Einst & Jetzt: Universität Potsdam

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EINST uNd JETZT u N I v E r S I T채T p o T S d a m

CULT URCON medien



Frank Mangelsdorf (Hg.)

EINST uND JETZT uNIvErSITäT poTSDam

Text: Matthias Zimmermann Übersetzung: Juliane Voigt


Fotos: Karla Fritze: 13, 15, 17, 19, 21, 27, 29, 31, 35, 37, 39, 41, 63, 71, 73, 75, 77, 79, 81, 83, 87, 91, 93, 95; Dirk Laubner: 11, 45, 69; Thomas Roese: 25, 43, 47, 49, 51, 53, 55, 57, 59, 61, 65, 67, 85, 89; Matthias Zimmermann: 21, 33 Historische Aufnahmen: Karla Fritze: 10, 24, 44, 68, 76, 80, 84; Christoph Hauschildt: 72, 74; alle anderen: Fotoarchiv der Universität Potsdam

ISBN 978-3-941092-73-0 Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar. CULTURCON medien Bernd Oeljeschläger Choriner Straße 1, 10119 Berlin Telefon 030 / 34398440, Telefax 030 / 34398442 Ottostraße 5, 27793 Wildeshausen Telefon 04431 / 9559878, Telefax 04431 / 9559879 www.culturcon.de Redaktion: Matthias Zimmermann, Karla Fritze (Universität Potsdam) Gestaltung: Kathrin Strahl, Berlin Druck: Silber Druck OHG, Niestetal Berlin / Wildeshausen 2011 Alle Rechte vorbehalten.

Für ihre Unterstützung danken wir:


INHALT

Grußwort von Prof. Dr.-Ing. Sabine Kunst Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg Vorwort von Dr. Thomas Grünewald Geschäftsführender Präsident, Universität Potsdam Einleitung von Prof. Dr. Manfred Görtemaker Professor für Neuere Geschichte, Universität Potsdam

44_ Campus Golm 46 _ Alles neu 48 _ Den Gedanken nach 50_ Weltnah 52_ Hightech auf der grünen Wiese 54_ Der schwarze Diamant 56_ Gut gereist 58_ Partner Spitzenforschung 60_ Praktisch gelernt

10 _ Campus Am Neuen Palais

62_ Im Dialog

12 _ Die Säulen des Königs

64_ Auf drei Gleisen fahren

14 _ Das Hohe Haus

66_ Auf die richtige Technik kommt es an

16 _ Unterm Hallendach

68_ Campus Griebnitzsee

18 _ Gemeinsam

70_ Filmreif

20_ Geschichte ist in jedem Stein

72_ Verbotene Zone

22_ Eine Bibliothek im Kutschenhof

74_ Grenzbewohner

24_ Sport im Obergeschoss

76_ Zwischen Alt und Neu

26_ Sportmedizin im Schwimmbecken

78_ Durchstarter

28_ Mensaglanz

80_ Bücherregal statt Verbandszeug

30_ Kein Treppenwitz

82_ Lernen macht schlau

32_ Vom Hof- zum Wissenschaftsgarten

84_ Knallig vorgelesen

34_ Narzissen und Kakteen

86_ Vielstimmig

36_ Im Keller

88_ Kinderuni

38_ Campusgeflüster

90_ Bühnenreif

40_ Auf einen Kaffee im Pferdestall

92_ Küchenplanung

42_ Am Tau im Kittel und Pullunder

94_ Es war einmal…


vorworT

Als „Wiege“ der brandenburgisch-preußischen Industrie und als Stadt, in der seit mehr als 180 Jahren forstliche Lehre und Forschung stattfinden, ist Eberswalde heute ein leistungsfähiger und innovativer Standort für Wirtschaft, Wissenschaft und Kultur. Zu bedeutenden und zum Teil weltbekannten Aushängeschildern der Stadt zählen die Kirow-Ardelt-AG mit der Herstellung von Spezialkränen, die Hochschule für nachhaltige Entwicklung oder das 2007 im Passivhausstandard errichtete Landratsamt, das zudem eine der größten Sammlungen des in Eberswalde geborenen Künstlers Paul Wunderlich beherbergt. Bekannt ist Eberswalde auch für seinen Goldschatz, der sich als Nachbildung im Museum in der AdlerApotheke befindet sowie für den Zoo mit seinen rund 1 400 Tieren aus fünf Kontinenten. Ein Blick in die Geschichte zeigt, dass Eberswalde vermutlich im Jahr 1254 seine erste offizielle Erwähnung fand, die auf den Zusammenschluss von Ebersberg und Jacobsdorf an einer Furt der Fine bzw. Finow zurückgeht. Der 1605 fertiggestellte Finowkanal gilt heute als älteste künstliche Wasserstraße Deutschlands. Er war seit dem 17. Jahrhundert ein zentraler Dreh- und Angelpunkt für zahlreiche industrielle Ansiedlungen. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erlangte Eberswalde sowohl als Wirtschaftsstandort als auch als Badeund Luftkurort sowie als Waldstadt (wegen der

