l a i z e Sp
Gian Brüngger
Das Rhätische I Krokodil Ge 6/6 Geschichte rund um das RhB-Krokodil. Unterhalt, Betriebseinsatz und Bedienungsanleitung. Viele bisher unveröffentlichte Bilder.
CHF 29.90, Euro 19.–
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Foto: Tibert Keller
Editorial
Heute so nicht mehr möglich: Gestellte Parade der Loks 412, 408, 406, und 403 vor dem Depot Landquart am 31. Mai 1984.
Allegra ! – Herzlich willkommen ! Schon als kleiner Bub stand ich viel am Bahnhof Samedan und verfolgte gespannt die ein- und ausfahrenden Züge sowie die vielen Rangierbewegungen. Nebst den modernen Ge 4/4-Lokomotiven 601 – 604, die, wie der kleine Gian damals, fünfjährig waren, bestaunte ich vor allem die dem kleinen Knaben mächtig erscheinenden C’C’-Lokomotiven. Mit fünfzehn Maschinen war sie die grösste RhB-Lokomotivserie und somit allgegenwärtig. Zu Beginn genügten die vier modernen Ge 4/4 nicht, um den Bedarf für alle Albulaschnellzüge Chur – St. Moritz – Chur abzudecken, so dass immer noch C’C’-Loks Schnellzüge beförderten. Selbst nach der Ablieferung der zweiten Serie Ge 4/4 waren sie immer noch nicht aus dem Schnellzugsverkehr wegzudenken. So erinnere ich mich noch gut, wie der Schnellzug 84 St. Moritz ab 7.56 und Chur an 10.30 Uhr umlaufbedingt noch bis zur Ablieferung der Ge 6/6 II 703 – 707 eine C’C’ hatte. In Samedan hatte der Zug von 8.06 bis 8.14 Uhr Aufenthalt und selbst die direkten Wagen vom Glacier Express fuhren mit diesem Zug, was natürlich den Übernamen dieses Zuges (langsamster Schnellzug der Welt) nur bestätigte. Bis zum Fahrplanwechsel im Mai 1965 betrug die Höchstgeschwindigkeit für alle Züge nur 65 km/h, da waren die 55 km/h der C’C’ kein wesentliches Hindernis. Auch war der Güterverkehr in jenen Jahren stark angestiegen und so musste mangels Triebfahrzeugen den nicht ausgelasteten Personen- und Schnellzügen bis zur Lastgrenze Güterwagen mitgegeben werden. Dies hatte dann zur Folge, dass selbst wenn eine moderne Ge 4/4 den Zug zog, dieser der Güterwagen wegen nur mit 55 km/h fahren durfte. Obwohl alle C’C’-Lokomotiven in Landquart stationiert waren, übernachteten viele in anderen Depots. Im Sommer 1962 beispielsweise waren 13 der 15 Lokomotiven fest Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
eingeteilt. Nur drei verbrachten die Nacht im Depot Landquart, ebenso viele nächtigten im Depot Chur, je zwei in Samedan und Davos und je eine in Filisur, Scuol-Tarasp und Thusis. Von wegen Ausruhen: Gewisse Umläufe schafften es bis auf 400 km pro Tag. Gut erinnere ich mich noch daran, als jeweils der Stückgüterzug von Chur um 16.47 Uhr in Samedan eintraf. Nachdem die für Samedan, Pontresina – Bernina und Unterengadin bestimmten Wagen abgehängt und die Stückgüter für Samedan in den Güterschuppen verstaut waren, zog der Zug vor. Ein Depotangestellter kam mit einer Ölkanne und füllte die Stangen- und Achslager auf. Die Gleise waren dort, wo die C’C’ immer standen, voll mit hart getränktem Öl. Bis zu ihrer Ausrangierung – drei sind immer noch im Einsatz – bin ich immer wieder diesen Lokomotiven begegnet. Sei es, dass ich ihnen nach der Schule im Depot Samedan einen Besuch abstattete oder später als Stationsbeamter Züge mit der Ge 6/6 I abgefertigt habe. Während meiner kurzen Zeit als interimistischer Einteiler im Depot Samedan hatte ich ihnen im Lokturnus Aufgaben zuzuweisen. Später wechselte ich in den Verwaltungsdienst nach Chur. So kann ich noch heute mit den drei verbliebenen Maschinen als Reiseleiter im «Alpine Classic Glacier Express» oder im «Nostalgie Glacier Express» im Zug mitfahren. Ich wünsche Ihnen bei diesem Abstecher in ein halbes Jahrhundert Bündner Eisenbahngeschichte viel Spass. Wer weiss, vielleicht werden auch Sie die Lokomotive nach der Lektüre ein wenig lieb bekommen … Chur, im August 2007
Gian Brüngger
Inhalt
Nach Samedan fahrender G端terzug 5272 am 20. Februar 1993 auf dem Lumes-Viadukt vor der Haltestelle Ftan.
LOKI-Spezial Nr. 28
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I Graubünden – Grischun – Grigioni Aus der Geschichte Graubündens und der Rhätischen Bahn
6
Einzigartige Lokomotive Geschichte, technische Daten, Beschreibung des elektrischen und mechanischen Teils, Einsätze, Ausrangierungen und Verblieb
10
Eindrückliche Leistungsbilanz Auflistung der jährlichen Kilometerleistungen aller C’C’-Lokomotiven von 1921 bis 2006
46
Mädchen für alles Bilddokumente vom vielseitigen Einsatz der Ge 6/6 im Sommer und Winter
50
Foto: Tibert Keller; Titelbild: Gian Brüngger; Letzte Seite: BBC / Sammlung Gian Brüngger
BBC-Fotofahrten 58 Die Ablieferungen und Probefahrten waren auch Fotofahrten zu Werbezwecken, denn BBC und SLM wollten den Lokomotivtyp auch ins Ausland verkaufen
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
Die Schwestern vom Krokodil Die SLM konnte den Schrägstangenantrieb noch mehrmals im In- und Ausland verkaufen
72
Revisionen an den C’C’-Lokomotiven Gian Brüngger sprach mit Stane Jordan über den jahrelangen Unterhalt an diesen Lokomotiven
76
Zugzusammenstoss im Val Tisch Zeitgenössische Berichterstattung eines (gewerkschaftlich wohlgesinnten) Journalisten in der Bündnerzeitung vom 6. Januar 1928
84
Dies ging schief In den über 60 Jahren sind auch die Ge 6/6 nicht von Unfällen verschont geblieben.
88
Kampf gegen den Schnee Im Val Bever ist eine schwere Grundlawine mit dem Keilpflug und zwei Lokomotiven durchstossen worden
92
Fotogalerie Tibert Keller hat das Wechselspiel zwischen Lokomotive und Bündner Landschaft eingefangen
94
Die Bedienungsanleitung Was Lokomotivführer wissen müssen, steht im RhB-Reglementes No. 84b
106
Das blaue Krokodil Eine späte Umfärbung erregt und erfreut gleichermassen die Gemüter
127
Historic RhB 128 Verein der Dampffreunde der Rhätischen Bahn Club 1889 Verein «Pro Salonwagen der RhB» Bahnhistorisches Museum Albula Freunde der Schmalspurbahnen Vorschau / Impressum
130
Titelbild Auch ein wichtiges Betätigungsfeld waren die Güterzüge mit Personenbeförderung, wie hier in Zuoz Zug 4317 mit der Ge 6/6 I 408 am 4. September 1980. Hinter der Lokomotive läuft ein Bi 2241ff, welche die Hauptwerkstätte der Rhätischen Bahn in den Dreissigerjahren selbst baute. In den sogenannten Stückgüterzügen waren vorwiegend Wagen der Gattung G, E und K anzutreffen.
Die Rhätische Bahn stellt sich vor
Graubünden – Gri Die meterspurige Rhätische Bahn ist zur Staatsbahn des flächenmässig grössten Schweizer
Die beiden vom Club 1889 restaurierten Langholzwagen befinden sich am 16. Oktober 2002 bei Malans auf Probefahrt.
LOKI-Spezial Nr. 28
schun – Grigioni Kantons geworden.
G
raubünden ist der östlichste und flächenmässig grösste Schweizer Kanton. Auf dem Gebiet dieses Kantons werden drei Sprachen gesprochen: Schweizerdeutsch, Rätoromanisch (seit 1938 durch den Willen des Schweizervolkes als vierte Nationalsprache in der Bundesverfassung verankert) und Italienisch. Nach der Verankerung der rätoromanischen Eigenart wurden als äusseres Zeichen verschiedenerorts die Gemeindenamen entweder romanisiert (aus Samaden beispielsweise entstand Samedan) oder zu deutsch/romanischen Doppelnamen er-
weitert (zum Beispiel Bergün/Bravuogn). Wir legen deshalb fest, dass wir uns im vorliegenden Band an die heute üblichen Schreibweisen der Ortsnamen halten wollen.
