EIN LANGER GEMEINSAMER WEG
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Robert Bösch l Alpen/Schweiz Ende der Siebzigerjahre war Mammut eine reine One-Man-Show: Mammut, das war Albert Wenk. Benötigte man für eine geplante Expedition Fixseile, hatte man ein defektes Steigeisen oder wollte man sich über die Sohle eines Kletterschuhs informieren, wendete man sich an Albert Wenk. Er wusste alles und bemühte sich um
wie in der Eiger-Nordwand, in vielen weiteren Routen («Spit verdonesque», «Deep Blue Sea», «Le Chant du Cygne», «The Young Spider», «Pilz», «Paciencia»), mit den verschiedensten Leuten (Hansi Kessler, Oswald Oelz, Kobi Reichen, Ueli Bühler, Robert und Daniela Jasper, Stephan Siegrist, Roger Schäli, Peter Schäffler, Marco
alles. Ich kannte ihn aus der Zeit, als ich, sozusagen am Beginn
Büchel, Röbi Koller, Chäppi Ochsner, Ralf Dujmovits, Evelyne Bin-
meiner «Bergsteigerkarriere», in der kleinen Werkstatt des Zürcher
sack, Hansruedi Gertsch, Thomas Kohler, Robi Marti, Bernhard
Bergsportgeschäfts Eiselin zusammen mit Walti Müller, dem Frei-
Russi, Heinz Müller und Ueli Steck). In den verschiedensten Vari-
kletterpionier der Schweiz, Ski präparierte. Hatte ein Kunde Pro-
anten: Als Bergsteiger bin ich etliche Routen geklettert, im Sommer
bleme mit der Ausrüstung, die weder Walti Müller noch Filialleiter
und im Winter. Als Fotograf habe ich unterschiedliche «Techniken»
Emil Schär lösen konnten, war klar, wen man anrief: Albert Wenk.
angewendet: Ich habe mich vom Heli per Longline in der Spinne ab-
Etliche Jahre später hatte ich wieder mit Albert Wenk zu tun, als
setzen lassen, bin aus dem Stollenloch in die Wand gestiegen oder
ich oft mit Martin Scheel kletterte. Martin war einer der wichtigsten
an Fixseilen 800 Höhenmeter zum Spinnenbein hochgestiegen, ich
Erschliesser alpiner Felsrouten und wurde von Mammut, also von
bin vom Wandfuss bis zum Ersten Eisfeld hinauf- oder vom Gipfel
Albert Wenk, mit Material unterstützt. Als Martin und ich 1986 die
zu den Ausstiegsrissen hinuntergeklettert. Manchmal von einem
Route «Hannibals Alptraum» im Rätikon erstbegingen, wäre keiner
zusätzlichen Partner gesichert, oft aber auch nur zu zweit und meist
von uns auf die Idee gekommen, nochmals in die Wand zu gehen,
ungesichert. Manchmal relativ relaxed bei angenehmen Tempera-
um zu fotografieren, obwohl es für die damalige Zeit eine ausser-
turen und guten Verhältnissen, aber auch bei 100 Stundenkilome-
gewöhnliche Route war und Mammut uns dafür mit Material aus-
ter Sturm und 20 Minusgraden ums Überleben kämpfend.
gerüstet hatte. Wir hatten während der Erstbegehung ein paar Bil-
Und dann, im November 2010, das «X»: das Mammut-X für
der geschossen – aber die kennt man ja, diese vom Standplatz aus
«X-trem» im Gipfeleisfeld der Eiger-Nordwand. Nicht das gefähr-
aufgenommenen Fotos. Aus keinem von Martins grossartigen
lichste, aber das aufwendigste Nordwand-Fotoprojekt. In einem
Kletter-Highlights – unter anderem «Freetrip», «Supertramp», «Amar-
gewissen Sinn war die gesamte von Gabriel Peisker, einem der bei-
cord» – gab es vernünftiges Bildmaterial. Es war eine andere Zeit.
einer meiner ersten richtigen Fotoaufträge, entsprechend nervös
Die sich aber in den folgenden Jahren rasant ändern sollte.
Die Ansprüche an das Bildmaterial nahmen Schritt für Schritt
den Gründer der Agentur erdmannpeisker, ausgedachte Testkampagne der Höhepunkt einer langen Entwicklung. Ich war froh,
war ich. Damals war kein aufwendiges Shooting angesagt, es
zu. Albert Wenk beauftragte mich, zwei starke Oberländer Klette-
Freeclimbing, Gleitschirmfliegen, Mountainbiken, Snowboar-
genügte, ein paar Meter neben der Strasse Model Kim im Vorder-
rer in den Wendenstöcken zu fotografieren. Heinz und Ueli Bühler
inzwischen auf eine mehr als 20-jährige Erfahrung zurückgreifen zu
den: Neue Sportarten wurden «erfunden» und belebten die Szene.
grund mit dem Steingletscher im Hintergrund zu positionieren.
hatten, von Mammut mit Material ausgerüstet, die Route «Bat-
können, denn diese brauchte ich in jeder Beziehung, um den An-
Der Outdoor-Sport war geboren. Und damit der Outdoor-Markt.
