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SAISONCHRONIK 2009/10
SAISONCHRONIK 2009/10| head
IMPRESSUM HERAUSGEBER TSG 1899 Hoffenheim Fußball-Spielbetriebs GmbH Postfach 1162 74871 Sinsheim Tel. 0 72 61 / 94 93-0 Fax 0 72 61 / 94 93-102 E-Mail: info@achtzehn99.de www.achtzehn99.de AUTOR Alexander H. Gusovius KOORDINATION Steffen Lindenmaier LAYOUT, SATZ, GESTALTUNG Werbeagentur ServiceDesign, Heidelberg www.servicedesign.eu DRUCK Gedruckt auf Heidelberg Speedmaster FOTOS Uwe Grün H&B Pressebild Pfeifer, Wiesloch dpa Picture-Alliance GmbH
2 SAISONCHRONIK 2009/10
Dies ist die Chronik der zweiten Saison von 1899 Hoffenheim im Oberhaus des deutschen Fußballs. Nachdem die erste Saison (2008/09) sensationell begonnen und zum inoffiziellen Titel ‘Herbstmeister’ geführt hatte, war es damals in der Rückrunde durch zahlreiche Verletzungen und andere Sorgen zu einem Einbruch der Kräfte und Erfolge gekommen. Die Mannschaft hatte sich aber gegen Ende der Saison fangen können und war auf Platz 7 der Abschlusstabelle gelandet: für einen Aufsteiger mehr als respektabel. In dieser zweiten Saison wollte man vieles noch besser machen. Gemeinhin gelten ja Aufsteiger in der zweiten Saison als besonders gefährdet, doch angesichts des hohen spielerischen Potentials, vielversprechender Zukäufe und der übrigen personellen Konstanz durfte man davon ausgehen, dass 1899 Hoffenheim auch in der neuen Saison keinesfalls um den Abstieg spielen würde. Im Gegenteil: alle Signale standen auf Angriff, um den temporeichen, modernen Fußball noch zu perfektionieren. Dass es anders kam und man einerseits wieder mit vielen Verletzungssorgen zu kämpfen hatte, ohne deshalb allerdings gegen den Abstieg zu spielen, und andererseits gerade an offensiver Kraft einbüßte, bereitete den Fans und den Verantwortlichen einiges Kopfzerbrechen. Aber so ist der Fußball – nicht vorhersehbar, nie berechenbar und zuletzt eine Sache des Herzens.
DER KADER Obere Reihe, von links nach rechts: Chinedu Obasi, Marvin Compper, Prince Tagoe, Vedad Ibisevic, Isaac Vorsah, Josip Simunic, Albert Alex, Per Nilsson, Demba Ba, Luiz Gustavo, Kevin Conrad, Manuel Gulde, Sejad Salihovic, Maskottchen Hoffi Mittlere Reihe, von links nach rechts: Ralf Rangnick (Chef-Trainer), Peter Zeidler (Co-Trainer), Rainer Schrey (Athletik-Trainer), César Thier (TorwartTrainer), Zsolt Petry (Torwart-Trainer), Hans-Dieter Hermann (Sportpsychologe), Matthias Jaissle, Wellington, Simon Stadler (Physiotherapeut), Michael Grau-Stenzel (Physiotherapeut), Peter Geigle (Physiotherapeut), Heinz Seyfert (Zeugwart und Betreuer), Christian Seyfert (Zeugwart und Betreuer), Dr. Pieter Beks (Mannschaftsarzt) Untere Reihe, von links nach rechts: Tobias Weis, Franco Zuculini, Marco Terrazzino, Andreas Ibertsberger, Andreas Beck, Ramazan Özcan, Daniel Haas, Jens Grahl, Timo Hildebrand, Christian Eichner, Pascal Groß, Boris Vukcevic, Maicosuel, Carlos Eduardo Es fehlen: Tomislav Maric (Assistenz-Trainer), Matthias Bauer (Busfahrer und Betreuer)
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DFB-POKAL 1. RUNDE | FC Oberneuland
2. AUGUST 2009
FC Oberneuland – 1899 Hoffenheim 0:2 Die Aufstellung, mit der Ralf Rangnick zur 1. Hauptrunde der neuen Pokalsaison antrat, hatte noch nicht viel mit seiner Aufstellung zum Bundesliga-Auftakt sechs Tage später zu tun. Neuzugang Josip Simunic etwa, von Hertha BSC nach Hoffenheim gewechselt, fehlte aufgrund einer Rotsperre des Vorjahres. Demba Ba kurierte seine Operationsfolgen aus, nachdem ihm im Sommer der Titannagel wegen des zu belgischer Zeit erlittenen Wadenbeinbruchs entfernt worden war, ein Umstand, der sich für die gesamte Saison als folgenreich erweisen sollte. Andi Beck dagegen genoss nach der erfolgreichen U-21-EM in Schweden noch den verdienten Sonderurlaub. Mit Tobi Weis wiederum, mit Zuculini und Luiz Gustavo fehlten verletzungsbedingt weitere mögliche Stammspieler. Weil Ibertsberger hinten rechts die vakante Stelle von Beck ausfüllte, kam Neuzugang Eichner vom abgestiegenen Badener Konkurrenten Karlsruhe gleich zu seinem ersten Einsatz auf der linken Abwehrseite. Aber es gab eine andere Premiere, die von Presse und Fans weitaus gespannter verfolgt wurde: nach überstandener, siebenmonatiger Verletzungspause infolge eines Kreuzbandrisses stand zum ersten Mal wieder Vedad Ibisevic auf dem Platz. Seine Rückkehr in die Mannschaft war nach der schwierigen Rückrunde der Aufstiegssaison mit großen Erwartungen befrachtet. Im Spiel bei hochsommerlichen Temperaturen sah man Ibisevic jedoch an, dass der Genesungsprozess körperlich zwar abgeschlossen war, mental aber noch andauerte. Besonders bei Zweikämpfen hielt sich der Bosnier zurück, spürbar belastete ihn die Erinnerung an die Verletzung und bewirkte, dass er sein Knie keiner extremen Belastungsprobe aussetzen wollte. Doch sein hohes Spielverständnis und auch sein Spielwitz
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blitzten immer wieder auf, in Kombinationen mit seinen Nebenleuten lauerte stets Gefahr. Nur mit dem Abschluss wollte es nicht klappen. Als ihn in der 10. Minute ein 30-Meter-Pass erreichte, nahm er den Ball gefühlvoll mit der Brust an, schoss ihn dem Keeper aber direkt in die Arme. Der Gegner aus der Regionalliga versteckte sich nicht. Immer wieder gingen die Oberneuländer unerschrocken in die Bälle der noch lange nicht auf höchstem Niveau agierenden Hoffenheimer und kamen mitunter durchaus zu Szenen in Strafraumnähe: gleich in der 2. Minute, als Eichner klären konnte, und wieder in der 8. Minute, als Ibertsberger eingreifen musste. Ab der 10. Minute erhöhte 1899 Hoffenheim allerdings Tempo und Druck und kam über die 1. Halbzeit verteilt zu einigen guten Chancen: bei Schüssen von Salihovic und Vukcevic, bei einem Kopfball und einem Schuss von Ibisevic. Unmittelbar nach der Pause erarbeitete sich Oberneuland die erste richtig gute Chance, Hilde-
FC OBERNEULAND
Ceglarek, Pekrul, Dreyer, Mandic, Cornelius (82. Boukantar) Block (57. Bilgin), Titz (61. Beck), Posipal, Muzzicato, Laabs, Karapetian
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger, Compper, Nilsson, Eichner, Vukcevic (63. Groß), Carlos Eduardo, Salihovic, Obasi (63. Wellington), Ibisevic (77. Terrazzino), Maicosuel
ZUSCHAUER 2.743
TORE
0:1 Obasi (48.) 0:2 Maicosuel (54.)
SCHIEDSRICHTER Christ (Kaiserslautern)
GELBE KARTEN Titz, Posipal Nilsson
brand konnte den scharf von rechts geschlagenen Flankenball im Fünfmeterraum gerade noch parieren. Aber schon eine Minute später, in der 48. Minute, zeigte Hoffenheim dem Regionalligisten die Krallen. Nach Doppelpass mit Ibisevic war es Obasi, der aus halblinker Position mit dem Außenrist abzog und den Ball unhaltbar ins lange Eck beförderte. Wenige Minuten später schien die Partie bereits entschieden. In der 54. Minute landete ein zu kurzer Abwehrversuch der Oberneuländer direkt vor den Füßen von Maicosuel, dem brasilianischen Neuzugang, der bisher etwas blass geblieben war und sich ins schnelle Hoffenheimer Spiel noch nicht ganz einzugliedern vermochte. Über welche außergewöhnlichen Fertigkeiten er jedoch verfügt, zeigte er jetzt: aus 20 Metern mit dem Vollspann abziehend, traf er unhaltbar zum spielentscheidenden 0:2. In der Folge verlief die Partie ohne größere Höhepunkte. Da keine erhebliche Gefahr mehr vom Regionalligisten ausging, wechselte Trainer Rangnick in der 63. Minute gleich doppelt aus. Groß kam für Vukcevic, und für Obasi wurde Wellington eingewechselt: einer seiner letzten Einsätze für 1899 Hoffenheim. Denn mit dem Ende der Transferperiode wurde der Brasilianer, der nie ganz ins Team hineingefunden hatte, bis zum Saisonende an den niederländischen Erstligisten FC Twente Enschede ausgeliehen. In der 77. Minute durfte auch Ibisevic vom Platz, der keinen schlechten Einstand geboten hatte, sondern eher wie die gesamte Mannschaft noch ein gutes Stück entfernt von der Routine der Vorsaison agierte. Für ihn kam Terrazzino, der ebenfalls nicht mehr entscheidend eingreifen konnte. Und so gab es nach 90 Minuten einen zwar glanzlosen, aber standesgemäßen Sieg, der keine wirkliche Standortbestimmung für die neue Saison zuließ. Klar war nur, dass die gezeigte Leistung für den Start gegen Bayern München in sechs Tagen nicht ausreichen würde. Andererseits hatte man bis dahin eben noch sechs Tage vorbereitende Zeit für Verbesserungen… Als Gegner der zweiten Pokalrunde wurde der 1. FC Nürnberg ausgelost: Bundesliga gegen Bundesliga, kein leichter, aber auch kein überschwerer Gegner für 1899 Hoffenheim. n
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1. SPIELTAG | FC Bayern München
8. AUGUST 2009
1899 Hoffenheim – FC Bayern München 1:1 Überraschend oft kommt es im Fußball zu Spielpaarungen, die unter einem ganz besonderen Stern stehen. Häufig schießt in solchen Begegnungen ein Stürmer, der von der einen zur anderen Mannschaft wechselte, das entscheidende Tor. Oder es kommt zu Pokalbegegnungen zweier Mannschaften unmittelbar vor oder nach ihrer Meisterschaftspartie. Oder man erlebt, wie gegen Ende der Saison 2008/09 zwischen dem HSV und Werder Bremen, sogar vier kurz aufeinander folgende Treffen: in der Meisterschaft, den beiden UEFACup-Halbfinals und im Pokalhalbfinale. Solche den Zufall anscheinend übertrumpfenden Momente gibt es im Fußball immer wieder.
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Unter einem ähnlichen Stern stand das erste Spiel von 1899 Hoffenheim in der Saison 2009/10 gegen die Münchener Bayern. Denn im letzten Heimspiel in der alten Saison war es ebenfalls gegen die Bayern gegangen: ein fulminantes Spiel der jungen Hoffenheimer Mannschaft, die nach durchwachsener Rückrunde damit endgültig wieder an die glorreiche Hinrunde samt Herbstmeisterschaft hatte anknüpfen können. Nebenher hatte man mit dem mehr als verdienten Unentschieden den Bayern unter Interims-Trainer Jupp Heynckes die letzte Chance auf den Meistertitel verbaut. Und jetzt also gleich wieder die Bayern: zur Saisoneröffnung eigentlich ein schweres Los. Doch es war für jedermann im Stadion spürbar, dass der Geist des letzten stürmischen, grandiosen Heimspiels gegen die Bayern noch nicht
verweht war; fast schien es, als hätte der Rasen über die Sommerpause die Hoffenheimer Spielweise Grashalm für Grashalm gespeichert und würde sie direkt an die Spieler zurückgeben. Auch die begeisterte Stimmung im Stadion war wie eine Kopie des letzten Heimspiels der vergangenen Saison. Es war, als lägen zwischen den beiden Partien nur ein paar spielfreie Tage – und nicht ein ganzer, langer Sommer. Sofort nach dem Anpfiff sah man temporeiches Hoffenheimer Pass-Spiel, das die Bayern nachhaltig verwirrte – ein gefährlicher Angriff folgte auf den nächsten. In den ersten 25 Minuten, imgrunde über die gesamte erste Halbzeit hinweg, beherrschte Hoffenheim die Bayern, wies ihnen schmerzhafte Grenzen auf und düpierte sie ein ums andere Mal. Ralf Rangnick hatte Recht, als er später sagte, dass das erschreckend schwache
Spiel der Bayern in den ersten 45 Minuten nicht zuletzt daher rührte, dass 1899 Hoffenheim mehr nicht zuließ. Dabei war es ohne Aussagekraft, dass die Münchener einige Personalausfälle zu beklagen hatten, denn auch Rangnick musste auf wichtige Stammkräfte verzichten. Noch fehlten Luiz Gustavo und Demba Ba, der sich weiter von seiner Schienbein-Operation erholte. Und Tobias Weis und der so lange schmerzlich vermisste Vedad Ibisevic waren bei weitem noch nicht wieder im vollen Umfang einsatzfähig.
Bundesligastart in der RheinNeckar-Arena gegen den FC Bayern München mit gelungener, blauweißer Choreographie
Doch wie so oft im Fußball gelang auch diesmal nicht der drückend überlegenen Mannschaft das erste Tor, sondern den schwachen Gästen: Olic, der schon als Hamburger Spieler geradezu verhängnisvolle Wirkung auf Hoffenheim gehabt hatte, wurde bei einem der höchst seltenen konstruktiven Münchener Angriffsversuche in
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1. SPIELTAG | FC Bayern München der 25. Minute von Pranjic mit einer scharfen Flanke bedient und lochte unhaltbar ein. Aber schon in der 41. Minute, bei einem Hoffenheimer Konter, setzte sich Weis gegen Pranjic durch und flankte auf Ibisevic, der genial auf Obasi in der Mitte abgab. Obasi nahm den Ball dankend an und zog aus 17 Metern unhaltbar für Rensing ab.
Eine leidenschaftlich geführte Partie, bei der die Bayern oft genug das Nachsehen hatten.
Statt 1:1 hätte es zur Pause also gut 4:1 stehen können, ja müssen – zumal Schiedsrichter Rafati in der 10. Minute das Hoffenheimer Führungstor nicht anerkannt hatte, als Simunic nach Ecke durch Salihovic den Ball aus kurzer Entfernung geköpft und Rensing ihn für jedermann im Stadion klar hinter der Linie aus dem Tor befördert hatte. Das Spiel wäre ohne diesen schwerwiegenden Schiedsrichter-Irrtum vermutlich anders verlaufen. Die enorme Hoffenheimer Überlegenheit in den ersten 45 Minuten war umso bemerkenswerter: grundsätzliche Überlegenheit, fußballerische, technische Offenbarung, eine Demonstration sportlich überlegener Prinzipien. Ob daraus im Verlauf der Saison auch mehr Punkte und ein höherer Tabellenplatz als bei den Bayern resultieren würden, war zu diesem frühen Zeitpunkt natürlich eine ganz andere Frage. Tatsache immerhin war, dass 1899 Hoffenheim in dieser allerersten, anspruchsvollen Begegnung gleich vom ersten Moment an seine hochkomplexe, typisch schnelle Spielweise derart souverän vortrug, dass die gestandenen Bayern-Profis dem Ball im eigentlichen Wortsinn oft nur hinterherschauen konnten. Versuche der Bayern, selber auch einmal im schnellen Kurzpass-Spiel voranzukommen, endeten meist nach wenigen Spielzügen in Fehlpässen. Umgekehrt kam das zuschauende Auge bei den entsprechenden Hoffenheimer Spielzügen manchmal an die Grenze des Erkennbaren, so rasch, kompliziert und effizient verliefen die Angriffskombinationen auf engstem Raum. Weis, Obasi, Carlos Eduardo und Salihovic vollführten ein wahres Fußball-Ballett. Warum war die gesamte Hoffenheimer Spielanlage so viel besser als die der Bayern? Im Vergleich konnte man sehen, dass die Bayern unter ihrem neuen Trainer van Gaal ihr statischstrategisches Fußball-Verständnis zwar in schnellere Bahnen lenken wollten, aber nicht, anders als in Hoffenheim, Schnelligkeit zur Grundstrategie erhoben hatten. Der entscheidende Unter-
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1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Compper, Simunic, Ibertsberger, Vorsah, Weis (62. Vukcevic), Carlos Eduardo, Salihovic, Ibisevic (67. Maicosuel), Obasi (87. Terrazzino)
FC BAYERN MÜNCHEN
Rensing, Lahm, van Buyten, Badstuber, Pranjic, van Bommel (80. Timoschtschuk), Ham. Altintop, Schweinsteiger (84. Braafheid), Baumjohann (73. T. Müller), Gomez, Olic
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Olic (25.) 1:1 Obasi (41.)
SCHIEDSRICHTER Rafati (Hannover)
schied war also, dass die Bayern ihr Spiel aus der stehenden Position heraus dachten und nur bei Bedarf schnell machen wollten, während die Hoffenheimer grundsätzlich aus der schnellen Bewegung heraus dachten und an stehenden Positionen überhaupt nicht interessiert waren. Doch angesichts des frühen Moments, also des Starts in die neue Saison, zudem bei schwülwarmem Wetter, reichte die Kraft der Mannschaft nicht aus, ihr elementar anderes Spiel auch über die gesamte zweite Halbzeit auszuüben. Umso interessanter war es, das darauf beginnende Spiel auf Augenhöhe zu beobachten – als die Bayern es nach der Halbzeitpause allmählich schafften, ihr eigenes Spiel durchzusetzen. Besonders die Hoffenheimer Abwehr lieferte dabei ein frühes Glanzstück ab, das fürs Kommende einiges versprach. Zu keinem Zeitpunkt wackelte die Abwehr, verstärkt durch den Ex-Herthaner Josip Simunic, dessen Einkauf sich schon jetzt als wertvoll erwies. Und so stand es nach 90 Minuten immer noch 1:1, ein für die Bayern, in Torchancen gerechnet, eher glückliches Ergebnis. n
Eigentlich das Führungstor für 1899: Rensing wischt in der 10. Minute den Ball hinter der Linie weg, im Bild klar zu erkennen.
GELBE KARTEN van Bommel, T. Müller 9
2. SPIELTAG | Bayer 04 Leverkusen
15. AUGUST 2009
Bayer 04 Leverkusen – 1899 Hoffenheim 1:0 Nach dem Hoffenheimer Hochgeschwindigkeitsfußball gegen Bayern München durfte man auf das kommende Spiel gegen Leverkusen gespannt sein. In der Vorsaison hatte Hoffenheim gleich zweimal empfindlich gegen die Werkself verloren: inzwischen sollte der Lehrstundencharakter dieser Niederlagen restlos verarbeitet sein. Die Partie versprach feinen Tempofußball auf beiden Seiten.
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Was es in der renovierten BayArena zu sehen gab, war aber eher Bundesliga-Normalkost. Rudi Völler, Leverkusens Sportdirektor, sagte dazu: „Wir sind stabiler geworden und stehen sicherer. Bei uns stimmt einfach die taktische Grundeinstellung.“ Was er meinte: Leverkusen spielte viel weniger stürmisch als letzte Saison unter Bru-no Labbadia. Unter Trainer Jupp Heynckes hatte Leverkusen erheblich an defensiver Stabilität gewonnen, ohne deshalb an dadurch abgesicherter Offensivkraft einzubüßen. Bei 1899 Hoffenheim war das Bemühen um eine ähnliche Strategie unübersehbar. Kontrolliert ging man in die Partie und suchte von Anfang an den Ball zu sichern. Genauso unübersehbar war jedoch, dass man glaubte, Bayer Leverkusen ebenso souverän beherrschen zu können wie die Bayern. In einer unglücklichen Mischung aus gelegentlicher Überheblichkeit und verschlepptem Tempo fand die Mannschaft darum nie zu ihrem Spiel. Hoffenheim erarbeitete sich kaum Torgelegenheiten, spielte extrem viele Fehlpässe und lief sich ständig in der kompakt agierenden Leverkusener Defensive fest.
Doch auch Leverkusen überzeugte offensiv nicht wirklich. Und so stachen zwei Akteure aus der eher beschaulichen Partie heraus: auf Leverkusener Seite besonders der hoch gewachsene, erfahrene Finne Sami Hyypiä, der vom FC Liverpool gekommen war und in der Innenverteidigung eine überragende Vorstellung lieferte. In der 35. Minute hätte er sogar beinahe das erste Tor für seine Mannschaft erzielt: nachdem Hildebrand seinen Kopfball nur halb pariert hatte, wischte Carlos Eduardo in einer Reflexbewegung den Ball mit der Hand vor der Torlinie. Dass es darauf zu keinem Strafstoß kam, war so etwas wie der gerechte Ausgleich zum nicht gegebenen Tor gegen die Bayern. Auf Hoffenheimer Seite war es Timo Hildebrand, der überragend agierte. Etliche Male zeigte er, was ihn einst in die Nationalmannschaft gebracht hatte: Geistesgegenwart, Sprungvermögen, Reaktionsschnelligkeit, Sicherheit und Erfahrung. Die übrige Mannschaft agierte zu vorsichtig, ein Fehler, der bei 1899 Hoffenheim oft fatale Folgen hat: ohne Tempo zerfällt das Spiel in wirkungslose Einzelaktionen.
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2. SPIELTAG | Bayer 04 Leverkusen
In der 66. Minute setzte Kießling sich erfolgreich gegen Simunic und Compper durch, stand frei vorm Tor und zog ab, aber Hildebrand kam wieder mit den Fingerspitzen an den Ball und klärte zur Ecke. Doch eine Minute später konnte auch keine solche Traumparade mehr helfen: Renato Augusto drang mit ganz viel Platz über rechts vor und hatte darum ausreichend Zeit, genau den Strafraum in Augenschein zu nehmen und auf Derdiyok zu passen. Der jedoch gab den Ball mit der Hacke auf Kießling weiter, der ihn aus fünf Metern Entfernung unhaltbar einschob. In der Folge konnten auch die eingewechselten Ba und Wellington keine Belebung des Hoffenheimer Spiels bewirken. Allein die Einwechslung
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von Vukcevic sorgte momentweise für erfrischende Akzente. Insgesamt blieb das Hoffenheimer Spiel blass und ratlos. Nach der Partie, als es zu spät für belebende Impulse war, kam es zu tragenden Erkenntnissen. Simunic, der kein schlechtes Spiel abgeliefert hatte, sagte: „Wir standen zu weit weg. Und nach vorne hat die ganze Mannschaft zu wenig getan. Wir müssen in den kommenden Wochen viel arbeiten, um das zu verbessern.“ Auch Hildebrand hatte die entscheidenden Fehlerquellen ausgemacht: „Von hinten sah es so aus, als wollten wir nur schön spielen und nicht gewinnen. Adler hatte in der zweiten Halb-
BAYER 04 LEVERKUSEN
Adler, Castro (80. Schwaab), Hyypiä, M. Friedrich, Kadlec, Rolfes, Renato Augusto (88. Kroos), Vidal, Barnetta (88. Zdebel), Derdiyok, Kießling
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Maicosuel (46. Vukcevic), Vorsah (74. Wellington), Salihovic, Obasi, Ibisevic (59. Ba), Carlos Eduardo
ZUSCHAUER 28.000
TORE
1:0 Kießling (67.)
SCHIEDSRICHTER Gagelmann (Bremen)
GELBE KARTEN Adler, Kadlec, Vidal Vorsah, Ibisevic
Ibisevic kam im Laufe der Saison immer besser in Form, in Leverkusen blieb ihm jedoch ein Treffer verwehrt.
zeit so gut wie nichts zu tun, er hatte es da sicherlich etwas leichter. Die Jungs standen zu weit weg vom Gegenspieler, so gewinnt man kein Spiel.“ Allerdings gab es im Hoffenheimer Vereinsgefüge auch eine gewisse Verunsicherung. Prince Tagoe, ghanaische Neuverpflichtung, der bislang in keiner Mannschaftsaufstellung aufgetaucht war, klagte unter der Woche auf Wiedereinstellung bei 1899 Hoffenheim. Dem Nationalspieler Ghanas war, nachdem die Verantwortlichen bisher immer nur von einem grippalen Infekt gesprochen hatten, der bis 30.06.2012 laufende Vertrag am 30. Juli gekündigt worden, als in der vergangenen Woche bei einer zweiten sportärztlichen Untersu-
chung Herzprobleme festgestellt worden waren. Einen Tag vor dem nächsten Spiel gegen Schalke gab 1899 Hoffenheim allerdings bereits bekannt, dass man die Kündigung zurückgenommen hatte. Die ohnehin tragische Erkrankung des Stürmers sollte infolge der Nichterteilung einer Spiellizenz durch den DFB nicht auch noch eine rein rechtlich drohende Ausweisung nach sich ziehen können. Man einigte sich darauf, dass der DFB einen Kardiologen des Vertrauens benennen sollte, an dessen Urteil über den tatsächlichen Stand der Gesundheit Prince Tagoes sich die Beteiligten ausrichten wollten. n
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3. SPIELTAG | FC Schalke 04
21. AUGUST 2009
1899 Hoffenheim – FC Schalke 04 0:0 Wieder gab es keine drei Punkte – sondern es kam, wie schon gegen die Bayern, zu einem höchst glücklichen, unverdienten Unentschieden der Gäste. Aber die Mannschaft hatte die schwache Leistung gegen Leverkusen vollauf verarbeitet: wie hier 90 Minuten gegen den Ball gearbeitet wurde, die Räume im Eiltempo überwunden und Kurzpässe vom Feinsten gespielt wurden, war sehenswert. Was allein fehlte, waren Tore. Zugleich zeigte sich, dass die Mannschaft im neuen Stadion inzwischen eine echte Heimat gefunden hatte. Nach zwei Heimspielen und einem Auswärtsspiel konnte man schon von überzeugender Heimstärke sprechen. 14 SAISONCHRONIK 2009/10
In den ersten zehn Minuten der Partie spielte Schalke 04 noch gefährlich mit, kam rechts und links vors Hoffenheimer Tor und schien der erwartet starke Gegner zu sein. Dann aber war nur noch 1899 Hoffenheim am Drücker, spielte Schalke förmlich an die Wand und dominierte bis zum Schluss. Etliche Torchancen blieben leider ungenutzt. Und wieder wurde ein klarer Elfmeter verweigert: in der 21. Minute wurde Ibisevic von Bordon klar im Strafraum gelegt. Der Schiedsrichter verlegte den Ort des Geschehens jedoch außer-
halb des Sechzehners und entschied auf Freistoß. Zum ersten Mal überhaupt in der Rhein-NeckarArena wurden die Proteste der Fans daraufhin so laut, dass es bis an die Schmerzgrenze ging – ein deutliches Signal, dass nicht nur die Mannschaft, sondern auch die Zuschauer in der RheinNeckar-Arena absolut heimisch geworden waren. Eduardo führte den Freistoß aus, blieb mit seinem Flachschuss aber in der gegnerischen Mauer stecken.
Ein Fußballästhet: Carlos Eduardo beim Freistoß!
Die erste Halbzeit sah noch einige äußerst knapp vergebene Chancen von Ibisevic, der auf
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3. SPIELTAG | FC Schalke 04
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Eichner, Vorsah (46. Ba), Ibertsberger (76. Weis), Carlos Eduardo, Salihovic, Obasi, Ibisevic (82. Maicosuel)
FC SCHALKE 04
Neuer, Rafinha, Bordon, Zambrano, Höwedes, Mineiro, Moritz, Pliatsikas (46. Kenia), Westermann, Farfan, Kuranyi
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
SCHIEDSRICHTER Weiner (Giesen)
GELBE KARTEN Vorsah, Salihovic, Eichner, Obasi Pliatsikas, Zambrano, Höwedes, Bordon
Josip Simunic, von der Hertha gekommen, ließ Kuranyi keine Chance...
gutem Weg zurück in die Mannschaft war. Beck, Salihovic und Obasi bedienten ihn mit scharfen Flanken. Obasi selber vergab ebenfalls zweimal. Und zweimal in der ersten und zweimal in der zweiten Halbzeit wussten die Schalker sich nur mit groben Fouls zu helfen und sahen dafür Gelb. In der zweiten Halbzeit kam Demba Ba für Vorsah und belebte die Hoffenheimer Angriffsbemühungen noch einmal mehr. Seine Flanken waren zwar oft noch zu unpräzise, aber es ging von ihm immer wieder enorme Torgefahr aus. Leider stand im Schalker Tor Manuel Neuer. Was Ba, Ibisevic und Obasi nicht mehrfach knapp
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daneben oder übers Tor setzten, fischte sich der Schalker Torhüter, bei dem sich der Gegner am Ende allein bedanken durfte. Ohne Neuer wäre Schalke untergegangen. Nach dem Spiel fasste Ralf Rangnick zutreffend zusammen: „Es war über weite Strecken ein richtig gutes Spiel von uns. Ich habe nur ein Problem mit der Anzahl der geschossenen Tore. Es war ein ganz klarer Elfmeter, das habe ich schon von außen gesehen – und auch in den Fernsehaufnahmen sieht man das deutlich. Es haben teilweise nur Zentimeter gefehlt. Es gilt jetzt auf dieser Leistung aufzubauen. Dann wird auch der erste Dreier nicht mehr lange auf sich
... und auch Isaac Vorsah setzte die Messlatte für die Schalker Stürmer zu hoch.
warten lassen. Wir hätten sicher bei den Standards einiges besser machen können, aber bei einem Torwart wie Manuel Neuer ist das auch nicht immer so einfach.“ Nach drei schweren Gegnern zu Beginn der Saison sah die Bilanz für 1899 Hoffenheim, immerhin letztjähriger Aufsteiger, so schlecht nicht aus: mit zwei Unentschieden und einer Niederlage gegen echte Leistungsträger der Liga konnte man fürs erste zufrieden sein. Zumal die gezeigten Leistungen, außer in Leverkusen, beachtlich waren. Die folgenden Spiele gegen schwächere Gegner würden erweisen, wo die Kraichgauer sich in dieser Saison platzieren wür-
den und welche Handschrift ihnen zueigen wäre: weiter abwechselnd Heimstärke und Auswärtsschwäche? Tempofußball mit oder ohne Torerfolg? Kontrollierter Spielaufbau bei gestärkter Abwehr? Rückkehr der ‘Tormaschine’ des Traumsturms? Noch waren viele Fragen offen. n
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4. SPIELTAG | Hannover 96
29. AUGUST 2009
Hannover 96 – 1899 Hoffenheim 0:1 „Wir haben in der ersten Halbzeit alles vermissen lassen“ sagte Ralf Rangnick in der Pressekonferenz nach dem Spiel. „Wenn wir zu diesem Zeitpunkt mit zwei oder drei Toren hinten gelegen wären, hätten wir uns nicht beschweren dürfen. Die zweite Halbzeit war besser, zumindest was das Spiel gegen den Ball betrifft...“ Das war deutlich, aber er sagte auch: „Wir haben Luft nach oben. Das wollen wir in den nächsten Spielen zeigen.“
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HANNOVER 96
Enke, Cherundolo, Haggui, C Schulz, Rausch (80. Eggimann), Balitsch,Rama (69. Lindner), Djakpa, Bruggink (84. Krzynowek), Ya Konan, Stajner
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Eichner (46. Ba), Ibertsberger, Luiz Gustavo (55. Vorsah), Salihovic, Carlos Eduardo, Obasi, Ibisevic (75. Vukcevic)
ZUSCHAUER 34.257
TORE
0:1 Carlos Eduardo (40.)