1830 gegründeten Forstakademie) zunehmende Berühmtheit. Nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelte sich Eberswalde sprunghaft zu einem bedeutenden Industrie-, Verkehrs- und Agrarzentrum. Die 1970 zusammengeschlossene Doppelgemeinde Eberswalde-Finow erreichte 1989 mit etwa 55 000 Menschen die höchste Einwohnerzahl ihrer Geschichte. 1993 erfolgte zudem die Eingemeindung der Dörfer Sommerfelde und Tornow sowie 2006 von Spechthausen in die heutige Kreisstadt Eberswalde. Seit 1990 avanciert die Stadt (dank eines leistungsfähigen Mittelstandes) zum vielseitigsten der 15 regionalen Wachstumskerne des Landes Brandenburg – und sorgt so letztlich auch für wirtschaftliche Stabilität in der Region. Entdecken Sie mit „Einst und Jetzt“ eine facettenreiche Stadt, die beeindruckende Veränderungen erfahren hat und sich überaus erfolgreich im anspruchsvollen Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne bewegt. Ramona Schönfelder Leiterin Museum in der Adler-Apotheke Eberswalde


grussworT

Als Ministerin und frühere Präsidentin der Universi- schaft befindet sich in einem Umbruchprozess. Wie wird die Wissenschaft der Zukunft aussehen, wie tät Potsdam ist es mir eine besondere Freude, der Universität zu ihrem 20-jährigen Bestehen zu gra- werden die Hochschulen in 20 oder 50 Jahren aussehen? Die Antworten auf diese Fragen sind auch für tulieren. Der zum runden Geburtstag entstandene Bildband lässt einige Etappen der Universitätsge- die Universität Potsdam von grundlegender Bedeuschichte Revue passieren. Die Bilder zeigen Verän- tung. Die Alma Mater hat dazu gute Ideen entwickelt. derungen vielfältiger Art und stellen Alt und Neu Sie nimmt die Interessen ihrer Studierenden ernst. auf interessante Weise gegenüber. 1991 gegründet, Die Forschungs- und Profilbereiche unterstreichen entwickelte die Universität Potsdam ein Profil, mit den Anspruch auf einen vorderen Platz in den Reihen der erfolgreichen Wissenschaftseinrichtungen. dem sie heute im Wettbewerb um die besten Köpfe Die Hochschule ist sich ihrer Verantwortung im in Forschung und Lehre erfolgreich besteht. Diese Konkurrenzfähigkeit ist unter zum Teil schwierigen Schnittpunkt von Wissenschaft und Gesellschaft bewusst. In ihrem Selbstverständnis als Motor für Rahmenbedingungen erarbeitet worden. Ohne die Kreativität, das Geschick und ein übergroßes En- Innovation und wirtschaftliche Entwicklung befingagement vieler wäre das nicht gelungen. Als Wis- det sie sich übrigens im Einklang mit Friedrich II. Die Wirtschaftsgebäude seines 1769 gebauten, letzten senschaftlerin und Ministerin begeistert mich die gelebte Interdisziplinarität in Lehre und Forschung. Schlosses im Park Sanssouci sind zum Wahrzeichen der 1991er Wissenschaftsneugründung avanciert. Der Sowohl das Miteinander der Fächer als auch die von der Universität Potsdam so früh offensiv betriebe- Preuße erkannte die Bedeutung von Wissenschaft. ne Einbindung der außeruniversitären Einrichtungen In seinen „Philosophischen Schriften“ stellt er fest: bergen ein beachtliches Potenzial. Dass es genutzt „In unseren Tagen ist es soweit gekommen, dass wird, beweist unter anderem die positive Bilanz ein- eine Regierung in Europa, die die Ermunterung der geworbener Forschungsfördermittel. Beleg dafür ist Wissenschaften im geringsten verabsäumte, binnen ebenso die unverändert hohe Nachfrage nach Studi- kurzem um ein Jahrhundert hinter ihren Nachbarn enplätzen. Die größte brandenburgische Hochschule zurückstehen würde.“ Wir sind gut beraten, das zu beherzigen. ist ein gefragter Partner im Wissenschaftsbetrieb Deutschlands und darüber hinaus. Ich bin sicher, die Hochschule wird der Maxime „Ge- Prof. Dr.-Ing. Dr. Sabine Kunst staltung statt Stillstand“ auch künftig treu bleiben. Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur Die deutsche Wissenschafts- und Hochschulland- des Landes Brandenburg


