Ortsporträt Klein Bademeusel

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Lausitzer Rundschau

SA / SO, 5./ 6. D EZEMBER 20 0 9

Ortsporträt Klein Bademeusel

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Elbe-Elster-Rundschau

Eine Turmhügelburg am Neißestrande stolz und kühn

STIMMEN

Klein Bademeuseler lieben ihr Dorf

Ersterwähnung des Dorfes aus dem Jahr 1495 Im Jahre 1495 hat Klein Bademeusel als „Kleynen Bademüßel“ erstmals eine schriftliche Erwähnung gefunden. Damals gehörte das Dorf zum Besitz der Familie von Pannwitz. Bis zum Jahre 1945 gehörte Klein Bademeusel zum Kreis Sorau, davor bis 1816 zum Spremberger Kreis, unterstand zeitweise der Herrschaft Forst und bildete im Gegensatz zum benachbarten Groß Bademeusel, das von Anfang an ein Forster Herrschaftsdorf war, eine ritterschaftliche Enklave im Forster Gebiet. Das Gut bestand überwiegend aus Wald. Es umfasste bei einer Gesamtfläche von 480 Hektar nur 0,7 Hektar Ackerfläche. Die bäuerliche Feldmark betrug im gleichen Zeitraum 479 Hektar. Zur Herausbildung von selbständigen Bauernwirtschaften kam es im Jahre 1847, als die Flur vermessen und die Separation einge-

leitet wurden. Zwischen 1907 und 1945 war Klein Bademeusel eine der elf Revierförstereien der Standesherrschaft. Ebenso wie die meisten Orte der Region besitzt Klein Bademeusel auch einen sorbisch/wendischen Ortsnamen. Male Bozemysle leitet der Namensforscher Ernst Eichler in seinem Buch „Die Ortsnamen der Niederlausitz“ von dem altsorbischen Personennamen Badomysl ab – vielleicht dem Gründer der Siedlung. Einst thronte am Neißestrand von Klein Bademeusel – an der Salzstraße, die von Forst über Triebel (Trzebiel) nach Sorau (Zary) führte, eine befestigte Anlage – eine Turmhügelburg mit einem Innendurchmesser von 20 bis 40 Metern. Der Hügel von Klein Bademeusel ist seit langem, ebenso wie der im benachbarten Bahren, fast vollständig eingeebnet. ah

Wir Kinder haben hier sehr viel Freiheit“, erzählt Linda Tschitschke (9). Auch ältere Freunde hat sie gefunden. „Oft besuche ich Michaela Kochan. Dort durfte ich bereits zweimal den Kinderwagen mit dem Baby schieben“. Doch neben Besuchen bei der jüngsten Einwohnerin, der einjährigen Giselle Roy, stattet die kleine Tierfreundin auch gern Visiten bei Robby dem schwarzen Hund von Martina Töpfer ab. Eine kleine Attraktion für die Kinder im Ort sind die Shetland-Pony-Dame „Happy“ und der feurige MiniHengst „Wanja“. Beide haben schon längst ihr dickes Winterfell angelegt. „Die Nachbarskinder schauen öfter mal bei uns vorbei“, berichteten ihr Besitzer Christina und Wilfried Hille und ließen die Jüngsten Fotos: Angela Hanschke während des Ortsrundganges aufsitzen.

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Das Ortsporträt

Stolz auf die Dorfaue

wird präsentiert von

Auch von Freizeitheim und Feuerwehrhaus reden Einwohner gern

Lyrik im Buswartehäuschen, das sogar mit Gardinen ausgestattet wurde.

Von Angela Hanschke

Großfamilien leben einträchtig unter einem Dach Grundstücke sind seit Generationen in Familienbesitz Das „grüne Dorf“ Klein Bademeusel ist mit seinem Territorium von 7,39 Quadratkilometern seit dem Jahre 1993 Ortsteil von Forst. 27 bewohnte Häuser, doch auch zwei unbewohnte Hofstellen gehören zum Ortsbild. Viele der Einwohner leben auf Grundstücken, die seit etlichen Generationen in Familienbesitz sind. Großfamilien, bei denen Großeltern, Eltern und Enkel einträchtig unter einem Dach leben, sind häufig anzutreffen. Jeder kennt hier jeden. Anonymität ist nicht gefragt bei den Bademeuselern, die die Ruhe, das gute nachbarschaftliche Klima und die intakte Natur schätzen.