SCHIEDSRICHTER Wagner (Hofheim)
GELBE KARTEN Ibisevic, Ba
Zufrieden sein durfte man mit der Partie also nicht. Mit dem Ergebnis, einem glücklichen 0:1, dagegen schon, schließlich hatte 1899 Hoffenheim den ersten Dreier der Saison eingefahren. Was war geschehen? Hoffenheim war auf einen couragierten, engagierten Gegner getroffen, der von Beginn an sein Glück in der Offensive suchte, während man selber zu tief stand und den Fehler aus dem Leverkusener Spiel wiederholte, mit langsamerem Spielaufbau und dem Vertrauen auf noch kommende Torgelegenheiten die Partie allmählich unter Kontrolle bringen zu wollen. Hannover aber nutzte die Spielräume, die dadurch entstanden, und kam wiederholt zu großartigen Torchancen. Schon in der 3. Minute bewahrte der Pfosten vor einem frühen Rückstand. In der 10. Minute zog der Ball nur knapp an Hildebrands Gehäuse vorbei. In der 24., 25. und 28. Minute vergaben die Hannoveraner Stürmer jeweils gute bis exzellente Chancen. Die Abwehr um Hildebrand, Simunic und Compper leistete Schwerstarbeit und hielt mit viel Können und viel Glück immer noch das Unentschieden. Vorne gab es hier und
da Ansätze zu erkennen, dass Hoffenheim selber auch in Führung gehen wollte, aber fehlender Nachdruck und zu weite Räume im Mittelfeld brachten Hannover immer wieder an den Ball. Es schien nur noch eine Frage der Zeit, wann der Gegner endlich sein verdientes Tor machen würde. Doch in der 40. Minute, Hoffenheim hatte sich wieder einmal in gebremster Manier nach vorn orientiert, sah man, was persönliche Klasse ausmachen kann: Hoffenheimer überwand zunächst noch wenig zwingend das Mittelfeld, bis Carlos Eduardo nach Doppelpass mit Salihovic und gutem Zweikampf den Ball mit einem fulminanten Schuss an Robert Enke vorbei in den Winkel setzte. Mit dem Halbzeitergebnis war der Spielverlauf auf den Kopf gestellt. Vielleicht auch deshalb kam die Partie in der zweiten Halbzeit nicht mehr richtig in Schwung. Demba Ba, für Eichner im Spiel, versuchte gleich sein Glück mit einem Distanzschuss, der Ball flog jedoch gut zwei Meter übers Tor. Bis zur 65. Minute etwa waren beide Mannschaften bemüht, sich zwingende Chancen zu erarbeiten, dann verflachte die Partie zusehends und fand fast nur noch im Mittelfeld statt. Hannover war optisch immer noch überlegen, litt aber sichtbar unter der mangelhaften Ausbeute der ersten 45 Minuten. Viele Fouls, nur selten der gröberen Art, hemmten den Spielfluss und brachten die Partie regelrecht zum Erliegen. In der 86. Minute startete Carlos Eduardo noch einmal zu einem Alleingang und spielte sich durchs halbe Hannoveraner Mittelfeld. Dann zog er aus ca. 18 Metern ab, doch der Ball flog mindestens einen Meter übers Tor. Zu diesem Zeitpunkt waren seit längerem Vukcevic für Ibisevic und Vorsah für Luiz Gustavo im Spiel, ohne Entscheidendes beitragen zu können. n
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5. SPIELTAG | VfL Bochum
12. SEPTEMBER 2009
1899 Hoffenheim – VfL Bochum 3:0 Das letzte Heimspiel gegen den VfL Bochum war allseits noch in unguter Erinnerung, 0:3 hatte 1899 Hoffenheim im Frühjahr 2009 gegen den Ruhrpott-Club verloren. Das Spiel markierte den Tiefpunkt der unglücklichen Rückrunde nach der Herbstmeisterschaft. Vom begeisternden Zusammenspiel war nichts mehr zu sehen gewesen. Carlos Eduardo hatte sich zu einer an sich harmlosen Tätlichkeit hinreißen lassen, die ihm seitens des DFB aber eine Sperre von fünf Spieltagen einbrachte. Und Torhüter Haas sah nach einer Notbremse ebenfalls Rot. Das gesamte Gefüge der Mannschaft war in diesem Spiel auseinander gefallen, keiner lief mehr für den andern – umso mehr war man den Bochumern ins offene Messer gelaufen.
20 SAISONCHRONIK 2009/10
Das sollte diesmal anders werden. „Wir wollen als strahlender Sieger vom Platz“, hatte Torhüter Hildebrand vor dem Spiel gesagt – und so kam es auch. Über 90 Minuten dominierte 1899 Hoffenheim den Gegner, der von wenigen Minuten zu Anfang der Partie abgesehen durchgängig wehrlos wirkte, viel zu tief stand und zu kaum einem halbwegs ansehnlichen Angriff kam. Umgekehrt hebelte das angriffslustige Hoffenheimer Spiel die wenigen zaghaften Bochumer Bemühungen wirkungsvoll aus, so dass zunehmend Fouls, einige Male mit Gelb geahndet, das letzte Mittel waren. Aber auch davon ließ sich unsere Mannschaft nicht beeindrucken, besonders
Carlos Eduardo überging die vielen kleinen Nickligkeiten souverän und bot eine erstklassige Partie im Mittelfeld.
16. Minute: Demba Ba zieht ab und die Bochumer schauen hinterher.
In der 16. Minute war es dann schon so weit, Demba Ba kam nach einer wunderbaren Ballstafette über Salihovic, Ibertsberger und Ibisevic frei zum Schuss und jagte den Ball aus kaum fünf Metern zum 1:0 ins Netz. Im Anschluss rollten immer neue Angriffswellen auf die Bochumer Abwehr zu. Dabei hielt Hoffenheim aber Maß: anders als in der letzten Saison wirkte die Daueroffensive weitaus abgeklärter und geduldiger, die Mannschaft rannte nicht wie blindlings gegen das Tor an und spielte den Gegner nicht einfach schwind-
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5. SPIELTAG | VfL Bochum
Salihovic, glänzend aufgelegt, gab später die Vorlage zu Comppers wunderschönem Tor.
22 SAISONCHRONIK 2009/10
lig, sondern folgte der vom Trainer ausgegebenen Devise einer kontrollierten Offensive. Trotzdem wurden zu viele Chancen vergeben, was sich gegen Ende der ersten Halbzeit beinahe gerächt hätte – als ein Lattenkracher des Bochumers Pfertzel das Spiel fast auf den Kopf stellte. Auch in der zweiten Halbzeit agierte 1899 Hoffenheim nach Belieben, so dass vieles von dem, was die erfolgreiche Hinrunde des Vorjahres ausgemacht hatte, wieder zu sehen war. Besonders das Mittelfeld mit den glänzend aufgelegten Luiz Gustavo, Salihovic und Carlos Eduardo und der Sturm der ‘drei Musketiere’, bestehend aus Obasi, Ba und Ibisevic, knüpften an die begeisternde Spielweise an. In der Defensive war einfach nicht genug zu tun, aber auch hier sprach das vierte ‘zu Null’ in Folge Bände. In der 59. Minute schließlich spazierte Obasi fast durch die gesamte Bochumer Verteidigung, zog aus 14 Metern seitlich halbhoch ab und erzielte das 2:0.
In der 79. Minute besiegelte Compper die mehr als verdiente Führung und hielt nach einem lang über die Abwehr getretenen Ball von Salihovic den Fuß hin – aus etwa sechs Metern flog der Ball unhaltbar ins Netz. Kurz darauf wechselte Ralf Rangnick dreimal aus: erst kam Vukcevic für Carlos Eduardo ins Spiel, dann kam Zuculini für Ba zu seinem ersten Bundesligaeinsatz, kurz vor Ende der Partie durfte auch Maicosuel noch auf den Platz. Und in der Nachspielzeit sangen die Fans „Oh wie ist das schön“. Eine Besonderheit des Spiels war, dass die Hoffenheimer Bank den Platz gewechselt hatte: statt wie sonst von der Haupttribüne aus links auf der Bank Platz zu nehmen, hatten sich die Verantwortlichen rechts platziert – um den Fans näher zu sein. Deren Lohn war ein wunderbares Spiel gegen einen allerdings ziemlich schwachen Gegner. n
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Carlos Eduardo (81. Vukcevic), Luiz Gustavo, Salihovic,Obasi, Ibisevic (88. Maicosuel), Ba (84. Zuculini)
VFL BOCHUM
Heerwagen, Pfertzel (46. Concha), Yahia, Mavraj, Bönig, Freier, Dabrowski, Johansson, Epalle, Sestak (74. Grote), Dedic (62. Mirkan)
ZUSCHAUER 29.500
TORE
1:0 Ba (16.) 2:0 Obasi (58.) 3:0 Compper (79.)
SCHIEDSRICHTER Zwayer (Berlin)
GELBE KARTEN Dabrowski, Bönig, Mirkan, Concha
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6. SPIELTAG | Borussia Mönchengladbach
19. SEPTEMBER 2009
Bor. Mönchengladbach – 1899 Hoffenheim 2:4 „Wir haben in den ersten 20 Minuten unterirdisch schlecht gespielt“, sagte Ralf Rangnick, als die Begegnung vorüber war. Damit hatte er zweifellos recht, und es zeigte sich wieder einmal, wie groß die Gefahr ist, auf ein sehr gutes Spiel wie gegen Bochum ein weniger gutes folgen zu lassen. Anders als in Hannover, wo in der ersten Halbzeit die Angriffsschwäche des Gegners den jederzeit möglichen Rückstand verhinderte, konnte in diesem Spiel eine offensiv eingestellte Gladbacher Elf rasch zwei Tore schießen. Der Grund waren in der 10. und 17. Minute individuelle Fehler, einmal von Gustavo, einmal von Hildebrand. 24 SAISONCHRONIK 2009/10
Aber imgrunde spielte die gesamte Mannschaft weit unter ihren Möglichkeiten: unbeweglich, unterspannt, leichtfertig, überheblich. Die dicht gestaffelten Abwehr- und Mittelfeldreihen der hoch motivierten Gladbacher taten ein Übriges, so dass auch der sehenswerte Freistoßtreffer von Salihovic in der 22. Minute, direkt verwandelt fast von der rechten Eckfahne her und in ausgleichender Gerechtigkeit unter Beihilfe des Gladbacher Torhüters Bailly, der Mannschaft keinen echten Auftrieb gab. Hoffenheim versuchte auch danach eher lustlos dies und das, spielte einfallslose Pässe, die oft genug ins Leere gingen oder direkt zum Gegner gelangten, und vertraute in geradezu aufreizender Lässigkeit auf die schon noch kommenden Torchancen. Und die kamen wirklich. Allerdings sollte das bis zur 86. Minute dauern, und bis dahin konnte 1899 Hoffenheim von Glück sagen, dass Gladbach sein strukturelles Übergewicht und die sichtbar
höhere sportliche Motivation nicht in weitere Tore ummünzte. Immerhin brachte die Einwechslung von Maicosuel für einen immer noch torlosen, inzwischen spürbar frustrierten Ibisevic ab der 58. Minute deutlich mehr Schwung ins Spiel. Als dann auch noch Vukcevic in der 77. Minute für Luiz Gustavo kam, nahm das Gladbacher Verhängnis seinen Lauf. Das aber, wenn auch nicht auf dem Spielfeld, insgesamt irgendwie doch nicht unverdient schien – schließlich hatten Gladbacher Fans vor dem Stadion in großer Zahl Flyer verteilt, die in übler Weise gegen Dietmar Hopp hetzten, und hatten im Stadion entsprechende Sprechchöre und Spruchbänder die negative Stimmung weiter anzuheizen versucht. Und das, obwohl Gladbachs Trainer Michael Frontzeck zwei Tage vor dem Spiel noch vorsorglich seinen Respekt und seine ehrliche Bewunderung für das, was in und um Hoffenheim aufgebaut wurde, ausgedrückt hatte.
Emotionen pur: Hoffenheim drehte das Spiel in den letzten fünf Minuten mit drei Toren.
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6. SPIELTAG | Borussia Mönchengladbach
In der 86. Minute gelang es Carlos Eduardo, der sich als einer der wenigen über die gesamte Spielzeit unermüdlich gegen die bedrohliche Hoffenheimer Leichtfertigkeit gestemmt hatte, nach einem Lauf übers halbe Spielfeld mit einem klugen Pass Salihovic halblinks auf die Grundlinie zu schicken. Das geniale Zuspiel in die Mitte, das Salihovic darauf unternahm, versöhnte mit etlichen Leichtfertigkeiten und Lässigkeiten, die er bis dahin produzierte hatte: mittels einer scharfen Körperdrehung in den Rücken der Abwehr, wo Maicosuel wartete. Der legte sich den Ball etwa auf Höhe des Elfmeterpunktes sorgfältig zurecht und schoss unhaltbar an Torhüter und Abwehr vorbei sein erstes Bundesligator. Wer gedacht hatte, das Spiel würde nun mit einem schmeichelhaften Unentschieden enden, sah sich wie nicht wenige Zuschauer, die das Stadion bereits verließen, grob getäuscht. Denn jetzt rollte endlich eine Hoffenheimer Angriffs-
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welle nach der andern aufs Gladbacher Tor. In der 88. Minute vergab Demba Ba nach Zuspiel von Maicosuel noch eine Großchance. Doch schon in der 89. Minute kam der Ball nach Ecke Eduardo und Faustabwehr Bailly zurück zu Eduardo, der noch einmal flankte und diesmal Obasi erreichte. Dessen schulmäßiger Kopfball landete unhaltbar im langen Eck. Von diesem Moment an hörte man nur noch die mitgereisten Hoffenheimer Fans. Aufseiten des Gladbacher Publikums machte sich lähmendes Entsetzen breit. Ihre Mannschaft, eben noch im Gefühl des sicheren Siegs, war durch den zunehmenden Hoffenheimer Druck inzwischen stehend k.o. In der ersten Minute der Nachspielzeit schließlich schaffte es Vukcevic nach dynamischem Antritt, Demba Ba halblinks steil aufs Tor zu schicken. Begleitet von einem Gladbacher Ab-
BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH
Bailly, Levels, Brouwers, Dante, Jaures, Marx, Meeuwis, Matmour, Arango, Colautti (82. Friend), Bobadilla (71. Reus)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Carlos Eduardo (90. Vorsah), Luiz Gustavo (77. Vukcevic), Salihovic, Obasi, Ibisevic (58. Maicosuel), Ba
ZUSCHAUER 46.511
TORE
1:0 Arango (10.) 2:0 Colautti (17.) 2:1 Salihovic (21.) 2:2 Maicosuel (86.) 2:3 Obasi (89.) 2:4 Ba (90.)
SCHIEDSRICHTER Stark (Ergolding)
GELBE KARTEN Jaures, Levels, Arango Salihovic
wehrspieler, zog Ba aus vollem Lauf in unnachahmlicher Manier ab und erzielte den alles in allem, sportlich gesehen, einigermaßen glücklichen Endstand von 2:4. Dass er sich beim anschließenden Torjubel außerhalb des Spielfelds vor den Hoffenheimer Fans noch eine gelbe Karte einhandelte, hatte er einkalkuliert: seit seinem Wechseltheater im Sommer war er zu einer Art Publikumsliebling im Wartestand geworden, mit seinem zweiten Saisontor wurde die Versöhnung perfekt. Es blieb Jan Schindelmeiser vorbehalten, den Satz des Tages zu sagen: „Wir lassen uns durch nichts beeindrucken.“ Als positives Fazit konnte man tatsächlich mitnehmen, dass 1899 Hoffenheim in dieser Saison vermutlich nicht leicht zu erschüttern sein würde. Und der Angriffswirbel der letzten Minuten bewies, wie quicklebendig die Hoffenheimer Offensivtugenden weiterhin waren. Wäre es früher dazu gekommen, hätte
die Partie allerdings nicht so lang auf Messers Schneide stehen müssen. Für die Nerven der Hoffenheimer Fans wäre das Balsam gewesen. Andererseits: Spiele, die in den letzten Minuten noch gedreht werden, prägen sich tief in die Erinnerung ein und machen den Fan glücklicher, als es mancher kontrolliert erzielte Erfolg vermag. Doch allzu oft kommen derartige Fußballmärchen nicht vor, verlässlich ist das ‚Konzept Endspurt’ nämlich nicht. Erst ein einziges Mal vorher schoss in der Bundesliga ein Team in den letzten fünf Minuten noch drei Tore. Das geschah zum letzten Mal 1964, als der Hamburger SV mit 7:3 gegen Kaiserslautern gewann. n
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DFB-POKAL 1. RUNDE | 1. FC Nürnberg
22. SEPTEMBER 2009
1. FC Nürnberg – 1899 Hoffenheim 0:1 In dieser Partie zeigte 1899 Hoffenheim seine bisher beste Leistung. Von Beginn an hochkonzentriert, kam der Gegner nur in der Anfangsphase einmal gefährlich vors Tor, dann hatten die Hoffenheimer das Spiel komplett im Griff – trotz einiger Umstellungen. Für den gesperrten Simunic kam Nilsson zum Zug, statt Ibertsberger spielte Eichner, für Salihovic wurde Vorsah aufgeboten, Maicosuel erhielt den Vorzug vor Ibisevic. Aus verstärktem defensivem Mittelfeld entwickelte Hoffenheim Zug um Zug ein strukturelles Übergewicht, die ganze Mannschaft arbeitete effektiv gegen den Ball, und sämtliche Ersatzspieler fügten sich nahtlos ins Team ein. In herausragender Weise agierte zunehmend Carlos Eduardo, der mit Abstand die meisten Ballkontakte hatte. Ab der Mitte der 1. Halbzeit wurde das Mittelfeld zu seinem Herrschaftsbereich. Egal, ob links, rechts oder in der Mitte: Carlos Eduardo war überall, glänzte mit Zuspielen und Pässen, eleganten Dribblings und bewundernswerter Spielübersicht. Vorne machten Maicosuel und ein gut aufgelegter Obasi Druck, während die Abwehr um Compper und Nilsson, Beck und Eichner souverän jede Bemühung der Nürnberger, zurück ins Spiel zu finden, ins Leere laufen ließ. Nach einer Ecke von Carlos Eduardo stieg Per Nilsson in der 35. Minute hoch und traf zum mehr als verdienten 0:1. Auch nach der Pause blieb das Spiel einseitig in der Hand der Kraichgauer. Zusehends hilflos schauten die Nürnberger dem Hoffenheimer Zauberfußball zu, der phasenweise einem Fußballballett glich. Traumhafte, raumgreifende Kombinationen, blitzartige Angriffe, ständige Bewe-
28 SAISONCHRONIK 2009/10
gung, verwirrende Positionswechsel: 1899 Hoffenheim bot Fußball der Extraklasse, wie er in der Bundesliga nur äußerst selten zu sehen ist. In dieser Verfassung produzierte die Mannschaft Bilder wie aus der Champions-League. Was allein fehlte, war ein weiteres Tor. Daran vermochten auch die im Zehnminuten-Abstand eingewechselten Vukcevic, Salihovic und Ibisevic nichts zu ändern. Bei der anhaltend drückenden Hoffenheimer Überlegenheit dauerte es bis in die Schlussminuten, ehe Nürnberg begriff, dass man sich mit einem glücklichen Ausgleichstor noch in die Verlängerung retten könnte. Von da an war auch das Nürnberger Publikum wieder zu hören, das in der 2. Halbzeit fast gänzlich verstummt war, so desillusionierend war der spielerische Klassenunterschied an diesem Tag. Ein, zwei Mal deutete sich in gefährlichen Szenen nah am Hoffenheimer Tor auch an, dass hier im letzten Moment noch eine pokaltypische Kampflage entstehen könnte, mit Verlängerung, sogar Elfmeterschießen, bei dem nicht zwingend der Bessere am Ende den verdienten Lohn empfangen würde: doch dann war das Spiel aus und lagen sich die abgekämpften Hoffenheimer Spieler in den Armen. Das Los bescherte ihnen als nächste Aufgabe endlich einmal ein Pokal-Heimspiel, TuS Koblenz würde der Gegner sein, gut bekannt aus Zweitliga-Tagen. n
1. FC NÜRNBERG
Schäfer, Diekmeier, Maroh (70. Gündogan), Pinola, Judt, Broich, Kluge (44. Nordtveit), Vidosic (84. Eigler), Mintal, Bunjaku, Choupo-Moting
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Nilsson, Compper, Eichner, Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Vorsah, Obasi (79. Salihovic), Maicosuel (68. Vukcevic), Ba (88. Ibisevic)
ZUSCHAUER 26.041
TORE
0:1 Nilsson (35.)
SCHIEDSRICHTER Gräfe (Berlin)
GELBE KARTEN Maroh, Schäfer Carlos Eduardo, Luiz Gustavo
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7. SPIELTAG | Hertha BSC Berlin
27. SEPTEMBER 2009
1899 Hoffenheim – Hertha BSC Berlin 5:1 Es war der Tag der Bundestagswahl 2009, das Wetter herrlich mild, fast sommerlich noch, trotz des späten September-Termins. Aber es war auch der Tag des Vedad Ibisevic. Noch ehe die Wahllokale um 18 Uhr schlossen, hatte der Bosnier dreimal zugeschlagen: 17.31 Uhr, 17.34 Uhr und 17.52 Uhr. Das Spiel war gerade 40 Sekunden angepfiffen, der Ball ein paar Mal in den Hoffenheimer und Herthaner Reihen hin und her gerollt, als Salihovic links hinter der Mittellinie an den Ball kam und nach kurzem Lauf in die Mitte flankte. Obasi gab den Ball per Kopf weiter auf Ibisevic, der aus ca. 12 Metern zu einem VolleyKunstschuss aus der Drehung ansetzte – und seinen ersten Saisontreffer erzielte. Seine Freude war groß, verständlich nach der langen Leidenszeit, aber ebenso groß fiel die Anteilnahme der Mitspieler an seiner Freude aus. Jeder hatte dem sympathischen, hilfsbereiten, uneigennützigen Stürmer die Rückkehr seiner Torgefährlichkeit gewünscht. Der Jubel im Stadion dauerte noch an, als in der 4. Minute Carlos Eduardo einen Eckball von links in die Mitte schlug. Der Schock über das frühe 1:0 nach zuletzt fünf Niederlagen saß bei der Hertha tief, die Reihen waren noch nicht wieder geordnet, und so schraubte sich Ibisevic nahezu unbehelligt in den scharf geschlagenen Eckball hoch und köpfte unhaltbar zum 2:0 ein. Seine Mitspieler rissen ihn vor Freude förmlich zu Boden. Als eine Viertelstunde später Salihovic von links quer über die gesamte Hertha-Abwehr flankte, landete der Ball bei Andreas Beck, der ihn direkt annahm und halbhoch in die Mitte gab. Wieder war es Ibisevic, der in der Mitte goldrichtig stand. Mit dem Kopf erzielte er völlig freistehend das
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3:0. Die triumphale Rückkehr des Vedad Ibisevic kleidete sich also standesgemäß in einen lupenreinen Hattrick – den fünftschnellsten aller Bundesliga-Zeiten. Zwischendrin hatte Obasi noch den Außenpfosten getroffen und Hoffenheim den Gegner nach Belieben dominiert. Doch nach dem dritten Tor nahm die Mannschaft das hohe Tempo etwas aus dem Spiel, ohne dass die Hertha davon profitieren konnte. Ein, zwei Mal nur baute sie andeutungsweise Torgefahr auf. Erst in der 45. Minute gelang es Raffael überraschend, einen halblinken Freistoß aus 20 Meter Entfernung an den Innenpfosten zu setzen und so das 3: 1 zu erzielen.
In der Pause schärfte Ralf Rangnick seinen Spielern darum ein, hoch konzentriert zurückzukommen und unbedingt an den Beginn der ersten Halbzeit anzuknüpfen. Würde die Hertha glücklich ein weiteres Tor erzielen, könnte das Spiel sogar kippen. Doch schon nach zwei Minuten schien die Sorge gegenstandslos. Nach einem weiteren Eckball von Carlos Eduardo köpfte Ba den Ball mit solcher Dynamik ins Netz, dass er hinterher flog und sich tief in die Maschen wickelte. Nur ließ der Schiedsrichter das Tor nicht gelten. Angeblich hätte Obasi den Torhüter behindert, was sich jedoch in der Zeitlupe als falsch herausstellte. So kam es, dass die Hertha noch zu kleineren Torgelegenheiten fand. Die sattelfeste Hoffenheimer Abwehr um Compper und Nilsson, der
für den leicht verletzten Simunic gekommen war, ließ aber wenig genug zu, und Hildebrand besorgte souverän den Rest. In der 58. Minute schließlich gelang es der Berliner Abwehr nicht, den Ball weit genug vom Strafraum wegzubringen. Luiz Gustavo, der ein großes Spiel ablieferte, ging entschieden dazwischen. Der Ball gelangte zu Obasi, der sich robust durchsetzte, von halbrechts flach aufs lange Eck abzog und das 4:1 erzielte. Fünf Minuten später wurde Ibisevic im Strafraum unglücklich von den Beinen geholt. Den fälligen Elfmeter verwandelte Carlos Eduardo, der zum Lohn für seine herausragende Leistung in den vergangenen Partien antreten durfte. In der 74. Minute wurde er aus dem gleichen Grund durch Zuculini ersetzt – während sieben Minuten früher Maicosuel für Ibisevic kam, der durch Standing
Rückkehr eines Torjägers - Vedad Ibisevic zum ersten, zum zweiten, zum dritten...
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7. SPIELTAG | Hertha BSC Berlin Ovations des gesamten Stadions verabschiedet wurde. Das restliche Spiel, beim Stand von 5:1 nur noch Formsache, sah eine überlegen spielende Mannschaft von 1899 Hoffenheim, die sich in vielerlei Kombinationen und Tricks versuchte und teilweise Katz und Maus mit der völlig in sich zusammengebrochenen Hertha spielte. Leider blieb ein weiterer Torerfolg aus, dafür waren die technischen Zaubertricks oft zu ambitioniert. Andererseits war die Gelegenheit für die Spieler günstig, ihr hohes technisches Potential einmal risikolos auszuprobieren. So flog ein Fernschuss von Obasi aus über 40 Metern weit übers Tor, ein anderer aus 20 Metern knapp daneben und blieben die allzu ehrgeizigen Dribblings meist stecken. Für das Publikum war das Ganze dennoch ein Riesenspaß, der die Rückkehr nicht nur des Vedad Ibisevic, sondern auch des Erfolgsmusters der Vorjahres-Hinrunde verhieß. Beeindruckend war die hohe Laufbereitschaft bis zum Schlusspfiff.
