JAHRES M AGA Z I N 2018 ZUSAMMENGEWACHSEN
Riccardo Chailly und das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA
KOSMOS STOCKHAUSEN
Eine Hommage der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
SOL HEISST SONNE «artiste étoile» Sol Gabetta
WENN ALLES NEU IST
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
3
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
© Peter Fischli/LUCERNE FESTIVAL
SOMMER-FESTIVAL 2018
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA TOTAL Als Abonnent alle drei Programme erleben 17./19. August LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly | Lang Lang
Strawinsky Dumbarton Oaks | Mozart Klavierkonzert c-Moll KV 491 | Strawinsky Der Feuervogel
24. August
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Chor des Bayerischen Rundfunks | Riccardo Chailly Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune | Trois Nocturnes | Ravel Daphnis et Chloé
25. August
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly Wagner Ouvertüre zu Rienzi | Ouvertüre zu Der fliegende Holländer | Bruckner Sinfonie Nr. 7 E-Dur WAB 107
Detaillierte Informationen zu unseren Abo-Angeboten ab S. 16 des beiliegenden Konzertkalenders.
2
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Tickets unter: t +41 (0)41 226 44 80 | lucernefestival.ch
Editorial
Liebe Musikfreundinnen und Musikfreunde
E Michael Haefliger Intendant LUCERNE FESTIVAL
inen gleich dreifachen Grund zum Feiern hat LUCERNE FESTIVAL in dieser Saison. Vor 80 Jahren schlug die Geburtsstunde unserer Festspiele, die damals noch unter dem Namen Internationale Musikfestwochen Luzern firmierten: mit einem «Concert de Gala», das Arturo Toscanini vor der Wagner-Villa in Tribschen dirigierte. Vor 30 Jahren fand hier das erste Oster-Festival statt, und vor 20 Jahren erlebte das PianoFestival im neueröffneten KKL Luzern seine Premiere. Natürlich haben wir uns allerlei ausgedacht, um diese Jubiläen gebührend zu würdigen. Mit unserem Jahresmagazin möchten wir Ihnen verraten, was Sie 2018 bei LUCERNE FESTIVAL erwartet. Auf den folgenden Seiten können Sie das Neueste vom LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA und der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY erfahren. Sie finden Portraits und Interviews unserer «artistes étoiles» Sol Gabetta und Dan Tanson, von «composer-in-residence» Fritz Hauser oder von Sir Simon Rattle, der erstmals mit dem London Symphony Orchestra nach Luzern kommt. Und von den Berliner Philharmonikern, die seit 60 Jahren Stammgast der Festspiele sind. Wir laden Sie ein zu einer Reise in das zauberische Reich der «Kindheit», dem Thema des kommenden Sommer-Festivals. Und wir brechen auf in den «Kosmos» Karlheinz Stockhausen, dem 2018 der ModerneSchwerpunkt gewidmet ist. Natürlich haben wir auch zahlreiche Konzerttipps und attraktive Abo-Angebote für Sie vorbereitet. Alle Details zu den Veranstaltungen finden Sie im eingelegten Konzertkalender. Gute Gründe, die Festspielstadt Luzern zu besuchen, gibt es also viele. Wir freuen uns auf Sie! Ihr
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
3
Wie macht Engagement junge Talente gross? Selbst grosse Talente fangen klein an. Deshalb rĂźckt die Credit Suisse den Klassiknachwuchs mit dem Credit Suisse Young Artist Award und dem Prix Credit Suisse Jeunes Solistes ins Scheinwerferlicht. Seit 1993 ist die Credit Suisse stolzer Hauptsponsor des Lucerne Festivals.
credit-suisse.com/sponsoring Copyright Š 2017 Credit Suisse Group AG und/oder mit ihr verbundene Unternehmen. Alle Rechte vorbehalten.
6
Es wächst zusammen, was zusammengehört: Riccardo Chailly und das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA gehen in ihre dritte Saison.
14
Inhalt LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA
6 «Jetzt sind wir wirklich zusammengekommen» Wolfram Christ über die Arbeit mit Riccardo Chailly 12 Präzision und Poesie Der Dirigent Riccardo Chailly LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
14 Der Blick in die Sterne Die LUCERNE FESTIVAL ACADEMY erkundet den «Kosmos Stockhausen»
«Kosmos Stockhausen»:
20 Auf dem Olymp der Musikwelt Die Cellistin Sol Gabetta ist «artiste étoile»
Die LUCERNE FESTIVAL ACADEMY feiert den 90. Geburtstag des Klangvisionärs.
26 Transzendenz ohne Noten «composer-in-residence» am Schlagzeug: Fritz Hauser 28 Ein Musiker der modernen Art Sir Simon Rattle – ein Portrait SOMMER-SCHWERPUNKT «KINDHEIT»
20
34 Wenn alles zum ersten Mal geschieht 36 Das Kind als Wunder Wunderkinder, von Wolfgang Amadé Mozart bis Alma Deutscher
Die Sonne geht auf: «artiste étoile»
43 Dan Tanson: Jungsein ist keine Frage des Alters Ein Gespräch mit «artiste étoile» Dan Tanson
Sol Gabetta
48 Gewinnspiel: Wer ist denn das? 50 Kinderszenen Konzerttipps für den Sommer 2018 56 Ein Fest für die Musik 60 Jahre Berliner Philharmoniker bei LUCERNE FESTIVAL
34
«Kindheit»
lautet das Motto des SommerFestivals 2018.
26
Perkussive Welterkundung: «composer-in-residence» Fritz Hauser ist ein Grenzgänger.
60 Publikumslieblinge und spirituelle Glücksmomente: Das Oster-Festival 2018 62 Alles ausser Alltag: Das Piano-Festival 2018 64 «Ein magischer Eindruck» Luzern-Tipps von Festivalintendant Michael Haefliger und seiner Frau Andrea Loetscher 66 Abo-Angebote für den Sommer 2018 69 Informationen zum Kartenverkauf und zur Anreise 70 Partner 72 Stiftung Freunde LUCERNE FESTIVAL 74 Adressen | Impressum LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
5
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly
«Jetzt sind wir wirklich zusammengekommen» Riccardo Chaillys drittes Jahr mit dem LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA
7
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
7
8 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly
Seit 2003 ist Wolfram Christ Erster Solobratscher im LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA. Wir sprachen mit ihm über die Entwicklung des Orchesters und die Zusammenarbeit mit Riccardo Chailly. INTERVIEW: SUSANNE STÄHR Herr Christ, das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA geht 2018 in seine dritte Saison mit Riccardo Chailly als Chefdirigenten. Inwiefern hat sich das Orchester unter der neuen Leitung verändert? 2017, als wir erstmals drei verschiedene Programme mit Riccardo Chailly aufführen konnten, hat sich das Orchester insofern verändert, als es gelernt hat, höchst anspruchsvolle Werke sehr schnell zu erarbeiten und zusammenzubringen. Wir alle standen in dieser Zeit unter Hochspannung, und das hat sich positiv ausgewirkt. Gerade das Strauss-Programm, das wir zur Eröffnung gespielt haben, war sehr schwierig und hat uns herausgefordert, das war ein richtig athletisches Projekt. Wir wollten es so gut wie möglich machen.
Was macht Chailly völlig anders als Abbado – und worin ähnelt er ihm? Claudio Abbados Interpretationen hatten am Ende seiner Laufbahn eine Transzendenz, wie sie wohl kein anderer Dirigent je erreicht hat. Was Abbado und Chailly verbindet, ist die gründliche, monatelange Vorbereitung auf ihre Arbeit, also die intensive Beschäftigung mit den Partituren – beide dringen zum Wesen der Werke vor und beherrschen sie vollständig. Natürlich kann Chailly in seiner zweiten Saison noch nicht dieselbe Vertrautheit mit dem Orchester haben wie es Abbado nach zwölf Jahren vergönnt war. Man darf auch nicht vergessen, dass das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA ganz und gar Claudios Orchester war. Da muss ein Nachfolger es erst einmal schaffen, die Zusammenarbeit so fantastisch hinzubekommen, wie es Chailly gelungen ist. Unser Zusammenspiel wird sicher noch weiter wachsen und enger werden, wir sind erst am Anfang. Aber selbst jetzt hat man schon gespürt: Das wird eine sehr gute Gemeinschaft werden. Die Idee Abbados war es, ein Orchester der Freunde zu konstituieren. Inwiefern hat dieser Gedanke noch Bestand? Die gute menschliche Atmosphäre hat sich nicht verändert, es sind ja auch nur wenige neue Musiker dazugekommen. Ähnliche Fluktuationen gab es übrigens auch
«Er kennt jede Note einer jeden Partitur und weiss genau, wie er sie gespielt haben will.» Riccardo Chailly in der Probe (mit Wolfram Christ).
Was sind Riccardo Chaillys besondere Qualitäten? Er ist akribisch vorbereitet, kennt jede Note einer jeden Partitur und weiss genau, wie er sie gespielt haben will. Auch teilt er die Proben hervorragend ein. Nach meinem Eindruck ist im Sommer 2017 vor allem beim zweiten Programm und namentlich bei Tschaikowskys ManfredSinfonie der Knoten geplatzt. Da hat Chailly dann wirklich losgelassen, und das Orchester hat dieses Werk gemeinsam mit ihm höchst emotional interpretiert, es war ganz toll. Diese Aufführung war sicher ein Schlüsselmoment unserer Zusammenarbeit. Da dachte ich: Jetzt sind wir wirklich zusammengekommen. Es ist keine einfache Aufgabe, die Nachfolge eines Claudio Abbado anzutreten … Ja, aber das ist bei grossen Dirigenten und bedeutenden Orchestern immer so. Auch Abbado musste das erleben, als er Karajans Nachfolge bei den Berliner Philharmonikern übernahm. Und jetzt folgt Chailly eben Abbado nach. Natürlich sollte man nicht vergessen, was Abbado erreicht und geleistet hat – das Orchester wird dieses Erbe auch in der Art und Weise seines Musizierens lebendig erhalten. Und doch muss man irgendwann einmal abschliessen und offen sein für etwas Neues, für eine andere Richtung. Man kann doch keine Kopien von Dirigenten schaffen, jeder ist anders. LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
9
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly
schon in der Ära Abbado, wenn der eine oder die andere nicht mehr konnte oder wollte. Dann kam dafür jemand Neues. Das Stammensemble ist jedenfalls erhalten geblieben, und wir fühlen uns miteinander genauso verbunden wie eh und je. Das heisst auch, dass wir weiterhin gemeinsam überlegen, was man noch verbessern kann, im Probenablauf und in der Programmplanung. Und was ist mit dem Ideal des kammermusikalischen Miteinanders, einem weiteren Credo des Orchesters? Das Schöne ist, dass jeder Musiker schon sehr gut vorbereitet anreist – so etwas kennt man kaum bei anderen Orchestern. Gut, da gibt es viel Routine, die programmierten Werke wurden schon oft gespielt, aber bei uns sind sie für viele neu. Entsprechend intensiv beschäftigt man sich bereits vor der eigentlichen Arbeitsphase damit: Man weiss also, bei welchen Stellen es auf was ankommt, auf wen man hören und achten, mit wem man interagieren muss. Dieses kammermusikalische Denken und Hören ist tief verwurzelt in unserem Orchester, es ist eine Grundvoraussetzung, um in dieser Qualität Musik machen zu können. Jeder kennt seinen Part, alle hören aufeinander und orientieren sich nicht nur nach vorn, zum Pult – obwohl wir uns auf Riccardo Chailly perfekt verlassen können. Im nächsten Sommer werden Sie wieder drei verschiedene Programme erarbeiten: Mozart und Strawinsky im ersten, Werke von Debussy und Ravel im zweiten und als drittes ein Wagner-BrucknerProgramm. Worauf freuen Sie sich besonders? Ah, schwer zu sagen, weil ich all das gerne mag. Ich freue mich riesig, endlich wieder Mozart spielen zu dürfen, und dann noch das wunderbare c-Moll-Klavierkonzert! Aber auch das französische Programm ist herrlich – wann hört man schon einmal Ravels Daphnis et Chloé in der Gesamtfassung mit Chor? Beim dritten Programm war ich etwas erstaunt über die Rienzi-Ouvertüre, die hatte ich nicht erwartet: Zuletzt habe ich sie im Bundesjugendorchester gespielt, also vielleicht 1969, sonst nie mehr wieder. Aber ein interessantes Stück, keine Frage. Und Bruckners Siebte ist natürlich ein absolutes Highlight. Was kann das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA besser als andere Orchester? Dieses Orchester hat ein unfassbares Potential, was die Dynamik angeht, sowohl nach oben als auch nach unten, aber auch im Hinblick auf die Klangfarben. Ich glaube, dass sogar Riccardo Chailly selbst bei den Konzerten zuweilen erschrocken war, was wir auf das bereits sehr gute Probenergebnis am Abend noch zusätzlich etwas draufsetzen konnten. Dieses Potential hat er nun genauestens kennengelernt, und er wird es in Zukunft subtil ausbalancieren, auch was die Pianissimo-Regionen angeht. Für eine solche Feinjustierung braucht es Erfahrung und Vertrauen, und genau dieses Vertrauen wächst von Probe zu Probe und von Auftritt zu Auftritt. ■ 10 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
17. August | 18.30 Uhr Eröffnungskonzert KKL Luzern, Konzertsaal
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly Dirigent | Lang Lang Klavier Strawinsky Dumbarton Oaks | Mozart Klavierkonzert c-Moll KV 491 | Strawinsky Der Feuervogel. Märchenballett in zwei Bildern 19. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 3 KKL Luzern, Konzertsaal
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly Dirigent | Lang Lang Klavier Strawinsky Dumbarton Oaks | Mozart Klavierkonzert c-Moll KV 491 | Strawinsky Der Feuervogel. Märchenballett in zwei Bildern 24. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 8 KKL Luzern, Konzertsaal
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Chor des Bayerischen Rundfunks | Riccardo Chailly Dirigent Debussy Prélude à l’après-midi d’un faune | Trois Nocturnes | Ravel Daphnis et Chloé. Ballett in einem Akt 25. August | 18.30 Uhr Sinfoniekonzert 9 KKL Luzern, Konzertsaal
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly Dirigent Wagner Ouvertüre zu Rienzi | Ouvertüre zu Der fliegende Holländer | Bruckner Sinfonie Nr. 7 E-Dur WAB 107
Ouvertüre zu Ostern Bereits beim Oster-Festival im März gastiert Riccardo Chailly mit der Filarmonica della Scala in Luzern. 21. März | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Filarmonica della Scala | Riccardo Chailly Dirigent Tschaikowsky Sinfonie Nr. 2 c-Moll op. 17 Kleinrussische | Schostakowitsch Drei Stücke aus der Oper Lady Macbeth von Mzensk | Strawinsky Petruschka
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 11
Der Dirigent Riccardo Chailly
Präzision und Poesie
Als Chef des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA kann Riccardo Chailly die Summe seines künstlerischen Werdegangs ziehen und die vertrauensvolle Beziehung krönen, die ihn seit nunmehr dreissig Jahren mit den Luzerner Festspielen verbindet. TEXT: ANGELO FOLETTO
I
m künstlerischen Leben des 1953 in Mailand geborenen Riccardo Chailly gibt es Begegnungen, die ihn besonders geprägt haben. Grosse Bedeutung kommt hier vor allem dem Verhältnis mit Claudio Abbado zu. Ihm hat Chailly sein Debut an der Mailänder Scala zu verdanken (1978 mit I masnadieri von Verdi), aber auch zahlreiche andere Erfahrungen, durch die sich sein Profil eines präzisen und auf die Partituren konzentrierten Musikers herausgebildet hat – eines Dirigenten, dem es um Erkenntnis geht und der seinen Beruf zugleich als gesellschaftliche Aufgabe versteht. Dafür war Mailand in der Ära Abbado eine ideale Schule. Natürlich spielte auch die musikalische Tradition seiner Familie für Chailly eine wichtige Rolle: Bereits im Alter von vierzehn Jahren stand er erstmals vor einem Orchester. Angeleitet wurde er dabei von seinem Vater Luciano, einem Komponisten und Mann von breiten Interessen, der die Geschicke der Scala als künstlerischer Leiter in einer ihrer entscheidenden Phasen lenkte. Bei Franco Ferrara konnte der junge Riccardo in den politisch und gesell-
12 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
schaftlich bewegten siebziger Jahren Musik studieren und sich menschlich wie künstlerisch weiterbilden. Es herrschte damals eine enthusiastische, schöpferische Atmosphäre, am Theater wie auch in der gesamten Stadt konnten sich verschiedene geistige Strömungen fruchtbar verbinden. LEHRJAHRE IN POLITISCH BEWEGTER ZEIT In Mailand fanden künstlerische Standortbestimmungen statt, es wurde über den Zustand der Musik diskutiert und über ihre Rolle in der modernen Gesellschaft. Das prägte fraglos auch den jungen Chailly. Die bedeutendsten Dirigenten und Solisten traten an der Scala auf, der Spielplan bot Aufführungen, an die man sich noch lange erinnern sollte. Vor allem die Zyklen mit thematischen Schwerpunkten erzielten grosse Aufmerksamkeit. Während der Studienjahre Chaillys unterrichteten am Conservatorio auch Bruno Bettinelli, Giacomo Manzoni und Franco Donatoni; Bruno Maderna leitete das RAI-Orchester und initiierte die Reihe «Musica nel nostro tempo», bei der verschiedene Institutionen zusammenarbeiteten, um
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Riccardo Chailly
sich, angeführt von Maurizio Pollini und dem Quartetto Italiano, ganz der modernen Musik zu widmen. Noch als Student konnte Chailly erste Erfahrungen mit der Oper und der Sinfonik sammeln, am Konservatorium und bei den «Pomeriggi Musicali», einer Konzertreihe, die dazu diente, neue Komponisten und Interpreten zu «entdecken». Er fiel dort rasch auf und wurde von der Vereinigung der lombardischen Theater und der «Associazione Lirica e Concertistica» mit Dirigaten betraut. Dann rief ihn Abbado als Assistent an seine Seite. Da war Riccardo Chailly gerade einmal zwanzig Jahre alt. Und es ging weiter steil bergauf. Der Dirigent Bruno Bartoletti, Muster eines hingebungsvollen Opernleiters, holte Chailly alsbald nach Amerika. In Chicago war es, dass der junge Maestro erstmals mit Puccini experimentierte und auch die Einsichten Gustav Mahlers auf den Prüfstand stellte. In seiner Zeit in Amsterdam tauchte er dann, im engen Austausch mit Abbado, immer stärker in die Welt des österreichischen Komponisten ein und entdeckte ihn für sich. Insbesondere sein Verständnis von Mahler als einer Übergangsfigur zwischen zwei Jahrhunderten geht auf diese Zeit zurück. Nach Chaillys Ansicht fasst Mahler nämlich die fortschrittlichen Schreibweisen der Musik an der Schwelle zum 20. Jahrhundert mit schöpferischer Kraft zusammen und stellt sie der musikalischen Welt des 19. Jahrhunderts gegenüber – auf diese Weise gelang es ihm zugleich, all jene Komponisten besser zu verstehen, die es sich zur Aufgabe gemacht hatten, einen modernen Stil zu entwickeln. Aus dieser Erkenntnis resultiert auch Chaillys Vorliebe, bei seinen Mahler-Interpretationen neben den feierlichen Melodiebögen besonders die Stimmungskontraste und die rhythmische Disposition zu akzentuieren, die Nebenstimmen zu betonen oder harmonische Entwicklungen, kontrapunktische Strukturen und musikalische Unregelmässigkeiten als Kennzeichen von Wagemut und Experimentierlust hervorzuheben. Mit einer einzigen Geste versteht er es, das Publikum zu entflammen und das Orchester konzentriert zu Aufschwüngen zu führen. Vom Engagement des Maestros in Bezug auf die Moderne, ein Erbe seiner frühen Mailänder Jahre, legen die Spielpläne ein beredtes Zeugnis ab, die er als Chefdirigent und Musikdirektor beim Berliner Radio-Symphonieorchester, beim Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam und beim Leipziger Gewandhausorchester entworfen hat.
