Press Kit Outside-Inside

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OUTSIDE INSIDE ist eine Gruppe in Winterthur lebender Künstler verschiedener ausländischer Nationalitäten. Die kulturellen Hintergründe sind sehr verschieden - sie liegen zum Teil in weit entfernten Regionen der Welt. Winterthur als Wohnort hat die Geschichten und künstlerischen Ausdrucksformen der Künstler zusammen gebracht. Integration als wesentlicher Teil der persönlichen Entwicklung ist mit bestimmend für die Kunst. Die Werke sind das Ergebnis von Beobachtungen, Wahrnehmungen und Einflüssen. Sie vereinen die Sicht von aussen nach innen. OUTSIDE INSIDE.

OUTSIDE INSIDE is a group initiative uniting artists from different nationalities who live in Winterthur. The artists backgrounds are diverse reaching to vast regions of the world. Winterthur has brought their histories and mediums together forming a symbiosis of art and culture. Integration is a part of their lives which coalesces the development reflected in their art and ideologies.


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DER LANDBOTE Mittwoch, 19. JANUAR 2011

Zauberformel und Wolldecken Sechs Kunstschaffende der Vereinigung «Outside Inside – International Artists» stellen am Wochenende im Alten Stadthaus neue Werke aus. «Heimat» lautet ihr Thema, man darf hingucken, nach­ denken und auch schmunzeln. CHRISTINA PEEGE

Ganz schön bunt geht es in Winterthur und Umgebung inzwischen zu und her, und das in jeder Hinsicht. In der Stadt und ihrem Umland leben und arbeiten Kunstschaffende aus aller Welt. Sie haben ihren Lebensmittelpunkt hierherverlegt, der Liebe zu einem Partner wegen (meistens) oder aus anderen Gründen. Was sie aus ihrer Heimat an künstlerischem «Erbe» mitgebracht haben, ihre Sicht auf die Schweiz und auf Winterthur, bereichert die örtliche Kunstszene. Zehn von diesen Künstlern haben sich zu einer Gruppe unter dem Namen «Outside Inside – International Artists» zusammengefunden. Seit einem Jahr treffen sich die Gruppenmitglieder und stellen in wechselnder Formation in Winterthur, aber auch in Zürich aus. Am kommenden Wochenende findet zum zweiten Mal eine Ausstellung im Alten Stadthaus statt. Beteiligt sind diesmal sechs Kunstschaffende: Mike Albrow (GB), Michelle Bird (USA), Ricardo Flores Saldaña (Mexiko), Christiane Ghilardi (D), Denise Travailleur (Mauritius/CH) und Jono Brown (GB). Für die diesjährige Werkpräsentation musste ein neues Konzept her: «Wir wollten keine bereits bestehenden Werke aus dem Atelier ausstellen, sondern neue Arbeiten mit einem gemeinsamen Thema schaffen», erklärt Brown an der Medienorientierung in Birds Atelier. Und was treibt Kunstschaffende «mit Migrationshintergrund» thematisch so um? Genau: die Frage nach der Heimat. «Wir haben uns gefragt, was uns Heimat bedeutet», so Brown, «sowohl die alte, wo wir herkommen, wie auch die neue, wo wir heute leben.»

Auf dem Strom des Lebens Statt aber einsam im Atelier zu werkeln, haben sich die sechs zu KünstlerTandems formiert und intensiv diskutiert. Ist Heimat ein Ort, ein Mensch, ein Seelenzustand? Und sie haben viel gearbeitet. Die Malerin Bird etwa hat sich mit dem Maler Albrow zusammengetan und mit ihm ein grosses Gemälde geschaffen. Thema sind Schweizer Jugendliche an der Schwelle zum Erwachsenenalter, mit all ihren Lastern und liebenswerten Eigenschaften. Die Jugendlichen machen für die zwei ihre aktuelle Heimat aus, es sind Kinder ihrer Partner oder Nachbarn. «Es war gar nicht so einfach, sich nur vom

Post-it für das Leben Nicht nur dank Jack Nicholson hat James L. Brooks’ Komödie «How Do You Know» (übersetzt: Woher weisst du, dass es Liebe ist?) etwas Tiefgang. Brooks (71), der für «Terms Of Endearment» und «As Good As It Gets» Oscars erhielt, macht es aber seinen beiden Hauptfiguren nicht leicht. Weil sie die 30 überschreitet, wird die Softball-Athletin Lisa (Reese Witherspoon) von ihrem neuen Teamtrainer abgesägt. George (Paul Rudd), der in der Firma seines Vaters (Jack Nicholson) arbeitet, wird wegen Bestechung angeklagt – worauf ihn nicht nur seine Freundin verlässt, sondern auch Gefängnis droht. Als Matty (Owen Wilson), den Lisa gerade als unkomplizierten Bettgenossen schätzen gelernt hat, sich in sie verliebt, zieht sie bei ihm ein. George bekommt inzwischen Unterstützung von einer Sekretärin, die ihm gerne Insider-Informationen über seines Vaters Firma gäbe, wenn sie denn reden dürfte. Wikileaks light. (br) Woher weisst du, dass es Liebe ist? Kiwi: ab Do, 14.30, 17.15,  20.15, Fr/Sa auch 23 Uhr (D) Maxx: 20.15 Uhr,   Fr/Sa auch 23 Uhr (D)

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S.O.S.

Sechs Künstler der Künstlervereinigung «Outside Inside» haben einen Blick auf unser Land geworfen. Die Zweierteams: Jono Brown & Denise Travailleur, Christiane Ghilardi & Ricardo Flores Saldaña (vorn), Mike Albrow & Michelle Bird. Bild: Heinz Diener

Bild leiten zu lassen und dem andern keine fixen Vorstellungen vom fertigen Bild aufzudrängen», blicken beide zurück, kurz: Es sei «wirklich ein sehr intensiver Lernprozess gewesen». Ghilardi und Flores Saldaña arbeiten installativ. Ghilardi hat für jeden Schweizer Kanton aus ihrem Lieblingswerkstoff – ausrangierte Schweizer Armeewolldecken – ein Kissen gemacht und alle mit charakteristischen Attributen versehen, beispielsweise das St. Galler Kissen mit Spitzen. Flores Saldaña hat aus einem alten Stützbalken eine an ein Schiff gemahnende Skulptur geschaffen. «Die Heimat tragen wir in uns drin», haben beide während ihrer gemeinsamen Arbeit herausgefunden. Nicht ihre Herkunftsländer seien für ihre Identität entscheidend. Sie seien «im Fluss des Lebens».

Der eigenartige Alltag Travailleur und Brown, sie Fotografin, er Maler und Druckgrafiker, haben sich mit den Dingen auseinanderge-

setzt, die für Schweizer alltäglich, für Ausländer aber bemerkenswert sind. So eröffnen sie auch Schweizern eine neue Sicht auf ihr eigenes Land. Sie haben sich für ihre Werke für ein strikt quadratisches Format entschieden: «Weil man in der Schweiz so streng und diszipliniert arbeitet», finden beide. Travailleur hat Bahnhöfe und Züge fotografiert, weil der öffentliche Verkehr für die Schweiz so typisch ist und perfekt funktioniert wie ein Schweizer Uhrwerk. «Die SBB sind doch der Kreislauf der Schweiz; stehen die Züge still, kollabiert das Land», witzelt Brown zur Arbeit seiner Kollegin. Auch die Altpapiersammlung hat sie fasziniert sowie die Velos, die hier sogar eigene Wege haben. Brown hält mit einem Druck einer Scheiterbeige dagegen, die Scheiter auf den Zentimeter genau geschichtet. «Entweder man macht in der Schweiz etwas perfekt, oder man lässt es sein», so sein Kommentar. Begeistert ist er

von der Zauberformel, weil sie politische Ausschläge nach links wie nach rechts verhindere, auch ihr hat er ein Bild gewidmet, das die Weitsicht dieses politischen Konzepts zum Ausdruck bringt. Auch der aktuelle Bauboom fasziniert ihn. «Die Bauten sind hässlich, aber was in der Schweiz perfekt funktioniert, gilt als schön», hat er festgestellt. Ausgestellt werden ihre Drucke und Fotos im Alten Stadthaus auf Stühlen: «Wir sind hier sesshaft geworden», meinen beide, augenzwinkernd, die andern nicken zustimmend. Und was verbindet alle sechs miteinander? «Die Kunst», sagen sie sofort, die Freundschaft auch, und last but not least: «Winterthur.» Vernissage: Freitag, 21. 1., ab 17 Uhr Altes Stadthaus Winterthur. Mit Musik, Buffet und einer Einleitung von Christiane Ghilardi   (um 18 Uhr). Sa und So, 22. 1. und 23. 1.,   11–17 Uhr, mit Präsentationen der Künstler.  Genaues Programm:

www.outside-inside.ch

Sehen und Hören im Museum Fische für einmal nicht stumm: Die Museumskonzerte laden zum Ausstellungsbesuch der besonderen Art ein. Herbert büttiker

Die Fische im Naturmuseum sollen für einmal in Klängen schwimmen. Bild: wue

neu im kino

In der Sonderausstellung des Naturmuseums, die den Fischen gewidmet ist, werden am kommenden Sonntag Augen und Ohren kurzgeschlossen. Im ersten von acht Museumskonzerten des Jahres 2011 wird dort das Wasser und seine Lebendigkeit auch akustisch Thema sein. Nein, nicht Händels «Wassermusik», nicht Schuberts «Forelle» und nicht Saint-Saëns’ «Aquarium» werden plätschern – die literarisch-

musikalischen Matineen wollen dazu verführen, im besonderen Ambiente weniger bekannte und neue Klänge zu entdecken. Dazu bietet das reiche Winterthurer Ausstellungsprogramm die Inspiration. So geht es im Februar in die Sammlung «Am Römerholz» zu Camille Corot und zu Liedern und Klaviermusik aus Frankreich, im März ins Gewerbemuseum zu den «Bösen Dingen» und «schrägen» Arrangements zwischen U- und E-Musik oder im April ins Kunstmuseum zu Fausto Melotti und zur polyfonen Musik. Die Reihe schliesst im Juni in der Jubiläumsausstellung des Münzkabinetts – mit «gesammelten Kabinettstücken.» Die von Burkhard Kinzler von der Zürcher Hochschule der Künste

betreute Reihe bietet jungen Künstlern und Künstlerinnen, Studierenden der Hochschule und Schülern des Konservatoriums Winterthur ein Podium und wendet sich auch so gesehen ans neugierige Publikum. Am kommenden Sonntag spielen Mariella Buchmann (Klarinetten) und Nino Chokhonelidze (Klavier) Werke von Karl-Heinz Stockhausen, John Cage, Karel Goeyvaerts und Xavier Lefèvre. Zu ihren gewiss überraschungsreichen Wassermusiken werden Texte über Fische und ihr Element vorgetragen: alles zusammen eine Einladung, im Reich der Künste mitzuschwimmen. Aquarien Matinee im Naturmuseum Winterthur, Museumstrasse 52, Sonntag, 23. 1., 10.30 Uhr.

Bisswunde im Rücken, ein Stromschlag, Genickbruch: Die Liste der unnatürlichen Todesfälle in «Devil», dem neuen Film von John Erick Dowdle, ist nicht endlich. So gross aber ist die Gefahr, in die sich der Mensch begibt, dessen Seele der Teufel möglicherweise will. Fünf solcher Kandidaten sind gefangen im Lift, dieser macht, was das Böse will, nämlich: Nichts geht da mehr nach Fahrplan. Manchmal geht auch das Licht aus, und da liegt gleich wieder einer der Passagiere tot da. «Devil» ist die Horrorvariation auf «Dann gabs keines mehr» – und die erste Folge der «Night Chronicles», die von relativ nicht natürlichen Vorkommnissen in Gross­ städten (hier: Philadelphia) erzählen. Nichts für Menschen mit Platzangst. Ausserdem: Der Lift nach oben ist schon besetzt. (bu) Devil Kiwi: ab Do, 14.30, 20.30 Uhr,  Fr/Sa auch 22.45 Uhr Maxx: ab Do, 20.15 Uhr,  Fr/Sa auch 23 Uhr

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Zeit der Revolution Man soll sich nicht täuschen lassen: «We Want Sex», der deutsche Übersetzungstitel von «Made In Dagenham», ist die Kurzversion von «We Want Sex Equality». Um Gleichberechtigung geht es auch im Film von Nigel Cole («Calendar Girl»), die Forderung lautet: gleicher Lohn für gleiche Arbeit! Grossbritannien, 1968. In den Ford-Werken von Dagenham werden die Frauen, die hier unter schwierigen Bedingungen arbeiten, lohnmässig abgestuft – das Management will wieder mal bei den Schwächsten sparen. Nichts ist damit aber in diesem Fall, der auch richtig Geschichte gemacht hat. Die 187 Näherinnen nehmen die Kürzung nicht hin und treten geschlossen in den Streik, angeführt von einer couragierten Sally Hawkins. Eine Sozialkomödie mit menschlichem Gesicht. (bu) We Want Sex Kiwi: ab Do, 14.30, 17.30,  20.15 Uhr (ausser Di),   So 10.30 Uhr (E, d/f) Maxx: ab Do, 14.45, 17.45,  20.45, Fr/Sa auch 23.30 (D)

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DER LANDBOTE Freitag, 29. april 2011

«Enjoying the ride» Der Maler Mike Albrow kam nach Winterthur, weil seine Schweizer Ehefrau in seiner Heimatstadt Manchester nie heimisch wurde. Ihm gefällt Winterthur – weil ihn die Stadt mit ihren Industrie-Arealen ein wenig an seine Heimat Manchester erinnert. christina peege

Obdachlos ist er zurzeit, der Künstler Mike Albrow. Nicht weil seine Malerei brotlos wäre, sondern weil ein Brand an der Zürcherstrasse 62a auch sein Atelier in Mitleidenschaft gezogen hatte. «Alles ist verrusst», seufzt er, jetzt wartet er auf die Reinigungsequipe und den Flachmaler, der den Raum wieder weiss tüncht. Beschäftigungslos ist er deswegen nicht: Zurzeit arbeitet er in einem Gemeinschaftsprojekt mit der Malerin Michelle Bird und dem Fotografen Mike Helbling in der Halle 53 auf dem Sulzer-Areal. Er bemalt eine Backsteinwand in der Halle – «sechs mal sechs Meter, das macht einfach Spass». «Es ist aber auch ganz schön anstrengend», räumt er ein, denn er sei im Gegensatz zu seiner Kollegin ein langsamer Maler, einer, der an einer kleinen Stelle eines Gemäldes sehr viel Zeit verbringen könne, bis alles stimmt. Etwas besorgt schaut er hinauf ins Baugerüst, das ihnen die Firma Implenia für das Projekt gesponsert hat. Dort setzt seine Kollegin grad zur Arbeit an. «Lass mir was übrig, ja?», ruft er hinauf. Zwar muss das

aussensicht und  Blick nach innen In Winterthur leben und arbeiten Kunstschaffende aus aller Welt. Sie sind auf abenteuerlichen, verschlungenen oder ganz direkten Wegen (oder manchmal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt. (cp)

Werk der Abrissbirne weichen, wenn die Afro-Pfingsten starten, «shame to waste a wall» witzelt er. Er selbst bezeichnet sich als Autodidakt. «Ich habe als Kind sehr gerne gezeichnet.» Gezeichnet haben schon sein Grossvater und sein Vater – er hat seine ganze Schulzeit über in Manchester gerne gezeichnet, ohne je künstlerische Ambitionen zu entwickeln. Irgendwann schenkte ihm sein Vater eine Kiste mit Malfarben. Er legte sie beiseite und vergass sie. Im Gastrogewerbe lernte er seine Frau kennen, eine Schweizerin aus einem fernen Ort namens Bertschikon. Nach einigem Hin und Her zwischen England und der Schweiz haben sie sich entschieden, eine Weile in der Schweiz zu leben. «Als Koch finde ich auch in der Schweiz einen Job», sagte er sich und zog 1992 mit seiner Gattin nach Winterthur. «Ich war kaum eine Woche hier, da hatte ich tatsächlich einen Job, mein Chef nutzte die Chance, mit mir seine Englischkenntnisse aufzubessern», schmunzelt der Maler, aber ja: Ein paar Deutschkurse habe er dann doch belegt. Albrow wird Vater von drei Kindern, die Familie zieht hinaus ins ländliche Oberstammheim. Was ihn besonders freut: Hier in der Schweiz seien die Arbeitgeber viel flexibler als in England. Er kann sein Arbeitspensum reduzieren und sich um die Kinder kümmern, «Familie machen wir im Jobsharing, das ist schon toll in der Schweiz», sagt er.

