9 minute read
Dietmar Hehenberger
Text:
Nicole Madlmayr
Fotos:
Thom Trauner
MIT HERZ
UND HIRN
Dietmar Hehenberger ist Unternehmer, Gastronom und Hotelier aus Leidenschaft. Mit 58 Jahren will er es jetzt noch einmal wissen und baut in Freistadt ein Viersternehotel mit neuem Selfness-Konzept.
Ist es mutig oder vielmehr dumm, mit 58 Jahren ein neues Viersternehotel zu bauen? So formuliert es Dietmar Hehenberger selbst mit einem Augenzwinkern, als wir ihn zum Interview trefen, um dann lachend hinzuzufügen: „Ich will es einfach noch einmal wissen!“ Wir trefen ihn übrigens dort, wo seine Erfolgsgeschichte ihren Anfang genommen hat. Im Hotel Guglwald im Oberen Mühlviertel. Als er es gemeinsam mit seiner Frau Waltraud 1990 übernommen hat, war es ein Gasthaus. Hehenberger hat es im Lauf der Jahre zu dem gemacht, was es heute noch ist: ein äußerst erfolgreiches Wellnesshotel, das zahlreiche Stammgäste aus dem In- und Ausland schätzen. Zwar hat er das Hotel bereits 2013 an seine Tochter und deren Mann übergeben, doch sein Name bleibt auch weiterhin untrennbar damit verbunden. Was der umtriebige Unternehmer seitdem gemacht hat, was seinen Erfolg ausmacht und was es mit dem neuen Hotelprojekt auf sich hat, erzählt Dietmar Hehenberger im großen OBERÖSTERREICHER-Interview.
Sie haben das Gasthaus Ihrer Eltern übernommen und es sukzessive zu einem Hotel umgebaut. Das war Anfang der 90er-Jahre sehr mutig, nachdem das Obere Mühlviertel ja nicht gerade eine touristische Hochburg war …
Ich habe zu dieser Zeit drei Restaurants in Linz betrieben, die sehr erfolgreich waren. Und eigentlich hatte ich gar nicht vor, das Gasthaus meiner Eltern zu übernehmen. Allerdings ist es meinem Vater gesundheitlich nicht mehr so gut gegangen und er hat mich ein bisschen zwangsbeglückt. Er hat gemeint, dass wir mit diesem Gasthaus am Land auch so etwas wie eine Verpfichtung den Menschen in der Region gegenüber haben. Also habe ich meine Zelte in Linz abgebrochen und den Betrieb übernommen. Was ich allerdings mitgenommen habe, waren meine Kontakte zu vielen Unternehmern und Firmenchefs, die ich in meinen Restaurants kennengelernt habe. Diese Kontakte habe ich genützt, um aus dem klassischen Gasthaus einen Seminarbetrieb zu machen. Das hat super funktioniert. Nach zehn Jahren ist die Konkurrenz im Seminarbereich dann aber immer größer geworden, sodass ich wiederum beschlossen habe, aus unserem Haus ein Wellnesshotel zu machen. Seit 2004 haben wir keine Seminarräume mehr, sondern setzen ausschließlich auf Gesundheitsprävention, Wellness und Genuss. Dietmar Hehenberger hat das Hotel Guglwald gegründet und wird jetzt ein weiteres Hotel in Freistadt bauen.
Sie haben das Hotel Guglwald zu dem gemacht, was es heute ist. Wie schwer ist Ihnen der Schritt vor acht Jahren gefallen, den Betrieb an Ihre Tochter und Ihren Schwiegersohn zu übergeben?
Gar nicht schwer, weil ich auch damals schon sehr aktiv mit meiner Bauträgerfrma war – parallel zu meinem Job als Chef hier. Mir wäre das irgendwann einfach zu viel geworden. Astrid und Alex haben schon mitgearbeitet und ich habe gesehen, dass sie mich im operativen Geschäft gar nicht mehr brauchen. Also konnte ich mich zurückziehen und die Nabelschnur langsam kappen. Und wenn sie meine Unterstützung doch einmal benötigen, bin ich ja immer noch da.
Warum hat es Sie in die Immobilienbranche gezogen?
Wir haben im Hotel ständig erweitert, um- und ausgebaut. Jedes zweite Jahr hatten wir eine Großbaustelle und dabei habe ich viele Handwerker kennengelernt. Es hat mich interessiert und mit Claus Schöftner habe ich den perfekten Partner für mein Immobilienunternehmen gefunden. Es hat sich prächtig entwickelt, wir haben mittlerweile schon mehr als 700 Wohnungen, Reihen- und Doppelhäuser errichtet. Seit dem Frühling gehen wir jetzt allerdings getrennte Wege, weil ich mich ja entschieden habe, das Hotel in Freistadt zu bauen.
Wie sind Sie zu diesem Projekt gekommen?
