Yoga journal 1/2014

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Uns verbindet

die Sinnsuche „Jeder Mensch braucht einen Regisseur, eine Energiequelle. Jemanden, der an ihn glaubt und die Lebensfreude stärkt. Viele Menschen schaffen das nicht aus eigenem Antrieb. Sie wagen es nicht mehr zu träumen.“ für Yoga Gilt das ebenso wie für Das Theater. Der Regisseur und Yogalehrer Luk Perceval spricht im Interview über seine Beiden grossen Leidenschaften.


interview

Luk Perceval

Luk, du hast einmal gesagt, dass es ohne Schmerzen keine Verän­

den Bewusstseinsstrom zu gewinnen. Und nicht ständig denkend,

derung gibt und dass du ohne Rückenschmerzen wahrscheinlich nie

fühlend, lebend, rennend einer Illusion hinterherzujagen. Plötzlich

mit Yoga begonnen hättest. Wie hast du zu solch sanften Stilen wie

und für eine lange Zeit war das kein Thema mehr. Ich wollte nur

Yin Yoga und Mindfulness Yoga gefunden?

noch sitzen. Doch irgendwann habe ich gespürt, dass mir Yoga fehlt.

Das war eine Mischung aus Zufall und unbewusster Suche. Ich habe

Also habe ich angefangen, mithilfe des Internets zu üben und meine

Anfang der 1990er-Jahre mit Hatha Yoga angefangen, weil ich mit

Erfahrungen mit den Schauspielern zu teilen. Was mich jedoch ein

meinem Leben unzufrieden war. Während meiner Zeit als Schau-

wenig frustierte, war die Tatsache, dass es so oft nur um den kör-

spieler habe ich zu viel getrunken und zu wenig geschlafen. Ich war

perlichen Aspekt im Yoga geht - in die Meditation wird man nicht

fertig. Also habe ich die Schauspielerei aufgegeben und mich als Re-

tiefgehend eingeführt. Darum habe ich in Spanien eine Ausbildung

gisseur versucht. Dabei hatte ich das Glück, sehr schnell erfolgreich

zum Mindfulness-Yogalehrer gemacht. Dort habe ich auch Yin Yoga

zu sein – was gleichzeitig eine unglaubliche Herausforderung war,

entdeckt. Warum ist es für dich so wichtig, einen kreativen Prozess wie Thea­

mern. Irgendwann war ich so erschöpft, dass ich in einem Restau­

terproben mit Yoga zu koppeln?

rant in Antwerpen zusammenbrach: Mein Kopf fiel einfach in den

Mein Beruf hat viel mit Konzentration zu tun. Ich sitze am Tag mindes-

Suppenteller. Gott sei Dank war es nur eine kalte spanische Gazpa-

tens 4 Stunden bei den Proben und meine Hauptaufgabe ist es, den

cho (lacht). Als der Arzt mich fragte, wie ich lebe, musste ich sagen:

Moment der Identifikation zu finden. Das ist ein recht mühsamer Weg,

Ich wache auf, rauche, frühstücke nicht, gehe zu den Proben, trinke

der häufig damit beginnt, dass die Schauspieler einen Text in die Hand

den ganzen Tag Kaffee, esse viele Süßigkeiten, bin dauernd unter-

gedrückt bekommen, ihn lesen und sagen: „Was soll ich denn bitte da-

wegs und nachts komme ich oft völlig bekifft und betrunken heim,

mit anfangen?“ Ein gemeinsames Suchen beginnt. Wie kann ein Text

ohne etwas Richtiges gegessen zu haben. Da sagte mir mein Arzt,

im Raum so umgesetzt werden, dass das Publikum vergisst, dass es

dass ich in fünf Jahren im Rollstuhl sitzen könnte, wenn ich so wei-

Zuschauer ist und der Moment der Identifikation oder eine Sehnsucht

termache. Ich bin sehr erschrocken - ich war Mitte 30 und ein Wrack.

nach Nähe, nach Berührung entsteht? Dieser Prozess erstreckt sich über Wochen und hat ganz viel mit Aufmerksamkeit zu tun – und da-

Hat dich auf deinem Weg Richtung Yoga jemand unterstützt?