32 SAISONCHRONIK 2009/10
Nachdem man gegen die Hertha in der Vorsaison zweimal verloren hatte, war sie diesmal chancenlos – nicht zuletzt deshalb, weil ein Kronjuwel der erfolgreichen Berliner, Josip Simunic, nach Hoffenheim gewechselt war und dort zu einer erheblichen Stabilisierung der Abwehr und damit der ganzen Mannschaft beigetragen hatte. So wurde dieser Tag zu einem echten Wendepunkt – der zum einen das Ende der großen Koalition aus CDU/CSU und SPD besiegelte und zum anderen das Ende des Hertha-Trainers Lucien Favre einläutete, der einen Tag später aus seinem Amt entlassen wurde. Zum ersten Mal stand 1899 Hoffenheim auch auf Platz 3 der Tabelle, der für die Qualifikation der Champions-League ausreichen würde. n
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Compper, Simunic (46. Nilsson), Eichner, Carlos Eduardo (74. Zuculini), Luiz Gustavo, Salihovic, Obasi, Ibisevic (67. Maicosuel), Ba
HERTHA BSC Berlin
Ochs, Pejcinovic, A. Friedrich, Bengtsson, Janker (46. Stein), Piszczek, Hartmann, Dardai, Nicu, Raffael, Ramos
ZUSCHAUER 29.600
TORE
1:0 Ibisevic (1.) 2:0 Ibisevic (4.) 3:0 Ibisevic (21.) 3:1 Raffael (45.) 4:1 Obasi (58.) 5:1 Carlos Eduardo (63. Foulelfmeter)
SCHIEDSRICHTER Sippel (M端nchen)
GELBE KARTEN Beck, Compper Pejcinovic
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8. SPIELTAG | 1. FSV Mainz 05
3. OKTOBER 2009
1. FSV Mainz 05 – 1899 Hoffenheim 2:1 Es gibt Tage, an denen will einfach nichts gelingen. In der Regel hat das wenig mit Schicksal zu tun. Meist stehen handfeste Gründe hinter rabenschwarzen Tagen. Die schmerzhafte Niederlage am Mainzer Bruchweg war ein sprechendes Beispiel dafür: trotz einer grandiosen zweiten Halbzeit und etlichen fragwürdigen Schiedsrichterentscheidungen hatte Hoffenheim den Grundstein für das Endergebnis selber gelegt. Die Partie begann, wie die letzte gegen Hertha BSC aufgehört hatte – im Kopf der Spieler von 1899 Hoffenheim. Aber statt der müden, desillusionierten, rasch uneinholbar zurückliegenden Berliner Mannschaft lief eine voll motivierte, aggressiv spielende Mainzer Truppe über den Platz, die es nicht zuließ, dass Hoffenheim nach Belieben schalten und walten konnte. Sondern es war Mainz 05, das stark gegen den Ball spielte, effizientes Pressing ausübte, den Ball zirkulieren ließ und immer wieder gefährlich vors Tor kam. Bis die Hoffenheimer Spieler richtig begriffen hatten, dass der Sieg gegen die Hertha tiefe Vergangenheit war, stand es schon 2:0 für Mainz. In der 6. Minute hätte ein blitzartiger Vorstoß der Mainzer, über die linke Seite ausgerechnet vom Ex-Hoffenheimer Zsolt Löw vorgetragen, bereits zum Nachdenken anregen können. Natürlich war es ein Sonntagsschuss von Ivanschitz, der da auf die Sonntagshereingabe von Löw unhaltbar im oberen rechten Eck von Hildebrand
34 SAISONCHRONIK 2009/10
einschlug. Und selbstverständlich war nicht damit zu rechnen, dass derlei gleich wieder geschehen könnte. Nur hätte man dazu die Hosenträger enger spannen, das Herz in die Hand nehmen und selber aggressiv spielen müssen. Stattdessen jedoch ließ man in der 11. Minute die Mainzer wieder weitgehend ungehindert nach vorn kommen und schaffte es nicht, den Ball aus dem Strafraum herauszubringen. Das erhebliche Defensiv-Chaos, das entstand, nutzte Aristide Bancé, der gefährlichste Mainzer Angreifer, zu einem eleganten Kopfballheber über Hildebrand hinweg ins lange Eck. Und weiter spielten die Hoffenheimer wie zu Beginn, ohne zu realisieren, dass ihre sonst so gefährlichen Kurzpässe diesmal völlig ungefährlich waren. Außerdem kauften die Mainzer ihnen mit immer härterer Gangart den Schneid ab: besonders Eduardo bekam etliches auf die Knochen. Insgesamt sechs gelbe Karten für Mainz legten davon beredt Zeugnis ab. Erst ab der 30. Minute etwa wendete sich das Spiel. Hoffenheim setzte die inzwischen fast nur noch defensiv eingestellten Mainzer zunehmend unter Druck, ohne entscheidend Vorteile zu erlangen. Schuld daran waren zwei ungemein eng gehaltene Mainzer Viererketten, in denen fast alle Angriffsbemühungen stecken blieben. So kam es zwar hier und da zu ganz ordentlichen Chancen, denen der glückliche Abschluss aber verwehrt blieb, zum Beispiel bei einem sehenswerten Fallrückzieher von Ibisevic.
1. FSV MAINZ 05
H. Müller, F. Heller, Bungert, Noveski, Löw, Schürrle, Karhan (57. Gopko), Pekovic, Soto (86. Svensson), Ivanschitz (77. van der Heyden) Bance
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Nilsson (61. Vorsah), Compper, Ibertsberger, Carlos Eduardo, Luiz Gustavo (61. Maicosuel), Salihovic, Obasi, Ibisevic (79. Terrazzino), Ba
ZUSCHAUER 20.300 (ausverkauft)
TORE
1:0 Ivanschitz (6.) 2:0 Bance (11.) 2:1 Ibertsberger (87.)
SCHIEDSRICHTER Winkmann (Kerken)
GELBE KARTEN Pekovic, Ivanschitz, H. Müller, F. Heller, Löw, Gopko
Nach der Pause drehte Hoffenheim endlich auf, und ab der 60. Spielminute entwickelte sich ein regelrechtes Powerplay: nachdem Maicosuel für Luiz Gustavo und Vorsah für Nilsson gekommen war. Mainz stand ab da nur noch hinten drin, verteidigte mit Mann und Maus – und hatte mehrmals geradezu unverschämtes Glück. Zweimal allein wurde Hoffenheim nach Fouls im Sechzehner der fällige Strafstoß versagt.
zurück ins Halbfeld zu Ibertsberger, der kurz Maß nahm, abzog und mit einem feinen Flachschuss einlochte. Doch es war zu spät: was eine unerfahrene Gladbacher Truppe noch zugelassen hatte, brachte die leidenschaftliche Mainzer Mannschaft glücklich zu Ende. Trotz drei Minuten Nachspielzeit schaffte es Hoffenheim nicht, den Treffer zum mehr als verdienten Unentschieden zu erzielen.
Vor allem Obasi und Carlos Eduardo nahmen den Mainzer Block in die Zange, wirbelten links und rechts vorbei, dribbelten und flankten im Minutentakt. Aber immer wieder flog der Ball knapp am Tor vorbei oder darüber. Demba Ba jagte das Leder nach sehenswertem Gazellensprung durch die halbe Mainzer Abwehr nur knapp über die Querlatte, Obasi verfehlte mit einem kunstvollen Aufsetzer um Haaresbreite den linken Pfosten, Maicosuel zielte wie Salihovic zu hoch.
„Selbst ein Punkt hätte mich nicht über den Ärger in der ersten Halbzeit hinweggetröstet“, sagte ein sichtlich enttäuschter und verärgerter Ralf Rangnick nach dem Spiel. Die Nachlässigkeit und Verträumtheit, mit der seine Mannschaft zu Anfang agiert hatte, war der Schlüssel für die unnötige Niederlage gewesen. Wieder einmal hatte sich gezeigt, dass Hoffenheim nach grandiosen Spielen zu einer gewissen Überheblichkeit neigte. Allerdings sagte der Trainer auch: „Die Mainzer haben mit allem, was erlaubt ist, teilweise auch über diese Grenze hinaus, gespielt. Wir müssen begreifen, dass es immer solche Spiele auswärts geben wird.“ n
Erst in der 87. Minute gelang der Anschlusstreffer. Terrazzino passte einen Eckball von links
Ibertsbergers Anschlusstor in der 87. Minute kam zu spät, die Mainzer retteten ihren Vorsprung über die Zeit.
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9. SPIELTAG | Werder Bremen
Immer noch kein Sieg gegen Bremen... In der letzten Saison hatte es eine knappe Niederlage und ein gerechtes Unentschieden gegeben.
17. OKTOBER 2009
Werder Bremen – 1899 Hoffenheim 2:0 Auswärtsspiele waren bisher nicht die Stärke von 1899 Hoffenheim. Außer in Hannover geriet die Mannschaft bislang jedes Mal schnell in Rückstand. So auch diesmal: schon nach 22 Minuten stand es 2:0 für Werder Bremen. Dabei hatte alles gut angefangen, Hoffenheim ging konzentriert zuwerke, Bremen kam kaum zum Zug, selbst die angeschlagenen Compper und Simunic hatten auflaufen können. Allerdings fehlte Demba Ba, der sich beim Länderspiel in der Heimat verletzt hatte, und Ibisevic und Salihovic saßen auf der Bank, müde von ihren eigenen Länderspielen unter der Woche. 36 SAISONCHRONIK 2009/10
Die defensive Grundordnung, die aus dem Spiel mit einer einzigen echten Spitze, nämlich Obasi, resultierte, schien zu funktionieren. Bis bereits in der 11. Minute Andi Beck vom Platz musste: Muskelverhärtung. Ihm waren das Spiel in der Nationalmannschaft drei Tage zuvor oder das Training dort offenbar nicht bekommen. Für ihn kam Salihovic und nahm seinen angestammten Platz im Mittelfeld ein, während Ibertsberger, der bis dahin im rechten Mittelfeld agiert hatte, auf Becks Position spielte. Der Wechsel erschütterte die Hoffenheimer Ordnung mehr, als zu erwarten war. In der 14. Minute schien das Konzept jedoch noch aufzugehen: nach schönem Pass von Obasi lief Maicosuel allein auf Wiese zu, spielte knapp an ihm vorbei – und wurde vom WerderTorhüter gelegt: Strafstoß. Leider hatte Carlos Eduardo keinen guten Tag erwischt, sein Schuss vom Elfmeterpunkt aus war leicht zu halten, nachdem Wiese die richtige Ecke gewählt hatte. Vom selben Moment an war es um die Souveränität des Hoffenheimer Spiels geschehen. Das Spiel zwischen Defensive und Mittelfeld sowie zwischen Mittelfeld und Angriff fiel zusehends auseinander. Bremen baute, davon profitierend, immer mehr Druck auf – und bekam in der 18. Minute einen Eckball zugesprochen, der auf Pizarros Kopf landete und von dort in hohem Bogen, über Carlos Eduardos Kopf hinweg, ins Netz flog. Die Verunsicherung war mit Händen zu greifen, wieder ein früher Rückstand, wieder infolge mangelhafter Zuteilung: Pizarro hätte nie und nimmer so frei anspielbar sein dürfen. Es kam, wie es kommen musste: vier Minuten später entstand nach einem Freistoß von Özil im Hoffenheimer Strafraum ein heilloses Getümmel, in dem Per Mertesacker am schnellsten reagierte und den Ball über die Linie stochern konnte. Die Frage war, ob 1899 Hoffenheim nun zu einem weiteren Sturmlauf ansetzen könnte. Erinnerungen wurden wach an das legendäre Spiel ein gutes Jahr zuvor, als man schon mit 4:1 hinten lag und sich trotzdem noch bis zum 4:4 vorarbeitete – bis Özil den Siegtreffer erzielte. Dieses Spiel war die eigentliche Geburtsstunde des Hoffenheimer Tempofußballs gewesen.
Doch die viel defensivere Ausrichtung der Bremer Mannschaft in diesem Jahr stand dagegen. Bremen zog sich nach der so glücklichen wie komfortablen Führung klug zurück, ließ Hoffenheim anlaufen und baute auf seinen Torhüter, der seit vielen Spielen ohne Gegentreffer geblieben war. Bis zum Ende der ersten Halbzeit kam es zu einigen guten Ansätzen und Torchancen, die aber nicht genutzt wurden. Mit der zweiten Halbzeit lief auch Ibisevic auf, nachdem Compper angeschlagen in der Kabine bleiben musste. Für ihn ging Vorsah in die Viererkette. Doch auch dem Zweiersturm aus Obasi und Ibisevic, unterstützt durch Maicosuel, gelang es nicht, finale Durchschlagskraft zu entwickeln. Zudem blieb Werder mit blitzschnellen Kontern gefährlich, so dass die Mannschaft nicht bedingungslos gegen Wieses Tor anrennen konnte. Trotzdem kam es auch jetzt immer wieder zu großartigen Angriffen, denen nur das Quäntchen Glück fehlte: Ibisevic bspw. setzte in der 79. Minute zu einem Seitfallzieher an, der zum Tor des Monats geführt hätte, wenn er den Ball
WERDER BREMEN
Wiese, Fritz, P. Mertesacker, Naldo, Boenisch, Frings, Bargfrede (81. Niemeyer), Hunt, Özil, Marin (53. Rosenberg), Pizarro
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck (11. Salihovic), Simunic, Compper (46. Ibisevic), Eichner, Ibertsberger, Vorsah, Luiz Gustavo (77. Vukcevic), Eduardo, Obasi, Maicosuel
ZUSCHAUER 33.916 (ausverkauft)
TORE
1:0 Pizarro (17.) 2:0 Mertesacker (22.)
SCHIEDSRICHTER Kircher (Rottenburg)
GELBE KARTEN Wiese, Pizarro, Bargfrede Salihovic, Compper, Simunic, Vorsah, Luiz Gustavo, Obasi, Vukcevic
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9. SPIELTAG | Werder Bremen
richtig erwischt hätte. Und schon in der 67. Minute wurde Obasi im Strafraum regelwidrig zu Fall gebracht. Schiedsrichter Kirchner jedoch meinte, eine Schwalbe gesehen zu haben, und zeigte Gelb. Zum wiederholten Mal wurde Hoffenheim um einen völlig berechtigten Elfmeter gebracht; vielleicht deshalb, weil die Schiedsrichter vom schnellen Hoffenheimer Spiel visuell schlicht überfordert sind, oft aber auch, weil sie gerne Elfmeter verweigern, wenn ein Spieler wie Obasi allzu dramatisch fällt. Hätte Carlos Eduardo zu Anfang der Partie getroffen und Hoffenheim den zweiten Elfmeter bekommen und ebenfalls verwandelt, wäre die Partie durch zwei Hoffenheimer und zwei Bremer Standardsituationen unentschieden ausgegangen. So jedoch stand es am Ende 2:0 für die Bremer,
38 SAISONCHRONIK 2009/10
die keine überragende Leistung geboten, sondern einen für ihre Verhältnisse vergleichsweise biederen, unattraktiven Fußball gespielt hatten. So war die Enttäuschung auf Hoffenheimer Seite groß: man hatte sich bemüht, hatte alle Kräfte aufgeboten, hatte sich erneut in defensiver Auswärtstaktik versucht – und schon wieder verloren. Es sah ganz danach aus, als gäbe es nur eine erfolgversprechende Hoffenheimer Spielvariante: das bedingungslose, schnelle Spiel nach vorn. Nach der alten Devise: ein Tor mehr schießen als kassieren. „Wir haben mit der ganzen Mannschaft die Null gehalten“, sagte Torsten Frings nach dem Spiel. „Wir verteidigen unser Tor jetzt bis aufs Blut, und das gelingt uns gut.“ Durch hohen Laufeinsatz und jeweils bis zu vier Bremer, die sich auf ball-
führende Hoffenheimer stürzten, konnte sich das gefürchtete Kurzpass-Spiel nie wirklich entfalten.
Es war ein kampfbetontes Spiel mit vielen faszinierenden Zweikämpfen - und etlichen gelben Karten.
Aber auch Hoffenheim hatte versucht, die Kreise der Bremer frühzeitig zu stören. Viele bissige Nahkampfsituationen, oft am SpielfeldRand, legten Zeugnis davon ab: nicht anders als die ungewöhnlich hohe Zahl von sieben gelben Karten. Bremen erhielt nur drei und hatte – das war vielleicht die entscheidende Lehre des Spiels – seine Arbeit gegen den Ball besser und effizienter erledigt. n
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10. SPIELTAG | 1. FC Nürnberg
24. OKTOBER 2009
1899 Hoffenheim - 1. FC Nürnberg 3:0 Nürnberg nach zwei Auswärtsniederlagen zuhause zu besiegen, nachdem man die ‘Clubberer’ im Pokal bereits zuhause besiegt hatte, schien eher Pflichtaufgabe zu sein. Aber Nürnberg kam mit einem großartigen Spiel gegen die Hertha im Rücken nach Sinsheim und machte anfangs tatsächlich eine gute Figur. Eng gestaffelt, weit nach vorn orientiert, unterbanden die Nürnberger fast alle Hoffenheimer Angriffsversuche mit gutem Forechecking, während sich die Hoffenheimer Abwehr zu weit nach hinten drängen ließ und damit den Nürnbergern viel Raum fürs Spiel nach vorn eröffnete. Wäre der Nürnberger Sturm nicht so schwach gewesen, hätte das Spiel möglicherweise einen anderen Verlauf nehmen können: oder wenn Schiedsrichter Weinert in der 28. Minute nach einem Zweikampf von Simunic und Bunjaku auf Strafstoß entschieden hätte. Dass er es nicht tat, war reines Glück. 40 SAISONCHRONIK 2009/10
Das Glück des Tüchtigen hatte sechs Minuten später Christian Eichner, der für den immer noch verletzten Andreas Beck ins Team gekommen war und Ibertsberger hinten links vertrat, der wiederum Becks Position rechts ausfüllte. Im Training öfters zu wuchtigen Fernschüssen aufgelegt, zog Eichner inmitten unvermindert mühsamer Hoffenheimer Angriffsversuche nach einem abgewehrten Freistoß von Salihovic aus 32 Metern per Dropkick aus halblinker Position ab: der Ball schlug mit knapp 100 km/h im oberen rechten Winkel unhaltbar ein, Marke Tor des Jahres. Die Nürnberger reagierten auf diese Kraftdemonstration sichtbar eingeschüchtert, so dass schon zwei Minuten später Carlos Eduardo nach großartigem Solo zum Schuss kam. Der Ball flog knapp am Gehäuse vorbei.
Noch einmal zwei Minuten später erkämpfte sich Compper den Ball im Mittelfeld von Mintal und spielte steil auf Ibisevic, der seinen wiedergefundenen Torjägerinstinkt demonstrierte, einen Abwehrspieler umdribbelte und mit fein dosiertem Schuss ins rechte untere Eck abschloss. Damit war der Bann endgültig gebrochen. Nürnberg ergab sich in sein Schicksal und überließ Hoffenheim sämtliche Spielanteile.
Dreimal Torjubel, dreimal die Torhymne: dabei hatte Nürnberg die Partie am Anfang durchaus offen gestalten können.
Bis zum Pausenpfiff dominierte die Heimmannschaft. Danach war das Spiel etwas zerfahren. Hoffenheim agierte gebremst, Nürnberg reagierte schwach. Es dauerte um die zehn Minuten, bis die Offensive wieder in Schwung kam. Der Grund dafür war die Auswechslung von Obasi, der mit muskulären Problemen in der Kabine
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10. SPIELTAG | 1. FC Nürnberg hatte bleiben müssen. Für ihn war Zuculini eingewechselt worden. Bislang hatte das Publikum vom jungen Liebling des argentinischen Nationaltrainers Maradona noch nicht viel zu sehen bekommen, seine Einsätze zählten noch in Minuten. Gegen Nürnberg erhielt er eine ganze Halbzeit zum nachhaltigen Beweis seiner Fähigkeiten. Und Zuculini nutzte die Chance, die sich ihm bot. Nach einer Weile hatte er sich ins Spiel integriert, hatte die Mannschaft sich auf ihn eingestellt – und schon genoss das Publikum die wuchtigen Vorstöße des kraftvollen Argentiniers. Ein ums andere Mal trieb er den Ball entschlossen nach vorn, verwirrte den Gegner, spielte aber jedesmal mannschaftsdienlich in Strafraumnähe ab und gab sich mit dem Bild des Antreibers zufrieden. In der 64. Minute kam es erneut zu einem seiner wuchtigen Vorträge. Von der Mittellinie weg trieb zunächst Maicosuel den Ball halblinks nach vorn und passte dann quer auf Zuculini, der sich halbrechts dem Strafraum näherte. Die Nürnberger Abwehr wich vor dem ballführenden Gaucho fast ängstlich zurück. Trotzdem schaute Zuculini sich mehrmals um, wen er wieder anspielen und in Szene setzen könnte. Da die Nürnberger es ihm gleich taten und ebenfalls auf sein Abspiel warteten, griffen sie ihn immer noch
42 SAISONCHRONIK 2009/10
nicht an – so dass Zuculini kurzerhand abzog. Sein trockener Schuss landete unhaltbar im rechten unteren Winkel. Was danach geschah, belegte zum wiederholten Mal den Wert eines erfahrenen Spielers wie Simunic. Denn Zuculini lief zum verdienten Torjubel zurück in die eigene Hälfte, bis dahin, wo er auf der Tribüne seine Familie vermutete. Die gesamte Mannschaft einschließlich Torhüter Hildebrand umringte und feierte ihn ausgiebig und achtete nicht darauf, dass im Mittelkreis zwei Nürnberger fertig zum Wiederanstoß standen. Da alle Hoffenheimer sich in der eigenen Hälfte befanden, hätte es für Schiedsrichter Weinert keinen Grund gegeben, mit dem Wiederanpfiff länger zu warten. Simunic begriff als einziger, dass sich hier eine Szene aus dem Kuriositätenkabinett anbahnte, die Hoffenheim lang dem kollektiven Gespött der Liga ausgesetzt hätte – während die Mannschaft noch am Spielfeldrand den dritten Treffer feierte, hätte Nürnberg unbehelligt anstoßen und den Ball ins weder verteidigte noch vom Torhüter besetzte, leere Tor förmlich hineintragen können. Als die Mannschaft auf die Rufe und Gesten von Simunic nicht reagierte und freudetrunken immer noch weiterfeierte, lief der großgewachsene, bärtige Innenverteidiger einfach in den Mittelkreis
hinein und verhinderte durch diese Regelverletzung, dass der Wiederanpfiff sofort ausgeführt werden konnte. Bis Weinert Simunic hinauskomplimentiert hatte, begriff endlich auch der Rest der Mannschaft, was die Uhr geschlagen hatte, und brachte sich wieder in Position.
Die Aussicht, ihn nach der Winterpause, nach erneutem, abschließendem Herz-Check, zunächst völlig gesund und dann auch noch auf dem Spielfeld wiederzusehen, beflügelte alle an dieser dramatischen Geschichte Beteiligten. n
In der Folge sah die wieder ausverkaufte RheinNeckar-Arena noch einige schöne Spielzüge und knapp verpasste Torgelegenheiten der Gastgeber, und auch Nürnberg bot einige passable Szenen. Je länger die Partie andauerte, je mehr überwog jedoch die Unausweichlichkeit des Hoffenheimer klaren Sieges. In der 88. Minute skandierte eine glückliche Südtribüne den Namen des Mäzens, Dietmar Hopp, was die frustrierte Nürnberger Anhängerschaft nach dem Abpfiff mit bekannt üblen Sprechchören quittierte. Die Nürnberger Nachrichten schrieben anlässlich einer Eishockey-Partie dazu: „Es war einmal: Wir sind alle Eishockey-Fans… Der Freitagabend in Ingolstadt hat exemplarisch gezeigt, dass viele neue Fans ohne Verstand den Fußball-Ultras nacheifern. Der Versuch, die unsäglichen (und am Samstag von Club-Fans mit großer Begeisterung wiederholten) Angriffe gegen den Hoffenheim-Mäzen Dietmar Hopp im Niveau noch zu unterbieten, gelang vollauf…“ Offenbar hatten im Verlauf der EishockeyPartie gegen Ingolstadt noch üblere Sprechchöre Konjunktur, als in Fußballstadien schon üblich. Der Gedanke, die skandierenden, sogenannten Fans einfach gewähren zu lassen, gebar also weitere verbale Exzesse und erwies sich zum wiederholten Male als falsch. Unter der Woche kam es jedoch zu einem viel erfreulicheren Ergebnis. Und zwar hatte Prince Tagoe, nachdem seine etwas voreilige Kündigung schon lang zurückgenommen worden war (Jan Schindelmeiser: „Ich hätte gleich auf die Stimme meines Herzens hören sollen…“), den vereinbarten Schlichtungstermin beim vom DFB ernannten Kardiologen bestanden. Im Endergebnis zeigte sich, dass die Hoffenheimer Bedenken einer gefahrbringenden Herzmuskelschwäche nicht unbegründet gewesen waren, sich die Erkrankung inzwischen jedoch auf gutem Besserungswege befand. Prince Tagoe konnte darum mit sofortiger Wirkung wieder ins Training integriert werden.
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Eichner, Simunic, Compper, Ibertsberger, Salihovic, Luiz Gustavo, Carlos Eduardo, Obasi (46. Zuculini), Ibisevic (84. Terrazzino), Maicosuel (78. Vukcevic)
1. FC NÜRNBERG
Zuculini, zu Hoffenheim gestoßenes, argentinisches Talent, erzielte wie Neuzugang Eichner (vom KSC) ein Tor.
R. Schäfer, Judt, Wolf, Maroh, Pinola, Gygax (58. Vidosic), Kluge, Mintal, Frantz (73. Nordtveit), Eigler, Bunjaku (85. Choupo-Moting)
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
1:0 Eichner (34.) 2:0 Ibisevic (38.) 3:0 Zuculini (64.)
SCHIEDSRICHTER Weiner (Giesen)
GELBE KARTEN Ibertsberger Gygax, Judt
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DFB-POKAL 3. HAUPTRUNDE | TuS Koblenz
28. OKTOBER 2009
1899 Hoffenheim – TuS Koblenz 4:0 Ein Nationalspieler mehr im Hoffenheimer Kader: zwei Tage vor der Partie wurde Carlos Eduardo für die nächsten beiden Länderspiele ins Aufgebot der Seleçao berufen, der brasilianischen Nationalmannschaft. Es war die verdiente, ehrenvolle Anerkennung für seine herausragenden Leistungen im Team von 1899 Hoffenheim.
Das Achtelfinalspiel gegen die TuS Koblenz wurde die erwartete Demonstration des Klassenunterschieds von 1. und 2. Bundesliga, zumal Hoffenheim im oberen und Koblenz im unteren Drittel ihrer jeweiligen Ligen residierten. Bis der Klassenunterschied Früchte trug, sollte es aber eine ganze Weile dauern, genau genommen bis zur zweiten Halbzeit. Denn anders als von Trainer Rapolder angekündigt, hielt Koblenz die Partie keineswegs offen, sondern rührte Beton an. Mit elf Mann in der eigenen Hälfte gelang es den Gästen lange Zeit, die Hoffenheimer Angriffsversuche wirkungsvoll zu unterbinden. Dabei spielten sie allerdings ein intelligentes Pressing, immer zwei oder drei Mann stürzten sich auf den angreifenden Gegner, so dass Hoffenheim keine spielerische Überlegenheit erlangen konnte.
44 SAISONCHRONIK 2009/10
Im Gegenteil: nach einer Anzahl etwas leichtfertig vergebener Torgelegenheiten gleich zu Beginn wurden die Hoffenheimer Angriffe zunächst recht sorglos und dann zunehmend hektisch vorgetragen, es schlichen sich jede Menge Fehlpässe ein, Ratlosigkeit machte sich breit über die Standfestigkeit des Koblenzer Bollwerks. Umgekehrt gelang es Koblenz aber nicht, einen einzigen gefährlichen Angriff vorzutragen. In der zweiten Halbzeit reagierte Trainer Ralf Rangnick und brachte für Zuculini, der zum ersten Mal in der Startelf gestanden und auf der rechten Mittelfeldachse etwas übermotiviert agiert hatte, Obasi, der noch leicht angeschlagen war. Dadurch konnte Carlos Eduardo zurück ins Mittelfeld rücken, der vorne rechts wenig Impulse zu setzen vermochte, und erhielten Hoffenheims Angriffe endlich die erwünschte Durchschlagskraft. Trotzdem war es einem Freistoß von Salihovic vorbehalten, den Torreigen zu eröffnen. Eigentlich als
Flanke gedacht, segelte der Ball in der 50. Minute an Freund und Feind vorbei ins Tor. Koblenz hätte nun angreifen müssen, doch das Umschalten von der einstudierten Defensive gelang nicht. Stattdessen behielt Hoffenheim weiter die Initiative und drückte permanent, musste aber bereits in der 66. Minute wieder auf Obasi verzichten, dessen muskuläre Probleme offenbar zu gravierend waren. Für ihn kam Vukcevic. Eine Minute später erkämpfte sich Ibisevic auf der linken Seite den Ball, zog nach innen, düpierte die Koblenzer Innenverteidigung und schoss unhaltbar zum 2:0 ein.
4:0 im einzigen Pokal-Heimspiel - der Torreigen begann aber erst in der 50. Minute.
Damit war der Bann endgültig gebrochen. Koblenz konnte nur noch durch ein Wunder die Partie umdrehen – das aber nicht geschah, auch weil Hoffenheim wie entfesselt weiter stürmte. In der 71. Minute schickte der immer spielfreudigere Ibisevic Maicosuel mit einem sehenswer-
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DFB-POKAL 3. HAUPTRUNDE | TuS Koblenz
ten Pass Richtung Tor. Der Brasilianer überlief zwei Verteidiger plus Torwart und schob ein. Mit Nuckeldaumen und zwei danach in die Luft gezeichneten Herzen zeigte er an, wie viel seine Familie ihm im Fußballerleben bedeutete. Nachdem damit alles gelaufen war, durfte auch der frischgebackene brasilianische Nationalspieler vom Platz: Terrazzino kam für Carlos Eduardo, konnte aber wie Vukcevic nicht mehr entscheidend ins Spiel eingreifen. Eine Schrecksekunde war noch zu überstehen: als Maicosuel, der die Koblenzer Gäste mit trickreichem Spiel regelrecht vorzuführen begann, nach einem Zweikampf liegen blieb und sich ans
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger, Vorsah, Compper, Eichner, Zuculini (46. Obasi, 66. Vukcevic), Luiz Gustavo, Salihovic, Carlos Eduardo (74. Terrazzino), Ibisevic, Maicosuel
TUS KOBLENZ Yelldell, Skeraj, Mavric, Lense (60. P. Langen), Forkel, M. Hartmann, Morack, Melinho (67. Ch. Müller), Skela, Krontiris (60. N. Kuqi), S. Kuqi
ZUSCHAUER 18.050
TORE
1:0 Salihovic (50.) 2:0 Ibisevic (67.) 3:0 Maicosuel (71.) 4:0 Compper (90.)