Danach wurde es schon aufwendiger: Kletteraufnahmen mit dem
man» erstbegangen, damals eine der schwierigsten Freikletterrou-
forderungen gewachsen zu sein. Fotografisches Know-how war
Die sogenannten Action-, Extrem- oder Adrenalinsportarten waren
britischen Topkletterer Martin Atkinson am Tour d’Aï oberhalb von
ten in diesem anspruchsvollen Klettergebiet. Wir kletterten die
genauso gefragt wie eine sehr gute Kenntnis der alpinen Locations
nicht nur für die Aktiven spannend und interessant, sondern auch
Leysin (der Fotograf blieb aus Zeitgründen auf dem Boden), dann
Route, installierten Fixseile, und am nächsten Tag fotografierte ich
und das Wissen um das alpinistisch Machbare. Jedes einzelne Su-
für die Medien. Eine wirkungsvolle Symbiose begann sich zu ent-
Zeltaufnahmen am Rand eines Walliser Weinbergs (nicht sichtbar)
die beiden – ein Aufwand, den man bis anhin lediglich für Bilder
jet bedeutete einen enormen Aufwand. Der eigentliche Shooting-
wickeln: Outdoor-Branche, Sportler und Medien wirkten wunderbar
mit verschneiten Bergen im Hintergrund (sichtbar). Oder, oberhalb
nicht auf sich nahm. Zunehmend wurden auch Shootings im be-
Tag war jeweils nur die Spitze des berühmten Eisbergs – und für
zusammen. Zunehmend waren Bilder von diesen neuen Abenteu-
von Grindelwald und unterhalb der Scheideggwetterhorn-Nord-
nachbarten Ausland durchgeführt. Noch in bester Erinnerung sind
mich natürlich immer eine ziemliche Nervenprobe: Error was no
ersportarten gefragt. Es begann eine äusserst spannende Zeit für
wand (unweit der Strasse), Bekleidungsaufnahmen mit Yves Remy.
mir zwei Fotoaufträge mit dem damals von Mammut gesponserten
option. Dabei profitierte ich nicht nur von meinen Erfahrungen als
uns Fotografen – ursprünglich vielleicht gerade eine Handvoll im
Yves war eigentlich als Kletterer von Mammut gesponsert, aber ein
französischen Spitzenkletterer Alain Robert in der Verdonschlucht.
Fotograf und Bergsteiger, sondern auch von meinen guten Kon-
deutschsprachigen Raum –, wir entdeckten, dass es fotografisch
bisschen wandern konnte er auch. Dass wir das leise Rumpeln
Es ging um Seile: Ein riesiger Run-out und ein Mega-Sturz waren
takten zu vielen hervorragenden Bergsteigern, Bergführern und
noch viel zu entdecken gab. Immer mehr hervorragende Sportler
hoch über uns nicht sofort ernst nahmen – eine tief hängende
die gewünschten Vorgaben. Alain Robert, den ich davor schon oft
Heli-Piloten, die mit ihrem grossen Wissen und Können und der
liessen sich auf das Sponsoring ein und waren damit auf Publizität
Wolkendecke verhinderte den Blick zum Gletscherabbruch 1000
bei wilden Free Solos fotografiert hatte und der für mich der Wahn-
Bereitschaft, auch erhebliche Verantwortung auf sich zu nehmen,
angewiesen. Die Bilder wurden besser, damit auch die Ansprüche
Meter höher –, wurde uns beinahe zum Verhängnis: Als die Eisla-
sinnigste ist, der mir je über den Weg lief, war genau der richtige
letztlich der Schlüssel waren, dass diese spannende Kampagne
an das Bildmaterial. Alle mussten mitziehen. Auch Mammut.
wine am Wandfuss aufschlug und eine gewaltige Schnee- und Eis-
Mann dafür. Die Aktion war haarsträubend und chaotisch – aber
überhaupt realisiert werden konnte.
Mit Albert Wenk und dem australischen Spitzenkletterer Kim
mauer auf uns zuschoss, unterbrachen wir unsere Fotoarbeiten
am Schluss waren die Bilder im Kasten.
Carrigan, der für einige Jahre in der Schweiz für Mammut arbeite-
ziemlich Hals über Kopf, rannten Richtung Strasse und warfen uns
te, fuhr ich Ende der 1980er-Jahre zum Sustenpass, um die neue-
im letzten Moment mit einem Hechtsprung in einen Bachlauf. Die
an Fotos aus Felskletterrouten stellte, auch in die grossen kombi-
Albert Wenk und Kim Carrigan loszog, nicht nur nicht geträumt,
sten Mammut-Jacken und -Rucksäcke zu fotografieren. Es war
Schneemassen rasten über uns hinweg, unser Auto, 500 Meter
nierten Nordwände zu übertragen. Die Lauper-Route und später die
es wäre schlicht undenkbar gewesen. Aber wer hätte damals ge-
vom Wandfuss entfernt, wurde auf der Bergseite komplett zu-
Heckmair-Route am Eiger waren Stationen in dieser Entwicklung.
dacht, dass die Mammut einmal das sein wird, was sie heute ist!
gekleistert. Es sollte nicht das letzte Mal sein, dass es bei einem
Was damals Neuland war, ist heute eine Selbstverständlichkeit.
Shooting knapp wurde.
Inzwischen habe ich an keinem Ort so oft fotografiert und gefilmt
In den folgenden Jahren versuchte ich die Ansprüche, die man
Dass man jemals so viel Aufwand und Kosten in ein BergsportFotoprojekt stecken würde, hätte ich vor 20 Jahren, als ich mit