mit, dass man sich auch Zeit nimmt fürs Scheitern. Ein Schauspieler

Ja, eine Freundin war zu der Zeit in Indien und hat dort eine Aus-

kann den Weg fast nur über das Scheitern finden, weil man viel aus-

bildung zur Hatha-Yogalehrerin gemacht, sie hat mich motiviert.

probieren muss. Es gibt ja keine Zauberformel, die man ausspricht

Nachdem ich oft über 14 Stunden am Tag arbeite und nicht viel Zeit

und dann läuft das Ding. Wahrhaftigkeit ist der Schlüsselbegriff, ist

übrig bleibt, dachte ich mir, dass ich das mit dem Yoga ja zumindest

aber nicht einfach greifbar.

versuchen könnte. Ich habe bei ihr zehn Jahre lang Privatstunden

Und wenn es ein Mensch in unserer Zeit wagt, wahrhaftig zu sein,

genommen. Dann ist sie leider gestorben. Nach ihrem Tod habe ich

dann braucht er erst mal den Mut zu SEIN. Dann ist man eigentlich

alleine weitergemacht, weil mir Yoga so gut getan hat. Ich las viel und

im Herzen des Zen, wo es nie darum geht, beweisen zu müssen,

plötzlich hat mich vor allem der spirituelle Weg fasziniert. Ich bin bei

wie klug man ist. Vielmehr geht es um Augenhöhe und den Mut, im

der Zen-Literatur gelandet und habe einen Zen-Mönch kennenge-

Gegenüber sich selbst zu erkennen und gleichzeitig sich selbst zu

lernt, der in Japan studiert hatte, wohin ich damals unbedingt wollte.

zeigen. Das hat alles mit meinem Beruf zu tun. Für mich war es ab-

Ich war gerade intensiv mit Shakespeare beschäftigt und hatte gele-

solut notwendig zu entdecken, wie ich Yoga mit dieser hohen Form

sen, dass er im Buddhismus als Bodhisattva (Anm.d.Red.: Sanskrit

der Aufmerksamkeit kombinieren kann, die das Theater braucht. Da-

für „Erleuchtungswesen“) gesehen wird und sein Werk völlig durch-

für muss ein Schauspieler aufgewärmt sein. Er kann nicht morgens

drungen war von spiritueller Einsicht. Ich war sehr neugierig und

verschlafen zu den Proben kommen, schon eine Schachtel Kippen

wollte herausfinden, was das Wort „Spiritualität“ überhaupt bedeu-

geraucht haben, eigentlich erst mal den Kopf klar kriegen wollen und

tet. Der Zen-Mönch hat mir aber empfohlen, in die USA zu gehen, weil

dann auf die Matte gehen. So kann man sich nicht öffnen. Deswegen

man dort fundierter in den Zen-Buddhismus eingeweiht würde als in

ist die Teilnahme an meinen Yogastunden völlig freiwillig und kos-

Japan. Das habe ich gemacht und sechs Wochen bei Genpo Roshi ge-

tenlos. Dadurch kommen die, die regelmäßig kommen, gerne. Es ist

lernt, der das Kanzeon-Zen-Center in Utah leitet. Ich saß sechs Wo-

eine lebendige Kultur gewachsen und ein schöner Geist entstanden.

chen lang und habe geschwiegen. Das war sehr intensiv und eine Art

Alle spüren, dass man am Morgen mit einem anderen Vibe zur Probe

Blitztherapie für mich. Nach ungefähr drei Wochen habe ich etwas

kommt, wenn man vorher Yoga geübt hat. Man ist wach und aufnah-

entdeckt, was mich völlig süchtig gemacht und mir die Verbindung zu

mefähig – man ist da. Und hat Spaß an seiner Arbeit. Ein ganz we-

meinem Beruf aufgezeigt hat.

sentlicher Aspekt ist doch die Freude: Ohne sie kannst du überhaupt nichts schaffen!

Was war das? Kannst du das in Worte fassen?

Yoga hat nicht nur mein Leben gerettet, sondern auch meine kom-

Ja, wahrscheinlich war es diese körperlich und geistig ganz tiefe

plette Berufshaltung bestimmt. Im Theater stehen die Leute manch-

Ruhe. Dadurch hatte ich die Möglichkeit, Abstand zum nicht enden-

mal 2, 3 Stunden lang auf einer Bühne und müssen die Spannung

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Ich war Vater, hatte zwei Kinder, wollte mich um meine Familie küm-

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weil ich nebenbei auch noch Serien fürs Fernsehen gedreht habe.