SCHIEDSRICHTER Perl (Pullach)
46 SAISONCHRONIK 2009/10
Knie fasste. Nach kurzer Behandlung konnte der Brasilianer, der innerhalb kurzer Zeit zu einer wichtigen Stütze im Hoffenheimer Spiel geworden war, glücklicherweise weitermachen. In der gut gefüllten Rhein-Neckar-Arena sahen zufriedene, glückliche Zuschauer in den wenigen verbleibenden Minuten noch manche hochklassige Szene: ein Kopfball von Vukcevic strich knapp am Gehäuse vorbei, nachdem Eichner von links halbhoch geflankt hatte, Salihovic schoss einen Freistoß aufs kurze Eck, der abgewehrt werden konnte, Terrazzino vergab eine schöne Chance nach gutem Zuspiel von Salihovic.
In der 90. Minute gab es noch einmal Eckball für 1899 Hoffenheim, den sich Salihovic auf der linken Seite zurechtlegte. Mit feinem Schnitt scharf nach innen geschossen, erreichte Compper den Ball als erster und wuchtete ihn am herbeieilenden Schlussmann vorbei ins Tor. Gleich darauf ertönte der Schlusspfiff: 1899 Hoffenheim stand damit zum dritten Mal in der Vereinsgeschichte im Viertelfinale des DFB-Pokals. Wie viel das Publikum der Mannschaft inzwischen zutraute, war kurz vor Ende von den Tribünen zu hören: „Berlin – Berlin – wir fahren nach Berlin!“
Die Pokalauslosung vier Tage darauf setzte solchen Wünschen einen schweren Klotz in den Weg: Werder Bremen. Mit Heimrecht. Härter hätte das Los fürs Viertelfinale kaum sein können. Vedad Ibisevic fand dafür die einzig angemessenen Worte: „Es wird kein einfaches Spiel, aber wir werden dort gut vorbereitet sein und dieses Mal als Sieger vom Platz gehen.“ n
Maicosuel, brasilianischer Neuzugang, machte in diesem Spiel nicht sein erstes Tor...
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11. SPIELTAG | SC Freiburg
48 SAISONCHRONIK 2009/10
1. NOVEMBER 2009
SC Freiburg - 1899 Hoffenheim 0:1 Breisgau gegen Kraichgau – das Badener Nord-Süd-Derby hatte bereits eine gewisse Tradition. Besonders das letzte Aufeinandertreffen war noch in schmerzhafter Erinnerung, denn der SC hatte 1899 aus dem letztjährigen Pokal geworfen, als man den damaligen Zweitligisten etwas zu leicht genommen hatte.
So etwas sollte nicht wieder passieren, besonders nicht nach zwei unnötigen Auswärtsniederlagen in Mainz und Bremen, als man jeweils nach ca. 20 Minuten 0:2 zurückgelegen war. Und so ging 1899 von Beginn an engagiert zur Sache und hatte schon in der allerersten Minute zwei schöne Torchancen zu verzeichnen: die zweite vergab Compper, die erste hätte Elfmeter geben müssen, als Ibisevic klar gefoult wurde. Doch Schiedsrichter Meyer hatte eine Art Gnadentag eingelegt, er gab während der gesamten Partie nicht ein einziges Mal Gelb, nie Rot und auch keinen Elfmeter. Wer immer etwas anstellte an diesem Tag, konnte mit Meyers Verständnis rechnen. Gelegentlich signalisierte er zwar, dass es mit seinem Verständnis bald vorbei sein könnte, aber dabei blieb es dann auch. Bereits in der 4. Minute ging Maicosuel nach einem Aufbaufehler der Breisgauer und Pass von Ibisevic allein aufs Tor, scheiterte jedoch am Freiburger Keeper Pouplin. Die Szene war typisch für die gesamte erste Halbzeit, in der Freiburg das Spiel nahezu vollständig den Nordbadenern überließ. Hoffenheim konnte nach Belieben schalten und walten und erarbeite sich in wunderschönen Kombinationen eine Torgelegenheit nach der andern, von denen aber vorerst keine genutzt wurde. Sechs zu null Ecken für 1899 sprachen
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11. SPIELTAG | SC Freiburg
Simunic versucht es ...
eine deutliche Sprache. Möglich, dass die Torausbeute eine andere gewesen wäre, hätte Hoffe nicht auf die verletzten Obasi und Ba verzichten müssen. Zwei Stürmer dieser Extraklasse weniger, das kann so leicht keine Mannschaft einfach wegstecken. Erst in der 39. Minute und etliche Torchancen später kam es zu folgender Szene: Einwurf auf der linken Seite von Salihovic, der Ball kommt halblinks zu Carlos Eduardo, der sich dreht, um in die Mitte zu passen. Doch bevor er den Pass spielen kann, rauscht Ibisevic heran, spitzelt ihm den Ball vom Fuß und bedient über zehn, fünfzehn Meter punktgenau den in der Mitte vorm Strafraum wartenden Stürmerkollegen Maicosuel, der es mit zwei Freiburger Verteidigern auf einmal zu tun hat. Doch statt den naheliegenden Versuch zu unternehmen, sie zu umdribbeln und damit freie Fahrt aufs Tor zu haben, schaut Maicosuel, den Ball am Fuß, bloß kurz auf – und schlenzt die Kugel aus 18 Metern in wunderschönem Steigund Sinkflug über Pouplin hinweg ins rechte obere Eck. Es war klar, dass Freiburg nach der Pause nicht ähnlich willenlos weitermachen würde. Nach drei
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Niederlagen in Folge musste die Mannschaft zuhause einfach anders auftreten, musste jetzt etwas probieren – und angreifen. Genau das tat sie auch, und die Kompromisslosigkeit, mit der sie es tat, überraschte die Hoffenheimer, die sich an die Dauerüberlegenheit der ersten Halbzeit etwas zu sehr gewöhnt und darum zu weit zurückgezogen hatten, was den Südbadenern viel Raum eröffnete. Ihre ungestümen Angriffe waren aber zunächst noch relativ leicht abzufangen, so dass 1899 sogar zu einigen schönen Kontergelegenheiten kam. Je länger die zweite Halbzeit ging, je deutlicher wurde leider, dass die Angriffs-Devise der Freiburger auch lautete: auf die Knochen gehen. Es gab etliche Momente, in denen der Schiedsrichter mindestens die gelbe Karte hätte zeigen müssen. Aber weil er sich zuvor im Verzeihen und Ermahnen geübt hatte, wollte er nun offenbar kein Ungleichgewicht aufkommen lassen – und ermahnte immer nur weiter. Es konnte einem angst und bange werden um die Gesundheit der Hoffenheimer Spieler. Und es zeigte sich einmal mehr, dass Schiedsrichter aufpassen müssen, ein Fußballspiel nicht mittels Kartenflut oder Kartenebbe aus der Hand zu geben. Beides endet
fatal: zu oft frühes Gelb und später Gelb-Rot schürt die Aggression auf dem Platz, doch Ermahnungen ohne jedes Gelb bewirken genau das Gleiche. In der 77. Minute erlag Schiedsrichter Meyer erneut seinen Prinzipien und ließ ein klares Foul an Carlos Eduardo im Strafraum ungeahndet. Bis dahin hatte die Hoffenheimer Abwehr Schwerstarbeit geleistet und musste auch für den Rest der Partie höllisch aufpassen, nicht doch noch den Ausgleich zu erzielen. Das konnte zwar verhindert werden – aber nicht, bis zum Ende erfolgreich dem überharten, nie sanktionierten Einsteigen der Freiburger auszuweichen. In der 90. Minute erwischte es Ibertsberger in fataler Konsequenz am Kopf: Verdacht auf Jochbeinbruch, erwartbarer Ausfall bis nach der Winterpause. Wenige Minuten nach der Partie wurde bekannt, dass der langjährige Freiburger Präsident, Achim Stocker, im Alter von 74 Jahren den Folgen eines Herzinfarktes erlegen war, den er eine Woche vorher erlitten hatte. Deshalb fiel die anschließende Pressekonferenz aus. n
SC Freiburg
... und Maicosuel erzielt es: das entscheidende Tor!
Pouplin, Cha (46. Makiadi), Krmas, Bastians, Butscher, Banovic, Uzoma (77. Schuster), Abdessadki, Jäger, Idrissou, Bechmann (46. Reisinger)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger (90. Eichner), Carlos Eduardo, Vorsah, Luiz Gustavo, Salihovic, Ibisevic (84. Vukcevic), Maicosuel (90. Zuculini)
ZUSCHAUER 24.000
TORE
0:1 Maicosuel (39.)
SCHIEDSRICHTER Meyer (Burgdorf)
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12. SPIELTAG | VfL Wolfsburg
7. NOVEMBER 2009
1899 Hoffenheim - VfL Wolfsburg 1:2 Die erste Heimniederlage der Saison! Nach einer Serie von Siegen gegen durchweg schwächere Gegner verlor 1899 Hoffenheim die Partie gegen den deutschen Meister mit 1:2 – oberflächlich gesehen nach starker erster und schwacher zweiter Halbzeit. Schaute man genauer hin, profitierte Hoffe in der ersten Halbzeit nicht zu knapp von der Schwäche des Gegners, auch wenn das mustergültige, aufwendige Pressing in den ersten 45 Minuten einiges zur Wolfsburger Schwäche beitrug. Nach der Pause kehrten die Wölfe jedoch hoch motiviert zurück und legten genau jene Spielweise an den Tag, die sie in dieser Saison zur bisher stärksten Mannschaft der zweiten 45 Minuten gemacht hatte.
Die Hoffenheimer schienen darauf nicht vorbereitet zu sein und kassierten innerhalb von fünf Minuten zwei hochgradig vermeidbare Treffer. Hatten die Statistiker in der ersten Halbzeit noch ein Torschuss-Verhältnis von 13:3 zugunsten der Gastgeber registriert, verkehrte sich das Verhältnis nun zwar nicht ins Gegenteil, schlug aber deutlich zugunsten der Gäste aus – die gegen Ende der Partie auch noch eine jener Konterchancen vergaben, die man „tausendprozentig“ nennt. Doch gab es im gesamten Spiel auf beiden Seiten nicht viele solcher vergebenen hochkarätigen Chancen. Auf diese Weise konnte es hüben wie drüben nicht zu der erwarteten Toreflut kommen, die man beiden angriffsstarken Mannschaften im Vorfeld zugetraut hatte. Dem Augenschein nach begann Hoffenheim die Partie schwungvoll, mit hoch effizientem Pressing und optimaler Raumaufteilung. Wolfsburg dagegen weilte gedanklich anscheinend noch in der Champions League, wirkte unkonzentriert und spielte einen Fehlpass nach dem andern. Und dennoch: in der Abwehr offenbarte 1899 immer wieder erschreckende Gedankenlosigkeiten, die der Gegner mindestens so gedankenlos ungenutzt ließ. Und 1899 erspielte sich weitaus weniger Großchancen, als aus der MittelfeldÜberlegenheit hätten resultieren müssen. Zu lösbar erschien die Aufgabe, gegen schwächelnde Wölfe das eigene Spiel aufzuziehen, zu einfach kam man immer wieder an den Ball, zu deutlich ließ der Gegner sich den Schneid abkaufen. Allerdings gab es im Spielverlauf auch einige falsch gepfiffene Abseitspositionen, vor allem bei
Torgefahr durch Ibisevic, der sich beim allzu berechtigten, heftigen Protest dagegen in der zweiten Halbzeit eine gelbe Karte einhandelte – nur dass in diesem Fall, wie es so geht, die Abseitsentscheidung einmal richtig war.
Salihovic scheiterte mit einem Freistoß in der 45., der an den Pfosten ging. Und so schlenderte man sorglos in die Pause und vertraute darauf, dass man die fehlenden Tore in den nächsten 45 Minuten schon noch nachreichen würde.
In der 23. Minute sah das Publikum in der Rhein-Neckar-Arena einen von Carlos Eduardo energisch vorangetriebenen Konterangriff. Nachdem er zwei Wolfsburger hinter sich gelassen hatte, spielte er den Ball nach rechts außen auf Maicosuel, der mit einer herrlichen Flanke Ibisevic in der Mitte bediente. Dessen eingesprungener Kopfball-Aufsetzer aus etwa 12 Metern flog für den Torhüter unerreichbar ins linke obere Eck.
Das war jedenfalls der Eindruck, den man gewinnen konnte, als die Hoffenheimer aus der Kabine kamen. Wie es aussah, stand die Fortsetzung einer lockeren Trainingseinheit gegen einen zwar amtierenden, inzwischen aber offenbar zahnlosen Deutschen Meister an. In guter Kameradschaft schob man sich den Ball in den eigenen Reihen zu und wusste, dass die Wolfsburger, wenn sie gelegentlich ans Spielgerät kämen, damit schon nichts anzufangen wüssten.
Kaum jemand im Stadion zweifelte daran, dass damit der Torreigen eröffnet war. Zu passiv, zu verschlafen agierten die Wölfe. Hoffenheim verstand es jedoch nicht, seine strukturelle Überlegenheit zählbar zu machen. Maicosuel vergab in der 28. Minute aus sieben Metern freistehend,
Aber weit gefehlt: in der Gästekabine war es in der Pause nach Zeugenaussagen ziemlich laut geworden, anders als vermutlich im Hoffenheimer Pausenraum. Und so stand nun eine lethargische, allzu leichtfertig agierende Hoffenheimer Freundschafts-Elf gegen eine hellwache, erfolgshungri-
Alles Trösten half nichts - es war die erste Heimniederlage der Saison.
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12. SPIELTAG | VfL Wolfsburg ge, mit aggressivem Pressing spielende Wolfsburger Truppe. Die Folgen ließen nicht lange auf sich warten. Zweimal innerhalb von fünf Minuten schaffte es Hoffenheim nicht, den Ball aus dem eigenen Strafraum zu befördern. Spätestens nach dem Ausgleichstreffer in der 52. Minute durch Misimovic hätte Hoffe jedoch davor gewarnt sein müssen, dass man Bälle nicht derart leichtfertig vertändeln durfte. Grafite und die Abfälschung seines Schusses durch Compper besorgten in der 57. Minute den Rest. Die restliche halbe Stunde war 1899 dann bemüht, das so unnötig verloren gehende Spiel zurückzuholen. Ein paar Chancen gab es, auch durch den eingewechsel-
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Eichner (82. Vukcevic), Carlos Eduardo, Vorsah (59. Ba), Luiz Gustavo, Salihovic, Ibisevic, Maicosuel
VFL WOLFSBURG
Benaglio, Riether, Ricardo Costa, Madlung, M. Schäfer, Hasebe (77. Pekarik), Josue, Gentner, Misimovic (90. Baier), Dzeko, Grafite (87. Kahlenberg)
ZUSCHAUER 29.400
TORE
1:0 Ibisevic (23.) 1:1 Misimovic (52.) 1:2 Grafite (57.)
SCHIEDSRICHTER Kinhöfer (Herne)
GELBE KARTEN Hildebrand, Simunic, Ibisevic Josue, Hasebe, Misimovic
54 SAISONCHRONIK 2009/10
ten Demba Ba. Letztlich fruchtete alle Anstrengung aber nichts. Wolfsburg spielte die Partie souverän durch, Hoffe war wieder einmal an der eigenen Anspruchshaltung gescheitert und hatte den gerade wiedergefundenen Anschluss an die Spitzengruppe verspielt. Die Stimmen danach: Christian Eichner: „Die 15 Minuten nach der Pause kann ich nicht erklären. Wir haben da alles vermissen lassen, was man offensiv und defensiv braucht.“ Timo Hildebrand: „Es kotzt mich an. Die einzige Begründung für die Niederlage ist, dass wir die Bälle aus der Gefahrenzone nicht raushauen. Die zweite Halbzeit war wie auswärts die erste
Halbzeit. Als Spitzenmannschaft muss man über 90 Minuten stark sein. Wir hätten uns oben festbeißen können, aber solche Unzulässigkeiten verhindern das.“ Der Trainer: „Es reicht nicht, eine Halbzeit lang gut zu spielen. In der ersten Halbzeit war das Tempo hoch und wir haben früh attackiert. Konsequenterweise gingen wir dann in Führung. Die Führung hätte aber höher ausfallen müssen. Wolfsburg war da gut bedient. In der zweiten Halbzeit haben wir diese Dinge dann vermissen lassen. Wir müssen vor dem Tor einfach konsequenter klären. Auf Grund der zweiten Halbzeit haben wir es nicht verdient, zu gewinnen. Wir haben in der ersten Halbzeit nicht überpaced, die
Mannschaft hatte genug Kraft. Wir haben es wieder nicht geschafft, gegen eine Spitzenmannschaft zu gewinnen, die Saison ist aber noch nicht vorbei.“. n
Zu diesem Zeitpunkt war die Welt noch in Ordnung - Ibisevics wunderschöner Flugkopfball zum 1:0...
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13. SPIELTAG | 1. FC Kรถln
56 SAISONCHRONIK 2009/10
21. NOVEMBER 2009
1. FC Köln - 1899 Hoffenheim 0:4 Die Meteorologen hatten milde Temperaturen und Sonnenschein für das Rheinland vorhergesagt. Tatsächlich schien jedoch nur in Nordbaden die Sonne. Aber m ild war es trotzdem an diesem denkwürdigen Wochenende, als die Fußball-Bundesliga nach dem Suizid von Hannovers Torhüter Enke zum gewöhnlichen Spielbetrieb zurückzukehren versuchte. Man spürte die tiefe seelische Verunsicherung durchgängig nachhallen, nicht nur zu Beginn, als sich die Mannschaften zu einer Denkminute am Mittelkreis einfanden und es selbst im sonst so lärmerfüllten Rhein-Energie-Stadion mucksmäuschenstill wurde – was sich später, wenn auch aus anderem Grund, wiederholen sollte.
Im Vorfeld der Partie war in den Medien darüber spekuliert worden, dass der 1. FC Köln durch seine slowenischen Spieler, die eben die Qualifikation zur WM geschafft hatten, und durch Podolski, der ein sehr erfolgreiches Länderspiel absolviert hatte, im Vorteil wäre. Denn umgekehrt hatten die bosnischen Nationalspieler von 1899 Hoffenheim ihre WM-Qualifikation verpasst und würden, so die Spekulation weiter, längst nicht auf der Höhe der Motiviertheit der Kölner Spieler agieren können. Alle Erwartungen in diese Richtung gingen ebenso fehl wie die Vorhersage der Meteorologen. Statt schwungvoller Kölner Angriffe sah das entsetzte Heimpublikum von Beginn an große kölsche Verwirrung auf dem Rasen, wo die Gäste aus Hoffenheim nach Gusto schalten und walten konnten. Aber das Publikum sah auch, was noch schlimmer war, zwei schnelle Tore gegen sich fallen. Der Fehler in den fußballerischen Wetterprognosen: man hatte Carlos Eduardo nicht berücksichtigt. In den ligafreien zwei Wochen vor der Partie hatte er sein Debüt in der brasilia-
nischen Nationalmannschaft gegeben und war davon derart stolz und beschwingt zurückgekehrt, dass er alle slowenischen Motivationsvorteile, wenn es sie denn gab, allein hätte übertrumpfen können. So war es auch der Brasilianer, der bereits in der 5. Spielminute aus 20 Metern halblinks vor dem Kölner Tor abzog. Maicosuel hatte ihm den Ball vor die Füße gespielt, so dass er unbedrängt ein paar Meter marschieren konnte, bis er eine Lücke sah und sich zum Schuss entschloss, der in einer langen, unwiderstehlichen Kurve scharf um Torhüter Mondragon herum im rechten Eck einschlug. Im selben Moment war es ganz still im Kölner Stadion: und noch einmal, als kaum sechs Minuten später Eichner von links eine gewaltige Bogenflanke über die halbe Kölner Abwehr schickte. In der Mitte sprang Obasi am höchsten und erzielte das 0:2. Lähmendes Entsetzen packte die Kölner Fans, fast gespenstische Stille herrschte für einen Moment… Dann aber entlud sich die Enttäuschung aufseiten der Südkurve in unflätigen Sprechchören gegen Dietmar Hopp.
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13. SPIELTAG | 1. FC Köln
1. FC KÖLN
Mondragon, Schorch (79. McKenna), Geromel, Mohamad, Brecko (29. Pezzoni), Petit, Maniche, Ehret, Freis, Podolski, Novakovic (46. Sanou)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Eichner, Carlos Eduardo (79. Weis), Luiz Gustavo, Salihovic, Maicosuel, Obasi (46. Ibisevic), Ba (68. Vukcevic)
ZUSCHAUER 45.000
Köln hatte einen rabenschwarzen Tag erwischt und Hoffenheim glänzte!
Das war umso infamer, als der Stadionsprecher vor der Partie im Gedenken an Robert Enke zu Fairness aufgerufen und sich auch explizit gegen hämische Sprechchöre ausgesprochen hatte – was zunächst viel beklatscht worden war. Als im weiteren Verlauf die Sprechchöre immer mehr zunahmen, wandte sich der Stadionsprecher mitten im Spiel erneut ans Publikum und bat eindringlich, die Schmähungen zu unterlassen. Darauf schwollen die Sprechchöre noch weiter an. Das Publikum fand, es sei um einen vergnüglichen Nachmittag betrogen worden, und wollte lieber auf unfairste Weise die eigene Schwäche kaschieren, als die Leistung der Gäste anzuerkennen oder noch einen einzigen Gedanken an Robert Enke zu verschwenden. Der Ärger des Publikums war damit aber noch lange nicht abgearbeitet. Denn nachdem das zweite Tor gefallen war, erspielte sich Hoffenheim derart viele Feldvorteile, dass Köln über weite Strecken wie ein Haufen lausiger Anfänger aussah. Und so nahm das frustrierte Publikum, nachdem es sich an den Schmähungen vergeblich abgearbeitet hatte, nunmehr Zuflucht zu gellenden Pfiffen, die der eigenen Mannschaft galten. Dabei war es eher bemitleidenswert, mitzuerleben, wie die Kölner Truppe nichts gegen die Hoffenheimer Spiellaune zu unternehmen wusste. Obasi, Salihovic, Maicosuel und Ba waren neben dem alles und jeden überragenden Carlos Eduardo die Gestalter des Spiels und kreierten eine Chance nach der andern. Wenn etwas dem Spiel von Hoffe vorzuwerfen war, dann dass in der ersten Halbzeit keine wei-
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TORE
0:1 Carlos Eduardo (5.) 0:2 Obasi (11.) 0:3 Ba (46.) 0:4 Ibisevic (90.)
SCHIEDSRICHTER Brych (München)
GELBE KARTEN Maniche, Podolski, Petit
teren Tore fielen. Aber die eigene Überlegenheit war eben derart groß, dass es den Hoffenheimer Ballkünstlern bald nicht mehr genügte, einfach nur Chancen herauszuspielen. Stattdessen versuchten sie, den Ball in den Sechzehner hinein zu zaubern, und spielten Katz und Maus mit der Kölner Abwehr, um sich irgendwann am finalen Zauberpass zu versuchen – der dann meist nicht gelang. Köln konnte allerdings von Glück sagen, dass zweimal kein Foulelfmeter gegeben wurde, als ein Mal Obasi und ein anderes Mal Maicosuel klar gelegt wurden. Hoch interessant war, solange man nicht zum Kölner Anhang zählte, Carlos Eduardo zu beobachten. Seine eher stille Art, ein Spiel an sich zu ziehen und zu lenken, trat während dieser Partie offen zutage: die Kunst, mehrere Spielzüge zu antizipieren und halbe gegnerische Mannschaften in seine Pläne hineinzuziehen, damit sich das Spiel auch wirklich in die gedachte Richtung entwickelt. Unwiderstehliche Läufe mit dem Ball gehen solchen Situationen meist voran.
Es war an diesem Nachmittag deutlich zu sehen, wie sich die gegnerische Spielposition sofort zu verändern begannen, wenn Carlos Eduardo mit ein paar Haken vier, fünf Gegenspieler auf sich hin orientierte und dann den Ball in völlig veränderte, auf einmal freie Räume abgeben konnte. Diese spielintelligente Art und Weise interpretiert die Position des Spielmachers neu, in der Bundesliga sonst nur von Mezut Özil praktiziert. Es ist ein hochintegrativer Akt des fast schon verführerischen Einbindens anderer Spieler in die eigenen Ideen vom Spiel – und damit der Abschied vom klassischen Spielmacher, der einer Partie dadurch den Stempel aufdrückt, dass er seine Ideen den Mitspielern förmlich aufzwingt. Nach der Pause wollten die Kölner bestimmt vieles besser machen. Aber sie hatten schon wieder die Rechnung ohne den Wirt gemacht, denn auch Hoffe wollte noch einmal nachlegen – und konnte an diesem Nachmittag einfach alles besser. Keine Minute war gespielt, als Carlos Eduardo einen flachen Ball von links auf Demba Ba spielte, der sich an der Strafraumkante gegen seinen Gegenspieler durchsetzte, kurz Maß nahm und den Ball dann aus 14 Metern links ins Tor hämmerte. Damit waren den Kölnern endgültig die Grenzen aufgezeigt. Zwar versuchten sie noch hier und da, dem Heimpublikum gelungene Spielzüge vorzuführen, aber es war Hoffenheim, das dem Publikum allenfalls hätte imponieren können. Im Rhein-Energie-Stadion behielten jedoch wie gehabt Unsportlichkeit, Unreife und Vorurteile die Oberhand, bis sich irgendwann Nord- und Südkurve die bekannten Schmähungen gegen Dietmar Hopp minutenlang im Duett zuriefen. Und auch das gellende Pfeifkonzert gegen die eigene Mannschaft kehrte wieder, zuletzt wandte die gesamte Südkurve der eigenen Mannschaft den Rücken zu. Wer gemeint hatte, nach Robert Enke würde mehr Besonnenheit in die Stadien einkehren, wurde hier, in der immer schon äußerst emotionalen rheinischen Hochburg, eines Anderen belehrt. 1899 ging trotz des Drei-Tore-Vorsprungs weiter sehr konzentriert zur Sache und überließ Köln zu keinem Moment das Spiel. Wieder gab es jede Menge Torchancen, einstweilen wollte der Ball aber noch nicht wieder ins Tor. Es dauerte bis zur
90. Minute, als Ibisevic, der nach der Pause für Obasi gekommen war, am Strafraumrand festgehalten wurde und einen – diesmal unberechtigten – Strafstoß erhielt. Der Gefoulte legte sich den Ball selber am Elfmeterpunkt zurecht, lief an: und schoss respektlos in die Mitte, genau unter die Latte. Damit war der Endstand von 0:4 hergestellt. Zuvor war – was nicht mehr von spielentscheidender Bedeutung, aber für Hoffe-Fans ein besonderes Ereignis war – nach monatelanger Verletzung und Rehabilitation Tobias Weis ins Spiel gekommen. Es tat gut, ihn endlich wieder seine Kreise auf dem Rasen ziehen zu sehen: wie das gesamte Hoffenheimer Spiel ein Genuss war. Darüber hinaus wurde mit dem Auswärtssieg der Anschluss an die Spitzengruppe der Liga wiederhergestellt. n
Auch der aus München zurückgekehrte Lukas Podolski konnte für Köln keine positiven Impulse setzen.
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14. SPIELTAG | Borussia Dortmund
28. NOVEMBER 2009
1899 Hoffenheim - Borussia Dortmund 1:2 Der mühelose Sieg gegen den 1. FC Köln eine Woche zuvor hatte einen entscheidenden Nachteil: und zwar gerade die Mühelosigkeit, mit der er erspielt worden war. Zu keinem Zeitpunkt hatten die Kölner dem Hoffenheimer druckvollen Angriffspiel etwas entgegenzusetzen gehabt, fast kampflos hatten sie sich schon in der ersten Halbzeit in ihr Schicksal ergeben. Die zweite Halbzeit hatte 1899 darum wie ein Trainingsspiel gestalten können: locker, mit feinen Tricks, weitgehend ohne Zweikämpfe. Das war schön anzuschauen, aber in der Vergangenheit hatten solche mühelosen, überwältigenden Siege oft dazu geführt, dass man etwas zu leichtfertig in die nächste Partie ging.
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper (46. Vorsah), Eichner (46. Weis), Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Salihovic, Ba, Ibisevic, Obasi (74. Maicosuel)
BORUSSIA DORTMUND
Weidenfeller, Owomoyela, Subotic, Hummels, Schmelzer, S. Bender, Sahin, Blaszczykowski (90. Felipe Santana), Zidan (80. Feulner), Großkreutz, Barrios
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Blaszczykowski (3.) 1:1 Ba (49.) 1:2 Sahin (79. Foulelfmeter)
SCHIEDSRICHTER Michael Kempter (Sauldorf)
GELBE KARTEN Compper, Salihovic, Simunic Subotic, Schmelzer, S. Bender
Rote KARTEN Maicosuel (81.)
60 SAISONCHRONIK 2009/10
Man hätte also gewarnt sein müssen. Zudem war die Partie im Vorfeld stark belastet, indem Dortmunds Manager Watzke ein paar Tage zuvor auf der Jahreshauptversammlung 1899 Hoffenheim und Dietmar Hopp scharf angegriffen hatte – um einen Tag später die eigenen Fans in einem öffentlichen Brief zu ersuchen, doch von den üblichen Schmähungen bitte abzusehen. Der Trick war leicht zu durchschauen: erst die angebliche Ungerechtigkeit bei der Verteilung von Fernsehgeldern zu Lasten edler Traditionsvereine wie Dortmund beklagen, mit allerlei Unterstellungen die extremen Fans wachrufen und gegen Hoffenheim aufheizen und anschließend mit Unschuldsmiene erklären, man habe ja bloß eine persönliche Meinung kundtun wollen. Ein Brief an die Fans sollte die engelsgleiche Unschuld untermauern, mit der Watzke anschließend, mit feinem ironischem Lächeln, vor die Fernsehka-
meras trat. Wenn es beim Spiel trotzdem zu üblen Sprechchören gegen Dietmar Hopp käme, sollte das also rein gar nichts mit Watzkes Brandstiftung zu tun haben.