Aus der Eisenbahngeschichte Graubündens Das Verkehrswesen hatte im Kanton Graubünden schon früh eine grosse Bedeutung: Die Bündner Alpenübergänge erlangten schon vor Jahrhunderten grösste Bedeutung und waren für die Bevölkerung eine wichtige Verdienstquelle. ▷
Foto: Tibert Keller
Die Rhätische Bahn im Überblick
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
Streckenlänge Grösste Steigung oder grösstes Gefälle Kleinster Kurvenradius Tunnels und Galerien Längster Tunnel: Vereina Gesamtlänge aller Tunnels Anteil an der Streckenlänge Brücken Davon Brücken mit Spannweite über 10 Meter Öffnungen: > Mauerwerksbrücken > Stahlbrücken > Stahlbeton- und Spannbetonbrücken > Stahlverbundbrücken > Brücken anderer Bauweise Gesamtweite Längste Brücke: Langwieser Viadukt Sicherungsanlagen Streckenblock Elektrische Schalterstellwerke Elektrische Tastenstellwerke und Blockstellen Elektronisches Stellwerk Automatische Kreuzungsstationen Automatische Schrankenanlagen Blinklichtsignalanlagen Bediente Bahnhöfe/Stationen Unbediente Haltestellen Dienst-/Kreuzungsstationen
km ‰ m Anzahl m m % Anzahl Anzahl
384 70 45 114 19 042 58 601 15 582 175
Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl m m
331 52 185 6 8 15 438 285
km Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl Anzahl
384 1 106 7 84 85 10 29 67 15
Ge 6/6 I 401 – 415
Ge 6/6 I 411 am 31. März 1984 vor einem Regionalzug in Samedan. Sie hat unterschiedliche Stromabnehmer: Oerlikon W 93 gesenkt und BBC SS 352 gehoben. 10
LOKI-Spezial Nr. 28
Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
Eine einzigartige Lokomotive Foto: Gian Br체ngger
Geschichte, technische Daten, Beschreibung des elektrischen und mechanischen Teils, Kilometerleistungen, Eins채tze, Ausrangierungen und Verblieb.
Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
11
Ge 6/6 I 401 – 415
Der damalige «Engadin-Express» (1930) verkehrte als Anschlusszug an den gut frequentierten «Calais – Engadin-Express.»
F
ür die Ausdehnung der Elektrifizierung auf das gesamte RhB-Netz war die Anschaffung weiterer und stärkerer elektrischer Lokomotiven notwendig. Die vorhandenen 1’B1’- und 1’D1’-Lokomo-
24
tiven waren seinerzeit für die Engadiner Linien mit 25-Promille-Steigung beschafft worden. Obwohl die 1’D1’ auch auf den Bergstrecken in den ersten Betriebsjahren der Elektrifizierung zu genügen vermoch-
ten, schien im Hinblick auf einen Verkehrsaufschwung und auf die freie Kapazität der Bedarf für eine leistungsfähigere Maschine gegeben. Zumal auf den langen Rampen der Albulalinie, mit 35-PromilleLOKI-Spezial Nr. 28
Foto: Archiv RhB
Steigung und mit Rücksicht auf die Länge der Ausweichstellen, ein Zug von 200 Metern mit einem Gewicht von 200 Tonnen möglich war. Die 800-PS-starken 1’D1’ beförderten auf dieser Strecke einen Zug Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
von 105 Tonnen. Der Vorspanndienst ist beim Betrieb einer Bahn nicht sehr beliebt, auch überwiegen die Löhne für das zweite Lokomotivpersonal beim elektrischen Betrieb leicht gegenüber der Energie-
ersparnis. Es ist daher verständlich, dass man möglichst leistungsfähige Lokomotiven wollte. Um den maximalen Achsdruck von 11 Tonnen nicht zu überschreiten, suchte die 25
Ge 6/6 I 401 – 415
32
LOKI-Spezial Nr. 28
Ge 6/6 I 401 – 415
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
33
Erster Entwurf der SLM für eine RhB Ge 6/6. Es besteht eine gewisse Ähnlichkeit mit den SBB-Krokodilen.
Zeichnung: SLM / Archiv RhB
Ge 6/6 I 401 – 415
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LOKI-Spezial Nr. 28
Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
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Typenzeichnung der Ge 6/6 I 401 im Zustand vom 1971, als sie f체nfzig j채hrig war.
Zeichnung: Gian Br체ngger
Ge 6/6 I 415 mit kurzem Personenzug von Samedan nach Pontresina. Der Wagen hinter der Lok ist der AB 1510, welcher nahtlosverschweisste Bleche erhielt.
ben von einem 2-PS-Einphasenmotor für ein Hubvolumen von 58 Kubikmeter pro Stunde, arbeitete auf die Lokomotivbremsleitung. Die Lokomotiven 401 – 406 verfügten nur über eine Vakuumpumpe (Type VL 20). Nachdem es sich herausgestellt hatte, dass bei den ersten zwölf Maschinen mit nur 20 Millimeter dicken Rahmenplatten schon nach drei bis vier Betriebsjahren Rahmenrisse auftraten, entschieden sich die Verantwortlichen, die Lokomotiven 413 – 415 von Anfang an mit Rahmenblechen von 25 Millimeter Stärke mit verstärkten Längsplatten und Rahmenquerversteifungen auszustatten. Auch die Triebstangen mussten schon ab Lok 407 in einer stärkeren Ausführung gebaut werden, wobei diejenigen der erstgelieferten Maschinen alle durch die stärkeren Ausführungen ersetzt werden mussten.
Beschreibung des elektrischen Teils Die schon vorhandene, grosse Zahl verschiedener Typen elektrischer Lokomotiven, die namentlich hinsichtlich der elektrischen Ausrüstung stark voneinander abwichen, liess es angezeigt erscheinen, den elektrischen Teil dieser Maschinen in einheitlicher Ausführung zu beschaffen. 38
Dies sollte sowohl für den Unterhalt, wie auch für Bedienung und Beschaffung des Reservematerials wesentliche Vereinfachungen und Vorteile bringen. Es gelang denn auch, sich mit der AG Brown Boveri & Cie. in Baden und der Maschinenfabrik in Oerlikon dahin zu verständigen, dass jede Firma die Lieferung einer Anzahl Teile übernahm. Brown Boveri & Cie. als Generalunternehmer lieferte in der Hauptsache die Traktionsmotoren, den Stufenschalter, die Stromabnehmer und führte die Montage der ersten sechs Maschinen aus. BBC hatte dagegen die Lieferung von Transformator, Ölschalter, Wendeschalter, Ventilationsaggregaten sowie einer grösseren Anzahl von Apparaten an die Maschinenfabrik Oerlikon vergeben. Da Vorspann- und damit Vielfachsteuerung für diese grossen Lokomotiven überhaupt nicht in Frage kommen konnte, wählte die Direktion für die Apparate reine Handsteuerung und Luftdruckbetätigung. Der Hochspannungsstromkreis umfasste auf dem Dach die beiden Pantographen-Stromabnehmer, Typ BBC 5 für die Lokomotiven 401 – 412 und Typ SS351 für die letzten drei Loks 413 – 415, welche pneumatisch und elektrisch mit einem
Griff, der Lufthahn und Trennmesser betätigte, vom Lokomotivinnern aus abgetrennt werden konnte. Eine, auf dem Dach angeordnete Drosselspule, diente als Überspannungsschutz. Von ihr führte die Leitung zu dem im Dach eingebauten Ölschalter und dann durch das Lokomotivdach zum Transformator. Der Einbau des Hochspannungsschalters in das Dach brachte den Vorteil mit sich, dass ein eigentlicher Hochspannungsraum hinfällig wurde. Die Betätigung des Schalters erfolgte pneumatisch von den beiden Führerständen aus mit einem Ventil, das in der ersten Stellung den Stromabnehmer anlegte. Sein Ausschalten geschah elektrisch mittels Kontakten am gleichen Ventil oder durch Betätigen der Notauslösung durch drei Maximalstromrelais, von denen eines im Transformatorenstromkreis und je eines in den beiden Motorenstromkreisen angeordnet waren. Auch gab es noch ein Nullspannungsrelais. Um den zulässigen Achsdruck der Lokomotive nicht zu überschreiten, kam nur ein Lufttransformator mit künstlicher Ventilation von 940 kVA Dauerleistung in Frage. Befürchtungen gegenüber der Verwendung von Lufttransformatoren bei 11 000 V Spannung bestanden bei der RhB nicht, hatten doch schon die fünf LokomoLOKI-Spezial Nr. 28
Ge 6/6 I 401 – 415
Fotos: Gian Brüngger
Lok 408 vor einem Güterzug mit meterspurigen und normalspurigen G-Wagen, aufgenommen in Landquart.