Stolz sind die Einwohner von Klein Bademeusel auf vieles: auf das außerhalb des Ortskerns gelegene Evangelische Freizeitheim Landhof Bademeusel, das als „Haus des Waldes“ in der einstigen Försterei eingerichtet wurde, ebenso auf ihre Dorfaue mit alten Linden und Apfelbäumen. Bei Tag und Nacht gehen dort auch Rehe auf Futtersuche.

Hier werden noch alte Bräuche wie das Federnschleißen, das Aufstellen des Maibaums und das Entzünden des Osterfeuers gepflegt. Einmal im Jahr treffen sich die Ortsbewohner zum „Barackeputzen“. Dabei herrscht Arbeitsteilung. Während die Frauen die Kulturbaracke wienern, übernehmen die Männer kleine Reparaturen und die Pflege der Grünanlagen. So ist es kein Wunder, dass in einem der kleinsten Orte während des Ortsrundganges mit der RUNDSCHAU die meisten Einwohner präsent waren. Dabei waren auch Silke Redow und ihr knapp zweijähriger Sohn Paul auf dem Dreirad. ah

Hartmut Kochen hat schon Hirsche die Dorfaue entlang traben sehen. Noch um 1930 standen da drei Backöfen. Ein wahres Schmuckstück ist das Feuerwehrgerätehaus, das in diesem Jahr aus Anlass des 75-jährigen Gründungsjubiläums der Wehr saniert wurde. „Es wurde nicht nur der Turm ausgebessert und mit Brettern neu verschalt, sondern auch das Dach neu gedeckt und die Außenwände akkurat verklinkert“, berichtet der stellvertretende Ortsvorsteher und Stellvertretende Wehrleiter Günther Kochan. Er vertrat am Mittwochnachmittag gemeinsam mit Ramona Scheinert vom Ortsbeirat die dienstlich verhinderte „Dorfmutter“ und Ortsvorsteherin Marina Töpfer. Der 62-jährige Karl Jahn ist aktives Feuerwehrmitglied. Am

Mittwoch hat er das Erdreich neben dem Feuerwehrgerätehaus eingeebnet. „Zum Weihnachtsfest soll es hier schön aussehen“, sagte er über sein ehrenamtliches Engagement. Feuerwehrnach-

Wir in Klein Bademeusel wuchs? Damit sehe es nicht so rosig aus“, meinte Günter Kochan. Der Jüngste sei 25 Jahre alt, die meisten in der Wehr jedoch bereits zwischen 40 und 50 Jahre. „Wer flügge wird, zieht weg – der Arbeit wegen“, so Karl Jahn. Nur wenige Meter weiter befindet sich das Buswartehäuschen, an dem weiße Stores wehen. Die haben Sieglinde und Günter Schneider aufgehängt, damit keine Vögel gegen die durchsichtigen Seitenwände des Wartehäuschens prallen. Unverdrossen haben beide nach dem ersten Gardinendiebstahl für Ersatz gesorgt. Auch zwei Gedichte verkürzen den Busreisenden die Wartezeit. Äußerst ärgerlich finden die Ortsbewohner jedoch die tiefen