Ein Zugang zu Menschen Und die Kunst? Als sein Vater vor einigen Jahren starb, entsann er sich der Kiste mit Malfarben. Er begann, am Feierabend zu malen, und merkte schnell, dass er seine Leidenschaft gefunden hat. Diese Leidenschaft wurde vertieft durch eine Reise nach Rom und Florenz, wo ihn der Reichtum an

Mike Albrow: Wenn er Porträts malt, kann er mit seinem Modell besser kommunizieren, als wenn er sich mit ihm unterhält. Bild: pd

Kunst und Kultur tief bewegte und in ihm ein Lebensziel geweckt hat. Was ihm malen bedeute? Er überlegt. «Ich bin eher schüchtern.» Aber durch seine Malerei könne er auf Menschen zugehen und mit ihnen kommunizieren. «Mich interessiert der Mensch», sagt er, deswegen male er vor allem Figuren und Porträts. Seit sein jüngster Sohn im Kindergarten ist, hat er etwas mehr Zeit für seine Malerei. Er belegt Malkurse und mietet ein Atelier in Winterthur. In Oberstammheim gefällt es ihm, aber er suche Kontakt zu Künstlerkollegen, den gibt es nur in der Stadt. Deshalb engagiert er sich auch in der Künstlervereinigung OutsideInside. Winterthur sei zwar keine Grossstadt, aber dafür seien hier die Leute viel angenehmer. Die Künstler, die er hier angetroffen habe, seien sehr offen auf ihn zugegangen. Dennoch sei Win-

terthur für Kunstschaffende ein hartes Pflaster, selbst für eta­blier­te Künstler sei es schwierig, Ausstellungsmöglichkeiten zu finden. «Die Ansprüche an Kunstschaffende sind hoch, fast elitär», bedauert er. Der Einstieg für Neulinge wie ihn sei entsprechend schwierig.

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Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

Doch, räumt er ein, manchmal plage ihn ein klein wenig das Heimweh. Aber deshalb fühlt er sich gerade auf dem Sulzer-Areal so wohl. Die Halle 53 mit ihren gelben Backsteinmauern und den teils beschädigten Scheiben erinnert ihn an die verlassenen IndustrieAreale seiner Heimatstadt. Die wie in Winterthur sukzessive renoviert und wiederbelebt würden. Wie in Winter-

thur habe sich das Gesicht der Stadt verändert, «die Stadt meiner Jugend? ist nur noch Erinnerung».

Ein klein wenig Heimweh Ob er je von seiner Kunst leben kann ist für ihn nicht so wichtig. «Ich geniesse es einfach, nach meiner Arbeit noch etwas Zeit in meinem Atelier zu verbringen», sagt er – wenn es wieder vom Russ gereinigt und frisch gestrichen sei. Wichtiger ist ihm, alles unter einen Hut zu bringen – Zeit für seine Familie zu haben, seinen Job als Koch gut zu machen und zu malen. «Enjoying the ride», schmunzelt er und beginnt, das Gerüst zu erklimmen.   Vernissage am 5. Mai ab 18 Uhr, Halle 53  Katharina-Sulzer-Platz, Finissage am 30. Mai.   Solo-Ausstellung: AWZ, Schöntalstr. 8, Zürich,  Vernissage am 15. Mai ab 13 Uhr

www.malbrow.ch

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Auf der Suche nach der verlorenen Zeit Wo, in aller Welt, ist Osama bin Laden? Mit einer Vermisstmeldung startet das Kino Nische das Mai-Programm. stefan busz

Wenn sich viele schon gute Nacht sagen, können Sie im Airport Center und seinen über 80 Geschäften noch einkaufen: Frische Lebensmittel erhalten Sie täglich von 6 bis 23 Uhr, alle anderen Shops sind bis 21 Uhr für Sie geöffnet. Auch an Sonn- und Feiertagen. www.flughafen-zuerich.ch/airportcenter

Vermisst: Unter diesem Titel steht das Mai-Programm des Kinos Nische. Das Winterthurer Kulturzentrum Gaswerk wird also zum Ort des Wiedersehens. Gezeigt werden hier fünf Filme über das Abwesende. Aber: «Was fehlt, kann bekanntlich sehr präsent in unseren Köpfen weiter existieren», heisst es in der Vorschau. Der Gegenstand also ist die Suche: zum Beispiel nach einer Grossmutter, die spurlos verschwunden ist («Pandoras Box» von Yesim Ustaoglu aus der Türkei), nach einem Fahrrad, das gestohlen wurde («Beijing Bicycle» von Xiaoshuai Wang), nach einem Familienmitglied, das schmerzlich vermisst wird (Hirokazu Koreedas «Still Waiting» aus Japan), oder einem Leben, das noch nicht gelebt ist («Eyes Wide Open» von Haim Tabakman aus Israel) – und eben nach einem international gesuchten Verbrecher. «Where in the World Is Osama bin Laden» fragt sich gleich zu Anfang der Reihe Morgan Spurlock («Super Size Me»), der Dokumentarfilmer macht sich ganz allein auf die Suche nach

dem Bösen, das irgendwo da draussen ist. Und der Mann findet natürlich ganz etwas anderes. Kein besonders guter Film, sagte die Kritik nach der Premiere, zu amerikanisch die ganze Anlage. Der Autor stellt sich immer in den Mittelpunkt: Spurlock im Überlebenstraining, Spurlock auf dem Kamel, Spurlock bei den Saudis, bei den Ägyptern, Spurlock, mit der Bazooka in der Hand. Das hat schon etwas von Egomanie. Aber auch die Spiegelung des Eigenen gehört zur Weltanschauung. Where in the World Is Osama bin Laden USA 2008, Regie: Morgan Spurlock,   Kino Nische, Kulturzentrum Gaswerk,   Sonntag, 1. Mai, 19.30 Uhr

www.kinonische.ch

Gesucht: das Böse an sich. Bild: pd


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14    STADTKULTUR

l   der landbote   l   Mittwoch, 10. FEBRUAR 2010

«Kunst braucht eine gute Community» Die gebürtige Amerikanerin und Malerin Michelle Bird setzt alles daran, in Winter­ thur eine Künstlergemein­ schaft nach dem Muster von Amsterdam oder San Francisco ins Leben zu rufen. War­um ihr Grüntee so wunderbar duf­ tet, bleibt ihr Geheimnis. Offen spricht sie dagegen über die Gefühle, die in ihr aufsteigen, wie der aromatische Duft aus dem Teeglas, das sie gera­ de ihrem Gast reicht. «Grüntee weckt

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Wie Kunstschaffende aus aller Welt Winterthur se­hen und beleben

Kindheitserinnerungen», sagt sie, Er­ innerungen an gemeinsame Stunden mit ihrer Grossmutter, zu Hause in San Francisco. Wer mit der Künstlerin ins Ge­ spräch kommt, ist überrascht, wie sehr sie sich zunächst aus dem Blick­ feld nimmt. Wenn sie über sich selbst reden muss, dann be­ginnt sie mit ih­ rer Familie, denjenigen Menschen, denen sie sich verbunden fühlt und denen sie, wie sie sagt, viel verdankt. «Mein Vater kam als erst 16-jähriger Junge von Schanghai in die Vereini­ gten Staaten», erklärt sie. Er schlug sich in einer Curryfabrik durch, ar­bei­ te­te sich hoch und holte seine Fami­ lie nach, auch seine Mutter, Michelles Grossmutter. «Wie er so jung und ganz auf sich allein gestellt Fuss fas­ sen konnte, beeindruckt mich sehr», sagt sie. Ihr Vater arbeitet später als Maler und Fotograf, ihre Grossmutter ist Schauspielerin und Tänzerin am Chinesischen Thea­ter von San Fran­ cisco. In dieser Stadt kommt Michelle 1965 zur Welt.

Malkurs statt Kinderkrippe Entscheidend für ihre Karriere sei aber ihre Mutter gewesen. Sie setzt ihre Tochter während der Arbeitszeit statt in einer teuren Kinderkrippe in den Mal- und Töpferklassen ab, die in den zahlreichen Museen von San Francisco für Kinder nahezu kosten­ los angeboten werden. Die Mutter ist die Geschäftsfrau, die erfolgreich ein Design- und Architekturbüro aufbaut. Sie ermuntert ihre Tochter auch, ihren

Michelle Bird in ihrem Atelier. Mit ihren farbigen und impulsiven Gemälden sorgt sie ebenso für Aufmerksamkeit wie mit ihren Ideen. Bild: Marc Dahinden

Traum, Künstlerin zu werden, in die Realität umzusetzen. «Lebe deinen Traum» – von ihrer Mutter sei sie ty­ pisch amerikanisch geprägt, schmun­ zelt die Künstlerin. Von ihr habe sie ihr Durchsetzungsvermögen und ihren Geschäftssinn geerbt. Michelle wächst in San Francisco und an verschiedenen Orten der ame­ rikanischen Westküste auf, «die Vä­ ter kamen und gingen», sagt sie, aber ganz ohne Groll. Sogar in Hawaii lebte sie einige Jahre – dann kehrte sie nach Kalifornien zurück. Über­all, wo sie lebt, wandert sie mit offenen Augen durch die Natur, durch in die sanften grünen Hügel mit den roten Felsen in den Marin Headlands bei San Francis­ co, den Redwood-Nationalpark oder durch die Vulkanlandschaft mit ihren intensiven Farben in Hawaii. «So sieht das dort aus», erklärt sie der Europäe­ rin und holt aus ihrem Bücherfundus Bildbände, die ahnen lassen, wo die opulenten und glühenden Farben der Gemälde ihre Wurzeln haben: in der

Aussensicht und Blick nach Innen In Winterthur leben und arbeiten Kunst­ schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, versch­ lungenen oder ganz direkten Wegen (und machmal­ auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stel­ len in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft («from out­ side») geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt ver­ bunden haben. Was sie aus ihrer Hei­

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Verena Gick wieder in den Stadtrat

www.verenagick.ch

«Winterthur soll auch für künftige Generationen lebens- und liebenswert sein. Gesunde Finanzen sind Voraussetzung für eine nachhaltige Sozial-, Bildungsund Sicherheitspolitik. Deshalb brauchen wir das Engagement von Verena Gick!» Susanne Haelg, Präsidentin Kreisschulpflege Seen

mat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt («inside»). Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von einer Ausstellung unter dem Titel «Outside Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­ itia­ti­ve von Michelle Bird im Alten Stadt­ haus Winterthur stattgefunden hat. Weitere Interessenten für ein Porträt sind willkommen, Hinweise aus der Le­ serschaft auf Kunstschaffende eben­ falls auf: cpeege@landbote.ch. (cp)

Wüste, im Urwald, im Meer, in dem sich der Himmel spiegelt.

Kunst ohne Kompromisse Wie ihr Vater stellt sich Michelle mit 16 Jahren auf eigene Füsse, schlägt sich mit Servicejobs durch, arbeitet sich für kleine Firmen in Buchhaltung und Marketingmethoden ein, sie geht aufs College und arbeitet daneben im Designbüro ihrer Mutter. Eine kleine Erbschaft ihres (dritten und Adoptiv-) Vaters verändert alles in ihrem Leben. Sie kehrt San Francisco als 25-Jährige den Rücken und lässt sich in Amster­ dam nieder. Wieder stürzt sie sich in die Arbeit, lernt Niederländisch, ar­ beitet für Architekturbüros, Designfir­ men, vertieft sich in Computertechnik, Tanz, Handwerk. Die Malerei ver­ folgt sie, wenn sie Zeit findet. Der Tod eines Freundes 1998 sei so etwas wie ein Wendepunkt in ihrem Leben ge­ wesen. Sie malt, findet darin so etwas wie inneren Frieden. «Damals habe ich entschieden, Kunst zu machen, ohne Kompromisse», blickt sie zurück. Sie verlässt Amsterdam und reist wäh­ rend eines Jahres durch Asien.

Heiratsantrag am Telefon Nach Amsterdam zurückgekehrt, stu­ diert sie an der Rietveld Art Acade­ my Kunst – und ist enttäuscht, Malerei gilt hier als Auslaufmodell. Sie findet einen Mentor, den Dichter und Maler Anton Martineau. «Er teilte mit mir die Liebe zur Malerei», erinnert sie sich, bei ihm findet sie zu ihrer ganz eigenen Handschrift. «Er hat mich ge­ lehrt, an mich zu glauben», sagt sie.

Bird lebt und arbeitet inmitten ei­ ner quirligen Künstlerkolonie, die sie ungemein inspiriert. Keine Jury habe bestimmt, wer hier Mitglied sein kön­ ne und wer nicht. Sie malt ungegenständlich, aber auch figurativ und sitzt tagelang in Coffeeshops und hält mit dem Zei­ chenstift das Leben im bekannten Rot­ lichtquartier De Wallen fest und pu­ bliziert die­se Zeichnungen gemeinsam mit Bruce Harris in einem Buch. Die Arbeit in dieser Community gehört zu ihren produktivsten überhaupt. An einem Kunstfestival lernt sie ei­ nen Schweizer kennen, der von weit, weit weg, aus Winterthur, angereist ist. Nach dem Festival verliert sie ihn zwar aus den Augen, nur zwei Wochen spä­ ter aber macht er ihr einen Heiratsan­ trag – am Telefon. «Ich wusste, er ist der Mann meines Lebens», lacht sie und wartet, bis der Gast, der sich gera­ de am Grüntee verschluckt hat, nicht mehr husten muss.

In Winterthur zu Hause Sie folgt dem Ruf des Herzens – und lässt sich 2004 in Winterthur nieder, baut mit ihrem Mann ein Haus an der Breitestrasse, hier hat sie heute auch ein geräumiges Atelier. «Ich fühlte mich sofort zu Hause», sagt sie. Es ist die Natur rund um die Stadt, die sanften Hügel, das satte Grün der Wälder, das sie an die Marin Head­ lands erinnert. Begeistert war sie von der Kultur, den Museen, aber auch von der reichen zeitgenössischen Kunst. Etwas ernüchtert war sie, dass es hier keine «Art World» gibt. «Die

Künstler hier sind Einzelkämpfer, es fehlt die Gemeinschaft», stellte sie fest – und begann, die Kunstschaf­ fenden auf Trab zu bringen. Sie or­ ganisiert seit 2007 einmal im Jahr die Open Doors, Tage des offenen Ate­ liers, und gibt seit 2008 ein Heft in fre­

Die Winterthurer « haben mich mit offenen Armen empfangen » Michelle Bird

chem Pink heraus und baut eine Web­ plattform auf. «Kunst funktioniert in­ haltlich und wirtschaftlich langfristig besser in einer grösseren Communi­ ty», ist sie überzeugt. Dass sie mit ihren Ideen in Win­ terthur nicht über­all auf Resonanz stösst, ist ihr bewusst. Längst nicht alle Künstler ziehen mit, aber «alle haben ihre guten Gründe», sagt Bird, die­se könne sie akzeptieren. Auf Ab­ lehnung sei sie nirgends gestossen, sondern immer auf Wohlwollen und Interesse: «Die Winterthurer haben mich mit offenen Armen empfangen.» Langsam be­ginnt ihr Traum von ei­ ner Community Gestalt anzunehmen. Nicht ganz in kalifornischem Tempo, aber immerhin. Apropos USA: wirk­ lich gar kein Heimweh? Vielleicht ein wenig – «Mir fehlt das Meer», seufzt sie. Und schenkt Grüntee nach. lCHRISTINA PEEGE www.michellebird.ch

Black Eagle ist gelandet Azem Maksutaj schaut sich im Kino an. Der Thaibox­ weltmeister zeigt im Film «Being Azem» seine Stärken. Pressevisionierungen von Filmen, die ins Kino kommen, finden in Win­ terthur nur wunderselten statt. Eine Ausnahme ist «Being Azem», das Por­ trät der Filmemacher Nicolò Settegra­ na und Tomislav Mestrovic über den 14-maligen hiesigen Thaiboxweltmeis­ ter Azem Maksutaj – sein Wing Thai Gym ist ja schliesslich nur ein paar Schritte vom Kiwi entfernt. Und so steht er gestern da, als käme auf dem Neumarkt aus dem kalten Grau des Morgens gerade die Sonne heraus: Azem Maksutaj, den sie Schwarzer Adler nennen. Zusammen mit den Re­ gisseuren stellt er sich vor dem Kino

den Fotografen: in einer Pose für die Ewigkeit. In knapp 90 Minuten zieht dann im Kiwi 7 zwei Jahre aus dem Leben eines Kämpfers vorbei. Azem in Thai­ land, Azem in Kosovo, Azem im Trai­ ning, Azem im Bellagio von Las Ve­ gas, wo sich ein grosser Traum erfül­ len könnte, ganz oben auf dem Olymp angekommen zu sein (Olymp auf Ja­ panisch heisst­: K1). Es ist ein berüh­ render Film, denn er zeigt die Stär­ ken, die ein grosses Herz hat. Nach dem Abspann steht Azem Maksutaj im Foyer und spricht über die Kämp­ fe, die er hinter sich hat, und über die, die noch kommen. Und er ist glücklich über «Being Azem». Der Film hat in Winterthur am 24. Februar Premiere. Dann mit rotem Teppich. (bu) www.beingazem.ch