Ge 6/6 408 mit Personenzug im alten Bahnhof Landquart. Die Gleise waren damals noch in der Strasse verlegt. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
39
Kilometerleistungen der Ge 6/6 I 401 – 415 401
402
403
404
405
1921
32 709
38 066
1922
79 218
75 159
1923
72 707
1924
406
407
408
24 264
29 310
20 080
18 720
0
0
61 022
77 568
74 310
73 214
32 612
28 160
70 648
71 479
63 380
68 893
68 536
73 040
82 501
87 234
87 154
82 761
84 155
89 029
83 858
74 333
55 763
1925
75 693
82 285
81 843
82 777
79 969
82 625
83 803
78 066
1926
70 527
72 387
68 733
58 996
69 013
70 575
78 585
82 507
1927
87 227
84 142
86 218
83 615
86 090
87 067
70 684
69 616
1928
75 849
83 361
82 175
86 613
77 497
77 212
79 284
85 906
1929
71 525
78 334
74 175
66 790
72 806
80 318
78 987
76 026
1930
82 158
68 166
80 529
80 777
81 182
65 500
66 539
70 015
1931
76 193
83 764
80 461
73 556
80 931
86 254
84 188
87 255
1932
84 890
74 530
72 918
83 577
72 140
80 051
78 449
81 177
1933
78 200
70 464
79 210
78 680
83 224
69 384
69 841
67 297
1934
66 969
78 573
71 721
71 194
71 904
76 404
77 906
75 151
1935
79 776
77 736
76 421
77 410
69 735
72 436
77 262
73 395
1936
73 393
66 396
69 384
78 786
81 504
66 554
78 267
83 453
1937
86 399
89 776
88 305
87 864
78 726
84 616
73 889
73 849
1938
70 420
89 647
88 250
65 062
87 045
80 284
86 165
81 691
1939
88 897
84 300
71 483
87 289
70 438
73 416
83 709
86 005
1940
74 997
56 871
82 315
76 743
74 105
74 313
58 066
75 517
1941
68 104
81 922
77 212
68 500
82 028
77 694
82 933
59 409
1942
68 497
70 742
80 657
79 414
77 225
70 428
68 271
78 290
1943
81 694
74 580
75 168
78 468
16 555
68 018
77 194
84 699
1944
87 021
81 301
67 354
91 303
92 294
91 513
82 048
74 063
1945
106 546
116 593
105 205
76 090
101 775
104 914
95 267
62 819
1946
99 603
75 540
91 421
110 750
108 291
110 228
107 244
107 391
1947
95 572
104 598
101 056
84 398
69 853
74 363
96 861
104 865
1948
75 710
90 466
98 784
97 911
101 852
97 090
86 190
90 272
1949
90 251
93 167
56 384
95 233
91 799
94 641
94 779
85 701
1950
85 063
77 531
94 986
89 600
90 713
90 637
89 583
66 419
1951
60 055
70 574
89 199
67 498
80 631
86 854
87 188
83 452
1952
95 867
97 407
95 150
92 392
81 823
61 314
66 635
89 837
1953
74 776
80 932
63 772
74 984
71 972
84 927
58 969
75 235
1954
61 682
70 911
64 930
70 153
69 160
68 101
51 165
43 379
1955
66 894
56 790
71 686
62 471
66 926
71 728
68 640
66 821
1956
60 589
78 823
73 815
74 642
53 066
69 419
76 132
75 486
1957
74 891
77 515
78 235
77 430
80 792
53 433
77 119
76 370
1958
82 664
78 712
52 001
80 215
78 358
80 063
52 363
75 336
1959
77 333
89 267
82 378
76 421
86 401
73 479
81 765
64 226
1960
72 714
60 648
76 921
46 777
59 633
64 301
90 392
75 789
1961
78 122
71 486
78 248
77 087
74 943
60 237
79 693
79 954
1962
80 752
69 597
69 597
74 670
74 670
79 847
57 467
78 306
1963
79 594
83 133
81 516
79 918
80 257
72 793
74 373
62 929
1964
81 383
60 796
80 421
57 378
63 874
78 891
71 867
79 609
46
LOKI-Spezial Nr. 28
409
410
411
412
413
414
415
JahresTotal
0
0
0
0
0
0
0
163 149
1921
22 777
14 473
0
0
0
0
0
538 513
1922
75 422
74 199
0
0
0
0
0
720 805
1923
62 061
56 022
0
0
0
0
0
762 370
1924
67 594
71 278
9 054
5 944
0
0
0
800 931
1925
68 469
56 467
63 334
70 549
0
0
0
830 142
1926
54 273
44 978
69 824
67 542
0
0
0
891 276
1927
66 857
70 375
67 197
74 961
0
0
0
927 287
1928
76 043
65 349
83 055
73 450
42 983
44 488
38 806
1 023 135
1929
75 388
84 820
67 937
82 742
76 123
81 670
86 939
1 150 485
1930
76 385
79 188
40 167
69 948
85 078
84 999
81 187
1 169 554
1931
83 637
76 185
63 288
82 129
71 637
76 456
75 290
1 156 354
1932
69 477
79 590
74 701
67 865
65 223
76 228
79 296
1 108 680
1933
67 488
71 040
74 677
63 277
79 979
76 392
77 234
1 099 909
1934
78 147
80 348
67 924
76 370
67 250
67 815
71 582
1 113 607
1935
78 996
72 875
80 565
73 449
82 969
74 362
69 445
1 130 398
1936
82 799
86 951
80 417
70 037
79 830
73 725
78 479
1 215 662
1937
72 621
83 802
84 252
81 380
79 783
77 365
79 160
1 206 927
1938
83 570
70 610
74 995
85 269
75 597
81 975
67 911
1 185 464
1939
75 642
66 472
77 540
67 008
60 610
58 670
71 697
1 050 566
1940
76 326
77 035
81 217
77 502
80 959
79 816
82 579
1 153 236
1941
67 313
71 899
76 506
76 765
70 496
77 583
63 738
1 097 824
1942
77 164
87 121
76 331
84 855
60 666
75 023
87 499
1 105 035
1943
93 163
56 575
91 119
84 614
88 857
91 006
93 163
1 265 394
1944
100 523
103 779
100 240
81 475
73 064
101 355
99 268
1 428 913
1945
73 002
106 753
89 707
87 593
113 783
108 141
104 376
1 493 823
1946
108 930
105 136
97 626
100 360
109 320
98 045
103 347
1 454 330
1947
102 749
69 307
96 005
96 541
92 470
83 658
62 345
1 341 350
1948
88 136
99 874
93 424
96 279
98 476
63 415
95 141
1 336 700
1949
87 084
91 261
67 769
55 374
63 245
90 737
94 846
1 234 848
1950
74 865
92 333
88 332
90 327
81 829
83 831
95 416
1 232 384
1951
93 569
94 531
92 651
94 489
93 849
87 803
101 114
1 338 431
1952
77 287
64 110
83 236
84 018
81 100
81 738
65 919
1 122 975
1953
66 792
69 266
64 523
68 109
67 504
54 864
63 949
954 488
1954
71 390
71 277
70 055
42 052
53 672
77 058
80 986
998 446
1955
51 764
78 387
42 320
78 868
78 005
72 706
77 025
1 041 047
1956
75 251
60 061
80 863
83 235
74 057
76 786
36 480
1 082 518
1957
78 641
68 662
74 745
79 544
67 820
79 980
80 546
1 109 650
1958
71 424
85 096
64 983
56 950
64 222
52 070
77 558
1 103 573
1959
80 343
72 711
72 358
76 578
70 647
74 866
68 779
1 063 457
1960
80 887
77 322
67 083
74 005
73 271
71 951
57 166
1 101 455
1961
75 763
58 559
76 668
77 080
75 922
81 146
77 510
1 107 554
1962
77 960
86 522
79 925
58 902
81 189
61 631
72 735
1 133 377
1963
67 427
78 249
81 620
86 071
66 849
81 780
79 823
1 116 038
1964
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
47
Eine Maschine für Personen- und Güterzüge
Universal-Lokomotive Die Ge 6/6 wurde für alle Zugsgattungen eingesetzt. Deshalb traf (und trifft) man sie vor Schnellzügen, Schlittelzügen, Autozügen oder im Winter hinter der Schneeschleuder.
Am 14. Februar 1981 fährt eine Ge 6/6 I (Widerstandseite) mit dem Schlittelzug 3132 und drei Bi 1121 – 1123 und dem Gbk-v für die Schlitten von Bever Richtung Spinas.
Vierzehn Tage später fährt eine Ge 6/6 I (Gangseite) mit dem Schlittelzug 3123 von Bergün/Bravuogn 50
LOKI-Spezial Nr. 28
Mädchen für alles …
Fotos: Gian Brüngger
Die Ge 6/6 I 403 führt am 1. September 1975 einen Extrazug mit zwei Pullman-Salonwagen Ausfahrt Samedan Richtung Pontresina. Von 1975 bis 1977 sind diese Wagen ein erstes Mal umgebaut worden und erhielt dabei den crème/roten Anstrich.
