25 Jahre Versöhnungskirche

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25 Jahre Versöhnungskirche Knetterheide

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Ein Rückblick auf die junge, aber bewegte Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Knetterheide 1


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Jubiläumsausgabe

25 Jahre Versöhnungskirche Knetterheide Ein Rückblick auf die junge, aber bewegte Geschichte der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Knetterheide

Herausgeber: Redaktion: Realisation: Druck:

Evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde Schötmar, Pfarrbezirk II Knetterheide Uta Deppermann, Alfred Schalla, Heinrich Schinkel, Harry Schulz, Barbara Tirpitz (verantw.) NEWSPOINT-Redaktionsbüro Uwe Rottkamp, Bad Salzuflen Print-Design, Minden

Wir bedanken und bei der Firma Print-Design für den kostenlosen Druck dieses Heftes 3


25 Jahre Versöhnungskirche Knetterheide

Holger Tielbürger, Pfarrer

Etwas von Gottes Gegenwart erleben „Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“ (Psalm 26,8 / Tageslosung für den 1. März 2009)

So riefen Menschen staunend aus, wenn sie im Tempel im alten Jerusalem tief berührt wurden von der geistlichen Atmosphäre, die sie dort empfing. Sie erlebten etwas von Gottes Gegenwart, die an diesem Ort ganz besonders deutlich zu spüren war. Sie merkten, dass sie willkommen waren und ernst genommen wurden mit ihrer Lebensfreude ebenso wie mit ihren Nöten und Sorgen. Deshalb sagten sie es weiter und luden andere ein, wie sie in diesem Haus Gott zu begegnen und seinen Frieden zu finden. 4

„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“ Ganz ähnlich, nur (vielleicht) mit ihren eigenen Worten, drücken Menschen das Gefühl aus, wenn sie unsere Versöhnungskirche betreten und berührt werden von der Atmosphäre, die diesen besonderen Raum prägt. Hier finden sie Raum zur Stille und zum Gebet ebenso wie zum Feiern und Loben. Gott ist da, unbeschreiblich nah und erfahrbar. Gott ist ge-


Grußwort

genwärtig und jeder und jede ist – mehr noch als damals im Tempel in Jerusalem - willkommen mit purer Lebensfreude ebenso wie mit Nöten und Sorgen. Und darum laden sie so gern auch andere in diese wunderschöne und liebenswerte Kirche ein.

wir Danke! sagen für Jahre bewegender Geschichte und indem wir uns zugleich darauf freuen, auch in Zukunft zu Hause zu sein in „unserer Versöhnungskirche“, die ihren Grundstein darin hat, dass „Jesus Christus unser Friede ist“!

„Herr, ich habe lieb die Stätte deines Hauses und den Ort, da deine Ehre wohnt!“

Holger Tielbürger Pfarrer und Vorsitzender des Kirchenvorstandes

Ja, sie ist zum liebhaben, diese „Stätte SEINES Hauses“, die Männer und Frauen aus unserer Gemeinde vor 25 Jahren mit viel Liebe geplant und gebaut haben und in der seit dem schon so viele Menschen Gottes Segen erfahren haben! Wir haben deshalb guten Grund, diesen Geburtstag zu feiern, indem 5


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Klaus Wesner, Kirchenrat i.R.

Ein Haus belebender Zweckfreiheit Einer der Wege nach Knetterheide führt vorbei an einer großen Fabrik. Fast jeder weiß, was dort produziert wird. Folgt man dann der breiten Straße in den Ort hinein, sieht man links durch die Bäume Wohnhäuser. Hier weiß auch jeder, wozu sie da sind. Weiter in den Ort hineinfahrend trifft man auf unterschiedliche Häuser; in ihnen kann der tägliche Bedarf gekauft, Geldgeschäfte erledigt oder gut gegessen und getrunken werden. Das erkennt jeder leicht. Wie genau weiß man von der Kirche, wozu sie da ist? Sie ist gebaut als Ort der Versammlung von Menschen. Daher die vielen Sitzplätze. Der Blick derer, 6

die dort Platz nehmen, wird unweigerlich gelenkt nach vorne, auf den Altar. Er ist der Mittelpunkt. Seitlich von ihm steht die Kanzel. Daneben eine Orgel, Tafeln für die Angaben zu den Liedern, Taufstein und bemalte Fenster. Wem dient das alles? Dies alles eignet sich nicht für Produktion von Lichtkuppeln, nicht fürs Wohnen, nicht für den Verkauf von Waren, nicht für Kreditvergabe, nicht für wohliges Schlemmen. Da steht inmitten von Häusern, die alle für einen definierten Zweck gebaut sind, ein Haus, das weder einen wirtschaftlichen noch einen Wellness-Zweck verfolgt. In einer zweckorientierten Umwelt ein Gebäude, das nur und ausschließlich dem Gottesdienst dient.


Grußwort

Das hätte man vor 25 Jahren so klar noch nicht sagen können. Damals gab es das Paul Schneider-Haus als ein Mehrzweckgebäude: alltags Gymnastikturnen, Schwangerschaftsberatung, Kochkurse, Kindergruppen. Zum Sonntag wurden die Matten weggeräumt, Essens- und Schweißgeruch herausgelassen und alles für den Gottesdienst hergerichtet. Dahinter stand das Konzept: „Gottesdienst in der Welt“. In der Woche Badminton – am Sonntag Beten. Nach und nach aber störte es die Gottesdienstbesucher, beim Beten die Erbsensuppe vom Vortag zu riechen, bei der Abendmahlsfeier auf die Reste von Kinderkarneval zu sehen. Gottesdienst in der Welt? – ja! Aber als eine weitere Beschäftigung unter vielen anderen? Die Antwort: Er soll nicht abgesondert sein, aber doch deutlich unterschieden von unseren sonstigen Verrichtungen. So entstand die Anstrengung, eine Kirche zu bauen, die zu nichts anderem dient als der Versammlung der Glaubenden zum Gottesdienst. Ist das nicht Verschwendung? Weniger als zehn Stunden in der Woche wird die Kirche „genutzt“. Ja, unter dem Aspekt effizientorientiertem Denken ist dies eine Verschwendung. Aber möglicherweise wächst in einer zweckrationalen Welt die Sehnsucht nach einem Raum der Unverfügbarkeit. Mit dem hier verkündeten Gott lassen sich keine Geschäfte machen. Aber man kann hier Impulse zum Nachdenken über die eigene Existenz bekommen: Wo komme ich her? Welche Zukunft darf ich erwarten? Was soll ich tun? Wie verhalte ich mich zu meinem Versagen? An diesem Ort kann man hören von dem Gott, der alle Welt geschaffen