Oben: Weidenfeller am Boden, der aufmerksam beobachtet, wie Schiedsrichter Kempter reagiert...
Natürlich kam es zu den gewollten Sprechchören und anderen Ausschreitungen. Die Presse hatte das Spiel zusätzlich aufgeladen, als ‘Giftgipfel’ bezeichnet und geflissentlich übersehen, dass Gift nur von einer, eben von Dortmunder Seite ausgelegt worden war. Insgesamt war damit alles dafür getan, die Partie in der RheinNeckar-Arena um ihre sportliche Dimension zu bringen und in ein außersportliches Spektakel zu verwandeln. Die 3.000 mitgereisten Dortmunder Fans skandierten denn auch öffentlichkeitswirksam fortwährend ihre niveaulosen Sprüche und präsentierten gröbste Spruchbänder, die von den Fernsehsender nicht gezeigt wurden, um solchem
Links unten: Tobias Weis, der lange verletzt war.
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14. SPIELTAG | Borussia Dortmund Treiben nicht die erwünschte große Bühne zu bieten – aber einige Dortmunder Fans rissen nach der Partie, immer noch auf der Suche nach Entladung ihrer sinnleer angestachelten Wut, auch noch Waschbecken aus den Toilettenwänden.
Flugeinlage von Demba Ba - sein Tor machte er aber per Kopf.
Auf dem Rasen kam es leider ebenfalls zu einer verhängnisvollen Entwicklung. Auf dem Papier war die Mannschaftsaufstellung von 1899 der Dortmunder Mannschaft vermeintlich überlegen, so dass es nach dem furiosen Sieg in Köln – jedenfalls in den Köpfen der Hoffenheimer Spieler – keinen Zweifel daran geben konnte, wer die Partie für sich entscheiden würde. Dortmund jedoch war nicht nur in Gestalt seiner extrem aufgeheizten Fans auf Kampf eingestellt: Trainer Klopp hatte seiner Truppe viel Zweikampf und Härte verordnet. Während Hoffenheim also spielerisch eher lässig ans Werk ging, stand Dortmund defensiv stark, zeigte hohe Laufbereitschaft und tat den Hoffenheimern in Zweikämpfen physisch möglichst weh.
62 SAISONCHRONIK 2009/10
Die Folgen waren schnell absehbar. Hoffenheim verlor innerhalb kürzester Zeit völlig den Faden – und in Stellvertretung durch Salihovic auch den Ball. Es war erst die 2. Minute, als der Bosnier einen höchst leichtfertigen Mittelfeldpass spielte, den der Gegner abfing und mit einem Steilpass auf Jakub Blaszczykowski, genannt Kuba, in dessen erstes Saisontor ummünzte. 1899 war davon einige Minuten deutlich geschockt, aber auch danach setzte noch immer nicht die Erkenntnis ein, dass man die Partie deutlich anders als gegen Köln führen müsste. Den eleganten Pässen, die dort ohne Gegenwehr hingenommen wurden, standen hier immer mindestens zwei Dortmunder im Weg bzw. dem Passgeber oder -adressaten gleich auf den Füßen. In der gesamten ersten Halbzeit schaffte es Hoffenheim nicht, druckvoll vor dem Dortmunder Tor zu erscheinen. Umgekehrt hatten die tief stehenden Gäste mehrmals gute Gelegenheit zum Konter. In der 26. Minute musste Hildebrand deshalb bis jenseits der Strafraumgrenze aus dem Tor stürzen – und prallte unglück-
lich mit Marvin Compper zusammen, der sich dabei eine leichte Gehirnerschütterung zuzog und nach der Pause nicht weiterspielen konnte. Für ihn kam Isaac Vorsah in die Innenverteidigung, Luiz Gustavo rückte auf die linke Außenposition, während der ebenfalls eingewechselte Tobias Weis im Mittelfeld auflief: Eichner musste ebenfalls in der Kabine bleiben. Von nun an ging 1899 deutlich offensiver zu Werke und wurde schon in der 49. Minute dafür belohnt. Carlos Eduardo brachte einen Eckball hoch in die Mitte, Demba Ba kam völlig frei zum Kopfball und netzte ein. Damit schien der Bann des Kölner Spiels gebrochen, 1899 drängte ein paar Minuten lang mit Macht auf den Führungstreffer – und ließ, als die vermeintlich standesgemäße Überlegenheit erreicht war, sofort wieder nach. Völlig unnötig fand Dortmund dadurch zurück ins Spiel und bekam neue Konterchancen. Es brauchte noch einmal fünfzehn Minuten, bis die Hoffenheimer Spieler begriffen, dass sie an diesem Tag einfach mehr tun mussten, um einen aggressiven, zweikampfstarken Gegner zu besiegen. Zur Unterstützung schickte Ralf Rangnick in der 74. Minute Maicosuel für Obasi auf den Rasen. Kurz darauf kam es zur Schlüsselszene des Spiels. Als Ba nach einem Foul länger liegen blieb, der Ball aber weiterlief, gelangte ein Dortmunder Befreiungsschlag so weit in die Hoffenheimer Hälfte, dass Zidan mit einem langen Heber aus über 30 Metern den Ball über Hildebrand hinweg ins Tor beförderte. Genau zu diesem Zeitpunkt hatte Schiedsrichter Kempter die Partie aber unterbrochen, um Ba ärztliche Behandlung zukommen zu lassen. Scharfe, empörte Proteste der Dortmunder waren die Folge, das Spiel drohte zu entgleiten. Als der Schiedsrichter vier Minuten darauf nach einem an sich harmlosen, gewöhnlichen Zweikampf von Simunic und Subotic im Hoffenheimer Strafraum auf Elfmeter entschied, den Sahin sicher verwandelte, roch es nach Konzessionsentscheidung, was nun auf Seiten von 1899 für Empörung sorgte. Als dann noch Dortmunds Torhüter Weidenfeller nach einer Eckballentscheidung für 1899 den Ball zeitschindend festhielt und auch noch aufreizend durch den Strafraum spazieren führte, entgleiste die so vielfältig vergiftete Partie wirklich.
Denn von hinten näherte sich Maicosuel dem Keeper – und schlug ihm den Ball aus dem Arm. Weidenfeller ließ sich flugs in filmreifer Schauspielermanier fallen und wälzte sich derart auf dem Boden herum, dass man denken musste, ihm wäre mindestens ein Dolchstoß in die Rippen gefahren. Der Schiedsrichter fiel auf die Posse leider herein und zeigte Maicosuel umgehend Rot. Im anschließenden erregten Getümmel mit Rudelbildung griff Ibisevic auch noch Owomoyela in die Haare, ohne dass der Schiedsrichter es bemerkte… Doch der Dortmunder erwies sich als einer der wenigen tadellosen Sportsmänner in seinen Reihen und sagte gegenüber der Untersuchungskommission des DFB ein paar Tage später aus, was die Fernsehbilder nahelegten: der Griff des Bosniers war harmlos gewesen und alles andere als eine strafwürdige Tätlichkeit. Maicosuel dagegen, dessen Balleroberung mindestens so harmlos gewesen war, wurde für zwei Spiele gesperrt. Die Partie erlag danach dem von Dortmunds Manager Watzke ausgestreuten und während des Spiels immer stärker wirkenden Gift. Möglich, dass bei anständigerem Verlauf und in einem friedlicheren Rahmen die Hoffenheimer Spieler noch etwas hätten bewegen können – so aber war der Spielfluss endgültig blockiert. Es kam nur noch zweimal echte Torgefahr auf, als Demba Ba in der 84. Minute einen Seitfallzieher knapp neben das Gehäuse von Weidenfeller setzte und Timo Hildebrand den folgenden Konter durch Barrios mit einem großartigen Reflex entschärfte. Es war die zweite Heimniederlage in Serie: für 1899 Hoffenheim und seine Fans nicht leicht zu verdauen. Neun Punkte aus den letzten vier Spielen der Hinrunde, die sich Trainer Rangnick nach dem Spiel in Köln öffentlich gewünscht hatte, waren jedenfalls nur noch dann möglich, wenn man die nächsten drei Spiele alle gewann. Dabei lag der nächste große Brocken schon vor der Tür, eine Woche später stand die Partie in Hamburg gegen den international wieder erstarkten HSV an. n
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15. SPIELTAG | Hamburger SV
5. DEZEMBER 2009
Hamburger SV - 1899 Hoffenheim 0:0 Es gibt Begegnungen von Spitzenmannschaften in der Champions League, die auf dem Papier erstklassigen Fußball versprechen. Aber nicht immer hält das Papier der Realität stand – manche solcher Begegnungen bleiben im Mittelfeld stecken, erliegen der eisernen Taktik, die beide Mannschaften über 90 Minuten praktizieren. Das Geschehen auf dem Rasen ist dann geprägt von Fehlpässen, Abseitsfallen und Abnutzungszweikämpfen, alles spielt sich in einem schmalen Bereich sportlicher Überpopulation von 20 Metern rechts und links der Mittellinie ab. Genießen können solche Partien, in denen es beide Mannschaften allein darauf anlegen, den Spielfluss des Gegners zu unterbinden, nur Taktikfüchse. Ähnliches geschah in Hamburg. Ein gutes Stück entfernt von den Qualitäten der Champions League, befolgten beide Teams von Beginn an konsequent die Anweisungen ihrer Trainer. Hinten dicht, hieß die Devise, bloß nicht in Rückstand geraten, nur aus sicherer Position angreifen. Und weil beide Mannschaften das bis zum Ende durchhielten, stand das Endergebnis gewissermaßen von Beginn an fest: Unentschieden, 0:0. Dabei trugen hanseatischer Regen und der lamentable Rasen das ihre dazu, keinen echten Spielfluss aufkommen zu lassen. Die jeweilige Motivation der Mannschaften war durchaus verschieden. Der HSV fürchtete sich vor allem vor den schnellen Spielzügen der Gäste, die man keinesfalls in Spiellaune kommen lassen durfte. Hoffenheim wiederum brachte das Trauma höchst widersprüchlicher Halbzeiten mit in die Partie: zu oft hatte man in der Saison eine Halbzeit lang gut und die andere Halbzeit lang unkonzentriert und darum schlecht gespielt. Das hatte schon manchen wertvollen Punkt gekostet.
64 SAISONCHRONIK 2009/10
Und so war die tragfähigste Erfahrung dieser an Höhepunkten so mageren Partie, dass 1899 Hoffenheim sehr wohl 90 Minuten lang konzentriert zur Sache gehen und auch ein auf Kampf ausgerichtetes Konzept exakt befolgen konnte. Angesichts der Virtuosität der hoch talentierten Einzelspieler und des auf Virtuosität angelegten Mannschaftsspiels war das keine Selbstverständlichkeit. Trotzdem sahen die Zuschauer keinen schlechten Fußball. In den ersten 20 Minuten hatte der HSV das Heft des Handelns noch fest in der Hand, ohne 1899 nachhaltig erschüttern zu können, dann zogen sich die Hamburger ein bisschen müde und wie enttäuscht zunehmend in die eigene Hälfte zurück. 1899 kam dadurch besser ins Spiel, hing aber wie der HSV in der eigenen Defensivtaktik fest. Bei so viel konzentrierter Absicherung fehlte es an der notwendigen Dynamik nach vorn, wo sich auch das Fehlen von Beck, der an einer Zerrung litt, und des gesperrten Maicosuel bemerkbar machte. Vorsah gab aller-
dings einen guten rechten Verteidiger, nur an Becks Offensivqualitäten kam er nicht heran. Eine weitere Besonderheit an diesem Nachmittag war, dass zum ersten Mal mit dem offiziellen WM-Ball gespielt wurde. Nach so vielen verschiedenen neuen Bällen, die in der Vergangenheit ausprobiert worden waren, verunsicherte dieser WM-Ball durch stumpfere, behäbigere Eigenschaften mit umso schnelleren Flugeigenschaften, ohne deshalb den Torhütern die Angst vor Flatterbällen nehmen zu können. Etliche Fehlpässe im Spiel waren sicher auch auf das ungewohnte Spielgerät zurückzuführen. Und insgesamt fünf Unentschieden an diesem Bundesliga-Wochenende deuteten ebenfalls darauf hin, dass der neue Ball die Durchschlagskraft etlicher Aktionen auf dem Rasen entscheidend behinderte. Die zweite Halbzeit wurde noch mehr von Hoffenheim dominiert. Selbst als die langzeitverletzten Hamburger Petric und Elia eingewechselt wurden, konnte das Spiel des HSV keine neue Fahrt aufnehmen. Aber die Hamburger Beine waren auch müde und schwer, nicht zuletzt vom anstrengenden Euro-League-Spiel unter der Woche. Deshalb suchte Hamburg sein Heil zunehmend in Fouls, um die immer stärkeren Gäste aus Hoffenheim zu bremsen. Drei gelbe Karten gab es für den HSV in der zweiten Halbzeit. Die lustigste Szene des Spiels besorgte Vedad Ibisevic. Als Co-Trainer Tomislav Maric zu den sich warm machenden Ersatzspielern um den halben Platz herum eilte, um ihn zur Einwechslung für Obasi abzuholen, suchte er den Bosnier – etwas konsterniert – vergeblich. Kurze Zeit später kam Ibisevic von einem Toilettenausflug zurück…
trotz einiger guter Gelegenheiten verpasst, das Tor zu machen. Alles in allem werden wir weiterhin versuchen zu punkten. Dass es gegen ein Spitzenteam wie gegen den HSV nicht einfach wird, war klar. Alle haben sich heute aber an die Taktik gehalten. Der neue Ball ist sehr plastikhaltig und bei langen Pässen gewöhnungsbedürftig.“ n
HAMBURGER SV
Rost, Demel, Boateng, Mathijsen, Aogo, Jarolim, Rincon, Trochowski, Tesche (61. Elia), Jansen, Berg (61. Petric)
1899 HOFFENHEIM
Kein schönes Spiel - aber Hoffe nahm den Kampf an und erzielte ein mehr als gerechtes Unentschieden.
Hildebrand, Simunic, Vorsah, Compper, Eichner, Weis (60. Vukcevic), Luiz Gustavo, Salihovic, Carlos Eduardo, Ba, Obasi (74. Ibisevic)
ZUSCHAUER 52.725
Timo Hildebrand befand nach dem Spiel: „Unser Einsatz war heute gut. Die erste Halbzeit hat leider schwach begonnen, aber wir kamen dann besser ins Spiel. In der zweiten Halbzeit sind wir gut angelaufen und standen hinten sicher. Auswärts legen wir momentan ein gutes Abwehrverhalten an den Tag. Wir rasen da nicht mehr nur blind nach vorne.“ Marvin Compper sagte: „Wir freuen uns über das 0:0. Wir haben es in der zweiten Halbzeit
TORE
SCHIEDSRICHTER Stark (Ergolding)
GELBE KARTEN Demel, Petric, Rincon Eichner
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16. SPIELTAG | Eintracht Frankfurt
12. DEZEMBER 2009
1899 Hoffenheim - Eintracht Frankfurt 1:1 Es war das Spiel der Fehlpässe – und trotz des gerechten Unentschiedens eine gefühlte Niederlage für 1899 Hoffenheim. Nach zwei verlorenen Heimspielen in Serie hatte man das Publikum im letzten Heimspiel der Hinrunde mit einem Sieg verwöhnen wollen. Aber daraus wurde nichts, weil es an durchschlagenden Offensivbemühungen fehlte und die Eintracht eine konzentrierte Leistung abrief. Dabei kam es zu einem Wiedersehen mit Selim Teber: der langjährige, verdiente Ex-Hoffe-Spieler war zu Beginn der Saison nach Frankfurt gewechselt und spielte seine Mittelfeldstärke gegen die einstigen Kollegen wirkungsvoll aus.
kam Ibisevic wieder zum Zug, der in der 3. Minute den Ball gefährlich auf den freistehenden Obasi weiterleiten wollte: aber der Schiedsrichter entschied zurecht auf Foul von Ibisevic, der sich im Folgenden auch einige Male durch Abseitsstellungen selbst neutralisierte. Frankfurt, das durch Erfolge in den zurückliegenden Partien viel Selbstbewusstsein mitgebracht hatte, versteckte sich nicht und griff selber munter an: Hildebrand musste bereits in der 4. Minute einen nicht ungefährlichen Ball entschärfen. In der 8. Minute setzte sich wiederum Ibisevic ins Bild. Als er aus 12 Metern halbrechts abziehen wollte, wurde er durch eine Berührung von Selim Teber aus dem Gleichgewicht gebracht und stürzte. Die logische Folge war ein Strafstoß, den Salihovic sicher verwandelte.
Und so kam es vor dem Spiel zu einigen verbRalf Rangnick musste zudem weiter auf Andreas Beck verzichten, während Maicosuel noch den Rest seiner moderaten Zwei-Spiele-Sperre nach dem eher harmlosen Zwischenfall gegen Dortmunds Torhüter Weidenfeller absaß. Dadurch
66 SAISONCHRONIK 2009/10
Eigentlich hätte die frühe, nicht ganz verdiente Führung das Hoffenheimer Spiel ankurbeln sollen. Stattdessen griff eine gewisse Laxheit und Selbstgewissheit mannschaftlich um sich, so dass Frankfurt die Zügel in die Hand nahm und weiter nach vorn marschierte, während Hoffenheim sich mehr oder weniger aufs Kontern verlegte. Das war zu wenig für einen erfolgreichen Auftritt
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger (87. Terrazzino), Simunic, Compper, Eichner, Weis (64. Carlos Eduardo), Luiz Gustavo, Obasi (79. Vukcevic), Ba, Salihovic, Ibisevic
EINTRACHT FRANKFURT
Nikolov, Jung, Chris, Russ, Köhler, Schwegler, Ochs, Teber (90. Preuß), Meier, Korkmaz (84. Titsch-Rivero), Liberopoulos
ZUSCHAUER 30.150
TORE
1:0 Salihovic (9. Foulelfmeter) 1:1 Schwegler (61.)
SCHIEDSRICHTER Perl (München)
GELBE KARTEN Salihovic, Ibertsberger, Eichner
daheim. Die Bilanz des Ballbesitzes in der ersten Halbzeit sagte viel darüber aus: 70% für Frankfurt, 30% für Hoffenheim. Trotzdem gelang es der Eintracht nicht, Kapital aus der sichtbaren Feldüberlegenheit zu schlagen. Hoffe stand hinten sicher, wie eigentlich über die gesamte Hinrunde – verfügte aber über umso weniger Dynamik nach vorn. Viele Fehlpässe verdarben das Offensivspiel. Trotzdem gab es auch elektrisierende Momente, bspw. in der 30. Minute, als Tobi Weis einen feinen Pass auf Ibisevic spielte und der Ball gleich darauf im Netz lag. Der Seitenschiri hatte aber auf Abseits entschieden. Tatsächlich war der Bosnier einen halben Meter im Abseits gestanden. In der 12. Minute hatte Obasi eine aussichtsreiche Chance vergeben, in der 28. und 43. Minute Demba Ba, meist aus dem Spiel heraus. Frankfurter Chancen resultierten dagegen meist aus Freistößen und Folgesituationen. Bis zum Sechzehner zeigten die Hessen ein durchaus gefälliges Spiel. Mit der Chancenverwertung haperte es aber noch.
Nach der Halbzeitpause durfte man veränderte Bilder erwarten – und so kam es auch. Hoffenheim drückte jetzt mehr aufs Tempo, überließ dem Gegner lang nicht mehr so viel Raum wie in der ersten Halbzeit und kam folgerichtig zu einigen guten Chancen. Kurz nach dem Wiederanpfiff köpfte Compper einen schönen Ball auf den Frankfurter Chris, in der 50. Minute traf Ba aus spitzem Winkel nur das Außennetz, in der 55. Minute ging Obasi halbrechts allein auf und davon, lief 25 Meter mit dem Ball und entschied sich dann zu einem verfrühten, kraftlosen Schuss, der einige Meter am langen Pfosten vorbei trudelte. In der 61. Minute folgte die Strafe. Schwegler wusste auf Frankfurter Seite bei einem der inzwischen selteneren Angriffe der Hessen mit dem Ball ganz offensichtlich nichts Rechtes anzufangen und zog aus 22 Metern einfach mal ab. Hildebrand, sonst immer auf dem Posten, wurde in seiner natürlichen Reaktion behindert, als der Ball noch leicht abgefälscht wurde und ihm so etwas unglücklich über den Kopf ins Netz flog. Die Hoffenheimer Antwort bestand in der Herausarbeitung von noch mehr Chancen, vier folgten allein in den nächsten zehn Minuten: es vergaben kurz hintereinander zunächst Ba, Simunic und Carlos Eduardo. Die vierte ausgelassene Chance hatte allerdings der Schiedsrichter zu verantworten. Wieder war es Ibisevic, der im Strafraum in der 68. Minute ballführend zu Fall kam. Diesmal hatte Chris ihn an der Schulter gefasst und zu Boden gezogen, doch der Pfiff blieb aus. Foul oder nicht Foul? Darüber konnte man noch spekulieren, doch als vier Minuten später der Frankfurter Russ einen Ball im Strafraum mit der Hand abwehrte, hätte es Strafstoß geben müssen. Wieder blieb die schiedsrichterliche Pfeife seltsam stumm. Salihovics Nerven waren davon überfordert, eine Minute später sah er wegen anhaltenden Meckerns die fünfte gelbe Karte – so dass er für das letzte Spiel der Hinrunde in Stuttgart gesperrt war. In den letzten 15 Minuten gab es noch manche ansehnliche Szene hüben und drüben, aber keine Großchance mehr. Nahm man beide Halbzeiten zusammen, stand am Ende ein verdientes Unentschieden, das die Frankfurter Ambitionen vollauf befriedigte, für Hoffenheims Ziele aber zu wenig war. n
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17. SPIELTAG | VfB Stuttgart
19. DEZEMBER 2009
VfB Stuttgart - 1899 Hoffenheim 3:1 Unter der Woche waren selbstkritische Töne laut geworden. „Wir sind den Frankfurtern nur nachgelaufen“, sagte Andreas Ibertsberger. Joe Simunic meinte: „Wer oben mitspielen will, muss nicht nur schön spielen. Da sind auch Arbeitssiege über den Willen nötig, das haben wir nicht geschafft.“ Und Christian Eichner ließ wissen: „Bei uns läuft wenig zusammen. Wir dürfen uns keinen Sand in die Augen streuen, wir stehen da, wo wir im Moment hingehören.“ Und das war Platz 7 – vor dem Spiel gegen Stuttgart und auch danach, also die gleiche Platzierung wie zum Ende der letzten Saison.
68 SAISONCHRONIK 2009/10
In Zeiten der Schweinegrippe, die seit einigen Monaten durch die Lande geisterte, ohne jemals zur befürchteten Pandemie anzuwachsen, standen die Vorzeichen für die inzwischen schon Derbyähnliche Begegnung schlecht: Demba Ba und Timo Hildebrandt hüteten das Bett und waren seit einigen Tagen von der übrigen Mannschaft isoliert worden. Außerdem fehlten Compper und Weis verletzt, Salihovic war gelb-gesperrt. Dafür konnte Maicosuel wieder auflaufen, während auf Stuttgarter Seite Jens Lehmann fehlte, nachdem er eine Woche zuvor beim Spiel in Mainz die rote Karte wegen heftigen Wegrempelns von Bancé gesehen hatte. Aber die Schwaben hatten Tasci wieder an Bord. Nach dem Trainerwechsel von Babbel zu Gross war Stuttgart kein Freiwild mehr, so viel hatte man in den zurückliegenden Partien schon sehen können. Hinzu kam, dass die Stuttgarter Rasenheizung bei klirrender Kälte keine Wirkung entfaltete. Das Spielfeld war stark mit Schnee bedeckt und hart wie Beton. Für die Hoffenheimer Filigrantechniker aus südlichen Gefilden stellte das vorhersehbar eine weitere starke Beeinträchtigung dar.
In den ersten Minuten geschah auf beiden Seiten wenig. Beide Mannschaften gewöhnten sich mühsam an die rauen Verhältnisse, stolperten etwas widerwillig über die Spielfläche und sehnten verstehbar das Ende der Hinrunde herbei. Stuttgart, noch auf einem Abstiegsplatz stehend, hatte indes mehr zu verlieren und gab sich ab der zehnten Minute, wenn auch behäbig, mehr Mühe, aus der eisigen Lage etwas Zählbares zu machen. Es dauerte aber bis zur 35. Minute, ehe es soweit war, und Glück war auch dabei, denn nach etlichen Schussversuchen aus der zweiten Reihe und fehlgehenden Flanken musste eine Stuttgarter Hereingabe erst Ibertsberger unglücklich an die Hand springen und der Schiedsrichter auch noch Absicht dahinter vermuten, ehe Marica den geschenkten Elfmeter für die Schwaben verwandeln konnte.
Klirrende Kälte, steinharter Boden - keine ideale Voraussetzung für Hoffenheims filigranes Spiel.
Hoffe gab sich nun mehr Mühe, vielleicht auch im Bewusstsein, bisher kein Spiel der Saison gewonnen zu haben, wenn man nicht wenigstens ein Tor in der ersten Halbzeit erzielte. Die eigene Unzufriedenheit über die bisher gezeigte Leistung war mit Händen zugreifen und fand in einer gelben Karte für Luiz Gustavo Ausdruck, der etwas
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17. SPIELTAG | VfB Stuttgart
Der Mann mit der eisernen Maske: nach seinem Jochbeinbruch gegen Freiburg war Ibertsberger zum ersten Mal wieder dabei.
zu oft mit dem Schiedsrichter debattierte. In der 44. Minute zeigte dann Maicosuel wieder einmal, wie wertvoll er sein konnte: einen Freistoß zimmerte er aus gut 20 Metern unhaltbar über die Mauer ins Tor. Obasi hätte in der 45. Minute das Spiel sogar drehen können. Doch Stuttgarts Ersatzkeeper Ulreich konnte seinen Schuss aus spitzem Winkel gerade noch parieren. Nach der Pause kam Vukcevic für Carlos Eduardo, dessen brasilianisches Blut in den sibirischen Verhältnissen wie erfroren gewirkt hatte. Und mit offenbar gewechselten Stollen ging Hoffe auf dem schwierigen Geläuf nun deutlich standfester zu Werke. Die Mannschaft wollte mit dem durchaus glücklichen Ausgleich etwas anfangen,
70 SAISONCHRONIK 2009/10
wollte das Spiel an sich ziehen und aus der erneut gewählten und wieder einmal wenig Erfolg versprechenden Defensiv- und Kontertaktik ausbrechen. Leider rauschte in der 52. Minute Luiz Gustavo im Übereifer Khedira im Mittelkreis derart heftig von hinten in die Beine, dass Schiedsrichter Graefe um die zweite gelbe Karte nicht umhin kam und Hoffe nun fast 40 Minuten zu zehnt durchstehen musste. Der VfB brachte darauf Cacau, der nach Verletzungspause zunächst auf der Bank hatte sitzen müssen. Aber zur allgemeinen Verwunderung spielte auch Hoffenheim weiter um Tore mit. In der 58. Minute setzte Obasi auf rechts Ibisevic in der Mitte wunderschön in Szene, doch gegen
VFB STUTTGART
Ulreich, Celozzi, Tasci, Delpierre, Boka, Träsch, Khedira, Gebhart (89. Magnin), Hleb (67. Rudy), Marica (60. Cacau), Pogrebnjak
1899 HOFFENHEIM
Haas, Ibertsberger, Nilsson (76. Terrazzino), Simunic, Eichner, Luiz Gustavo, Vorsah, Obasi, Maicosuel, Carlos Eduardo, Ibisevic
ZUSCHAUER 41.000 (ausverkauft)
TORE
1:0 Marica (32. Handelfmeter) 1:1 Maicosuel (44.) 2:1 Cacau (68.) 3:1 Khedira (82.)