Richtung Preda. Im Hintergrund das Dorf Bergün. Die Schlittelzugkomposition ist dieselbe wie auf dem oberen linken Bild. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
51
Die Ge 6/6 I 413 leistet dem Dampfzug 端ber die Albulalinie Vorspanndienst. Hinter der Dampflokomotive G 4/5 108 die Hochzeitskomposition
Am 27. Juli 1973 musste Ge 6/6 I 402 f端r eine Ge 6/6 II den gemischtem G端terzug 5157 von Landquart nach Pontresina f端hren. 52
LOKI-Spezial Nr. 28
Mädchen für alles …
Fotos: Gian Brüngger
bestehend aus dem A2 1102, B2 2060 und dem D2 4052, anschliessend ein ABi 1601ff und drei Bi 2271ff, kurz vor Bever.
Am gleichen Tag, dem 27. Juli 1973 führt Ge 6/6 I 404 den Güterzug 5168 von St. Moritz nach Landquart. Aufgenommen bei der Ausfahrt Bever. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
53
BBC-Fotofahrten
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
Die Sicht des BBC-Werkfotografen Ablieferungen und Probefahrten, Fotofahrten zu Werbezwecken, BBC und SLM wollten den Lokomotivtyp auch ins Ausland verkaufen.
In einem dampfgeführten Güterzug der SBB wird die fabrikneue Ge 6/6 402 auf zwei Tiefgangwagen der SBB von Baden nach Landquart befördert. Im Vordergrund der sechs 58
LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: BBC / Sammlung Gian Br체ngger
achsige Privatwagen 93542 [P] von BBC (Brown Boveri & Cie Baden), mit den beiden Drehgestellen und dahinter der Lokomotivkasten auf einem Tiefgangwagen; Sommer 1921. Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
59
BBC-Fotofahrten
Probefahrt und gleichzeitig Fotozug fĂźr die BBC. Der abgebildete Zug mit Ge 6/6 402 in Wiesen kĂśnnte ebenso gut ein Alpviehzug sein, so wie diese Lokomotiven jahrelang 60
LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: BBC / Sammlung Gian Brüngger
solche Züge befördert haben. Es handelte sich dabei immer um sehr lange, bis an die höchsten Anhängelast ausgenützte Züge. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
61
BBC-Fotofahrten
Ge 6/6 402 im Ablieferungszustand an der klassischen Fotostelle ausserhalb Landquart Richtung Malans. Bei Ablieferung war die oberste Stirnlampe noch auf dem Vorbau 62
LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: BBC / Sammlung Gian Br체ngger
aufgesetzt. Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
63
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I …
… und ihre Schwestern
Foto: Gian Brüngger
Die SLM konnte den Schrägstangenantrieb noch mehrmals verkaufen.
Ge 6/6 I 412 mit Zug 57 auf Gleis 1 in Samedan. So glänzend präsentierte sich eine C’C’ meistens nur kurz nach einer Hauptrevision.
D
ie erste Lokomotive mit dem bekannten SLM-Schrägstangenantrieb war die F 2 x 3/3 121 der BLS, später BN Ce 6/6 121, welche sie für die Inbetriebnahme der Linie Spiez – Frutigen im Jahre 1911 zusammen mit anderen Prototyp-Lokomotiven liefern durfte. Dann folgte 1918 die SBB-Versuchslokomotive Ce 6/8 I 14201, mit demselben Antrieb. Die Lokomotive ist heute noch vorhanden und im Verkehrshaus Luzern ausgestellt. Für den Einsatz auf der frisch elektrifizierten Gotthardlinie beschaffte die SBB zwischen 1919 und 1922 insgesamt 33 Krokodil-Lokomotiven des Types Ce 6/8 II 14251 – 14283. Diese hatten, abgesehen von der Grösse, grosse Ähnlichkeit mit den RhB-Ge 6/6. Einzig der Schrägstangenantrieb war etwas komplizierter gebaut und hatte zur Überwindung
72
des Höhenunterschiedes zwischen Vorgelege und Triebachsen ein Dreiecksrahmen eingebaut, dessen Enden einerseits am Zapfen der Vorgelegewelle angriffen und anderseits auf einer Stütz- oder Blindwelle gelagert war. Mit der Ee 3/4 16301 und 16302 kamen die ersten elektrischen Rangierlokomotiven für die SBB, welche ebenfalls mit dem bewährten, einfachen Schrägstangenantrieb, wie bei der C’C’, ausgeführt waren. Anschliessend sind bis im Jahre 1963 insgesamt 152 Ee 3/3 Rangierlokomotiven an die SBB und je eine an BLS und EBT geliefert worden. Neun Maschinen dieses Types, als Zweistromlokomotiven für 15 kV 16,7 Hz und 25 kV 50 Hz lieferte SLM an die SNCF für den Einsatz im Raum Basel. Heute sind die Lokomotiven im Besitze der SBB. An die SBB lieferte die SLM 1926
und 1927 weitere 18 Krokodile, jedoch mit dem einfacheren Antrieb, wie die RhB-Maschinen. Ähnliche Antriebe, welche auch als Winterthurer Schrägstangenantrieb bezeichnet werden, hatten die E 60, E 63, E 77 und E 91 der DR beziehungsweise DB. Nach Indien gingen im Jahre 1927 zehn breitspurige Gleichstrom-Lokomotiven, welche ebenfalls den bewährten Winterthurer Schrägstangenantrieb hatten. 1950 lieferte Sulzer in Winterthur zwei meterspurige Diesel-C’C’-Lokomotiven an die FCMU (Ferrocaril Machacamarca – Uncia). Vor der Überschiffung nach Bolivien absolvierte eine ihre Probefahrten auf der RhB. Nur in zwei Exemplaren beschaffte die SBB eine sechsachsige Rangierlokomotive Typ C’C’, die Ee 6/6 16801 und 16802. ○
LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: Archiv VHS
SLM-Entwicklungsgeschichte
Foto: R. Vuillamy / Sammlung Gian Brüngger
BLS F 2 x 3/3 121, die spätere BN Ce 6/6 121 in Frutigen. Sie war die erste Lokomotive mit dem SLM-Schrägstangenantrieb.
Die Ce 6/8 I 14201 der SBB war eine Probelokomotive und blieb ein Einzelstück. Sie hatte den umgekehrt angeordneten SLM-Schrägstangenantrieb. Aufnahme im Depot Lausanne. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
73
Foto: Sammlung R. Mengotti
Drehgestell einer Ge 6/6. Gut sichtbar sind die Motorlager, die Achslager und die Drehpfanne wo der Kasten ruht.
Ein Handwerker erzählt
Revisionen an den C’C’-Lokomotiven Das A und O für eine lange Lebensdauer gilt auch für eine Lokomotive: Dank gutem Unterhalt über sechs Jahrzehnte in der HW Landquart blieben die Lokomotiven bis zuletzt fit.
E
inen ganz wesentlichen Anteil am erfolgreichen Betriebseinsatz der C’C’-Lokomotiven hatten (und haben) diejenigen Leute, welche im Hintergrund, von der Öffentlichkeit meist unbeachtet, die Revisions- und Unterhaltsarbeiten verrichteten. Gewissenhaftigkeit, Sorgfalt, aber auch ein (häufig nicht rational erklärbares) Gespür für die Lokomotiven waren Garant für zuverlässiges Funktionieren der Lokomotiven. Einer, der dies rund 40 Jahre lang gemacht hat, ist Stane Jordan. Er hat Gian Brüngger verraten, wie Revisionen durchgeführt wurden und auf was speziell zu achten war. Bis Mitte der Siebzigerjahre erfolgte alle zwei Jahre eine Achsrevision und alle vier Jahre eine Hauptrevision. Erstere 76
dauerte etwa drei Wochen, eine Hauptrevision beanspruchte je nach Zustand der Lokomotive rund drei Monate.
Achsrevision Am Tag vor der Einlieferung der Lokomotive in die Hauptwerkstätte Landquart mussten verschiedene Vorbereitungsarbeiten vorgenommen werden, wie Kisten für Kleinmaterial anschreiben, Rollis für die grösseren Teile vorbereiten. Zum Ausbinden der Achsen hatte die Schweizerischer Lokomotivfabrik (SLM) in Winterthur bereits bei Ablieferung der ersten Lokomotiven spezielle Balken zum Heben der gesamten Lokomotive mitgeliefert, bestehend aus zwei Balken unter dem Kas-
ten und je zwei Balken unter jedes Drehgestell, verbunden mit einer Vorrichtung aus Stahlstangen. Mit vier grossen Bolzen sind die Stangenvorrichtungen am Kranjoch befestigt worden. Nach dem Lösen und Ausbau der Trieb- und Kuppelstangen hob man die Lok aus den Achsen heraus. Die Achsen blieben verkeilt, damit die Schwingmasse sie nicht aus der richtigen Lage brachte. Alle Teile wie Bremsgestänge, Federn, Bolzen und Laschen sind anschliessend mit den vorbereiteten Kennzeichnungen versehen und zur Reinigung in der Waschmaschine (Tunnel mit Lauge) auf ein Rolli platziert worden. Dann erfolgte eine Ausmessung der Lager und wenn nötig musste Lagermetall (Komposition) bestehend LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: Archiv RhB
Unterhalt
Ge 6/6 406 steht vor dem Tor zur Rotunde des Depots Landquart. Die Tafel 4 ist rot und bedeutet, dass die Fahrleitung eingeschaltet ist. Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
77
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
Zugzusammenstoss bei Muot
«
Zeitgenössische Berichterstattung in der Bündnerzeitung vom 6. Januar 1928.