Eigentlich wollte ich kein Hotel mehr bauen, allerdings hat mich ein befreundeter Unternehmer gefragt, ob ich mir eine Beteiligung als Investor vorstellen könnte. Also habe ich mir das Projekt näher angesehen und für mich war ganz schnell klar, dass es nicht meiner Vorstellung eines modernen Hotels entspricht. Es war lieb- und leblos, ohne Restaurant und Wellnessbereich. Das war für mich kein Hotel. Aber es hat mich grundsätzlich schon interessiert, darum habe ich ein völlig neues Konzept für das Hotel entwickelt und den Verantwortlichen präsentiert – und das ist es dann auch geworden. Es wird unter anderem elf Geschoße haben, mit einem Sky-Restaurant ganz oben und einem Wellnessbereich mit auskragendem Infnitypool in 32 Metern Höhe. Das wird sehr spektakulär! Wir werden auch die ehemalige Rinderversteigerungshalle miteinbinden. Und zwar in Form einer modernen Markthalle, die auch für Veranstaltungen genutzt werden kann.
Braucht Freistadt denn ein Hotel in dieser Dimension?
Ja, weil es im Moment fast keine Bettenkapazitäten und auch kein Wellnessangebot in der Stadt gibt. Es ist höchste Zeit, dass Freistadt endlich ein großes Hotel, das dem heutigen Standard entspricht, bekommt – zumal mit dem Ausbau der S10 diese Strecke jetzt die wichtigste Verbindung zwischen Wien und Ostdeutschland, wie etwa Dresden oder Leipzig, wird. Ich denke, dass davon auch Freistadt mit einem Plus an Nächtigungen proftieren kann. Außerdem planen wir ein völlig neues Konzept – weg von klassischem Wellness hin zu sogenanntem Selfness.
Was kann man sich unter Selfness vorstellen?
Zukunftsforscher Matthias Horx predigt schon seit einiger Zeit, dass das passive Wellnessen in Zukunft an Bedeutung verliert. Man müsse vielmehr einen Schritt weiterdenken – mit Konzepten, bei denen die Gäste selbst die Verantwortung für ihre Gesundheit übernehmen und aktiv etwas dafür tun. Zum Beispiel in Form von Yoga, Entspannungstechniken, Pilates, Waldluftbaden und Selfness-Coaching zu den Themen Stressbewältigung im Beruf, Beziehung, Familie, lösungsorientiertes Denken und Work-Life-Balance. Genau darauf werden wir in unserem Hotel den Fokus legen. Ich kann mir vorstellen, dass wir damit verstärkt Männer ansprechen, denen ein klassischer 5-Tage-Wellnessurlaub im Bademantel zu wenig ist. →
Meine größte Stärke ist der Glaube an mich selbst!
Gibt es schon ein Datum, wann es mit dem Hotelbau losgehen soll?
Unsere Pläne sind recht ambitioniert und ich gehe davon aus, dass Mitte Oktober Baubeginn ist. Die Fertigstellung ist für Ende Februar 2023 geplant, wenn alles gut läuft.
Sie haben das Coronajahr sozusagen genützt, um mit „Wood Fashion“ eine weitere Firma zu gründen. Wie ist es dazu gekommen?
Ich veranstalte jedes Jahr die „Mühlviertel Classic“, eine Oldtimer-Rallye. Dafür habe ich immer Einkäufe von Shirts, Hemden und Gilets getätigt. Und zufällig habe ich eine TV-Dokumentation über die Herstellung von Baumwolle in Fernost gesehen und war schockiert, dass man für ein Kilogramm Baumwolle insgesamt 12.000 Liter Wasser braucht. Ein Bauer hat unter Tränen erzählt, dass er deswegen seine Tiere nicht mehr tränken konnte, weil die Textilfrmen für die Baumwollherstellung das gesamte Grundwasser entziehen. Das hat mir so zugesetzt, dass ich zu recherchieren begonnen habe, welche Alternativen es zu Baumwolle gibt. Dabei bin ich auf Tencel gestoßen, ein Garn, das die Lenzing AG grundsätzlich schon lange herstellt. Allerdings hat es bis dahin kein Kleidungsstück gegeben, das zu 100 Prozent aus Tencel hergestellt worden ist. Das war mir aber sehr wichtig, denn wenn man ein Stück aus Tencel in der Erde vergräbt, ist es nach sechs Wochen vollständig verrottet. Das ist das Tolle daran!
Somit war vermutlich Ihr Ehrgeiz geweckt?
Ja, das war tatsächlich so! Ich wollte unbedingt, dass die Kleidung zu 100 Prozent ehrlich, umweltfreundlich und in Österreich hergestellt wird. Wir haben mehr als ein Jahr lang daran getüftelt und waren zwei Mal knapp daran, aufzugeben, weil wir es nicht geschaft haben, den Shirts eine Form zu geben. Tencel hängt nämlich am Körper wie ein Sack, weil es zu wenig stabil ist. Aber wir haben es doch noch realisieren können und eine Mixtur auf natürlicher Basis gefunden, die die nötige Stabilität für Oberbekleidung gibt. Seitdem bieten wir in unserem Webshop Shirts, Hemden, Polos und Gilets an (lächelt).