vorworT

Einen Ort an dieser Universität zu finden, der exemplarisch für alles steht, gerät faktisch zur unlösbaren Aufgabe. Drei Standorte, fünf Fakultäten, acht Profilbereiche, ein Exzellenzbereich, Institute, Departments, zentrale Einrichtungen, Kooperationspartner, 250 Professoren, 20 000 Studierende, 2 000 Mitarbeiter – aus dieser Vielfalt und Vielschichtigkeit speist sich das kreative Potenzial der Universität Potsdam. Sie wurde vor 20 Jahren, am 15. Juli 1991, mit viel Engagement und Hoffnung von Wissenschaftlern und Politikern aus der Taufe gehoben. So symbolisiert sie die Neustrukturierung der Wissenschaftslandschaft in den ostdeutschen Ländern. Ansehen und Attraktivität der Hochschule sind in diesen zwei Jahrzehnten gewachsen. Oft auf schwierigem Boden, vor allem auch was die finanzielle Ausstattung angeht. Der Prozess der deutschen Wiedervereinigung hatte gerade erst begonnen. Die Gründer der Universität standen in dieser Beziehung vor großen Herausforderungen. Doch von der Aufbruchsstimmung ist viel geblieben. Forscher kommen oft deshalb zu uns an die Universität Potsdam, weil man hier noch immer in relativ kurzer Zeit vieles erreichen kann. Die Potsdamer ist die größte Universität im Land Brandenburg. Ihr Profil hat sich in den letzten Jahren geschärft. Sie überzeugt insbesondere in den Kognitions-, Geo-und Biowissenschaften. Bewusst akzentuiert ist die Lehrerbildung. Forschende und Lehrende betonen ihre Verpflichtung zur forschungsbasierten Lehre. Die Studierenden wissen das zuneh-

mend zu schätzen. Zwischen Theorie und Praxis gibt es viele Verbindungen. Aus eigener Kraft gewinnt die Hochschule stetig an Internationalität. Das wissenschaftliche Renommee lässt sich mit einer wachsenden Zahl von Beispielen belegen: international anerkannte Forschungsbereiche, Wissenschaftspreise, eine erfolgreiche Drittmittelbilanz. Von diesem guten Prozess erzählen nicht nur die vielen Absolventen. Auch das bauliche Werden und Wachsen am Neuen Palais, in Golm und am Griebnitzsee zeichnet ein klares Bild von der positiven Entwicklung. Vor allem Letzteres soll mit diesem Bildband dokumentiert werden. Er ermöglicht Ausund Einsichten und setzt dabei Altes gegen Neues. Ich danke an dieser Stelle ausdrücklich all jenen, die uns bei der Publikation finanziell und organisatorisch unterstützt haben. All die sichtbaren und unsichtbaren Erfolge speisen sich aus der Begeisterungsfähigkeit der Träumer und Realisten, die an dieser Universität arbeiten, forschen, lehren und lernen. Das Ziel für die Zukunft haben sie klar formuliert: Die Universität Potsdam soll ihren Platz in der ersten Reihe der mittelgroßen Universitäten Deutschlands einnehmen. Mit „20“ steht einem die ganze Welt offen. Das gilt auch für eine Universität und erst recht für unsere. Dr. Thomas Grünewald Geschäftsführender Präsident, Universität Potsdam