SCHIEDSRICHTER Gräfe (Berlin)
GELBE KARTEN Delpierre, Gebhart Obasi
GELB-ROTE KARTEN
Luiz Gustavo (52.)
die beiden Innenverteidiger brachte der Bosnier keinen Schuss zustande. Dafür gelang Cacau zehn Minuten später die Führung, als ihm ein Ball in der Umgebung des Elfmeterpunktes frei aufgelegt wurde und er nur noch einzuschieben brauchte. Wieder bemühte 1899 sich, das Spiel doch noch in den Griff zu bekommen – und lief in Stuttgarter Konter. Pogrebnyak, in der Saison bislang nicht groß aufgefallen, lieferte unter diesen heimatlich-russischen Wetterverhältnissen ein großes Spiel ab, ackerte und schuftete und eröffnete den Gästen etliche gefährliche Momente. Dennoch dauerte es bis zur 82. Minute, ehe ein erneuter Konter der Schwaben das Ender-
gebnis herstellte. Es war wie eine Kopie des Konters durch Gebhart eine Minute zuvor, den Haas noch entschärfen konnte. Diesmal jedoch ging Khedira steil und nahm den Weg an Haas vorbei. Ralf Rangnick fand nach dem Schlusspfiff und zum Abschluss der Hinserie die richtigen Worte: „Der Sieg ist letztendlich verdient für den VfB. Zu einer klasse Hinrunde fehlen uns vier oder fünf Punkte. Wir müssen jetzt in der Winterpause hart arbeiten, um dann in der Rückrunde ein paar mehr Punkte zu holen als in der Hinrunde.“ n
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18. SPIELTAG | FC Bayern M端nchen
15. JANUAR 2010
FC Bayern M端nchen - 1899 Hoffenheim 2:0
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Es war eine kurze Winterpause, die kürzeste seit langem: geschuldet der Terminenge durch die kommende WM im Sommer. Einige Trainer hatten sich unzufrieden über die minimale Vorbereitungsphase geäußert, durch Flugtage heim in ferne Gefilde oder ins Trainingslager nochmals verkürzt. Für 1899 Hoffenheim entfiel der letzte Programmpunkt allerdings: nachdem als letzter sportlicher Edelstein endlich auch das Trainingszentrum in Zuzenhausen bezugsfertig geworden war, das über alle denkbaren Annehmlichkeiten und Trainingskonditionen verfügte, zog man nach Neujahr einfach dort ein und konzentrierte sich aufs Wesentliche. Eine Woche lang musste jedoch Trainer Ralf Rangnick die Arbeit Peter Zeidler überlassen, weil sein Vater nach einer an sich harmlosen Operation für einige Tage in Lebensgefahr schwebte. Regelmäßig besprach er sich mit seinem Assistenten, so dass die Vorbereitung davon keinen Schaden nehmen konnte. Und dann ging es wieder gegen den Rekordmeister. Bisher hatten die Spiele gegen Bayern München jedes mal einen spielerischen Höhepunkt dargestellt, zwei Unentschieden und eine unglückliche Niederlage waren zu Buche geschlagen. An diese Leistungen wollte man anknüpfen, es sollte mindestens ein Punkt mit nachhause genommen werden. Tatsächlich startete 1899 in bewährter Weise in die Partie, mit aggressivem Pressing und temporeichen Kombinationen. Für den Moment fiel es da auch fast nicht auf, dass eine ziemliche Ersatzelf aufgelaufen war: Obasi
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18. SPIELTAG | FC Bayern München
Zuculini spielte eine gute Partie und wurde erst in der 72. Minute gegen Eichner ausgewechselt.
und Vorsah nahmen für Nigeria bzw. Ghana am Afrika-Cup teil, Luiz Gustavo fehlte wegen einer gelb-roten Karte, und Tobi Weis und Mathias Jaissle waren weiter rekonvaleszent. Kurzfristig musste dann noch vor der Partie Carlos Eduardo wegen einer Patellasehnenreizung aus dem Kader genommen werden, ein weiterer herber Verlust. Es kamen Zuculini und Vukcevic zum Einsatz. Beide machten ihre Sache ordentlich, so dass Hoffe in der ersten Viertelstunde äußerst kompakt agierte und die Bayern zuhause ordentlich unter Druck setzte. Dann jedoch übernahm München allmählich die Kontrolle über das Spiel. Die Bayern taten das eher in bajuwarischer Gemächlichkeit, aber in guter Raumaufteilung und spielerisch sicher, während Hoffenheim zunehmend die Bälle verlor, wenn der Weg vom Mittelfeld in den Angriff gesucht wurde. Zeitgleich ging damit auch das schnelle Umschalten nach vorn verloren, wenn man doch einmal in Ballbesitz war. Wer weiß, wie die Partie ausgegangen wäre,
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hätte Hoffe eine der ansehnlicheren Chancen verwertet, die sich in den ersten dreißig Minuten hin und wieder boten. Doch solche Spekulationen sind fast immer müßig, fast immer gibt das Spielergebnis den Spielverlauf angemessen wieder. Tatsache war jedenfalls, dass die Bayern immer deutlicher auf die Führung drängten und sie auch – mangels klarer Verwertung erst infolge einer Standardsituation – in der 35. Minute erzielten: nach einer Ecke von Schweinsteiger kam der eigentlich schon geklärte Ball auf Umwegen zurück auf die linke Seite, so dass der Nationalspieler nochmal Maß nehmen und über die gesamte Abwehr hinweg flanken konnte, wo Demichelis sich freigelaufen hatte und den Ball grätschend einschob. Drei Minuten später hätte Salihovic beinahe den Ausgleich erzielt, doch sein Kopfball, ebenfalls nach einer Ecke, zog knapp am Tor vorbei. Bevor es in die Pause ging, kam es innerhalb von vier Minuten noch zu zwei harten Fouls von Vukcevic, die sichtbar seiner Unerfahrenheit zuzuschreiben
waren. Beim ersten Einsteigen gab es richtigerweise Gelb, beim zweiten Dazwischenfahren drohte schon die gelb-rote Karte, so dass Trainer Rangnick ihn nach der Pause lieber in der Kabine ließ und stattdessen den 18-jährigen Andreas Ludwig brachte. Es war sein Bundesliga-Debüt – und das gegen die Bayern! Der Neuling ging sichtbar unerschrocken ans Werk und schoss nach ein paar Minuten gleich auch mal aus 20 Metern aufs Tor. Dennoch wirkte das Hoffenheimer Spiel nach seiner Einwechslung weniger gefestigt – kein Wunder nach so vielen Umstellungen bzw. Neubesetzungen. Die Bayern, in der Kabine von Trainer van Gaal offenbar kräftig aufgemischt, nutzten die Unentschlossenheit und trugen einen Angriff nach dem andern vor, wobei Gomez und Robben sich als besonders glücklos erwiesen. Ein ums andere Mal rettete auch Hildebrand, was zu retten war, so dass sich die zweite Halbzeit zu einer regelrechten Abwehrschlacht entwickelte. Hoffe brachte kaum noch Kreatives nach vorn zustande, hatte aber auch wieder einmal das schon legendäre Strafstoßpech zu verzeichnen: nach einem klaren Foul durch van Bommel im Strafraum an Ibisevic hätte es Elfmeter geben müssen – doch der Pfiff blieb aus.
FC BAYERN MÜNCHEN
Butt, Lahm, van Buyten, Demichelis, Badstuber, Robben, van Bommel (90. Timoschtschuk), Schweinsteiger, T. Müller (77. Pranjic), Gomez, Olic (63. Klose)
1899 HOFFENHEIM
Ein Ausgleichstor war also fraglos möglich, wäre aber angesichts der inzwischen drückenden Münchener Überlegenheit schmeichelhaft gewesen. Trotzdem gab Hoffe sich nicht auf und versuchte sich am Glück des Tüchtigen. Als es allerdings gegen Mitte der zweiten Halbzeit zu zwei Auswechslungen kam, Klose für Olic und Eichner für Zuculini, brach das Spiel von 1899 endgültig auseinander. Zuculini hatte immer wieder für Druck nach vorn gesorgt, er war unberechenbarer als Ibertsberger, der nun im Mittelfeld agierte, seit Eichner seine Position hinten links eingenommen hatte, während Miroslav Klose, der seit fast einem Jahr kein Bundesligator mehr erzielt hatte, in der 86. Minute wieder an seine bewährten Fähigkeiten anknüpfte. Van Bommel hatte einen von Robben zurückgelegten Ball halbrechts kraftvoll in den Strafraum befördert, wo Klose die Beine lang machte und in den Ball förmlich hinein flog. Hildebrand hatte keine Chance, den endgültigen Siegtreffer zu verhindern. Dass er vollauf verdient war, daran hatte nach der Partie niemand wirklich Zweifel. Mehr zu erreichen, war mit dieser ersatzgeschwächten Mannschaft offenbar nicht möglich gewesen. Umso bedrückender war, dass sich Demba Ba gegen Ende der Partie noch einen Muskelfaserriss zugezogen hatte, der ihn für einige Wochen zu sportlicher Abstinenz zwingen würde. n
Eisenfuß van Bommel hatte mit Maicosuel seine liebe Mühe.
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Zuculini (72. Eichner), Salihovic, Vukcevic (46. Ludwig), Maicosuel, Ibisevic, Ba (87. Terrazzino)
ZUSCHAUER 69.000 (ausverkauft)
TORE
1:0 Demichelis (35.) 2:0 Klose (86.)
SCHIEDSRICHTER Kinhöfer (Herne)
GELBE KARTEN Vukcevic, Salihovic, Simunic
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19. SPIELTAG | Bayer 04 Leverkusen
24. JANUAR 2010
1899 Hoffenheim – Bayer 04 Leverkusen 0:3 Dichtes Schneetreiben zog durch die Rhein-Neckar-Arena, als Bayer Leverkusen zu Gast war. Auf der Tribüne saßen an diesem Sonntagabend fast alle Bundesligatrainer und schauten erwartungsvoll fröstelnd zu – von Bundestrainer Löw eigentlich zu einem Abstimmungstreffen wegen der WM nach Stuttgart geladen. Auf eine schnelle, torreiche Partie zählte fast jeder im ausverkauften Stadion. Ob es am schlechten Wetter lag oder andere tragende Ursachen dafür gab, dass man während des Spiels zwar einige Tore, aber wenig schnellen Fußball bewundern durfte, war zu diesem Zeitpunkt nicht zu ergründen. Fakt war einstweilen nur, dass Hoffenheim die dritte Heimniederlage in Folge kassierte, ohne dass Leverkusen nachhaltig zu überzeugen vermochte. Wieder ging 1899 Hoffenheim, wie schon gegen die Bayern, nachdrücklich ans Werk und spielte eine starke erste Halbzeit. Und wieder stand Zuculini in der Anfangsformation, während Luiz Gustavo zurückgekehrt war und Vukcevic und Carlos Eduardo vom Mittelfeld in den Angriff befördert worden waren. Der Grund dafür war nicht nur die Verletzung von Demba Ba aus dem Spiel gegen die Bayern, sondern die mindestens so bedrückende Verletzung von Maicosuel am Ende der letzten Trainingseinheit vor dem Spiel: Bänderriss. Gegen die spielstarke Truppe aus Leverkusen fehlten also drei etatmäßige Stürmer. Das war alles andere als eine gute Voraussetzung, aber die jungen Wilden aus Hoffenheim machten das Beste aus ihren Möglichkeiten. Leverkusen dagegen hatte Mühe, gegen eine gewisse Überheblichkeit anzukommen, die noch einmal an-
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wuchs, als in der 10. Minute Kroos einen langen Freistoß von halblinks über die Hoffenheimer Abwehr schlug, Hyypiä seinem Bewacher Ibisevic entschlüpfte und den Ball zu seinem ersten Bundesligatreffer überhaupt auch noch durch Hildebrands Hosenträger schob. Die Werkself spielte danach nur noch staatstragend, schob die Bälle ohne großen Drang nach vorn in gehobener Manier im Mittelfeld hin und her und ließ gelegentlich sich bietende Torchancen großmütig verstreichen – während Hoffenheim sein Herz in die Hand nahm und munter drauflos stürmte. Zweimal, dreimal wäre es fast zum Ausgleich gekommen: in der 14. Minute flankte Carlos Eduardo nach schönem Flankenlauf in die Mitte auf Ibisevic, der sofort abzog, aber in Adler seinen Meister fand. In der 28. Minute
ging Vukcevic nach einer Unkonzentriertheit von Friedrich links steil auf Adler zu, schoss aber mit seinem schwächerem rechten Fuß knapp am Tor vorbei. In der 33. Minute kam es zu einer kuriosen Szene: Adler ließ einen zurückgespielten Ball etwas zu weit abtropfen, so dass Ibisevic ihn erkämpfen und auf Vukcevic durchstecken konnte. Der 19-Jährige wurde sofort elfmeterreif gefoult, stand aber gleich wieder auf und schoss immer noch stolpernd aufs leere Tor – um Millimeter vorbei. Da der Schiedsrichter auf Vorteil erkannt hatte, konnte und wollte er nun keinen Elfmeter mehr geben. Es war die größte Chance für Hoffe im gesamten Spiel. Weil Carlos Eduardo im Angriff nicht zu vielen guten Aktionen gefunden hatte, beorderte Trainer Rangnick ihn nach der Pause zurück ins Mittelfeld und brachte Terrazzino. Um Platz für die Umstellung zu schaffen, nahm er wie in der letzten Partie Zuculini vom Feld, und wie im letzten Spiel brach das Spiel von 1899 daraufhin ein. Der junge Argentinier hatte zwar nicht fehlerfrei gespielt, aber von ihm ging immer Druck aus, gegen die Bayern besonders im kreativen Zusammenspiel mit Maicosuel.
Die Umstellung im Team von 1899 war nicht die einzige Neuerung der Partie. Neu war auch, dass Leverkusen nun aus seiner tiefschlafähnlichen Spielverwaltung erwacht war – nach einer, wie er später unumwunden zugab, saftigen Pausenansprache durch Trainer Heynckes. Es dauerte nur sechs Minuten, bis seine markigen Worte nicht nur mehr Aktivität, sondern auch zählbare Folgen zeitigten. Strukturgebend war allerdings eine schon in der ersten Halbzeit unübersehbare Unordnung im Hoffenheimer Abwehrverhalten. Diesmal, in der 51. Minute, ließ die Abwehr dem Leverkusener Schwaab viel zu viel Platz, so dass er unbedrängt in die Mitte auf Derdiyok flanken konnte. Derdiyok wiederum verlängerte etwas glücklich auf Kroos, der völlig freistehend zum 0:2 einschob. Natürlich wirkte sich dieser erneute frühe Treffer denkbar ungünstig auf die Hoffenheimer Spielanlage aus. Für ein paar Minuten durfte man durchaus Verständnis haben. Die Mannschaft wackelte aber nicht kurz, sondern ging beinahe wehrlos in die sich anbahnende Niederlage: durch die Umstellungen massiv geschwächt und so gegen den neuen Leverkusener Schwung wei-
Immer wieder Zweikämpfe und Fouls - einmal hätte es für Vukcevic Elfmeter geben müssen.
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19. SPIELTAG | Bayer 04 Leverkusen
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testgehend machtlos. Es kam zu etlichen guten Torchancen für die Werkself. Wenn Hoffenheim das Spiel machen wollte, ging der Ball meist schon in der Spieleröffnung verloren – oder spätestens 20 Meter vor dem gegnerischen Tor. Mehr und mehr wirkten die Beine und Köpfe der Notelf wie gelähmt – schließlich musste auch noch Carlos Eduardo ausgewechselt werden, um seine angeschlagene Patellasehne zu schonen. Manuel Gulde kam zu seinem ersten Bundesligaeinsatz. Zuvor allerdings war in der 72. Minute Kroos mit einem scharfen Ball vorn links bedient worden. Sein Pass in die Mitte suchte Kießling und fand Barnetta, der den Ball unhaltbar mit Nachdruck links unten versenkte. Hoffenheim war danach stehend k.o., mit hängenden Armen und Köpfen spielte man sich kraftlos dem Ende entgegen. Zwar gab es noch ein Abseitstor von Ibisevic, stellvertretend für viele Abseitspositionen über die gesamte Partie. Doch auch das vermochte an der traurigen Lage nichts mehr zu ändern, vermehrt zum ersten Mal um einige Pfiffe und Sprechchöre aus den Kurven, die von der Mannschaft mehr Kampf sehen wollten. Letztlich jedoch war es auch dazu zu spät. Das 0:3 markierte den einstweiligen Tiefstand der Saison. Nach dem Spiel gab es viele ratlose Stimmen: zu deutlich war geworden, dass dringend irgendein Schlüssel gefunden werden musste, um das Hoffenheimer Spiel wieder in Richtung Erfolg zu drehen. Noch aber war dieser Schlüssel nicht gefunden, noch brach das Hoffenheimer Spiel ein, wenn ihm ernsthafter Widerstand geboten wurde. n
1899 HOFFENHEIM
Bilder aus dem Schneetreiben: Salihovic und Ibertsberger.
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Zuculini (46. Terrazzino), Luiz Gustavo, Vukcevic, Carlos Eduardo (75. Gulde), Salihovic, Ibisevic
BAYER 04 LEVERKUSEN
Adler, Schwaab, M. Friedrich, Hyypiä, Kadlec, Vidal, Reinartz, Kroos (82. Rolfes), Barnetta (88. Sinkiewicz), Kießling, Derdiyok (82. Helmes)
ZUSCHAUER 29.500
TORE
0:1 Hyypiä (11.) 0:2 Kroos (51.) 0:3 Barnetta (72.)
SCHIEDSRICHTER Aytekin (Oberasbach)
GELBE KARTEN Salihovic, Simunic Schwaab, Vidal
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20. SPIELTAG | FC Schalke 04
30. JANUAR 2010
FC Schalke 04 – 1899 Hoffenheim 2:0 Selten hat ein legendärer Satz des früheren Nationalspielers Andi Brehme so gut gepasst wie beim Spiel auf Schalke: „Hast du Sch… am Fuß, hast du Sch… am Fuß.“ Der Satz ist deftig, aber er beschreibt in aller Kürze, was 1899 Hoffenheim seit einigen Spieltagen erlebte – nicht anders als diesmal in Gelsenkirchen. Dank des geschlossenen Dachs war der Rasen zwar grün und bot gute Voraussetzungen für ein schnelles Spiel. Doch die Schalker Taktik verhinderte, dass 1899 außer zwischen der 50. und 75. Minute jemals richtig ins Spiel fand. Felix Magath, ausgewiesener Taktikfuchs, hatte ganze Arbeit geleistet. Vor der Partie hatte Hoffes Trainer Ralf Rangnick noch darauf spekuliert, dass seine Mannschaft diesmal gewiss nicht das Spiel machen müsse und eher darauf zu achten hätte, dass Schalke sich nicht jenseits der Mittellinie allzu frei bewegen könne. Das war ein doppelter Irrtum: nicht nur standen und bewegten sich die Schalker von Beginn an auf extrem engem Raum, so dass Hoffe nur mit aktivem, schnellem Kurzpass-Spiel dagegen angekommen wäre, sondern sie spielten auch betont defensiv. Damit war im gegnerischen Stadion wohl nicht zu rechnen gewesen. So dass die Hoffenheimer sich, obwohl bekannt war, dass Schalke nicht gern selber das Spiel machte, in der unvorbereiteten Situation erst zurechtfinden mussten. Die Mannschaft versuchte dann, das Spiel zu bestimmen und sich gegen Konter der Hausherren zu wappnen – aber das gelang nicht wirklich überzeugend. Am Ende war Hoffenheim zu mehr als 60% in Ballbesitz gewesen, ohne dass Zählbares dabei heraussprang.
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Über die gesamte erste Halbzeit schleppte sich das Spiel dahin. Unwillige Schalker testeten Hoffenheim auf Schwachstellen, Hoffenheim mühte sich an halbherzigen Angriffsbemühungen ab. Im Mittelfeld agierte Ibertsberger – Zuculini hatte draußen bleiben müssen, im Sturm probierten Vukcevic und Ibisevic ihr Glück. Immer noch fehlten die verletzten Ba, Maicosuel und Weis sowie die erfolgreichen Afrikafahrer Obasi und Vorsah (die ins Halbfinale der Afrikameisterschaft vorgedrungen waren, Vorsah sogar bis ins Finale), während Simunic seine fünfte gelbe Karte absaß. Bei verschiedenen Vorstößen der Schalke setzte Eichner sich körperbetont ein und bekam dafür sehr früh und etwas fragwürdig die gelbe Karte von Schiedsrichter Florian Meyer. Nachdem er noch ein, zwei weitere Male mit kräftigem Körpereinsatz aufgefallen war, lag die gelb-rote Karte in der Luft, so dass Ralf Rangnick ihn bereits
in der 32. Minute gegen Zuculini auswechseln musste. Kurz zuvor war auch noch das erste Tor für Schalke gefallen, nachdem Rafinha mehr oder weniger unbedrängt über den halben Platz marschiert war und links auf Kuranyi gepasst hatte. Dessen missglückte Kopfballvorlage in die Mitte bekam einen derart kruden Drall, dass der Ball ins Tor torkelte. Bis zum Pausenpfiff gab es keine Treffer mehr, aber wie zum Ausgleich noch ein paar gelbe Karten: zwei für Hoffe, eine für Schalke. Und es waren einige brenzlige Situationen zu überstehen, die Schalkes Führung leicht hätten ausbauen können. Nach der Pause ging Hoffenheim druckvoller ans Werk, und schon zwei Minuten nach Wiederanpfiff wurde Beck im Strafraum gelegt. Schiri Meyer pfiff sofort und zeigte umstandslos auf den Elfmeterpunkt – korrigierte seine Entscheidung aber, als ihm sein Assistent wahrheits-
widrig beschied, es habe gar kein Foul vorgelegen. Statt berechtigtem Elfmeter gab es also eine folgenlose Ecke. Wäre Hoffe zu diesem Zeitpunkt der Ausgleich geglückt, das Spiel hätte einen anderen Verlauf nehmen können. So jedoch geschah, was oft in solchen Momenten geschieht: Schalke erzielte quasi im Gegenzug das zweite Tor, und das auch noch durch einen abgefälschten Ball. In der Summe war das sehr viel Pech – und der Beweis für den eingangs zitierten Satz von Andreas Brehme.
Klares Foul an Beck im Strafraum. Der Schiedsrichter gab Elfmeter, nahm die Entscheidung aber zurück, als sein Assistent intervenierte, und zeigte zur Ecke!
Anders als im letzten Spiel gegen Leverkusen ließ sich Hoffe aber von der frühen Erhöhung auf zwei Tore Rückstand nicht entmutigen, im Gegenteil. Was jetzt geschah, bewies Charakter und Leidenschaft: Hoffenheim ackerte, rackerte und zeigte in immer gelungeneren Angriffen seine beste Leistung des Spiels. Einige Male war die Mannschaft nahe dran, sich mit einem Tor selbst zu belohnen, besonders Ibisevic hatte in der 58.
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20. SPIELTAG | FC Schalke 04
FC SCHALKE 04
Neuer, Rafinha (81. Mineiro), Hรถwedes, Bordon, Schmitz, J. Matip, Moritz (72. Reginiussen), Rakitic, Farfan, Kuranyi, Sanchez (66. Baumjohann)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Nilsson, Compper, Eichner (32. Zuculini), Ibertsberger (70. Jabiri), Luiz Gustavo, Salihovic, Carlos Eduardo, Ibisevic, Vukcevic (82. Tagoe)
Endlich: nach vielen Wochen der Ungewissheit durfte Tagoe in der 82. Minute aufs Feld.
ZUSCHAUER 60.402
TORE
1:0 Kuranyi (19.) 2:0 Schmitz (49.)
SCHIEDSRICHTER Meyer (Burgdorf)
GELBE KARTEN Rakitic, J. Matip Eichner, Salihovic, Beck, Nilsson
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Minute freie Schussbahn, verzog aber um Zentimeter. Ab der 75. Minute erst gelang es den Schalkern, den Hoffenheimer Druck abzuschütteln. Zu diesem Zeitpunkt wurde allmählich auch klar, dass die Wende nicht mehr herbeizuführen war und das vierte Spiel in Folge verloren gehen würde. Trainer Rangnick wechselte noch zweimal aus, brachte zunächst den Stürmer Adam Jabiri aus der 2. Mannschaft für Ibertsberger und später für Vukcevic Prince Tagoe. Letztere Einwechslung zog endlich den Schlussstrich unter die bedrückende Lage um den neuverpflichteten Stürmer, dessen Herzmuskelerkrankung sich abschließend als doch nicht gravierend erwiesen hatte. Für 10 Minuten konnte Prince Tagoe zum ersten Mal für Hoffenheim stürmen. Aber auch ihm gelang es nicht, den Spielstand zu verbessern. Am Ende ging eine geschlagene, doch nicht demoralisierte Hoffenheimer Truppe erhobenen Hauptes vom Platz.
„Wir haben jetzt gegen drei große Teams verloren. Wir müssen kämpfen, Gas geben und weiter an uns glauben. Dann kommen wir aus dieser schwierigen Situation auch wieder heraus“, beschied Timo Hildebrand den Reportern ins Mikrofon.
Nilsson vertrat Simunic, der nach der fünften gelben Karte pausieren musste.
Ralf Rangnick analysierte das Spiel so: „Wir sind enttäuscht über das Ergebnis, aber auch über den Spielverlauf. Wir haben in der ersten Halbzeit wenig zugelassen, aber beim Gegentor einige Missverständnisse gehabt. Kevin wollte gar nicht aufs Tor schießen, sondern quer legen. Das Tor hat Schalke in die Karten gespielt. Die Schlüsselszene war der nicht gegebene Elfmeter, ein glasklarer Elfmeter. Kurz danach bekamen wir dann das 2:0, danach war es schwer zurückzukommen.“ n
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21. SPIELTAG | Hannover 96
6. FEBRUAR 2010
1899 Hoffenheim – Hannover 96 2:1 Die Voraussetzungen für ein erfolgreicheres Fußballwochenende nach sieben in Folge sieglosen Spielen waren dieses Mal günstig: Obasi und Vorsah von ihrer Afrikafahrt zurückgekehrt, Maicosuel wieder einsetzbar, zusammen mit Obasi im Sturm, Carlos Eduardo darum wieder pur im Mittelfeld unterwegs, Simunic nach seiner Gelbsperre wieder Teil der Mannschaft. „In der Vorrunde haben wir in Hannover den Schalter umlegen können“, prognostizierte Andi Beck den Spielverlauf, „das wollen wir dieses Mal auch wieder machen.“ Gesagt – getan? Ganz so leicht ging es nicht. Hoffe brauchte 20 Minuten, um druckvoll ins Spiel zu kommen, die vielen Negativerlebnisse saßen noch in den Knochen. Erst in der 19. Minute kam es gegen die bemühten, aber nicht sehr inspirierten Hannoveraner zu einer ersten Großchance: im linken Halbfeld hatte Salihovic eine gefühlvolle, präzise Flanke aufgelegt, die Ibisevic mehr oder weniger freistehend mit dem Kopf annehmen konnte. Großzügig nickte er den Ball am Kasten vorbei, hatte aber beim Gegner entscheidenden Eindruck hinterlassen! Denn trotz zweier Neuverpflichtungen und ihres neuen Trainers Slomka schien der Widerstand der 96er damit schon gebrochen. Beck und Obasi wirbelten über rechts, Salihovic zog links halbwegs unbedrängt die Fäden, Maicosuel war pfeilschnell auf sämtlichen Positionen unterwegs, in der Mitte hielt Carlos Eduardo das Spiel zusammen. Doch bereits in der 25. Minute kam es zu einer brenzligen Situation auf der Gegenseite, als ein überraschend gelungener Angriffsversuch
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der Niedersachsen über Koné per Hacke, Rosenthal und Stajner die Hoffenheimer Innenverteidigung geschickt aushebelte. Stajners Schuss ging um Zentimeter am herausstürzenden Hildebrand vorbei – und am linken Pfosten… Unbeeindruckt rollten danach Angriffswellen meist rechts über Beck und Obasi weiter gegen das 96er Tor, das Tempo des Spiels wurde immer höher. Dann grub sich Obasi in der 35. Minute durch die halbe Defensivabteilung der Hannoveraner durch, legte seitlich des Sechzehners zurück auf Carlos Eduardo, der den leicht hoppelnden Ball mit einem fulminanten Schuss rechts unten in die Maschen jagte. Endlich wieder eine Führung – und endlich wieder die Torhymne im Ohr. Kaum drei Minuten später wurde sie schon wieder gespielt, die Fans waren versöhnt mit manchem unglücklichen Erlebnis der letzten Wochen und Monate: denn Carlos Eduardo war von Schulz im Strafraum gelegt worden, und Salihovic hatte den Elfer mit einem präzisen Flachschuss rechts unten verwandelt.
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21. SPIELTAG | Hannover 96
Torjubel nach sieben sieglosen Spielen!
Nach der Pause war Hoffe wie lange nicht mehr ungebremste Spiellust anzumerken. In der 53. Minute hätte es um ein Haar 3:0 gestanden, als Obasi eine grandiose Flanke von Maicosuel mit der Brust annahm und zum Schuss ausholte – Hannovers Torhüter Fromlowitz spitzelte ihm den Ball in allerletzter Sekunde weg, Ibisevic rauschte heran, wurde geblockt, der Ball kam von der eigenen Verteidigung aufs Tor, so dass Fromlowitz gleich wieder eingreifen musste. Vier Minuten später kam es zu einem wunderschönen Doppelpass von Maicosuel und Ibisevic, der aus 14 Metern verzog. Direkt aus dem Abstoß entwickelte sich ein gefährlicher Konterangriff der Gäste, an dem die beiden Neuzugänge beteiligt waren. Elson steckte Koné den Ball durch, der zog kraftvoll ab. Hildebrand hatte keine Chance, den strammen Schuss abzuwehren, und so stand es auf einmal 2:1. Die Frage war, ob das Spiel nun kippen würde, ob die Hoffenheimer Nervosität der letzten Spiele wieder durchschlagen würde. Aber die Jungs von Ralf Rangnick wirkten vom Anschluss-
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treffer völlig unbeeindruckt und spielten weiter, als wäre rein gar nichts geschehen. In der 64. Minute gab es Gelb für Salihovic, der gesehen hatte, dass bei einem Freistoß für Hoffe die Hannoveraner Mauer viel zu nah stand. Der Bosnier teilte seinen Unmut darüber aber nicht nur hörbar mit, sondern schritt in Schiri-Manier demonstrativ die falsche Entfernung bis hinter die Mauer ab. Solcherart belehrt zu werden, empfand Schiedsrichter Dr. Helmut Fleischer als besonders unangemessen. Salihovic wiederum war über das alles derart erbost, dass er den Freistoß statt aufs Tor in die Tribünen jagte. Ab der 70. Minute durfte Vukcevic für Obasi ans Werk, ab der 80. Nilsson für Compper. Große Auswirkungen aufs Spiel hatte das nicht, Hoffenheim agierte weiter deutlich überlegen, während Hannover kaum noch an den Ball kam. Für einen potentiellen Absteiger wehrten sich die Gäste entschieden zu wenig. Der nun schon einige Zeit zurückliegende Freitod von Robert Enke hatte die Mannschaft anscheinend völlig ausgehöhlt.
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck (75. Vorsah), Simunic, Compper (80. Nilsson), Ibertsberger, Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Salihovic, Obasi (70. Vukcevic), Ibisevic, Maicosuel
HANNOVER 96
Fromlowitz, Sofian Chahed, Haggui, Eggimann, Rausch (46. Ghasemi-Nobakht), Andreasen (78. Hanke), C. Schulz, Stajner, Rosenthal (46. Pinto), Elson, Kone
ZUSCHAUER 28.100
TORE
1:0 Carlos Eduardo (35.) 2:0 Salihovic (40. Foulelfmeter) 2:1 Kone (57.)
