L Göttinnen des Pop Box ← Jeder kennt sie oder kann mindestens einen ihrer Songs mitsingen: Beyoncé Knowles, Whitney Houston, Aretha Franklin, Nina Simone, Miriam Makeba, Mahalia Jackson und Billie Holiday. Sie alle besingen in ihren Liedern den Wunsch nach Selbstermächtigung und persönlicher Freiheit: Billie Holiday singt von ihrer Suche nach Freiheit von den Gewalterlebnissen ihrer Kindheit, Miriam Makeba von ihrem Kampf gegen die Apartheid oder Whitney Houston davon, sie selbst sein zu dürfen. GÖTTINNEN DES POP Auf den Spuren von Beyoncé, Nina Simone, Aretha Franklin und anderen Stimmen Uraufführung: 18. Januar 2018 Herzlichen Dank an unsere Impulsgeberin Amina Abdulkadir Kooperation mit der Hochschule Luzern – Musik WIR DANKEN DER LANDIS & GYR STIFTUNG SOWIE DER EDWIN FISCHER STIFTUNG FÜR DIE UNTERSTÜTZUNG DIESER STÜCKENTWICKLUNG
INSZENIERUNG Julia Wissert MUSIKALISCHE LEITUNG Muriel Zemp BÜHNE UND KOSTÜME För Künkel VIDEOGESTALTUNG Philipp Thalmann DRAMATURGIE Hannes Oppermann LICHT, TON, TECHNISCHE EINRICHTUNG David Clormann, Stanley Hügi REGIEASSISTENZ UND ABENDSPIELLEITUNG Melanie Durrer KOSTÜMASSISTENZ Medea Karnowski REGIEHOSPITANZ Madleina Cavelti PRODUKTIONSHOSPITANZ Irina Biadici Die Ausstattung wurde in den Ateliers und Werkstätten des Luzerner Theaters angefertigt.
T Regisseurin Julia Wissert arbeitet mit «Göttinnen des Pop» zum ersten Mal am Luzerner Theater und taucht ab in die Biografien dieser Sängerinnen. In sieben Kapiteln entsteht aus Liedern, Bildern, Geschichten und Stimmen ein szenisches Konzert und eine Hommage an besondere Kämpferinnen für Gleichberechtigung, Freiheit, Liebe und eine gerechtere Welt. Julia Wissert wurde 1984 in Freiburg i. Br. geboren und studierte Theaterregie am Mozarteum in Salzburg. Sie erhielt 2014 den Kurt-Hübner-Regiepreis. MIT Sofia Elena Borsani Anna Rebecca Sehls Alina Vimbai Strähler SCHLAGZEUG Dennis Blassnig E-PIANO Adina Friis KONTRABASS Jonas Künzli
IMPRESSUM Herausgeber: Luzerner Theater Theaterstrasse 2, 6003 Luzern luzernertheater.ch Spielzeit 17 / 18 Intendant: Benedikt von Peter Verwaltungsdirektor: Adrian Balmer Leitende Dramaturgin Schauspiel ad interim: Julia Reichert Redaktion: Hannes Oppermann Gestaltung: Studio Feixen Druck: Engelberger Druck AG Diese Drucksache ist nachhaltig und klimaneutral produziert nach den Richtlinien von FSC und Climate-Partner.
«Die Freiheit, so leben zu können, wie man leben möchte.» Regisseurin Julia Wissert im Gespräch mit Hannes Oppermann Hannes Oppermann —
Julia, was erleben Zuschauende an diesem Abend?
Julia Wissert — Wir laden zu einem inszenierten Konzert ein, bei dem drei Schauspielerinnen auf die Spuren von sieben grossen Sängerinnen gehen und Geschichten aus dem Leben dieser Frauen erzählen. HO — Wie kamst du auf den Gedanken, einen Abend mit dem Titel «Göttinnen des Pop» zu machen?