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halten. Ich habe jahrelang

Das ist kein eindimensionaler

Schauspielschulen

geleitet;

Vorgang wie etwa im Kino. Die

da siehst du oft, dass Leute,

Sinnlichkeit entsteht in dem

die sich bei der Aufnahme-

Moment, in dem die Identifi-

prüfung präsentieren, keine

kation einsetzt. Vor diesem

3 Minuten still stehen kön-

Moment gehen beide durch ein

nen. Es ist ein steiniger Weg,

Bad von Emotionen. Wenn der

bevor sich Menschen trauen,

Schauspieler schlecht atmet,

nichts zu tun und auf ihr In-

atme ich schlecht. Das Thea-

neres zu vertrauen. Wenn ein

ter wirkt wie eine Membran.

Schauspieler eine Innenwelt

Wenn einer von uns negative

hat, wird er auch faszinieren.

Energie mitbringt, überträgt

Dafür ist Yoga ein tolles Werk-

sich das sofort. Dann gibt es

zeug. Ich wollte sogar noch

möglicherweise einen Streit,

weitergehen und Yoga in den

der ausgelebt werden muss,

Lehrplan integrieren, als ich

um zur Katharsis zu kommen.

eine Schauspielschule geleitet

Man kann erst wieder auf-

habe. Aber wegen der Dumm-

atmen, wenn der Nullpunkt

heit der Politik und diversen

des Loslassens von beiden

Befindlichkeiten konnte ich

Seiten erreicht wird. Das ist

das leider nicht durchsetzen.

eine ganz hohe Form des Ver-

War das schwer zu akzep­ tieren? Das war wirklich bitter für mich. Ich habe gegen Windmühlen gekämpft und mich irgendwann

zurückgezogen,

um meine Energie woanders besser investieren zu können. Dabei wäre es so wichtig, sanftes Yoga in die Schauspielerausbildung zu integrieren.

„Was mich Yoga gelehrt hat, ist, dass es sinnlos ist, mich von meiner Angst führen zu lassen. Meine Konzentration hilft mir über die Angst hinaus, so dass ich während der Proben oft sogar vergesse, wann die Premiere eines Stückes ist.“

man letztlich den Moment an, an dem man nach wochenlangen Proben sagen kann: Ok, das läuft, die haben für sich eine Logik gefunden, mit der sie eine eigene Energie entwickeln können. Aber das dauert. Ich habe Stücke gemacht, für die wir 6 Monate geprobt haben. Da ist man am Ende total kaputt. Es fordert unglaublich viel, bis man los-

Schauspieler verletzen sich

lassen kann. Durch Yoga lasse

recht häufig – für sie wäre eine achtsame Form von Yoga genau das Richtige. Du lernst, über deinen

bundenseins. Natürlich strebt

ich mich nur noch sehr selten aus der Fassung bringen.

Atem deinen Körper ganz genau zu beobachten und Grenzen zu respektieren. Das ist für viele Schauspieler besonders schwer. Aber

Du hast geschrieben, der ganze Theaterprozess sei für dich wie ein

nicht nur für Schauspieler: Wir alle stellen uns unter einen solchen

Mantra, das man oft wiederholt und auf das als Antwort immer die

Leistungsdruck, wollen ständig besser werden. Beim Achtsamkeits­

Stille folgt. Dabei lautet dein Mantra: „Theater ist Schreiben im Sand“.

yoga gehst du durch die Langsamkeit zwar auch an deine Grenzen,

Wie meinst du das?

aber du hast es in der Hand. Ob du dich dabei verletzt oder nicht, liegt

Theater ist doch wie Schreiben im Sand. Wenn es vorbei ist, ist es vorbei.

an dir. Das ist ein Dialog und eine wesentliche Auseinandersetzung mit sich selbst.

