Bilanz: Die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking

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Trends Social Media

Wettbewerb. 50 Schweizer Top-Marken kämpfen im Netz um Aufmerksamkeit – angeführt von der Airline Swiss.

Lovestorm! Eine Frühreife an der Spitze, ein Spätstarter als Aufsteiger – und ein Horchposten am Schluss: BILANZ zeigt die 50 stärksten Marken der Schweiz im Social-Media-Ranking. ANDREAS GÜNTERT TEXT

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Foto: Getty Images; Montage: BILANZ

ie Begrüssung war schlicht: «Liebe alle! Heute ist ein wichtiges Datum. Von jetzt an erfährt ihr direkt von Swiss alles über News, Promotionen und Gewinnspiele.» Berühmte erste Worte, mit denen die nationale Airline am 19. Mai 2009 ihren oiziellen Auftritt auf Facebook lancierte. Christian Lüdi war vom ersten Moment an dabei. Ab Mai 2009 bekleidete er bei Swiss einen Job, den damals kein Berufsberater kannte: CommunityManager. Swiss hatte die virtuelle Startrampe von einem Fan übernommen, der eigenhändig eine Gruppe auf Facebook gründete und für Input sorgte. Bis Mai 2009 brachte er eine Fan-Basis von 300 Leuten zusammen. Eine Anzahl Likers, die locker in zwei Mittelstreckenlugzeugen Platz gefunden hätte. Heute spricht Lüdi zu einem Publikum, das von der Grösse her 765 vollbesetzten Maschinen vom Typ Airbus A321 entspricht. Mit dem oiziellen Start vor dreieinhalb Jahren gehört die Airline hierzulande zu den Social-Media-Frühstartern, Lüdi geht mit seinen 32 Jahren schon als Veteran der Social-Media-Szene durch. Twitter war damals noch kaum ein hema in der Unternehmenswelt, auf Facebook tummelte sich weltweit erst ein Fünftel der heute rund eine Milliarde zählenden User, und unter «Shitstorm» verstand man bestenfalls eine analoge Schlechtwetterlage. «Man konnte nirgends etwas abschauen», erinnert sich Christian Lüdi, «es war die Ära des ‹trial and error›.» Kleine halten mit. Mittlerweile spielt die Airline auf der digitalen Bühne eine führende Rolle. Im zweiten Social-MediaRanking der BILANZ steht Swiss an erster Stelle, gefolgt von Swisscom. «Beide Brands investieren in einen professionellen und kundenfreundlichen OnlineAuftritt über verschiedene Kanäle», lobt David Eicher, Gründer und Geschäftsleiter von Webguerillas. Die Agentur für alternative Werbeformen hat für BILANZ das aktuelle Ranking der 50 stärksten

Schweizer Marken zusammengestellt. Es ist durch eine Erweiterung der Kriterien zwar nicht direkt vergleichbar mit der ersten Aulage vom Frühling 2011. Neu wurde unter anderem die Reichweite (Followers/Likers) in die Bewertung aufgenommen, die Interaktivität stärker berücksichtigt und der Zeitraum massiv ausgedehnt. In den Grundzügen aber manifestieren sich ähnliche Ergebnisse: Jede der 50 Marken ist auf irgendeine Art aktiv in den Social Media. Die meisten binden neben Facebook auch Videokanäle in die Kommunikation ein, behandeln das hema Markenblog aber eher stiefmütterlich. Kleinere nationale Unternehmen wie Rivella oder Appenzeller Käse können im Konzert der Giganten mithalten. Banken bekunden weiterhin Mühe, Social Media attraktiv zu nutzen, Uhrenmarken hingegen zeigen sich stark in dieser neuen Disziplin. Zwei Geschwindigkeiten. In den Social Media, sagt Online-PR-Spezialist Marcel Bernet, zeige sich eine Schweiz der zwei Geschwindigkeiten. «First Movers wie Swiss kommen in eine Maturitätsphase, Grossunternehmen sind daran, Social Media in all ihre Geschäftsprozesse zu integrieren. Viele KMUs aber steigen erst jetzt überhaupt ein.» Wer schon länger dabei ist, richtet seine Online-Kommunikationskanäle neu aus. Lotete man bei Swiss zu Beginn hauptsächlich Produktneuigkeiten und Wettbewerbe aus, so sieht man Social Media gemäss Lüdi nun hauptsächlich als Kundenservice- und Kundenbindungs-Werkzeug. Bis Anfang 2012 beantwortete der Community-Manager noch jede Anfrage selber, heute wird er von einem rund 30-köpigen Team unterstützt, das die virtuelle Welt der Swiss rund um die Uhr fünfsprachig in Callcentern in Basel und Kapstadt im Auge behält. Anders als Swiss wagten sich die SBB erst viel später oiziell auf Facebook. Drei Jahre nach der Airline begannen die Bundesbähnler ihre «Reise auf Facebook», wie sie es am 4. Juli 2012 ankündigten. Die Social-Media-Newcomer schaften es damit auf den sechsten Platz im Ranking, besser als MarketingSchwergewichte wie Omega, Rolex • 01/2013 BILANZ 55