Doch seine künstlerische Energie bezieht er gleichermassen aus dem Repertoire vom 18. bis zum 20. Jahrhundert. Ob es sich um einen Blick auf die Fundamente handelt, auf Johann Sebastian Bach oder auf einen jener anderen unausweichlichen Bs der Musikgeschichte, ob um selten gehörte Werke oder Uraufführungen: Immer geht es Chailly um die Lebendigkeit der Interpretation. Mit ungebremster Leidenschaft stürzt sich Chailly in die Archive und dringt bei seiner Recherche bis zu Jugendarbeiten der Komponisten und zu unveröffentlichten Werke vor. Natürlich hat er dabei das italienische Musiktheater, aber auch das Schaffen Richard Wagners nie aus den Augen verloren. Die Bedeutung dieser angewandten Forschung mit ihrem Rückgriff auf die originalen Handschriften manifestiert sich in zahlreichen wegweisenden Einspielungen. Doch gibt Chailly im Vertrauen auf den Urtext keineswegs die gestalterische Verantwortung ab. Ganz im Gegenteil: Es geht ihm um die Erkundung neuer Freiräume, um technische Präzision ebenso wie um die poetische Auslegung.
Riccardo Chailly hat die Gesamtheit der abendländischen Musikgeschichte im Blick. Weshalb er sich auch systematisch das französische und das russische Repertoire angeeignet hat – von beidem legen seine Konzerte im Luzerner Festspielsommer 2018 Zeugnis ab. Als seine Berufung begreift er nicht nur die Arbeit auf dem Podium. Er will der Kultur umfassend dienen, die grossen Werke erforschen und tief ergründen, um sie dann im Konzert überzeugend «nachschöpfen» zu können. Mit dieser Mischung aus Neugierde und intellektueller Unangepasstheit folgt er letztlich auch den Spuren des grossen Arturo Toscanini, der 1938 in Luzern die Festspiele und mit dem eigens für ihn zusammengestellten «Elite-Orchester» den Prototypus für das heutige LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA begründete. Jetzt ist es an Riccardo Chailly, dieses «Instrument», diesen einzigartigen Klangkörper, weiterzuentwickeln: es lebendig zu erhalten und zum künstlerischen Sprachrohr der eigenen Zeit werden zu lassen. ■
Jubiläum: Vor dreissig Jahren, im Sommer 1988, war Riccardo Chailly erstmals zu Gast in Luzern – mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam.
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 13
Die LUCERNE FESTIVAL ACADEMY erkundet den «Kosmos Stockhausen» 14 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
Vor neunzig Jahren wurde Karlheinz Stockhausen geboren, ein charismatischer Pionier der Avantgarde. Auf Anregung von Wolfgang Rihm widmet ihm LUCERNE FESTIVAL zum Jubiläum eine grossangelegte Hommage unter dem Titel «Kosmos Stockhausen»: mit den jungen Musikerinnen und Musikern der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY als Hauptdarstellern. TEXT: ANSELM CYBINSKI
Der Blick in die Sterne
E
s waren nur wenige, vereinzelte Noten. Eine karge Musik für zwei Klaviere, dem ersten Eindruck nach kaum mehr als eine zufällige Folge unverbundener Punkte. Der berühmte Professor hatte aufmerksam zugehört. Doch nun, da er das von den Studenten Präsentierte beurteilen sollte, schien er ratlos. Wo in dieser Partitur denn das Motiv zu finden sei, wollte er wissen, wo Vordersatz und Nachsatz? In sehr höflichem Tonfall meldete sich da der jüngere der beiden Pianisten, die gerade vorgetragen hatten, zu Wort. «Herr Professor, Sie suchen nach einem Huhn auf einem abstrakten Bild», sagte der 23-jährige Mann aus dem Rheinland. Das sass: Es war nicht nur pointiert formuliert, die Replik zeugte auch vom immensen Selbstvertrauen eines Hochbegabten, der schon genau zu wissen schien, dass die Zukunft des Metiers einer neuen Generation gehören werde – seiner Generation und ihren in jeder Hinsicht umstürzlerischen Ideen. Nicht von ihm selbst, von Karlheinz Stockhausen, stammte das zu diskutierende Stück, sondern von seinem Kollegen Karel Goeyvaerts aus Belgien. Doch Stockhausen identifizierte sich mit dessen Ansatz – er selbst dachte bereits über ähnliche, noch weit strenger konzipierte Projekte nach. Die Episode trug sich im Sommer 1951 bei den Darmstädter Ferienkursen zu; in Avantgardekreisen wurde sie schnell zur Legende. Ursprünglich hatte Arnold Schönberg die jungen Komponisten unterrichten sollen, doch als der Zwölftonmeister absagen musste – er verstarb am 13. Juli des Jahres im kalifornischen Exil –, da sprang Theodor W. Adorno ein, der Philosoph, Soziologe und scharfsinnige Musikdenker, ein ehemaliger Schüler LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 15
LUCERNE FESTIVAL ACADEMY
ZUSAMMEN MIT PIERRE BOULEZ UND LUIGI NONO BILDETE STOCKHAUSEN DAS DREIGESTIRN DER MUSIKALISCHEN NACHKRIEGSREVOLUTION.
Pioniere der «Stunde Null»: Karlheinz Stockhausen mit den Komponisten Luigi Nono und Pierre Boulez (oben) und mit den Pianisten Alfons und Aloys Kontarsky (bei den Proben zu Mantra, Mitte).
16 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Alban Bergs und entschiedener Propagandist der Zweiten Wiener Schule. Probleme der Zwölftonkomposition standen im Zentrum der Kurse in jenem Sommer. Nach den Jahren der Nazi-Diktatur hatten die jungen Komponisten einiges nachzuholen. Doch schnell brach sich das Neue Bahn. Kaum waren die Verfahren Schönbergs und seiner Schüler in Komponistenkreisen einigermassen angekommen, wurden sie von den Ungeduldigsten unter den Jüngeren bereits als erledigt erklärt. Der Wiener Meister war wenige Monate tot, da warf ihm Pierre Boulez in seinem Vortrag Schönberg est mort bereits eine verantwortungslose Inkonsequenz im Umgang mit den eigenen technischen Neuerungen vor. Olivier Messiaens Klavieretüde Mode de valeurs et d’intensités, die Stockhausen im Darmstädter Sommer 1951 kennenlernte, wies den Weg in die Zukunft: Nicht allein die Tonhöhen sollten nun nach Reihen geordnet werden, sondern auch alle anderen Merkmale der Musik wie Lautstärke, Dauer und Klangfarbe. Nicht länger aus intuitiv erkennbaren Gestalten, aus Gesten, Motiven und Themen, erschufen die Vorreiter dieser «seriellen Musik» ihre Werke, sondern aus einem einheitlichen System quantitativer Beziehungen zwischen einzelnen Tönen. «MAN KANN VON GRUND AUF NEU ANFANGEN» Die historische «Stunde Null» nach dem Zweiten Weltkrieg, sie hatte nicht nur die Einsicht gebracht, dass eine atomar bewaffnete Menschheit sich von nun an in kürzester Zeit selbst auszulöschen imstande wäre. Die Erfahrung des Hitler-Regimes und des Holocausts zog die Legitimität tradierter Ordnungen schlechthin in Zweifel, seien sie politischer oder ästhetischer Art. Fragwürdig erschienen damit aber auch die sprachähnlichen Verweissysteme der Kunst und erst recht die Vorstellung von «Ausdruck» als Mittel sinnvoller Aussagen selbstbestimmter Subjekte. Kaum ein Künstler empfand dies damals deutlicher als Stockhausen, der im Krieg nicht nur beide Eltern verloren hatte: Die depressive Mutter wurde Opfer des Euthanasieprogramms der Nazis, der Vater fiel in Ungarn. Als Lazaretthelfer hatte auch er selbst über Monate schweres physisches Leid aus nächster Nähe erlebt. «Die Städte sind radiert, und man kann von Grund auf neu
anfangen ohne Rücksicht auf Ruinen und ‹geschmacklose› Überreste», postulierte der junge Komponist. Alle konventionellen Tonordnungen erschienen ihm unbrauchbar für seine Musik der Zukunft, und auch die instinktive Klangvorstellung des Praktikers glaubte er durch alles bisher Gehörte kontaminiert. In der Rückschau beschrieb er die Jahre um 1950 später als den Beginn einer neuen Epoche, in der «eine Orientierung vom Menschen weg stattfand. Man schaute wieder in die Sterne, begann intensiv zu messen und zu zählen.» Zusammen mit Boulez und Luigi Nono bildete Stockhausen damals das Dreigestirn der musikalischen Nachkriegsrevolution. Doch er, der fromme Katholik, galt als der radikalste Pionier – getrieben nicht nur von einem an der modernen Naturwissenschaft geschulten Streben nach Reinheit, Präzision und Kontrolle, sondern auch vom religiös motivierten Wunsch einer «Annäherung an die denkbare Vollkommenheit von Ordnung», bei der das Einzelne in einem höheren Ganzen, einer Art kosmischen, globalen Struktur aufzugehen habe. Sämtliche Ebenen des Materials und der Form wurden einheitlichen Proportionsreihen und deren kombinatorischen Abwandlungen unterworfen. Stockhausens Musikdenken wohnte schon damals ein autoritärer Zug inne; auch die Verabsolutierung des künstlerischen Tuns, wie sie später in den fatalen Äusserungen des Komponisten zum Twin-Tower-Attentat des 11. September 2001 zum Ausdruck kam, war im Kern wohl
schon angelegt. Doch der kreative Furor des Vierteljahrhunderts nach 1951 war immens. Er brachte eine Reihe spektakulärer Werke hervor, die auch da noch zu fesseln vermögen, wo sie nach herkömmlichem Verständnis kaum zu verstehen, sondern in der Kohärenz ihrer Umsetzung allenfalls nachzuvollziehen sind. PUNKTE, GRUPPEN UND BEWEGTE KLÄNGE Innerhalb weniger Jahre hatte sich Stockhausen unter anderem die «punktuelle Musik» und die «Gruppenform» erschlossen. Diese Entwicklung ist gut nachvollziehbar anhand des spieltechnisch extrem anspruchs- STOCKHAUSEN WURDE vollen Zyklus der Klavierstücke, ZUM VORBILD AUCH FÜR den Pierre-Laurent Aimard in Luzern vollständig zur Aufführung ROCK- UND POP-MUSIKER bringt. Im Kölner Studio des West- UND ZIERTE DAS COVER deutschen Rundfunks komponierte Stockhausen die ersten rein DES BEATLES-ALBUMS elektronischen Stücke und bald SGT. PEPPER’S LONELY auch hoch komplex organisierte HEARTS CLUB BAND. Montagen aus elektronischen und gespielten respektive gesungenen Lauten. Die Bewegung des Klanges im Raum, die Stockhausen im berühmten Gesang der Jünglinge (1955/56) im Medium der Elektronik erprobt hatte, übertrug er sofort auch auf den instrumentalen Klangkörper, besonders spektakulär in Gruppen (1957–59) für drei
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 17
1. September | 18.30 Uhr Sinfoniekonzert 15 KKL Luzern, Konzertsaal
Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Matthias Pintscher Dirigent | Pierre-Laurent Aimard und Tamara Stefanovich Klavier Kurtág Stele für grosses Orchester | Eötvös Reading Malevich für Orchester (Uraufführung «Roche Commissions») | Bella Lethe für Streichorchester | B. A. Zimmermann Dialoge. Konzert für zwei Klaviere und Orchester 2. September | 11.00/17.00 Uhr Kosmos Stockhausen 2 & 3 KKL Luzern, Luzerner Saal
Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Peter Eötvös, Lin Liao und David Fulmer Dirigenten
Stockhausen Inori. Anbetung für zwei Solisten und grosses Orchester 8. September | 16.00 Uhr Kosmos Stockhausen 4 Kirchensaal MaiHof
Solisten der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Pierre-Laurent Aimard Klavier | Dirk Rothbrust Schlagzeug
Stockhausen Zyklus für einen Schlagzeuger | Kontakte für elektronische Klänge, Klavier und Schlagzeug | weiteres Werk
Orchesterstück mit zwei Tanzmimen: Inori verbindet Klangsinnlichkeit, spirituelle Tiefe und strenge Konstruktion (Karlheinz Stockhausen leitet eine Aufführung 1989 in Köln).
25. August | 11.00 Uhr Moderne 2 KKL Luzern, Luzerner Saal
Ensemble der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Matthias Pintscher Dirigent «Genesis». Ensemblestücke von Czernowin, Nikodijevic, Bedrossian, Thorwaldsdottir, Magrané Figuera, Gervasoni und Andre 1. September | 11.00 Uhr Kosmos Stockhausen 1 Kirchensaal MaiHof
Pierre-Laurent Aimard und Tamara Stefanovich Klavier
Stockhausen Mantra für zwei Pianisten und ringmodulierte Klaviere 1. September | 15.00 Uhr Moderne 4 Maskenliebhabersaal
Ensemble der LUCERNE FESTIVAL ALUMNI | Teilnehmer des «Conducting Fellowship» | Wolfgang Rihm Leitung Werke der Teilnehmer des «Composer Seminars»
18 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
8. September | 21.00 Uhr Moderne 5 Neubad
we spoke: percussion | Solenn’ Lavanant-Linke, Leslie Leon, Rebecca Ockenden, Barbara Schingnitz Stimmen (Hauser) | SoloVoices
Hauser Klangkörper. Stimmen – Schlagzeug – Raum | Stockhausen Stimmung 9. September | 11.00 Uhr Kosmos Stockhausen 5 Kirchensaal MaiHof
Pierre-Laurent Aimard Klavier Stockhausen Klavierstücke I−XI
9. September | ab 18.30 Uhr Kosmos Stockhausen 6 & 7 | Sinfoniekonzert 24 KKL Luzern, Konzertsaal und Luzerner Saal
London Symphony Orchestra | Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Sir Simon Rattle, Matthias Pintscher und Duncan Ward Dirigenten Stockhausen Gruppen für drei Orchester | Nono No hay caminos, hay que caminar … Andrej Tarkowskij für sieben Orchestergruppen | Messiaen Et exspecto resurrectionem mortuorum | Stockhausen Gruppen für drei Orchester
«ALLES, WAS ER KONZIPIERT HAT, WAR MENSCHLICH, GEFÜHLT.» Pierre-Laurent Aimard
Bewegter Klang im Raum: Stockhausens Gruppen waren erst einmal in Luzern zur hören, 2007 mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY. Dafür gleich zweimal hintereinander − wie auch im Sommer 2018 wieder.
hufeisenförmig um die Zuhörer herum angeordnete Orchester mit insgesamt 109 Musikern und drei Dirigenten. Die drei Taktgeber sind deshalb vonnöten, weil die Orchester zumeist in verschiedenen Tempi spielen. Obwohl serielle Prinzipien walten, wirkt das musikalische Geschehen vital und improvisatorisch frei; unablässig wandern die Impulse, Linien und Timbres von einer Seite auf die andere, während filigrane Solopartien sich mit explosiven Energieentladungen abwechseln. Igor Strawinsky war zutiefst beeindruckt von den Gruppen, und auch der skrupulöse Ungar György Kurtág erkannte in ihnen eine der bahnbrechenden Leistungen der Musik nach 1950. Weshalb sie in Luzern an einem Abend gleich zweimal zu erleben sind. Schon 1956 experimentierte Stockhausen in seinem Klavierstück XI mit der Aleatorik, dem gesteuerten Zufall: Die 19 vorgegebenen Notengruppen sollen in beliebiger Abfolge gespielt werden, wobei Tempo, Lautstärke und Anschlagsform jedes neuen Abschnitts jeweils dem Ende des vorangegangenen zu entnehmen sind. In seinem Zyklus für einen Schlagzeuger (1959) lieferte Stockhausen gar eine Partitur mit Spiralbindung: Der von seinen Instrumenten umringte Interpret darf den Einsatzpunkt seiner Rundtour durch das Stück und seinen Gerätepark selbst wählen. Die Kontakte für elektronische Klänge, Klavier und Schlagzeug machten kurz darauf die Begegnung synthetischer und instrumentaler Musik in Kombination mit der Bewegung des Klangs zum Thema. IKONE DER HIPPIE-BEWEGUNG Immer weiter drang der Heros der Elektronik derweil in den Bezirk einer intuitiven, nur durch verbale Anweisungen determinierten Ensemblemusik vor. In Stimmung für sechs im Kreis auf dem Boden sitzende Vokalisten, die 75 Minuten lang nur einen einzigen, direkt der Oberton-
Ein Meister für die Moderne: Pierre-Laurent Aimard interpretiert Stockhausens spieltechnisch extrem anspruchsvolle Klavierstücke I−XI.
reihe entnommenen Akkord intonieren, ist die Nähe nicht nur zur amerikanischen Minimal Music, sondern auch zur Hippie-Bewegung mit Händen zu greifen. Stockhausen, der Proteus, inspirierte und irritierte nicht nur Generationen klassischer Komponisten, er wurde auch zur Vorbildfigur für Musiker aus dem Bereich des Rock und Pop wie Frank Zappa, David Bowie oder Björk und für die Techno-Bewegung. John Lennon sorgte dafür, dass der Avantgardekomponist 1967 als einziger seines Standes einen Platz unter 58 Persönlichkeiten auf dem Cover des Beatles-Albums Sgt. Pepper’s Lonely Hearts Club Band erhielt. Wahrscheinlich haben die widerstrebenden Kräfte von Stockhausens Schaffen niemals zu einer glücklicheren Balance gefunden als in den von den rituellen Praktiken Indiens und Japans angeregten «Formelkompositionen» der siebziger Jahre, bevor sich der Komponist von 1977 an endgültig seinem gigantischen Opernzyklus Licht zuwandte. In Mantra für zwei Pianisten (1970) und dem Orchesterstück mit zwei Tanzmimen Inori (1973/74) verbinden sich Klangsinnlichkeit, spirituelle Tiefe und die strenge Folgerichtigkeit der peniblen Konstruktion. Man muss das hören, erleben, geistig durchmessen, um zu ahnen, dass es dieser Musik schlicht um alles ging: um eine neue Ordnung der Welt. ■ LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 19
Sol Gabetta | «artiste étoile»
Die Cellistin Sol Gabetta – und das Jahr 2018
Auf dem Olymp der Musikwelt 2004 gewann sie in Luzern den «Credit Suisse Young Artist Award» – es war der Auftakt zu einer rasanten Weltkarriere. Im kommenden Sommer prägt die Cellistin Sol Gabetta das Luzerner Festspielprogramm als «artiste étoile». TEXT: SUSANNE STÄHR
I
n Luzern fing alles an. 23 Jahre jung war Sol Gabetta, als sie beim Sommer-Festival 2004 mit den Wiener Philharmonikern und Valery Gergiev das Zweite Cellokonzert von Dmitri Schostakowitsch aufführte – und zwar so furios, dass die Besucher aus dem Staunen nicht mehr herauskamen. «Wenn ich mir heute den Mitschnitt dieses Konzerts anhöre», gesteht die Cellistin, «dann wundere ich mich schon, wie ich dieses Stück damals so locker spielen konnte. Ich hatte es gerade erst einstudiert und noch nie öffentlich vorgetragen. Und natürlich war dieser Auftritt enorm wichtig für mich: erstmals mit den Wiener Philharmonikern zusammenzuarbeiten, ein Traum, und dann noch bei einem so bedeutenden Festival! Also war ich entsprechend nervös. Aber man merkt daran, dass sich junge Menschen mit einer anderen Selbstverständlichkeit und Spontaneität an Herausforderungen wagen.» Für die gebürtige Argentinierin war es das Fanal zu einer Karriere, die sie rasch zu einem Liebling in der Klassikszene aufsteigen liess. Sie erhielt einen Exklusivvertrag bei einem grossen Plattenlabel, räumte Preise über Preise ab, reiste als Solistin rund um die Welt. 2006 gründete sie ihr eigenes Festival, in Olsberg bei Basel, wo sie seit zwölf Jahren zuhause ist. Und kurz danach ihr eigenes Barockorchester, die Cappella Gabetta, mit ihren Bruder Andrés als Konzertmeister. Gleichzeitig aber musste Sol Gabetta auch die Schattenseiten des Ruhms kennenlernen. Zum Beispiel die erbarmungslosen Mechanismen der Vermarktung. Eine junge, blonde, strahlend schöne Cellovirtuosin – war sie nicht das ideale Objekt für allerlei Fotoshootings? Passend dazu suchte ein Teil der Presse
20 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Sol Gabetta | «artiste étoile»
SOL GABETTA VERMAG MIT DEM KLANG DES CELLOS ALLES AUSZUDRÜCKEN: WONNE UND WEHMUT, WITZ ODER WUT.