Genau das glaube ich nicht. Du hast geschrieben, dass Theater sinn­ los sei und die Welt nicht verändern könne. Hat sich denn deine eige­

Wie schaffst du es als Regisseur, der ja bei einer Produktion die Fä­

ne Suche nach Sinnhaftigkeit durch die Yogapraxis verändert?

den in der Hand hält, loszulassen? Diese Mischung aus Konzentra­

Sagen wir mal so: Man darf die Sinnlosigkeit in diesem Kontext nicht

tion, Hingabe und Loslassen stelle ich mir sehr schwierig vor....

nihilistisch interpretieren. Wenn ich über Sinnlosigkeit spreche, dann

Ja, das ist nicht immer leicht. Aber was heißt schon „Loslassen“? Ich

ist der Begriff sehr stark von der Zen-Logik geprägt. Das bedeutet:

will es mal so sagen: Seit 30 Jahren sitze ich in diesem dunklen Raum

Es gibt keine Antwort. Mein Zen-Meister hat uns eines Morgens ge-

und ich merke, dass die Sinnlichkeit des Theaters dadurch entsteht,

fragt: Wenn ich euch jetzt sagen würde, dass ihr alle erleuchtet sein

dass der Zuschauer auf einen anderen lebenden Menschen schaut.

werdet, wenn ihr auf der Stelle aus dem Fenster springt – würdet


interview

Luk Perceval

ihr springen? Alle haben gelacht, weil das natürlich Unsinn ist. Es

seine Ruhe finden kann. Das ist das, was die Hauptfigur nicht schafft.

gibt keine Antwort. Wir suchen alle. Aber was suchen wir da in der

Er wird konfrontiert mit der Natur, wie viele Menschen, die zum Bei-

Stille? Klar, die Identifikation. Ganz klar auch den Moment des Nicht-

spiel durch eine Krankheit gezwungen werden, ihre Vergänglichkeit

Einsam-Seins. Letztendlich ist das der Kern unserer Ängste: die Tat-

zu akzeptieren. Das ist doch ein alltägliches Thema. Was das Buch so

sache, dass wir alleine sterben könnten. Sehr viele Stücke handeln

heftig macht und warum ich das Stück jetzt zum zweiten Mal insze-

davon, wie fast jedes Shakespeare-Stück. Alle werden verrückt, weil

niere, ist, dass meiner Meinung nach eine sehr buddhistische Übung

alles zusammenbricht und jeder alles verliert. Die, die am Ende noch

enthalten ist. Was da zwischen weißen und schwarzen Menschen

leben, beginnen aus Angst, dass nichts übrig bleiben könnte, wie wild

passiert, ist nur möglich, weil die eine Rasse glaubt, sie sei besser

zu greifen.

als die andere. Ein Gedanke, den viele mit sich herumtragen. Ich

Ist es das, was dich so sehr fasziniert?

„unsere“ Nationalmannschaft gesiegt hat, fühlt sich das ganze Land

Im Theater kann man eine Empathie für die Sinnlosigkeit entwickeln.

besser als das Land, das verloren hat. Die Not, sich über andere zu

Mich hat es mit 16 total gepackt, als ich „Tod eines Handlungsrei-

stellen und sich unangreifbar zu fühlen, sitzt in uns allen sehr tief.

senden“ von Arthur Miller gesehen habe – und zwar kurz nachdem

Was ich zum Beispiel total faszinierend an der Hauptfigur finde, ist,

mein Vater arbeitslos geworden war. Das war Wahnsinn für mich,

dass er seine Gedanken ungefiltert von sich gibt. Er urteilt dauernd

weil ich erkannt habe, dass wir nicht die Einzigen sind, denen es dre-

und denkt, er sei klüger und weiter als andere. Bei den Proben be-

ckig geht. Dadurch habe ich mich anerkannt gefühlt, mein Interesse

komme ich ständig zu hören, wie ekelhaft dieser Mensch doch sei.

war geweckt. Das Theater hat mir die Möglichkeit gegeben, zu lesen,

Und ich frage mich, warum der ekelhaft sein soll? Beobachte doch

mich als Mensch zu entfalten. Das Theater hat mir überhaupt sehr

mal deine eigenen Gedanken, wenn du in der S-Bahn stehst und Leu-

viel gegeben. Ich werde nicht sagen, dass das Theater effektlos ist.

te anschaust. Wie oft liegt dann Hochmut und Missachtung in deinem

Ich bin selbst ein Beispiel dafür, dass es etwas bringen kann. Das

Blick? Wie oft verurteilst du jemanden vorschnell? Das ist ein The-

Theater kann dich mit Texten und Gedanken konfrontieren, die dein

ma, das für mich absoluter Alltag ist. Die Frage ist also auch, wie viel Mitgefühl der Mensch entwickeln kann?

losophie, in der Literatur, die wir uns eigentlich permanent stellen.