SCHIEDSRICHTER Dr. Fleischer (Sigmertshausen)
GELBE KARTEN Salihovic Sofian Chahed, Haggui, Andreasen, Pinto
Ein Nebenschauplatz des Spiels war die Begegnung von Ralf Rangnick und Mirko Slomka, einst Freunde auf Schalke und noch früher in Hannover, als Rangnick Slomkas Chef gewesen war, getrübt durch einige Umstände nach Rangnicks Weggang von Schalke und Slomkas Nachfolge als Chef-Trainer. Von den Medien wurde das Wiedersehen weidlich ausgeschlachtet, was zu Teilen bereitwillig angenommen wurde. Rangnick bestätigte indes nur, dass man eine gute Zeit miteinander gehabt hätte, und war sichtbar mehr an der Gegenwart interessiert. Sein Kommentar zum Spiel war denn auch weitaus interessanter als das Stück Privatsphäre, das hier ausgebreitet werden sollte: „Man hat in den ersten 20 Minuten gespürt, dass beide Teams lange nicht gewonnen haben. Deswegen war für uns das 1:0 eine Erlösung. Danach hat das Team gezeigt, was es kann. Nach dem 2:0 haben wir versäumt, das dritte Tor zu machen. Wir haben die Chancen nicht genutzt, dann fiel aus heiterem Himmel das 2:1. Danach war das Spiel wieder sehr nervenaufreibend. Aber am Ende sind wir froh über den ersten Sieg der Rückrunde.“ n
Obasi, gerade vom Afrika-Cup zurückgekehrt, verletzte sich in der Partie und fiel für Wochen aus.
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DFB-POKAL VIERTELFINALE | Werder Bremen
9. FEBRUAR 2010
Werder Bremen – 1899 Hoffenheim 2:1 „Wir fahren nach Bremen, um da zu gewinnen“, hatte Salihovic vor der Pokalpartie noch gesagt, und auch der Trainer hatte nach dem Sieg gegen Hannover große Hoffnungen gehegt, dass nun eine Serie gestartet würde, die neben dem Weiterkommen im Pokal auch in der Liga noch bis auf Platz sechs führen könnte. Leider fehlten zur Realisierung zwei wichtige Spieler, der Heimsieg hatte hohen Tribut gefordert: Obasi und Beck hatten sich gegen Hannover verletzt und fielen für Wochen aus. Und auch der Pokal-Einsatz von Simunic musste wegen Wadenproblemen im letzten Moment abgesagt werden. Immerhin konnte Hildebrand auflaufen, den es ebenfalls an der Wade gezwackt hatte. „Wir müssen das Spiel zu einem richtigen Pokalfight machen“, sagte Ralf Rangnick unter dem Eindruck der vielen erneuten Ausfälle vor dem Spiel, denn „jetzt sind wir nicht mehr Außenseiter, sondern krasser Außenseiter.“
88 SAISONCHRONIK 2009/10
Dichtes Schneetreiben legte trotz der Rasenheizung im Bremer Weserstadion rasch einen weißen Teppich übers Spielfeld. Der harte Winter machte also auch bei dieser Spitzenbegegnung im Pokal-Viertelfinale keine Ausnahme und erhöhte die schwierigen Bedingungen für Hoffenheim noch: Hoffes Verteidigung war komplett neu aufgestellt, Ibertsberger, der als einziger etatmäßiger Defensivmann noch übrigblieb, spielte auf Becks Position hinten rechts. Vorsah und Nilsson bildeten die Innenverteidigung, Eichner spielte hinten links. Vukcevic lief für Obasi auf. 20 lange Minuten mussten die Anhänger von Hoffenheim warten, bis ihre grundlegend neusortierte Mannschaft einen schönen Pass von Maicosuel auf Ibisevic bewundern durfte, wenn auch ohne zählbares Ergebnis. Bis dahin hatten allein die Bremer das Spiel gemacht, manche gute Gelegenheit verpasst und die Unsicherheit in Hoffes Auftreten wieder groß werden lassen. Nun aber bündelte man die vorhandenen Kräfte und versuchte, Anschluss an die bis dahin einseitige Partie zu finden. Leider kam in der 27. Minute das Fußballschicksal dazwischen: Naldo hämmerte einen Freistoß von halblinks aus mindestens 30 Metern mit unwahrscheinlicher Wucht aufs Tor, der Ball flog wie an der Schnur gezogen und senkte sich im allerletzten Moment noch in den Winkel! Trotzdem kam nun Hoffe, musste auch kommen und brachte die Bremer Hintermannschaft alsbald ins Wackeln. In der 33. Minute hatte Nilsson die große Chance zum Ausgleich, ein Freistoß von der linken Grundlinie segelte ihm auf den Kopf und von dort äußerst knapp neben das Tor. In der 39. Minute erreichte ein wunderschöner Steilpass von Maicosuel Ibisevic, der aus 16 Metern weit verzog. In der 43. Minute schoss Vukcevic aufs Tor, der Ball wurde abgefälscht und trudelte knapp vorbei. Es war nicht der angekündigte große Pokalfight, dafür waren die Wetterbedingungen vielleicht zu schlecht, die den Rasen rutschig machten, aber Hoffe zog sich bis zum Pausenpfiff immer achtbarer aus der Verlegenheit. Zurück aus den Kabinen fehlte Tim Wiese, der sich bei einer der letzten Aktionen vor der Halbzeitpause einen Nerv eingeklemmt hatte. Ersatz-
keeper Vander ersetzte ihn. Bremen setzte gleich zu einigen gefährlichen Situationen an und verpasste mit Pech den nächsten Treffer. Dann arbeitete sich Hoffe wieder zurück ins Spiel, ohne jedoch Glanz verbreiten zu können – der aber auch bei den Gastgebern nicht zu entdecken war. Verglichen mit der legendären Hochgeschwindigkeitspartie zu Beginn der letztjährigen Ligasaison, als Bremen und Hoffenheim sich die Bälle nur so um die Ohren pfeifen ließen, war dies ein eher müdes Pokalspiel. Erst als in der 70. Minute Özil vom Feld genommen wurde und Almeida für ihn auflief, änderte sich einiges.
Der Winter war lang und hart dichtes Schneetreiben auch in diesem Spiel.
Zunächst wurde noch Vukcevic gegen den so lange Zeit mit seinem Schicksal hadernden, aber nie aufgebenden Prince Tagoe ausgewechselt. Dessen zweiter Auftritt im Trikot von Hoffenheim verlief dann wie im Traum, wie eine Belohnung: kaum 90 Sekunden im Spiel, kam von Eichner von links eine schnurgerade Flanke in den Bremer Strafraum geflogen, Tagoe stieg auf, nickte nur noch gegen den Ball – und jubelte! Jokertor und ein Einstand nach Maß, den wohl jeder dem Ghanaer gönnte. Und es war der Lohn für harte Arbeit für die ganze Mannschaft, die sich darauf wohl etwas zu lang ausruhte. In den nächsten zwei Minuten kam erst Pizarro nach einem Pass von Hunt frei zum Schuss, den er aus 16 Metern verzog. Dann jedoch schickte Pizarro Almeida zentral aufs Tor, der Portugiese machte ein paar Schritte in Richtung Hildebrand und zog aus 20 Metern fulminant mit dem Außenrist ab. Natürlich war das ein Glückstor. Ein Tor, wie es nur zwei, drei Mal im Fußballerleben gelingt. Ein Tor jedoch auch, dass Hoffes Unkonzentriertheit nach dem Ausgleichstreffer entsprang.
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DFB-POKAL VIERTELFINALE | Werder Bremen
Tiefe Entt채uschung - wie im Vorjahr war im Viertelfinale des Pokals Endstation.
90 SAISONCHRONIK 2009/10
Hoffenheim mühte sich nach dem Schock des erneuten Führungstreffers für Bremen nach Kräften – aber die wirkten aufgebraucht, kein Wunder nach diesem ungünstigsten Moment für ein Gegentor. Und so kam es hüben und drüben noch zu ein paar halben Gelegenheiten, am Spielstand etwas zu ändern, doch keine der Mannschaften vermochte im anhaltenden Schneetrei-
ben noch Entscheidendes zu bewirken. Am Ende siegte Bremen nicht unverdient und zog ins Halbfinale des DFB-Pokals ein. 1899 Hoffenheim dagegen war damit zum insgesamt dritten Mal schon im Viertelfinale gescheitert. Was war danach noch zu sagen? Christian Eichner fasste es so zusammen: „Die Enttäuschung ist natürlich riesengroß. Wenn man den Spielverlauf gesehen hat, haben wir bis auf die ersten 20 Minuten ein ganz ordentliches Spiel gemacht und hatten einige Torchancen. Der Knackpunkt war, dass wir relativ schnell nach dem 1:1 das zweite Gegentor bekommen haben.“
WERDER BREMEN
Wiese (46. Vander), Fritz, Mertesacker, Naldo, Pasanen, Niemeyer, Frings, Marin, Özil (71. Almeida), Hunt (90. Borowski), Pizarro
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger, Vorsah, Nilsson, Eichner, Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Salihovic, Vukcevic (71. Tagoe), Ibisevic, Maicosuel
ZUSCHAUER 25.753
TORE
1:0 Naldo (27.) 1:1 Tagoe (73.) 2:1 Almeida (76.)
SCHIEDSRICHTER Sippel (München)
GELBE KARTEN Hunt Vorsah, Carlos Eduardo, Salihovic
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22. SPIELTAG | VfL Bochum
13. FEBRUAR 2010
VfL Bochum - 1899 Hoffenheim 2:1 „Bochum, Gladbach und Berlin sind die nächsten Gegner. In der Hinrunde haben wir gegen diese Mannschaften gewonnen. Wenn wir jetzt wieder eine Serie starten, ist noch alles möglich“, sagte Ralf Rangnick im Vorfeld der Partie. Einschränkend setzte er hinzu: „Aber es macht auch keinen Sinn, jetzt schon von irgendwelchen Fernzielen zu träumen, wenn wir uns nicht auf das nächste Spiel konzentrieren.“
Auch die Rückkehr von Demba Ba konnte die Niederlage nicht verhindern.
Gegen das problemlose Erreichen solcher Fernziele sprach denn auch die lange Verletztenliste: Obasi, Jaissle, Beck, Weis. Zudem war der Einsatz von Zuculini und Simunic fraglich. Letzterer konnte dann doch auflaufen, zugleich kehrte Marvin Compper ins Team zurück – und auch der lange vermisste Demba Ba war mindestens für eine Halbzeit wieder fit. Gegen die viel offensiver auftretenden Bochumer, die unter Trainer Heiko Herrlich enorm an spielerischer Substanz zugelegt hatten, konnte und durfte trotzdem niemand einen Spaziergang erwarten. Überraschenderweise verlegte sich Bochum im heimischen Stadion aufs Kontern, von Anfang
92 SAISONCHRONIK 2009/10
an, 90 Minuten lang. Hoffenheim war gezwungen, das Spiel zu machen, und erarbeitete sich 60% Ballbesitz. Diese Zahl verhieß nur leider kein spielerisches Übergewicht, eine unendliche Anzahl von Querpässen charakterisierte das Hoffenheimer Spiel, Torchancen blieben Mangelware. Die sichtbare spielerische Überlegenheit von Hoffe mündete nicht in strategische Dominanz. Frühes Stören der Hoffenheimer Filigrantechniker durch konsequentes Pressing war das Bochumer Mittel der Wahl, ein erfolgreiches Mittel: selten kamen die Angriffe von 1899 bis an den Strafraum, wurden, wenn doch, systematisch geblockt oder mit zunehmender Spieldauer in zunehmend gefährliche Konter umgemünzt. In der 24. Minute wurde Bochum für seine Hartnäckigkeit im Verfolgen einfacher Ziele belohnt. Ein langer Pass aus dem defensiven Mittelfeld genau in Hoffes Abwehr hinein landete bei Compper, dessen Abwehrschlag auf holperigem Rasen am Ball vorbeiging. Sestak, seit der letzten Saison durch drei Treffer gegen 1899 so etwas wie ein stürmender Alptraum, nahm den Ball auf, lief allein auf Hildebrand zu und feuerte aus ca. 16 Metern unhaltbar ins Netz. Ein paar Minuten lang spielte Hoffe gegen das erneute, frühe Zurückliegen noch an, dann erlahmten die seelischen Kräfte: außer einem Schuss von Maicosuel knapp übers Bochumer Gehäuse kam es zu keiner ergiebigen Szene mehr. Im Gegenteil, 1899 brach förmlich in sich zusammen, eine Art enttäuschter Lähmung befiel alle Mannschaftsteile. Da auch Bochum nicht glänzte, wirkten die letzten Minuten vor der Halbzeitpause ziemlich dröge und leer. Einziger Merkpunkt in diesem Meer von Ballgeplänkel war ein Frustfoul von Salihovic, der sich damit die zehnte
VFL BOCHUM
Heerwagen, Concha, Maltritz, Mavraj, Fuchs, Dabrowski, Maric, Freier (59. Prokoph), Holtby, Epalle (46. Dedic), Sestak (90. Hashemian)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger (80. Vukcevic), Simunic, Compper (46. Ba), Eichner, Carlos Eduardo, Luiz Gustavo, Vorsah, Salihovic, Maicosuel, Ibisevic (74. Tagoe)
ZUSCHAUER 17.104
TORE
1:0 Sestak (24.) 1:1 Ibisevic (65.) 2:1 Dedic (76.)
SCHIEDSRICHTER Fritz (Korb)
GELBE KARTEN Dabrowski Salihovic, Maicosuel
warmgeschossenen Torjäger Ibisevic wechselte man lieber nicht aus.
Rote KARTEN
Danach ging es hin und her, unermüdliche, gefährliche Hoffenheimer Angriffe wechselten sich mit gefährlichen Bochumer Kontern ab, beide Mannschaften wollten das Spiel gewinnen. In der 74. Minute traf Ba ins Tor, stand aber abseits. Kurz darauf kam Tagoe erneut zum Zug, Ibisevic war jetzt doch für ihn aus dem Spiel genommen worden. In derselben Minute gab wieder Fuchs eine scharfe Flanke in die Mitte der Hoffenheimer Abwehr, Dedic stieg auf und setzte den Ball unhaltbar knapp neben den langen Pfosten: 2:1.
Luiz Gustavo (86.)
gelbe Karte der Saison einhandelte und im nächsten Spiel gegen Gladbach würde pausieren müssen. Hoffenheim brachte nach der Pause Demba Ba für Marvin Compper, Vorsah ging in die Viererkette. Mit neuem Schwung ging es zurück ins Spiel, ohne dass zunächst mehr als der gute Wille zu erkennen war. Doch Minute für Minute erarbeitete Hoffe sich echtes Gefahrenpotential, in der 56. Minute hatte Salihovic schon den Ausgleich auf dem Fuß, schoss aber den Torhüter an. Erst in der 64. Minute kam es zum Torjubel, Carlos über Carlos Eduardo und Maicosuel gelangte der Ball an den kurzen Pfosten zu Ibisevic, der nach 710 torlosen Minuten endlich wieder einnetzen konnte, technisch brillant, im Fallen! Zu diesem Zeitpunkt hatte schon Prince Tagoe zur Einwechslung für Ibisevic an der Seitenlinie gestanden. So jedoch musste er noch einmal für 10 Minuten auf der Bank Platz nehmen, einen
Den Hoffenheimer Spielern stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben: wieder Kampf und Mühe ohne Ende, wieder Rückstand. Die Saison wollte und wollte nicht vom Fleck. In der Folge waren alle Aktionen verkrampft und wurden überschattet von einem heftigen Foul durch Luiz Gustavo. Die rote Karte dafür war vorhersehbar, die Spielsperre für die nächsten drei Begegnungen ebenfalls. In der 89. Minute traf Hoffenheim durch Tagoe noch einmal ins Netz, aber es war wieder Abseits – und so mündete auch dieses Spiel, das man so optimistisch angegangen war, in eine Niederlage. n
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23. SPIELTAG | Borussia Mönchengladbach
19. FEBRUAR 2010
1899 Hoffenheim – Bor. Mönchengladbach 2:2 Gegen Gladbach hatte Hoffenheim noch nie verloren. Fünfmal hatte man sich bisher getroffen, dreimal war 1899 als Sieger als Platz gegangen, zweimal ein Unentschieden erreicht. Furios waren zwei Begegnungen verlaufen, beide Male in Gladbach: das Hinspiel dieser Saison, als Hoffe in den letzten fünf Minuten noch drei Tore zum Sieg schoss, außerdem die Partie in der Rückrunde der 2. Liga, als 1899 zur Pause 2:0 hinten lag und noch 2:4 gewann. Alles in allem versprach diese Historie also Feuer unterm Dach, große Spannung, Fußball-Unterhaltung pur. Und so kam es auch, unter unfreiwilliger Mithilfe des Schiedsrichters.
Endlich ein berechtigter Elfmeter, den Carlos Eduardo kurz vor Schluss zum Ausgleich verwandelte.
Gegen eine deutlich besser funktionierende Gladbacher Truppe, deren sportlicher Auftritt unter Trainer Frontzeck erheblich gewonnen hatte, war neben all den Verletzten und Gesperrten der Ausfall von Ibertsberger nach einer Trainingsverletzung als besonders schmerzhaft zu werten. Denn Ibertsberger konnte, das hatte er verschiedentlich bewiesen, seine angestammte linke Verteidigerposition ebenso gut nach rechts, auf Becks Position, verlagern oder im defensiven Mittelfeld spielen. Dafür kam es zu einem so beachtenswerten wie beachtlichen Debüt in der
94 SAISONCHRONIK 2009/10
Startaufstellung von Manuel Gulde als rechter Verteidiger. Der hoch talentierte Youngster war als Innenverteidiger vor 1,5 Jahren mit der HoffeB-Jugend Deutscher Meister geworden und hatte sich danach sehr lange mit Verletzungssorgen herumplagen müssen. Trotz der vielen Ausfälle konnte Hoffenheim, das war im Nachhinein eine wesentliche Erkenntnis der Partie, eine wettbewerbsfähige Mannschaft auf dem Rasen schicken: sogar trotz der Versetzung von Compper auf Luiz Gustavos
Pause kam Vukcevic für Nilsson, Compper bezog wieder Position in der Innenverteidigung. Ehe sich die Hoffenheimer Reihen erneut ganz auf die Aufholjagd eingestellt hatten, kam es in der 51. Minute zu einer erneuten Kalamität durch den Schiedsrichter: diesmal hatte Bobadilla einen Ball an Hildebrand vorbei Richtung Tor geköpft, den Colautti abseits stehend über die Linie bugsierte. Der Ball wäre zwar vermutlich auch ohne Colauttis Zutun ins Tor gerollt, aber weil er den Fuß einsetzte, war das Tor irregulär – wurde jedoch gezählt. Damit stand es 0:2, und es gab nicht mehr viele, die noch auf Hoffenheim gewettet hätten.
Position und mit neuer Innenverteidigung aus Simunic und Nilsson – umgekehrt schöpfte Gladbach mehr oder weniger aus dem Vollen. 1899 fand dennoch besser ins Spiel, agierte frischer und ideenreicher, spielte unkompliziert und mutig nach vorn und hätte trotz einiger Ungenauigkeiten im Pass-Spiel in der 11., 23. und 24. Minute durch Ibisevic, Carlos Eduardo und Ba jeweils in Führung gehen können. In der 30. Minute senkte sich dann ein langer Konterball der Gladbacher auf den mitgelaufenen Nilsson herab, der den Ball mit dem Kopf verfehlte – worauf er ihm auf den Arm fiel. Die Berührung geschah zum einen völlig unabsichtlich und zum anderen außerhalb des Strafraums, was jeder im Stadion gesehen hatte. Nur einer nicht: Schiri Stark. Also zeigte er auf den Elfmeterpunkt und gab Nilsson Gelb. Daems nahm das Geschenk dankend an und verwandelte den Strafstoß sicher zum 0:1. Schon wieder war Hoffe um den Lohn für alle Mühe und allen Fleiß betrogen. Aber wenigstens hatte man diesmal keinen Durchhänger gehabt. Das Tor gab den Gladbachern Auftrieb, ohne dass Hoffe nachließ. Doch ein paar nervöse Abspielfehler oder verpatzte Ballannahmen zeigten, dass der Rückstand sehr wohl wehtat. Nach der
Kurz vor der 70. Minute, einer der Standardauswechselmomente von Trainer Rangnick, stand wie im letzten Spiel gegen Bochum Prince Tagoe an der Außenlinie. Bevor er eingewechselt werden konnte, erkämpfte sich Ba im Mittelfeld den Ball, gab auf Carlos Eduardo weiter, der sich gegen Daems durchsetzte und flach nach innen passte: auf Ibisevic, der freistehend den Ball ins Tor schoss. Schon wieder hatte er, die drohende Einwechslung des Konkurrenten im Rücken, getroffen… Gleich darauf verließ Gulde, der faszinierende Spielansätze gezeigt hatte, für Tagoe den Platz. Hoffenheim agierte nun, durch den Anschlusstreffer neu beseelt, wieder frischer und zielgerichteter: das Spiel begann sich förmlich elektrisch aufzuladen. Schon in der 73. Minute führte das im Gladbacher Strafraum zur dritten Schiri-Fatalität, als der Gladbacher Dante den Ball an die Hand bekam und ihn auch sichtbar führte. Doch statt einmal einen berechtigten Elfmeter zu geben, zog Stark es vor, weiterspielen zu lassen. Und zeigte Ibisevic Gelb, der sich darüber nicht beruhigen konnte. Fast im Minutentakt entstanden im Endspurt der Partie gefährliche Situationen auf beiden Seiten, wobei 1899 zahlenmäßig entschieden im Vorteil war. In der 88. Minute kam Schiri Stark seiner Beobachtungspflicht endlich angemessen nach, als er eine Flanke von Ibisevic, die auf dem Arm von Daems traf und willentlich abgelenkt wurde, zuguterletzt doch noch in einen Strafstoß für Hoffenheim umwandelte. Das ganze ausverkaufte Stadion hielt den Atem an, als Carlos Eduardo anlief – Torhüter Bailly ahnte die Ecke,
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23. SPIELTAG | Borussia Mรถnchengladbach
96 SAISONCHRONIK 2009/10
doch der Schuss war zu genau und schlug rechts auf halber Höhe unhaltbar ein: 2:2, zugleich der Endstand. „Wenn das Spiel noch fünf Minuten länger gedauert hatte, dann hätten wir vielleicht gewonnen“, sagte Manager Jan Schindelmeiser nach der Partie. Es war gewohnt fair von ihm, das Unentschieden nicht am Schiedsrichter festzumachen – und doch hatten diesmal ein nicht gegebener Elfer für Hoffe, ein unberechtigter Elfer für Gladbach sowie ein Abseitstor gegen Hoffe mehr als gewöhnlich den Ausschlag gegeben. Äußerst unangenehm waren Feuerwerkskörper anzuschauen, die im Gladbacher Gästeblock mehrfach gezündet wurden – einer flog sogar aufs Spielfeld. Beim Versuch, sie zu löschen, um Gefahr von den eng stehenden Besuchern abzuwenden, kam es zu Rangeleien mit den Hoffenheimer Ordnern mit der Folge von Brand- und Rauchverletzungen. n
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Gulde (70. Tagoe), Simunic, Nilsson (46. Vukcevic), Eichner, Compper, Vorsah, Carlos Eduardo, Ba, Ibisevic, Maicosuel
BORUSSIA MÖNCHENGLADBACH
Bailly, Levels, Brouwers, Dante, Daems, Meeuwis, Bradley, Reus, Arango (87. Kleine), Colautti (84. Friend), Bobadilla (71. Matmour)
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Daems (31., Handelfmeter) 0:2 Colautti (51.) 1:2 Ibisevic (69.) 2:2 Carlos Eduardo (89., Handelfmeter)
SCHIEDSRICHTER Stark (Ergolding)
GELBE KARTEN Nilsson, Simunic, Ibisevic Meeuwis 97
24. SPIELTAG | Hertha BSC Berlin
27. FEBRUAR 2010
Hertha BSC Berlin - 1899 Hoffenheim 0:2 Vor dem Spiel war von Jan Schindelmeiser zu hören, dass die Saisonplanung zu fast 90% abgeschlossen wäre. Es werde also zu keinen Neuverpflichtungen im größeren Maßstab kommen. Langfristigkeit sei das Ziel in Hoffenheim, anders gesagt die Stabilisierung des Vorhandenen. Mittelfristiger Erfolg, auch was das Erreichen von Europapokalplätzen anbelange, wiege mehr als kurzfristiger Erfolgshunger. Nach dem grandiosen Sieg in der Hinserie gegen eine völlig wehrlose Hertha war die Ausgangslage diesmal anders. Vier Auswärtsniederlagen in Folge hatte 1899 hingelegt: das verunsicherte. Allerdings hatte die Hertha in dieser Saison bisher überhaupt erst ein einziges Heimspiel gewinnen können, was die Kraichgauer darin bestärkte, vielleicht doch wieder auswärts zu einem Dreier zu kommen. Optimistisch stimmte auch die Rückkehr der verletzten bzw. angeschlagenen Tobi Weis, Jo Simunic und Andi Ibertsberger, während Sejad Salihovic nach abgesessener Gelbsperre wieder auflaufen konnte. Trainer Funkel, dem Lucien Favres Position bei der Hertha nach dem desaströsen Hinrundenspiel angetragen worden war, hatte die inzwischen massiv abstiegsgefährdeten Berliner – seiner Handschrift entsprechend – auf solide Verteidigung eingestellt. Einfacher ausgedrückt rührte Hertha BSC hinten Beton an und ließ 1899 Hoffenheim kommen… Das Konzept ging zunächst auf, Hoffe verzettelte sich im Bemühen, schöne Angriffe zustande zu bringen und wurde vielfach schon im Mittelfeld gestoppt, woraus regelmäßig Konterchancen für die Hertha resultierten. Zum Glück fehlte es dem Tabellenletzten an der nötigen Durchschlagskraft und Selbstsicherheit. Erst in der 19. Minute gelang es Hoffe, den Ball wirklich gefährlich nach vorn zu bringen, aber
98 SAISONCHRONIK 2009/10
HERTHA BSC Berlin
Drobny, Piszczek (42. von Bergen), A. Friedrich, Hubnik, Kobiaschwili, Lustenberger, Kringe (70. Nicu), Cicero, Raffael, Ramos, Gekas
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger, Simunic, Compper, Eichner, Vorsah (78. Gulde), Salihovic, Maicosuel (67. Weis), Carlos Eduardo, Ba (87. Vukcevic), Ibisevic
ZUSCHAUER 37.391
TORE
0:1 Ba (35.) 0:2 Ibisevic (90.)
SCHIEDSRICHTER Kinhöfer (Herne)
GELBE KARTEN Raffael, Cicero Simunic, Ibertsberger Ibisevic vergab die Kopfballchance. Damit schien jedoch der Knoten geplatzt, die offensiven Bemühungen liefen nun sichtbar besser. Hoffe zog das Spiel mehr und mehr an sich und wurde in der 35. Minute auch dafür belohnt: Demba Ba arbeitete sich auf der linken Seite tief in den Strafraum vor, ließ einige Abwehrspieler wie Slalomstangen stehen, tunnelte zuletzt nach einem Hakler Arne Friedrich und schoss den Ball an Drobny flach vorbei ins lange Eck. Gleich danach sackte das Spiel jedoch wieder ab und dümpelte ohne große Momente der Halbzeitpause entgegen.
Berliner ab, ohne dass 1899 selber ernsthaft offensiv wurde. Dadurch verflachte das Spiel zusehends und entwickelte nur noch in Situationen Mann gegen Mann etwas Dramatik: zu viel davon jedoch in der 78. Minute, als Vorsah nach einem heftigen Zweikampf verletzt ausscheiden musste – Diagnose Innenbandabriss, voraussichtliche Prognose Ausfall bis Saisonende. Gulde übernahm seine Position. Erst in der 84. Minute musste Drobny wieder ins fußballerische Geschehen bzw. Nichtgeschehen eingreifen und einen Schuss von Ibisevic abwehren. In der 90. Minute allerdings gelang dem Bosnier wieder ein Tor, als er sich an der Grenze zum Strafraum gegen van Bergen durchsetzte, dadurch frei zum Schuss kam und trocken einlochte. Der Kommentar zum Spiel war Jo Simunic vorbehalten, der zehn lange Jahre für die Hertha gespielt hatte: „Jeder Sieg ist schön. Aber irgendwo ganz tief in mir tut es mir leid für die Hertha.“ Das ging wohl jedem so, der ein Herz für Berlin hatte. n
Nach der Pause versuchte die Hertha erwartungsgemäß, massiv Druck aufzubauen. Die tief gestaffelten Hoffenheimer ließen die Berliner anrennen und vertrauten zurecht auf Timo Hildebrand, der alles entschärfte, was gefährlich in Tornähe kam. Herthas Kampfesmut wirkte in manchen Momenten allerdings etwas übertrieben, in rascher Folge kam es zu zwei gelben Karten für die Hauptstädter. Je länger die zweite Halbzeit lief, je mehr stumpften die Bemühungen der
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25. SPIELTAG | 1. FSV Mainz 05
7. MÄRZ 2010
1899 Hoffenheim – 1. FSV Mainz 05 0:1 Das Hinspiel war noch allseits in Erinnerung – wenn auch nicht gerade in guter Erinnerung. Etwas unglücklich, in jedem Fall ziemlich unnötig hatte 1899 in Mainz verloren und damit eine Art Negativserie eingeleitet, aus der sich die Mannschaft bis zu diesem Spiel nie mehr richtig hatte befreien können. Es sei Wiedergutmachung angezeigt, sagte darum der Trainer. In die Startformation war nach drei Monaten Verletzungspause Tobi Weis zurückgekehrt. Und Marvin Compper konnte trotz einer Innenbandverletzung auflaufen. Auf Mainzer Seite fehlte Zsolt Löw, der ehemalige Hoffenheimer, der in einem Interview allerdings freimütig bekannte, dass er darüber nicht traurig wäre. Beim Hinspiel sei ihm doch etwas mulmig gewesen, gegen die
Die Rückkehr von Tobi Weis nach drei Monaten Verletzungspause war einer der wenigen positiven Momente des Spiels.