Nach den Einvernahmeprotokollen ergibt sich folgender Tatbestand, zerlegt nach den Funktionen der einzelnen Beamten: Der bewährte und pünktliche Stationsvor stand Jehli von Bergün wollte dem ins Engadin fahren den, von 47 Reisenden besetzten Zug 63 am 31. Dezem ber 1927 ein Verspätung von einer Viertelstunde erspa ren und verlegt deshalb die normal in Bergün stattfin dende Kreuzung mit dem talwärts fahrenden Zug 92 nach Muot, nachdem der an diesem Tage in Muot dienst tuende, ebenfalls tüchtige und gewissenhafte Strecken wärter von Val Rots, Battaglia, diese Kreuzung ange nommen hatte. Vom Wärterhäuschen Val Rots bis Muot brauchte der Wärter 7 Minuten. Es ist ein schönes Bei spiel von Pflichtbewusstsein, dass ihn seine Frau auf dieser Diensttour auf vereistem Weg in der Sylvester nacht begeleitete und am Bahntelephon Muot blieb, während ihr Mann die Weichen besorgte. Die Signalstation Muot ist auf die bevorstehende Olympiade hin nach den neusten Fortschritten der Technik mit elektrischer Beleuchtung der Abschlußsig nale und der Weichen eingerichtet worden, ist natürlich telephonisch mit Preda und mit Bergün verbunden und von ihr aus kann mit jeder dieser Stationen auch die Fahrleitung je nach Bedarf bergwärts oder talwärts ausgeschaltet werden. Der Streckenwärter wusste vom Dienste dieses Tages her, daß die Sicherung der Wärter hausbeleuchtung defekt war und daß infolgedessen die Hausbeleuchtung nicht funktionierte; er gibt aber selbst zu Protokoll: «Nach Ankunft des Zuges 89 in Preda (18:16) verließ ich den Dienst gemäß Einteilung, nach dem ich vorher noch die Signale gelöscht und die Wei chen verriegelt hatte.» Daraus ergibt sich, daß die Weichen und die Ein fahrsignalbeleuchtung richtig funktionierte. Da diese elektrische Beleuchtung von Muot aber eben erst kurz vorher in Betrieb genommen worden war, hat der Wär ter, in der Meinung, die Weichenlaternen einzuschal ten, das vom Wärterhaus aus nicht sichtbare Einfahr signal am oberen Portal des Fuegnatunnels zuerst ge schaltet, und als die Weichenlaternen darauf nicht leuchteten, nochmals gedreht, und ist dann mit der Handlaterne an die Einfahrweiche für Zug 92 gesprun gen, nachdem er die für Zug 63 richtig gestellt und da mit die Ausfahrt für Zug 92 verschlossen hatte. Der Zug 92 sauste heran, das Lokomotiv und Zugspersonal übersah den am richtigen Ort stehenden Wärter und sein Handlaternensignal, die erste Lokomotive schnei det die Ausfahrweiche Richtung Bergün auf, der Zug hält ganz kurz; aber derselbe fährt wieder ab.
84
Der Wärter erkennt die Gefahr, springt sofort an den Streckenschalter, schaltet die Fahrleitung MuotBergün aus und telephoniert in größter Erregung dem Stations vorstand Bergün, das Gleiche zu tun, aber die 2½ Minu ten Fahrzeit Muot – Val Tisch waren eben zu kurz, um den Zusammenprall zu verhüten. Jeder objektiv Urtei lende wird also selbst zugeben, daß sowohl die Station Bergün als auch die Signalstation Muot genügend be setzt war und daß die dortigen Beamten auch sachge mäß ihren Dienst besorgten, bis auf den unglücklichen Zufall der Beleuchtungsschalterverwechslung in Muot, die bei einer neuen elektrischen Schalteinrichtung wohl auch den meisten Kritikern und anderen mehr oder weniger «authentischen» Zeitungsreportern hätte passieren können. Sowohl das Zugsbegleitungs als auch das Lokomo tivpersonal des bergwärts fahrenden Zuges 63 haben ebenfalls korrekt gehandelt. Die Lokomotive war mit zwei Mann besetzt, der Zug von zwei Mann begleitet. Der Zugführer und sein Kondukteur waren zusammen in einem 1. KlasseCoupé des ersten Personenwagens hinter der Lokomotive, hätten also im Falle eines Versa gens auf der Lokomotive sofort auf diese hinüber stei gen können. In dem in dortiger Gegend seltenen dichten Nebel schreckten beide erst auf das Notsignal zusammen, der Kondukteur reißt das Fenster herunter, schon prallen die Züge aneinander, ihr Coupé wird eingedrückt, der Zugführer vom herabstürzenden Dach und Gepäcknetz material zu Boden geworfen und überdeckt. Der Kon dukteur hört ihn wimmern, macht zuerst sich und dann mit Hilfe des abgesprungenen Beimanns der Lokomoti ve den Zugführer frei, worauf Walther und Plouda, der Erstere von starken Kopfschmerzen und Blutverlust durch die Nase, der Letztere durch eine blutende Kopf wunde behindert, den ganzen Zug abschreiten, um zu sehen, ob ein Reisender beschädigt sei. Erst nachdem sich niemand als verletzt gemeldet, geht der Konduk teur nach Muot, lässt sich von der Frau des Strecken wärters auswaschen und verbinden und hilft hierauf mit seinem schwer verletzten Zugführer beim Zugsum lad Richtung Engadin. Zugführer Walther besorgt hierauf mit Plouda noch die Kontrolle bis Muot und begibt sich dann erst wegen Verschlimmerung seiner Kopfschmerzen in ein 1. Klas seCoupé zum Ausruhen, während Plouda den Zug übernimmt. In Samaden steigen Walther und Plouda aus dem Zug, setzen sich in den bereit gehaltenen Schlitten und fahren nach dem Spital, wo Dr. Ruppan ner bei Walther einen schweren Schädelbruch konsta
LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: Sammlung Gian Brüngger
Val Tisch
Foto: Archiv RhB
Ge 6/6 407 und die ineinander verschachtelten AB 123 und F 4026. Im Hintergrund ist der Hilfswagen Samedan, X4 9001, und ein talwärtsfahrender Zug sichtbar, dessen Passagiere an den havarierten Fahrzeugen vorbeilaufen und in den unterhalb der Unterbruchstelle wartenden Zug einzusteigen.
Die Unfallstelle von der unteren Seite her gesehen. Der AB 123 ist hier besser sichtbar. Auf der oberen Seite der Brücke steht eine weitere C’C’ mit dem Samedner Hilfswagen X4 9001. Das Bild entstand wie das obere wahrscheinlich am 1. Januar 1928. Die Lokomotive vor dem Hilfswagen hat beide Pantografen gehoben, was damals wegen den noch fehlenden Doppelwippen üblich und notwendig war. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
85
Plan: Archiv RhB
Val Tisch
Foto: Sammlung R. Mengotti
Auf dem Situationsplan ist der Val Tisch-Viadukt in seiner Kurve von 120 Metern abgebildet. Oben sind die beiden Züge, die zusammengestossen sind, dargestellt.