«Ich habe nie gesagt: Ich werde Solistin! Die Dinge sind einfach passiert.» Sol Gabetta bei der Probe.
nach Stoff für Klatschgeschichten, interessierte sich mehr für Privates als für die Kunst. Und dann waren da noch die ständigen Vergleiche mit einer berühmten Vorgängerin, der früh verstorbenen Jacqueline du Pré. Es spricht für Sol Gabetta, dass sie unverdrossen ihren Weg gegangen ist. Weder hat sie sich in sinnlose Kämpfe verloren, noch hat sie sich entmutigen lassen. Wer von ihr immer nur dieselben drei, vier Klassiker aus dem Repertoire hören wollte, der musste eben ohne sie auskommen. Und seichte Projekte, die zwar einen Verkaufserfolg versprochen, sie künstlerisch aber nicht befriedigt hätten, hat sie rundweg abgelehnt. Umso ermutigender ist es für Gabetta, wie enorm ihre Reputation gerade in den letzten Jahren gewachsen ist. Dass sie 2018 als «artiste étoile» zu LUCERNE FESTIVAL zurückkehrt und ein Kreis sich damit schliesst, erscheint nur folgerichtig. DREI GROSSE CELLOKONZERTE «2018 wird für mich ein besonders wichtiges Jahr», glaubt sie. Das fängt schon im Frühjahr an, mit den Salzburger Osterfestspielen, wo sie das Schumann-Konzert mit Christian Thielemann und seiner Sächsischen Staatskapelle vorträgt und mit dem Herbert-von-KarajanMusikpreis geehrt wird. Wenig später, im April, wird Sol
22 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Gabetta dann erstmals mit den Wiener Philharmoniker im Musikverein zu erleben sein – es ist ihr erster gemeinsamer Auftritt nach dem Debut von 2004. Und dann die Residenz als «artiste étoile» beim Luzerner SommerFestival, die für sie auch deshalb viel bedeutet, weil ihr die Schweiz längst zur Heimat geworden ist. Hier fühlt sie sich aufgehoben, kann sie entspannen und Kraft tanken, wenn sie einmal nicht «on tour» ist. Drei grosse Cellokonzerte wird Sol Gabetta in Luzern interpretieren – drei Werke, wie sie verschiedener nicht sein könnten: «Allen dreien kommt in meinem Leben eine Schlüsselrolle zu», erzählt sie. «Haydns C-Dur-Konzert habe ich schon bei meinem allerersten Auftritt mit Orchester gespielt: Das war 1991 mit dem Sinfonieorchester von Córdoba. Seither habe ich es in den unterschiedlichsten Konstellationen zur Aufführung gebracht: historisch informiert oder mit modernen Instrumenten, mit kleinem Ensemble oder mit grösserer Besetzung. Dass es für mich jetzt gemeinsam mit den Wiener Philharmonikern auf dem Programm steht, bedeutet mir eine Ehre.» Mit dem Ersten Cellokonzert des Tschechen Bohuslav Martinů nimmt sich Gabetta einen ihrer Favoriten vor. «Ich habe es vor zehn Jahren entdeckt, als es mir für ein
Ihr Sinn für Humor, ihr Strahlen, aber auch ihr inneres Glühen für die Musik zeichnen sie aus: Sol Gabetta nach ihrem Auftritt mit dem Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam im Sommer 2016 (links). Keinerlei Berührungsängste: Sol Gabetta mit einer Festivalbesucherin (unten).
gemeinsames Konzert mit Andris Nelsons vorgeschlagen wurde. Keiner von uns beiden kannte es, und wir waren umso neugieriger, weil damals auch keine gute Aufnahme davon existierte. Aber es war eine echte Überraschung: Dieses Konzert ist sowohl in seinem musikalischen Gehalt als auch cellistisch einfach grossartig. Der Orchestersatz ist opulent, die an böhmische Volksmelodien angelehnten Themen sind überaus reizvoll, und vor allem finde ich die rhythmischen Strukturen sehr interessant. Es ist für das Cello extrem virtuos geschrieben, aber nachdem Martinů es gleich zweimal revidiert und drei Fassungen vorgelegt hat, liegt es gut für unser Instrument. Ich habe mir vorgenommen, dieses Stück beim Publikum durchzusetzen – auch wenn manche Veranstalter nicht gleich darauf anspringen. In Luzern war man da glücklicherweise sehr offen.» Dass sich Sol Gabetta auch für Edward Elgars Cellokonzert entschieden hat, mag weniger überraschen. Seitdem Jacqueline du Pré und Sir John Barbirolli das Werk in den frühen sechziger Jahren «ausgegraben» haben, wird es vom Publikum weltweit geliebt für seinen nostalgischen, wehmütigen Tonfall. Bereits zweimal hat Gabetta es auf CD aufgenommen, pro Saison interpretiert sie es durchschnittlich etwa 15 bis 20 Mal, und sie spielte es
auch, als sie 2014 ihren Einstand bei den Berliner Philharmonikern gab und als sie 2016 die BBC Proms eröffnete. «Bei keinem anderen Werk hat sich meine Sichtweise stärker entwickelt», erklärt sie. Und mit dem ElgarKonzert verbindet sich noch eine weitere Veränderung: Mit ihm erprobte sie ihr neues Instrument, ein 300 Jahre altes, venezianisches Goffriller-Cello. EIN NEUER WEGGEFÄHRTE: DAS GOFFRILLER-CELLO Aufgetan hat es ihr Partner, der französische Geigenrestaurator Balthazar Soulier, der Sol Gabetta bei ihren Auftritten begleitet und das Instrument an das jeweilige Repertoire, die klimatischen Bedingungen und die Akustik des Saals anpasst. «Für Cellisten ist Goffriller das, was für die Geiger Stradivari ist. Dieses Instrument hat mehr Kern und Volumen als Sols bisheriges GuadagniniCello und eignet sich deshalb auch besonders gut für Konzerte mit grossem Orchester. Viele bedeutende Cellisten, zum Beispiel Pablo Casals, haben bevorzugt Instrumente von Matteo Goffriller gespielt», erläutert Soulier. Gabetta fügt hinzu: «Der Klang des GoffrillerCellos ist kraftvoll, aber nicht aggressiv, er ist energetisch und erlaubt mir, bestimmte Strukturen herauszumeisseln wie ein Bildhauer seine Skulpturen. In diesem Instrument LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 23
«IN DIESEM INSTRUMENT STECKT EIN TIGER!» Sol Gabetta über ihr Goffriller-Cello
Bearbeitungen geben, zum Beispiel Werke von Robert Schumann, eigens arrangiert im Hinblick auf das FestivalThema «Kindheit». Vielleicht ist Sol Gabetta ja eine Forscherin, die im Laboratorium der Musik neue Ideen ausheckt. Und dabei hat sie allerlei Spielarten in petto: Sie kann mit Virtuosität auftrumpfen oder auf ihrem Instrument singen, ja, sie vermag mit dem Klang des Cellos alles auszudrücken, Wonne und Wehmut, Witz oder Wut. Vor allem aber ist sie immer streng mit sich selbst, lässt sich nichts durchgehen, verbietet es sich zu tricksen. Das Publikum spürt diese Ehrlichkeit. Und auch deshalb ist Sol Gabetta auf dem Olymp der Musikwelt angekommen. ■
18. August | 14.30 Uhr Kammermusik 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Matthias Goerne Bariton | Sol Gabetta Violoncello | Kristian Bezuidenhout Klavier Das Programm wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.
steckt ein Tiger!» Und in seiner neuen Besitzerin wohl auch … Ihr Guadagnini, das ihr über die Jahre ans Herz gewachsen ist, hat sie freilich nicht zur Seite gelegt – Sol Gabetta spielt es jetzt vielmehr, wenn sie sich Alter Musik widmet, und bespannt es dann mit Darmsaiten. Für dieses Repertoire, so weiss sie, ist sein warmer, intimerer Ton einfach ideal. Dass sie mittlerweile auf zwei Instrumenten alternierend musiziert, ist bezeichnend für ihre Vielseitigkeit und Sorgfalt. Denn einerseits verfügt Sol Gabetta über ein bemerkenswert breites Repertoire vom Barock bis zu zeitgenössischen Werken, und andererseits nähert sie sich den verschiedenen Epochen mit Detailversessenheit und dem Anspruch an höchste Authentizität. IM LABORATORIUM DER MUSIK Sol Gabetta liebt es, ungewöhnliche Projekte durchzuführen, vorzugsweise mit wahlverwandten Kolleginnen und Kollegen, von Cecilia Bartoli bis Patricia Kopatchinskaja. Beim Luzerner Sommer-Festival wird sie gemeinsam mit Matthias Goerne ein Rezital bestreiten. Cello und Bariton – wie soll das gehen?, mag man sich fragen. Aber für Gabetta ist gerade die unorthodoxe Konstellation so interessant. «Ich bin fasziniert von Goernes Stimme – den Zusammenklang mit meinem Instrument stelle ich mir spannend vor. Seine kompromisslose Art, an die Musik heranzugehen, hat mich tief beeindruckt.» Verschiedene Komponisten hat sie bereits angesprochen und um neues Repertoire für das Duo gebeten; daneben soll es auch 24 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
28. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 11 KKL Luzern, Konzertsaal
Mahler Chamber Orchestra | François-Xavier Roth Dirigent | Sol Gabetta Violoncello Bartók Divertimento für Streichorchester Sz 133 | Martinů Cellokonzert Nr. 1 | Bizet Jeux d’enfants (Fassung für Orchester) | Haydn Sinfonie g-Moll Hob. I:83 La Poule 7. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 21 KKL Luzern, Konzertsaal
Wiener Philharmoniker | Franz Welser-Möst Dirigent | Sol Gabetta Violoncello Haydn Cellokonzert C-Dur Hob. VIIb:1 | Bruckner Sinfonie Nr. 5 B-Dur WAB 105 14. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 29 KKL Luzern, Konzertsaal
London Philharmonic Orchestra | Marin Alsop Dirigentin | Sol Gabetta Violoncello Elgar Cellokonzert e-Moll op. 85 | Mahler Sinfonie Nr. 1 D-Dur
© Archiv der Stockhausen-Stiftung für Musik, Kürten
SOMMER-FESTIVAL 2018
KOSMOS STOCKHAUSEN Vor neunzig Jahren wurde Karlheinz Stockhausen geboren. LUCERNE FESTIVAL widmet dem Klangvisionär eine grosse Hommage. Stockhausen Gruppen | Inori | Klavierstücke I−XI | Kontakte | Mantra | Stimmungen | Zyklus Mit Pierre-Laurent Aimard, Peter Eötvös, Matthias Pintscher, Sir Simon Rattle, Tamara Stefanovich, Duncan Ward, dem London Symphony Orchestra, dem Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY u. v. a.
lucernefestival.ch/stockhausen
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 25
Transzendenz ohne Noten Der Schlagzeuger und Komponist Fritz Hauser ist ein Grenzgänger. Er lotet die Übergänge zwischen Improvisation und Komposition, Intuition und Ratio, Geräusch und Klang aus – und greift dabei auf eine Praxis der Kindheit zurück: das Schraffieren. TEXT: MARK SATTLER Wie schwer ist es doch, zugleich alt und jung, ein Weiser und ein Kind zu sein. Jules Michelet
26 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
E
s müssen nicht immer Werke von Ludwig van Beethoven oder Gustav Mahler sein, um im Konzertsaal Transzendenzerfahrungen zu machen. Es geht auch mit zeitgenössischer Musik. Mit Musik, die überhaupt erst während der Aufführung entsteht, im Hier und Jetzt. Mit Musik von Fritz Hauser. Partituren werden erst dann lebendig, wenn sie aufgeführt werden. Fritz Hauser schreibt solche Partituren. Er hat aber auch grossdimensionierte Kompositionen vorgelegt, die ohne einen fixierten Notentext auskommen, etwa die Serie der Schraffuren
für unterschiedlichste Besetzungen. Aber sind das überhaupt «Werke»? Und ist Hauser als Interpret, als Schlagzeuger im Bereich der Improvisation und der Gegenwartsmusik, nicht bekannter denn als Komponist? Der Luzerner «composer-in-residence» des Sommers 2018 entzieht sich jeder Klassifizierung. Viel lieber bezieht er sich auf Sätze des Malers Jean Dubuffet: «Die Kunst legt sich nicht in die Betten, die man ihr bereitet; sie macht sich davon, sobald man ihren Namen ausspricht: Sie liebt das Inkognito. Ihre besten Momente hat sie, wenn sie vergisst, wie sie heisst.» Eine vielversprechende
Fritz Hauser | «composer-in-residence»
18. August | 21.00 Uhr Moderne 1 KKL Luzern, Luzerner Saal
Basler Madrigalisten | contrapunkt chor | Trio Klick | Fritz Hauser Künstlerische Gesamtleitung
Perkussive Welterkundung: Fritz Hauser erschafft einen faszinierend eigenständigen Geräuschkosmos (hier mit der Basel Sinfonietta im Sommer 2010 in Luzern).
künstlerische Strategie − vor allem, wenn man so intensiv mit und so nah an den Klängen arbeitet wie Fritz Hauser. Er zielt nicht auf das am Ende rational abgesicherte Produkt, sondern auf einen durch kritische Kontrolle und Intuition gleichermassen geleiteten Klangentstehungsprozess, in dem sich Interpreten wie Hörer als freie Subjekte selbst erfahren können. Seine Kompositionen entstehen und geschehen in der konkreten Aufführungssituation. John Cages offener Werkbegriff ist ihm deshalb näher als der auf den Notentext bezogene eines Pierre Boulez oder anderer Vertreter der Neuen Musik. Dem Einwand der Esoterik und der vagen Unbestimmtheit kann mit Karlheinz Stockhausen begegnet werden, der sich in den 1970er Jahren intensiv mit improvisatorischen Konzepten beschäftigte. Stockhausen ging es dabei um eine «intuitive Bestimmtheit», aus der die Musik organisch entstehe. Für eine solche «intuitive Musik» seien Selbstkontrolle und Selbstkritik des Spielers die unabdingbare Voraussetzung. Und in dieser Hinsicht ist auch Fritz Hauser streng. STRENGE, FREIHEIT, SINNLICHKEIT Zudem ist er ein Minimalist, der seine individuelle Klangästhetik mit grösster Genauigkeit konzipiert und umsetzt. Hausers Stücke räumen den Interpreten eine hohe Verantwortung, aber auch einen grossen Gestaltungsspielraum ein. Es geht um die Erfahrung von Freiheit, die sich über die Klänge unmittelbar auf das Publikum überträgt: Hat es sich von den Konventionen und Hörerwartungen gelöst − und das passiert unweigerlich, wenn es sich Hausers Klangdramaturgie überlässt −, erfährt es ein wunderbares Gefühl der Freiheit.
Anfangen, Spielen, Enden: Hauser hat ein besonderes Gespür für die Form. Was bei anderen Komponisten in eine «Wissenschaft» mit komplexen Formstrategien ausartet, klingt bei ihm einfach und organisch. Erleben konnte man das zum Beispiel beim Luzerner Sommer-Festival 2010, als er mit der Basel Sinfonietta Schraffur für Gong und Orchester aus der Taufe hob: Ein OrchesterOrganismus erzeugt einen fesselnden Klangbogen – ganz ohne Partitur, allein mit der simplen Technik des Schraffierens (nachzuhören unter vimeo.com/pointdevue/ schraffur). REIBEN, STREICHELN, SCHABEN Das Schraffieren, das Abpausen von allerlei Gegenständen mit dem Bleistift, ist eine Praxis, die Kinder gerne anwenden. Sie lässt nicht nur ein Bild entstehen, sondern produziert auch ein Geräusch: Aus dem scheinbar monotonen Hin und Her des Stiftes erwachsen Töne und Obertöne, Diminuendi und Crescendi, musikalische Formen! Fritz Hauser schraffiert wieder, hört dabei genau hin – und hat so über die Jahre seine Werkserie der Schraffuren für unterschiedliche Musiker, Theater und Museen geschaffen, die er im Festspielsommer 2018, beim Erlebnistag am 26. August, um eine Schraffur für das KKL Luzern ergänzen wird. Aus der Kindheitsperspektive ist auch Trommel mit Mann entwickelt, ein Theaterabend, den Fritz Hauser mit der Regisseurin Barbara Frey erarbeitet hat. Das Bühnenbild ist spartanisch, einen Text gibt es nicht. Ein Mann, unbeschrieben wie ein Kind, sitzt in kurzen Hosen vor einer Trommel. Lange passiert nichts. Doch dann: ein Schlag, und die perkussive Welterkundung beginnt − reibend, streichelnd, schabend … ■
«Chortrommel» Zehn Uraufführungen von Olivier Cuendet, Fritz Hauser, Christian Henking, Leonardo Idrobo, Vera Kappeler, Lucas Niggli, Katharina Rosenberger, Denis Schuler, Mike Svoboda und Helena Winkelman 25. August | 22.00 Uhr Moderne 3 KKL Luzern, Konzertsaal
we spoke: percussion | Musiker der LUCERNE FESTIVAL ALUMNI Hauser Rundum (Uraufführung) 26. August | 10.15 Uhr Erlebnistag − Opening KKL Luzern, Foyer und Konzertsaal Hauser Schraffur für das KKL Luzern Performance mit 200 Kindern und Erwachsenen im und mit dem KKL Luzern 26. August | 20.00 Uhr Rezital KKL Luzern
Fritz Hauser Schlagzeug «Solodrumming» 8. September | 21.00 Uhr Moderne 5 Neubad
we spoke: percussion | Solenn’ Lavanant-Linke, Leslie Leon, Rebecca Ockenden, Barbara Schingnitz Stimmen | SoloVoices Hauser Klangkörper. Stimmen – Schlagzeug – Raum | Stockhausen Stimmung 15. September | 21.00 Uhr Musiktheater 3 Luzerner Theater
Fritz Hauser Schlagzeug | Barbara Frey Regie | Brigitte Dubach Licht «Trommel mit Mann»
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 27
Sir Simon Rattle | Ein Portrait
Erstmals kommt Sir Simon Rattle 2018 mit seinem neuen Orchester, dem London Symphony Orchestra, nach Luzern – und präsentiert, passend zum Sommerthema «Kindheit», Ravels hinreissenden Operneinakter L’Enfant et les Sortilèges. Doch auch mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY wird er zusammenarbeiten: ein Musiker ohne Grenzen.