hat, aber nicht in dieser Welt aufgeht. Der Herr über alle Herren ist, aber den Einzelnen sieht und so ernst nimmt, dass er selbst Mensch wird. Plötzlich entsteht da das fröhliche Staunen über eine andere Dimension außer den bekannten, allzubekannten Gesetzmäßigkeiten von Produzieren und Konsumieren. Das gibt denen, die hier zusammenkommen, einen aufrechten Gang. Wie viele andere Kirchen hat auch die lutherische Kirche in Knetterheide eine Empore. Normalerweise steht dort die Orgel, oder der Chor singt von ihr in die Gemeinde herab, oder die, die Abstand wollen, verfolgen von der Empore den Gottesdienst. Nicht so in Knetterheide. Dort lagert auf der Empore die Technik für die Beschallung der Gottesdienstfeiern. Für einen wie mich, der noch aus dem letzten Jahrhundert stammt, ist das schon etwas gewöhnungsbedürftig. Aber wer weiß?: Möglicherweise hilft ja so ein „Gottesdienstequipment“, dass die Mitfeiernden noch deutlicher im Herzen erfahren, wie belebend es ist, in einer geheimnislos – rationalen Umwelt einen Raum zu haben, der nur und allein dafür da ist, dass wir die Dimension eines freundlichen Gottes glauben und erspüren.

In guter Erinnerung an die Gespräche vor 25 Jahren Klaus Wesner

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Kirchsaal im Paul-Schneider-Haus.

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Geschichte

Die Geschichte der Versöhnungskirche und der Gemeinde Entstehung des II. Pfarrbezirks von lutherisch Schötmar Die evangelisch-lutherische Gemeinde in Schötmar wuchs Ende der 1950er Jahre durch Zuzug vieler Menschen so stark an, dass sie Ende 1959 die Gründung einer 2. Pfarrstelle beantragte. Diesem Antrag wurde auf der Landessynode am 22.11.1960 stattgegeben und eine 2. Pfarrstelle bewilligt. Pastor Helmut Bastert trat 1963 diese Stelle an. Er hatte die Lutheraner in Schötmar vom Kiliansweg und Otto-Hahn-Straße bis zur B 239 sowie alle Nebenstraßen zu betreuen. In Knetterheide einigte man sich mit der reformierten Gemeinde Wülfer-Knetterheide 1966, dass alle Evangelischen gleich welchen Bekenntnisses (luthe-

risch oder reformiert) von der B 239 bis zur Oststraße, linke Seite der Bielefelder Straße, rechte Seite der Paul-Schneider-Straße zum lutherischen Pfarrbezirk gehörten. Durch diese Aufteilung entstand das Kuriosum, dass Familien schräg gegenüber dem Paul-Schneider-Haus zu Wülfer gezählt wurden. Pastor Bastert musste Pionierarbeit leisten in Knetterheide: ohne Gemeindehaus, ohne Pfarrhaus, einfach von seiner Wohnung in Bexterhagen oder von der Trinitatiskirche in Schötmar aus. Er sammelte die Gemeinde durch viele Besuche. Gottesdienststätte war die Trinitatiskirche in Schötmar. In seiner Wohnung kamen Mütter von Täuflingen als Mütterkreis und ein kleiner Frauenchor zusammen. 9


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Im Jahre 1964 wurde mit der Errichtung des Gemeindehauses nebst Pfarrhaus begonnen. Die Einweihung war am 1. Advent 1965.

Bau des Paul-Schneider-Hauses Im Jahre 1964 wurde mit der Errichtung des Gemeindehauses nebst Pfarrhaus begonnen. Die Einweihung war am 1. Advent 1965.

Gottesdienst wurde nun im großen Raum des PaulSchneider-Hauses sonntags gefeiert. 70 Plätze standen zur Verfügung.

Der Architekt Langmark hatte gleich eine Kirche mit geplant; doch dazu fehlte das Geld; denn die junge Gemeinde war völlig mittellos, also auf Geld und die Genehmigung vom Landeskirchenamt angewiesen.

Wenn Festgottesdienste wie Konfirmationen, Heiligabend, Gemeindefest anstanden, musste umgeräumt werden. Der „wandernde Altar“ stand dann hinten an der Wand neben der Orgel, und der Konfirmandenraum sowie Altarraum wurden auch genutzt.

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Kirchbau

Als Pastor Helmut Bastert im Herbst 1971 als Militärpfarrer nach Kiel ging, trat Pfarrer Ernst-Friedrich Tirpitz seine Nachfolge an mit dem Auftrag, für den weiteren Aufbau der Gemeinde und den Bau einer Kirche zu sorgen. Doch letzterer Wunsch ließ sich zunächst nicht verwirklichen. Immer wieder waren andere Vorhaben, die hohe Ausgaben bedeuteten, wie der Ausbau des Gemeindezentrums in

Schötmar, vorrangig. Die drangvolle Enge im PaulSchneider-Haus, besonders bei Festgottesdiensten, war allen eine Not. Für die Konfirmationen wich man später nach Wülfer aus. In der Woche galt Maßarbeit viel: jede Menge Umräumen, was unsere Küsterin Gisela Schulz und ihr Mann zu leisten hatten, um allen Gruppen gerecht zu werden.

Der Kirchbau Anfang der 1980er Jahre versuchte Pfarrer Tirpitz beim Landeskirchenamt einen erneuten Vorstoß, den Bau der Kirche betreffend.

Er hatte schon fast aufgegeben, aber der engagierte Kirchenälteste Dr. Seemann machte ihm Mut. Er war nämlich Synodaler, hatte also Sitz und Stimme

Wegen des unsicheren Bodens musste als Fundament eine Betonwanne gegossen werden.