Die vom Zusammenstoss stark gezeichnete Lokomotive Ge 6/6 407 in der Hauptwerkstätte Landquart zur Reparatur. An der oberen Stirnlampe ist das rote Glas erkennbar. Die Lokomotive 407 führte den Zug 63, welcher vom Stationsvorstand von Bergün/Bravuogn die Bewilligung zur Weiterfahrt nach Muot erhalten hatte. Er musste zur Orientierung des Streckenpersonals das Fahrberechtigungssignal, bei Tag eine rote Scheibe mit weissem Strich und bei Nacht ein rotes Glas, einstecken. Die grosse Stirnlampe auf dem Vorbau ist dann nach 1928 bei allen Lokomotiven anstelle der Loknummer versetzt worden und letztere fand an der Falttüre Platz. Die Lok war am 28. Januar 1928, also rechtzeitig auf die Winterolympiade vom 11. – 19. Februar 1928, wieder betriebsbereit. 86
LOKI-Spezial Nr. 28
tiert. Das ist wahrlich eine Widerstandskraft und Selbstverleugnung, wie man sie nur bei wahren Helden des Alltags findet. Der Lokomotivführer Lüscher von Zug 63 konnte den ihm entgegenfahrenden Zug in dem dichten Nebel erst auf rund 200 Meter erkennen. Angesichts des Tides stellt er kaltblütig die Bremsenschalter, wodurch es ihm gelingt, den Zug auf weniger als die halbe zulässige Ge schwindigkeit, nämlich auf 18 km bis zur Zusammen stoßstelle zu bringen. Sein Beimann Hutter, der an sei nem reglementarischen Zweimannsystemruheplatz doch nichts nützen konnte und der, nach dem Zustand des Führerskastens nach dem Zusammenstoß gemes sen, wehrlos und nutzlos erdrückt worden wäre, schwingt sich im Moment des Zusammenpralls aus dem Führerstand gegen das Brückengeländer über dem 40 Meter tiefen Abgrund. Der kühne Sprung gelingt, der Beimann wird gar nicht verletzt und kann dann sofort bei der Freimachung von Zugführer Walther mithelfen. Lüscher und Hutter haben jeder in seiner Weise durch ihre beneidenswerte Kaltblütigkeit, der Erstere ein viel schwereres Unglück verhütet, der Letztere alte Vorurteile und falsche SicherungsAuffassungen besei tigt, was wir ihnen hoch anrechnen und dankbar aner kennen werden. Weniger Erfreuliches berichten die Protokolle über Zug 92, der als, vom Festtagsreiseziel Engadin rücklau fend, doppelte Schnellzugskomposition zwei Lokomoti ven, zwei Gepäck, einen Post und sechs Personenwa gen, aber nur 11 Reisende hatte. Die erste Lokomotive war von zwei Mann, die zweite nicht besetzt. Im fünften Wagen, im 1./2. KlassVierachser hatten sich der dienst tuende Zugführer und sein Begleiter von Preda an of fenbar etwas zu behaglich eingerichtet; denn sie liessen sich durch ein momentanes Ausgehen der Beleuchtung unter Preda nicht stören und haben auch in Muot nicht zum Fenster hinausgesehen. Erst beim Halt in der Cha nalettagallerie nach dem Aufschneiden der Weiche sa hen sie bergseits hinaus, setzten sich dann aber bei Wiederanfahren des Zuges wieder in das 1. KlasseCou pé. Den Zugzusammenstoß auf dem «Val Tisch»Viadukt empfanden sie übereinstimmend als «Auffahren auf ei nen größeren Stein». Als einziger mildernder Umstand kann der Zugführer für sich geltend machen, daß er wegen einer Verspätung von 15 bis 16 Minuten nicht an eine Kreuzungsverlegung gedacht habe. Ob Muot be leuchtet oder dunkel war, fällt in der Beurteilung des Zugführers nicht in Betracht, weil er dort zugegebener maßen gar nicht zum Fenster hinausgesehen hat. Der Zugführer, den wir vor einigen Jahren schon nach einer schweren Grippe versetzen wollten, dann aber auf sein dringendes Begehren noch auf Zusehen hin im Zugsdienst behielten, hat sich sofort nach dem Vorfall beim Betriebschef als an einem Nervenschock erkrankt gemeldet und ist aus dem Zugsbegleitungs dienst definitiv ausgeschieden. Der Lokomotivführer Ingold fuhr mit normaler Ge schwindigkeit durch die Signalstation Muot, sah nach Protokoll den Wärter Battaglia nicht, hingegen die Ein fahrtsweiche sowie die für seine Weiterfahrt verschlos sene Ausfahrtsweiche Richtung Bergün. Trotz seiner
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
korrekten Schnellbremsung schnitt er die Weiche auf und konnte dann auf zirka 100 Meter in der Chanalet tagallerie halten. Es ist also nicht richtig, wie durch die Presse ging, daß er oder sein Beimann abstiegen, die Weiche einfach umlegten und dann sorglos weiter fuhren. Vielmehr schickte er seinen Beimann «nach rückwärts, um nachzusehen, ob etwas nicht in Ord nung wäre. Er kam aber mit der Meldung zurück, er habe auf der Station niemand bemerkt und auch am Zu ge nichts Unregelmäßiges wahrgenommen. Nach Rück sprache mit dem Beimann waren wir beide der Ansicht, daß es sich lediglich um eine falsche Weichenstellung gehandelt habe, und setzten daher unsere Fahrt fort» (Protokoll). Der theoretisch berechnete kürzeste Bremsweg vom Prasüratunnelportal bis zu der 104 Meter von diesem Portal entfernten Zusammenstoßstelle beträgt 97 Me ter. Ingold konnte den Zug auf diesen 100 Metern noch auf 25 km Geschwindigkeit abbremsen. Auch er hat al so durch seine Geistesgegenwart ein Hauptverdienst an der Verhütung eines viel schwereren Unglücks, was wir ihm ebenfalls hoch anrechnen. Mit der geradezu zur Gleichgültigkeit verleitenden Untätigkeit eines Bei mannes auf einer elektrischen Lokomotive könnte es von weichen Herzen vielleicht auch entschuldigt wer den, dass der Beimann trotz dem Geheiß seines Loko motivführers, «nach rückwärts nachzusehen», nicht einmal bis zum fünften Wagen, in welchem der Zugfüh rer saß, geschweige denn bis zum Wärterhaus Muot ging, um sich zu vergewissern, daß wirklich keine Kreuzungsverlegung vorlag und daß der Zug ruhig wei terfahren könne. Der Mann ist ein guter Lokomotivfüh rer und hat bisher nicht zu den geringsten Klagen An laß gegeben, der Entschluß fiel uns also nicht leicht, ihn vorläufig aus dem Fahrdienst zurückziehen zu müssen. Wäre Zug 92 noch 5 Minuten länger in der Chanalet tagallerie gestanden, statt vorwärts oder rückwärts zu fahren, so hätte sich in dieser Gallerie am Ende ein noch schwererer Zusammenstoß ereignen können. Hätten die Herren Maschineningenieure Buchli und Dürler vor 9 Jahren nicht unsern auch hier glänzend bewährten CCLokomotivtypus mit vorgebauten Motoren gegen den Typus mit Führerstand in der Stirnwand, wie er stark empfohlen worden war, durchgesetzt, so hätten wir allermindestens vier Lokomotivführer zu bekla gen. Die elektrischen Ausrüstungen der zusammenge stoßenen Lokomotiven haben gar nicht gelitten. Die Lo komotive 405 konnte unter Strom von Muot nach Land quart zurückfahren und wird voraussichtlich Montag, 9. Januar 1928 wieder in den regulären Dienst kommen. Auch die viel stärker beschädigten Lokomotiven 406 und 407 sind auf den eigenen Untergestellen und Rad sätzen in die Werkstätte Landquart zurückgelaufen. Bis in 10 Tagen hoffen wir auch eine dieser wieder in Be trieb und bis zur Olympiade den ganzen Schaden beho ben zu haben. Die SBBWerkstätte Chur und die Loko motivfabrik Winterthur teilen sich in zuvorkommender Weise mit unserer Werkstätte Landquart die Repara turen. Der in Geld ausgedrückte MaterialSchaden bleibt voraussichtlich unter dem Vorsprung des Monats überschusses August gegenüber 1926. ○
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Für Unglücke waren Missgeschicke, Naturereignisse und technische Fehler verantwortlich
Hoppla! In den über 60 Jahren sind auch die Ge 6/6 nicht von Unfällen verschont geblieben.
Durch ein Missgeschick landete die Ge 6/6 402 im Juli 1936 in der Grube der falsch stehenden Drehscheibe vor der Rotunde des Depots Landquart und geriet in Schräglage. 88
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Unfälle
Fotos: Sammlung R. Mengotti
Hier die Widerstandseite der Lokomotive 402. Am Vordach über dem Drehgestell 1 sind die Ecknetze unter den Stromabnehmern zu sehen. Diese Netze hatten nur die Lokomotiven 401 – 406.
Eine Sicht von vorn und der Gangseite, wo der Lokkasten durch eine Latte abgestützt wird.
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Val Bever
Erinnerung eines Lokführers
Entgleisung nach Durchstoss der Lawine Im Val Bever ist eine schwere Grundlawine mit dem Keilpflug und zwei Lokomotiven durchstossen worden.
A
m Freitag, 4. April 1975, war die Lawinensituation, nachdem es schon seit zehn Tagen andauernd geschneit hatte, sehr prekär. Der gefallene Schnee war der Jahreszeit entsprechend schon sehr nass und durch Windverfrachtungen entstanden vor allem im Val Bever – auf zirka 2000 müM unterhalb der Alpetta da Samedan – Schneeverwehungen.