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Quelle: Webguerillas

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Oft, sagt Tschudi, gelinge es, die virtuell Reisenden schnell zu besänftigen. Dies auch deshalb, weil man intern eine sehr sportliche Reaktionszeit befolge: «Innert vier Stunden soll der Kunde auf Facebook eine Antwort von uns erhalten.» Finanzielle Kennzahlen spielen dabei eine untergeordnete Rolle. Im Vordergrund stehe bei den SBB die Maxime, per Social Media die Imagewerte und die Kundenzufriedenheit zu erhöhen.

Pionier. Die nationale Airline Swiss mit ihrem «Community-Manager» Christian Lüdi übernahm in der Schweiz die Pionierrolle in Sachen Social Media – und ist immer noch der Klassenprimus. oder Nespresso. Eine starke Leistung von Eliane Tschudi (37), die seit September als Social-Media-Managerin bei den SBB amtet. Mit den Social Media will die SBB Dialogfähigkeit, Eizienz und Kundenzufriedenheit erhöhen, «die Kunden sollen schnell und kostenlos mit uns in Kontakt treten können». Das tun sie – und oft sehr heftig. In den allermeisten

Fällen wird die SBB-Site auf Facebook als eine Art elektronischer Blitzableiter benutzt. Von zehn Postings sind neun eine Schelte und nur eines ein Lob. Es sei zu Beginn nicht immer leicht gewesen für die 20 Angestellten in der Kontaktstelle Brig, die eine Facebook-Schulung durchlaufen haben und den Kunden virtuell Red und Antwort stehen.

Social Absentia. Ganz am Ende der Top 50 inden sich zwei Spezialfälle aus der Schweizer Markenwelt. Beim Hörgerätehersteller Phonak (Sonova Holding), einer Business-to-Business-Vertriebsgesellschaft, machen die Schweizer Facebook- und Twitter-Accounts einen ungeplegten bis inaktiven Eindruck, die Social-Media-Kanäle sind auf der Firmen-Website nicht verlinkt. «Wir haben uns bei Phonak bisher darauf fokussiert, Erfahrungen und Erkenntnisse aus den verschiedenen Ländern, in denen wir tätig sind, zu sammeln und zu sehen, was funktioniert und was nicht», sagt Hans Tuithof, Direktor Interactive Marketing. Potenzial gäbe es auf jeden Fall: «Dank zielgerichteten Kampagnen haben wir herausgefunden, dass gerade Menschen mit einem starken Hörverlust sehr aktiv in den sozialen Medien sind.» Coop verweigert sich, ganz anders als die glänzende Dauerrivalin Migros, fast allen Social-Media-Kanälen, was er- •

Methodik

Foto: Dominic Büttner

So wurde bewertet Im Fokus der Untersuchung von Webguerillas standen die drei reichweitenstärksten Plattformen, Facebook, Twitter und YouTube, sowie Corporate Blogs. Die untersuchten Kanäle wurden jeweils unter den drei Kriterien Reichweite, Aktivität und Interaktion analysiert. Bewertet wurde der Hauptauftritt der Marken. Gab es keinen speziischen Schweizer Auftritt, galt der internationale Auftritt. Zusätzliche Punkte verdienten sich die Marken für einheitliche Kommunikation über die bespielten Kanäle, konsequent ersichtliches Corporate Design und Vernetzung zwischen

Kanälen und Website. Bonuspunkte wurden für personalisierte Moderation der Plattformen, schnelle Reaktionszeit sowie das Bespielen weiterer Kanäle verteilt. Untersuchungszeitraum: 30. Juli bis 21. Oktober 2012. Auswahl der Marken Ausgewählt wurden die 50 Schweizer Top-Brands von BILANZ nach Markenwert (Interbrand-Liste der wertvollsten Schweizer Marken 2012) sowie nach dem aktuellsten Schweizer BrandAsset Valuator (Young & Rubicam Gruppe). Berücksichtigt wurden Brands mit Breiten-

wirkung und Bedeutung für Konsumenten. Ferner wurde ein gutes Dutzend Schweizer Traditionsmarken hinzugefügt. Allgemein (max. Punktzahl: 3) Einheitliche Kommunikation über Social Media / Website // Corporate Identity / Corporate Design in allen Kanälen // Gegenseitige Vernetzung, Integration der Website Facebook (4), Reichweite (Anzahl Fans) // Aktivität: Anzahl Adminposts / Woche plus MehrwertTabs) // Interaktion (Talking about) Twitter (3), Reichweite (Anzahl Followers) // Aktivität (Anzahl