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Kirchbau

in der Landessynode. Er sagte: „Sehen Sie zu, dass Sie den Entwurf für den Kirchbau fertig kriegen und dem Landeskirchenrat vorlegen. Ich setze mich für die Bewilligung ein, solange ich noch hier in Lippe bin“. (Ein Jahr später zog er als Ruheständler fort).

Dies war nicht einfach, da es zu diesem Zeitpunkt zwei etwa gleichwertige von der Landeskirche zu fördernde Projekte gab. Es war ein hartes Ringen. Zuletzt genehmigte der Landeskirchenrat den Bau in der jetzigen Form, aber ohne Glockenturm.

Die Finanzierung war sehr schwierig, da die Gemeinde nur über geringes Eigenkapital verfügte. Die tatkräftige Unterstützung der Rechnungsführerin, Frau Schnecke, war eine große Hilfe.

Im Oktober 1982 wurde bereits das Fundament gegossen. Dies war sehr arbeitsaufwendig und bedeutete unvorhergesehene Mehrkosten, da wegen des unsicheren Bodens eine Betonwanne und Tragpfeiler nötig waren.

Nun ging es an die Arbeit, denn das Grundstück für die Kirche war nicht groß. Es war zu klären, wie der ehemalige Teich – später mit Müll zugeschüttet – beschaffen war. In all diesen Fragen standen der Kirchenälteste und Architekt Rudolf Neumann und sein Chef Heinrich Loos mit Rat und Tat zur Seite. Neumann „knobelte“ mit Pastor Tirpitz und dem Kirchenvorstand an einer brauchbaren Lösung, inbegriffen Zwischentrakt zum Paul-SchneiderHaus sowie Jugendräume und Platz für die Schwangerschaftsgymnastik im Untergeschoss der Kirche. Mit den fertigen Plänen fuhren dann die Kirchenältesten Dr. Seemann und Uta Deppermann sowie Pfarrer Eberhard Schendel von der lutherischen Gemeinde Bad Salzuflen nach Detmold, um die eigenen Argumente überzeugend darzulegen.

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Das Richtfest Am 12.6.1983 war der Rohbau soweit, dass Richtfest gefeiert werden konnte.

es war gleichzeitig Gemeindefest – war für die Ausschmückung der Kirche gedacht.

An diesem Tag wurde der Grundstein „Christus ist unser Friede“ hinten an der Wand des Paul-Schneider-Haus durch Superintendent Klaus Wesner feierlich enthüllt. Die Kinder der Gruppen von Elke Luig und der Frauenchor erfüllten den großen leeren Raum mit Leben: Flötenmusik, Tanz und Singen.

Auf Uta Deppermanns Initiative bastelten Jung und Alt aus Wäscheklammern Stühlchen, die unter dem Motto verkauft wurden: „Kauft euch einen Stuhl für eure neue Kirche“.

Alles Geld, was an diesem Tag gesammelt wurde – 14

Zu den an diesem Bau engagierten Personen kam nun noch der Künstler Hans-Helmuth von Rath hinzu. Er machte die Entwürfe für die Glasfenster, die


Richtfest

Antependien und den Wandteppich zum Glaubensbekenntnis und beriet den Kirchenvorstand bei der Innenraumgestaltung. Alle Motive der Fenster drücken die „Versöhnung Gottes und Jesu Christi mit seiner Gemeinde“ aus. Die Frauen des Abendkreises stickten die verschiedenen Antependien – das grüne Antependium existierte schon – und webten die einzelnen Felder des Wandteppichs, alles unter Anleitung von Dorothea Schall.

Unter dem Altar wurde die Bibel gemeinsam mit Dokumenten und theologischen Lehrbüchern versenkt, für uns nicht mehr sichtbar. Wie man sieht, beteiligten sich sehr viele Menschen unserer Gemeinde an der Gestaltung und Ausschmückung der Kirche, so dass es ein wunderbares Gemeinschaftswerk wurde, wirklich:

„ Unsere Kirche“

Ilse Krischker verdanken wir die wertvolle Altardecke. Den Altar stiftete der Martin-Luther-Bund.

Bei der Enthüllung des Grundsteins: Pfarrer Ernst-Friedrich Tirpitz, Architekt Rudolf Neumann, Alfred Schalla und Superintendent Klaus Wesner (von links).

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Feierlicher Akt: Zuerst übergibt Architekt Heinrich Loos den Schlüssel an Pfarrer Ernst-Friedrich Tirpitz (Bild links), der ihn danach an Küster Harry Schulz weitergibt (Bild rechts). Im Hintergrund informiert Superintendent Klaus Wesner die Lokalpresse.

Die Einweihung der Versöhnungskirche Endlich war es soweit: Am 11. März 1984 konnte die neue Kirche in einem ersten Gottesdienst eingeweiht werden. Zum Klang des Posaunenchores unter der Leitung von Landesposaunenwart Heiner Rose versammelten sich Hunderte von Gemeindegliedern und Gästen vor der Kirchentür. „Mit Gottes Hilfe haben wir das Werk vollendet“, hatte Architekt Heinrich Loos vor der verschlossenen Kirchentür betont und an Pfarrer Ernst-Friedrich Tirpitz einen symbolischen Schlüssel übergeben, den dieser an den Küster weiterreichte. Erst nachdem der 16

Küster die Tür aufgeschlossen hatte, konnte die Gemeinde Besitz von dem neuen Gotteshaus nehmen. Mit den begleitenden Worten von Kirchenvorstandsmitglied Alfred Schalla wurden vor den Augen der Gemeindeglieder die letzten Vorbereitungen für den ersten Gottesdienst in der Versöhnungskirche getroffen; wurde das Altarkreuz enthüllt, das schon im Paul-Schneider-Haus gehangen hatte, wurde die Bibel herbeigetragen. Frauen der Gemeinde deckten den vom Martin-Luther-Bund gespendeten Altar mit der neuen Decke und dem roten Antependium ein. Andere Frauen und der Küster stellten die Geräte für


Einweihung

Zeitdokument (Zeitungsausschnitt): Einzug der Kirchen채ltesten.