JW — Es begann mit Beyoncé. Mir ist aufgefallen, dass sie mittlerweile die globale Popkultur zu dominieren scheint. Sie wird in Serien zitiert, in Filmen, und es werden Theaterstücke über sie gemacht. Wir sprechen über sie als Vorbild, als Mutter, als Aktivistin und Künstlerin. Eine Frau, die alles verkörpert und alles schafft. Aber ist es so einfach, wie es aussieht? Dann sah ich ihren Auftritt beim Super Bowl 2016 mit vierzig Tänzerinnen in Kostümen, die eine «sexy» Version der Black Panther Uniformen waren. (Die Black Panther waren eine afroamerikanische Widerstandsbewegung, die in den 1960er Jahren für die Gleichberechtigung Schwarzer Menschen kämpfte. Anm. HO) Wie kann man heute diese
Uniformen, die ein Symbol für den Kampf um Gleichberechtigung sind, als poppige Kostüme verwenden? Und zeitgleich sind noch Black PantherAktivistinnen im Exil oder Gefängnis? Wie gehen Vergangenheit und Gegenwart zusammen im «Mythos» Beyoncé? HO — Aber Beyoncé fordert bei diesem Auftritt einen neuen Kampf für Freiheit. Die Uniformen zitieren eine bestimmte politische Bewegung. Was ist daran problematisch?
JW — Welchen Kampf kämpft sie denn? Welche Freiheit sucht sie mit ihrer Musik? Benutzt Beyoncé nicht die Black Panther, um an ihrem eigenen Mythos zu arbeiten? Das führte mich zu der Frage, welche Musikerinnen vor Beyoncé kamen, und was der Kampf um Freiheit für sie bedeutet?
HO — Du hast sieben Sängerinnen ausgewählt. Beyoncé, Nina Simone, Billie Holiday, Aretha Franklin, Miriam Makeba, Mahalia Jackson, Whitney Houston.
JW — Es gibt noch unzählige mehr, aber wir haben einen Fokus auf Sängerinnen im USamerikanischen Kontext gelegt. Sie beziehen sich aufeinander, oder kannten sich auch persönlich. Bei ihnen allen findet man die Sehnsucht
nach einer bestimmten Freiheit. Die Freiheit, so leben zu können, wie man leben möchte. Das Private ist das Politische. HO — Freiheit ist ein
weites Feld. Welche Rolle spielt dabei Popmusik à la Beyoncé?
JW — Sie verbindet. Beyoncé ist deswegen spannend, weil doch eigentlich jeder sie mag. Wenn wir uns auf eine Musikerin einigen können, dann auf sie. Egal wie alt wir sind und welche Hautfarbe wir haben. Vielleicht ist das das Politische an ihr. HO — Was unterschei-
det sie denn beispielsweise von Nina Simone oder Miriam Makeba?
JW — Für Nina Simone z.B. geht es ab einem bestimmten Punkt in ihrem ganzen künstlerischen Schaffen darum, die Schmerzen und die Ungerechtigkeit auszuhalten, zu durchleben und zu verarbeiten, indem sie singt. Mit ihrem Einsatz für die Gleichberechtigung Schwarzer Personen hat sie ihre Karriere aufs Spiel gesetzt, weil die Plattenfirmen sie boykottierten. Bei Miriam Makeba war ihr Kampf gegen die Apartheid mit Repressionen der südafrikanischen Behörden verbunden, und ihre Karriere war nur im Exil möglich. Für diese Sängerinnen stand ihr politisches Engagement im Vordergrund. Ihnen ging es nicht um das
Verkaufen von Platten. Sie standen für ihre Überzeugungen ein, und dadurch wuchs ihr Kampf über sie hinaus. Bei Beyoncé kann ich das so nicht feststellen. HO — Glaubst du, dass wir als Konsumenten dieser Musik aufgefordert sind, selbst auch aktiv zu werden? Oder enthebt uns der Konsum von einem eigenen Engagement, weil die Sängerinnen stellvertretend für uns schon die Stimme erhoben haben?
JW — Ich glaube, dass sich durch Musik eine Energie überträgt. So wird sie zur Möglichkeit für dreieinhalb Minuten auszuleben, was ich sonst nicht ausleben kann und mitzuhandeln. Deswegen ist es interessant für uns, das Thema Freiheit nicht anhand von Philosophie zu diskutieren, sondern anhand von Musik. Musik ist wichtig gewesen für alle grossen Kämpfe oder Revolutionen, weil sie verbindet. Politisches Engagement ist nichts Seichtes, es tut weh, weil man ständig «Nein» sagen muss, weil Veränderungen unangenehm sind, weil die «Norm(alität)» zur Debatte steht. Durch Musik überträgt sich Energie auf Menschen und daraus können Gemeinschaft und Handlungsimpulse entstehen.