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Jean Sibelius (1865 1957
Jean Sibelius – Humoresken für Violine und Orchester
In seinen Teenager-Jahren hatte Jean Sibe lius nur einen Wunsch: ein berühmter Geigenvirtuose zu werden. Doch da gab es Hindernisse. Besonders negativ ins Gewicht fiel der Umstand, dass er seinen ers ten Geigenunterricht erst mit 15 Jahren bekam. Reichlich spät also – bereits zu spät? Zudem litt er an schrecklichem Lampenfieber – keine gute Voraussetzung für eine Virtuosenkarriere. Dennoch übte er unentwegt auf sein Ziel hin, und in späteren Jahren erinnerte er sich gerne an diese Zeit zurück, in der er mit seiner Violine am Ufer des finnischen Vanajavesi-Sees gestanden und vor der Natur als einzigem Publikum improvisiert hatte.
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Mit 25 Jahren wagte er schliesslich den entscheidenden Sprung und meldete sich bei den Wiener Philharmonikern zum Probespiel an, als dort eine Vakanz offenstand. Die Philharmoniker lehnten ihn erwartungsgemäss ab: Er sei zu nervös, um ein guter Orchestermusiker zu werden. Aus war es mit dem Traum vom grossen Violinvirtuosen – zum Glück, möchte man sagen: Denn Sibelius entschied, sich fortan ganz aufs Komponieren zu konzentrieren. Die Geige blieb trotzdem sein Lieblingsinstrument, und für dieses komponierte er in den Jahren 1903 bis 1905 eines der bedeutends ten Violinkonzerte der romantischen Literatur. Kein Meistergeiger, der es heute nicht im Repertoire hätte. Dabei blieb es leider –oder doch nicht ganz? Zwar liess Sibelius seinem genialen Violinkonzert kein weiteres folgen, komponierte aber andere liebens werte Werke für Violine und Orchester – so in den Jahren 1916/17 sechs Humoresken op. 87 und op. 89. Sie wurden am 24. November 1919 zusammen mit der end gültigen Fassung der Sinfonie Nr. 5 uraufgeführt.
Trotz unterschiedlicher Opuszahlen gehören die Werke zusammen, und Sibelius wollte sie als Serie aufgeführt wissen. Obwohl es sich im Einzelnen um kleinformatige Kompositionen handelt, meinte Sibelius, es sei Musik «von grossem Format». Man muss dazu wissen, dass Sibelius während des Ers ten Weltkriegs fast ausschliesslich kurze Werke komponierte, um in dieser wirtschaft lich arg gebeutelten Zeit überhaupt etwas verdienen zu können. Die Humoresken erweisen sich als sehr abwechslungsreiche Werke von ausdrucksstarkem Charakter; ursprünglich hatte Sibelius erwogen, den Zyklus «Lyrische Tänze» zu nennen. Nr. 1 erinnert mit ihrem ausgeprägten tänzerischen Grundduktus an eine Mazurka. Die Humoreske Nr. 2 setzt auf das Gegen über von begleitenden Orchesterfiguren, die wie ein Perpetuum mobile klingen, und den Virtuosenfiguren der Sologeige, die ein bisschen an den grossen Paganini erinnern. Die Humoreske Nr. 3 ähnelt einer Gavotte, und die Nr. 4 bildet im gesamten Zyklus eine Art von lyrischer Ruhepause. In der Humoreske Nr. 5 darf die Sologeige ihr ganzes Potential an virtuosem Können ausspielen – sozusagen ein geigerischer Flirt mit dem Publikum. Die Nr. 6 führt den ganzen Humoresken-Zyklus schliesslich zu einem sehr beseelten Ende. Alles in allem sind diese Humoresken eine wertvolle Alternative zum sehr häufig gespielten Violinkonzert von Sibelius.
Obwohl es sich bei den Humoresken um kleinformatige Kompositionen handelt, meinte Sibelius, es sei Musik «von grossem Format». Man muss dazu wissen, dass er während des Ersten Weltkriegs fast ausschliesslich kurze Werke komponierte, um in dieser wirtschaftlich arg gebeutelten Zeit überhaupt etwas verdienen zu können.
Jean Sibelius, in den 1940er-Jahren