Hilmar Greiner tr채gt die Bibel herein, Frau Heinemann und B채rbel Weihrauch legen Altardecke und Antepentium auf.

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mahlsteil. Kirchenrat Klaus-Peter Fliedner, früherer Pfarrer von lutherisch Schötmar, assistierte. Musikalisch wurde der Gottesdienst gestaltet von Familie Frömelt und dem extra zu diesem Anlass neu gegründeten Gemeindechor unter der Leitung von Dorothea Tirpitz. „Das Alte ist vergangen, siehe, es ist alles neu geworden“, leitete Superintendent Klaus Wesner seine Predigt ein und betonte, „lasset euch versöhnen mit Gott“. Die achteckige Versöhnungskirche sei für sich eine freundliche Predigt, auch wenn kein Wort gesprochen werde. Wer in diese Kirche komme, werde die Predigt dieser Kirche spüren. Wer lange genug sitzen bleibe, gehe womöglich anders heraus, als er hineingekommen sei. Die lutherische Gemeinde in Knetterheide habe immer viel improvisieren müssen, aber er habe keine Angst, so Wesner weiter, dass sie nun erstarren könnte. Das Feststehende sei nun Glas, Stein, Liturgie und Farbe, das Improvisatorische seien die lebenChristina Diekmeier trägt das Abendmahlsgeschirr herein.

das Abendmahl auf. Es wurden kurze Erläuterungen zu den Kirchenfenstern und dem Wandteppich gegeben. Danach zogen der gesamte Kirchenvorstand sowie die drei Pfarrer unter Posaunenklängen in die Kirche ein, voran die Lichtträger mit den Kerzen für den Altar. Superintendent Klaus Wesner eröffnete den Gottesdienst mit einem Weihevotum. Die Pfarrer Ernst-Friedrich Tirpitz und Wolfgang Reinhard übernahmen die Liturgie und den Abend18

Der Altarraum, noch ohne Taufstein und mit dem alten Kanzelpult.


Einweihung

Käte Baukus und Anni Holz (von links) übermittelten Grüße von der Partnergemeinde „Heilig Geist“ in Rostock.

digen Menschen, die dort lebten, denen er wünschte: „Lasst euch versöhnen mit Gott...“ Am Nachmittag war die Gemeinde erneut geladen. Architekt Neumann erklärte die achteckige Form des Kirchbaus, eine Bauform bereits aus der frühen Christenheit. Hans-Helmuth von Rath erläuterte die Fenster und den Wandteppich. Danach durften sich alle im PaulSchneider-Haus – es musste doch wieder umgeräumt werden – an einer großen Kaffeetafel laben. Jetzt konnten Grußworte übermittelt werden, u.a. von unserer Partnergemeinde „Heilig Geist“ in Rostock, vertreten durch Käte Baukus und Anni Holz.

Es folgte noch eine ganze Kirchweih-Woche: zwei musikalische Abende; ein Gottesdienst mit anschließendem Gemeindeabend als Dank für alle, die sich engagiert hatten; der Vortrag von Landessuperintendent Dr. Ako Haarbeck zum Thema Frieden. Zum Abschluss am folgenden Sonntag gab es nochmals einen Höhepunkt: ein Familiengottesdienst mit dem Singspiel vom „verlorenen Sohn“, das Elke Luig mit den Kindern der Gemeinde erarbeitet hatte. Die Gemeinde nahm mehr und mehr Besitz von ihrer neuen Kirche. Viele Gruppen – auch von außerhalb – ließen sie sich erklären: „Die Predigt ohne Worte“. 19


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Endlich mehr Platz: Weihnachten in der neuen Kirche mit einem Singspiel.

Zu Weihnachten war es dieses Jahr endlich nicht so eng wie einst; Schwester Alwines Tanne schmückte die Kirche, Harry Schulz hatte zwei schöne Standleuchter angefertigt, und wieder gab es ein gutes Singspiel. Zu Ostern 1985 konnte sich die Gemeinde einen neuen Taufstein leisten, in den die alte Silberschale eingelegt wurde. Für die Ausstattung des Untergeschosses der Kirche war zunächst kein Geld da. In Eigenleistung und durch Spenden, z.B. in Form von Sitzmöbeln, Gardi20

nen und einer Teeküche samt Geschirr wurden auch diese Räume „brauchbar“. Die Frauen des Abendkreises wollten noch weiteres für die Kirche tun. Unter der Anleitung von Gisela Tiemann fertigten sie eine Weihnachtskrippe an mit etwa zwei Dutzend Figuren vorwiegend aus Jute sowie die gleiche Anzahl Tiere; pünktlich fertig zum Heiligen Abend 1985.


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Mit einem festlichen Gottesdienst und Gemeindefeier wurde Pastor Ernst-Friedrich Tirpitz am zweiten Weihnachtstag 1988 aus der Gemeinde verabschiedet.

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„Tirpitz gut“ Beobachtungen am Bau von Harry Schulz

I. Am Kirchenbau bin ich nur eine Randerscheinung, hatte somit nichts damit zu tun! Meine Aufgabe war, meiner Frau als Küsterin bei den anfallenden Arbeiten zu helfen. Doch wie das im Leben oft so ist, nicht immer kann man das eine vom anderen trennen. So geschah es, dass ich die anfallenden Aufräumarbeiten am Rohbau und Verfüllarbeiten am Fundament zum Teil mit Pfarrer Tirpitz übernommen habe.

Regale, Schränke und die Teeküche im Keller. Damit die Kirchenkasse entlastet wurde, sollte ich etwas dazu tun: zum Beispiel die Adventskerzenständer. Bei dem Regalbau im Keller brauchte ich einen langen Abend. Da passierte es: das Licht ging aus. Also begab ich mich im Dunkeln auf Schaltersuche. Das Unterbrechen des Stromkreises ist ja möglich oben im Kirchengang im Zentralschaltkasten.

