechnet und freue mich natürlich riesig“, erzählt die Schwarzheiderin. Als sie in ihrem alten Beruf keine Arbeit mehr fand, begann sie im Friseursalon HAIRsociety von Marcel Respa. Nach und nach fand sie Gefallen am Beruf einer Friseurin. Als das Angebot vom Chef kam, eine Ausbildung aufzunehmen, überlegte Mandy Weiche nicht lange. Von 2006 bis 2009 drückte sie die Schulbank. „Es war schon eine harte Zeit. Marcel Respa ist auch ein strenger Chef. Er achtet auf Perfektion - vom Umgang mit den Kunden bis zur Schnittausführung. Aus heutiger Sicht kann ich nur sagen: Danke!“ Der Meister selbst hat das erste Ausbildungsjahr von Mandy Weiche auch noch in Erinnerung. Ein ums andere Mal musste er ein Machtwort sprechen und seine Linie durchsetzen. Insgesamt 49 Azubis absolvierten in diesem Jahr im Kammerbezirk die Ausbildung zur Friseurin. Sieben haben die Theorieprüfung nicht bestanden. Am Ende war Mandy Weiche die Beste. Doch mit der erfolgreichen Ausbildung ist es nicht getan. Das Lernen gehe weiter, neue Aufgaben warten. Marcel Respa ist davon überzeugt, dass sich seine Mitarbeiterin zur Trainerin qualifizieren und Organisatorisches übernehmen kann. B. Balzer

Erwin Flügel genießt seinen Lebensabend weit weg von allem Trubel am Ufer des Fabiansteiches.

Umfeld der Berliner Straße in Lauchhammer-West wird scheibchenweise umgestaltet Lauchhammer-West. In diesem Jahr erfolgen durch den Wasserverband Lausitz im Stadtteil West umfangreiche Erschließungsmaßnahmen. Die Stadt nutzt die Gelegenheit und wertet die Nebenflächen und Plätze entlang der Berliner Straße auf. Dies geschehe, so die Verwaltung auf RUNDSCHAU-Nachfrage, im Zu-

ge des Stadtumbaus. Aufgrund der begrenzten Fördermittel und des auch anderweitig verplanten Geldes im kommunalen Haushalt müsse dort in mehreren Abschnitten gebaut werden. In diesem Jahr werden die Platzflächen im Kreuzungsbereich Berliner/Dimitroff-/ Elsterwerdaer Straße umgestaltet.

Die funktionalen und gestalterischen Mängel sollen in diesem Bereich beseitigt werden. Die Oberflächengestaltung erfolge als Asphaltdeckschicht mit eingewalztem Splitt. Die Fahrbahn der Landesstraße wird auf ein durchgängiges Maß von 6,50 Meter angepasst. Die Oberfläche werde das Land als Straßeneigen-

tümer allerdings nicht erneuern. Die Abgrenzung zu den Platzbereichen geschehe mit Granitborden. An den Fußgängerquerungsstellen werden Blindenleitplatten verlegt. Es werde auch eine neue Straßenbeleuchtung geben. Zudem werden Bäume gepflanzt und in den Platzbereichen Sitzgelegenheiten aufge-

stellt. Außerdem werde die Regenwasserkanalisation in den zu gestaltenden Bereichen unterirdisch neu organisiert. Das Bauende ist für Mitte Oktober vorgesehen. Die weiteren Abschnitte der Berliner Straße sollen in den nächsten Jahren abhängig von der Finanzausstattung folgen. red/mf

Mandy Weiche.

Foto: B. Balzer


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