A
TEXT: PETER HAGMANN
lle sassen auf ihren Plätzen, der Geräuschpegel hatte sich gesenkt, es konnte beginnen. Doch bevor es begann, erhob Simon Rattle das Wort. Das Stück werde zwei Mal gespielt, gab er bekannt, und für den zweiten Durchlauf sei man herzlich eingeladen, einen anderen Platz einzunehmen, der Wechsel der Hörperspektive führe nämlich zu einem ganz besonderen Erlebnis. Im Übrigen, fügte er bei, sei er ziemlich aufgeregt, da er Pierre Boulez im Publikum wisse. So geschehen am 23. März 1996 im Wiener Konzerthaus, wo das City of Birmingham Symphony Orchestra mit seinem damaligen Chefdirigenten gastierte. Anlass für Rattles Wortmeldung waren die Gruppen für drei Orchester von Karlheinz Stockhausen, für deren Realisierung es dreier Dirigenten bedarf – und der dritte neben dem Komponisten und Bruno Maderna war bei der Kölner Uraufführung des Stücks am 24. März 1958 eben Pierre Boulez gewesen. Der kleine Vorfall lässt die grossen Linien erkennen, die Simon Rattle in seinem künstlerischen Tun verfolgt. Seit den frühen Anfängen, seit er als Sechzehnjähriger in die Royal Academy of Music in London eintrat und neben der Ausbildung zum Schlagzeuger schon bald zu dirigieren begann, war Rattles Kommunikationstalent offenkundig. Erzählt wird aus jener Zeit, wie der junge Musiker am Pult die Orchestermitglieder durch Zuwendung für sich gewann. Und heute, da er von seinen Aufgaben in der deutschen Hauptstadt Abschied nimmt, kursiert unter den Berliner Philharmonikern die Aussage, Rattle sei ohne Frage ihr freundlichster Chefdirigent gewesen. Dass die Zeichengebung mit dem Taktstock nur einen kleinen Teil im Handwerk des Dirigenten ausmacht, dass die Befähigung zur Kommunikation – mit den Musikern, mit den Zuhörern, mit den Geldgebern – entschieden wichtiger ist: im Fall Simon Rattles bestätigt es sich einmal mehr. Die kommunikative Begabung erlaubte es Rattle, seine Umgebung für eine Leidenschaft zu gewinnen, die ihn ebenfalls in jungen Jahren erfasst hatte: die Neue 28 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Der Dirigent Simon Rattle
Ein Musiker der modernen Art
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 29
Sir Simon Rattle | Ein Portrait Musik. Wo andere Jugendliche ihre Neigung zur Klassik mit Bach, Mozart oder Beethoven entdecken, geschah das bei Rattle mit Schönberg und später mit all jenen Stücken, in denen das Schlagzeug dominierte. Die Musik des 20. Jahrhunderts war ihm immer so selbstverständlich wie das hergebrachte Repertoire. Das zeichnete sich schon in seinen ersten Engagements bei den Orchestern in Bournemouth und in seiner Heimatstadt Liverpool sowie beim BBC Scottish Symphony Orchestra ab. Vollkommen zutage trat es beim City of Birmingham Symphony Orchestra, bei dem er 1978, im Alter von 23 Jahren, debutiert hatte und von dem er 1980 zum Chefdirigenten gewählt worden war. Seine Amtszeit dort eröffnete er ganz bewusst mit Boulez’ Rituel. ANWALT FÜR DIE MODERNE … Neue Musik gehört bei Simon Rattle ganz einfach dazu, er macht kein Aufhebens darum, geriert sich auch nicht als Spezialist. Das verbindet ihn mit Kollegen wie Kent Nagano, Marc Albrecht oder Cornelius Meister. In Birmingham hat er unter diesem Zeichen viel bewegt. Nicht nur hat er dem Orchester zu einem ganz neuen, auch international wahrgenommenen Qualitätsniveau verholfen. Nicht nur hat er sich tatkräftig für den Bau der spektakulären Birmingham Symphony Hall eingesetzt. Nein, er hat auch vorgeführt, wie ein Klangkörper zu einem modernen Orchester werden kann − notabene ohne dass es sein Publikum verliert. Der Blick auf die Programme aus den zwanzig Jahren seines Wirkens sagt alles. Herausragend ist dabei das ebenso gewagte wie spannende Projekt, die Musikgeschichte des 20. Jahrhunderts in jeweils ein Jahrzehnt umfassenden Schritten abzubilden. Ein Beispiel dafür lieferte jenes Programm, mit dem die Gäste aus Birmingham 1996 im Wiener Konzerthaus auftraten: Zu Stockhausens Gruppen (die Rattle im Sommer 2018 auch in Stammgast seit über zwanzig Jahren: Im Sommer 1996 debutierte Simon Rattle am Pult des City of Birmingham Symphony Orchestra in Luzern (rechts), im Sommer 2014 arbeitete er mit der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY zusammen (oben).
30
Luzern dirigieren wird) trat damals nämlich Olivier Messiaens sinnenfreudige Chronochromie von 1960. Auch bei den alljährlichen Gastspielen der Berliner Philharmoniker, die er in den Jahren 2003 bis 2017 bei LUCERNE FESTIVAL leitete, liess Rattle der Neuen Musik mehr Raum, als es bis anhin der Fall gewesen war. In seinem ersten Luzerner Jahr gab es die Surrogate Cities von Heiner Goebbels, dem «composer-in-residence» jenes Sommers. Später folgten Uraufführungen von Sofia Gubaidulinas Geigenkonzert In tempus praesens (2007) oder des farbenreichen Orchesterstücks Laterna magica von Kaija Saariaho (2009). Und selbst bei Messiaens abendfüllenden Eclairs sur l’au-delà im Sommer 2004 war der Konzertsaal im KKL Luzern bis auf den letzten Platz besetzt.
fan tutte und 1994 Don Giovanni. Rattle gehörte damals längst dem Kreis der «principal artists» an, mit denen sich das Orchester umgab – einer Gruppe von Dirigenten, die nicht nur hochkarätige Spezialisten wie Frans Brüggen oder René Jacobs umfasste, sondern auch besonders interessierte Generalisten wie Vladimir Jurowski oder Iván Fischer. Als Rattle das Konservatorium besuchte, war Alte Musik für den jungen Schlagzeuger kein Thema. Allerdings hatte er sich schon damals mit einer Geigerin ausgetauscht, die sich genau dafür interessierte: mit Monica Huggett, die mit ihm zusammen an der Royal Academy studierte. Im Wesentlichen hat sich Rattle dem Bereich der Alten Musik aber «by doing» angenähert. Bereitwillig nahm er Ratschläge von fachkundiger, erfahrener Seite entgegen – ohne dass er das je verborgen hätte. Beim Don Giovanni in Glyndebourne profitierte er von einer konzertanten Aufführung der Oper, die John Eliot Gardiner in der Londoner Queen Elizabeth Hall dirigiert hatte. Mit Gardiner hatte er schon 1975 bei der Ausgrabung der Oper Les Boréades von Jean-Philippe Rameau zusammengearbeitet. Regen Austausch pflegte er zudem mit dem Cembalisten und Dirigenten William Christie, ohne dessen Unterstützung die grandiose Aufführung der Boréades bei den Salzburger Pfingstfestspielen 1999 mit Rattle am Pult des Orchestra of the Age of Enlightenment nicht zustande gekommen wäre.
DIE NEUE MUSIK WAR SIMON RATTLE STETS SO SELBSTVERSTÄNDLICH WIE DAS HERGEBRACHTE REPERTOIRE.
… MIT FAIBLE FÜR DIE ALTE MUSIK Gleichzeitig, und das macht die erstaunliche Besonderheit dieses Dirigenten aus, hat sich Simon Rattle schon sehr früh in seiner Laufbahn der historisch informierten Aufführungspraxis zugewandt. Im Sommer 1987 dirigierte er beim Opernfestival von Glyndebourne Mozarts Idomeneo, und mit von der Partie war das Orchestra of the Age of Enlightenment, das ein Jahr zuvor in London gegründet worden war. Auf den Erfolg dieser Produktion mit alten Instrumenten und den ihnen entsprechenden Spieltechniken folgten 1989 Le nozze di Figaro, zwei Jahre später Così
Neue Musik gehört bei Sir Simon einfach dazu: nach der Uraufführung von Sofia Gubaidulinas Violinkonzert In tempus praesens im Sommer 2007 (mit Anne-Sophie Mutter, der Komponistin und den Berliner Philharmonikern).
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 31
9. September | ab 18.30 Uhr Kosmos Stockhausen 6 & 7 | Sinfoniekonzert 24 KKL Luzern, Konzertsaal und Luzerner Saal
London Symphony Orchestra | Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Sir Simon Rattle, Matthias Pintscher und Duncan Ward Dirigenten Stockhausen Gruppen für drei Orchester | Nono No hay caminos, hay que caminar … Andrej Tarkowskij für sieben Orchestergruppen | Messiaen Et exspecto resurrectionem mortuorum | Stockhausen Gruppen für drei Orchester 10. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 25 KKL Luzern, Konzertsaal
Auch in diesem Bereich geht Rattle jeder Etikettierung als Spezialist aus dem Weg. Er hält es gleich wie andere Musiker, die auf der Höhe unserer Zeit stehen und einen möglichst breiten ästhetischen Horizont abzudecken suchen. Wie etwa der Dirigent François-Xavier Roth, der bei SIMON RATTLE IST EIN ANTI- den Donaueschinger Musikdas Neuste vom Tage SPEZIALIST, DER EINEN tagen aus der Taufe hob und anMÖGLICHST BREITEN schliessend sogleich zu seinem Les Siècles zurückÄSTHETISCHEN HORIZONT Orchester kehrte, um dort Camille SaintABZUDECKEN SUCHT – Saëns’ Orgelsinfonie mit Instruaus der Entstehungszeit UND DIE UNTERSCHIEDLI- menten des Stücks aufzunehmen. (In CHEN SPHÄREN IN Luzern ist Roth übrigens im 2018 mit dem Mahler FRUCHTBAREN DIALOG Sommer Chamber Orchestra und «artiste MITEINANDER BRINGT. étoile» Sol Gabetta zu Gast). Oder wie die Sopranistin Anna Prohaska, die sich ebenso gern und ebenso gut mit Musik von Salvatore Sciarrino wie mit Stücken von Claudio Monteverdi vernehmen lässt. Nicht zu überhören ist dabei, wie Rattle die unterschiedlichen Sphären in fruchtbaren Dialog miteinander bringt. Als er 2002 mit den Wiener Philharmonikern die Sinfonien Ludwig van Beethovens aufnahm, versuchte er in seine Interpretationen einzubauen, was die Originalklangbewegung zu diesen Stücken zutage gefördert hat. Denselben Ansatz verfolgte er 2013 in Luzern, als er mit den Berliner Philharmonikern Mozarts drei letzte Sinfonien zur Aufführung brachte. Und dass er zu den wenigen Dirigenten gehört, die sich leidenschaftlich und mit Erfolg für Joseph Haydn einsetzen, erstaunt da nicht Erstmals gastiert weiter. Simon Rattle mit dem Ob all dieser Beobachtungen darf nicht vergessen London Symphony gehen, dass das grosse romantische Repertoire auch für Orchestra in Luzern, Simon Rattle einen Schwerpunkt der Tätigkeit darstellt. dessen Leitung er Brahms, Bruckner und Mahler bilden wesentliche Stützim Herbst 2017 übernommen hat. pfeiler, die Luzerner Auftritte zeugen davon. Indessen 32 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
London Symphony Orchestra | London Symphony Choir | Sir Simon Rattle Dirigent | Magdalena Kožená | Marie-Nicole Lemieux | Jane Archibald | Anna Stéphany | Elizabeth Watts | Sunnyboy Dladla | Gavan Ring | David Shipley
Ravel Ma mère l’Oye | Shéhérazade | L’Enfant et les Sortilèges 11. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 26 KKL Luzern, Konzertsaal
London Symphony Orchestra | Sir Simon Rattle Dirigent | Krystian Zimerman Klavier
Bernstein Sinfonie Nr. 2 The Age of Anxiety | Dvořák Slawische Tänze op. 72 | Janáček Sinfonietta
setzte er auch hier immer wieder eigenwillige Akzente. Anders als Herbert von Karajan und Claudio Abbado, seine Vorgänger in Berlin, kleidete er die Sinfonien von Johannes Brahms in lyrischen Ton und lichten Klang. Umgekehrt liess er bei der Gesamtaufführung von Richard Wagners Ring des Nibelungen 2007 bis 2010 in Aix-en-Provence und bei den Osterfestspielen Salzburg den Orchesterpart durch die Berliner Philharmoniker so prachtvoll herausstellen, dass das Musikdrama beinah zur Sinfonischen Dichtung wurde – und die Wiener Kritik in lautes Wehklagen verfiel. Dass er der Musik Wagners auch ganz anders begegnen kann, bewies er 2004 in Baden-Baden, wo er das Rheingold mit den Originalinstrumenten des Orchestra of the Age of Enlightenment in ein ungewöhnlich helles, transparentes Klangbild brachte. Auch wenn das nicht allen gefiel – Simon Rattle wird es nicht angefochten haben. Er wird seinen vielgestaltigen Garten weiter pflegen. Seit Herbst 2017 mit dem London Symphony Orchestra, mit dem er im September 2018 erstmals in Luzern gastiert. ■
Kunst hat viele Gesichter.
Bei Roche sind wir begeistert von Wissenschaft und Kunst. Sie beflügeln unsere Inspiration und fördern Neues für eine bessere Welt.
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 33
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
Wenn alles zum ersten Mal geschieht
S
o viele Kinder wird man selten im KKL Luzern antreffen – kein Wunder, steht das Sommer-Festival 2018 doch unter dem Motto «Kindheit». Dabei wird es viele Projekte geben, die sich speziell an die jüngste Generation richten: Das Publikum von morgen soll in den Fokus gerückt werden. Deshalb haben wir auch den luxemburgischen Regisseur und Performer Dan Tanson als «artiste étoile» verpflichtet, der für LUCERNE FESTIVAL YOUNG schon grandiose Aufführungen erarbeitet hat. Und wir freuen uns auf den «Trommelkünstler» Fritz Hauser als «composer-in-residence», der mit Schraffur ein Projekt für 200 Mitwirkende aller Altersklassen kreiert – und dabei auf die kindliche Praxis des Schraffierens zurückgreift. Freilich ist das ist nur ein Aspekt, stehen doch auch bei den grossen Sinfonieorchestern etliche Werke auf dem Programm, die kindliche Themen aufgreifen oder die Poesie der Kindheit beschwören. Denn die Frage lautet: Wie sieht die Kindheit aus, wie sollte sie sein? Woran erinnern wir uns, wenn wir zurückdenken? Fest steht: In der Kindheit geschieht alles zum ersten Mal. Alles ist noch unbekannt, neu und vielleicht sogar unheimlich: Es will entdeckt, erforscht und ergründet werden. Zugleich ist die Kindheit das Lebensalter der absoluten Individualität, weil man sich auf jedes Phänomen seinen eigenen Reim machen kann. Kinder erfinden für Gegenstände und Personen ihre eigenen Namen, sie erdenken sich unorthodoxe Erklärungen für bestimmte Phänomene und für die Realität. Erst im Zuge des Heranwachsens müssen sie sich an die Konventionen der Gesellschaft und der wissenschaftlich sanktionierten Welt anpassen. Wer aber als Erwachsener noch abweichende Ansichten zeigt, wer also Kind geblieben ist, der gilt als naiv oder gar als Träumer und Spinner. In den Konzerten des Sommers 2018 stellen wir Werke vor, die sich mit Kindern und der Kindheit auseinandersetzen. Musik von Georges Bizet ist dabei, von Pjotr Iljitsch Tschaikowsky, Claude Debussy oder Igor Strawinsky. Sir Simon Rattle wird Maurice Ravels witzige und zugleich unheimliche Oper L’Enfant et les Sortilèges dirigieren, in der ein Kind allein zuhause bleibt und plötzlich alles rundum lebendig wird: die Möbel, das Geschirr, ja selbst das Kaminfeuer … Wir präsentieren Stücke mit musikpädagogischem Hintergrund, Sergej Prokofjews Peter und der Wolf etwa oder den Young Person’s Guide to the Orchestra, mit dem Benjamin Britten die Orchesterinstrumente vorstellt. Natürlich spielen allerlei Märchenstoffe eine prominente Rolle: Wir begegnen dem Aschenputtel und dem Nussknacker, furchterregenden Hexen, Wassermännern und Zaubervögeln. Wir fühlen uns in die Psyche von Komponisten wie Wolfgang Amadé Mozart und Anton Bruckner ein, die sich den Regeln der Erwachsenenwelt nicht angepasst haben. Wir spüren dem schillernden Phänomen der «Wunderkinder» nach. Und natürlich ergründen wir auch die Kindheit als Sehnsuchtsort, als Topos des Paradieses und der Unschuld, des verlorenen Glücks. ■
34 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Themensponsor LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 35
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
Das Kind als Wunder Wunderkinder, von Wolfgang Amadé Mozart bis Alma Deutscher
Viele bedeutende Musikerinnen und Musiker machten schon in frühen Jahren auf sich aufmerksam und wurden von der Welt bestaunt. Im Sommer 2018 spürt LUCERNE FESTIVAL auch dem Phänomen der «Wunderkinder» nach – und stellt aktuelle Kandidaten vor. TEXT: WOLFGANG STÄHR
A
ls die Europäer aufhörten, an Wunder zu glauben, begannen sie sich für Wunderkinder zu begeistern. Und kaum ein frühreifer Zeitgenosse des 18. Jahrhunderts schien ihnen derart von überirdischem Glanz umstrahlt wie der junge Wolfgang Amadé Mozart aus Salzburg. Im Juni 1763 brach der siebenjährige Musikersohn gemeinsam mit Vater und Schwester zu einer nicht enden wollenden Tournee auf: Er besuchte die «ABER FREILICH, EINE europäischen Fürstenhöfe, und Paläste, gastierERSCHEINUNG WIE MO- Schlösser te in den Salons der MetropoZART BLEIBT IMMER EIN len – und stürzte auf dieser selbst geprüfte Skeptiker WUNDER, DAS NICHT Reise in arge Verwirrung. UnglaubWEITER ZU ERKLÄREN IST.» lich! Merkwürdig! Unerhört! «Sagen Sie mir, übersteigt dies Johann Wolfgang von Goethe nicht alle Einbildungs-Kraft? – Und dennoch ist es die pure Wahrheit!», schrieb ein Korrespondent des Augsburgischen Intelligenz-Zettels. In Frankfurt am Main wurde eine Soirée mit dem Jungvirtuosen und seiner kaum minder erstaunlichen Schwester Nannerl nach dreimaliger Wiederholung auf «Anverlangen verschiedener grossen Kenner und Liebhaber» sogar noch ein fünftes Mal anberaumt. Der fabelhafte Mozart, so hiess es in einer Ankündigung, werde «ein Concert auf der Violin spielen, bey Synfonien mit dem Clavier accompagniren, das Manual oder die Tastatur des Clavier mit einem Tuche gänzlich verdecken, und auf dem Tuche so gut spielen als ob er die Claviatur vor den Augen hätte». Unter den Besuchern dieser auf Sensation berechneAls Knirps bereits ten Frankfurter Wunderkind-Vorführungen befand sich ein Star: Der sechsauch die Familie des Kaiserlichen Rates Johann Caspar jährige Mozart in Goethe. Dessen Sohn Johann Wolfgang sollte, bald seinem «Galakleid», sieben Jahrzehnte später, im Gespräch mit seinem Verdas ihm vom Wiener trauten Johann Peter Eckermann auf den denkwürdigen Erbprinzen MaxiAbend zurückkommen: «Bei Goethe zu Tisch. Wir milian überlassen sprachen über Mozart. ‹Ich habe ihn als siebenjährigen worden war.