So ergab es sich, dass ich ab und an durch den offenen Kirchenbau ging und mir den Fortschritt der Arbeiten anschaute. Bei einem Gang fand ich in großer Schrift im Altarraum die Worte: „Tirpitz gut“. Welche Bedeutung diese Schrift hatte, war mir ein Rätsel!

Nach geraumer Zeit das gleiche Spiel, das fand ich gar nicht lustig, zumal das Handwerken im ganzen Haus hörbar war. Als man mir zum dritten Mal den Strom abdrehte, wurde ich giftig. Mehrere Stimmen verstummten dann, danach konnte ich weiter bauen…

Nach Tagen erfuhr ich beiläufig aus einem Gespräch, dass unser Pastor für die Bauhandwerker „einen ausgegeben hat“. Für mich war damit der Schriftzug erklärt.

II. Nach der Einweihung war die Kirche zwar fertig, doch es fehlte noch vieles in den Räumen: Ablagen, 22

Die Keller-Toiletten waren sauber gefliest, die Gullis hingegen waren sauber und hohl überfliest. Damit sie nicht einbrachen, war ich gezwungen, mit Beton funktionsfähig zu unterfüttern. Die Rosten über der Schmutzwasserhebepumpe waren zu klein geliefert, es bestand Einsturzgefahr, die durch Passstücke beseitigt wurde.


Aus Küstersicht

Der Hochkeller als Lager und Abstellkammer für Geräte, Verkaufsbuden, Krippe und Figuren u.v.m. war mit einer Eisentür verschlossen. Beim Einstieg nach längerer Zeit kam mir der Modergeruch entgegen. Die Tür musste fortan offen bleiben. Zudem waren die Neon-Röhren mitten unter der Decke angebracht, gefährlich für Kopf und Gegenstände! Der Hochkeller ist an das Paul-Schneider-Haus auf Maurerart angeflanscht. Es war das feuchte Erdreich zugängig. Diesen Missstand habe ich durch Verfüllen des Erdreichs, Anbringen von Heraklith-Platten,

Verputzen der Wand und Verlegen der Lampen behoben. Dieser Raum ist mit einem Estrich versehen. Wer darinnen war, hinterließ im ganzen Haus seine Fußspuren. Nach längerer Zeit der Einweihung der Kirche hatte der „Maler Beermann“ in den Kellerräumen seine Aufgabe gefunden. Dieser Herr erklärte sich bereit, den kreidenden Mager-Estrich mit Tiefengrund zu behandeln; damit war das Problem mit den Fußspuren ausgestanden.

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Rückblick

Dankbarer Rückblick Dankbar und staunend blicken wir auf 25 Jahre Versöhnungskirche zurück. Ein guter Grund, Pastor Ernst-Friedrich Tirpitz noch einmal – in Auszügen – zu Wort kommen zu lassen.

sich unwahrscheinliche Mühe gegeben, mit wenigen Mitteln einen sakralen Bau zu erstellen.

„Im Oktober 1982 war es soweit. Es konnte nach neuen Bauzeichnungen begonnen werden. Die Kirche wird 130 bis 140 „Bankplätze“ haben. Aber wir können die Tür zum Paul-Schneider-Haus aufmachen, so dass wir mit Stühlen auf 300 Plätze kommen.

Das Thema der Versöhnung erscheint nicht nur auf dem Grundstein. Die farbigen Fenster greifen dieses Thema auf. Sie sind eine Predigt in Bildern, die uns Herr von Rath entworfen hat. … Entscheidend wird aber auf die Dauer sein, dass wir uns als Christen immer mehr in den Frieden Christi hineinziehen lassen, um so den gewonnenen Frieden in den Alltag hineinzutragen.

Sie heißt Versöhnungskirche. Wer den Vorraum betritt, kann es lesen, warum wir diesen Namen gewählt haben: Jesus Christ ist unser Friede. Das steht auf dem Grundstein, eingehauen mit großen Buchstaben.

Wussten Sie schon, …dass der Bau, wie Sie ihn sehen, eine Sparlösung ist? Man sieht es dem Bau nicht an. Das haben wir dem durchführenden Architekten, Rudolf Neumann, aus dem Architekturbüro Loos zu verdanken. Er hat

Wussten Sie schon, …Hans-Helmuth von Rath, Kunstmaler aus unserer Stadt, hat für uns entworfen: den Grundstein, das 25


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Kreuz auf dem Dach, den Wandteppich, die Kirchenfenster, den Altar, die Altarbehänge und wird sich noch Gedanken machen über die Kanzel und den Taufstein. … Wir stehen staunend vor der Tatsache, dass ein Mensch sich mit seinen Ideen, seinem Können und seiner Arbeitskraft für die Gestaltung unserer kleinen Kirche voll zur Verfügung gestellt hat. Wir wissen aber auch, dass er es nicht um unseretwillen getan hat, sondern weil er mit uns zusammen mit diesem Werk Gott die Ehre geben will und schon an all die Menschen denkt, die sich zum Gottesdienst in dieser Kirche versammeln werden. Wir gehören zu den Waghalsigen, die ohne Eigenkapital gebaut haben. Da griff die Landeskirche ein und half uns. Allerdings müssen wir unseren Eigenkapitalanteil über den Kapitalmarkt finanzieren. Mit 1000 Mark monatlichen Abzahlungen sind wir dabei! Aber man möchte doch auch die eine oder andere Idee verwirklichen. So auch wir. Wir hätten uns nie träumen lassen, dass wir an farbige Kirchenfenster herankommen werden. Herr von Rath ist uns in den Kosten in sehr großzügiger Weise entgegengekommen, und da haben wir Glückspilze zugegriffen. Die Gemeindeglieder haben großzügig gespendet. Es sind 34.000 Mark zusammengekommen.

