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LEISTBARES WOHNEN HAT PRIORITÄT
Wie sie es schaffen möchte, dass sich junge Menschen künftig noch ein Eigenheim leisten können, wie sie das Image der Lehre aufpolieren will und wie Ehrenamtliche besser abgesichert werden sollen, hat uns Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm im Interview erzählt.
Sie bezeichnet Klimaaktivisten als „Chaostruppe“, fordert einen „Dick Pic“-Paragrafen und legt sich, wenn es um generelle Pensionserhöhungen geht, auch mit den Vertretern der Pensionisten in den eigenen Reihen an – Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP) ist mittlerweile bekannt dafür, dass sie sich kein Blatt vor den Mund nimmt. Wir haben bei der 28-jährigen gebürtigen Mühlviertlerin nachgefragt, was 2023 auf ihrer Prioritätenliste steht und wollten auch wissen, was sie an Klimaklebern stört und wie der Stand der Dinge in Sachen Dickpics derzeit ist.
OBERÖSTERREICHERIN: Frau Plakolm, seit Dezember 2021 sind Sie Staatssekretärin für Jugend und Zivildienst. Wie gefällt Ihnen der Job?
Claudia Plakolm: Sehr gut. Mein Job ist extrem abwechslungsreich und bereitet mir viel Freude, vor allem bin ich gerne draußen bei den Menschen. Nur so bekommt man ein Gespür dafür, was sie wirklich bewegt.
Pandemie, Ukraine-Krieg, Teuerungen, die Zeiten sind gerade auch für junge Menschen sehr bewegend und nicht einfach. Es gibt viel zu tun. Was hat bei Ihnen 2023 Priorität?
Ganz oben auf meiner Agenda im Regierungsprogramm steht leistbares Wohnen für junge Menschen und Familien, ebenso wichtig ist mir, das Image und die Wertschätzung für die Lehre zu puschen und ein dritter wichtiger Punkt besteht darin, die Rahmenbedingungen für die fast vier Millionen Ehrenamtlichen in unserem Land zu verbessern.
Beginnen wir mit dem Thema Wohnen. Was muss passieren, damit sich junge Menschen auch künftig noch ein Eigenheim leisten können?
Zum einen muss die Eigenmittelquote für einen Wohnbaukredit von derzeit 20 Prozent wieder gesenkt werden. Eine Eigentumswohnung mit 70 Quadratmetern kostet im Schnitt 400.000 Euro, das heißt, man muss 80.000 Euro auf der Kante haben, um sich überhaupt einen Wohnbaukredit nehmen zu können – das ist sogar mit einem Fulltime-Job schwierig, das kann sich kein junger Mensch erspart haben. Zum anderen möchte ich gemeinsam mit Finanzminister Magnus Brunner die staatlichen Nebengebühren senken oder ganz abschaffen.
Um welche Nebengebühren handelt es sich da konkret und was kann man dadurch erreichen?
Wenn man die 3,5 Prozent Grunderwerbssteuer und 1,1 Prozent Eintragungsgebühr ins Grundbuch senken oder ganz abschaffen würde, könnte man sich mindestens 10.000 Euro sparen. Dazu müsste aber auch der Koalitionspartner (Die Grünen) ein Einsehen haben.
Wie geht es jungen Menschen, die studieren, am Anfang ihres Erwerbslebens stehen oder sich etwas Eigenes aufbauen möchten, mit den Teuerungen?
Gerade bei jungen Menschen schlägt die Teuerung enorm zu. Mit der Abschaffung der kalten Progression haben wir eine nachhaltige Maßnahme gefunden, um jene, die arbeiten, besser entlasten zu können, zumindest spürt man es jetzt. Außerdem haben wir die Studienbeihilfe um zwölf Prozent erhöht und der „DigiScheck“, mit dem Lehrlinge für zusätzliche Ausbildungen wie Sprachkurse oder digitale Zusatzausbildugen jährlich mit 500 Euro gefördert werden, wurde verlängert.
Die Lehre hat hierzulande nicht den besten Ruf. Sie machen sich dafür stark und wollen deren Image aufpolieren. Wie soll das gehen?