Being Azem Maksutaj: Die Filmemacher stellen den Kämpfer ins Zen­trum. Bild: ste


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16    STADTKULTUR

l   der landbote   l   SAMSTAG, 10. APRIL 2010

«Die Bierkurve ist das Beste an der Stadt» Der Brite Jono Brown ist über verschlungene Wege nach ­Winterthur gekommen. Hier hat er erst Karriere in einer ­Baumaschinenfirma gemacht, bevor er Künstler wurde. Das Untertor ist für ihn ein Symbol der grossen Welt. «Ich bin ein Rebell», sagt der Künstler Jono Brown von sich selber – so er denn überhaupt über sich selber redet, und wenn, dann nur zögerlich. Er sei es nicht gewohnt, sich über sein Leben zu verbreiten, begründet er seine Zurückhaltung. Bevor er etwas sagt, blickt er aus dem Fenster seines Ateliers, hinab auf das belebte Untertor, wo Menschen mit Einkaufstüten beladen durch die Gasse eilen. Brown wägt die Worte ab, legt Wert auf Genauigkeit. Rebell wofür – oder wogegen? «Gegen einen vorgespurten Lebensweg, gegen Ge­plan­tes und Vorhersehbares», legt er nach, «auch gegen mich selber.» Vielleicht liege das an seiner Herkunft, überlegt der gebürtige Brite aus Nottingham. «Ja, genau, da liegt der Sherwood Forest, da lebte Robin Hood», schmunzelt er. Robin Hood, der Rebell gegen eine wie auch immer geartete Autorität und Obrigkeit. Ge­plant war, dass Brown nach dem Schulabschluss die Kunstakademie hätte besuchen sollen. Er hatte in der Gymnasial­zeit Kunst belegt, denn

Aussensicht und  blick nach innen In Winterthur leben und arbeiten Kunstschaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, verschlungenen oder ganz direkten Wegen (und machmal­ auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von einer Ausstellung unter dem Titel «Outside Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­itia­ti­ve von Michelle Bird im Alten Stadthaus Winterthur stattgefunden hat (Künstler auf: www.outside-inside.ch). Weitere Interessenten für ein Porträt sind willkommen, Hinweise aus der Leserschaft auf Kunstschaffende ebenfalls auf: cpeege@landbote.ch. (cp)

kers oder Hodlers, Künstler, von denen ich vor meiner Ankunft in Winterthur nie gehört hatte». Die Latte liegt hoch, wendet man ein. «Sicher, aber ich werde nur glücklich sterben, wenn ich wenigstens versucht habe, sie zu überspringen», entgegnet er. Winterthur sei heute ein lebendiger Ort, er liebe die Museen – aber auch «die Bierkurve auf der Schützenwiese, sie ist das Beste an dieser Stadt, da trifft man einzigartige und herzliche Menschen, aus dem linken und rechten politischen Spektrum».

ein Vorfahre von ihm malte bereits – er zeigt auf idyllische englische Landschaftsbilder, die an den Wänden seines Ateliers aufgehängt sind.

Eine Tellerwäscherkarriere Doch stimmte die Chemie zwischen ihm und seiner Kunstlehrerin nicht. Sie kritisierte seine Übungen aus nichtigem Grund, wie er fand. Brown warf Bettel bzw. Zeichenstift hin. «Ich wollte die Welt se­hen», begründet er seinen damaligen Entschluss, England zu verlassen und auf Weltreise zu gehen.

Vegetarier und Radler

OUTSIDEINSIDE In­ter­na­tio­na­le kunst

Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

Um sich zu finanzieren, mischte der junge Mann nun statt Farben auf dem Papier Beton auf dem Bau oder ar­bei­ te­te als Buchhalter. Sein Weg führte ihn über Deutschland, die USA, Südostasien und Australien. Er blieb sechs Jahre in Sydney und machte so etwas wie eine Tellerwäscherkarriere. «Ich landete mit zehn Dollar in der Tasche in Australien», erinnert er sich. Er kellnert, kocht, wird Chefkoch, steigt in die Musikindustrie um, macht da Marketing, gründet eine Grafik­ firma. Immer in der Gewissheit, dass dies nicht sein Leben sein würde. «Ich habe ein anderes Schicksal», das wusste er. Ebendies Schicksal war, dass er in Sydney eine Sprachstudentin aus Zürich traf, «die schönste Frau der Welt», wie er sie schlicht bezeichnet. Gute Güte, nein, keine Liebe auf den ersten Blick, erst als sie wieder abgereist und Tausende von Kilometern von ihm weg war, rea­li­sier­te er, was sie für ihn bedeutete. Die beiden telefonieren und schreiben sich rund um den Erdball. Ein halbes Jahr nach ihrer Abreise bricht Brown in Australien alle Brücken hinter sich ab und reist in die Schweiz. Es ist das Jahr 1988. Er bildet sich zum Englischleher weiter, unterrichtet in Zürich. 1990 zieht er nach Winterthur, 1992 heiratet er «die schönste Frau der Welt», wird Vater von zwei Kindern. Er kann bei seinem Schwie-

Jono Brown in seinem Atelier. Seine Bilder sind für die Betrachter sanfte, aber dennoch tief gehende Denkanstösse. Bild: Marc Dahinden

gervater einsteigen, der in Oberwinterthur eine Firma für Betonspritzmaschinen für den Tunnelbau führt. «Eine kleine, dynamische Firma, das gefiel mir gut», sagt er. Zwanzig Jahre lang arbeitet er im Bereich Verkauf/Marketing der Firma – wie schon in Sydney –, immer mit dem Gefühl: «Das war noch nicht alles.» Brown belegt neben seiner Berufstätigkeit wieder Kunstunterricht. Er zeichnet wieder, eignet sich die Technik der Ölmalerei an, setzt sich mit Tiefdrucktechniken intensiv auseinander. «Ich bin Perfektionist», sagt er von sich selber. «Nur wenn ich die

Techniken beherrsche, kann ich eine Botschaft gezielt zum Betrachter bringen.» Vor fünf Jahren reduzierte er sein Berufspensum, vergangenes Jahr im September wagte er den Sprung ins Dasein als Künstler. Ohne seine Frau, die heute den Tearoom führt, wäre das al­ler­dings kaum möglich gewesen.

Die Latte hoch gelegt «Die unglaublichen Kunstschätze Winterthurs waren mir Inspiration, Künstler zu werden», sagt er heute. Die Vallottons oder van Goghs in der Villa Flora. Oder dann «stand ich voller Ehrfurcht vor den Bildern An-

Zwei Liebende, die wissen, was sie wollen 14 Jahre lang hat das Puppenspieler-Duo das Märchen «Mirko» gespielt. Eine nicht ganz zufällige Wahl.

ihren Mann und lächelt. Eine weitere Parallele zu ihrem Leben: Als die gut verdienende Lehrerin vor 35 Jahren einen Puppenspieler geheiratet hat, habe es Widerstand der Eltern gegeben – wie bei der Heirat der Prinzessin mit dem borstigen Mirko. «Das Thema des Märchens ist uns persönlich nahe, vielleicht hat es uns deshalb damals richtiggehend angesprungen.»

Ein wilder Tanz zu ost­eu­ro­päi­scher Akkordeonmusik: Der Prinz und die Prinzessin schwingen die Beine wie bei einem rumänischen Volksfest. Zeitweilig werden sie von den beiden Puppenspielern an den Händchen gefasst und drehen sich mit ihnen. Wir sind im «Theater im Waaghaus», wo Ursula und Hanspeter Bleisch-Imhof mit dem rumänischen Märchen «Mirko, das Borstenkind» gastieren.

Mehr Zeit und Freiheit

Ein vielschichtiges Märchen Mirko ist ein Königssohn, der in ein Schweinchen verwandelt wurde. Von einem Ehepaar, das im Wald wohnt, wird es liebevoll aufgenommen und grossgezogen. Mirko will die Prinzessin heiraten und muss dafür drei Aufgaben bestehen. Nach der Heirat legt Mirko nachts das Borstenkleid ab, aber tagsüber zieht er in Gestalt eines Schweins mit der Herde mit. Die Königin verbrennt das Borstenkleid, was Mirkos endgültige Erlösung verhindert. Er wird ans Ende der Welt verbannt. Die Prinzessin reist zum Wind, zur Sonne, zum Mond und zu den Sternen ans Ende der Welt, um ihn zu erlösen.

Ursula und Hanspeter Bleisch mit der Prinzessin Mirka und dem Prinzen Mirko. Bild: pd

Das vielschichtige Erlösungsmärchen verbindet Elemente der persönlichen Entwicklung mit einer Liebesund Leidensgeschichte, in der beide – der Prinz und die Prinzessin – sich für den anderen einsetzen müssen. Es spielt einerseits in der Lebenswelt der Menschen, andererseits in entrückten und mythischen Welten der Gestirne und dem Ende der Welt. In der bleischschen Fassung ist es als offenes Spiel inszeniert, Schauspieler und Figuren sind auf der Bühne gleichwertig vertreten. Die Ausdrucksmöglichkeiten sind dadurch vielfältig: Das

Äussere der Figuren, deren Bewegung und die Präsenz der Schauspieler.

Parallelen zum eigenen Leben Das Henggarter Puppenspiel-Duo spielt das Märchen nun schon seit 14 Jahren. Doch die­se Aufführungen werden für Ursula Bleisch die letzten sein. Sie hat sich entschieden, das Figurenspiel aufzugeben. «Ich habe den Mirko bewusst für die letzten Vorstellungen gewählt.» Sie habe dieses Märchen sehr gerne. «Mich fasziniert es, dass die beiden Liebenden ganz genau wissen, was sie wollen», sie schaut auf

Nun will sich Ursula Bleisch stärker um andere krea­ti­ve Tätigkeiten kümmern. Sie suche mehr Zeit und Freiheit für ihre Malerei und für die Regiearbeit in einem Thea­terprojekt. Vor allem die Tourneen mit dem Figurentheater seien sehr anstrengend gewesen. «Aber es war eine schöne und wilde Zeit.» Immer unterwegs, immer wieder Neues. Im Wissen, dass es sich um ihr letztes Stück als Spielerin handelt, wolle sie die letzten paar Vorstellungen noch «bewusst geniessen.» Sie hält unvermittelt inne, wendet sich ihrem Mann zu und meint: «Du, den Schlusstanz müssen wir unbedingt nochmals anschauen, da bist du mir mit dem Prinzen plötzlich zu schnell geworden.» l MARKUS BÄRTSCHI Marionettentheater im Waaghaus Letzte Vorstellungen: Samstag, 10. April,   20.15 Uhr; Sonntag, 11. April, 17.00 Uhr.

Die hin und her eilenden Leute von Winterthur sorgen für einen ununterbrochenen, leisen Geräuschpegel unter seinem geöffneten Fenster. Das Untertor ist ihm so etwas wie eine Inspirationsquelle geworden. Es sind die kleinen Dinge, die das Untertor liebenswürdig machen, ins Gespräch vertiefte Leute, andere, die mit einer Hand am Ohr durch die Gasse eilen, der letzte Schrei punkto Schuhmode, alles, was ihm ins Auge fällt. Aber, so betont er, das Leben, so wie es gerade jetzt auf der Gasse pulsiere, sei nicht immer so gewesen – und werde nicht ewig so bleiben. Das wolle er künftig mit seiner Kunst verdeutlichen. «I am a cycling veggie», lacht er, ein radelnder Vegetarier. Er wolle das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Menschheit achtsamer mit ihren Ressourcen umgehen müsse. Das Untertor, wo in Läden von in­ter­na­tio­na­len Ketten hemmungslos konsumiert werde, sei für ihn Symbol und auch Inbegriff des Problems. Hier schubsten sich Konsumenten unersättlich von Geschäft zu Geschäft, mit bereits übervollen Einkaufstüten. Doch wolle er nicht mit plakativer Kunst den Betrachter an solche Themen heranführen, seine Bilder würden eher Fragen aufwerfen, den Blick auf das Leben und den Zugang zu ihm verändern, das Problembewusstsein schärfen. Zum Beispiel dafür, dass wir uns wieder als Teil eines Ganzen und nicht als isolierte Einzelkämpfer begreifen sollten. Manch­mal kann er kaum glauben, dass er an seinem Bestimmungsort angelangt ist. Ist das Winterthur?, fragt er sich – rhetorisch. «Wer hätte das gedacht?» l CHRISTINA PEEGE www.jono.ch

Vögel, Galaxien, Lichtquanten Die Musik von Olivier Messiaen (1908–1992) ist katholisch im besten Sinn: Genährt von der zeichenhaften Anschaulichkeit der Sprache des Glaubens, ist sie geistlich und sinnlich zugleich. Mittels seiner symmetrischen Tonleitern schuf sich dieser eigenwillige Komponist, der unter anderem ­Pierre Boulez, Karlheinz Stockhausen und Iannis Xenakis zu seinen Schülern zählte, einen unverkennbaren Stil. Als Meditationen angelegt ist das 1944 uraufgeführte Werk «Vingt regards sur l’Enfant Jésus» für Klavier. Neben mystischen Schriften und Texten aus den Evangelien und der Liturgie inspirierten ihn dazu laut eigenen Angaben «Gesänge der Vögel, Glocken, Spiralen, Stalaktiten, Galaxien, Lichtquanten». Betrachtet werden das Jesuskind in der Krippe und die Blicke, die auf es gerichtet sind, vom Blick des Vaters über den Blick der Jungfrau bis zum Blick der Stille. Interpretiert wird das Werk vom 1982 geborenen Pianisten Martin Helmchen, der bisher mit Aufnahmen zu Mozart und zu romantischen Komponisten hervorgetreten ist. Lob erhielt er etwa von der «Neuen Zürcher Zeitung», die urteilte, Helmchen verbinde «Ernsthaftigkeit und Leichtigkeit auf glückliche Weise». (dwo) Martin Helmchen spielt Messiaen Heute, 17 Uhr, Stadthaus Winterthur.


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14    STADTKULTUR

l   der landbote   l   SAMSTAG, 13. FEBRUAR 2010

«Ich weiss, was Gastfreundschaft ist» Der Belgier Luc de Meester kam vor 35 Jahren der Berge wegen ins Wallis. Wegen seiner grossen Liebe blieb er in der Schweiz. Als Künstler ist er ein Spätberufener. In Winterthur hat er seinen Frieden gefunden – und seine Ausdrucksformen. Wenn man den Eindruck erhält, Luc de Meester sei als Künstler ein Spätberufener, so ist dies nur teilweise richtig. Eigentlich ist er ein zu früh Geborener. Als Viertklässler hätte er in der Schule zu Weihnachten eine Krippe basteln müssen. Während die anderen Mitschüler brav eine Holzhütte mit Esel, Ochs und Kindelein bastel-

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Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

ten, brachte er einen grossen Blumentopf aus Ton in die Schule, schlug ein Stück des Randes weg und «voilà, meine Krippe», schmunzelt der Künstler. Gut – damals fand das besonders der Lehrer des Xaverius-Jesuiten-Kollegs nicht zum Lachen. Sein Kopf sei so rot angelaufen wie der Tontopf und er schrie: «De Meester – du spinnst!» Die damalige höchstautoritäre Aberkennung seiner geistigen Integrität sei die Geburtsstunde des Künstlers in ihm gewesen. «War­um sollte es mir besser gehen als Marcel Duchamps mit seiner Urinoir»? Fragt er rhetorisch. De Meester kann ganz schön ironisch

sein, wobei er besonders gern auch eine eigene Position untergräbt (bei den Pfadfindern war sein Übername «Spottender Maulwurf»).