Zug A544 F, ein Autozug um 12.33 Uhr ab Samedan, hatte die Ge 6/6 I 403 vorgespannt. Kurz nach dem Sageneinschnitt (der Name stammt von einer durch den Fluss Beverin betriebenen Holzsägerei, die früher dort gestanden hat), musste der Lokführer feststellen, dass das Gleis verschüttet war. Nachdem der Zugbegleiter mit dem damals noch besetzten Bahnhof
Bever Kontakt aufgenommen hatte und die Strecke sperren liess, fuhr der Zug wieder zurück bis Bever. Die Zugleitstelle (heute Fernsteuerzentrum) hatte den Bahnmeister bereits verständigt, welcher beim Depot eine Lokomotive bestellte. Der Depotchef Samedan nahm eine Ge 6/6 II und setzte diese hinter den Keilpflug X 9103. Der Bahnmeister war aufgrund der Meldung des Streckenwärters so informiert, dass die Lawine sehr schwer sei, was ihn bewog, auch die wartende Lokomotive Ge 6/6 I vom Zug A544F, vor die Ge 6/6 II zu reihen und so mit ungefähr 3400 PS die Lawine zu durchstossen. Das Vorhaben ging gut über die Bühne und die Lawine konnte mit einigen Anläufen zirka eine Stunde nach Meldung bereits durchstossen werden. Nun wollte der Bahnmeister zum besseren Passieren der Züge die Seitenflügel des Schneepfluges öffnen. Ungefähr in der Mitte der Lawine verkeilte sich der Schneepflug und liess sich nicht mehr bewegen. Vom Depot Samedan ist eine weitere Ge 6/6 I zu Hilfe gerufen worden, welche der Depotchef-Stellvertreter an die Unterbruchstelle brachte. Beim Zurückziehen des Konvois entgleiste jedoch die Ge 6/6 I 403 mit der vierten Achse, weil die Triebstangen auf den vom Schneepflug stark gepressten Schnee auffuhren und sich dabei verbogen. Nun musste auch der Hilfswagen ausrücken. Die Albulalinie blieb bis zirka 17.00 Uhr gesperrt. ○
Lange waren die Autozüge Thusis – Samedan – Thusis die Domäne der Ge 6/6 I. Aus Belastungsgründen (200 Tonnen Anhängelast auf 35 Promille) konnten 1 bis 2 Personenwagen und 9 Skl beziehungsweise R-w mit je 3 Autos beladen mitgegeben werden.
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LOKI-Spezial Nr. 28
Foto: Christian Gantenbein; Sammlung Gian Brüngger
Keilpflug X 9103 nach seinem Einsatz im Val Bever. Die Seitenflügel waren immer noch offen und liessen sich erst wieder im warmen Depot schliessen.
Fotos: Gian Brüngger
Der Gegenzug mit Ge 6/6 I am 24. Februar 1973, jedoch in der anderen Richtung zwischen Samedan und Bever fahrend. Beim Wagen hinter der Ge 6/6 I handelt es sich um einen A 1221 oder 1222 mit über den Mitteleinstieg versetztem Seitengang.
Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
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Lok 412 am 22. Juni 1996 bei der Ausfahrt aus dem unteren Ende des Wiesen 1-Tunnels.
Foto: Tibert Keller
Zug 5252 wartet in Trin um 14 Uhr bei den ersten Sonnenstrahlen des 3. Februars 1999 auf einen Gegenzug.
Foto: Tibert Keller
Bedienung
Was die Lokomotivführer wissen müssen
Die Bedienungsanleitung Jedem Kleingerät liegt heute eine ausführliche Bedienungsanleitung bei. Viele werden gar nicht gelesen. Auch der Ge 6/6 wurde eine solche beigefügt. Und die hatte ein Lokführer zu lesen und zu kennen.
A. Beschreibung.
Art. 2 Auf jedem Führerstand befindet sich eine mit 6 Bremsklötzen auf das zugehörige Drehgestell wirkende Handbremse, womit ein Bremsdruck von 50 % des gesamten Adhäsionsgewichtes erzeugt werden kann. Die selbsttätige Vakuumbremse System Hardy wirkt auf sämtliche Bremsklötze mittels je eines Bremszylinders pro Drehgestell, einen maximalen Bremsdruck von 75 % des Adhäsionsgewichtes erzeugend. 106
Das Schema der Vakuumbremse ist in Bild 2 dargestellt. Die Einrichtung entspricht mit Ausnahme der Vakuumpumpen derjenigen der Dampflokomotiven, beschrieben im Reglement No. 113 über «die selbsttätige Niederdruckbremse». Damit die Lokomotive bei normaler Gefällsbremsung nicht mitbremst, ist zwischen der Bremsleitung der Lokomotive und der Hauptbremsleitung, wie bei den Dampflokomotiven, ein Nachbremsventil eingebaut. Bei den Lokomotiven No. 407 – 415 sind 2 Rotationsvakuumpumpen vorhanden, wovon die grössere Type, VL 20, angetrieben von einem 6-PS-Einphasenseriemotor für ein Hubvolumen von 244 m3 per Stunde gebaut ist und auf die Hauptbremsleitung, sowie über das Nachbremsventil auf die Lokomotivbremsleitung arbeitet, während die kleinere, Type VL 5, angetrieben von einem 2-PSEinphasenseriemotor, ein Hubvolumen von 58 m3 per Stunde aufweist und auf die Lokomotivbremsleitung arbeitet. Die Lokomotiven No. 401 – 406 sind nur mit einer Vakuumpumpe (Type VL 20) ausgerüstet. Die Vakuumpumpen Bauart S. L. M. Winterthur (Bild 3), besitzen einen im Gehäuse exzentrisch gelagerten Rotor mit einer Anzahl von in Schlitzen frei beweglichen Schiebern. Die Rotorschieber werden bei rotierender Pumpe durch die Zentrifugalkraft gegen die Gehäusewand gedrückt und unterteilen den sichelförmigen Raum zwischen Rotor und Gehäusebohrung in die so genannten Arbeitszellen, deren Inhalt während einer Umdrehung erst grösser und dann wieder kleiner wird, wodurch die Saug- und Druckwirkung der Maschine hervorgerufen wird. Die grössere Pumpe kann auf jedem Führerstand mittels eines Kontrollers an drei verschiedene Spannungen zur Regelung der Geschwindigkeit gelegt werden. Für die kleinere Pumpe, deren Geschwindigkeit nicht reguliert wird, ist nur je ein Dosenschalter vorhanden.
Art. 3 Auf jedem Führerstand ist ein Geschwindigkeitsmesser System Teloc angebracht. Der eine davon ist registrierend und markiert Weg, Fahrgeschwindigkeit und Zeit. Weiter sind noch die auf jedem Führerstand vorhandenen Signalpfeifen, sowie die Sandstreuventile zu erwähnen. Art. 4 Druckluft wird verwendet (siehe Schema der Drucklufteinrichtungen, Bild 4) zum Anheben der Stromabnehmer, zum Betätigen des Hochspannungsschalters, des Heizschalters, der WenLOKI-Spezial Nr. 28
Fotos: Pierre Matthey
Art. 1 Die Lokomotive besitzt zwei Drehgestelle mit je 3 gekuppelten Achsen, auf denen der Lokomotivkasten ruht. Der Aussenrahmen der Drehgestelle stützt sich auf Tragfedern, die unterhalb der Achsen angeordnet sind. Die Federn der ersten und zweiten Achse sind durch Ausgleichshebel verbunden, während die Tragfedern der dritten Achse ohne Zwischenglied am Rahmen angreifen. Die mittleren Achsen der Drehgestelle besitzen je 2 x 20 mm Seitenspiel. Zwischen der ersten und zweiten Triebachse etwas erhöht lagert die Vorgelegewelle, über welcher in niedern, am Rahmen befestigten Stahlgussböcken, der als geschlossene Lagerschildtype ausgebildete Triebmotor ruht. Der Letztere arbeitet mittels beidseitig angeordneter Zahnradübersetzung mit zueinander schräg gestellten Zähnen auf die Vorgelegewelle. Zwischen Motorwelle und Ritzel ist je eine Federung eingeschaltet. Die Zahnradschmierung erfolgt durch Öl in welches das grosse Zahnrad eintaucht; neuerdings wird bei einzelnen Lokomotiven auch «Cratercompound» benützt, welches infolge seiner Zähigkeit an den Zähnen haften bleibt. Das Drehmoment wird vom Kurbelzapfen der Vorgelegewelle beidseitig mittels je einer schräg gestellten Triebstange auf die dritte Triebachse übertragen. Der Lokomotivkasten, der einen mittleren Raum für Transformator, Schaltapparate und Hilfsaggregate mit Längsgang auf einer Seite und zwei Führerständen an den Enden umfasst, ist auf der so genannten Lokomotivbrücke aufgebaut. Letztere stützt sich in der Längsachse auf die Drehzapfen der beiden Drehgestelle, während seitlich derselben je zwei auf Schraubenfedern ruhende Stützen angeordnet sind. Ausserdem ist die Brücke mittels einer abgefederten Pendelstütze am hintern Ende eines jeden Drehgestelles abgestützt. Die Kastenvorbauten sind auf die Drehgestelle fest aufgebaut; ausser je einem Triebmotor mit zugehörigem Ventilatoraggregat ist darin ein Fahrtwender eingebaut.