Die Lehre darf nicht mehr der Plan B sein, wenn es jemand zum Beispiel nicht ins Gymnasium schafft oder etwas in der Schule nicht funktioniert. Um das Image aufzupolieren, müssen wir aufzeigen, was unsere Lehrlinge draufhaben, und dass die Lehre eine der besten Möglichkeiten ist, eine ordentliche Berufsausbildung zu bekommen. Auch die duale Ausbildung, für die wir international beneidet werden, müssen wir im eigenen Land mehr schätzen lernen. Die besten Botschafterinnen und Botschafter haben wir erst vor wenigen Wochen bei den Berufs-Weltmeisterschaften, den WorldSkills, gekürt. Österreich hat sensationelle zwölf Medaillen gewonnen, bei der Ski-WM waren es nur acht. Das zeigt, dass wir eine Lehrlings-Nation sind. Die Lehrlinge von heute sind die Führungskräfte von morgen und die Arbeitgeber von übermorgen. Das muss auch bei den Eltern besser kommuniziert werden und in den Schulen muss ein größerer Fokus auf die Berufsorientierung gelegt werden.
Jeder zweite Mensch in Österreich über 14 Jahre organisiert sich ehrenamtlich. Das sind 14 Millionen Stunden pro Woche, die Menschen in ihrer Freizeit für das Allgemeinwohl leisten. Freiwilligenarbeit ist sehr viel wert und da gehört ein ordentlicher Versicherungsschutz dazu. Funktionäre und Mitglieder müssen rechtlich gut abgesichert sein, wenn etwas passiert.
Mittlerweile ist hinlänglich bekannt, dass Sie kein Fan von den Aktionen der Klimakleber sind. Diese bekommen aber dennoch eine große Plattform. Was stört Sie besonders an diesen Aktionen?
Gerade in einem Winter wie diesem muss man niemandem mehr erklären, welche Auswirkungen der Klimawandel hat. Junge Menschen haben es in den vergangenen Jahren geschafft, dass das Bewusstsein für Klimaschutz bei allen Generationen stark gestiegen ist. Aber die Kleberaktivisten ruinieren mit ihren respektlosen Aktionen das Engagement und die Ernsthaftigkeit dieses Themas mit dem Ergebnis, dass sich viele Menschen kopfschüttelnd abwenden.
Welche Rolle hat Österreich Ihrer Ansicht nach in Sachen Klimaschutz?
Auch die Verbesserung der Rahmenbedingungen für Ehrenamtliche steht ganz oben auf Ihrer Prioritätenliste. Was darf man diesbezüglich erwarten?
Als kleines Land machen wir 0,2 Prozent des weltweiten CO2-Abdrucks aus, die Europäische Union macht acht Prozent aus, China hingegen 30 Prozent. Wir in Österreich und auch in der EU können das Weltklima nicht retten. Wir sollten viel mehr auf Innovationen setzen und damit zum Vorbild für die Global Player werden. Wir sollten mit unseren Innovationen aufzeigen, dass man Wohlstand sichern kann, indem man auf Klimaschutz setzt. Wirtschaft, Industrie und Klimaschutz müssen Hand in Hand gehen.
Sie fordern auch, dass Dickpics – also ungefragt versendete Penisfotos – künftig unter Strafe gestellt werden. Wann wird es soweit sein?
46 Prozent aller Frauen zwischen 18 und 36 Jahren bekamen schon einmal ein Dickpic zugeschickt. Während das Zeigen von Genitalien im analogen Raum strafbar ist, hat man digital noch keine Handhabe. Das kann nicht sein, das Internet darf keine rechtsfreie Zone sein. Derzeit prüft das Justizministerium gerade meinen Vorschlag, da aber der politische Tenor nach meiner Forderung sehr einhellig ist, dürfte es nicht so lange dauern.
„Wie kann man sich freiwillig aussuchen, etwas zu studieren, das immer wegfliegt?“ – Diese Frage hat sich Prof. Dr. Sonia Kleindorfer gestellt, als sie am Beginn ihrer Forschungskarriere stand.