Würde und Freiheit Wer dem Menschen de Meester begegnet, ist vielleicht erstaunt, auch irritiert über dessen Ironie, denn seine Kunstwerke strahlen eine ganz andere Aura aus. Meist zeigen sie menschliche Figuren, in den Gemälden wirken sie zweidimensional. «Der Betrachter soll sich den Raum selbst dazudenken», so der Künstler. Bei genauerem Hinsehen sind es oft geschundene und

Figuren mit Verletzungen, die manch­ mal mit Verbänden kaschiert werden. Seine grossen Gipsfiguren winden sich in Ringen – Fesseln ihrer Geschichte, es sind die Ringe ihrer Lebensjahre, die sie zu dem machen, was sie sind, und die sie gleichzeitig beengen. De Meester schafft Werke, welche unter anderem die Frage nach der Würde des Menschen aufwerfen und dessen Freiheit zum Thema machen. Er selbst musste Jahre um seine innere und seine Freiheit als Künstler ringen. Er wurde 1948 in Borgerhout (Antwerpen) geboren, als Spross einer katholischen flämischen Familie. Nach dem Gymnasium wollte er in die Bildhauerklasse der Akademie für Schöne Künste in Antwerpen eintreten. Doch schob sein Vater dem Ansinnen einen Riegel: «Alles linke Hippies», sagte der Vater – der Sohn kam ab 1962

Aussensicht und Blick nach Innen In Winterthur leben und arbeiten Kunst­ schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, ver­ schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manchmal­ auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert

das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von ei­ ner Ausstellung unter dem Titel «Out­ side Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­itia­ti­ve von Michelle Bird im Al­ ten Stadthaus Winterthur stattgefun­ den hat (www.outside-inside.ch). Wei­ tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen, Hinweise aus der Leser­ schaft auf Kunstschaffende ebenfalls auf: cpeege@landbote.ch. (cp)

für vier Jahre an die Hochschule für dacht war, dehnt sich so nicht zuletzt Grafische Künste in Gent, die Ausbilwegen einer grossen Liebe zu einem dung sollte den Jugendlichen auf eine zwanzig Jahre dauernden Aufenthalt Laufbahn in der Industrie vorbereiaus. Doch der Absturz kommt jäh: ten. In diesem geistlich geführten InNach einem Generationenwechsel im ternat begann der Tag um halb sieben Management hat de Meester das Heu im Gottesdienst und endete um halb mit den neuen Leuten nicht mehr auf neun abends mit derselben BühLichterlöschen im ne – sein Vertrag In Winterthur gibt es wird nicht verlänSchlafsaal. «Damals war das noch im Gegensatz zu anderen gert. Er zieht nach normal», sagt der Zürich, versucht Grossstädten noch Künstler achselzuals Grafiker und ckend. Weinhändler Fuss herzliche Menschen Gutbürgerlich zu fassen, vergebLuc de Meester war auch sein Belich. Verletzende rufseinstieg, er beErfahrungen und gann, in der Automobilindustrie als solche, die an seinem Selbstwertgefühl Grafiker und Standdesigner für in­ter­ nagen. Er fühlt sich als Versager. na­tio­na­le Messen zu arbeiten. In der «Dann kam ein Wendepunkt in Freizeit beschäftigte er sich bereits mit meinem Leben», blickt er zurück. 1997 Eisenskulptur. starb sein Vater. De Meester fällt ins Bodenlose. Er erkennt, dass er zeitleEine Tellerwäscherkarriere bens dar­un­ter gelitten hatte, sich den Nach sieben arbeitsreichen Jahren legt Erfolgserwartungen seines Vaters zu er ein Sabbatjahr ein und reist 1975 beugen. Endlich, mit 49 Jahren, folgt in die Schweiz. In der Oberwalliser er seinem inneren Drang und wird Bergwelt will der begeisterte KletteKünstler. Nach verschiedenen Atelierrer, Bergsteiger und Skifahrer Ruhe stationen in Zürich, in Appenzell und finden. Weil ihm das Geld ausgeht, in der Gasser-Fabrik in Kollbrunn fintritt er eine Stelle als Nachtportier an det er seine zweite Heimat in einem – «Das war der Beginn einer TellerwäRaum über der Reparaturwerkstatt im scherkarriere, wie sie im Buch steht», Busdepot der städtischen Verkehrsbeschmunzelt er. triebe in Winterthur. «Doch», sagt er Er steigt bis in das Direktionsgremiund blickt durch das grosse Fenster auf um einer renommierten Hotelgruppe den Parkplatz hinab, «ich bin glücklich in Zermatt auf. Was als Ruhejahr gehier», trotz materiell beengender Verhältnisse, wie er sagt. Er wünschte sich in Winterthur eine lebendigere Kunstszene, wie er sie in Antwerpen kennen gelernt hatte, gern geht er ins Café des Arts im dritten Raum der Kunsthalle Winterthur, «dort komme ich aus meiner Höhle», wie er sein Atelier auch nennt. Aber er sei halt auch ein introvertierter Mensch, vielleicht müsste er mehr auf andere zugehen? Stellt er sich selbst sofort wieder in Frage. «Ich will mich einfach niemandem aufdrängen», begründet er seine Zurückhaltung. Ausgestellt hat er deshalb bisher nur ganz selten.

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Warmherzige Menschen Was er ändern würde in Winterthur? «Never change a winning horse», lächelt er. In Winterthur habe er seinen Frieden gefunden, kann er sich künstlerisch endlich entfalten. Unter Schweizer Künstlern fühle er sich zwar manch­ mal eher geduldet als akzeptiert, dies sei in der Gesellschaft anderer in­ter­na­ tio­na­ler Künstler anders, da sei er willkommen. Doch klagen will er nicht, im Gegenteil: In Winterthur gebe es im Gegensatz zu Zürich noch wirklich warmherzige Menschen. Wenn die ihn im Atelier besuchen, freut er sich, zaubert sofort etwas zu trinken auf den Ateliertisch. «Ich bin und bleibe Belgier und Flame», sagt er und richtet sich in seinem Sessel unwillkürlich auf. «Dar­um weiss ich auch, was wahre Gastfreundschaft ist.» lCHRISTINA PEEGE Luc de Meester in seinem Atelier. Der gebürtige Belgier ist ein sehr vielseitiger Künstler – er arbeitet als Maler, Bildhauer und Designer. Bild: Stefan Schaufelberger

stadt im O-ton Männer kaufen ein Der Ort: die Migros-Filiale am Unteren Graben. Die Akteure: zwei Männer beim Einkaufen. Ihr derzeitiger Sta­ tus: jung, urban, beide mit Dächlikap­ pe. Die Zeit: schon späterer Samstag­ nachmittag. Die Umstände: Junge, urbane Männer mit Dächlikappe, die am späten Samstagnachmittag ein­ kaufen, reden nicht gerne mit ande­ ren Männern, besonders nicht, wenn sie sich in einer Migros-Filiale treffen. Manch­mal müssen sie aber. Und so geht das Gespräch: «Weisst du», sagt der eine und zieht mitten zwischen den Migros-Gestellen ein Fertigfon­ due aus der Tasche, «das habe ich vom Blöchliger an der Marktgasse. Hammermässig, sage ich dir. Alles ist drin: auch der Wein, besser kann man ein Fondue nicht selber machen, null Chance.» Und: «Das ist der Killer.» Ach, Männer. (bu)

www.luc-de-meester.ch

Zusammenspiel von Kleid und Körper Er spielt mit den Moden. Der Zürcher Designer Heiner Wiedemann führt im Gewerbemuseum durch die Ausstellung «Kleid im Kontext».

weil er so richtig heisst­, und Brambilla ist der Name seiner Grossmutter). 1999 gewinnt Wiedemann den Prix Bolero, ein Jahr dar­auf den Gwand«best cut award».

Im Augenblick se­hen die Menschen auf der Strasse ja eher wie aufgeplusterte Amseln aus. Der Winter drängt sie in die allgemeine Kugelform. Wie wärs aber mit einer kleinen Falte am Rock und einer Veränderung der Körperform in Richtung Eleganz? Hier ist Heiner Wiedemann, Designer aus Zürich mit Jahrgang 1963, ein Meister. Er ist in der Modewelt ein Quereinsteiger. Nach Abschluss des Studiums der Kunstgeschichte arbeitet Wiedemann zehn Jahre als Product-Manager für das Label «en soie». Danach gründet er eine eigene Marke, sie heisst­ ab 2001 Heinrich Brambilla (Heinrich,

So steht es auch im Einzelporträt zur Ausstellung «Kleid im Kontext» im Gewerbemuseum Winterthur. 30 Designerinnen und Designer haben Einzelstücke geschaffen, «in denen sich ihre künstlerischen Intentionen verdichten», dar­un­ter eben Heiner Wiedemann. Er setze sich hier mit der Frage auseinander, wie weit die gegenwärtige Vorstellung vom Idealbild des weiblichen Körpers aufzubrechen sei. «In vergangenen Modeströmungen waren immer wieder Tendenzen erkennbar, Volumen am menschlichen Körper neu zu definieren. Üppige Formen, in weichen Materialien gesetzt,

Im Zen­trum der Hüftknochen

verändern den Blick auf den weiblichen Körper und kreieren ein neues Körpergefühl», sagt der Designer. In der Ausstellung sind Stücke zu se­hen, die diesen veränderten Blick zeigen: ein Mantel, ein Rock, eine Corsage. Ins Zen­trum gestellt werde der vordere Hüftknochen, heisst­ es im Katalog. Und wer se­hen will, wie schön ein vorderer Hüftknochen aussehen kann, der gehe einfach ins Gewerbemuseum. Oder lässt sich von Heiner Wiedemann am Sonntagmorgen selber erklären, wie man mit den Moden spielen kann. Inspirieren lässt sich der Designer von Urformen. Seine Urgrossmutter muss eine sehr, sehr elegante Frau gewesen sein. (red/bu) Kleid im Kontext Gewerbemuseum Winterthur, Ausstellung  bis 2. Mai. Öffentliche Führung mit der Kuratorin Regula Wyss und dem Designer Heiner  Wiedemann am Sonntag, 14. Februar, 11 Uhr.

Veränderter Blick. Bild: Heiner Wiedemann


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12    Stadtkultur

l   der landbote   l   Montag, 14. dezember 2009

Auf der Suche nach einer eigenen Identität Für die Winterthurer Schriftstellerin und Psychoanalytikerin Eva Burkard widerspiegeln Integrationsprobleme von Ausländern ein Grundproblem des modernen Menschen: die Suche nach Identität. Diesem Thema geht sie literarisch nach. Wer Eva Burkard besucht, fährt an den Rand von Winterthur Töss. Vorbei an fettig duftenden Kebab-Buden, ernst dreinblickenden Frauen in Kopftuch und langen Mänteln, Ramsch­ läden und Spelunken, die aussehen, als böten sie Menschen aus dem Balkan nach Feierabend ein gemütliches Beisammensein bei Gelächter und Kartenspiel. Das Quartier ist ein Schmelztiegel der Kulturen, und dass Eva Burkard hier lebt, ist kein Zufall. Vor dieser bunten und lärmenden Kulisse schreibt die Autorin Romane, Erzählbände und Gedichte. Ihre Texte handeln von Menschen, die ihre Heimat verlassen haben und sich in einer fremden Kultur integrieren müssen. «Es beschäftigt mich, dass die Globalisierung nicht nur wirtschaftlich geschieht, sondern durch die Menschen hindurch geht und ihre Schicksale in Bewegung bringt», sagt Eva Burkard. Dabei betonen ihre Werke stets die schwierigen Seiten der Migration: die Brüche, die in den Biografien entstehen, die Gefühle von Entwurzelung und die Identitätsprobleme von Secondos. Ihre Arbeiten sind auf Resonanz gestossen – allen voran der Porträtband «globalkids.ch», der BalkanJugendliche zum Thema Migration zu Wort kommen lässt, und der Gedichtband «Sehnsüchte.Gebündelt», für den die Autorin 2001 den zweiten Preis der Heinz-Weder-Stiftung in Bern erhielt. Nun arbeitet Eva Burkard an einem neuen Buchprojekt.

Das Fremde im Eigenen Was drängt Eva Burkard, das Motiv der Migration literarisch zu verarbeiten – ein Thema, das in aller Munde ist? Die studierte Sozialpädagogin und Psychoanalytikerin, deren Lebensweg von Dessau über das marxistische Ber-

lin nach Zürich führte, hat als Therapeutin viel mit Migrantenfamilien gearbeitet. Ihre Texte sind aber nicht nur ein politischer Appell für die stärkere Integration von Ausländern. Auf einer tie­fe­ren Ebene ist das Migrationsmotiv für Eva Burkard mit einem gesellschaftlichen Thema verflochten, das sie fasziniert und in vielfältigen literarischen Variationen verarbeitet: das Thema der Identitätssuche. Ein beständiges Identitätsgefühl, das Sicherheit und Orientierung verleiht, sei für die Menschen heutzutage keine Selbstverständlichkeit mehr, sagt sie. «Wir leben in einer immer komplexeren Welt und müssen ständig Neues und Unerwartetes in unser Selbst- und Weltbild integrieren.» Viele Menschen leiden unter einem brüchigen Identitätsgefühl und instabilen Selbstzuständen, die sie nicht zu einem sinnvollen Ganzen integrieren können, findet die Psychoanalytikerin. «Es gibt unzählige Möglichkeiten, sich selbst zu verwirklichen und zahlreiche Rollen, die wir in unserem Leben einnehmen können.» Dies führe schnell zu einer psychischen Überforderung und zu Orientierungsproblemen. Ausländer, die ihre Heimat verlassen, bringen die Schwierigkeit der Selbstfindung exemplarisch zum Ausdruck. «Sie sind unweigerlich mit der Herausforderung konfrontiert, in der Anpassung eine individuelle Form zu finden.» Integrationsprobleme von Ausländern als kultureller Kristallisationspunkt einer allgegenwärtigen gesellschaftlichen Realität? Für Eva Burkard ist es so.

Der Sinn zeigt sich später Für die Autorin ist klar, dass Biografien heute nicht mehr geradlinig verlaufen können, sondern von Brüchen

Erst im Nachhinein merkt sie: Das sind Verse eines Gedichts. Eva Burkard fügt alles mühelos zur einer Gestalt zusammen. Bild: pd

und Zufällen geprägt sind. «Das Ideal eines planbaren Lebenslaufs ist zur Illusion geworden.» Vielfach lasse sich erst im Nachhinein eine Sinngestalt im Leben finden, welches allzu oft chaotisch und willkürlich verlaufe. Auch Eva Burkards künstlerische Arbeitsweise ist eher chaotisch als planvoll. «Manchmal­ drängt es mich einfach, einzelne Sätze oder Satzfragmente zu Papier zu bringen, ohne dass ich damit von vornherein eine Absicht verbinde. Erst im Nachhinein merke ich: Das sind Verse eines Gedichts.

Die fügen sich mühelos zu einer Gestalt zusammen.» Eine Arbeitsweise, die ihre letzte Konsequenz in ihren «cut-ups» findet. Das sind Collagen aus Wörtern und Sätzen, die neu zusammengesetzt werden. In Zukunft will Eva Burkard weitere Bücher und Gedichte schreiben und dabei auch vermehrt Berührungspunkte mit anderen Künsten schaffen. Vor allem die Kombination von Lyrik und Malerei fasziniert sie, Bilder oder Fotografien, die mit kurzen lyrischen Texten kommentiert werden. Im Fe­

Ein Erzromantiker auf Spieldosenhöhe Zum Glück musste er in die Noten schauen. Der extravagante Pianist Fazil Say wird durch Prokofjew gebändigt. Schon am Mittwoch hat der türkische Pianist Fazil Say mit eigenwilligen Mozart-Interpretationen im Stadt­ haussaaal für allerlei Überraschungen gesorgt. An seinem Piano-plus-Abend am Samstag bestätigte, ja verstärkte er den Eindruck, dass er nicht nur ein fabelhafter Bravourpianist, sondern auch für Extravaganzen jederzeit gut ist, und die Berichterstatterin wurde das Gefühl nicht immer los, dass er sich mit seinen mitunter übertriebenen Gestikulationen gern in Szene setzt, wobei das dem künstlerischen Resultat nicht unbedingt dienlich ist. Dies ging zunächst mit Says Wiedergabe von Mussorgskis «Bildern einer Ausstellung» so weit, dass man den Eindruck erhielt, er wolle unter allen Umständen das allbekannte Werk anders als alle seine Kollegen gestalten, es gewissermassen «neu erfinden». Hat Mussorgski das nötig? Hat er nicht selber schon seine Vortragsangaben in Dynamik und Agogik recht genau bezeichnet, die für eine ereignisreiche tönende «Bilderschau» vollauf genügen?

und Steilheiten nach oben wie nach unten. Das alles kann ungemein faszinieren. Vor allem aber ist seine pianistische Meisterschaft zu bewundern und zu würdigen, die kaum Grenzen zu kennen scheint, über eine unerschöpfliche Vielfalt an Nuancen und Emotionen verfügt und mit diesen den Hörer auch vereinnahmt. Die grosse, die enttäuschende Überraschung erfolgte danach durch

die Programmänderung, welche die Erwartung auf die Erfindung des «CEUS»-Bösendorfer-Flügels, der dank Reproduktionstechnik erlaubt hätte, dass Say «mit sich selber vierhändig» ge­spielt hätte, zunichte machte. Ein dazu be­nö­tig­tes Teilstück ist nicht rechtzeitig eingetroffen. Schade. Und dennoch glücklicherweise! Denn jetzt spielte Say Prokofjews Siebente Sonate, und weil er hiefür

An die Liebenden

Bis ins Rauschhafte Say baute viel Neues, anderes, bisweilen Skurriles ein, ging gern ins Extreme, begnügte sich nicht mit normalem Forte und Fortissimo, sondern steigerte sich bis ins Rauschhafte, unterteilte einzelne Phrasen und Details, die ohnehin schon durch die Musik dargestellt sind, in weitere Miniaturfragmente von laut und leise, Akzente

die Noten be­nö­tig­te, in die er hineinschauen musste, konnte er nicht mehr wie vordem gestikulieren. Und siehe da: Sein Vortrag wurde einheitlicher, klarer strukturiert, in der Anlage des grossen Werkes auch architektonisch klar nachvollziehbar. Dafür hat Prokofjew natürlich auch selber gesorgt, indem die drei Sätze in ihrer starken jeweiligen – und von elementarer Motorik geprägten – Charakteristik unverwechselbar sind, was Say überzeugend zur Darstellung brachte. Und fast überhörte man darob, wie souverän er den gewaltigen spieltechnischen Ansprüchen gewachsen war.