Bedienung
Das Rh채tische Krokodil Ge 6/6 I
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Bedienung
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LOKI-Spezial Nr. 28
Bedienung
Typenaufnahme der Ge 6/6 413 von der Widerstandsseite her. Solche Stromabnehmer des Types SS 351 hatten nur die drei letztgelieferten Lokomotiven 413 – 415. Sie haben sich nicht bewährt und sind durch andere BBC-Typen oder MFO W 93 ersetzt worden.
Seite I der Lokomotive 413 mit dem grossen Schneepflug. Alle RhB-Lokomotiven – von der G 3/4 1 bis zur Ge 6/6 415 – hatten alle die gleichen Stirnrahmenplatten mit den Löchern für das Anbringen des grossen Schneepflugs. Das Rhätische Krokodil Ge 6/6 I
Fotos: Pierre Matthey, Archiv RhB (3), Sammlung R. Mengotti
Die Ge 6/6 412 mit grossem Schneepflug auf der Drehscheibe im Depot Landquart. Im Hintergrund sind die Tore zu den insgesamt 19 Ständen sichtbar.
Noch einmal die Ge 6/6 412 von der Gangseite her. Gut sichtbar ist hier die Drosselspule in der Mitte des Daches. 125
Fünf Vereine erhalten das historische Erbe der RhB
historic RhB
«Verein der Dampffreunde der Rhätischen Bahn», «Club 1889», Verein «Pro Salonwagen der RhB», «Bahnhistorisches Museum Albula» und «Freunde der Schmalspurbahnen».
E
nde des 19. Jahrhunderts galten Reisen in die Luftkurorte oder Heilbäder Graubündens als äusserst unbequem, ja fast gesundheitsgefährdend. In den nur spärlich geführten Postkursen, gleichbedeutend mit hohen Zeitverlusten, Unbequemlichkeit und schlechtem Wagenma-
terial bereitete die Anreise für kränkelnde wie auch für gesunde Erholungssuchende unüberwindliche Hindernisse. Die Eisenbahn brachte plötzlich jeden in wesentlich kürzerer Fahrzeit, vor Wind und Wetter geschützt, in angenehmster Weise an sein Ziel. Gesundheits- und
Verein der Dampffreunde der Rhätischen Bahn Der «Verein der Dampffreunde der Rhätischen Bahn» sichert den Fortbestand der Dampfromantik. 1977 regte sich Widerstand, als die RhB ihre letzten Dampflokomotiven stilllegen wollte. Ein «Verein der Dampffreunde der Rhätischen Bahn» schuf mit einer grossen Fan-Gemeinde Interesse und Nachfrage nach regelmässigen Dampffahrten und damit auch die finanzielle Basis für Betrieb und Unterhalt der beiden noch vorhandenen Dampflokomotiven aus dem Jahre 1906. Seither haben sich die «Dampffreunde» zum Reiseveranstalter für historische Züge entwickelt. Dampffahrten gehören dabei zum beliebten Standardangebot. Die «Dampffreunde» haben als Stationshalter das Verkaufsgeschäft der Rhätischen Bahn in Bonaduz übernommen und verkaufen nebst der üblichen RhBVerkaufspalette auch Nostalgiereisen.
Club 1889 «Wir erhalten historische Fahrzeuge der Rhätischen Bahn.» Als in den Neunzigerjahren viele der alten Reisezugwagen ausgemustert und dem Abbruch heimfielen, gründeten 1996 in Samedan und 1999 in Poschiavo und Chur vorwiegend aus Lokführer- und Handwerkerkreisen stammende Enthusiasten den «Club 1889», um einige von ihrem Aussehen, ihrer Einrichtung oder ihrer Geschichte her besonders wertvolle Oldtimer vor dem Verfall zu retten, zu restaurieren und in fahrfähigem Zustand der Nachwelt zu erhalten. Auf die Qualität der bisher durchgeführten Restaurierungen darf der «Club 1889» stolz sein! www.club1889.ch
Sporttourismus, die für ihre Entwicklung dringend auf neue Impulse angewiesen waren, konnten von nun an vom revolutionären Transportmittel nur profitieren. Und die Eisenbahn passte sich von Beginn an den Bedürfnissen ihrer meist gut betuchten Kunden an und bot ihnen grösstmöglichen Komfort. So führten ihre Züge bereits zu Beginn neben der allgemein üblichen «Holzklasse» auch 2. und 1. Klasse. In Graubünden hinterliess jede Zeitepoche auch bei der Eisenbahn ihre besonderen Bahnwagen. Gestiegene Komfortansprüche verlangten neue Fahrzeuge, aber wegen der starken saisonalen Reisenachfrage bei der Rhätischen Bahn mussten auch die Oldtimer noch lange Zeit als Reserve vorgehalten werden. Und als man in der Lage war, auch in Spitzenzeiten moderne Wagen anzubieten, erkannte man bereits in weiten Kreisen den Wert der «alten Kisten» als wertvolle, erhaltenswerte Kulturdenkmäler. ○
Verein «Pro Salonwagen der RhB» «SOS – Helfen Sie, die historischen Salonwagen zu retten!» Im selben Jahr entstand auch der Verein «Pro Salonwagen RhB» mit dem Ziel, vier Pullman-Salonwagen aus dem Jahr 1931 mit einer reichen Vergangenheit vor dem Abbruch zu retten. Die PullmanFreunde, Bahn-Nostalgiker und Anhänger des grossen Vorbildes «Orient Express» wollten mit diesen Zeitzeugen der «Belle Epoque» für die Erlebnisbahn RhB neue Akzente setzen. Dieser «Orient Express der Alpen» bietet die ideale Infrastruktur für Luxusfahrten auf der Glacier-Express-Route zwischen St. Moritz und Zermatt. Allen Gruppierungen von Bahn-Nostalgikern ist gemeinsam, dass sich innert weniger Jahre Vereine mit Mitgliedern aus der ganzen Schweiz und vielen Nachbarländern entwickelten. www.verein-pro-salonwagen.ch
www.dampfvereinrhb.ch 128
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Fotos: Gian Brüngger (2), Tibert Keller (2), ZVG, Ueli Tscharner
«Club 1889»-Fahrt anlässlich der Einweihung der restaurierten Langholzwagen. Filisur, 11. Oktober 2002.
www.historic-rhb.ch
Bahnhistorisches Museum Albula Aus dem Bedürfnis heraus, die historischen Werte der Rhätischen Bahn sowie deren Bedeutung im wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und kulturellen Zusammenhang in den entsprechenden Zeitepochen zu erfassen und zu vermitteln, entwickelte sich schliesslich die Idee eines bahnhistorischen Museums im Herzen der Albulastrecke. www.bahnmuseum-albula.ch
Freunde der Schmalspurbahnen 1988 gründeten Eisenbahn-Modellbauer in Felsberg den Verein «Freunde der Schmalspurbahnen». Tätigkeiten: Beschäftigung mit den Schmalspurbahnen der Alpen mit Schwerpunkt RhB in allen seinen Formen: Technik, Geschichte, Bau, Betrieb und seine Wiedergabe im Modell. Modulbau in der Spurweite HOm. Vermittlung von Know-how im Modellbau mittels Baukursen. www.schmalspur.ch
Konzentration auf die Kernaufgabe Alle die erwähnten Vereine konzentrieren sich auf ihre Kernaufgabe. Damit ihr Schaffen nach aussen auch bekannt wird und die breite Öffentlichkeit, Gönner und Sponsoren auf sie aufmerksam werden, gaben sie sich im Juni 2003 ein gemeinsames Dach: «historic RhB». Gemeinsames Ziel: «Die Erhaltung, Restaurierung und Instandstellung sowie die Zurschaustellung und den Betrieb von betriebsfähigen, historischen Fahrzeugen der Rhätischen Bahn auf deren Netz auf gemeinnütziger Basis.» Über 40 betriebsfähige, historische Fahrzeuge Von den insgesamt 44 auf dem Netz der RhB verkehrenden und betriebsfähigen historischen Triebfahrzeugen, Reisezugund Güterwagen stehen 23 unter der besonderen Obhut von «historic RhB». ○
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l a i z e Sp
Die Krokodile der Rhätischen Bahn begeistern nicht nur Feriengäste, wenn sie beispielsweise unter stahlblauem Himmel durch herbstfarbene Arvenwälder über die Kehren der Albulalinie Salonzüge mit Pullman-Wagen ziehen. Für Bahnliebhaber sind ihre Geschichte, ihre Betriebseinsätze, ihre Unfälle nicht minder faszinierend. Gian Brüngger, wahrscheinlich der profundeste Kenner dieser Materie, berichtet in diesem LOKI-Spezial umfassend darüber. Garniert hat er dieses Gericht mit viel, meist unveröffentlichtem, Bildmaterial. ISBN: 978-3-85738-074-7