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Es ist erstaunlich, dass sich doch noch Menschen finden, die Kraft, Zeit und Geld für etwas aufbringen, was über ihre persönlichen Interessen hinausgeht. So ist mit unserer kleinen Kirche ein Gemeinschaftswerk entstanden. Bewundernswertes entstand unter den Händen der Frauen unserer Gemeinde. Auf Anregung von Uta Deppermann nach einem Entwurf von Herrn von Rath unter Anleitung von Dorothea Schall webten sie in Gemeinschaftsarbeit einen Wandteppich. Zwölf Bildfelder hat der Wandteppich. Jedes Bild zeigt ein Motiv aus dem Glaubensbekenntnis, das jeden Sonntag im Gottesdienst gebetet wird. Die Frauen des Mittwochskreises haben auch den Altarbehang angefertigt. Wenn Sie den Gottesdienst besuchen, sehen Sie die rote Wollstoffbahn über dem Altar liegen, bestickt mit 40 Flammen. Es ist ein Symbol für den Geist Gottes, der die Menschen zum Kreis der Gläubigen zusammenschließt. Wir danken Herrn von Rath für diesen Entwurf. Quelle „Unsere Gemeinde“ März 1984


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Wandteppich und Skizze

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Ausstattung und Einrichtung

Ein bemerkenswertes Werk der Gemeinsamkeit Zur Kirchweih am 11. März 1984 Der Besucher der Versöhnungskirche wird im Vorraum begrüßt und verabschiedet durch ein bemerkenswertes Werk der Gemeinsamkeit. Es ist ein zwölfteiliger Bildteppich (240 cm hoch und 180 cm breit), den zwölf Frauen der Kirchengemeinde nach einem Entwurf von Hans-Helmuth von Rath angefertigt haben. Die Bildaussage ist das Glaubensbekenntnis. Es wird durch leicht ablesbare Zeichen (wie bei den alten Passions- oder Hungertüchern) vor Augen gestellt. Aus der Fläche hebt sich das Kreuz hervor. Die Zahl zwölf stellt die zwölf Apostel und alle Stämme des Gottesvolkes unter dem Kreuz dar. Jeweils in der Mittelachse beginnend finden wir in den vier Bildreihen von oben nach unten:

Bild 1: Dreieck, Heilige Dreieinigkeit, Gottesauge, Schöpfung, Licht Bild 2: Stern von Bethlehem, Milchstraße, Erde (Grün= Vegetation, Weiß = Wasser).

Bild 3: Sonne, Mond, Sterne Bild 4: Im Schnittpunkt der Kreuzbalken das Christusmonogramm, Triumphzeichen Bild 5: Dornenast, 7 Dornen, Teil der Dornenkrone Bild 6: 4 Kreuznägel Bild 7: Heiliges Abendmahl, 3 Blutstropfen, Brot, Kelch Bild 8: Rock Christi, Würfel, 3(30) Silberlinge auf Purpurtuch (Königsmantel). Bild 9: Auferstehung, leeres Grab, zerbrochene Grabplatte, Grabtuch Bild 10: Alpha und Omega Anfang und Ende, Bezug zu Bild 1, Purpur = Bezug zu Bild 5 und Bild 8 Bild 11: Der überwundene Satan, der zerrissene Drache. Der Textteil „Der Friede sei“ könnte man wie ein apokalyptisches Richtwort verstehen, entsprechend dem „Es werde Licht“ aus dem Schöpfungsbericht, Bild 1 Bild 12: Fisch, Christuszeichen der Urgemeinde Bild 10, 11 und 12: Friedensgruß 29


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Dieser besonders auch den Kindern zugedachte Bildteppich steht im Sinnbezug zu dem in der gegenüberliegenden Wand eingemauerten Grundstein. In einem Achteck (Oktogon), dem Grundriss unserer Versöhnungskirche, wird ausgesagt: JESUS CHRISTUS IST UNSER FRIEDE. Nach dem Durchschreiten des Vorraumes wird der Eintretende von dem Achteck der Versöhnungskirche spürbar umfasst. Das steile Zeltdach betont die Raummitte und weist sinnbildhaft über unsere Ebene hinaus. 30

Der Blick des Besuchers wird jedoch sehr bald auf den Altarbereich gelenkt, der durch seine guten Proportionen, seine Schlichtheit, durch das schon lange im Besitz der Gemeinde befindliche Bronzekreuz und durch den neuen Altar deutlich den Gesamtraum beherrscht. Es begegnet uns hier die Eigentümlichkeit, dass der Grundriss eines Zentralbaues (Oktogon) durch die um zwei Stufen erhöhte Altarzone (Chor) verlängert ist und dadurch eindeutig gerichtet wird, was auch durch die Anordnung der Bänke und durch den Mittelgang zum Ausdruck kommt. Ferner entsteht


Ausstattung und Einrichtung

durch die mögliche Öffnung der Falttüren zum PaulSchneider-Haus ein lang gestreckter Gesamtraum, der gleichzeitig das Raumempfinden einer so genannten Wegkirche vermittelt. Der schöne Kapellenraum des Paul-Schneider-Hauses ist in das Gesamtkonzept einbezogen und der vertraute, dort in die Wand eingelassen Altar steht nun dem neuen Altar der Versöhnungskirche genau gegenüber. Ursprünglich bestand der Gedanke, das Kreuz über dem Kirchendach (Kreuz über der Weltkugel) ebenfalls in diese Achse zwischen den beiden Altären einzubeziehen. Doch ist die dann gewählte Richtung des Kreuzes jetzt bewusst als Gruß und Segen für den sich dem Eingang nähernden Kirchenbesucher zu empfinden. Der Boden der Versöhnungskirche ist insgesamt mit rötlichen Keramikplatten belegt, die den Besucher vom Eingang her begleiten. Auf diesen Bodenplatten vermitteln die dunklen Bänke das nötige optische Gewicht gegenüber dem aufstrebenden Zeltdach, das von einer Lichtpyramide bekrönt wird. Bei günstiger Sonnenstellung fällt durch dieses ein Lichtstrahl in den Kirchenraum. Dieses vom Architekten mit einbezogene Lichtspiel darf durchaus wie ein Zeichen verstanden werden, das über eine nüchterne Beobachtung des einfachen Naturereignisses hinauszuweisen vermag. Die Altarzone erhält ihre farbige Wirkung durch die verschiedenen, sehr genau abgewogenen Materialkontraste, durch die liturgischen Farben der Altarbehänge (Antependien), die weiße Altardecke, vier Bronzeleuchter und den Widerschein der beiden schmalen Seitenfenster auf der weißen Wand hinter dem Altar. So sind die Bibel auf dem Altar und