Er wandelt in reinen Moll- und Durgefilden: Fazil Say. Bild: Marco Borggreve

Und der «ganz andere» Say liess sich zum Schluss in sein musikalisches Innere schauen, als er drei eigene Balladen mit Liebe, Klangfinesse und innigen Gefühlen vortrug. Dabei gab er sich als Erzromantiker zu erkennen, der in reinen Moll- und Durgefilden wandelt, Stimmungen mittels repetitiven Begleitfiguren und lieblichen Sextengängen heraufbeschwört und sich auch einmal – vor allem im seinem Kind gewidmeten Mittelstück – in lichte Spieldosenhöhen begibt. Und natürlich lässt er sich in der dritten Ballade («an die Liebenden» gerichtet) auch die Gelegenheit nicht entgehen, Pathos und leidenschaftliche Steigerungen aufzuheizen, und dennoch dann in einen entspannten Pianoschluss einzugehen. Wirklich: Man mag von Fazil Says aussergewöhnlicher Weise, sich und die Musik darzustellen, restlos oder auch nur mit Vorbehalten begeistert sein: Zu bewundern sind er, seine Fantasie und sein immenses Können auf jeden Fall. l RITA WOLFENSBERGER

bruar erscheint im Huber-Verlag in Frauenfeld ihr neues Buch «BalkanKids – Die neuen Schweizer erzählen» mit Texten über Jugendliche aus dem Balkan und der Türkei. l MARKUS STEFFEN

Buchhinweis Eva Burkard: Balkan-Kids – Die neuen Schweizer erzählen. Huber-Verlag, Frauenfeld 2010. 200 Seiten, Fr. 39.90. Erscheint im Februar 2010.

Advent Advent

Ein Gast zurzeit. Bild: pd

Unerfüllte Wünsche (14) Ein Mensch, der sich im Web «kitschipitschi» nennt, bietet im Augenblick Baumschmuck an, «der jeden zum Lachen bringt»: Männer mit Flügeln zum Beispiel oder auch Hasen mit Flügeln, das Stück männlicher Porzellanengel kostet 14 Euro (ohne Versand, Hasenengel dito). Wirklich lächerlich!, dieser Mann im Baum (und was für eine Frau will auch einen solchen Hasen haben?). Lieber ist uns da schon der Vogel, der so schön in die hohe Zeit (und auch den Kalender) passt, es ist ein Paradiesvogel. Sein Körper ist der Spiegel aller Farben, die es gibt, ein Schimmer von Glitzer überzieht die Gestalt, und die Federn sind ein Hauch. So hat dieser Vogel einen Platz auf einem Bäumchen gefunden, das nie ein Weihnachtsbaum werden will. Und gehen auch Tag für Tag hier die Türchen auf: Er bleibt (o.k., am Samstag war deshalb die Abteilung geschlossen). Aber es muss nicht immer die Vorstellung eines Feuervogels sein. Über das Wochenende war die Amsel auf Besuch, sie schaute von ihrem Baum herab, ob auf unserem Balkon für sie ein Apfel ausgelegt sei (sie mag schrumpelige). Und die Amsel bekam das Geschenk. Auch für sie geht ein Türlein auf. (bu)


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12    STADTKULTUR

l   der landbote   l   DIENSTAG, 27. APRIL 2010

«Ich mache halt einfach mein Ding» Christiane Ghilardi kam auf direktem Weg von Hamburg nach Winterthur. Der Weg zur Kunst verlief etwas gewundener. Sie hat ein Konzept zur friedlichen Nutzung der Armeewolldecke entwickelt. Es ist absolut wasserdicht. «Irgendwie war ich schon immer krea­tiv veranlagt», schmunzelt Christiane Ghilardi, wenn sie ihren Gästen die Arbeitsräume in der Künstlerbaracke an der Industriestrasse 11 zeigt. Eine Nasszelle der Baracke wurde zu einer C.L.O.Installation mit Schwemmholzfiguren in der Dusche und Steinen und Muscheln in Pissoirs. Eine kleine rote Ente schwimmt in einem Klo­becken. Einen Raum der ehemals zur Baufirma Corti gehörenden Baracke und späteren Asylunterkunft hat sie in eine Kunstkioskinstallation verwandelt, in der es alles gibt, was sonst von einem

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Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

Kiosk angeboten wird: Verschiedenste Fundmaterialien wurden recycelt zu Auslagen, als Wandcollage, Snacks, Eiscreme, Blumen und kleinen Mitbringseln. Christiane Ghilardi teilt sich die Atelierräume mit Alice Bürgler, die am äussersten Ende der Baracke eine Firma für Mietgeräte führt und ausserdem computergenerierte Kunst macht und malt. «Wir ergänzen uns hervorragend», betont Ghilardi. Die beiden Frauen vermieten zudem selbst entwickelte Partyspiele, zum Beispiel eine Kuh zum Wettmelken mit echtem Übungseuter oder ein Set zum Kreieren kleiner Vogelscheuchen für die krea­ti­ve Familienfeier.

Das Gemeinsame suchen Nachdem die gebürtige Hamburgerin einige Jahre zwischen Hamburg und Winterthur hin und her pendelte, ist sie seit fünf Jahren in der Schweiz niedergelassen. «Mein Mann ist Schweizer mit ita­lie­ni­schen Wurzeln», erklärt Ghilardi ihren Namen. Kennen gelernt haben sie sich in Hamburg. Als er in Winterthur eine neue Stelle angeboten bekam, besichtigte sie die Stadt und fand: «Winterthur ist genial.» Warum? Sie überlegt – «Ich hörte viel Ita­lie­nisch auf der Strasse, das gefiel mir». Integrationsprobleme? Habe sie nie gehabt. «Die ständige Suche nach Unterschieden stört mich sehr», betont sie. Man solle das Gemeinsame finden und pflegen. Die freundschaftliche Koexistenz mit Alice Bürgler ist für Ghilardi Beweis genug, dass es mit gegenseitigem Respekt zwischen Schweizern und

Deutschen klappen kann, was sicher auch für andere Personengruppen gilt. «Das gemeinsame Interesse an Kunst hat uns zusammengebracht», freut sie sich und ergänzt: «Kunst ist ein wunderbares Medium für Integration. Sollte es mich einmal an einen neuen Ort verschlagen, würde ich es wieder so machen.» In der hiesigen Kunstszene habe sie rasch Kontakte knüpfen können.

Kunst der Verwandlung Eigentlich wollte sie Maskenbildnerin am Thea­ter werden. Der Beruf war kein Lehrberuf, sondern führte über die Lehre als Friseuse oder Kosmetikerin. Für die Eltern war ein solcher Werdegang undenkbar. Chris­tiane Ghilardi wurde zum Abitur verknurrt. Danach war sie übersatt vom Lernen. «Ich habe keine Ausbildung», räumt sie freimütig ein und ergänzt: «Ich habe mich nach der Schule jeglichem Bildungssystem verweigert.» Sie schlägt sich durch mit Bürojobs, sie kocht und organisiert einen privaten Partyservice, hütet fremde Kinder und Hunde oder schrubbt Schiffsdecks von Yachten in spanischen Urlaubsorten. «Ich war mir für nichts zu schade», meint sie im Rückblick. Es war eine gute Zeit, die aber nur mit viel Improvisationstalent gemeistert werden konnte. «Ich hatte immer wenig Geld und musste mir ständig etwas Neues einfallen lassen. Es gab eine Zeit, da habe ich im Schwimmbad angefragt, gratis duschen zu dürfen, weil

«Alles kann zu etwas ganz anderem werden, als es ist oder zu sein scheint» Christiane Ghilardi

ich gerade knapp bei Kasse war und keine ‹richtige› Wohnung hatte.» Heute verläuft ihr Leben in «geregelten» Bahnen, doch für ihr künstlerisches Schaffen gibt sie dennoch kaum Geld aus. Mit Fantasie aus zumeist Gefundenem etwas zu gestalten, ist ihre selbst erwählte Herausforderung: «Alles kann zu etwas ganz anderem werden, als es ist oder zu sein scheint.»

Verwandlung einer Wolldecke «Zur Kunst kam ich hier wie die Jungfrau zum Kind», sagt sie. Ihr Mann

Christiane Ghilardi mit einem Entwurf für einen Fisch. Die gebürtige Hamburgerin verwandelt mit ihrer blühenden Fantasie die ganze Umgebung in eine Welt voller Wunder. Bild: Heinz Diener

überredete sie zu einem Kurs bei der Künstlerin Katharina Henking. Ihre nie wertende oder dozierende Art kam Ghilardi sehr entgegen. Henking liess die Kursteilnehmer frei ausprobieren und förderte sie mit konstruktiven Inputs. Und was fällt einer Hamburgerin in der Schweiz als Erstes ins Auge? Die Schweizer Armeewolldecke. «Für mich ist sie absolut wertfrei», beteuert Ghilardi, «schliesslich musste ich nie darunterschlüpfen.» Sie habe einen richtigen «Fimmel» für die Wolldecke, ein tolles Material, das sie zu der Reihe «Friedliche Nutzung einer Armeewolldecke» inspiriert hat. So gestaltete sie aus einer Decke einen Weihnachtsbaum, passend zum Friedensfest. Oder sie formte aus dem Wollstoff Edvard Munchs berühmtes Bild «Der Schrei» nach – ein Warnruf vor dem Krieg. Zurzeit arbeitet sie an einer Installation, in der Fische und auch wieder die Wolldecke eine Rolle spielen. Kleine Fische werden so zurechtgeschnitten, dass der rote Streifen zum Bauch eines balzenden männlichen Stichlings wird. Da für Ghilardi der Prozess einer Arbeit von zentraler Bedeutung ist,

ist sie immer irgendwie «dran». Sie ist dankbar für die grosse Toleranz, die ihr Mann aufbringt. «Vieles entsteht zu Hause, und entsprechend sieht es dort aus», räumt sie ein. Wenn ihre Fantasie zu blühen beginnt, verwandelt sie ihre Umgebung: Wolldecken in Fische, Kondome in Kakteen, Kloschüsseln in Steingärten, Baracken werden zu Wunderwelten.

Mut zum Risiko Aber immer bringen die Installationen eine Befindlichkeit der Künstlerin auf den Punkt – und sie lassen den Betrachter nie unberührt. «Ich mache halt einfach mein Ding», sagt sie, «ich

Aussensicht und Blick nach innen In Winterthur leben und arbeiten Kunst­ schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, ver­ schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manch­mal auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie

Wiedervereinigte Selbsthilfegruppe Asia Vor vier Jahren taten sich Asia, eine «Supergroup» der 1980er-Jahre, wieder in der ­originalen Besetzung zusammen. Heute Abend spielen sie im Salzhaus. Asia sind auf Omega-Tour. Das tönt so gut wie die Auskunft, dass es sich dabei um eine «Supergroup» handelt. Klar ist zu hoffen, dass sie auch super spielen. Aber die Herkunft des Ausdrucks ist banaler. Damit bezeichnet man Bands, die aus Mitgliedern anderer, bekannter Gruppen entstanden sind. Genau das war bei Asia der Fall. Anfang der 1980er-Jahre taten sich John Wetton von King Crimson, Carl Palmer von Emerson, Lake & Palmer, Steve Howe von Yes und Geoff Downes von den Buggles nach der Auflösung ihrer ursprünglichen Bands zusammen, um ihren Bombastrock weiterhin in den grossen Hallen spielen zu können. Es handelt sich mithin um eine Art Asyl für arbeitslose Rockmusiker, um eine Selbsthilfegruppe.

Wie bei Zweckgemeinschaften üblich, zerbrechen sie, wenn sich der Zweck verflüchtigt. Das Debütalbum «Asia» gelangte noch in die Charts, doch als das zweite Album herauskam, wussten die Fans bereits, wo es bei der Sache lang ging: Das Album floppte, und die Bandmitglieder machten sich aus dem Staub. Fünf Jahre später kam

es zu einem ersten Comeback, al­ler­ dings ohne Wetton, und in den Jahren dar­auf schlug sich Asia in wechselnder Besetzung durch. Es funktionierte gar nicht mal schlecht, man musste nur die Reiseroute sorgfältig kalkulieren und zur rechten Zeit am rechten Ort auftauchen. Das gelang zum Beispiel in Moskau, wo Asia zweimal vor 20 000

Asia lebt (von links): Carl Palmer, John Wetton, Steve Howe und Geoff Downes. Bild: pd

frage nicht gross danach, ob dies den anderen passt.» Missverständnisse sind dabei natürlich nicht auszuschliessen. Sie sei mit einer Kloschüssel-Installation, die auf die Probleme der SansPapiers aufmerksam machen sollte, völlig falsch interpretiert worden. Die Rezensentin habe die Installation mit Marcel Duchamps berühmtem Ready­ made in Verbindung gebracht und lustig gefunden. Zuerst sei sie dar­über sehr bestürzt gewesen – dann habe sie beschlossen, sich als Künstlerin nicht zu ernst zu nehmen. «Ich finde es besser, wenn man über mich lacht, als wenn man über mich weint.» l CHRISTINA PEEGE

aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler ging von ei­ ner Ausstellung unter dem Titel «Out­ side Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­itia­ti­ve von Michelle Bird im Alten Stadthaus Winterthur stattgefunden hat (siehe www.outside-inside.ch). Wei­ tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen. (cp)

Lob aus den USA für Keller’s ‹10›

nach westlichen Standards lechzenden Hörern ihre «Greatest Hits» rauf- und runterspielten. Vor vier Jahren war dann endlich auch Wetton wieder bereit, mitzutun, und so stand der Wiederauferstehung einer nunmehr, aufgrund des zeitlichen Abstands zur Entstehung, legendär gewordenen Urformation nichts mehr entgegen. Das dazugehörige Album nannte man passend ­«Phoenix». Al­ler­dings merkten scharfsinnige Beobachter sofort, dass die Songs nicht mehr so fett und kraftvoll tönten wie in den Anfängen, sondern eher ruhig und sachlich und damit näher am Sound der 1990er-Jahre. Welche Hits heute Abend ge­spielt werden, kann man dem Doppelalbum «Live Around The World» entnehmen, «Heat Of The Moment», Asias grösster Erfolg, ist darunter, aber auch Songs wie «Wildest Dreams», «Time Again» und «Sole Survivor». Und mit «Omega» haben Asia sogar ein brandneues Album im Gepäck. (dwo)

Es kommt selten vor, dass eine junge Jazzcombo aus der Schweiz in den USA auf Beachtung stösst. Doch siehe da: Das «DownBeat Magazine» und das «Cadence Magazine» schrieben über Keller’s ‹10›, und im renommierten New Yorker Magazin «All­ AboutJazz» figurierte die CD «Beat Keller’s ‹10›» in den Jahrespolls als «Best Debut Release 2008». Auch in Deutschland und der Schweiz hat das Album sehr gute Kritiken erhalten. Keller’s ‹10› ist ein professionelles En­ sem­ble aus zehn der interessantesten Musiker der jungen Schweizer Jazzgeneration. Leader Beat Keller dirigiert das Tentett und hat alle Kompositionen geschrieben. Zum Beispiel eine Hommage an den verstorbenen Pink-Floyd-Musiker Syd Barrett. Die Stücke enthalten Jazz, zeitgenössische Musik und Pop. Keller’s ‹10› ist wie eine halbe Big Band zusammengesetzt: drei Holzbläser, zwei Trompeten, zwei Posaunen, Kontrabass, Klavier und Schlagzeug. (red)

Asia

Keller’s ‹10›

Live: Heute, 19.30 Uhr, Salzhaus.  CD: Omega (Frontiers Records)

Mi, 28.4., 20.15 Uhr, Thea­ter am Gleis,   Eintritt frei, Kollekte.