Knaben gesehen›, sagte Goethe, ‹wo er auf einer Durchreise ein Konzert gab. Ich selber war etwa vierzehn Jahr alt, und ich erinnere mich des kleinen Mannes in seiner Frisur und Degen noch ganz deutlich.›» Der Dichterfürst und sein Adlatus unterhielten sich bei späterer Gelegenheit noch einmal über das Thema des hochbegabten Kindes. «Merkwürdig ist», bemerkte Eckermann, «dass sich von allen Talenten das musikalische am frühesten zeigt, so dass Mozart in seinem fünften, Beethoven in seinem achten und Hummel in seinem neunten Jahre schon die nächste Umgebung durch Spiel und Kompositionen in Erstaunen setzten. ‹Das musikalische Talent›, sagte Goethe, ‹kann sich wohl am frühesten zeigen, indem die Musik ganz etwas Angeborenes, Inneres ist, das von aussen keiner grossen Nahrung und keiner aus dem Leben gezogenen Erfahrung bedarf. Aber freilich, eine Erscheinung wie Mozart bleibt immer ein Wunder, das nicht weiter zu erklären ist.›» ZWISCHEN GENIE UND ZIRKUSNUMMER Gar kein Zweifel: Mozart wurde für die Nachwelt zum Inbegriff, Massstab und Muster des musikalischen Wunderkindes: als der Erste – zwar nicht nach strengen historischen Kriterien, und doch als eine Art Prototyp. Die mit Geschäftssinn und Sendungsbewusstsein organisierten Tourneen, die im Druck verbreiteten Frühwerke, die Auftritte im Zeichen stupender Virtuosität – bis hin zu zweifelhaften Kunststücken wie dem Klavierspiel bei verhüllter Tastatur: sämtliche Erfolgsrezepte, Werbestrategien und Attraktionen der umherreisenden MozartFamilie lassen sich ähnlich auch in den Lebensbeschreibungen späterer Wunderkinder entdecken. Und deren Zahl nahm im 19. Jahrhundert erheblich zu, die Seriosität ihrer Darbietungen hingegen bedenklich ab, weshalb der Titel des «Wunderkindes» alsbald einen Nebensinn von Zirkusnummer, Jahrmarkt und dressiertem Pudel erhielt. Aus diesem Grund – aus nachhaltig schlechter Erfahrung – legte der Komponist Ignaz Moscheles, der ja selbst als zwölfjähriger Klaviervirtuose die Konzertwelt verzückt hatte, grössten Wert auf den prinzipiellen Unterschied zwischen dem bestaunten Kind und dem LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 37
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
«Was sind alle Wunderkinder neben ihm?»: Der 12-jährige Felix Mendelssohn, Portrait von Carl Begas
«VIELLEICHT BEWAHREN SICH NUR DIE BEVORZUGTEN ÜBER DAS UNSCHULDSALTER HINAUS DIE ÜBERZEUGUNG IHRER UNBEGRENZTEN MÖGLICHKEITEN, IHR EMPFINDEN FÜR WAHRE WERTE, DIE ES KINDERN LEICHTER MACHEN, SICH MIT GROSSEN SOLISTEN, GROSSEN SEELEN ZU IDENTIFIZIEREN ALS MIT BRAVEN DURCHSCHNITTSBÜRGERN?» Yehudi Menuhin
Wunderkinder, von einst und jetzt – bei LUCERNE FESTIVAL 18. August | 18.30 Uhr Sinfoniekonzert 1 KKL Luzern, Konzertsaal
Chamber Orchestra of Europe | Bernard Haitink Dirigent | Alina Ibragimova Violine Mendelssohn Die schöne Melusine. Ouvertüre op. 32 | Violinkonzert e-Moll op. 64 | Schubert Sinfonie Nr. 8 C-Dur D 944 Grosse C-Dur-Sinfonie 21. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 5 KKL Luzern, Konzertsaal
West-Eastern Divan Orchestra | Daniel Barenboim Dirigent | Lisa Batiashvili Violine Brahms Violinkonzert D-Dur op. 77 | Debussy La Mer | Skrjabin Le Poème de l’extase op. 54 22. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 6 KKL Luzern, Konzertsaal
West-Eastern Divan Orchestra | Daniel Barenboim Dirigent | Elsa Dreisig Sopran Coleman Palestine für Sopran und Orchester (Schweizer Erstaufführung) | Bruckner Sinfonie Nr. 9 d-Moll WAB 109
«Ein Phänomen» nannte ihn Wilhelm Furtwängler: Der junge Daniel Barenboim spielt in Mozarts Geburtshaus an Mozarts Spinett, 1952. 38 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
29. August | 12.15 Uhr «Wunderkind»-Debut 1 Lukaskirche
Alma Deutscher Violine und Klavier Werke von Alma Deutscher, J. S. Bach und Domenico Scarlatti
«Ich habe da gerade eine junge Geigerin entdeckt, die für uns alle ein Wunder ist»: Herbert von Karajan nach Anne-Sophie Mutters Luzerner Festspieldebut im Sommer 1976 (mit ihrem Bruder Christoph am Klavier)
ernstzunehmenden Musiker, als er nach einem Besuch bei den Mendelssohns in Berlin seinem Tagebuch anvertraute: «Das ist eine Familie, wie ich noch keine gekannt habe; der fünfzehnjährige Felix, eine Erscheinung, wie es keine mehr giebt! Was sind alle Wunderkinder neben ihm? Sie sind eben Wunderkinder und sonst nichts; dieser Felix Mendelssohn ist schon ein reifer Künstler und dabei erst fünfzehn Jahre alt!» Viele zum Wunder stilisierte Kinder kamen und gingen, doch die meisten waren nur, um mit Kant zu sprechen, kuriose Geschöpfe «von ephemerischer Existenz». Einzelne, wie etwa der Wiener Geiger und «kleine Violin-Gott» Franz Clement, der die Uraufführung von Beethovens D-Dur-Konzert spielte, mussten erleben, dass sich die hysterische Begeisterung des Publikums mit den Jahren in ihr glattes Gegenteil verkehrte: Franz Clement starb als verkrachte Existenz und stadtbekannter Sonderling. Aber natürlich war es auch einigen wenigen Hoch- und Höchstbegabten vergönnt, ein Lebenswerk zu entfalten, das ihre Anfänge als konzertierende Wunderkinder überstrahlte oder sogar vergessen liess: Man denke nur an Clara Wieck, Frédéric Chopin und Franz Liszt oder, in jüngerer Vergangenheit, an Yehudi Menuhin, Lorin Maazel, Daniel Barenboim, Rudolf Buch-
5. September | 12.15 Uhr «Wunderkind»-Debut 2 Lukaskirche
Lionel Martin Violoncello | Luisa Schwegler Klavier Werke von Debussy, Tschaikowsky und Penderecki 12. September | 12.15 Uhr «Wunderkind»-Debut 3 Lukaskirche
Dmitry Ishkhanov Klavier Das Programm wird zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben. 15. September | 16.00 Uhr Kammermusik 3 Lukaskirche
casalQuartett
Mozart Streichquartett C-Dur KV 170 | Arriaga Streichquartett Nr. 1 d-moll | Deutscher Rondo für Streichquartett | Mendelssohn Streichquartett a-Moll op. 13
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 39
Sie schreibt Opern und Konzerte, Klavier- und Kammermusik und tritt in aller Welt als Pianistin und Geigerin auf – dabei ist die Engländerin Alma Deutscher erst zwölf Jahre alt.
binder und Anne-Sophie Mutter, deren weltumspannende Konzertlaufbahn 1976 mit ihrem Debut bei den Luzerner Musikfestwochen begann – und mit einem Vorspiel bei Herbert von Karajan, der Stunde null ihrer Karriere. «Ich habe da gerade eine junge Geigerin entdeckt, die für uns alle ein Wunder ist», mit diesem Ausspruch wird «der Meister» gemeinhin zitiert. «INDIVIDUEN, DIE WIR ANSTAUNEN» «Little Maazel» war bereits als Neunjähriger in kurzen Hosen bei der New York World’s Fair 1939 mit Orchester aufgetreten. Aber dirigierende Kinder werden eher belächelt als bewundert, wie auch der doppelt frühbegabte Daniel Barenboim feststellen musste, als er mit elf sein Studium bei Igor Markevitch in Salzburg aufnahm: «Ich war der jüngste Teilnehmer in der Dirigentenklasse, da alle anderen weit über zwanzig Jahre alt waren. Ich erinnere mich, dass viele meiner sogenannten Kollegen, die schon Dirigenten waren, mich nicht besonders freundlich behandelten; ich war – alles in allem – doch noch ein Kind. Es gab eine Ausnahme: Herbert Blomstedt. Er war sehr nett zu mir und gab sich immer Mühe, mir Dinge zu erklären.» Der Geiger Yehudi Menuhin erzählt in seinen Memoiren, dass die älteren Damen einer «Pacific Ladies Musical Society» in San Francisco beim Siebenjährigen in Ungnade fielen, weil sie ihn «niedlich» nannten – ein unverzeihlicher Fehler! Als eine der Gönnerinnen den kleinen Menuhin zum «zweiten Paganini» erhob, antwortete er vorlaut: «Haben Sie Paganini schon einmal gehört?» Yehudi Menuhin bekannte, die ersten vier Jahre seines Lebens hätten ihm etwas geschenkt, das keine Musikhochschule der Welt ihm gewähren konnte: das Gefühl der Berufung. «Ein solches Gefühl ist wohl jedem Kind angeboren. Vielleicht bewahren sich nur die Bevorzugten über das Unschuldsalter hinaus die Überzeugung ihrer unbegrenzten Möglichkeiten, ihr Empfinden für wahre Werte, die es Kindern leichter machen, sich mit grossen Solisten, grossen Seelen zu identifizieren als mit braven Durchschnittsbürgern?» 40 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Der neunjährige Lorin Maazel dirigiert das aus Studenten bestehende Interlochen Orchestra | oben links: Yehudi Menuhin im Alter von elf Jahren mit dem Dirigenten Fritz Busch
Gehört auch sie zu diesen «Bevorzugten», die 2005 geborene Engländerin Alma Deutscher, die schon in jüngsten Jahren Opern, Sonaten, Streichquartette, ein Klavier- und ein Violinkonzert komponiert hat und mit aussergewöhnlicher Begabung Klavier und Geige spielt? Im «Kindheitssommer» 2018 wird Alma Deutscher als Komponistin und Virtuosin bei LUCERNE FESTIVAL debutieren. Und anders als im Falle von Mozart, Menuhin oder Mutter, den historischen oder glücklich im Erwachsenenleben angekommenen Wunderkindern von einst, weiss bei Alma Deutscher noch niemand, was die Zukunft bereithält für diese unglaublich talentierte Musikerin – ebenso wenig wie bei den anderen beiden jungen Künstlern, die wir für «Debut»-Konzerte eingeladen haben: den Pianisten Dmitry Ishkhanov und den Cellisten Lionel Martin. «Doch wie wollte die Gottheit überall Wunder zu tun Gelegenheit finden», sagte Goethe im Gespräch mit Eckermann, «wenn sie es nicht zuweilen in ausserordentlichen Individuen versuchte, die wir anstaunen und nicht begreifen, woher sie kommen.» ■
10 2014
Was uns mit Musikern verbindet, ist die Liebe ZUR PERFEKTEN KOMPOSITION.
DAS IST CLARIANT: LEIDENSCHAFTLICHER FÖRDERER DER KÜNSTE Das perfekte Zusammenspiel von Harmonie, Tempo und Rhythmus erschafft Musik, die uns alle bewegt. Fast wie bei uns: Denn wenn wir etwas bewegen wollen, entstehen aus Engagement, Know-how und Forschung innovative Lösungen für die Spezialchemie, die Emissionen senken, Rohstoffe sparen – und nachhaltig Wert schaffen. Das ist uns wichtig.
WWW.CLARIANT.COM LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 41
© Priska Ketterer/LUCERNE FESTIVAL
LUCERNE FESTIVAL YOUNG
KONZERTE FÜR DIE GANZE FAMILIE! Sitzkissenkonzerte, Figurentheater, Familienkonzerte: LUCERNE FESTIVAL YOUNG präsentiert abwechslungsreiche und altersgerechte Programme für junge Hörer − natürlich auch im «Kindheitssommer» 2018. Domande – Fragen nach Jostein Gaarder | 25. August 2018 La Boîte à joujoux (Die Spielzeugschachtel) | 1. September 2018 Senegalliarde | 15. September 2018 Tickets unter: t +41 (0)41 226 44 80 | lucernefestival.ch
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
Jungsein ist keine Frage des Alters Dan Tanson ist genau der richtige «artiste étoile» für den Luzerner «Kindheitssommer» 2018: Der luxemburgische Regisseur und Performer entwickelt phantasievolle Musiktheaterstücke für junge Hörer – und erzählt, worauf es dabei ankommt und was ihn selbst musikalisch geprägt hat. INTERVIEW: MALTE LOHMANN
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 43
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
«Meine Projekte sollen unterhaltsam sein»: In Dan Tansons Stücken geraten die Töne in Bewegung.
«Kindheit» lautet das Thema des Sommer-Festivals 2018. Deshalb zunächst die Frage: Was war in Sachen Musik Ihr «erstes Mal»? Hat Sie die Musik bereits in jungen Jahren gepackt? Ja, und zwar im Kirchenchor, wo ich das traditionelle Gottesdienst-Repertoire kennengelernt habe, Bach und Konsorten also. Auch meine Mutter hat gesungen, mein Vater spielte Klavier: Wie sich ein Haus verändert, wie sofort eine andere Atmosphäre entsteht, wenn Musik erklingt − das war eine prägende Erfahrung. Meine wirkliche musikalische Sozialisation erfolgte aber erst später: Ich bin ein «Pop-Kid», habe schon in jungen Jahren Post-Punk-Bands wie The Cure oder Joy Division für mich entdeckt und später RockGitarre gespielt. 44 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
In Ihren Stücken verwenden Sie allerdings viel klassische Musik … Als ich anfing, Produktionen für Kinder zu entwickeln – ich komme ja ursprünglich vom Puppentheater her −, hatte ich den Wunsch nach mehr musikalischem Gehalt, wollte keine seichte Hintergrundmusik. Schnell landete ich beim Jazz, bei Arvo Pärt oder bei Meredith Monk und fand so einen neuen Zugang zur Klassik. Ganz wichtig waren auch die innovativen Ansätze im zeitgenössischen Tanz, die ich während meiner Studienzeit in Brüssel miterlebte. Alain Platels lets op Bach etwa war ein Schlüsselmoment für mich, denn hier war Bachs Musik nicht mehr an Kirche und Kreuz gebunden, sondern wurde in einen modernen, in meinen Kontext gesetzt: Die Tänzer waren tätowierte Punks, die Sänger traten in
… nun kehrt er als «artiste étoile» zum Festival zurück.
Auf zu neuen Ufern: Mit HEROÏCA war Dan Tanson für die allererste YoungPerformance-Produktion verantwortlich, …
Shorts und Hawaiihemden auf. Heute höre ich alles, von Alter Musik bis zu Minimal, Techno, Rap Metal und Jazz − ohne Wertungen und Hierarchien. Geht es auch in Ihren eigenen Stücken um solche bewussten Brüche und Aktualisierungen? Nein, denn Kinder hören mit dem Herzen; ihnen fehlt das musikhistorische Wissen, um Brüche überhaupt als solche zu erfahren. Was ich allerdings mache: Ich kombiniere Musik unterschiedlichster Epochen, surfe wie ein DJ von Stil zu Stil, wobei ich meist die Musiker, mit denen ich arbeite, nach ihren Vorschlägen frage – und dabei auch viel Neues kennenlerne.
LUCERNE FESTIVAL YOUNG Konzerte für die ganze Familie, bei denen alle Altersklassen auf ihre Kosten kommen – vom Enkel bis zur Grossmutter. 25. August | 11.00/15.00 Uhr Young Familienkonzert Kleintheater Luzern
«Domande – Fragen» Ein komisch-philosophisches Konzert nach Jostein Gaarder mit dem Teatro Dimitri (ab 8 Jahren) 26. August | 10.15 Uhr Erlebnistag − Opening KKL Luzern, Foyer und Konzertsaal
Hauser Schraffur fürs KKL Luzern Performance mit 200 Kindern und Erwachsenen aus der Zentralschweiz im und mit dem KKL Luzern 1. September | 11.00/15.00 Uhr Young Familienkonzert Neubad
Debussy La Boîte à joujoux (Die Spielzeugschachtel)
Ein choreographiertes Konzert von Elisabeth Anliker und Sarah Keusch mit Studierenden der Hochschule Luzern − Musik (ab 6 Jahren) 15. September | 11.00/15.00 Uhr Young Sitzkissenkonzert Maskenliebhabersaal
«Senegalliarde» Ein Zusammenspiel mit Werken von Saint-Saëns, Donizetti, Cage, Pärt und traditioneller Musik aus dem Senegal von Dan Tanson (ab 5 Jahren)
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 45
«Es hilft, wenn Musiker neugierig sind»: Dan Tanson bei der Probe
einer der Akteure mit einer Tuba auftritt, mit diesem 10 Kilogramm schweren Instrument, dann definiert das bereits seine Rolle. Braucht es für diesen szenischen Ansatz einen neuen Musikertyp? Es hilft, wenn die Musiker neugierig sind und sich ausprobieren wollen − was meiner Erfahrung nach für fast alle von ihnen gilt, auch wenn einige ganz auf den «schönen Ton» getrimmt sind. Ich bin immer wieder schockiert, dass die Bühnenpräsenz in der Ausbildung an den Hochschulen kaum eine Rolle spielt! Manche Musiker sind von Natur aus «performativer» angelegt als andere. Wieder andere haben Erfahrungen mit der zeitgenössischen Musik gemacht, kennen etwa das instrumentale Theater eines Mauricio Kagel, was natürlich von Vorteil ist. Meiner Meinung nach ist es wichtig, die Musiker nicht von vornherein in eine feste Rolle zu zwängen, wie man das mit professionellen Schauspielern tun könnte. Ich versuche erst einmal zu erfahren, wie die Musiker als Menschen sind: Wir «spielen» zunächst gemeinsam, ich beobachte dabei sehr genau, was die Musiker anbieten, und das entwickeln wir dann weiter. Dieser Ansatz benötigt zwar eine längere Probezeit, aber das kommt später dem Konzert zugute.
Ihre Produktionen richten sich an «junge Hörer von 3 bis 99 Jahren»: «Jung» ist bei Ihnen also weniger eine Frage des Alters als vielmehr eine der Einstellung. Dennoch: Was ist Ihnen besonders wichtig, wenn Sie ein Projekt für junge Hörer angehen? Das hängt sehr vom Alter der Kinder ab. Eine Konstante meiner Projekte ist es aber, dass sie unterhaltsam sind, es sollte keine rein intellektuelle Angelegenheit werden. Zudem stelle ich eher Situationen auf die Bühne, keine Aussagen, denn Kinder leben im Hier und Jetzt. So kann es zum Beispiel um das Thema «Streit» gehen: Wie entsteht er, wie lösen wir ihn? Ich inszeniere diese Szene als «girls against boys». Kinder kennen das, und sie brauchen solche wiedererkennbaren Situationen. Auf Biegen und Brechen eine Geschichte zu erzählen, kann dagegen etwas schwerfällig wirken. Auch die mehrfache Lesbarkeit einer Szene ist etwas für Ältere und für die Erwachsenen. Ihnen erschliessen sich weitere Ebenen, auf die ich ebenfalls anspiele, 46 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
weil auch sie unterhalten werden sollen: die Auseinandersetzung zwischen den Geschlechtern etwa oder das grundlegende menschliche Thema Krieg. Wichtig ist in meinen Produktionen auch der musikmachende Körper, denn Kinder beobachten genau, was auf der Bühne vor sich geht: Wenn
Dan Tanson Dan Tanson studierte visuelle Kommunikation mit Schwerpunkt KinderbuchIllustration und absolvierte Kurse für Schauspiel, zeitgenössisches Puppentheater, Physical Theatre und Improvisation. 2003 gründete er die Gruppe Traffik Theater Luxemburg, die Musiktheaterstücke für ein junges Publikum produziert und mittlerweile in ganz Europa auftritt. Für LUCERNE FESTIVAL entwickelte Dan Tanson bereits die Produktionen Drumblebee, HEROÏCA und Goldmädchen.