das Kreuz ihrem Sinn gemäß sichtbarer Kern und Schwerpunkt des Kirchenraumes. Die Antependien in den liturgischen Farben grün (Schiff, Ähren), rot (40 Flammen, 40 = unendlich, Flammen = Heiliger Geist, Kreis = Gemeinde), violett (Dornenkrone, Krone des Lebens), weiß (Chris31


tusmonogramm und Kreuz als Siegeszeichen) werden die Gemeinde über das Kirchenjahr begleiten. Das grüne Antependium war bereits in ihrem Besitz. Die drei anderen wurden von den Frauen der Kirchengemeinde in feiner Arbeit nach einem Entwurf gefertigt. Die Altarform wurde sehr eingehend überlegt und gestaltet. Gewisse technische Vorgaben (Statik der Decke) waren zu berücksichtigen, ebenso die nicht sehr große Grundfläche des Chores. Der Altar wurde so aufgestellt, dass der Liturg vor und auch hinter ihm ausreichend Platz findet. Wegen der Verschiedenartigkeit liturgischer Traditionen hat das seine auch praktische Bedeutung. Das Steinmaterial (Oberkirchener Sandstein) entspricht dem warmfarbigen Material des Grundsteins und ist wie dieser im Wechsel zwischen glatten und gebeilten Flächen bearbeitet worden. Das Rechteck der gewichtigen Altarplatte wurde an den vier Ecken abgefast und dadurch zu einer achteckigen Form. Die nun betonten vier kurzen Eckflächen sind als ein Hinweis auf die vier Weltgegenden, die Ausstrahlung des Wortes und den Auftrag der Verkündigung zu verstehen. Die glatte Oberfläche der Altar32

platte ist signiert. In der Mitte weist ein kleines Kreuzzeichen die Steine des Altars ihrer Bestimmung zu, es ist jedoch unter der Altardecke verborgen. Die Frage, wie ein nicht stets sichtbares Zeichen zu bewerten ist, könnte man auch bei den beiden Altarfenstern stellen. Zunächst sei bedacht, dass die Stellung dieser Fenster sich aus der Konstruktion des Bauwerks ergibt, dass sie deshalb aus der Mittelachse des Raumes nicht sichtbar sind. Doch kann die Notwendigkeit, dass die Aussagen dieser beiden Fenster am Altar aufgesucht werden müssen, keine Minderung bedeuten. Eher ist wohl in dieser Aufforderung ein tieferer Sinn und Wert zu erkennen. Viele klein erscheinende Steinskulpturen sehen wir kaum mit dem bloßen Auge im Halbdunkel der riesigen Gewölbe mittelalterlicher Dome. Aber auch diese Skulpturen haben ihren Sinn und sind deshalb oft besonders fein gestaltet. Sie stehen nicht zur Schau, entscheidend ist allein ihre Anwesenheit im Kirchenraum. Auch diese unter dem Altar der Versöhnungskirche gemeinsam mit Dokumenten und theologischen Lehrbüchern versenkte Bibel ist nicht


mehr sichtbar. Sie ist jedoch parat, so der Gedanke von Herrn Pastor Tirpitz. Selbst nach einem für uns heute unausdenkbarem Ereignis könnten die Finder mit diesen Mitteln die Verkündigung des Evangeliums fortsetzen. Gewiss ist das ein Gedanke, der nicht zu dem heutigen Fest der Kirchweih zu passen scheint. Doch die biblischen Aussagen der Glasbilder zwingen ebenfalls unser gedankliches Bemühen durch die Oberfläche des farbigen Schmuckes hindurch in die Tiefe. Der Hinzutretende wird in dem Fenster auf der linken Seite des Chores (Bild links) die Darstellung des verbrennenden Dornbusches erkennen und der dennoch in hellen Flammen zu stehen scheint. Mose begegnete Gott in der Wüste. Unbegreiflich für Mose und für uns. Er verharrte verhüllten Hauptes in Distanz. Das Altarfenster vermittelt uns aber noch einen Hinweis: Inmitten der drei weißen Dornbuschäste (Trinität) erscheint die Dornenkrone Christi. Sie ist goldgelb vor den Flammen dargestellt, wie ein Siegeszeichen. Das Fenster der rechten Altarseite steht unter dem Thema „Schafft Frieden in euren Toren!“‚ (Sacharja A.T.).

Die pfingstlichen Flammen des Heiligen Geistes durchdringen vier Gittertore und erhellen im unteren Bereich des Glasbildes eine dunkle Zone, die von Stacheldraht durchzogen ist. Das biblische Thema erlaubt es, auch des Schicksals von Paul Schneider zu gedenken, dessen Namen ja das Gemeindezentrum trägt. Allerdings sagt dieses Zeichen, dass ohne Wirken des Heiligen Geistes die Forderung des Propheten Sacharja nicht erfüllbar ist. Wenden wir uns nun dem großen Fenster auf der linken Seite des Oktogons zu. Das Zeichen des Gottesbundes, der Regenbogen, ist als beherrschende Aussage und in Verbindung zum Namen der Versöhnungskirche zu verstehen. Der Regenbogen spannt sich über die ganze Fensterfläche und verbindet dadurch auch die Raumelemente. Zentral ist eine quadratische Zone (Quadrat = Christuszeichen) angelegt, über die hinaus der Weinstock (Christuszeichen) mit seinen drei Wurzeln (Trinität) und mit zwei kräftigen Ästen (Kreuz) greift. Die Traube mit den 12 Beeren (12 Stämme) erinnert an die große Traube aus dem gelobten Land im Alten Testament, weist aber zugleich auf den Opfertod Christi (Heiliges Abendmahl). Aus dem von einer goldgelben Zone umrahmten 33