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14    Stadtkultur

l   der landbote   l   Mittwoch, 17. FEBRUAR 2010

«Die Welt ist, wie man sie sieht» Surab Narmania malt eigen­ willige Bilder, voller Anspie­ lungen und leiser Ironie. Der gebürtige Georgier diskutiert leidenschaftlich gern über Kunst, Gott, die Welt und was sonst noch interessant ist. Hier wünscht er sich mehr Lust an der Debatte.

Die junge Dänin Sofie ­Nielsen zimmert sich in ­ihren ­musikalischen Performances eine eigene Welt zwischen Wachen und Schlafen.

Niemand käme darauf, was sich da hinter heruntergelassenen Rollläden in einem ehemaligen Verkaufsladen in Dättnau verbirgt. Ein richtiges Künst­ leratelier nämlich. Eins, wie man es sich vorstellt, mit Farbklecksen am Boden und einem bullernden Ofen, der winters den Raum wärmt. War­um Surab Narmania nicht bei Tageslicht

OUTSIDEINSIDE In­ter­na­tio­na­le kunst

Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

arbeitet? Er schätzt es, im intimen Rahmen arbeiten zu können, wo sein Schaffensprozess ungesehen bleibt. «Wir leben auf dem Land», lächelt er halb und seufzt er auch, ja: Er sei hier eher ein Exot. Narmania redet, genauer: debattiert und diskutiert aus Leidenschaft; aus­ serdem, gesteht er: «Ich brauche Stadt­ luft.» Kein Wunder, denn Narmania ist in Tiflis aufgewachsen, der quirligen und multikulturell geprägten Kapitale Georgiens. «Tiflis ist eine exotische Stadt», sagt er, «und im Sommer ist es unerträglich heiss». Er wächst inmitten der Grossstadt auf, die seit Jahrhun­ derten von unterschiedlichsten kultu­ rellen Einflüssen geprägt wurde, von Byzanz über die Perser, Seldschuken, Araber, Europäer und nicht zuletzt Russen liessen viele Völker und Herr­ scher ihre Spuren zurück, ebenso Reli­ gionen wie die Orthodoxie, das Juden­ tum, die Zoroastrier, Katholiken. Auch die heutige Stadt sei kulturell sehr viel­ fältig, «doch beeindruckte mich im­ mer die Toleranz, die geherrscht hat», sagt er. Toleranz, die auf Debattenkul­ tur beruht. Narmania wächst in einer Künstlerfamilie auf, sein Vater ist Do­ zent an der Kunstakademie von Tiflis. Keine Frage also, dass der Sohn am Technikum zunächst vier Jahre Kunst und Pädagogik studiert und anschlies­ send an der Kunstakademie in sechs Jahren das Diplom erlangt.

Worte und Wein Er verbringt nach dem Studium sechs Monate in Moskau und verkehrt in der Kunstszene. «Eine aufregende Zeit, auf jeden Fall», blickt er zu­

Surab Narmania pflegt die Kunst des ironischen Zitates. Der Maler schöpft aus einem reichen Bildungsschatz. Bild: Marc Dahinden

rück. Die jungen Künstler organisier­ ten Ausstellungen – es gab reichlich Wein und noch reichlicher Diskussio­ nen. «Wir tauschten uns aus, übten Kritik, fragten uns, war­um einer et­ was auf eine bestimmte Art und Wei­ se macht», erinnert sich der Künstler. Aber auch Theo­ri­en werden disku­ tiert, analysiert, genüsslich zerpflückt: «Ist Metaphysik akzeptabel?», «Sind Zeichentheo­rie und Semiotik über­ haupt noch aktuell?» – Es seien gute Gespräche gewesen, immer ehrliche, unter guten Freunden.

Aus wenig viel machen «Die Versenkung im Wahrnehmbaren ist typisch für den Osten», ist Narma­ nia überzeugt. Man denke intensiver über Wahrnehmung nach als etwa in Europa. «Hier wird mehr gemacht, man lebt die Rea­li­sie­rung der Kunst aus», sagt er. Dies liege auch daran, dass man damals in Georgien oder Russ­land einfach weniger Möglich­ keiten hatte, etwas umzusetzen, als im Westen. Es mangelte an industrieller Vielfalt. «Wir mussten aus dem We­ nigen, das wir hatten, etwas machen», dies habe intensives Nachdenken vor­ ausgesetzt.

Aussensicht und Blick nach Innen In Winterthur leben und arbeiten Kunst­ schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, ver­ schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manch­mal­ auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert

Filigrane Klänge, schwebend im Zwischenraum

das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von ei­ ner Ausstellung unter dem Titel «Out­ side Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­itia­ti­ve von Michelle Bird im Al­ ten Stadthaus Winterthur stattgefun­ den hat (www.outside-inside.ch). Wei­ tere Interessenten für ein Porträt sind willkommen, Hinweise aus der Leser­ schaft auf Kunstschaffende ebenfalls auf: cpeege@landbote.ch. (cp)

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LISTE 1:

SP, Gewerkschaften und Juso In den Gemeinderat Ihre Kandidaten/innen aus Altstadt/Mattenbach: Vorne: Yvonne Beutler, Jack Würgler, Ursula Braunschweig-Lütolf, Marianne Frehner Ablinger, Rafael Steiner, Patrizio Fusco Hinten: Marion Krüsi, Doris Meier-Hauenstein, Heidi Witzig Vetterli, Priska Braun, Kilian Schmid, Stefan Hostettler

Die­se Reflexion über die Wahr­ sei er ja dar­über am Anfang nicht ge­ nehmung und Kunst charakterisiert wesen. Aber mit der Zeit habe er die noch heute das Schaffen des Künst­ Stadt lieb gewonnen und habe viele in­ lers. Viele Bilder enthalten äusserst teressante Leute kennen gelernt. «Ich realistische Elemente, sind virtuos ge­ musste hier viel lernen», blickt er zu­ malt – und persiflieren auf ihre Art das rück. Die Welt des Protestantismus virtuose Können war für ihn eine (von dem Kunst ja völlig neue, «sehr kommen soll) als sagt er, Kunst ist kein Luxus – diesseitig», inhaltsleer. Ande­ das sei eine neue sie ist eine re Bilder zitieren und wichtige Er­ Filme, arbeiten konstituierende Kraft fahrung für ihn mit Zeichen und gewesen, der eine in unserem Leben Verweisen. «Ich andere Geistes­ Surab Narmania führe ein parasi­ haltung bevorzugt täres Leben», sagt – «es gibt nichts er mit seiner für Essenzielles, die ihn so typischen leisen Selbstironie, er Welt ist so, wie man sie sieht», zitiert dringe gerne in Kunstwerke anderer er aus der indischen Philosophie. ein und analysiere deren Bildaufbau. Kunst ist kein Luxus Die­sen dekonstruiert er wiederum, um eine eigene Bildwelt zu schaffen. Lernen musste er auch, dass man hier eine Sache thematisiert und struktu­ Die Lernprozesse riert angeht. «Die Leute hier debattie­ Wer sich mit Narmania unterhält, ist ren nur, wenn sie einen offiziellen An­ beeindruckt von dessen Bildung – Phi­ lass haben», sagt er. Zum Beispiel eine losophie, Kunstgeschichte, Ästhetik Podiumsdiskussion. Schlicht aus purer – seinen Horizont hat er beharrlich Lust an der Auseinandersetzung eine erweitert. Der Künstler verlässt 1994 Diskussion anzuzetteln, das erlebe er Georgien Richtung Bonn. Hier er­ selten. Wenn ihn die Lust überkommt, innert er sich besonders gerne an die dann telefoniert er Freunden in Geor­ Aufnahme in der Bibliothek des Mu­ gien, um über einen Film von James seums für Zeitgenössische Kunst. Die Cameron zu diskutieren oder über ein sei eigentlich forschenden Kunstwis­ Konzept. Einfach so. senschaftlern vorbehalten – doch die Er wünscht sich auch, dass die Kunst Bibliothekarin macht bei dem bil­ als Ereignis mehr Wertschätzung er­ dungshungrigen Georgier eine Aus­ fahre. Kunst durchdringe das ganze nahme. Narmania kniet sich in die Leben, Kunst gebe den Dingen über­ Bücher, findet sogar noch Briefwech­ haupt erst Form. Ohne Kunst würde sel zwischen berühmten Galerien, auch die Wirtschaft nicht laufen, ist die Briefbögen einfach so in die Bän­ er überzeugt. «Kunst beeinflusst die de eingelegt. In Deutschland lernt er Lebensqualität», betont er. Kunst sei seine künftige Frau kennen und zieht kein Luxus, wie sie immer wieder ge­ mit ihr 1998 in die Schweiz. «War­um handelt werde. «Kunst ist eine konsti­ nach Winterthur? «Weil hier grad eine tutive Kraft in unserem Leben.» Wohnung frei war», sagt er. Glücklich l CHRISTINA PEEGE

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Das Stück «Open Secret» be­ginnt mit Keyboardklängen, als würde auf einem Glockenspiel frei improvisiert. Nach und nach wird ein komplexer Rhyth­ mus sichtbar. Eine lang gezogene Ton­ spur aus sphärischen Weiten tritt hin­ zu, ferner ein Stampfen und Klacken wie in einem Werkraum, von draussen ein vom Wind verwehtes Kinderla­ chen. Schliesslich webt sich die Stim­ me der Sängerin hinein, zerbrechlich und erotisch. Sie singt ein Lied und doch keines, bleibt schwebend im Un­ gefähren. Von solchen Andeutungen lebt die Musik der jungen, aus Aalborg stam­ menden Dänin Sofie Nielsen. In ihrem musikalischen Einfrauprojekt namens Tone zimmert sie sich eine eigene Welt zusammen, die an Tagträume er­ innert. Die zehn Nummern ihres ers­ ten, 2008 beim Kopenhagener Label Ponyrec erschienenen Albums «Small Arm Of Sea» sind voll von Chiffren des Dazwischen: «Just wake me up be­ fore you go», heisst­ es im Stück «Wake Me Up», «I need a break» in einem anderen; ein weiterer Titel lautet viel­ sagend «Undecided». Musikalisch dominieren raffinierte Breakbeats, elektronische Klänge und eine oft vervielfältigte, narkotisieren­ de Stimme. Stilistisch ist Tone irgend­ wo in der weiteren Umgebung von Trip-Hop einzuordnen. Der stark va­ riierende, verspielte Gesang orientiert sich zuweilen recht klar an Björk. Was macht den eigentümlichen Reiz dieser Musik aus? Die Abwesenheit starrer Strukturen. Alles scheint inein­ anderzufliessen. Dar­auf muss man sich zuerst einstellen: Wer herkömmliche Songs erwartet, wird enttäuscht. Statt­ dessen betritt man eine Gegenwelt, in der sich die gewohnten Dinge in neu­ en, Konstellationen wieder finden. Die Offenheit erlaubt es Nielsen, zu expe­ rimentieren. Etwa mit der Textzeile «How Hard Did You Try», die unzäh­ lige Male wiederholt wird, als gelte es, einem Verfahren der konkreten Poe­ sie vergleichbar, die Bedeutungsmög­ lichkeiten auszuloten, die in ihr ste­ cken. Im Konzert werden ausserdem mit der Musik abgestimmte, experi­ mentelle Videos gezeigt. (dwo) Tone Live: Fr, 19. 2., 21 Uhr, Kraftfeld. Anschliessend   DJs Nikolai Volkoff & Dr. Brunner.  CD: Small Arm Of Sea (Ponyrec/Urlyd).

Kidjo in Halle 53 Mit zwei grossen Namen kann das diesjährige Afro-Pfingsten-Festival aufwarten. Zugesagt haben die in New York lebende Sängerin Angélique Kidjo und das Orquesta Buena Vista Social Club aus Kuba. Das komplette Programm wird am 1. März bekannt­ gegeben, wie die Organisatoren des Festivals gestern mitteilten. Dann be­ ginnt auch der Ticket-Vorverkauf. Die Konzerte des Festivals finden vom 21. bis 23. Mai wiederum in der Halle 53 des Sulzer-Areals statt. (red)


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14    Stadtkultur

l   der landbote   l   Donnerstag, 11. märz 2010

«Austausch macht Kunst lebendig» Ricardo Flores Saldaña schafft Skulpturen voller Magie und von höchster Präzision. Der Künstler mit mexikanischen Wurzeln lebt gerne in Winterthur, denn hier ist das Leben gut organisiert. Das komme seiner Kunst zugute, sagt er. «Genau das ist es!», habe er gesagt, als er das zu ebener Erde liegende Ate­ lier am Lindspitz gesehen habe, «hell und geräumig», hier könne er arbei­ ten. Ricardo Flores Saldaña fühlt sich in seinem Arbeitsraum sichtlich wohl; der Raum ist, obwohl er zwischen zwei stark befahrenen Strassen liegt, so et­ was wie eine Oase der Ruhe und Krea­ ti­vi­tät. Der Eindruck entsteht durch die Skulpturen, die im Atelier stehen.

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Wie Kunstschaffende aus aller Welt  Winterthur se­hen und beleben

Es sind Figuren aus Holz oder Stein; in der einen erkennt man eine Frauenfi­ gur, andere Skulpturen sind offen für Deutungen. Ihre Oberfläche lebt von der Maserung des Holzes oder von den Farben des Steins. Es sind Gebilde von hoher Perfektion, nicht nur was ihre Oberflächenbearbeitung anbelangt, sondern auch in der Ausgewogenheit der Volumina. Viele tragen geheim­ nisvoll klingende Namen «Xochitl» oder «Lol-ha», andere wie «Macho» sind weniger erklärungsbedürftig. Die Titel der Skulpturen stammen aus Flores Saldañas Heimat – oft aus einer der indianischen Sprachen Me­ xikos. «Ich habe mich mit den antiken Kulturen Mexikos intensiv beschäf­ tigt», erklärt der Künstler. Dennoch sprechen seine Figuren eine ganz eige­ ne, zeitgenössische Formsprache, die dann und wann das Figürliche streift, oft aber bleiben sie reine Form.

ko ist äusserst hartes Brot. Der Absol­ vent arbeitet als Zeichner auf archäo­ logischen Ausgrabungen, unterrichtet Zeichnen und Werken an Primar- und Oberstufenschulen, erhält eine Stelle als Dozent an der Hochschule für Bil­ dende Kunst in Chiapas. «Das Leben in Mexiko ist ausserordentlich schwie­ rig», erklärt er. Auch ein Hochschul­ dozent lebt kein leichtes Leben, auch wenn er in Mexiko zu so etwas wie dem Mittelstand gehört. Die Preise sind enorm hoch, die Löhne niedrig. «In Mexiko ist es für Künstler daher leichter, wenn sie sich in Gruppen for­ mieren», erklärt er. Ohne Solidarität keine Kunstszene, oder mit Solidarität eine bessere Kunstszene. Eine Gruppe Kunstschaffender findet sich in Xala­ pa zusammen; die Mitglieder unter­ stützen sich mit Ideen, aber auch ganz konkret, indem sie gemeinsame Aus­ stellungen organisieren. Er hat die­se Zusammenarbeit und den ideellen Austausch unter Freunden und Künst­ lern sehr geschätzt: «Das macht die Kunst lebendig.»

Seine Frau, eine Schweizerin, lernt Flores Saldaña an der Uni in Chiapas kennen. Die beiden heiraten, kurz dar­ auf läuft sein Arbeitsvertrag mit der Uni aus, und so ziehen sie nach Xalapa im Bundesstaat Veracruz, suchen dort Arbeit, vergeblich. Eine schwierige Zeit, wie beide sagen. Die Ersparnisse gehen zur Neige, die beiden beschlies­ sen, in die Schweiz zurückzukehren. «Ich wollte schon immer mal nach Ita­ lien, in das Land der schönen Künste», sagt Flores Saldaña und schmunzelt, «die Schweiz liegt ja grad nebenan.» Mit einem Koffer voller Kleider und einem Koffer voller Werkzeug kam das Paar 2006 in Winterthur an und bei einer Freundin unter.