Unternehmer mit Weitblick: Dietmar Hehenberger weiß, dass Stillstand Rückschritt bedeutet – besonders in seiner Branche, der Hotellerie.
Und wie haben Sie das geschaft?
Das bleibt unser Geschäftsgeheimnis (lacht). Aber ich freue mich wirklich, dass wir ausschließlich in Österreich produzieren und somit die gesamte Wertschöpfung hier bleibt. Dafür arbeiten wir mit dem Faserhersteller Lenzing AG, dem Stofproduzenten Feinjersey in Vorarlberg und dem Modeproduzenten Löfer in Ried zusammen. Wir sind lediglich etwas eingeschränkt, was die Mengen betrift. Drei Mal war unser Webshop bereits komplett ausverkauft.
Haben Sie vor, das Sortiment in Zukunft zu erweitern?
Ja, ich möchte gern noch Trägertops für Damen und gemütliche Hosen anbieten. Allerdings bin ich immer in der Rolle des Bittstellers und davon abhängig, welche Möglichkeiten und Kapazitäten unsere Partner haben. Ich hätte zum Beispiel auch gern Jacken im Sortiment gehabt, aber diese müssten im Ausland produziert werden und das passt nicht zu unserem Konzept.
Viele Menschen sagen ja, dass ihnen der Schutz unserer Umwelt wichtig ist. Bei den meisten ist es aber nicht mehr als ein Lippenbekenntnis. Warum war Ihnen das zu wenig?
Meiner Familie und mir geht es wirklich sehr gut und ich möchte auf diese Weise ein bisschen etwas zurückgeben. Ich verstehe Umweltschutz und Nachhaltigkeit etwas weiter gefasst. Es geht nicht nur darum, wie man mit der Natur umgeht, sondern auch wie man seinen Mitmenschen begegnet. Darum spenden wir 50 Prozent des Reinerlöses an soziale und regionale Projekte und Initiativen, die sich dem Umweltschutz oder der Unterstützung von Mitmenschen verschrieben haben.
Alles, was Sie angreifen, ist mit Erfolg gekrönt. Wie viel Mut braucht man als Unternehmer?
Ich frage mich, ob es mutig oder dumm ist, mit 58 Jahren noch ein Hotel mit einer Investitionssumme von 19 Millionen Euro zu bauen (lacht). Aber ich bin ft und möchte es einfach noch einmal wissen! Außerdem habe ich drei Enkelsöhne, von denen ich mir gut vorstellen kann, dass der eine oder andere in Freistadt dann zuschlägt, wenn der Opa einmal abdankt. Das hat meine Entscheidung natürlich schon mitbeeinfusst. Und ich hofe natürlich sehr, dass auch dieses Projekt wieder ein Erfolg wird!
Was, würden Sie sagen, ist Ihre größte Stärke?
Der Glaube an mich selbst. Wenn ich von etwas überzeugt bin, dann stehe ich zu 100 Prozent dahinter. Ich kann gut rechnen, bin ein guter Kaufmann und habe somit immer ordentlich gewirtschaftet. Mir wird nachgesagt, dass ich Handschlagqualität habe – und das ist auch so. Außerdem waren meine Mitarbeiter immer wie Freunde für mich. Führen ist für mich existenziell. Zu erkennen, dass ich als Unternehmer auf ausgezeichnetes Personal angewiesen bin und es nicht umgekehrt ist, ist sehr wesentlich. Wer das nicht erkennt, hat ein Problem! Mitarbeiter sind keine Sklaven und müssen auch so behandelt werden – mit einer entsprechenden Bezahlung und Anerkennung für Geleistetes. Ehrlich gemeintes Lob, das von Herzen kommt, lässt sich durch nichts ersetzen. Ich habe meinen Mitarbeitern immer wieder mal mit der Hand Briefe geschrieben, um ihnen zu sagen, wie wichtig sie für mich und das Unternehmen sind.
Sie sind ein sehr umtriebiger Unternehmer. Wobei können Sie neue Kraft tanken?
Wenn mir ein Vorhaben aufgeht, gibt mir das immense Kraft. Kraft geben mir aber auch meine Familie und meine Enkelkinder. Wenn ich meine Enkel herumtollen sehe, geht mir das Herz auf. Wir haben nämlich eine wirklich intakte Familie. Ich bin seit meinem 16. Lebensjahr, also seit der Lehrzeit, mit meiner Frau zusammen, das ist etwas sehr Besonderes. Wir waren immer ein gutes Team – sowohl im Job als auch privat.
Gibt es etwas, das sie heute im Rückblick anders machen würden?
(überlegt lange) Nein, da gibt es nichts! Ich bin kein abgehobener Typ, sondern ein geradliniger Realist. Ich habe mich immer auf meinen Hausverstand verlassen und bin sehr gut damit gefahren. Ich hofe nur, dass es nicht das Projekt in Freistadt wird, das ich rückblickend anders machen würde … (lacht).