Das Konzertangebot speziell für junge Hörer wächst, der sogenannte «Education-Bereich» wird immer wichtiger. Eine Reaktion darauf, dass der Musikunterricht an den Schulen abgebaut wird? Ich bedaure, dass die Künste in der Schule immer weniger Raum erhalten, glaube aber, dass es den Festivals und Konzerthäusern nicht bloss darum geht, dies auszugleichen. Vielmehr nehmen sie das junge Publikum verstärkt als anspruchsvolle Zielgruppe wahr, wollen Kindern und Familien kulturelle Vielfalt bieten. Vielleicht möchten sie auch einem zukünftigen Publikumsschwund begegnen, aber das ist wohl zweitrangig. Gleichwohl denke ich, dass es mit solchen Konzertangeboten für junge Hörer gelingen wird, ein neues Publikum zu generieren, zumal ich einen Doppeleffekt beobachte: Eltern, die mit ihrem Nachwuchs Kinderkonzerte besuchen, entdecken für sich selbst die klassische Musik, bauen eigene Vorbehalte ab. Vielleicht ist auch das ein Grund für den Erfolg meiner Stücke, die immer auf mehreren Ebenen rezipiert werden können und deshalb auch für Erwachsene spannend sind. ■
NOMOZART
Young Performance on Tour Es muss nicht immer Mozart sein: Mit der aktuellen Erfolgsproduktion NOMOZART geht Young Performance im Frühjahr 2018 auf Tournee – vom 4. bis zum 18. März, kreuz und quer durch die Schweiz und nach Luxemburg. Nähere Informationen und Karten ab Januar 2018 unter youngperformance.ch.
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 47
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
1
2
Wer ist denn das?
Auch grosse Stars waren einmal klein. Wir haben einige Künstler des Sommers 2018 gebeten, uns – passend zum Themenschwerpunkt «Kindheit» – eigene Kinderfotos zu schicken. Und Sie dürfen jetzt raten: Wer ist denn das?
3 Senden Sie uns Ihre Antwort bis zum 25. März 2018: per E-Mail an info@lucernefestival.ch oder postalisch an LUCERNE FESTIVAL, Hirschmattstrasse 13, Postfach, CH−6002 Luzern.
48 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
4
5
6
8
10
7 Wer die richtige Zuordnung gefunden hat bzw. wer ihr am nächsten gekommen ist, kann zwei Konzertkarten gewinnen: Wir verlosen 3 x 2 Tickets für den Auftritt des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA unter Riccardo Chailly am 25. August 2018, mit Werken von Richard Wagner und Anton Bruckner. Die Gewinner werden direkt im Anschluss an die Auslosung benachrichtigt. Die korrekte Auflösung veröffentlichen wir dann in unserem Festspielguide Day by Day, der im Juni 2018 erscheint.
9 49
Sommer-Schwerpunkt «Kindheit»
Kinderszenen
Der Luzerner Musiksommer 2018 wirkt wie ein Jungbrunnen: Er versetzt uns zurück in die Kindheit. Mit Musik, die speziell für Kinder komponiert wurde, aber auch erwachsene Hörer verzaubert. Und mit Werken, in denen sich die Komponisten zurückerinnern an ihre ersten Lebensjahre – an ihre damaligen Abenteuer und Märchen, Ängste und Träume. Einige dieser «Kinderszenen» haben wir auf den folgenden Seiten für Sie zusammengestellt.
50 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Einfach märchenhaft Am Weihnachtsabend erwachen die Spielsachen zum Leben: In seinem zauberhaften Nussknacker träumt sich Tschaikowsky zurück in die Kindheit. 4. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 18
St. Petersburger Philharmoniker | Yuri Temirkanov Dirigent | Sergej Redkin Klavier Rimsky-Korsakow Suite aus der Oper Das Märchen vom Zaren Saltan op. 57 | Rachmaninow Klavierkonzert Nr. 2 c-Moll op. 18 | Tschaikowsky Suite aus dem Ballett Der Nussknacker op. 71
Aber bitte mit Sahne Einmal in der Konditorei nach Herzenslust schlemmen: Richard Strauss hat diesen Kindertraum in eine zuckersüsse Ballettmusik verwandelt – mit Marzipan-Märschen und einem Walzer von Prinzessin Pralinee. 19. August | 11.00 Uhr Sinfoniekonzert 2
Orchestre de la Suisse Romande | Jonathan Nott Dirigent | Renaud Capuçon Violine Debussy Jeux | Sibelius Violinkonzert d-Moll op. 47 | Strauss Suite aus dem Ballett Schlagobers
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 51
Buntes Jahrmarkttreiben In Russland heisst der Kasperl Petruschka: Igor Strawinsky hat dem Puppentheater und seinem komisch-traurigen Helden ein musikalisches Denkmal gesetzt. 3. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 17
Münchner Philharmoniker | Valery Gergiev Dirigent Rimsky-Korsakow Scheherazade op. 35 | Strawinsky Petruschka | Le Sacre du printemps
Die Hexe und der Hexenmeister Ein russischer Abend mit dem Klaviermagier Daniil Trifonov – und mit zwei Ausflügen in die Welt des Märchens: Neben Aschenputtel hat auch die schreckliche Hexe Kikimora ihren Auftritt. 27. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 10
Luzerner Sinfonieorchester | James Gaffigan Dirigent | Daniil Trifonov Klavier Ljadow Kikimora op. 63 | Rachmaninow Klavierkonzert Nr. 4 g-Moll op. 40 | Prokofjew Suite aus dem Ballett Cinderella op. 87
52 LUCERNE LUCERNE FESTIVAL FESTIVAL || JAHRESMAGA JAHRESMAGAZIN ZIN 2018 2018
Quer durchs Orchester gehört In seinem unterhaltsamen «Orchesterführer» stellt Benjamin Britten die verschiedenen Instrumente derart farbenreich vor, dass man sie sofort allesamt spielen lernen möchte. 16. September | 17.00 Uhr Sinfoniekonzert 31
Orquesta Sinfónica Simón Bolívar de Venezuela | Gustavo Dudamel Dirigent Brahms Haydn-Variationen op. 56a | Britten The Young Person’s Guide to the Orchestra op. 34 | Brahms Sinfonie Nr. 4 e-Moll op. 98
Macht Kinder froh … … und Erwachsene ebenso: Sergej Prokofjews Peter und der Wolf, spannend erzählt von der jungen Schauspielerin Anuk Steffen, darf im Luzerner «Kindheitssommer» nicht fehlen. 9. September | 11.00 Uhr Sinfoniekonzert 23
English Chamber Orchestra | Wolfram Christ Dirigent | Anuk Steffen Erzählerin Mozart Kassation G-Dur KV 63 | Prokofjew Sinfonie Nr. 1 D-Dur op. 25 Symphonie classique | Mozart Sinfonie Es-Dur KV 16 | Prokofjew Marsch B-Dur op. 99 | Peter und der Wolf op. 67
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 53
Sinfonisches Requiem
In seiner Vierten Sinfonie verarbeitete Franz Schmidt einen Schicksalsschlag: den Tod seiner Tochter Emma. Bei Kirill Petrenko ist das selten zu hörende Werk in den besten Händen. 30. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 13
Berliner Philharmoniker | Kirill Petrenko Dirigent | Yuja Wang Klavier Dukas La Péri ou La Fleur d’immortalité | Prokofjew Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26 | Schmidt Sinfonie Nr. 4 C-Dur
«Kinder, macht Neues!» forderte Richard Wagner von den Komponisten aller Zeiten. Neue Ideen, neue Musik, Freiheit und Fantasie beflügeln die räsonanz-Stifterkonzerte. Und wenn András Schiff spielt, wird selbst Beethoven zum zeitlosen Zeitgenossen. 20. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 4 – räsonanz-Stifterkonzert
Chamber Orchestra of Europe | Heinz Holliger Dirigent | Sir András Schiff Klavier | Miklós Perényi Violoncello Beethoven Klaviersonaten op. 27 Nr. 1 und 2 quasi una fantasia | Kurtág … quasi una fantasia … op. 27 Nr. 1 | Doppelkonzert für Klavier und Violoncello op. 27 Nr. 2 | Werke von Schönberg und Holliger
54 LUCERNE LUCERNE FESTIVAL FESTIVAL || JAHRESMAGA JAHRESMAGAZIN ZIN 2018 2018
Ein Kinderspiel … … ist diese Musik gewiss nicht, auch wenn Sol Gabetta noch die schwersten Konzerte mit Leichtigkeit meistert. Aber bei Haydns Henne oder Bizets Seifenblasen und Karussellpferden begegnen sich Kunst und Kindheit, Virtuosität und Übermut. 28. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 11
Mahler Chamber Orchestra | François-Xavier Roth Dirigent | Sol Gabetta Violoncello Bartók Divertimento für Streichorchester Sz 133 | Martinů Cellokonzert Nr. 1 | Bizet Jeux d’enfants | Haydn Sinfonie g-Moll Hob. I:83 La Poule
Heiliger Bimbam Auch die Kinder haben ihren Platz in Gustav Mahlers Dritter Sinfonie, diesem musikalischen Weltaufriss: Mit ihrem engelsgleichen «Bimbam»-Gesang repräsentieren sie die himmlische Sphäre. 13. September | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 28
Boston Symphony Orchestra | Chöre | Andris Nelsons Dirigent | Susan Graham Mezzosopran Mahler Sinfonie Nr. 3 d-Moll
55
60 Jahre Berliner Philharmoniker bei LUCERNE FESTIVAL
Ein Fest für die Musik Ihre Auftritte gehören zu den alljährlichen Höhepunkten beim Sommer-Festival: Seit nunmehr 60 Jahren sind die Berliner Philharmoniker Stammgast in Luzern. Doch im Jubiläumsjahr gibt es etwas Neues: Zum ersten Mal gastiert das deutsche Spitzenorchester hier mit seinem künftigen Chefdirigenten Kirill Petrenko.
F
TEXT: SUSANNE STÄHR
ast scheint es ein Ritual zu sein: Kurz nachdem der Kartenverkauf für das Sommer-Festival begonnen hat, sind die Konzerte der Berliner Philharmoniker weitgehend ausgebucht. Kaum ein anderes Orchester verfügt über eine solche Zugkraft, und das hängt nicht nur mit der Chronik seiner legendären Chefdirigenten zusammen. Die 128 Musikerinnen und Musiker aus mehr als zwanzig Nationen, die heute den «Berlinern» angehören, sind allesamt grandiose Virtuosen und Meister ihres Fachs. Was sie auszeichnet, ist eine besondere Leidenschaft, bei der es um mehr geht als das «korrekte» Spiel. Der australische Geiger Stanley Dodds, Medienvorstand des Orchesters, sprach unlängst von einer «draufgängerischen Lust, das Äusserste zu geben: Es gehört zu unseren Markenzeichen, dass wir uns mit viel Energie und Risikobereitschaft ins Orchesterspiel werfen.»
56 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Von Bülow bis Petrenko: Ein Streifzug durch die Geschichte der Berliner Philharmoniker
Seit 1958 kommen die Berliner Philharmoniker nach Luzern, seit 1968 tun sie es Jahr für Jahr.
Vielleicht hat dieses Profil auch historische Ursachen – in jeden Fall ist es Teil der philharmonischen Tradition. Denn das Orchester gründete sich 1882, vor 135 Jahren, aus einem Akt der Rebellion heraus: Damals machten sich 50 Musiker, die bis dahin der Bilse’schen Kapelle in Berlin angehört hatten, kurzerhand selbständig, weil sie unzufrieden waren mit ihrem Chef und den Arbeitsbedingungen. Sie nahmen ein enormes wirtschaftliches Risiko auf sich und mussten gewissermassen um ihr Leben spielen. Was dazu führte, dass sie nicht nur eine hochklassige Konzertreihe in Eigenregie unterhielten, sondern sich anfangs auch von diversen Chören, Dirigenten und Solisten für deren Auftritte «anmieten» lassen mussten und zur Volksbelustigung in Biergärten aufspielten. Und viele Jahre fungierten sie während der Sommerpause sogar als eine Art bessere Kurkapelle im niederländischen Badeort Scheveningen. Freilich hatten die Berliner Philharmoniker von Anfang an eine glückliche Hand bei der Wahl ihrer Chefdirigenten, die sie in demokratischer Wahl stets selbst bestimmten. Gleich der erste, der an der Spitze des Orchesters stand, war der berühmte Hans von Bülow: ein brillanter Intellektueller, vielsprachiger Kosmopolit, glänzender Pianist und seinerzeit der begehrteste Maestro der Welt. Akribisch feilte er mit seinen Musikern (während der ersten fast 100 Jahre waren es
Die Jubiläumskonzerte der Berliner Philharmoniker 29. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 12 KKL Luzern, Konzertsaal
Berliner Philharmoniker | Kirill Petrenko Dirigent Strauss Don Juan op. 20 | Tod und Verklärung op. 24 | Beethoven Sinfonie Nr. 7 A-Dur op. 92 30. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 13 KKL Luzern, Konzertsaal
Berliner Philharmoniker | Kirill Petrenko Dirigent | Yuja Wang Klavier Dukas La Péri ou La Fleur d’immortalité | Prokofjew Klavierkonzert Nr. 3 C-Dur op. 26 | Schmidt Sinfonie Nr. 4 C-Dur
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 57
Neue Ära: Kirill Petrenko stellt sich in Luzern als künftiger Chefdirigent der Berliner Philharmoniker vor.
IN DER ÄRA HERBERT VON KARAJANS WURDE DAS ORCHESTER ZU EINEM BESTSELLER. TOURNEEN DURCH GANZ EUROPA, NACH AMERIKA UND ASIEN BESCHERTEN IHM EINE INTERNATIONALE FANGEMEINDE.
Sie legten den Grundstein für die Erfolgsgeschichte: Hans von Bülow (links) und Arthur Nikisch (rechts) waren die ersten Chefdirigenten der Berliner Philharmoniker.
ausschliesslich Männer) an jeder Nuance und führte sie zu einer Perfektion, die das Publikum schlichtweg hinriss. Nach Bülows Tod übernahm 1895 der Ungar Arthur Nikisch die Leitung: ein Instinktmusiker, der den weichen, farbigen Klang und die Poesie ins Zentrum rückte. Während Bülow zuweilen mit grosser Geste taktierte, bestach Nikisch durch die natürliche Lässigkeit des geborenen Grandseigneurs, die er noch durch das passende Outfit unterstrich: vom akkurat gestutzten Schnurrbart und der kunstvoll drapierten Haartolle über massgeschneiderte Hemden mit extravagantem Kragen und grossen Manschetten bis zu den gepflegten 58 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Händen, die er vor dem Konzert weiss geschminkt haben soll. AUFSTIEG ZUM WELTRUHM: FURTWÄNGLER UND KARAJAN Derlei äusserliche Extravaganzen waren seinem Nachfolger Wilhelm Furtwängler, dem grossen Mystiker, gänzlich fremd. Von 1922 bis 1954 hatte er die Spitzenposition bei den «Berlinern» inne und vollbrachte dabei das Kunststück, Altbekanntes völlig neu erklingen zu lassen. «Dirigieren bedeutet frei Schaffen», vermerkte Furtwängler 1927 in seinem Tagebuch und befand, dass eine notengetreue Darstellung nur «die Parole der Unfrucht-
baren, Phantasielosen» sei. Wenn er etwa Beethovens Fünfte Sinfonie oder die Neunte deutete, dann konnte man den Eindruck gewinnen, dass er sie neu erschaffe, als Medium dieser Musik. «Es gab niemals auch nur einen Moment des Vorhersehbaren», resümierte der Kritiker Hans Heinz Stuckenschmidt. «Man musste allezeit auf die Überraschungen des Genieblitzes gefasst sein.» Ihren Weltruhm aber verdanken die Berliner Philharmoniker vor allem der Ära Herbert von Karajans (1955–1989): Die unzähligen Plattenaufnahmen, die in dieser Zeit entstanden, liessen das Orchester zu einem Bestseller werden, Tourneen durch ganz Europa, nach Amerika und Asien bescherten ihm eine internationale Fangemeinde. Karajan war der erste Klassik-Künstler, der sogar Publizität in den Bunten Blättern erlangte: dynamisch, attraktiv und erfolgreich, Hobbypilot und rasanter Autofahrer, verheiratet mit einem ehemaligen Fotomodell aus Frankreich. Kraft dieser Bekanntheit gelang es Karajan auch, beste Kontakte zur Wirtschaft und zum Geldadel zu schliessen, die ihm seine Projekte finanzierten. Und die Musikfreunde begeisterte er mit einem schlanken,
Herbert von Karajan probt mit den Berliner Philharmonikern in Luzern.