Harter Weg, reichlich Früchte «Zu Beginn war es schon hart hier», räumt Flores Saldaña ein, «die Men­ schen sind so vollkommen anders als in Mexiko.» Heimweh, ja, das kennt er. Mittlerweile fühlt er sich jedoch zu Hause hier in der Schweiz, in Win­ terthur. Er lacht und sagt:» So ist halt das Leben, mal einfacher und mal schwieriger. Ich bin von Grund auf ein sehr fröhlicher Mensch. Was mir nicht immer leichtfällt, ist, Kontakte zu knüpfen, da ich eher eine introvertierte Person bin, doch wo Kontakte zustan­

de kamen, ist man mir stets mit grosser Offenheit begegnet», sagt er. Auch in dem Bauhandwerkbetrieb, in dem er heute zu fünfzig Prozent arbeitet, sei er wie in einer Familie aufgenommen worden. «Es war ein harter Weg, aber heute kann ich reichlich Früchte ern­ ten», blickt er auf die vier zurücklie­ genden Jahre in der Schweiz zurück. Er geniesst es, hier zu sein. «Endlich ist der Druck weg, den der Überlebens­ kampf erzeugte.» Hier ist laut dem Künstler alles gut organisiert. Man kann Materi­ al beschaffen, für eine Bohrmaschine muss man anders als in Mexiko keinen ganzen Monatslohn hinblättern. Hier erhalte er Werkzeug von sehr guter Qualität, dies wirke sich auf die Quali­ tät seiner Skulpturen aus. Ob er in sei­ nem Atelier die Künstlergemeinschaft von früher nicht vermisst? «Ich arbei­ te gerne auch für mich, ich muss mich ganz auf mein Werk fokussieren kön­ nen», sagt er. Gerne tauscht er sich mit anderen Künstlern hier in Winterthur aus, der Austausch und die Beziehun­ gen seien sehr wichtig.

Pädagoge aus Leidenschaft Ausserdem be­ginnt Flores Saldaña wieder, in seinem Atelier Bildhauerei zu unterrichten. «Ich will nicht nur fer­

tige Dinge zeigen, ich will auch etwas von meinem Erfahrungsschatz weiter­ geben.» Er hat seine eigene Lehrme­ thode entwickelt, die sich nicht stur nach Büchern und Theo­ri­en richtet, sondern den Menschen und seine Be­ dürfnisse in den Mittelpunkt stellt. «Was braucht ein Mensch», das sei die zentrale Frage, wenn er Kunst unter­ richte. «Wichtig für mich als Lehrer ist mein Gegenüber, der Schüler oder die Schülerin. Was wollen sie Ausdrücken und wie können sie es? Gemeinsam suchen wir dann den Weg, um das zu materialisieren, was sie innerlich be­ wegt.» Wenn Flores Saldaña vom Un­ terricht spricht, redet er sich so richtig ins Feuer, er erzählt in immer flüssiger werdendem Deutsch, wie er Kindern mit motorischen und Schulschwierig­ keiten in Rikon Werkunterricht erteilt hat, wie er sie fördern konnte. In Winterthur wünscht sich Flores­ Saldaña eine offenere Kunstszene und dass vermehrt auch an Orten aus­ gestellt wird, die nicht offiziell aner­ kannt sind. Etwas Mut zum Risiko. «Wenn man Kunst an ungewohnten Orten ausstellt, macht dies die Kunst spannender – und das Publikum neu­ gieriger.» Und was braucht denn der Mensch für sein Leben, ausser Offen­ heit und Neugierde? l CHRISTINA PEEGE

Ein Perfektionist mit Charme Der heute 40-jährige hat einen weiten Weg zurückgelegt. Geboren wurde er in Mexiko Stadt, seine Kinder- und Ju­ gendjahre verbrachte er im Bundes­ staat Chiapas. Nein, er stamme nicht aus einer armen Familie, betont er, in der Schweiz würde man wohl sagen «Mittelstand», auch wenn der Begriff nicht ganz zutreffe. Er überlegt immer wieder, bespricht sich auf Spanisch mit seiner Frau, «Mein Deutsch ist noch nicht das beste, doch wenn ich über mich und meine Kunst spreche, will ich mich präzise ausdrücken können», seine Frau übersetzt zuweilen aus dem Spanischen. Er hat sie für das Ge­ spräch ins Atelier gebeten – damit es mit der Verständigung auch wirklich klappt. Präzision ist ihm nicht nur in seinen Werken wichtig, sondern auch im alltäglichen Ausdruck. Flores Saldaña studierte an der Uni­ versität Veracruzana in Xalapa Bil­ dende Kunst mit Schwerpunkt Bild­ hauerei. Das klingt vielversprechend, dennoch: Ein Künstlerdasein in Mexi­ anzeige

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Ricardo Flores Saldaña lebt und arbeitet gerne in Winterthur. Er hat das Lachen nicht verlernt, auch wenn das Leben hier nicht immer ganz einfach ist. Bild: Marc Dahinden

Vom Leuchten am Rand des Abgrunds Sie sind die Ostgeburt der Hölle. Die Alte Kaserne zeigt Comix und Sequenzen aus der Ostschweiz. Anschauen! Verein zur Förderung sequenzieller Grafik, das tönt schon mal gut. Noch besser: «Wir legen keinen Wert auf grosse Namen und keinen Wert auf Hundert-mal-Gesehen.» Am besten aber ist der Imperativ: «Wir fördern!» So stellt sich der Verein Sequenz aus St. Gallen vor, der sich Abfolgen aller Art verschrieben hat: im Trickfilm und mit Bildergeschichten, in der Kunst und auch ausserhalb von ihr, also qua­ si überall. Über­all ist St. Gallen, Ostschweiz. Die Sequenz-Ausstellung in der Alten Kaserne zeigt die «Ostgeburt der Höl­ le». Alles ist extra gemacht für Win­ terthur samt Büchlein. Ein Querschnitt durch das Ostschweizer Illustrations-

und Comicschaffen: 14 Zeichnerinnen und Zeichner hat der Verein ausge­ wählt, um das Spektrum des Schaffens zu zeigen. Es führen ganz verschie­ dene Wege durch die­se Landschaft, vom Chrüsimüsi über kleine Filme bis zum Klebepunktroman. Da ist einmal Speicher, hier wohnt Theres Senn, Jg. 1968; die Illustrato­ rin bringt wunderhübsch ins Bild, was sich zwei Riesenschlangen so zu sa­ gen haben. «Kannst du mir sagen, was Weisheit ist?», fragt die eine. «Komm herein, ich sags dir gleich. Erzähl mir aber zuerst die neuesten Geschichten über Alfons, die interessieren mich brennend.» Türe auf, Türe zu, das ist schon der ganze Witz. Er funktioniert übrigens auch mit Waschmaschinenre­ parateuren und Heiligenschein, zwei Skeletten und einer Blaskapelle, einer Kinderschaukel und anderen kritz­ ligen Gestalten aus dem Kugelschrei­ bergebiet.

So geht es weiter: mit Wattwil, das Anna Furrer, Jahrgang 1980, ist; sie liefert die titelgebende Ausgeburt der Hölle, Fig. 1 bis 34: das Ying und Yang zeigt sich in der Unterwelt. In diesen Bereich wagt sich auch Lika Nüssli, *1973, vor, in «Sehnsucht, wieder ein Versuch» geraten ihre Figuren über den Rand in die Leere hinein, und es ist ein Leuchten in diesen Bildern, auch wenn sie von der Hölle erzählen. Jedes Vorankommen fordert hier seinen Tribut. Kreuz und quer geht es durch die sequenzielle Landschaft, wir sind weiter auf 1000 m ü. M. in Tro­ gen (mit Annette Pecar), in Wil (Fio­ na Schär), immer wieder natürlich in St. Gallen (mit Matthias Noger, Jona­ than Németh, Sascha Tittmann, Vero­ nika Brusa), dann auch in Schaffhau­ sen (Meret Wüst), Flawil (Ray Hegel­ bach), Schwellbrunn (Sabine SchwyterKüfer). Und alles drängt doch zuletzt nach Winterthur, nicht nur mit Beni

Merk, der hier wohnt, und Rahel Ni­ cole Eisenring, die hier geboren ist: An der Vernissage am Dienstag waren vor lauter Menschen die Bilder an den Wänden gar nicht zu se­hen. Und die einzelnen Stationen lassen sich, so unterschiedlich sie auch sind, als eine Sequenz lesen: vom Umgang mit dem Bildervorrat in den Köpfen. Und alle Werke zusammen ergeben einen Film: über den Alltag und die Sehnsucht nach dem anderen, über Klötze, die hier im Wege stehen, und Punkte, die für sich genommen eine Romanze sind. Einfach: La Condition humaine, gezeichnet, gemalt, gefilmt. Und überall: ist das Herz eingeschrie­ ben. (bu) Ostgeburt der Hölle Ausstellung im Bistro der Alten Kaserne, bis   1. April. Der Katalog, der ein schönes Büchlein ist und Comix und Sequenzen aus dem Osten der Schweiz versammelt, kostet 10 Franken.

www.sequenz.net


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Stadtkultur    15

der landbote      Samstag, 20. märz 2010

«Ich bin von Menschen fasziniert» Petra Sulzer-von-der-Assen stellt den Menschen in den Mittelpunkt ihres Schaffens. Sie wünscht sich, dass möglichst viele Menschen ihre Individualität durch Kunst zum Ausdruck bringen können – und dass weniger engstirnig juriert wird. Petra Sulzer-von-der-Assen und ihre Figuren sind in Winterthur keine Unbekannten mehr. Spätestens wer einmal in der Klinik Lindberg Patient oder bei einem Patienten zu Besuch war, ist ihren vier lediglich gut dreissig Zentimeter grossen Bronzefiguren und ihrem grossformatigen Gemälde mit den zwei sich schwungvoll bewegenden Figuren begegnet. Sulzer hat im Oktober 2007 den Auftrag von der Klinik erhalten, das Leitbild für Patienten und Mitarbeitende anschaulich

toons für die Schülerzeitung», lacht sie, und für sie sei damals klar gewesen, wohin ihr Weg führen würde: über die Kunstschule Hamburg in die Welt der schönen Künste. «Ich hatte bereits ein kleines Zimmer in Hamburg», erinnert sie sich. Und plötzlich sei da eine Aufnahmeprüfung abgehalten worden, auf die sie überhaupt nicht vorbereitet gewesen sei. Die Theorieprüfung war eine Katastrophe und der Traum einer künstlerischen Karriere endete in Tränen. «Das habe ich bis heute nicht ganz verschmerzt», räumt sie offen ein. Zu tief sass der Schock – so tief, dass sie erst einmal In­ter­na­tio­na­le kunst mit einer Freundin eine lange Reise Wie Kunstschaffende aus aller Welt nach Japan unternahm. Winterthur se­hen und beleben «Aber irgendwas musst du doch mazu machen. Und worum dreht sich ein chen, Kind», hätten ihr die Eltern nach Leitbild eines Privatspitals? Um den der Heimkehr gesagt. Sie macht eine Menschen natürlich. Und um seine Ausbildung zur Medizinisch-TechAusstrahlung dreht sich auch Sulzers nischen Assistentin und nach dem AbKunst. «Ich bin von Menschen faszischluss bildet sie sich in der Augenheilniert», sagt sie während einer Führung kunde weiter, wird Ortho­ptistin. Hier durch ihr helles Atelier, das im Unterspielt das Se­hen eine grosse Rolle. Sie geschoss ihres Wohnhauses liegt. Hier therapiert schielende und schwachstehen Dutzende von Tonobjekten, sichtige Kinder. «Mit Kindern habe ich ihre Studien und Übungsstücke. Es immer sehr gerne gearbeitet», sagt sie sind Menschen in unterschiedlichen heute. Für die­se Ausbildung kommt Haltungen, auch Porträts, eigentliche sie nach St. Gallen. «Es hat mir dort Charakterstudien. nicht so gefallen», sagt sie, «ich wäre Sulzer enthüllt ein Tonmodell eisicherlich nicht in der Schweiz gebliener jungen Frau, die sich an einen ben, wenn ich nicht meinen Mann DoGranitstein lehnt. nald Sulzer kennen «Ich arbeite an ihgelernt hätte.» Sie «Der Durst rer Körperhaltung beenden beide ihr und dem Blick», Studium und tramnach Kreativität sagt Sulzer und pen ein Jahr durch mittels Kunst schaut skeptisch ganz Asien, heiraauf die Figur mit ist grösser geworden» ten und ziehen für ihrer noch groben ein Jahr nach New Petra Sulzer-von-der-Assen Oberfläche, dreht York, kommen zusie auf einer Töprück, die Familie ferscheibe hin und her. Bevor sie ihre wächst und heute ist sie Mutter dreier Figuren in Bronze giessen lässt, arbeinahe erwachsener Kinder. beitet sie die Komposition genau aus. Gesammelte Bilder Neben der Dreidimensionalität muss vor allem der Ausdruck stimmen. Von In Winterthur fühlt sich Sulzer auf Anden Tonobjekten werden Plastiken hieb wohl. Sie engagiert sich im Muttererstellt. Gips und Beton giesst sie im Kind-Turnen, im Kinderhütedienst, in Atelier, Bronze in der Kunstgiesserei der Schulpflege, im Handballclub und in Oberwinterthur. später im Tennisclub für die Junioren. «Ich wollte immer mitgestalten, Vom Traum zum Trauma die jeweiligen In­sti­tu­tio­nen mittragen Kreativität und Imagination spielten und Wertvolles unterstützen.» Sie hat bei Petra Sulzer bereits in der Kindihre Kinder zur Selbstständigkeit erzoheit und während der Schulzeit eine gen, sodass sie bald mehr Zeit für sich grosse Rolle. Geboren 1956 in Steinhatte. Herumsitzen und warten, bis feld, einem kleinen Dorf in Niedie liebe Familie zu Hause eintrudeldersachsen (Deutschland), hat sie te, das lag ihr nicht. «Ich ging zur Beviel Zeit in der Natur verbracht, Karl rufsberatung», erzählt sie. «Ich wollte Mays «Schatz im Silbersee» nachge­ etwas mit Kunst machen», doch die spielt – «ich hatte eine freie und krea­ti­ Angst kam mit der Erinnerung an die ve Kindheit», blickt sie zurück. Sie hat verpatzte Aufnahmeprüfung wieder viel gezeichnet, «zum Beispiel Carhoch. Auf Zuraten der Familie be­ginnt

OUTSIDEINSIDE

Arbeit am Menschen: Petra Sulzer-von-der-Assen wünscht, dass der Zugang zu Kunst und Kultur offener wird. Bild: Marc Dahinden

sie wieder – belegt Kurse und wagt es, sich an der Zürcher Hochschule der Künste anzumelden. Sie belegt Vorlesungen am Kunsthistorischen In­sti­tut der Universität Zürich. «Was habe ich bloss im Leben verpasst», habe sie gedacht, als sie zum ersten Mal die Uni betreten hat. «Mittlerweile weiss ich, dass mein vermeintlich umständlicher Weg der richtige war. Unendlich viele Bilder und Erlebnisse fremder Länder und Kulturen und unermesslich starke Bilder durch die Familie, Freunde und Bekannte. Sie sind im Hinterkopf gesammelt und dürfen nun raus.» Das Werkzeug dazu boten ihr seit zehn Jahren die Weiterbildungskurse in Zürich. Die­se werden aus Kos-

Aussensicht und blick nach innen In Winterthur leben und arbeiten Kunst­ schaffende aus aller Herren Länder. Sie sind auf abenteuerlichen, ver­ schlungenen oder ganz direkten Wegen (und manchmal­ auch einfach wegen der Liebe) hierhergekommen. Wir stellen in dieser neuen Serie Künstler vor, die zwar von ihrer Herkunft geprägt sind, die ihr Leben und ihr Schaffen aber mit dieser Stadt verbunden haben. Was sie aus ihrer Heimat mitbringen, bereichert

das Leben dieser Stadt. Die Auswahl der ersten sechs Künstler geht von ei­ ner Ausstellung unter dem Titel «Out­ side Inside» aus, die im Januar 2010 auf In­itia­ti­ve von Michelle Bird im Alten Stadthaus Winterthur stattgefunden hat (Künstler auf: www.outside-inside. ch). Weitere Interessenten für ein Por­ trät sind willkommen, Hinweise aus der Leserschaft auf Kunstschaffende eben­ falls auf: cpeege@landbote.ch. (cp)

Eulachhalle plötzlich ein Jurieren eingeführt wird. Ein Paradoxon alleine schon im Namen. Und Werke dann mit einem Kleber in Form eines Krönchens auszuzeichnen, ist auch fragwürdig. Stadt und Kanton müssten mehr kaufen, aber ein roter Punkt tuts auch. Sie findet die heutige Form des Jurierens schlicht «nicht mehr zeitgemäss. Kunst ist heute so viel breiter!»