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weißen Quadrat entspringen die vier Weltflüsse. Der Weinstock steht über der Quelle dieser Flüsse, von ihm geht alles aus. Umgeben ist diese Zone von unterschiedlich großen Steinen, kostbaren Steinen, die das Bild des Paradieses eingrenzen und doch dessen Ausstrahlung und den Zugang ermöglichen. Dieses Sinnzeichen ist also nicht allein rückschauend ein Erinnern des Verlustes, da die Menschheit den Gottesbund nicht zu halten vermochte, sondern zugleich das Zeichen des zukünftigen Paradieses, des Himmlischen Jeru34

salems, das neu aus dem Himmel herabschwebt, prächtig geschmückt. Auch die dunklere Zone am unteren Bildrand wird bereits sichtbar von dem Licht erfasst. Auf der rechten Seite des Oktogons steht uns in dem vierten Glasbild eine weitere gute Nachricht (Evangelium) gegenüber, die sich auf die Offenbarungen des Apostel Johannes beziehen. Beherrschend auf der Bildfläche ist die relativ kleine Form des siegreichen Lammes (Christus). Es trägt


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die Siegesfahne, schreitet in die Richtung unseres Altars und blickt zur Gemeinde zurück. Sein Nimbus (Heiligenschein) leuchtet goldgelb wie eine Sonne (Christus ist die Gnadensonne). Das Lamm befindet sich vor der vielgestaltigen Form eines Edelsteines. Wieder ist das Himmlische Jerusalem gemeint, umgeben von zwölf Edelsteinen (Türmen, Toren), die hier unregelmäßig angeordnet einen Vorgang, nicht eine statische Situation aussagen. Sieben große Flammen (siebenarmiger Leuchter) umgeben die paradiesische Zone.

Über die ganze Fensterfläche hinweg sind in zartblauen Farben Engelsflügel angedeutet. Gemeint ist das himmlische Heer der Engel, das im ewigen Lobpreis den Thron des Lammes umkreist. Durchdrungen werden die Engelsflügel von vielen Strahlen, die von dem Lamm ausgehen. Rechts unten wird eine dunkle Zone (Erde) von solchen Strahlen aufgespalten. Zerrissene, feurige Flügel deuten dort den Absturz und die Vernichtung Satans an. Die changierende, feurig-rote Fläche unterhalb der Paradieszone (Lamm) ist als das vernichtende Feuer 35


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der Endzeit, aber auch als das verströmende Opferblut Christ zu deuten. In eben diesen Gedankenkreis gehört auch der Hinweis auf das Passahfest der Israeliten im Alten Testament vor dem Auszug aus ägyptischer Gefangenschaft. Somit ist zwischen den Themen der vier Glasbilder ein Zusammenhang zu erkennen, der jedoch nicht in geschichtlicher Folge ablesbar ist. Die Durchdringung der Betrachtungen ist gewiss nicht eine Verunklärung einzelner biblischer Ereignisse. Dagegen soll diese Durchdringung den Kirchenbesucher zum betrachtenden Nachlesen der biblischen Texte führen. Die bildnerischen Aussagen vermitteln nicht nur die von uns erfahrene Wirklichkeit, sie sind Hinweise auf die kommende Wirklichkeit aus der Schau des Alten und des Neuen Testaments.

Schließlich steht in fernerer Zukunft der Wunsch nach einem schönen siebenarmigen Leuchter aus Bronze, der neben dem Taufstein auch als Osterleuchter dienen soll. Auch für den Leuchter besteht bereits eine gestalterische Vorstellung, die sich auf die traditionelle Form aus dem Alten Testament bezieht. Gewissermaßen als Anhang wäre da noch eine Idee, welche allerdings nur ganz vorsichtig geäußert werden kann. Die für den Kirchsaal des Paul-Schneider-Hauses passend gewesene Orgel ist nun an ihrem neuen Platz wegen ihrer Form und wegen ihrer Farbe ein Fremdkörper. Ob es wohl später einmal eine gute Lösung geben wird? Nun aber gilt es Dank zu sagen:

Diese Bilder sind nur Zeichen, sie sind Hilfsprediger.

– der aufgeschlossenen, opferbereiten gemeinde und ihrem Pfarrer,

Für die Gemeinde der Versöhnungskirche bleiben noch drei Wünsche offen, die vielleicht nach und nach zu verwirklichen sind:

– dem Architekten für ein gutes Werk, das eine wirkliche und schöne Kirche geworden ist,

Ein Taufstein, für den bereits ein Entwurf vorliegt. In ihn soll die bereits vorhandene Taufschale eingefügt werden können. Das Material des Taufsteins sollte das des Grundsteins und des Altars sein (Obernkirchner Sandstein). Eine kleine Kanzel, ein gestaltetes Lesepult. Das vorgesehene Material Bronze soll dem Altarkreuz und den Altarleuchtern entsprechen. Der vor dem provisorischen Lesepult angebrachte Entwurf stellt drei Fische (Heilige Dreieinigkeit) auf einem Netz dar (Christi Auftrag an Petrus als den Menschenfischer). 36

Kirchen-

– allen, die mitarbeiteten und sich auf dem Dach oder Keller, außen oder innen für die Versöhnungskirche einsetzten. Die Mitarbeiter, Gestalter, Werkstätten und Lieferfirmen wurden in dem Einladungstext zur Kirchweihfestwoche von Herrn Pastor Tirpitz genannt. Doch sei erinnert an die Aussage des rechten Altarfensters. Dort und wohl allgemein gilt: Ohne das Wirken des Heiligen Geistes zu einem von ihm bestimmten Zeitpunkt wäre trotz langer Vorgeschichte das Werk nicht vollendet worden. Hans-Helmuth von Rath


Ausstattung und Einrichtung

Die neue Orgel Auf die Dauer musste für die kleine Orgel aus dem Paul-Schneider-Haus eine größere her. Eine Orgelpfeife samt Spendenkasten hing seit Herbst 1986 an der hinteren Kirchenwand. Langsam kam das Geld zusammen. Am Kirchweihsonntag 1999 konnte die neue Orgel eingeweiht werden.

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Bildimpressionen

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Bildimpressionen

Die Mitglieder des Kirchenvorstands: Siegmund Rötter, Wilfried Merck, Markus Möller, Heinrich Schinkel, Heidemarie Meyer-Oven, Burkhard Koschitzki, Manfred Neuman, Pfarrer Holger Tielbürger (v. links). Nicht im Bild Claudia Kolberg.

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