schlackenlosen Klangideal: Kein Ballast und keine Schärfen belasteten seine Interpretationen, die mit flüssigen Tempi stärker auf die melodische Linie als auf die rhythmische Prägnanz abzielten. OHNE TITEL, NICHT NUR FÜR DIE ELITE: ABBADO UND RATTLE «Der Meister»: So nannten ihn ehrfurchtsvoll seine Musiker. Was für ein Unterschied zu seinem Nachfolger Claudio Abbado, der sich gleich nach seiner Wahl in der Orchesterversammlung mit den Worten einführte: «Ich bin Claudio, für alle. Kein Titel!» Auch in den Proben ging es nun anders zu. Abbado redete wenig, sehr wenig. Wichtiger als das Sprechen sei das Hören, wusste er und wünschte sich ein kammermusikalisches Interagieren der Musikerinnen und Musiker, die für ihn nicht Befehlsempfänger eines autokratisch diktierten Dirigentenwillens waren, sondern Partner. Mit Abbado am Pult eröffneten die Berliner Philharmoniker 1998, vor genau zwanzig Jahren also, auch das KKL Luzern – und spielten dabei dasselbe Werk, mit dem sie sich vier Jahrzehnte zuvor, 1958, unter Karajan erstmals bei LUCERNE FESTIVAL präsentiert hatten: Beethovens Neunte Sinfonie. Öffnung und Teilhabe waren die philharmonischen Markenzeichen in der Amtszeit von Sir Simon Rattle (2002–2018): Er sorgte für eine immense Erweiterung des Repertoires, das sich nun von Bach und Rameau bis zu den verschiedensten Strömungen der Gegenwart erstreckte, den spröderen wie den süffigeren. Unter Rattle waren die Philharmoniker in der französischen Musik, bei den Skandinaviern und Osteuropäern oder auch bei seinen britischen Landsleuten Elgar und Britten genauso zuhause wie in der deutschen Tradition. Und davon sollten immer breitere Hörerkreise profitieren: Rattle initiierte ein preisgekröntes Education-Programm, er führte kostenlose Lunch-Konzerte und einen Tag der offenen Tür ein, rief die «Digital Concert Hall» ins Leben und liess die Philharmoniker ausschwärmen in andere Berliner Spielstätten, von der Arena in Treptow bis zum Flughafen Tempelhof. Rattle stand für Breitenwirkung. Und für die Absage an den Konzertbetrieb als elitäre Institution. DER WAHRHEITSSUCHER: IN DIE ZUKUNFT MIT KIRILL PETRENKO Mit Kirill Petrenko jedoch, der das Amt des Chefdirigenten offiziell 2019 antreten, aber schon die Luzerner Auftritte der Musikerinnen und Musiker im Sommer 2018 leiten wird,
Zwei weitere Orchesterjubiläen Das Orchestre de la Suisse Romande und das Rotterdam Philharmonic Orchestra feiern 2018 ihren 100. Geburtstag. 19. August | 11.00 Uhr Sinfoniekonzert 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Orchestre de la Suisse Romande | Jonathan Nott Dirigent | Renaud Capuçon Violine Debussy Jeux | Sibelius Violinkonzert d-Moll op. 47 | Strauss Suite aus dem Ballett Schlagobers 31. August | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 14 KKL Luzern, Konzertsaal
Rotterdam Philharmonic Orchestra | Yannick Nézet-Séguin Dirigent | Yefim Bronfman Klavier Haydn Sinfonie f-Moll Hob. I:49 La passione | Liszt Klavierkonzert Nr. 2 A-Dur S 125 | Tschaikowsky Sinfonie Nr. 4 f-Moll op. 36
haben sich die Philharmoniker einen unermüdlichen Wahrheitssucher an ihre Spitze geholt. Wer den gebürtigen Russen (Jahrgang 1972) einmal am Pult erlebt hat, der weiss, zu welchen Höhenflügen er seine Orchester befeuern kann. Und seine Aura greift auf das Publikum über, das ebenfalls vom Boden abzuheben scheint. Petrenko-Konzerte sind Kult: Man pilgert zu ihm, lässt sich von seinen Interpretationen verführen, man feiert ihn, und mancher fühlt sich bei so viel Klangzauberei schon zu Vergleichen mit einem Magier wie Carlos Kleiber bemüssigt. Aber die Macht der Gefühle, die Petrenko heraufbeschwört, ist das Ergebnis akribischer Arbeit. Geradezu besessen bereitet er sich auf seine Auftritte vor, vergräbt sich in die Partituren, lotet jedes Detail aus. Mag sein, dass Kirill Petrenko ein «AntiMaestro» ist. Scheu und bescheiden tritt er auf, aber gerade weil er kein Selbstdarsteller ist, sondern ausschliesslich der Musik dienen will, wirkt er so überzeugend. Petrenko interessiert sich wenig für Marketing, er hat auch keinen lukrativen Plattenvertrag mit einem der grossen Labels, und er jettet nicht rastlos um die Welt, von Toporchester zu Toporchester. Weshalb er den Berliner Philharmonikern auch exklusiv zur Verfügung stehen, sich ganz auf sie konzentrieren wird. Und das verheisst Grosses: ein Fest für die Musik. ■ LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 59
Dmitry Sinkovsky & Julia Lezhneva
Oster-Festival
Rolando Villazón
Publikumslieblinge und spirituelle Glücksmomente
Das Oster-Festival 2018
I
m Frühjahr 2017 gab Julia Lezhneva, die 28-jährige russische Sopranistin mit der Engelsstimme, ihren Einstand bei LUCERNE FESTIVAL – ein Jahr später kehrt sie schon wieder zurück: und das mit gleich zwei Konzerten, als «artist-in-residence». Gemeinsam mit dem nicht weniger erstaunlichen Multitalent Dmitry Sinkovsky, der als Geiger, Countertenor und Dirigent für Furore sorgt, wird sie Pergolesis anrührendes Stabat Mater aufführen. Und wenige Tage später stellt sie ihre Gesangskunst in nuce vor, mit einem Rezital, das einen breiten Repertoirebogen von Vivaldi bis zu Schubert spannt. Das Oster-Festival 2018 wartet mit zahlreichen Publikumslieblingen auf. Startenor
60 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Rolando Villazón gastiert mit dem Iberacademy Orchestra aus dem kolumbianischen Medellín in Luzern. Riccardo Chailly und seine Filarmonica della Scala haben ein russisches Programm vorbereitet. Sir András Schiff und die Cappella Andrea Barca präsentieren sich ganz in c-Moll, mit Werken von Bach und Mozart. Und zum krönenden Abschluss spielen der Chor und das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks unter der Leitung von Mariss Jansons auf: Beethovens C-Dur-Messe und Schumanns Frühlingssinfonie haben sie unter anderem im Reisegepäck. Spirituelle Glücksmomente vermittelt Matthias Pintscher, wenn er mit den LUCERNE FESTIVAL ALUMNI und dem Ensemble
intercontemporain Olivier Messiaens Des canyons aux étoiles aufführt: eine musikalische Himmelfahrt von den Felsschluchten des Bryce Canyon zu den Sternen, die durch die Lichtkunst von Ann Veronica Janssens auch visuell zum Erlebnis wird. Und mit Anton Bruckners e-Moll-Messe erklingt Gotteslob aus der Feder eines Komponisten, der – so sein Schüler Franz Schalk – «ein Gläubiger ohnegleichen» war. Ein österliches «Must» ist auch der Meisterkurs, den Maestro Bernard Haitink zum bereits achten Mal anbietet. Wer mehr erfahren will über die Geheimnisse des Dirigierens und die Kniffe der Interpretation, der sollte auf diese Lektionen nicht verzichten. ■
Mariss Jansons
Riccardo Chailly
19. März | 19.30 Uhr Chorkonzert 1 Franziskanerkirche
23. März | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 4 KKL Luzern, Konzertsaal
Akademiechor Luzern | Instrumentalisten der Hochschule Luzern – Musik | Ulrike Grosch Dirigentin
Ensemble intercontemporain | Ensemble der LUCERNE FESTIVAL ALUMNI | Matthias Pintscher Dirigent | Ann Veronica Janssens Visualisierung (Lichtkonzept) | Solisten
Werke von Bruckner und Tomasi 20. März | 19.30 Uhr Rezital − Lied Kirchensaal MaiHof
Julia Lezhneva Sopran | Mikhail Antonenko Klavier Lieder, Arien und Klavierstücke von Vivaldi, Händel, J. S. Bach, Porpora, Mozart, Rossini, Bellini und Schubert 21. − 23. März | jeweils 10.00 und 15.30 Uhr Meisterkurs Dirigieren KKL Luzern, Luzerner Saal
17. März | 19.30 Uhr Eröffnungskonzert Hofkirche
La Voce Strumentale | Dmitry Sinkovsky Countertenor,
Violine und Musikalische Leitung | Julia Lezhneva Sopran Werke von Geminiani, Vivaldi und Pergolesi 18. März | 17.00 Uhr Sinfoniekonzert 1 Kirchensaal MaiHof
Iberacademy Orchestra, Medellín | Roberto González Monjas Konzertmeister und Musikalische Leitung | Fatma Said Sopran | Rolando Villazón Tenor Werke von Mozart und Beethoven
Festival Strings Lucerne | Studierende des Meisterkurses | Bernard Haitink Leitung Werke von Mozart, Weber, Brahms, Dvořák und Debussy 21. März | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Filarmonica della Scala | Riccardo Chailly Dirigent Werke von Tschaikowsky, Schostakowitsch und Strawinsky 22. März | 19.30 Uhr Sinfoniekonzert 3 KKL Luzern, Konzertsaal Cappella Andrea Barca | Sir András Schiff Klavier und Musikalische Leitung | Schaghajegh Nosrati Klavier Werke von J. S. Bach und Mozart
Messiaen Des canyons aux étoiles 24. März | 18.30 Uhr Chorkonzert 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks | Mariss Jansons Dirigent | Martin Angerer Trompete | Julia Kleiter Sopran | Gerhild Romberger Alt | Christian Elsner Tenor | Florian Boesch Bassbariton Werke von Strawinsky, Hummel und Beethoven 24. März | 21.00 Uhr Musiktheater Luzerner Theater
Opernensemble und Chor des Luzerner Theaters | Luzerner Sinfonieorchester | Clemens Heil Dirigent | Marco Štorman Regie | Frauke Löffel Bühne | Bert Zander Video Schumann Faust-Szenen Koproduktion mit dem Luzerner Theater 25. März | 17.00 Uhr Sinfoniekonzert 5 KKL Luzern, Konzertsaal
Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks | Mariss Jansons Dirigent | Denis Matsuev Klavier Werke von Schumann, Rachmaninow und Bernstein
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 61
Piano-Festival
Sir András Schiff
Alles ausser Alltag
Das Piano-Festival 2018
E
in Festival zu veranstalten heisst: etwas Aussergewöhnliches bieten, das sich vom Alltag abhebt. Deshalb haben wir Sir András Schiff gebeten, beim Luzerner PianoFestival 2018 gleich ein Doppelrezital zu geben: zwei Abende, die uns das ganze Spektrum seiner stupenden Klavierkunst eröffnen. Denn Schiff ist ein Meister der ungewöhnlichen Programme und der tiefgründigen Interpretation. Er stellt die Werkabfolgen mit Hintersinn zusammen, präsentiert je nach Repertoire auch unterschiedliche Instrumente und dringt bis ins Innerste der Musik vor, wobei er jedes Detail liebevoll auslotet. Und ganz abgesehen davon verblüfft er
62 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
mit einer physischen und mentalen Kondition, die ebenfalls einzigartig sein dürfte. Lassen wir uns überraschen! Auch Andreas Haefliger erweist sich als Marathon-Mann und spielt bei seinem Auftritt mit dem Zürcher Tonhalle-Orchester gleich zwei Klavierkonzerte, eins von Mozart und eins von Ravel. Mit dem russischen Grossmeister Grigory Sokolov ist einer der charismatischsten Tastenstars unserer Zeit zu Gast. Mystisch geht es bei der Festspieleröffnung zu, wenn Igor Levit die polyphonen Wunderwelten Bachs und Schostakowitschs beschwört – um dann ins Reich der Geister und Propheten aufzubrechen, mit Werken von Schumann, Wagner und Liszt. Harte Kontraste lässt da-
gegen der Kult-Organist Cameron Carpenter aufeinanderprallen: Bachs Goldberg-Variationen und Howard Hansons Zweite Sinfonie, bekannt aus dem Science-Fiction-Film Alien, hat man wohl auch noch nicht hintereinander gehört. Und das ist längst nicht alles: Wir freuen uns auf ein Moderne-Programm mit Nicolas Hodges und drei neuen Werken, die beim Christoph-Delz-Wettbewerb 2018 preisgekrönt wurden. Wir stellen Ihnen in der «Debut»-Reihe mit dem Chinesen Haochen Zhang, der Deutsch-Iranerin Schaghajegh Nosrati und dem Italiener Federico Colli drei vielversprechende Nachwuchsstars vor. Und wir feiern mit Ihnen 20 Jahre Piano-Festival: an unserem grossen «Tastentag». ■
Igor Levit
Grigory Sokolov
Nicolas Hodges
Andreas Haefliger
17. November | 18.30 Uhr Rezital 1 KKL Luzern, Konzertsaal
Igor Levit Klavier
22. November | 19.30 Uhr Rezital 4 KKL Luzern, Konzertsaal
18. November | ab 11.00 Uhr Tastentag KKL Luzern
Grigory Sokolov Klavier
«Tanz auf den Tasten − 20 Jahre Piano-Festival»
23. November | 12.15 Uhr Debut 3 Lukaskirche
19. November | 19.30 Uhr Rezital 2 KKL Luzern, Konzertsaal
Federico Colli Klavier 23. November | 19.30 Uhr Rezital 5 − Orgel KKL Luzern, Konzertsaal
Sir András Schiff Klavier 20. November | 19.30 Uhr Opening «Piano Off-Stage» KKL Luzern, Luzerner Saal
Cameron Carpenter Orgel
Eröffnung von «Piano Off-Stage», dem Jazz-Festival im Festival 21. November | 12.15 Uhr Debut 1 Lukaskirche
Nicolas Hodges Klavier
Haochen Zhang Klavier
24. November | 18.30 Uhr Klavier-Konzert KKL Luzern, Konzertsaal
21. November | 19.30 Uhr Rezital 3 KKL Luzern, Konzertsaal
Tonhalle-Orchester Zürich | Donald Runnicles Dirigent | Andreas Haefliger Klavier
Sir András Schiff Klavier 22. November | 12.15 Uhr Debut 2 Lukaskirche
Schaghajegh Nosrati Klavier Cameron Carpenter
24. November | 11.00 Uhr Rezital 6 Lukaskirche
25. November | 17.00 Uhr Abschlusskonzert KKL Luzern, Konzertsaal Die Interpreten werden zu einem späteren Zeitpunkt bekanntgegeben.
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 63
Mein Luzern
«Ein magischer Eindruck» Musik, Museen und eine malerische Umgebung: Luzern bietet Kultur- und Naturerlebnisse in Hülle und Fülle. Festivalintendant Michael Haefliger und seine Frau Andrea Loetscher erzählen, was Luzern für sie so einzigartig macht. Herr Haefliger, Sie kennen Luzern seit Kindertagen … Michael Haefliger: Ja, wir haben meinen Vater, den Tenor Ernst Haefliger, begleitet, wenn er bei den Festspielen auftrat. Die wunderschöne Stadt, der See, die Berge − ein magischer Eindruck, der sich mir stark eingeprägt hat. Es war der Beginn einer engen inneren Beziehung zu Luzern. 64 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
Was war Ihre erste Begegnung mit Luzern, Frau Loetscher? Andrea Loetscher: Mein Onkel besitzt ein Haus im nahegelegenen Weggis, wo ich als Kind viele Sommer verbrachte. Es gab dort ein Sprungbrett in den Vierwaldstättersee. Eines Tages bin ich, ohne grosses Nachdenken, einfach losgesprungen – und habe so Schwimmen gelernt.
Luzern ist nicht nur eine Musikstadt, sondern verfügt über die Musik hinaus über ein breites Kulturangebot. Was kommt Ihnen als erstes in den Sinn? Andrea Loetscher: Die vielen Museen. Die Sammlung Rosengart mit Werken von Picasso, Klee und Miró etwa, das Kunstmuseum Luzern oder das Verkehrshaus der Schweiz, ein faszinierendes Technikmuseum. Oder
das Kino Bourbaki mit guten Filmen, einer netten Bar und einem historischen Panorama-Rundbild. Was sollte ein Luzern-Besucher unbedingt im Gepäck haben? Michael Haefliger: Tolstois Erzählung Luzern, die er am besten im Hotel Schweizerhof liest, weil sie dort zu grossen Teilen spielt. Andrea Loetscher: Und natürlich Schwimmsachen. Es gibt im Sommer nichts Erfrischenderes als ein Bad im Vierwaldstättersee – vor atemberaubender Kulisse.
Und was sollte er als Erstes tun, wenn er in Luzern angekommen ist? Andrea Loetscher: Ab in den See! Ansonsten empfehle ich eine Rundfahrt per Schiff. Michael Haefliger: Auch ein Bummel durch die wunderschöne Altstadt mit ihren engen Gassen ist ein guter Einstieg, selbstverständlich mit einem Gang über das Luzerner Wahrzeichen, die hölzerne Kapellbrücke: ein absolutes Muss.
Luzern ist umgeben von Natur. Wo schalten Sie vom Alltag ab? Michael Haefliger: Zum Beispiel im malerischen Vitznau, direkt am See. Aber auch ein Ausflug in die Berge, auf die Rigi oder auf den Pilatus, bietet sich an. Andrea Loetscher: Oder ein abendlicher Bummel an der Reuss: All die Lichter und die Menschen, die im Freien sitzen – das wirkt fast mediterran.
Was darf man keinesfalls verpassen? Michael Haefliger: Abgesehen von LUCERNE FESTIVAL? Zumindest einmal im Leben sollte jeder die wilde Luzerner Fasnacht mitgemacht haben.
Ein besonderer Ort, der bislang noch nicht zur Sprache kam? Michael Haefliger: Die herrlichen Kirchen. In der Matthäuskirche haben Richard und Cosima Wagner im August 1870 geheiratet. Neben der Jesuiten- und der Hofkirche gefällt mir besonders die intime Franziskanerkirche. Die Luzerner Musikkultur ist ja einst in den Kirchen entstanden.
Wohin geht’s nach dem Konzert? Michael Haefliger: Da bietet Luzern viele Möglichkeiten, zum Beispiel die Seebar im KKL: Das ist kein weiter Weg, und man begegnet hier vielen Künstlern, die eben noch auf der Bühne standen. Andrea Loetscher: Schön ist die Louis Bar im Hotel Montana, mit regelmässigen Jazzkonzerten − und mit dem schönsten Blick über den Vierwaldstättersee.
Was vermissen Sie am meisten, wenn Sie einmal nicht in Luzern sind? Andrea Loetscher: Ein Gefühl von Heimat. Michael Haefliger: Und das Seegefühl. Der Vierwaldstättersee prägt einfach das Leben in Luzern, man hat ihn immer im Blick. ■ LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 65
Mit Vorfreude ins neue Musikjahr Unsere Abo-Angebote für den Sommer 2018 LUCERNE FESTIVAL – das sind unvergessliche Konzerterlebnisse in einzigartiger Festspielatmosphäre. Auch für den Sommer 2018 können Sie wieder aus mehreren attraktiven Abo-Angeboten auswählen: Ob musikbegeisterte Stammkunden oder Erstbesucher in Schnupperlaune, ob Kurzurlauber oder Touristen aus aller Welt – wir haben für jeden Geschmack etwas zusammengestellt. Ihre Vorteile als Abonnent: Sie können bereits im Vorbuchungszeitraum bis Mitte Februar bestellen und sichern sich so noch vor dem offiziellen Verkaufsstart Karten für Ihre Wunschkonzerte. Überdies profitieren Sie von Gratis-Programmheften und einem Treuebonus.
3 oder 5 Konzerte nach Wahl
Alle drei Programme erleben
Die legendären Orchester und Dirigenten, die virtuosen Solisten: Sichern Sie sich frühzeitig Karten für die Höhepunkte des Sommer-Festivals 2018 – ganz nach Ihren persönlichen Vorlieben.
Detaillierte Informationen zu unseren Abo-Angeboten finden Sie im Konzertkalender ab S. 16.
Sie lieben das LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA? Dann reservieren Sie sich schon jetzt Ihre Karten für alle drei Programme des Sommers 2018 mit Riccardo Chailly.
Detaillierte Informationen im Konzertkalender auf S. 17.
Detaillierte Informationen im Konzertkalender auf S. 19.
Vier Wochenenden voller Musik
Sieben Tage Festival
Sie wollen Festivalluft schnuppern und planen einen Kurztrip an den Vierwaldstättersee? Gönnen Sie sich ein unvergessliches Wochenende: Wir haben vier abwechslungsreiche Konzertpakete für Sie geschnürt.
Für wahre Fans: Stellen Sie sich Ihre individuelle Wochen-Serie mit mindestens fünf Konzerten innerhalb von sieben aufeinanderfolgenden Tagen zusammen. Mehr Musik geht nicht!
Sommer-Wahlabonnement
Wochenendpakete
Detaillierte Informationen im Konzertkalender auf S. 18.
66 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA total
Wochen-Serie
Detaillierte Informationen im Konzertkalender auf S. 19.
Abos & Kartenkauf
Ihr Weg zur Konzertkarte Informationen zur Ticketbestellung Vorverkaufstermine
Oster-Festival | 17. – 25. März 2018 Karten online buchbar ab Schriftliche Bestellungen ab Telefonischer Kartenverkauf ab
13. November 2017, 12.00 Uhr 15. November 2017 17. November 2017, Mo – Fr von 10.00 bis 17.00 Uhr
Sommer-Festival | 17. August – 16. September 2018 Karten online buchbar ab Schriftliche Bestellungen ab Telefonischer Kartenverkauf ab
5. März 2018, 12.00 Uhr 8. März 2018 15. März 2018, Mo – Fr von 10.00 bis 17.00 Uhr
Piano-Festival | 17. – 25. November 2018 Karten online buchbar ab Schriftliche Bestellungen ab Telefonischer Kartenverkauf ab
6. August 2018, 12.00 Uhr 8. August 2018 13. August 2018, Mo – Fr von 10.00 bis 17.00 Uhr
Ganzjährige Vorverkaufsstellen – schweizweit
Mit Beginn des Online-Vorverkaufs, jeweils ab 12.00 Uhr, können Sie Ihre Konzertkarten für das jeweilige Festival auch bei unseren externen Verkaufsstellen persönlich am Schalter erwerben. Die Adressen unserer schweizweiten Verkaufsstellen finden Sie im Konzertkalender auf S. 22.