Löcher im Asphalt der Wendeschleife. Vor einigen Wochen wurde zudem die Straßenbeleuchtung gedimmt. „Seitdem ist die Ausleuchtung sehr mangelhaft“, kritisierte Günter Kochan. Bestimmte Lampen wurden zeitweise komplett ausfallen. Die Dunkelheit lade Langfinger ein, befürchtet Ramona Scheinert. Den Winter fürchten die Klein Bademeuseler. Der Winterdienst habe im vergangenen Jahr sehr zu wünschen gelassen. „Oft kamen die Kinder mit nassen Schuhen und Hosen in der Schule an“, berichtet die dreifache Mutter Petra Tschitschke. Die Erzieherin schätzt jedoch die herrliche Ruhe und die Naturnähe im Ort. „Außerdem sind wir ein Dorf mit Autobahnanbindung“, lobt sie die günstige Lage. Den Spielplatz, der nur aus einer Bank und einem Volleyballnetz besteht, findet die elfjährige Anneli „schrecklich“. „Einen gewalzten Platz, ein neues Netz, neue Tore und etwas für die Kleineren“, wünscht sie sich. Ihre Mutter Petra Tschitschke sagte: „Einen kompletten Spielplatz brauchen wir gar nicht. Aber ein neues Gerät müsste doch möglich sein.“ Eine kleine Einfassung könnte von den Müttern als Sitzgelegenheit beim Plauschen genutzt werden, regte sie an.

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Beauty Einwohner von Klein Bademeusel vor der Kulturbaracke.

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Im schäbigen Charme der vergangenen Jahrzehnte Das Alter ist der Kulturbaracke anzusehen 51 Jahre hat die Kulturbaracke, wie die Klein Bademeuseler ihr „Gemeindezentrum“ am Dorfanger nennen, bereits auf dem Buckel. Das Alter ist dem Gebäude anzusehen, das im Rahmen des Nationalen Aufbauwerkes (NAW) durch die Einwohner errichtet wurde und sich im Besitz der Stadt Forst befindet. Auch innen zeigt es sich im schäbigen Charme vergangener Jahrzehnte. „Hier gibt es keine Toiletten“, kritisiert Ramona Scheinert vom Ortsbeirat. Seit etlichen Jahren kämpfen seine Vertreter vergebens um Abhilfe. „Nur das Allernötigste wurde erledigt“, sagt der

stellvertretende Ortsvorsteher Günter Kochan. Im Sommer sei durch die Stadt in Abstimmung mit dem Ortsbeirat ein Projekt erarbeitet worden, das einen verkleinerten Grundriss vorsieht. Auch die Bühne würde wegfallen. Die Sanitäranlagen sollen dann im ehemaligen Raum des Dorfkonsums Platz finden, der vom letzten Nutzer „bei Nacht und Nebel leergeräumt wurde“. Vielleicht stirbt das neue Vorhaben ebenso wie vor rund sechs Jahren das Vorgänger-Projekt, befürchten die Einwohnwer. Trotzdem haben sie sich bislang den Zusammenhalt im Ort bewahrt. ah

„Hier bin ich aufgewachsen. Seit dem Jahre 1962 lebe ich auf dem väterlichen Grundstück, habe im Ort eine Familie gegründet. Wir leben mit meiner Mutter in einer Dreigenerationenfamilie unter einem Dach. Die Familie ist intakt. Alle haben Arbeit“, zieht Hartmut Kochan (47) Bilanz. Im Jahre 1991 hat Mathias Wedow (44) in den Ort eingeheiratet. „Hier herrscht ein gutes Einvernehmen. Wir leben in ungestörter Natur“, sagt er. Auch das eigene schöne Grundstück sowie das harmonische Zusammenleben mit Kind und Schwiegertochter seien Gründe zur Freude. „Hier sind meine drei Töchter aufgewachsen. Ich lebe in der Familie der mittleren Tochter. Die Geborgenheit in der Familie und die Natur sind das Beste am Ort“, sagt Christa Bulle (72), seit 1957 Klein Bademeuselerin. „Wir können uns frei bewegen, weil es wenig Straßenverkehr gibt. Außerdem haben wir viel Platz zum Spielen, auf der Dorfaue und auch Zuhause“, so Anneli Tschitschke

(11). Auf dem großen Hof werden viele Tiere gehalten. Seit dem Jahre 1958 lebt Günter Kochan (52) auf dem Grundstück der Eltern. „Hier hatte ich eine unbeschwerte Kindheit. Wir konnten damals in der Neiße baden“, erinnert er sich. Seine Enkelin Giselle Roy ist die jüngste Einwohnerin. ah


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