eINLeITuNg

„Wenn es die Universität Potsdam nicht gäbe, man müsste sie erfinden“ Am 15. Juli 2011 besteht die Universität Potsdam 20 Jahre. Mit gegenwärtig rund 20 000 Studierenden und 2 000 Mitarbeitern ist sie aus der deutschen und internationalen Wissenschaftslandschaft nicht mehr wegzudenken. Sie bietet ein nahezu vollständiges Lehrangebot, das außer Medizin und Theologie alle großen Fächer umfasst, und ist durch zahlreiche An-Institute und Kooperationen mit außeruniversitären Forschungseinrichtungen fest in die Wissenschaftsstruktur Berlin-Brandenburgs eingebunden. Allein die Drittmitteleinwerbung – stets ein wichtiges Kriterium für Erfolg – stieg von 938 000 DM im Jahre 1991 auf etwa 43 Millionen Euro 2009. Dabei gehörte 1991 viel Mut dazu, nicht nur die Universität Potsdam, sondern praktisch zeitgleich noch zwei weitere Universitäten und fünf Fachhochschulen zu gründen. In einem Land mit geringer Bevölkerungsdichte und schmalem Budget sind Wissenschaftseinrichtungen, zumal in dieser Dichte, ein Luxus, den man sich nur leistet, wenn man sich davon etwas verspricht: bessere Bildung für künftige Generationen, wirtschaftliche Impulse für die Region, geistig-kulturelle Ausstrahlung, eine politisch-historische Neuorientierung. Auch die historische Landschaft, in die man die neue Universität pflanzte, war nicht unproblema-

tisch. So sehr die Schlösser, Parks und Seen den Besucher Potsdams in ihren Bann ziehen, so wenig lassen sich hier die Schattenseiten der deutschen Geschichte verdrängen. Die preußisch-deutsche Tradition und das Erbe der SED-Diktatur wirken als doppelte Bürde. Mit Preußen verbinden sich nicht nur Erinnerungen an Friedrich den Großen, Voltaire, Lenné und Schinkel, sondern auch Vorstellungen von Militarismus, Kadavergehorsam und der Idee eines autoritären Obrigkeitsstaates, die nicht zuletzt durch das Datum des 21. März 1933, den „Tag von Potsdam“, symbolisiert wird, an dem sich Hindenburg als Repräsentant des alten Preußen und Hitler als Kanzler des „neuen Deutschland“ vor der Potsdamer Garnisonkirche die Hand reichten. Die DDR-Vergangenheit spiegelt sich hier allein schon in den Vorgängereinrichtungen der Universität: der Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“ am Neuen Palais, einer zentralen Lehrerbildungsstätte der DDR; der Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft der DDR in Babelsberg, die bis 1971 den Namen „Walter Ulbricht“ trug und an der die DDR ihre Diplomaten ausbilden ließ; und der sogenannten „Juristischen Hochschule PotsdamEiche“ des Ministeriums für Staatssicherheit in Golm. Indem die Universität Potsdam diese Einrichtungen und viele ihrer Mitarbeiter integrierte, leistete sie ihren eigenen, nicht immer ganz einfachen Beitrag zur „Transformation“ nach der Wiedervereinigung. Denn die Universität übernahm nicht nur


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Gebäude und technische Ausstattung, sondern auch Milieus, die sich hier in Jahrzehnten gebildet hatten und die neuen Strukturen nun ebenfalls prägten. Formal ging die Universität Potsdam allerdings nur aus der Brandenburgischen Landeshochschule hervor, die seit 1948 am Neuen Palais bestanden hatte und 1951 in Pädagogische Hochschule umbenannt worden war. Nach dem Ende der DDR bemühte sie sich seit Oktober 1990 unter ihrer ursprünglichen Bezeichnung um einen Neubeginn. Der Wandel war mit weitreichenden Eingriffen in bestehende Strukturen und großen personellen Veränderungen verbunden, die sich für die Betroffenen oft als schmerzhaft erwiesen. In einer Denkschrift des Gründungssenats hieß es dazu: „Die Universität Potsdam ist eine Neugründung, aber sie ist keine Gründung auf der grünen Wiese. Ihr Standort, ihre Struktur und ihre Aufgaben sind durch eine Vielzahl von Rahmenbedingungen bestimmt worden. Einige dieser Rahmenbedingungen stellen Vorteile, ja ein Startkapital, für die Neugründung dar. Andere Rahmenbedingungen engen die Struktur der Universität und die Gestaltungsmöglichkeiten (…) ein.“ So verlief die Gründungsphase, die bis etwa 1994/95 andauerte, durchweg stürmisch. Fakultäten wurden eingerichtet, neues Personal eingestellt, Gebäude saniert, Studienordnungen erlassen. Wichtig war von Anfang an die enge Kooperation mit