Absolut. Wo liegt die Grenze zwischen Bewusstsein und Selbstkon

Auch das Theater wird am Ende keine Antwort geben können. Es

trolle? Ab dem Moment, in dem mein Kind angegriffen wird, werde

geht vielmehr um die lebendige Begegnung von Mensch zu Mensch.

ich zum Tier. So funktioniert jeder Krieg. Und jede Kriegsrhetorik ba-

Es gibt kein Dogma. Wir gehen alle mit den gleichen Fragen wieder

siert auf der Aussage: Sie werden kommen und DEINE Frau, DEINE

hinaus. Das Einzige, was uns verband, war die Suche.

Kinder und so weiter töten. Und alle stehen sofort mit Stiefeln und Waffen bereit. Davon handelt das Stück. Dass der Typ, der am Anfang

Warum möchtest du zusätzlich zu deinen zwei Yogalehrerausbil­

in seinem Elfenbeinturm sitzt und alles unter seiner intellektuellen

dungen noch eine dritte machen?

Kontrolle zu haben scheint, immer stärker greift, je mehr er verliert.

In 3 Jahren werde ich 60. Mein Traum wäre es, dann weniger am The-

Er muss besitzen. Ohne Besitz findet er keine Ruhe. Klar, der Text ex-

ater zu sein und viel mehr Yoga zu machen. Mein Vertrag am Thalia

trapoliert das extrem, aber am Ende sind diese Aspekte so universell

Theater läuft noch bis 2019. Ab dann möchte ich eigentlich nur noch

und menschlich, dass sie uns alle betreffen. Das Tolle an „Schande“

6 Monate pro Jahr fürs Theater arbeiten und die übrige Zeit durch die

ist doch, dass überhaupt keine Antworten gegeben werden.

Welt reisen und Yoga üben. Die Suche nach den Antworten wirst du dennoch nicht aufgeben, ob­ Heißt das, dass du theatermüde wirst?

wohl du weißt, dass du sie nicht finden wirst?

Nein gar nicht (lacht). Ich bin nicht theatermüde, ich will nur keinen

Nein, man wird sie nicht finden. Aber ich freue mich wahnsinnig auf

so vollen Terminkalender mehr haben. Ich brauche mehr Zeit für

das Abenteuer und die Menschen, denen ich auf meinem Weg noch

mich. Schon jetzt arbeite ich 3 Monate im Jahr nicht, in denen ich

begegnen werde. //

mich hauptsächlich mit Yoga beschäftige. Aber das reicht mir nicht.

Von Verena Kling

Ich möchte viel länger einfach nichts tun – und sitzen. Du probst an den Münchner Kammerspielen gerade für J. M. Coet­

Luk Perceval ist seit 2009/10 leitender Regisseur am Thalia Theater in Ham­

zees „Schande“. Das ist harter Stoff mit schweren Konflikten, sei es

burg. 2013 wurde er in der Kategorie „Regie Schauspiel“ mit dem Deutschen

zwischen Mann und Frau, Schwarz und Weiß oder Mensch und Tier.

Theaterpreis „Der Faust“ ausgezeichnet. Am 20.12.13 feiert er an den Münch­

Was fasziniert dich an diesen komplizierten Grundsatzfragen?

ner Kammerspielen Premiere mit J. M. Coetzees Stück „Schande“. Er ist Yin-

Ich glaube nicht, dass das schwere Themen sind. Wir begegnen die-

und Mindfulness-Yogalehrer und gibt an dem Ort, an dem er gerade inszeniert,

sen Konflikten tagtäglich. In diesem Stück geht es um Demut, um die

Yogaworkshops für interessierte Menschen aus dem Theaterumfeld

Akzeptanz der Tatsache, dass man alt wird, und die Frage, wie man

(www.lukperceval.info).

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Leben umkrempeln können. Gleichzeitig gibt es keine Antworten auf die Fragen von Leben und Tod, die wir uns in der Religion, in der Phi-

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führe gerne die Fußball-WM als Beispiel an. In dem Moment, in dem


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