Tweets / Woche) // Interaktion (Retweets) YouTube (3), Reichweite (Anzahl Views) // Aktivität (Anzahl Videos) // Interaktion (Abonnenten) Blog (3), Reichweite (Daily Unique Visitors) // Aktivität (Anzahl Blogposts pro Woche) // Interaktion (Kommentare) Bonus (3), Personalisierung des Accounts // Wie schnell wird auf Fragen/Kritik eingegangen? (Richtwert: weniger als 24 Stunden) // Weitere Plattformen (verlinkt auf der Website) Pro Kriterium waren 0, 0,25, 0,5, 0,75 oder 1 Punkt zu vergeben, maximale Gesamtpunktzahl: 19.

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David Eicher Webguerillas-Chef David Eicher über Versäumnisse, Chancen und Erfolgskontrolle bei Facebook und Co.

Wie kann sich eine Marke proilieren? Zum Beispiel über die personalisierte Moderation der Accounts, eine schnelle und kompetente Beantwortung von Fragen und Kritik, eine einheitliche Kommunikation über die bespielten Kanäle. Marken wie Coca-Cola oder H&M machen es vor. Sie binden alle Abteilungen in die Social-Media-

David Eicher: «Noch nie konnten Marken eine solche Nähe zum Konsumenten herstellen.»

Kommunikation ein – vom Personalwesen über PR, Marketing bis zu Promotionen. Weshalb rangieren ausser der CS Banken so weit unten? Sie haben wohl Angst, sich über die Social Media zu öfnen. Dabei gäbe es so viele Möglichkeiten für Finanzinstitute, wie es etwa die neuseeländische ASB Bank zeigt. Man lässt dort Kunden, die nicht zu einem Event eingeladen sind, zum Schluss der Veranstaltung virtuell Fragen stellen, und diese werden gleich vom Chef beantwortet. Das schaft Nähe. Facebook, Twitter und Co. gelten oft noch als Schwatzbuden. Ich glaube nicht, dass Banken nur Kunden möchten, die ausschliess-

lich Schopenhauer und Seneca lesen. Drei Millionen Schweizer sind auf Facebook aktiv, das sind alles Leute, die auch einmal ein Konto eröfnen. Was gewinnt 2013 an Relevanz in den Social Media? Starke Marken zünden jetzt die nächste Stufe. Sie nutzen Social Media nicht nur als Bühne, sondern fürs Geschäft. Sie kümmern sich um das, was ich den «Social Return» nenne. Dieser Return lässt sich aber nur schwer berechnen. Falsch. Wer den Social Return nicht messen kann, ist bloss zu träge, ihn zu ermitteln. Man muss nur wissen, welches die eigene Erfolgswährung ist. Wer User in den Kundenservice einbindet, kann die daraus resultierende Ersparnis, die im eigenen Betrieb anfällt, berechnen. Genauso bei der Personalrekrutierung via Social Media. Oder man schaft über Mehrwert-Tabs auf Facebook Aktionen, die direkt zum Verkaufspunkt führen. Die Resultate lassen sich genau bezifern. Oder man entwickelt zusammen mit Usern neue Produkte. Damit spart man nicht nur Entwicklungskosten, sondern schaft höchste Loyalität. Worin besteht der Unterschied von Social Media im Vergleich zu konventionellen MarketingWerkzeugen? Noch nie konnten Marken eine solche Nähe zum Konsumenten herstellen. Wer es gut macht, wird Teil vom Alltag – ohne die Kunden zu nerven. David Eicher ist Gründer, Inhaber und Geschäftsführer von Webguerillas. Die «Agentur für alternative Werbeformen» aus München beschäftigt insgesamt 130 Angestellte, davon 21 in der Schweiz.

«Wer den Social Return nicht messen kann, ist bloss zu träge, ihn zu ermitteln.» Finanzchefs, die es gewohnt sind, mit Massstäben wie Umsatzrendite, Zinsaufwand und Kapitalumschlag zu hantieren, beissen bei Social Media oft auf Granit. So leicht lassen sich Aktivitäten auf Facebook und Co. nicht messen, vor allem wenn auch weichere hemen wie Image oder Kundenzufriedenheit ins Spiel kommen. Webguerillas-Chef David Eicher (siehe Interview links) sieht das anders: «Wer den Social Return nicht messen kann, ist bloss zu träge, ihn zu ermitteln.» Kostenlose Marktforschung. Oft seien über Kanäle wie Facebook Einsparungen zu erzielen, etwa bei der Entwicklung neuer Produkte in Zusammenarbeit mit den Usern oder im Kundendienst. Der Markenexperte Dominique von Matt sieht daneben ganz neue Auswirkungen. Social Media könnten beispielsweise helfen, Retourenquoten von Versand-