Natürlich sind wir auch vor Ort für Sie da! Kartenverkauf während der Festivals
Am LUCERNE FESTIVAL-Ticketschalter beim Haupteingang des KKL Luzern (Seeseite) erhalten Sie während der Festivalzeiten täglich (während des Oster-Festivals ab dem 21. März) von 10.00 Uhr bis zum Ende der Konzertpause Karten für das je aktuelle Festival wie auch bereits für die Veranstaltungen des folgenden Festivals. Sollten Sie sich spontan zum Konzertbesuch entschliessen, können Sie Ihre Karten ab einer Stunde vor Konzertbeginn direkt am jeweiligen Veranstaltungsort kaufen. Dort sind auch Ihre bestellten und bereits bezahlten Karten hinterlegt. Karten & Information LUCERNE FESTIVAL Ticketing & Besucherservice | Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 80 | f +41 (0)41 226 44 85 ticketbox@lucernefestival.ch | lucernefestival.ch
Ermässigungen & Angebote
Studenten, Schüler, Berufsschüler und Mitglieder des JTC (Jugend-Theaterclubs) bis inkl. 29 Jahren sowie KulturLegi-Inhaber erhalten für alle nicht ausverkauften Konzerte ab einer Stunde vor Konzertbeginn Karten zu CHF 20. Weitere spezielle Studentenangebote veröffentlichen wir regelmässig unter lucernefestival.ch/studenten. Mit der Aktion «Mit dem Nachwuchs ins Konzert» wollen wir junge Leute für die klassische Musik begeistern: Bei ausgewählten Konzerten können Sie ein Kind oder einen Jugendlichen bis 17 Jahre bei freiem Eintritt als Begleitung mitnehmen. Das Angebot gilt für die Preiskategorien I–III.
Rollstuhlplätze
Im Konzertsaal des KKL Luzern stehen sechs Rollstuhlplätze zu Spezialkonditionen zur Verfügung. Und auch an den Aussenspielstätten können Sie Rollstuhlplätze reservieren. Weitere Informationen finden Sie im Konzertkalender auf S. 20. Unsere Mitarbeiter vom Besucherservice beraten Sie gerne bei Ihrer Kartenbestellung!
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 67
© Patrick Hürlimann/LUCERNE FESTIVAL
SOMMER-FESTIVAL 2018 WELTKLASSE, TAG FÜR TAG
SPITZENORCHESTER BEI LUCERNE FESTIVAL Berliner Philharmoniker | Boston Symphony Orchestra | Chamber Orchestra of Europe | English Chamber Orchestra | London Philharmonic Orchestra | London Symphony Orchestra | LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA | Luzerner Sinfonieorchester | Mahler Chamber Orchestra | Münchner Philharmoniker | Orchester der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY | Orchestre de la Suisse Romande | Orquesta Sinfónica Simón Bolívar de Venezuela | Rotterdam Philharmonic Orchestra | Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam | St. Petersburger Philharmoniker | West-Eastern Divan Orchestra | Wiener Philharmoniker Tickets unter: t +41 (0)41 226 44 80 | lucernefestival.ch
↓
O
14
S
N
Ihr Weg zu uns
W
Informationen zur Anreise
Anreise mit Bus und Bahn: Ihre Konzertkarte gilt als Fahrschein! Freie Fahrt im Tarifverbund Passepartout
Als Festival-Besucher fahren Sie in Luzern gratis: Ihre Konzertkarte gilt am Veranstaltungstag für die Hin- und Rückfahrt zum und vom Spielort – in der gesamten Passepartout-Zone 10 (2. Klasse), ab drei Stunden vor Beginn und bis drei Stunden nach Veranstaltungsende.
2
H a ld e n st r.
Löwenplatz
ns
KKL
t r.
e A lp
ns
KM
t r. Bahnhofplatz
Se eb rü ck
MK
Ze ntr als tr. r. ns t r te rg a o LK M
atu sst
pa
ch
tts
gi
nk
elr
ie
r. dst
ch
sst
t r.
atu
se
er s
as
Pil
sg
JK
N
rba
eg
Wi
t r.
Mu
W
r.
en
FK
se
rab
li g a s
eng
Röss
L öw
M
ma
t r.
. str
LT
ch
t r. ess
in
rs Hi
er s
nd
te
Sem
Bundesplatz Bu
ns
Altstadt
5
r.
r te
Ba hn ho fst r.
He
Schwanenplatz
e
Pil
↓
MH
T
Bahnhof
11
↓
L
t r.
e öw
Ins
ai
eng
rab
run
dst
r.
en Br
uc
hs
t r.
Obergrund str.
S
Als Konzertbesucher erhalten Sie 40% Ermässigung auf eine Hin- und Rückfahrt nach Luzern in der 1. oder 2. Klasse (die Konzertkarte ist im Zug bei einer Kontrolle vorzuweisen). Mit dem Halbtax kostet die Fahrt sogar lediglich 30% des Volltarifs. Das Spezial-Billett muss vor dem Reiseantritt an einem Schweizer Bahnschalter, beim Rail Service 0900 300 300 (CHF 1.19/Min. vom Schweizer Festnetz) oder online im SBB-Ticketshop (sbb.ch/lucernefestival) bezogen werden. Anreise mit dem Auto Das KKL Luzern befindet sich gleich neben dem Bahnhof Luzern. Aufgrund der Verkehrsund Parkplatzsituation während der Festivalzeiten empfehlen wir Ihnen deshalb, die öffentlichen Verkehrsmittel zu benutzen. Festspielbesuchern, die mit dem Auto anreisen, raten wir, die Parkleitsysteme zu beachten und für den Transfer von den Parkhäusern zum KKL Luzern den Bus zu benutzen. Die Parkhäuser sind im nebenstehenden Lageplan verzeichnet; weitere Informationen erhalten Sie unter parking-luzern.ch.
B a s e ls
tr.
Re
us
s
H
h irsc
O
g ber
↓↓
ns
qu eli
↓
de
I
HK lin
Der 40%-Rabatt im SBB-Netz
en ad e
ei
See Se ep ro m
6
Dr
C
Veranstaltungsorte KKL | C | FK | HK | I | JK | KM | LK | LT | M | MH | MK | N | S | T
KKL Luzern, Europaplatz, Luzern Casineum, Haldenstrasse 6, Luzern Franziskanerkirche, Franziskanerplatz, Luzern Hofkirche, St. Leodegarstrasse 6, Luzern Inseli Jesuitenkirche, Bahnhofstrasse 11a, Luzern Kunstmuseum, Europaplatz, Luzern Lukaskirche, Morgartenstrasse 16, Luzern Luzerner Theater, Theaterstrasse 2, Luzern Maskenliebhabersaal, Süesswinkel 7, Luzern Kirchensaal MaiHof, Weggismattstrasse 9, Luzern Matthäuskirche, Hertensteinstrasse 30, Luzern Neubad, Bireggstrasse 36, Luzern Südpol, Arsenalstrasse 28, Kriens (Bus Nr. 14 ab Bahnhof ) | Pavillon Tribschenhorn, Richard-Wagner-Weg 17, Luzern (Bus Nr. 6/7/8)
Park & Ride An diversen Bahnhöfen ausserhalb der Stadt Luzern besteht ein Park & Ride-Angebot für die Anreise per Bahn nach Luzern. Besonders geeignet sind folgende Bahnhöfe, die über genügend Parkplätze verfügen: Sursee, Rotkreuz, Zug, Wolhusen, Arth-Goldau und Sarnen. Sie wollen mehr über Luzern und Umgebung erfahren? Sie suchen eine Unterkunft? Touristeninformation Tourist Information Luzern: Zentralstrasse 5 | CH–6002 Luzern | t +41 (0)41 227 17 17 Unterkunft Luzern Tourismus hilft Ihnen bei der Suche nach einer Unterkunft. Zentrale Reservierung: t +41 41 227 17 27 | luzern@luzern.com
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 69
LUCERNE FESTIVAL dankt seinen Hauptsponsoren, dem Themensponsor und den Konzertsponsoren des Jahres 2018 für ihr wertvolles Engagement. Hauptsponsoren
Die Erarbeitung inhaltsorientierter Projekte in Zusammenarbeit mit namhaften Partnern aus der Wirtschaft ist ein besonderes Anliegen von LUCERNE FESTIVAL. Als Hauptsponsoren gehen diese Unternehmen eine längerfristige Partnerschaft mit dem Festival ein, um die Entwicklung und Umsetzung individueller künstlerischer Konzepte zu fördern. Die Credit Suisse ermöglicht die jährliche Orchesterresidenz der Wiener Philharmoniker. Die Credit Suisse Foundation widmet sich zudem mit zwei alternierend vergebenen Awards – dem «Credit Suisse Young Artist Award» und dem «Prix Credit Suisse Jeunes Solistes» – dem künstlerischen Nachwuchs. Der ambitionierten Idee eines eigenen Festivalorchesters hat sich die Nestlé AG verschrieben und ermöglicht durch ihre Beiträge die jährliche Residenz des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA. Roche engagiert sich als Partner der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY und vergibt alternierend Kompositionsaufträge im Rahmen der «Roche Commissions» und der «Roche Young Commissions». Die neuen Werke erleben ihre Uraufführung dann im Rahmen des Sommer-Festivals. 70 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
The Adecco Group ist seit 2017 Hauptsponsor des SommerFestivals. Überdies unterstützt sie die erhöhte internationale Präsenz, insbesondere die Aktivitäten des LUCERNE FESTIVAL ORCHESTRA in Asien, und stärkt so die weltweite Ausstrahlung des Festivals. Die Zürich Versicherungs-Gesellschaft AG (Zurich) setzt sich primär das Ziel, den Zugang zu klassischer Musik einem breiten Publikum zu ermöglichen. Die kostenlose Konzertreihe «40min» unterstreicht dieses Engagement mit zahlreichen Veranstaltungen im Luzerner Saal.
Themensponsor
Im Sommer steht LUCERNE FESTIVAL traditionell unter einem Generalthema, das den Spielplan und die Werkauswahl prägt. 2018 lautet das Motto «Kindheit»: Im Mittelpunkt stehen Komponisten, die sich intensiv mit Kindern und der Kindheit auseinandergesetzt haben, die in ihren Werken kindliche Themen aufgreifen und die Poesie der Kindheit beschwören – aber auch zahlreiche Projekte, die sich speziell an Kinder richten und das Publikum von morgen in den Fokus rücken. Vontobel unterstützt LUCERNE FESTIVAL als Themensponsor.
Partner
Die Partner von LUCERNE FESTIVAL Oster-Festival Hauptsponsor Sommer-Festival Hauptsponsoren
Themensponsor Konzertsponsoren
Clariant | Franke | KPMG AG
Piano-Festival Konzertsponsor
Julius Baer
Gerne besprechen wir die verschiedenen Möglichkeiten einer Sponsoring-Partnerschaft mit Ihnen persönlich und erstellen ein speziell auf Ihre Wünsche zugeschnittenes Angebot. Kontakt Martina Lötscher Head of Sponsorship Hirschmattstrasse 13 Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 57 m.loetscher@lucernefestival.ch
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 71
Stiftung Freunde LUCERNE FESTIVAL
Botschafter des Festivals
Die Stiftung Freunde LUCERNE FESTIVAL Wie soll man sie nennen? Einen exklusiven Zirkel? Oder besser: ein internationales Netzwerk? Oder einfach: die Botschafter des Festivals? All diese Bezeichnungen treffen zu auf die Freunde LUCERNE FESTIVAL, die momentan rund 500 Mitglieder zählen. Seit ihrer Gründung im Jahr 1966 hat sich die Stiftung dem Ziel verschrieben, die Arbeit eines der renommiertesten klassischen Musikfestivals der Welt zu fördern – ideell und finanziell.
D
ie Unterstützung durch die Freunde ist für LUCERNE FESTIVAL von unschätzbarem Wert: Mit ihren Zuwendungen in Höhe von rund acht Prozent des Gesamtbudgets tragen sie massgeblich zur finanziellen Absicherung und Nachhaltigkeit des Festivals bei. Dabei haben sie nicht nur die Förderung des Festivals von heute im Blick, sondern möchten auch eine nachhaltige Basis für das künstle72 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
rische Wirken von morgen schaffen – etwa durch die Unterstützung so wichtiger Projekte wie der LUCERNE FESTIVAL ACADEMY oder LUCERNE FESTIVAL YOUNG. So haben sich die Freunde zum grössten Sponsor des Festivals und zu einem unverzichtbaren Partner entwickelt. Wer sich bei den Freunden engagiert, kann nur gewinnen, denn eine Mitgliedschaft bietet zahlreiche Vorteile: Sie gehören zum «inner circle» des Festivals, Sie erhalten
die Möglichkeit, hinter die Kulissen zu blicken und Ihr Musikerlebnis durch exklusive Anlässe wie Künstlergespräche oder Probenbesuche zu vertiefen, und Sie können interessante und internationale Kontakte mit Gleichgesinnten knüpfen. Darüber hinaus geniessen Sie ein Vorkaufsrecht für alle Veranstaltungen, haben Zutritt zur Festival-Lounge und sind herzlich eingeladen, an den Musikreisen der Freunde teilzunehmen.
GEMEINSAM INS KONZERT
Die Jungen Freunde LUCERNE FESTIVAL
Du interessierst dich für Musik? Du möchtest tiefer in die Welt der Klassik eintauchen und deine Eindrücke mit anderen teilen? Die Jungen Freunde sind ein Netzwerk musik- und kulturinteressierter junger Erwachsener bis zum Alter von 39 Jahren. Wir organisieren gemeinsame vergünstigte Konzertbesuche, ergänzt um einvielfältiges Rahmenprogramm. Weitere Infos unter jungefreunde@lucernefestival.ch
DANK LUCERNE FESTIVAL dankt all seinen Freunden für ihre langjährige und treue Unterstützung. Ein ganz besonderer Dank gebührt unseren Mäzenen: Thomas Abegg | Nachlass Ernest I. Ascher | Dr. Dr. Prof. H. Batliner | Albert Behler | Jörg G. Bucherer | Coralma Stiftung, Meggen | Oswald J. Grübel | Yann und Sabine Guyonvarc’h | Happel Foundation, Luzern | Dr. Klaus Jenny | Josef Müller Stiftung, Muri | Dr. Christoph M. Müller und Sibylla M. Müller | Michael Pieper | Marlene Porsche | Dr. Max J. Scheidegger und Charlotte ScheideggerVonlanthen | Thomas Schmidheiny | Carla Schwöbel-Braun
WERDEN AUCH SIE EIN BOTSCHAFTER DES FESTIVALS! Gerne informieren wir Sie über die Möglichkeiten und Vorteile einer Mitgliedschaft bei den Freunden LUCERNE FESTIVAL.
Kontakt Valentina Rota Geschäftsführerin Stiftung Freunde LUCERNE FESTIVAL International Private Fundraising Hirschmattstrasse 13 Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 52 f +41 (0)41 226 44 60 v.rota@lucernefestival.ch LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
73
Unterstützende Unternehmen AMAG Audi Center Luzern, Car Partner | KKL Luzern, Veranstaltungspartner | Luzern Tourismus | MetaDesign, Partner in Communication | Schweizer Radio und Fernsehen | SBB Official Rail Carrier | Swiss International Airlines, Official Air Carrier | Tarifverbund Passepartout, öV Mobilitätspartner | Top Event of Switzerland Adressen | Impressum
LUCERNE FESTIVAL
Hirschmattstrasse 13 | Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 00 | f +41 (0)41 226 44 60 info@lucernefestival.ch | lucernefestival.ch
Ticketing & Besucherservice
LUCERNE FESTIVAL | Postfach | CH–6002 Luzern t +41 (0)41 226 44 80 | f +41 (0)41 226 44 85 ticketbox@lucernefestival.ch | lucernefestival.ch
Herausgeber
Stiftung LUCERNE FESTIVAL | lucernefestival.ch Intendant | Michael Haefliger Redaktion | Susanne Stähr (Konzept, verantwortlich), Malte Lohmann (Produktionsleitung) AD, Gestaltung und Realisation | Isabelle Gargiulo Inserate | Bettina Jaggi Druck | Engelberger Druck AG, Stans
Textnachweise
Sämtliche Texte sind Originalbeiträge für dieses Magazin. Den Beitrag von Angelo Foletto übersetzte Tobias Roth aus dem Italienischen.
Bildnachweise S. 1, 5 (Mitte) und 20/21: Fotos Julia Wesley − S. 3, 19 (rechts) und 55 (unten): Fotos Marco Borggreve − S. 5 (oben links), 6/7, 8 (oben), 9, 12, 13 (oben), 23 (Mitte und rechts), 44/45 (oben und unten), 52 (oben) und 60/61: Fotos Peter Fischli/LUCERNE FESTIVAL – S. 5 (oben rechts), 14/15, 16 (Mitte und unten), 17 und 18: Archiv der Stockhausen-Stiftung für Musik, Kürten – S. 5 (unten links), 22 (links), 24, 26, 44, 46, 52 (unten), 61 (rechts) und 63 (links oben und unten sowie rechts): Fotos Priska Ketterer/LUCERNE FESTIVAL − S. 8 (unten), 47, 54 (oben und unten), 62, 72 und 73 (oben und unten): Fotos Manuela Jans/LUCERNE FESTIVAL − S. 10/11, 30 (oben) und 50: Fotos Stefan Deuber/LUCERNE FESTIVAL – S. 13 (Mitte), 30 (unten), 39 und 59: Archiv LUCERNE FESTIVAL − S. 16 (oben): Josef Häusler (Hg.), Pierre Boulez in Salzburg, Salzburger Festspiele 1995 − S. 19 (links), 27, 31 und 66: Fotos Georg Anderhub/ LUCERNE FESTIVAL – S. 28/29: Foto Hugh Glendinning – S. 32: Foto Ranald Mackechnie − S. 36: Internationale Stiftung Mozarteum, Salzburg – S. 38 (oben): Bodleian Library, Oxford − S. 38 (unten): Daniel Barenboim, Die Musik − mein Leben, Berlin 2004 – S. 40 (oben links und Mitte): Gesellschaft der Musikfreunde, Wien – S. 40 (oben rechts): Foto Alex Nightingale − S. 43: Foto Anouk Antony – S. 48/49: mit freundlicher Genehmigung der Künstler – S. 51 (oben): Foto Stas Levshin – S. 51 (unten): Enrique Pardo – S. 53 (oben): Foto LAPhil/Vern Evans – S. 55 (oben): Uwe Arens – S. 56/57: Foto Stefan Höderath − S. 58 (oben): Foto Monika Rittershaus – S. 58 (Mitte links und rechts): Aristophot, Leipzig – S. 60 (links): Foto Harald Hoffmann − S. 61 (Mitte): Foto Luca Piva − S. 63 (Mitte oben): Foto Mary Slepkova – S. 63 (Mitte unten): Foto Eric Richmond – S. 64: Foto Emanuel Ammon/AURA – S. 65: Luzern Tourismus − S. 70: Foto Patrick Huerlimann/LUCERNE FESTIVAL Trotz intensiver Recherche ist es uns nicht gelungen, alle Bildrechte abzuklären und die Rechteinhaber ausfindig zu machen. Berechtigte Ansprüche sind der Redaktion zu melden. Das Jahresmagazin wurde im Oktober 2017 publiziert. Änderungen vorbehalten. Alle abgedruckten Preise ohne Gewähr.
Diese Drucksache ist nachhaltig und klimaneutral produziert nach den Richtlinien von myclimate und FSC. Printed in Switzerland | © 2017 by LUCERNE FESTIVAL 74 LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
© Patrick Hürlimann/LUCERNE FESTIVAL
LUCERNE FESTIVAL GOES DIGITAL Tauchen Sie ein in die bunte Festivalwelt: Interviews mit den grossen Dirigenten und Solisten unserer Zeit, Live-Konzertübertragungen und vieles mehr – Sie sind nur einen Klick entfernt! Folgen Sie uns auf #lucernefestival @lucernefestival
lucernefestival.ch
LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018 75
Hauptsponsoren
lucernefestival.ch LUCERNE FESTIVAL | JAHRESMAGA ZIN 2018
1