An-Instituten, Zentren und außeruniversitären Einrichtungen. Komplementäre Forschungspotenziale innerhalb und außerhalb der Universität wurden dadurch gebündelt, die Wettbewerbsfähigkeit in Lehre und Forschung wurde gestärkt. Potsdam entwickelte sich binnen kurzer Zeit zu einem Anziehungspunkt für qualifizierte Forscher aus aller Welt. Die Stadt wurde ein attraktiver Wissenschaftsstandort, zu dem maßgeblich auch die Universität gehört. In der zweiten Phase ab Mitte der 1990er Jahre wurden die Rahmenbedingungen deutlich schlechter. Dazu trug vor allem die prekäre Haushaltslage des Landes bei, die einen weiteren Aufwuchs der Universität in dem vom Gründungssenat vorgeschlagenen Maße nicht mehr zuließ. So wurde etwa die Zahl der Professuren in der Struktur der Universität von ursprünglich 262 über 243 und 209 auf 190 reduziert, sodass jegliche Planungssicherheit verloren ging. Die Verknappung der Mittel zeigte sich nicht nur bei der Stellenentwicklung, sondern führte auch zu einer erheblichen Unterfinanzierung der Lehre und Forschung, der Hochschulbibliothek und der Datenverarbeitung. Mehrfach meldete sich daher die Universität 1996/97 mit öffentlichen Protesten zu Wort. Beispiele dafür waren die Demonstrationen im Dezember 1996 und April 1997 sowie ein „Vorlesungsfrühstück“ unter dem Motto „Bildung für das Kabinett“ vor der Staatskanzlei. Im Dezember 1997 schlossen sich die Studierenden


der Universität Potsdam den bundesweiten Protes- ckende Einführung von Bachelor- und Masterten gegen die Bildungspolitik an und traten in den studiengängen bedeutete die tiefgreifendste Streik. Rektorat und Dekane unterstützten das Veränderung der deutschen Universität seit der Vorgehen und erklärten sich mit den grundsätzli- Etablierung des Humboldtschen Modells im 19. Jahrchen Zielen der studentischen Protestmaßnahmen hundert. Potsdam konnte sich dem nicht entziehen, sondern musste innerhalb von zwei Jahrzehnsolidarisch. Verbesserungen in der finanziellen Ausstattung der ten nach den Turbulenzen der Gründungsphase Universität wurden dadurch allerdings zunächst und der Überwindung der Finanzkrise eine dritte kaum erreicht. Umso wichtiger wurden die Einwer- Herausforderung bewältigen. Erneut kam es zu bung von Drittmitteln und die Zusammenarbeit mit Demonstrationen der Studierenden und zu Streikprivaten Unternehmungen wie dem Hasso-Platt- maßnahmen. Allerdings waren alle Beteiligten um ner-Institut oder der Deutschen Stiftung für Inter- eine pragmatische Lösung bemüht, die sich inzwinationale Entwicklung, die den Studiengang „Public schen – nach einer „Reform der Reform“ – endlich Management“ finanzierte. 2002 wurden außerdem abzeichnet. eine Kosten- und Leistungsrechnung eingeführt Wer die vergangenen 20 Jahre miterlebt und gesehen hat, welche Qualitäten die Universität auch in und ein Controlling-System aufgebaut, um eine möglichst transparente und gerechte Vergabe der schwierigen Zeiten besitzt, dem dürfte indessen hinsichtlich der künftigen Entwicklung nicht bange Haushaltsmittel zu erreichen. Erst in der dritten Phase, die um 2004/05 begann, sein. So gilt der Satz, der am Anfang eines Beitrages zum 10-jährigen Jubiläum der Universitätsgrünließ sich eine Konsolidierung der universitären Strukturen in Forschung, Lehre und Verwaltung dung im Jahre 2001 zu lesen war, auch heute noch: beobachten. Die Universität Potsdam erschien „Wenn es die Universität Potsdam nicht gäbe, man nun zunehmend als eine gefestigte Instituti- müsste sie erfinden.“ on, deren Überleben nicht mehr grundsätzlich infrage stand. Andererseits begann mit dem Prof. Dr. Manfred Görtemaker sogenannten „Bologna-Prozess“ eine Reform, Professor für Neuere Geschichte, die nicht nur mit weitgehenden Auswirkungen Universität Potsdam auf die Organisation der Lehre, sondern auch mit neuen Anforderungen an die Studierenden und Lehrenden verbunden war. Die flächende-


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Luftaufnahme Campus Am Neuen Palais, 1993.