Fotos: PR, François Gribi

«Nächste Stufe»

Was ist Ihnen bei der Performance der 50 Schweizer Marken in den Social Media aufgefallen? Überraschend war insbesondere, dass es auch 2013 bedeutende Brands gibt, die Social-MediaKanäle gänzlich ignorieren oder deren Potenzial kaum nutzen.

staunt. Denn nahe am Verkaufspunkt zeigt Coop viel Innovationskraft, lässt die Kunden per iPhone ihre Einkäufe scannen oder per Smartphone Bestellungen auf einer Posterwand tätigen. Facebook und Co. hingegen spielen eine untergeordnete Rolle. Man verfolge, heisst es in Basel, eine eigene Online-Kommunikationsstrategie und setze Social-Media-Elemente nur gezielt und kampagnenbezogen ein. Hauptgrund der selbst gewählten Abstinenz: «Für Coop steht der inanzielle und personelle Aufwand im Verhältnis zur kommunikativen Wirkung in vielen Bereichen derzeit noch in einem Missverhältnis.» Damit sprechen die Basler einen der heissesten Punkte an: den Return on Investment. Was schaut für das Unternehmen ganz konkret heraus bei den virtuellen Aktivitäten? Und wie misst man das? •

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Marken dann die Möglichkeit, dazu einen öfentlichen Dialog zu führen». Neben dem Kundendialog gewinnen Social-Media-Plattformen für Personalverantwortliche an Relevanz: «Wir setzen Plattformen wie Xing und LinkedIn aktiv zur Rekrutierung ein», sagt Hans Tuithof von Phonak. Ab 2013 wolle man zudem einen Schritt weiter gehen und einen erfahrenen Social-Media-Manager einstellen, «der sich nur mit der Umsetzung unserer Strategie beschäftigen wird». Solche Bestrebungen sind für Nappo ein Beweis mehr, dass die Phase der künstlichen Erregung vorbei ist: «Der Bedarf nach Aus- und Weiterbildung auf dem Gebiet der Social Media hat sich etabliert. Es werden Stellenprozente geschaffen, zumal auch die extreme Verlagerung der Konsumenten auf mobile Endgeräte wie Smartphones und Tablets neue Bedingungen schafen wird.»

Spätzünder. Die SBB wurden von Eliane Tschudi zwar spät ins SocialMedia-Geschäft geführt, dafür umso erfolgreicher. Zu Beginn funktionierte der Auftritt in erster Linie als Klagemauer – allerdings als eine mit schnellem Echo.

händlern zu optimieren. «Kunden, die ihre Kleider Facebook-Freunden zeigen, schicken die georderte Ware weniger oft zurück, weil sie sich damit bereits virtuellen Applaus geholt haben.» Einsparungen erkennt auch Christian Lüdi von Swiss: «Mit den Social Media betreiben wir quasi kostenlose Marktforschung und können uns das Geld für Fokusgruppen sparen.» Unternehmen, die ihre Super-User als (kostenlose) Problemlöser für die Community einsetzen, sparen ebenso Geld. Aber sie öfnen sich dabei auch in einem Masse, das vielen Marken aus der Old Economy fragwürdig erscheint. Erfolg messen Schweizer Firmen meist, indem sie nachverfolgen, wie viele Besucher sie von ihren Social-Media-Plattformen auf die eigene Website umleiten können. Weitere wichtige Messgrössen sind die Entwicklung von Likers und Followers sowie die Intensität des Dialogs. Das hema des Social Media Returns sei in Entwicklung, sagt Dominique von Matt: «Da entstehen neue soziale Spielregeln, die jedes Unternehmen für sich lernen muss.» Was für ihn klar ist: «Social Media sind längst kein Hype mehr. Es ist ein Trend, der immer wichtiger wird.» Neben den elektronischen Kanälen bleiben aber auch konventionelle Medien

wichtig, was sich in der starken OlineOnline-Wechselwirkung bei der hemensetzung zeigt. Wenn Zeitungen, Radio und Fernsehen ein hema stark forcieren, wird das in der Regel auch heftigen Niederschlag bei Facebook und Twitter inden. «Das eine treibt das andere an», sagt Manuel P. Nappo, Studienleiter Social Media Management an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich. Das Fernsehen etwa wirke oft als Brandbeschleuniger für hemen – «und via Social Media haben

Was die Unternehmen messen Links zur Website, Anzahl Followers, Intensität des Dialogs – das sind für Marken die wichtigsten Erfolgskriterien. Prozent

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