Eine Wundertüte Die Künste in Winterthur interessieren sie sehr. Sulzer ist Mitglied im Galerieverein, im Musikkollegium Winterthur, im Kulturverein Oxyd, im Café des Arts in der Kunsthalle, in der Villa Sträuli – sie sucht und findet auf vielen Ebenen Zugang zur Kunst – wichtig sei aber für die Kultur, dass dieser Zugang für alle Krea­ti­ven offen sei. «Breiter und offener für jeden Einzelnen und man würde in der Kunst mehr aufrichtige, ehrliche, wirklich grosse Arbeiten erleben», ist sie überzeugt. «Für den Menschen ist die Kunst eine richtige Wundertüte und der Mensch kann es auch für die Kunst sein», sagt sie und deckt die Mädchenfigur aus Ton, die sie für den Besucher enthüllt hat, sachte wieder zu. lCHRISTINA PEEGE

Typisch für die Finnen

Seven im Hangar Auf Dauer ist das Bad in der anonymen Menge dann doch etwas eintönig. So jedenfalls dürften Rockund Popmusiker ab und zu empfinden. Dann sehnen sie sich nach jenen glücklichen Stunden zurück, da sie im Kreis von Freunden zum ersten Mal mit dem Geständnis herausrückten: «Übrigens, äh, ich habe da ein Lied geschrieben.» Die Sehnsucht mündet in ein sogenanntes «akustisches» Konzert, auch «unplugged» genannt: also ohne Strom, nur mit Gitarre, Hohlraum und Gesang. Auch der Aar­gauer Soulsänger Seven kehrt nun mit seinem aktuellen Album «Like a Rocket» in den Hangar zurück. Das Konzert vom Sonntag, 28. März, im Thea­ter am Gleis ist bereits ausverkauft. (dwo)

Auf CD schrauben ­Sunrise Avenue ihren Sound auf ­Hallenformat hoch. Im ­Salzhaus präsentieren sie sich heute Abend «akustisch».

korrekt Die Musikvesper von morgen in der St.-Marien-Kirche Winterthur (Ausgabe von gestern) be­ginnt entgegen der Angabe auf der Homepage des Dirigenten bereits um 18 Uhr. Thema ist Pergolesis «Stabat mater». (red)

tengründen nun von der Stadt gestrichen. «Welche Werte und welches Po­ ten­zial sich damit auflösen – es ist unverantwortlich! Marcel Duchamp hat einmal gesagt, dass die Kunst die einzige Tätigkeitsform ist, durch die der Mensch sich als Individuum ausdrücken kann. Es gibt doch so viele Menschen, auch älteren Semesters, die etwas zum Ausdruck bringen möchten. Der Durst nach Krea­ti­vi­tät mittels Kunst ist grösser geworden und sollte auch für Quereinsteiger gestillt werden.» Die­se würden viel zu wenig gefördert, es werde auch allgemein viel zu viel ausjuriert. So hat Sulzer beispielsweise auch die Tatsache gestört, dass an der Unjurierten in der

Finnen sind fast immer blond. Sunrise Avenue mit Sänger Samu Haber (2. v. r.). Bild: pd

Finnen sind natürlich melancholisch. Doch ebenso klar ist, dass die Sonne nie intensiver erlebt wird als nach einer Regenwoche. Die 2002 in Helsinki gegründete Gitarrenrockband Sunrise Avenue erhebt das gute Wetter bereits im Namen zum Programm. Das erste Album «One Way To Wonderland» versprach dann schon ziemlich viel, das zweite ging noch einen Schritt weiter: «Popgasm» heisst­ es. Musikalisch fährt es auf derselben Schiene des grossen Hallenrocks weiter, schwelgt wieder in Melodien, wobei das unbeschwerte Verhältnis zu schlichten, aber effektiven Mitteln manch­mal an Bon Jovi erinnert. Die Single «The Whole Story» könnte als weichgespülte Spielart von Oasis durchgehen, während die Midtempo-Nummer «Welcome To

My Life» mittels Geigen und Klavier eine hübsche Steigerung hinlegt. Es handle sich hier um einen sehr persönlichen Song, der vom Leben als Musiker erzähle, gab Sänger Samu Haber in einem Interview zu Protokoll: Unbeschreiblich sei es, achtzigtausend Hände vor sich zu se­hen, dennoch fühle man sich auch alleine. Dann dürfte sich Haber heute Abend so geborgen fühlen, als sässe er mit Freunden ums Lagerfeuer. Denn im vergleichsweise kleinen Salzhaus geben die Finnen ihre Songs «akustisch» zum Besten. Was auch eine gute Gelegenheit ist, ihre Substanz zu erkunden. Der Abend verspricht aber noch mehr. Ob live der Funken überspringe, lasse sich nicht voraussagen, sagte Haber im besagten Interview auch noch: Wie beim Sex sei das. «Ich stelle mich ans Mikrofon und warte, dass es passiert.» Und die­se Offenheit ist ja auch wieder typisch für die Finnen. (dwo) Sunrise Avenue Heute, 19 Uhr, Salzhaus


MICHELLE BIRD fusion of colors and cultures Text by Kristin Shannon Curator of Louvre expat exhibit 2007 Hot lava pours into the sea, volcanic glass fragments mix with black sand beaches – as a young child Michelle Bird stood at the edge of strong cultural tides, inheriting her Chinese artist father's classical eye and her Western mother's courage with bold architectural form. Described as "tactile and erotic," abstract expressionist Bird's paintings radiate the fusion of cultures and colors. Michelle Bird came early to her love of color as she leaned barefoot into the ocean wind hunting the last subtle green flash in her Hawaiian sunset. When her family moved to California she added the texture of old growth Redwood forests, San Francisco fogs, plump grape vines and desert silt. Her paintings reflect a wide palette of almost Baroque colors. "I paint fervently for long intervals," says the artist, "as if I were walking blindfolded through nature, feeling the color with my skin." Educated in California and the Netherlands, she studied with Dutch poet and painter Anton Martineau and at the Rietveld Art Academy. Recognized in Europe and California, she has lectured at 'San Francisco's Academy of Art College' on drawing techniques. Her work has been shown at Gallery Retort in Amsterdam, Gallery Walls in Amsterdam, Castle Maurick in Vught, The Netherlands, and The Depot Art Gallery in California. In 2003, she received an award from the Californian ‘Center for Contemporary Arts’ in Sacramento. As an illustrator, she has been published by the Dutch & Belgium publications 'Joie de Vivre' and 'Spuit 11.' She gained international attention for her drawings in the book 'Closed Curtains — Lives of de Wallen'. Bird's work is represented in private and corporate collections in the United States, Switzerland and The Netherlands, including those of AXA Insurance, Der Landbote and SEC. Her studio in Switzerland is on the outskirts of Zurich adjacent to a forested hill, where she has lived with her husband since 2004. Her daughter studied art at Berkeley and works from her studio in Portland. Michelle Bird speaks English, Dutch, and German; and holds a San Francisco Bay Skippers rating. She can be contacted directly or through her agent, Holger Leverentz.

Michelle Bird Breitestrasse 26, 8400 Winterthur, Switzerland Email: birdmichelle@mac.com Website: www.michellebird.ch Skype +41 033 534 96 60 Cell +41 078 784 34 24


RICARDO FLORES SALDAÑA Ricardo Flores Saldaña was born in 1970 in Mexico City and grew up in the southern federal state Chiapas. At twenty he began his study in pedagogic art majoring in Sculpture at the Universidad Veracruzana in Xalapa, Veracruz, Mexico. After his study he worked as a free lance artist and lectured at various private schools and universities. Ricardo has regularly participated in exhibitions, symposia and art competitions in Mexico, Austria and Switzerland. In 2006 he moved in Switzerland, to Winterthur where he lives and works. The world according to Ricardo Flores Saldaña is put simply, just art. Everything has form, volume, and can be interpreted in some way. He is not a man of big words, the quiet, reserved Mexican sculptor observes with a passion the environment in which he lives. Ricardo Flores Saldaña wurde 1970 in Mexiko City geboren und wuchs im südlichen Bundesstaat Chiapas auf. Anfang Zwanzig begann er sein Studium in bildender Kunst mit Option Bildhauerei an der Universidad Veracruzana in Xalapa, Veracruz, Mexiko. Nach seinem Studium arbeitete er als freischaffender Künstler und als Kunstdozent an verschiedenen Privatschulen und Universitäten. In seiner Tätigkeit als Künstler nahm Ricardo Flores Saldaña immer wieder an Ausstellungen, Symposien und Kunstwettbewerben in Mexiko, Österreich und der Schweiz teil. 2006 übersiedelte er in die Schweiz, nach Winterthur, wo er seither lebt und arbeitet. Die Welt in der sich Ricardo Flores Saldaña bewegt – schlicht gesagt Kunst. Alles ist Form, alles hat Volumen, und alles kann interpretiert werden. Er ist kein Mann der grossen Worte, der ruhige, introvertierte mexikanische Bildhauer, doch schaut man ihm bei der Arbeit an seinen Skulpturen zu, erkennt man das lebendige, humorvolle, sieht man die Passion, mit welcher Flores Saldaña Stein oder Holz bearbeitet. Taucht man ein, in seine Welt der Kunst, der Bildhauerei, erhält man Gelegenheit, dem nonverbalen Dialog zwischen ihm und den Materialien zu lauschen. Diese Zusammenarbeit lässt die Skulptur erst entstehen. Es ist das grosse, fortwährende Staunen das ihn regt, wenn er Schlag um Schlag, Schnitt um Schnitt die Textur des Materials aufdeckt. Geben sich diese dann der gewünschten Form hin und Figur und Materie werden eins, dann manifestiert sich einer der Gründe die ihn antreiben. Konsequent lässt er sich auf sein Material ein, sei es Holz, Stein oder Metall, stets respektiert Ricardo Flores Saldaña die Eigenheiten dessen, was unter seinen Händen geformt wird. So löst sich allmählich, nach vielen Stunden Arbeit, die Skulptur heraus. Die Spuren des natürlichen Materials sind dessen Beitrag, an die vom Künstler geformte Skulptur.

Ricardo Flores Saldana Schaffhauserstrasse 44, 8401 Winterthur Bus Nr. 3 Haltestelle: Bachtelstrasse Tel. 052 232 83 06 Mobile 076 240 86 29 www.floressaldana.ch


PETRA SULZER- VON DER ASSEN Born in 1956 in Lower Saxony in Northern Germany, Petra worked as a medical-technical assistance and ophthalmologist. She now works as an artist and is the mother of three children. She is fascinated with human nature and educational art is her forte. Since 1999 she studied at the Zurich college of the arts. The objects on exhibition are cast in bronze and each is unique and may be hung or placed. Series "Ease on down the road". Geboren 1956 in Niedersachsen in Norddeutschland Matura, Medizinisch-Technische Assistenz und Orthoptistin (Augenheilkunde), jetzt Künstlerin, Mutter von drei Kindern Künstlerisches Gebiet: Bildhauerin/ Plastikerin Der Mensch mit seiner Ausstrahlung fasziniert mich seit jeher. Das Interesse an der bildenden Kunst steht dabei immer im Vordergrund. Seit 1999 Ausbildung an der Zürcher Hochschule der Künste und mehrwöchige Teilnahme an Weiterbildungen in Künstlergruppen. Zusätzlich Besuch von Vorlesungen am künstlerischen Institut der Uni Zürich. Der Schwerpunkt meiner Arbeit ist die Erfassung und künstlerischen Darstellung des Menschen. Mein Ziel ist es, inneres Wesen und die äussere Erscheinung in einer ästhetischen Form auszudrücken. Ich arbeite nach lebenden Modellen, Aktzeichnungen und Skizzen, Modellieren nach Akt und Porträt. Bisherige Ausstellungen und Auftragsarbeiten Mehrere Einzel- und Gemeinschaftsausstellungen, Auftrag der Klinik Lindberg zur künstlerischen Umsetzung des Leitbildes sowie private Auftragsarbeiten. Zu den Objekten im AWC: Bei den Bronzeplastiken „Ease on down the road“ handelt es sich um Unikate. Sie können gehängt oder gestellt werden.

Petra Sulzer-von der Assen Tachlisbrunnenstrasse 56, 8400 Winterthur Tel.: 052 212 65 65 E-Mail: kunst@petrasulzer.ch; www.petrasulzer.ch


SURAB NARMANIA Surab Narmania grew up in Georgia and graduated from the technical university. He completed his education with a certificate in art and art educational theory. He then enrolled in the state academy of arts in Tiflis and received his diploma in painting after a 6 year study. He was drawn to Germany in the 90’s where he continued his study in art educational theory in Bonn. He has been a regular at the Kunstlergruppe Winterthur ‘s well known December exhibition. Surab Narmania wächst in Georgien auf und absolviert dort das Technikum. Er schliesst seine Ausbildung mit einem Diplom in Kunst und Kunstpädagogik ab. Es folgt ein sechsjähriges Studium der Malerei an der Staatlichen Kunstakademie in Tiflis, das Surab Narmania mit Diplom abschliesst. In den 90er Jahren zieht es ihn nach Deutschland, wo er erneut das Studium der Kunstpädagogik in Bonn aufnimmt. Seit 2006 wird er regelmässig von der Künstlergruppe Winterthur eingeladen, seine Werke anlässlich der Dezemberaus-stellung zu zeigen. 2008 stellt der Künstler an der Dezemberausstellung im Oxyd Gemälde vor, die sehr fragmentarisch wirken und Elemente aus der Comicwelt enthalten.

Surab Narmania Hündlerstrasse 45, 8406 Winterthur Bus Nr. 5 Haltestelle: Freizeitanlage Tel. 052 203 27 15 Mobile 076 334 90 58


JONO BROWN Jono Brown was born in Nottingham, England and after stays in Germany and Australia moved to Switzerland 20 years ago. He lives and works in Winterthur, is married and has 2 daughters. He recommenced his interrupted artistic education at the Hochschule für Gestaltung und Kunst Zürich, Berufsschule für Gestaltung Zürich and with several artists to learn specific techniques. His studio is in the Old town of Winterthur, high above the action on the main shopping street near the Main Station. People are the central subject in his drawings, oil paintings and etchings, whether models or the woman (or man) in the street. Humans, being infinitely variable in their appearance and behavior, are an inexhaustible subject resource and the process, a continuous adventure. Important also, is the search for artistic elegance and ease in capturing structure and volume. The quest for the line, that shows movement, balance, flexibility, individual uniqueness and even express emotion. Social comment has also become a growing theme within some of his work over the last few years. Where words fail, visuals may succeed. In seinen Zeichnungen, Ölgemälden und Radierungen stehen Menschen im Zentrum. Ihre Erscheinungen, ihre Verhaltens- und Ausdrucksweisen bieten ihm einen unerschöpflichen Themenfundus. Wichtig ist die Suche nach zeichnerischer Eleganz und Leichtigkeit im Erfassen der Formen und Flächen. Die Darstellung des Menschen in den unterschiedlichsten Situationen sind auch Mittel, dem Betrachter seine Sicht der Welt zu kommunizieren. Das wolle er künftig mit seiner Kunst verdeutlichen. Er, ein radelnder Vegetarier, wolle das Bewusstsein dafür schärfen, dass die Menschheit achtsamer mit ihren Ressourcen umgehen müsse. Doch wolle er nicht mit plakativer Kunst den Betrachter an solche Themen heranführen, seine Bilder würden eher Fragen aufwerfen, den Blick auf das Leben und den Zugang zu ihm verändern, das Problembewusstsein schärfen. Zum Beispiel dafür, dass wir uns wieder als Teil eines Ganzen und nicht als isolierte Einzelkämpfer begreifen sollten.

Jono Brown Untertor 9, 8400 Winterthur ab HB Winterthur 3 min. zu Fuss Richtung Neumarkt vom Untertor - rechts Strehlgasse Tel. 052 232 08 53 Mobile 077 420 92 15 www.jono.ch


LUC DE MEESTER Luc de Meester studied graphic arts at the college for graphic arts in Ghent ,Belgium. His personal growth throughout the years reveals his expertise in many mediums. He works through various phases as a painter, graphic artist or a sculptor. His socially critical and political works refer directly to the society in which he lives. His large gypsum figures writhe and strain within the chains of history. De Meester creates works which simultaneously raise questions about human dignity and freedom. Luc de Meester studierte Grafik an der Hochschule für Grafische Künste in Gent (Belgien). Seine in Jahrzehnten gewachsene Persönlichkeit wird in der Vielseitigkeit seiner Kunst deutlich. Er zeigt sich in unterschiedlichen Arbeitsund Zeitphasen als Maler, Grafiker, Bildhauer und Plastiker. Seine sozialkritischen und politisch ausgerichteten Arbeiten beziehen sich direkt auf den Menschen und die Gesellschaft, in der er lebt. So winden sich seine grossen Gipsfiguren in Ringen, den Fesseln ihrer Geschichte. Ringe ihrer Lebensjahre, die sie zu dem machen, was sie sind, und die sie gleichzeitig beengen. De Meester schafft Werke, welche die Frage nach der Würde des Menschen aufwerfen und gleichzeitig seine Freiheit zum Thema machen.

Luc de Meester Tösstalstrasse 86, 8400 Winterthur Bus Nr. 2 Haltestelle: Deutweg (Eingang hinter dem Busdepot) Tel. 052 394 02 16 Mobile 077 411 72 45 www.luc-de-meester.ch


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