Am westlichen Ende des Parks Sanssouci, direkt hinter dem Neuen Palais, liegt der Campus Am Neuen Palais. Seine Gebäude gehören zu den historischsten der Potsdamer Wissenschaftslandschaft: Ein Großteil des Campus stammt aus der Zeit Friedrichs des Großen. Nach dem Zweiten Weltkrieg fand hier auch der wissenschaftliche Neuanfang statt: Die hier beheimatete, 1948 gegründete Brandenburgische Landeshochschule, die von 1951 bis 1990 Pädagogische Hochschule hieß, war die größte in Brandenburg. Heute logieren die Hochschulverwaltung sowie die Institute der Philosophischen Fakultät und der Mathematik sowie die Sportwissenschaft am historischen Ort.

At the western end of Sanssouci Park, right behind the New Palace, the campus Am Neuen Palais can be found. Its buildings are amongst the most historic of Potsdam’s scientific community: the majority of the campus’ buildings originate from the time of Frederick the Great. After World War II scientific comeback also began here: the “Brandenburgische Landeshochschule”, a state college founded in 1948, was the largest in Brandenburg. From 1951 to 1990 it was a teacher training college. Today the university’s administration, the Faculty of Arts, and the institutes of sports sciences and mathematics are located at this historic site.


cAmpus Am NeueN pALAIs

Luftaufnahme Campus Am Neuen Palais, 2010.


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Aus Alt wird Neu – und gewaltig: die Kolonnaden. Zwei Pavillons, von Obelisken bekrönt, 42 Skulpturen, insgesamt 122 Säulen und ein prachtvolles Mittelportal machen sie zum größten Natursteinbau im Park Sanssouci. Das Halbrund verbindet die beiden Communs, früher Gästehäuser und Wirtschaftsgebäude fürs Neue Palais, in denen die Universität Potsdam „residiert“, vor allem aber die Wiese im Zentrum des Campus mit der „Mopke“, einst Aufmarschplatz kaiserlicher Truppen, heute Schauplatz des musikalischen Höhepunkts der Potsdamer Schlössernacht.

Blick vom Neuen Palais auf die Kolonnaden, 1960er Jahre.

What once was old is turned into something new – and enormous: the colonnades. Two pavilions, crowned by obelisks, 42 sculptures, 122 columns and a magnificent gate make it the largest construction made of natural stone in Sanssouci Park. The semicircle connects the two Communs, former guest and staff buildings of the New Palace, in which the university ‘resides’. But it also connects the lawn in the centre of the campus with the “Mopke”, a former parade square of the Emperor‘s troops, today setting for the musical highlights of “Potsdamer Schlössernacht” – an annual cultural event in Sanssouci Park.


dIe säuLeN des köNIgs

In den Kolonnaden, 2008.


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Blick zum Auditorium maximum der Pädagogischen Hochschule „Karl Liebknecht“, 1970er Jahre.

Vom Neuen Palais kommend, geht man – heute wie früher – durch einen bezaubernden Kastanienhain auf jenes Gebäude zu, in dem das Auditorium maximum der Hochschule untergebracht ist. Einst stand vor dem Hauptportal eine Büste Karl Liebknechts, dessen Namen die Pädagogische Hochschule in Potsdam seit 1971 trug. Mit den großen Lettern am Haus verschwanden 1991, als die Universität Potsdam gegründet wurde, auch der Name und die Büste. Geblieben ist der Kastanienhain, der dem Vorplatz des Gebäudes, vor allem zur Blütezeit, den Charme eines Parks verleiht.

Coming from the New Palace one walks – today as back then – through a beautiful chestnut grove towards the building where the “auditorium maximum”, the main lecture hall of the university is located. A bust portraying Karl Liebknecht, who had lent his name to the teacher training college since 1971, used to stand right in front of the main portal. When the University of Potsdam was founded in 1991, the name disappeared and with it went the large lettering and the bust. What remains is the chestnut grove, which grants the forecourt the charm of a park, especially when the trees are in bloom.


dAs HoHe HAus

Blick zum Auditorium maximum der Universit채t Potsdam, 2011.


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