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alten Freunde und Kameraden anzutreten, mit denen ihn immer noch sehr viel verbinde. Punktgleich gingen die beiden Mannschaften ins Spiel, das nach Kommentatorenlage darüber entscheiden sollte, wen es in Zukunft nach oben ziehen und wen in der Tabelle nach unten drücken würde. Der Spielverlauf spiegelte indes eher die uninteressante Mittelposition beider Teams in der Tabelle wieder, woran die taktische Ausrichtung der Mainzer wesentlichen Anteil hatte. Trainer Tuchel hatte seine Truppe extrem defensiv eingestellt, wissend, dass man die schnellen Hoffenheimer Angreifer schon in der Spielentfaltung stören musste. Und so verschob Mainz seine zwei starken Defensivreihen permanent und äußerst effizient, während 1899 sich mit Querpässen und Läufen entlang der Mainzer Viererreihen abmühte und selten genug den Weg nach vorn fand. In der 10. Minute hatte Compper zwar die erste Gelegenheit nach einem Eckball, aber er köpfte weit übers Tor. In der 18. Minute schoss Polanski für die Mainzer knapp an Hildebrands Gehäuse vorbei. Ähnliches vollbrachte Ibisevic sechs Minuten später. In der 36. Minute hatte Ba Torhüter Müller per Kopf schon überwunden, aber kurz vor der Torlinie schlug ein Mainzer Verteidiger den Ball gerade noch weg. Das waren die Höhepunkte in der ersten Halbzeit, sie waren rar gesät. Die Zuschauer hofften auf mehr Dramatik nach der Pause. Unverändert kamen beide Teams zurück aufs Grün. Doch schon nach knapp zehn Minuten verletzte sich Demba Ba und wurde gegen Prince Tagoe ausgewechselt. Am Spielverlauf änderte das nichts, weiter erstickte Mainz die Hoffenheimer Kreise schon im Ansatz, so dass es erst in der 68. Minute zu einer aussichtsreichen Chance
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger (80. Vukcevic), Simunic, Compper, Eichner, Weis (72. Herdling), Salihovic, Maicosuel, Carlos Eduardo, Ba (57. Tagoe), Ibisevic
1. FSV MAINZ 05
H. Müller, Zabavnik, Svensson, Noveski, Fathi, Polanski, Karhan, Soto (90. Bungert), Simak (62. Schürrle), Ivanschitz (88. Szalai), Bance
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Bance (69.)
SCHIEDSRICHTER Meyer (Burgdorf)
GELBE KARTEN Simak für Tagoe kam. Ibisevic hatte aufgelegt, doch Tagoes Schuss aus 16 Metern strich an Müllers Gehäuse vorbei. Man hatte den Eindruck, dass sich auch nach weiteren drei Stunden Spielzeit nichts am chancenarmen, torlosen Verlauf der Partie ändern würde. Aber weit gefehlt. Schon eine Minute später wurde ein neuerlicher Angriffsball der Hausherren im Sechzehner von Soto per Fallrückzieher aus dem Strafraum geschlagen, der Ball segelte in hohem Bogen fast bis zur Mittellinie, wo ihn Bancé aufnahm. Was dann geschah, war ein echter, imgrunde der einzige Höhepunkt dieser etwas langweiligen Partie: leider zugunsten von Mainz. Denn der gefärbte Blondschopf zog los, kaum dass er den Ball auf dem Fuß hatte, als wäre ein Hornissenschwarm hinter ihm her, umspielte bzw. tunnelte Compper und Simunic und gab danach noch mehr Gas, stürmte nun allein in riesigen Schritten übers halbe Spielfeld von halbrechts auf Timo Hildebrand zu – und versenkte die Kugel mit einem fulminanten Schuss im langen Eck! Hildebrand bekam die Hand noch leicht an den Ball, aber das reichte nicht, den Schuss zu entschärfen. Zu Spekulationen betreffend die Haltbarkeit gab er nach dem Spiel trocken zu Protokoll: „Wenn er haltbar gewesen wäre, hätte ich ihn auch gehalten.“
In der Folge wurde Weis, der viel gearbeitet hatte, aber noch nicht ganz bei Kräften war, gegen Kai Herdling ausgetauscht, der damit zu seinem Bundesligadebüt kam. Später lief Vukcevic für Ibertsberger auf, um die Offensive weiter zu verstärken. Doch es nützte alles nichts – obwohl Hoffe den Ball nun endlich etwas entschiedener, wenn auch immer noch ziemlich ratlos nach vorn trieb und taktische Rücksichten fallen ließ. Die Fans quittierten das Resultat denn auch deutlich mit Pfiffen. Dazu sagte Salihovic: „Wir sind sehr enttäuscht. Wir haben alles probiert, aber es ging nichts. Dass die Fans dann pfeifen, ist normal.“ Ob wirklich alles probiert worden war, darüber gab es geteilte Meinungen. Manche Medien sprachen gar von Rumpelfußball, was etwas übertrieben war. Doch auch Dietmar Hopp äußerte sich unzufrieden: „Es ist für mich schwer nachvollziehbar, dass man so wenig Einsatz zeigen kann. Ich habe keine Erklärung für den Zustand der Mannschaft.“ Wenige Tage später kam es in seinem Privatdomizil zu einem Gedankenaustausch mit Trainer Ralf Rangnick, bei dem die Ziele und Erwartungen durchgesprochen und neu justiert wurden. „Ich bin mit ganzem Herzen hier Trainer und gedenke auch nicht, nächste Saison irgendwo anders Trainer zu sein“, sagte Ralf Rangnick, als in den Medien darüber spekuliert wurde, er würde seinen Vertrag mit Hoffenheim vielleicht nicht verlängern wollen. n
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26. SPIELTAG | Werder Bremen
14. MÄRZ 2010
1899 Hoffenheim – Werder Bremen 0:1 Ungefähr vier Wochen zuvor waren Bremen und Hoffenheim im Pokal-Viertelfinale aufeinander getroffen, es bedeutete tabellenbedingt das Aus für die diesjährigen internationalen Träume im Kraichgau. Dabei war die Partie, wie eigentlich immer, wenn es gegen Bremen ging, offen verlaufen und hätte nicht unbedingt verloren werden müssen. Schiedsrichter war im Übrigen hier wie dort Peter Sippel, der die Partien jeweils souverän leitete. junge Finne mit nach vorn und gab dem Spiel von 1899 etwas von der verlorengegangenen Dynamik wieder. Bei Werder fehlte nach einer anstrengenden Europapokalwoche Özil mit Rückenproblemen, während Marin aus Kraftgründen zunächst auf der Bank Platz nahm.
Nachdem Hoffe im Liga-Alltag eine Woche zuvor etwas unrühmlich gegen Mainz verloren hatte, gab Ralf Rangnick nun die Devise aus: „Ziel ist es, dass wir den Fans zeigen, dass wir willens und in der Lage sind, sowohl bei eigenem als auch bei gegnerischem Ballbesitz gut zu spielen.“ Die Zeichen standen also auf Wiedergutmachung. Zwar fehlten nach überstandener Rotsperre immer noch Luiz Gustavo, der wegen einer Reizung der Achillesferse auf der Bank saß, sowie Andreas Ibertsberger, Chinedu Obasi, Andreas Beck und Demba Ba, aber dafür lief zu seinem Bundesligadebüt Jukka Raitala auf. Seine Interpretation der Position des rechten Verteidigers war von überzeugender Frische. Oft stürmte der
102 SAISONCHRONIK 2009/10
Es war den Hoffenheimer Akteuren anzumerken, dass sie mit hoher Motivation ins Spiel gingen. Zweikämpfe, Laufbereitschaft, Pressing, Steilpässe, wenig Querpässe: alles war, wie es sein sollte, die Hoffenheimer zogen an einem Strang und versuchten sich in einer Art kontrollierten Offensive. Angesichts der großen Bremer Routine mussten sie sich dennoch mit Geduld wappnen, besonders die beiden hochgewachsenen Innenverteidiger Naldo und Mertesacker schienen nahezu unüberwindbar und eroberten jeden hoch geschlagenen Ball. Trotzdem gelang es Hoffenheim im Verlauf der ersten Halbzeit, den Bremer Abwehrriegel zunehmend in Verlegenheit zu bringen, so dass sich für Carlos Eduardo in der 28. und für Maicosuel in der 34. Minute beste Gelegenheiten zur Führung boten, allerdings ohne das ersehnte Tor zu erzielen. Umgekehrt hatte man Glück, dass Bremen ebenfalls nicht traf: Borowski vergab in der 25. Minute eine Hereingabe von Hunt, während Mertesacker nach einem Eckball aus vier Metern an Hildebrand scheiterte. Ein typisches 0:0-Spiel zeichnete sich bislang ab, das nach der Pause unter ähnlichen Vorzeichen
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Raitala (86. Terrazzino), Simunic, Compper, Eichner, Weis, Salihovic, Vukcevic, Carlos Eduardo (83. Luiz Gustavo), Ibisevic (72. Tagoe), Maicosuel
WERDER BREMEN
Wiese, Fritz, Mertesacker, Naldo, Pasanen, Borowski, Frings (69. D. Jensen), Bargfrede, Hunt (67. Marin), Pizarro, Almeida (90. Rosenberg)
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Pizarro (80.)
SCHIEDSRICHTER Sippel (München)
GELBE KARTEN Simunic
seinen Fortgang nahm. Hier und da kam es bei allem ehrlichen Bemühen nur sehr gelegentlich zu echten Chancen, die auf beiden Seiten ungenutzt blieben. Die Zuschauer, aber auch die Akteure auf dem Platz schienen sich denn auch zunehmend in der gerechten Punkteteilung einzurichten, so dass etwa ab der 70. Minute niemand mehr einen entscheidenden Richtungswechsel erwartete. Die relative Ruhe auf dem Platz sollte sich jedoch als trügerisch erweisen, jedenfalls auf Hoffenheimer Seite, wo trotz allem Gleichmaß die höheren Spielanteile lagen. Und zwar hatte Bremen um die 70. Minute herum Jensen und Marin für Frings und Hunt eingewechselt, während bei Hoffenheim nun Prince Tagoe statt des glücklosen Ibisevic stürmte. Im Pokalfight hatte er kurz nach seiner Einwechslung noch getroffen, diesmal glückte das Wechselspiel nicht. Der Bremer Abwehrblock, teilweise aus neun Mann, stand sicher und absorbierte jeden ankommenden Ball. Marin dagegen frischte die Bremer Offensive spürbar auf, in der 80. Minute konnte er gerade noch von Simunic gestoppt werden. Aber noch in derselben Spielminute flankte Jensen einen hohen Ball in
den Hoffenheimer Strafraum, der vom bis dahin eher unsichtbaren Pizarro in einen Heber über Hildebrand hinweg umgewandelt wurde. Aus dem Nichts heraus stand es 0:1. „Claudio ist eben immer für ein Tor gut. Eine Chance, patsch, Tor“, kommentierte Tim Wiese nach dem Spiel die Aktion. Völlig konsterniert von dieser insgesamt ungerechtfertigten Bremer Führung so kurz vor Schluss versuchte 1899 alles, um noch den Ausgleichstreffer zu erzielen. Doch die Köpfe und Beine waren schwer, der erneute Rückschlag setzte den Spielern sichtbar zu. Und Carlos Eduardo zog sich, als er in der 83. Minute gegen Luiz Gustavo ausgewechselt wurde, verärgert das Trikot über den Kopf und verschwand grußlos in den Katakomben. Die Verantwortlichen nahmen ihn dafür später ins Gebet: eine Grillparty, von Carlos Eduardo fünf Tage darauf zur Entschuldigung für das ganze Team gegeben, verhinderte jedoch eine explizite Strafe. „Ohne Demba Ba und Obasi fällt uns das Toreschießen schwer“, sagte Ralf Rangnick nach der Partie. „Aber meine Jungs haben es über weite Strecken richtig gut gemacht. Sie haben läuferisch alles gegeben.“ Die Zuschauer sahen es genauso, Pfiffe wie gegen Mainz blieben aus. Denn die Mannschaft hatte bravourös gekämpft und nur unglücklich verloren. In den Medien begann man indes darüber zu spekulieren, ob Hoffe am Ende noch in den Abstiegskampf verwickelt werden könnte. Für die Fans war das keine Frage. Das Spiel gegen Bremen war ein Ausweis für fehlendes Glück, nicht für fehlende Leistung. So sah es auch Jan Schindelmeiser, der vor dem Spiel einen Charaktertest für die Mannschaft ausgerufen hatte: „Der Test wurde bestanden. Der Auftritt der Jungs war ohne Tadel.“ n
Gut gekämpft, aber unglücklich verloren. Tim Wiese tröstet Compper.
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27. SPIELTAG | 1. FC Nürnberg
20. MÄRZ 2010
1. FC Nürnberg - 1899 Hoffenheim 0:0 Ibertsberger und Beck wieder zurück: das war die gute Nachricht vor dem Spiel. Wobei Beck zunächst nur zur Einwechslung bereit stand, um seine frische Genesung nicht zu gefährden. Klar war, dass Nürnberg im akuten Abstiegskampf alles daran setzen würde, das Spiel zu gewinnen. Hoffenheim dagegen wollte ebenfalls punkten, am besten als Sieger vom Platz gehen, in jedem Fall aber nicht verlieren. Letzteres gelang.
Eigentlich war die Punkteteilung aus Hoffenheimer Sicht eine Art Soll-Übererfüllung. Chancen zur Führung gab es zuhauf, während Nürnberg offensiv mehr oder weniger enttäuschte und sich fast nur aufs Zumauern des eigenen Tors verlegte. Dabei hatte 1899 fest auf Konterchancen gerechnet – Nürnberg würde kommen müssen, hatte man gedacht, um die überlebenswichtigen Punkte zu holen. Aber Nürnberg kam nicht… Und darum übernahm Hoffe nach ein paar abgewarteten Minuten zu Beginn, in denen Nürnberg wenig bis gar nichts nach vorn unternahm, ungeplant die Führung des Spiels.
te in die Mitte, wo Ibisevic stand. Der Bosnier zog aus kurzer Distanz ab, doch Pinola konnte auf der Linie stehend gerade noch klären. Der weggetretene Ball landete bei Carlos Eduardo, der ihn aus zehn Metern an die Querlatte knallte: damit war die Chance endgültig vorbei. Es sah aus wie eine höchst leichtfertig vergebene Riesenchance. Aber Carlos Eduardo hatte zwei Verteidiger und den Torhüter auf der Linie zu überwinden, so dass er kraftvoll und hoch ansetzen, also hohes Risiko gehen musste, um erfolgreich zu sein. Aus dem Lattentreffer war ihm darum kein Vorwurf zu machen.
In der 13. Minute dribbelte Salihovic auf der linken Seite bis nahe an die Grundlinie und flank-
Leider war damit auch der Höhepunkt der ersten Halbzeit überschritten. Bis zum Pausenpfiff
104 SAISONCHRONIK 2009/10
tat Hoffe sich schwer, noch einmal ähnlich gefährlich vors Nürnberger Tor zu kommen. Die Gastgeber versammelten sich nach der überstandenen Gefahren-Situation mit allem, was laufen konnte, in der eigenen Hälfte und zogen die Räume eng und enger. Das machte es schwer, mit Fernschüssen zu punkten oder mit einem tödlichen Pass durch die vielen Nürnberger Beine hindurch den Weg zum Tor zu finden. Nach der Pause versuchte der Club endlich, um Mintal verstärkt, sich mehr offensive Anteile zu erarbeiten. Meistenteils blieb es jedoch beim Versuch, bis auf ein einziges Mal, als Hildebrand in der 68. Minute einen scharfen, seitlichen Schuss von Choupo-Moting von der Strafraumgrenze nur in die Mitte abwehren konnte. Aber es war kein Nürnberger zurstelle, um den freien Ball zu verwerten. Für den gesamten Rest der zweiten Halbzeit sorgten die aufmerksamen Hoffenheimer dafür, dass die Nürnberger Angriffsversuche meist im Mittelfeld, sonst in der Abwehr stecken blieben. In der 57. Minute hatte Ibisevic zum zweiten Mal eine Riesenchance, 1899 in Führung zu schießen, und das gleich doppelt. Mit einem langen Ball von links aufs Tor zulaufend, zog er ab, doch Torhüter Schäfer parierte mit einem grandiosen Reflex. Der zurückspringende Ball
1. FC NÜRNBERG
landete wieder bei Ibisevic, der nochmal abzog – wieder hatte Schäfer den Ball. Hätte Ibisevic abgelegt, wäre ein Tor nahezu sicher gewesen. So jedoch blieb es beim Unentschieden als Folge eines von Abstiegsangst und Chancenunsicherheit geprägten Spiels, das durch wenige Höhepunkte und viel harte Arbeit geprägt war. Erfreuliche Akzente setzte wenigstens die Einwechslung von Andi Beck in der 72. Minute. Sein Überblick, seine Ballbehandlung, seine Vorstöße über links waren ein Genuss und erinnerten an überragende gesamtmannschaftliche Spielmomente. Wirklich erfreulich war an diesem sportlichen Aufeinandertreffen die Haltung des Nürnberger Publikums. Als wie in fast allen deutschen Stadien irgendwann plumpeste Sprechchöre gegen Dietmar Hopp durchs Oval hallten, erhoben sich alsbald Pfiffe dagegen: doch nicht nur vonseiten der mitgereisten Hoffenheimer Fans. Sondern das Nürnberger Publikum selber pfiff gegen die hässlichen Sprechchöre an und erwies sich damit als herausragend guter Gastgeber. n Air Ibertsberger: auskuriert und motiviert!
R. Schäfer, Diekmeier, Wolf, Maroh, Pinola, Ottl, Tavares (46. Mintal), Risse, Gündogan, Frantz (75. Charisteas), Choupo-Moting (84. Boakye)
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Ibertsberger, Simunic, Compper, Eichner (71. Beck), Weis, Luiz Gustavo, Salihovic, Carlos Eduardo (87. Vukcevic), Maicosuel, Ibisevic (72. Tagoe)
ZUSCHAUER 40.421
TORE
SCHIEDSRICHTER Kinhöfer (Herne)
GELBE KARTEN Maroh Simunic, Ibertsberger 105
28. SPIELTAG | SC Freiburg
28. MÄRZ 2010
1899 Hoffenheim – SC Freiburg 1:1 Wenige Tage vor der Partie verlängerte Tobias Weis mit einem Zweijahresvertrag sein Engagement bei 1899 Hoffenheim. „Es war eine Herzensangelegenheit“, sagte der quirlige, wertvolle Mittelfeldspieler, bei dem immerhin auch die Bayern vorstellig geworden waren. Und einige Tage später zog Hoffenheim seine Kaufoption für Jukka Raitala und band das finnische Abwehrtalent endgültig an sich. Zudem meldete sich Obasi zurück in den Kader. Noch war er zwar nicht fit für einen Einsatz über 90 Minuten, aber er saß schon auf der Bank: jeder im Stadion erhoffte sich von seiner möglichen Einwechslung das Ende der nun schon 270 Minuten andauernden Torflaute der Kraichgauer. Das Baden-Derby wurde von den Freiburger Fans mit den etwas sinnlosen Sprechchören „Ihr seid keine Badener“ eröffnet. Wen sie damit ärgern oder vielleicht provozieren wollten, blieb ihr Ge-
heimnis. Die Stimmung im Stadion war insgesamt jedoch durchweg frei von großen Spannungen, es kam zu keinerlei Zwischenfällen, Störungen oder Schmähungen – wie es sich für ein Derby unter Badenern gehört. Umso mehr Spannung schien im Trainerstab von 1899 Hoffenheim angelegt zu sein. Je länger die erste Halbzeit andauerte, je öfter sah man Trainer Rangnick an der Seitenlinie auftauchen und seiner Verärgerung Luft machen. Auslöser dafür waren nicht allein die vielen unnötigen Zweikämpfe und ideenlosen Fehlpässe seiner Jungs, sondern vor allem eine Szene aus der 17. Minute. Nach einem Freiburger Abwehrpatzer stürmte Ibisevic allein auf Torhüter Pouplin zu – doch statt auf den seitlich mitgelaufenen Carlos Eduardo abzuspielen, der nur noch hätte einschieben müssen, versuchte Ibisevic es selbst und scheiterte am Freiburger Torhüter. So viel Eigensinn brachte den Trainer auf die Palme, zumal es im letzten Spiel gegen Nürnberg eine ganz ähnliche Szene gegeben hatte. Die Freiburger verfielen nach der deutlichen Chance für etwa 20 Minuten in eine Art Schockstarre, in denen Hoffe aber keine neue Torgefahr entwickelte. Danach wurde die Partie wieder auf Augenhöhe geführt, wenn auch auf niedrigem Niveau. Erst in der 45. Minute kam es neuerlich zu einer ansehnlichen Chance: leider vergab Simunic Maicosuels Hereingabe nach Freistoß von der linken Seite, indem er den Ball einen halben Meter über die Querlatte köpfte. Das schwache Spiel beider Mannschaften führte zu vereinzelten Pfiffen beim Pausengang. Das Publikum hatte sich einfach mehr von dieser Partie erhofft – doch nicht nur das Publikum, auch Hoffenheims sichtbar erzürnter Trainer. Und so
106 SAISONCHRONIK 2009/10
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Weis, Luiz Gustavo (69. Obasi), Salihovic, Carlos Eduardo, Ibisevic (46. Vukcevic), Maicosuel (46. Tagoe)
1899 HOFFENHEIM
Pouplin, Mujdza, Barth, Butscher, Bastians, Schuster, Flum, Abdessadki (84. Caligiuri), Makiadi (71. Krmas), Jäger (88. Bechmann), Idrissou
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Idrissou (64.) 1:1 Simunic (80.)
SCHIEDSRICHTER Dr. Fleischer (Sigmertshausen)
GELBE KARTEN Simunic Makiadi, Mujdza
kam es zu einer für ihn höchst ungewöhnlichen Auswechslung, indem Maicosuel und Ibisevic in der Kabine bleiben mussten. Für sie spielten Tagoe und Vukcevic. Eine inhaltsreiche Kabinenansprache hatte es wohl ebenfalls gegeben, denn 1899 ging gleich nach der Pause deutlich druckvoller zu Werke. Das vermehrte Engagement mündete allerdings auch in die zehnte gelbe Karte für Simunic, die er sich in der 48. Minute zuzog, als er das Trikot eines Gegenspielers auf Reißfestigkeit prüfte. Für das nächste schwere Spiel gegen Wolfsburg war er damit gesperrt.
In der 64. Minute erwischte Luiz Gustavo einen rabenschwarzen Moment, sein verunglückter Querpass konnte von Flum aufgenommen werden. Der Freiburger machte sich, verfolgt von Compper, auf in Richtung Hildebrand, scheiterte jedoch am Hoffenheimer Torhüter – nur dass dessen Abwehr Flum gleich wieder vor die Füße geriet. Diesmal spielte der Freiburger auf Idrissou ab, der aus sechs Metern nur noch ins leere Tor einzuschieben brauchte. Trainer Rangnick wechselte Luiz Gustavo daraufhin umgehend gegen Obasi aus – auch um der Offensive neuen Schwung zu verleihen, denn nach der Führung stellte sich Freiburg mit zehn Mann in die Verteidigung. Ungefähr zehn Minuten lang mühte sich Hoffenheim vergeblich, wieder Tritt in der Partie zu fassen. Dann orderte Rangnick Simunic nach vorn – gedankenschnell reagierte Salihovic mit einem Pass übers halbe Spielfeld auf Carlos Eduardo, der Simunic mustergültig bediente. Und in bester Stürmermanier erzielte der lange Verteidiger mit einem Schuss aus 14 Metern ins lange Eck den Ausgleich. Hoffenheim drängte nun massiv nach vorn, es war, als sei nach torlosen 350 Minuten endlich der Knoten geplatzt. Doch so nah die Schüsse von Tagoe, Weis und Vukcevic dem Freiburger Tor auch kamen, der Erfolg blieb aus. Insgesamt konnte Freiburg so einen zwar nicht unverdienten, zuletzt aber glücklichen Punkt von Nordbaden mit nach Südbaden nehmen. n
Es dauerte zehn Minuten, bis auch Freiburg wieder offensiv wurde. In der 60. Minute entwischte Carlos Eduardo darum nach einem sehenswerten Pass von Tagoe den gelockerten Freiburger Abwehrreihen und konnte nur noch per Foul gebremst werden. Dafür wäre eigentlich eine rote Karte fällig gewesen, aber Schiri Dr. Helmut Fleischer beließ es bei Gelb. Es war seine zweite krasse Fehlentscheidung: schon in der 2. Spielminute, gleich zu Beginn der Partie, hatte er das Handspiel eines Freiburgers im eigenen Strafraum übersehen und Hoffenheim wie so oft schon den fälligen Strafstoß verwehrt.
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29. SPIELTAG | VfL Wolfsburg
4. APRIL 2010
VfL Wolfsburg - 1899 Hoffenheim 4:0 Wie immer hatte sich 1899 Hoffenheim viel vorgenommen, doch es kam zu einer bitteren Niederlage. Und auf der Tribüne verfolgte Dietmar Hopp das Geschehen auch noch live. Er war zum Auswärtsspiel mitgefahren, was wegen der vielfältigen Fan-Aversionen anderer Vereine gegen ihn viel zu selten möglich war und leider nicht belohnt wurde. Was er zu sehen bekam, war in der ersten Halbzeit immerhin eine gediegene Leistung seiner Hoffenheimer Truppe, die nur nicht mit Toren aufwarten konnte. Natürlich gab es auch diesmal etliche Ausfälle zu beklagen. Simunic, der sich beim 1:1 gegen Freiburg die zehnte Gelbe Karte abgeholt hatte, wurde von Pelle Nilsson vertreten. Hildebrand musste wegen Problemen im Lendenwirbelbereich passen, so dass Haas zwischen den Pfosten stand. Außerdem spielte Vukcevic für Weis, der noch an den Folgen eines grippalen Infekts laborierte. In der Anfangsphase dominierte 1899 die Partie: frei das Tempo bestimmend und darin vom zaghaften Gastgeber großzügig unterstützt, indem
Wolfsburg sein Heimpublikum nicht zum ersten Mal in dieser Saison auf die Folter spannen zu wollen schien und dem Gast aus dem Kraichgau viele Freiräume bot. Nilsson vergab in der 16. Minute die erste Großchance, als er nach Hereingabe durch Maicosuel am Fünfmeterraum unbedrängt hochstieg, den Ball per Kopf aber neben das Tor setzte. Die Hoffenheimer ließen nicht nach: Ibisevic behielt in der 24. Minute am Elfmeterpunkt gegen drei Wolfsburger die Übersicht und gab per Hackentrick auf Maicosuel weiter. Der Brasilianer fand aber im nach langer Verletzung wieder genesenen Benaglio seinen Meister. Unverdrossen machte Hoffenheim das Spiel und hatte eindeutig die besseren Chancen. Doch wie so oft in dieser Saison fehlte das Glück oder auch der letzte Durchsetzungswille, bis irgendwann der Gegner davon profitierte: diesmal war es Dzeko, der in 25. Minute nach einer Flanke von Gentner aus fünf Metern einnickte. 1899 brauchte ein paar Minuten, um den Schock eines erneuten Gegentreffers bei eigenem Übergewicht zu verarbeiten, gab in den letzten zehn Minuten vor der Pause aber noch mal Gas. Nach Hereingabe von Beck, der viel Freiraum genoss, jagte Vukcevic den Ball übers Tor (38.), kurz darauf scheiterte Carlos Eduardo, der genau auf Benaglio abzog (42.). Wieder war Beck der Flanken-
108 SAISONCHRONIK 2009/10
geber gewesen, Ibisevic hatte den Ball weitergeleitet. Nach der Pause brachte Rangnick Obasi für Ibertsberger und setzte also auf noch mehr Offensivkraft. Luiz Gustavo nahm den Platz von Ibertsberger hinten links ein. Daraus resultierte aber leider eher eine Schwächung: erst foulte Luiz Gustavo nah am Strafraum seinen Gegenspieler und bekam dafür Gelb, dann stand er beim darauffolgenden Freistoß von Misimovic zu weit weg von Barzagli. Der Verteidiger nutzte die unverhoffte Freiheit und köpfte in der 51. Minute aus sechs Metern ein. Luiz Gustavo wurde sieben Minuten später gegen Eichner ausgewechselt. Dieser zweite schnelle Treffer für Wolfsburg nach der zweiten echten Chance ließ die Hoffenheimer Zuversicht zerbrechen. Wolfsburg bestimmte jetzt das Spiel, nur einmal noch kam 1899 bei einem Freistoß von Salihovic in der 60. Minute wirklich gefahrvoll nach vorn. Trotzdem ackerte die Mannschaft und bemühte sich sichtbar, vielleicht doch noch einmal den Anschluss zu finden. Wolfsburg wartete unterdessen clever auf Fehler und beutete Hoffenheims vertrackte Lage maximal aus. Erst zog Misimovic in der 74. Minute mit links fulminant ab und ließ Haas keine Chance. Nur knapp eine Minute später verwandelte Dzeko eine Weitergabe von Grafite und stellte damit den traurigen Endstand her. Nüchtern betrachtet, war Hoffes Niederlage um mindestens zwei Tore zu hoch ausgefallen. Mit etwas mehr Glück hätte beim VfL Wolfsburg mehr herausspringen können. Vedad Ibisevic fasste wenigstens den sportlichen Verlauf treffsicher zusammen: „Wir haben das Spiel im ersten Durchgang bestimmt, haben aus unserer Überlegenheit aber leider kein Kapital schlagen können. Das geht schon fast die ganze Saison so. Wir müssen weiter hart arbeiten und uns in kleinen Schritten wieder Selbstvertrauen holen.“ Marvin Compper sagte nicht weniger zutreffend: „Es bringt uns nichts, dass wir in der ersten Halbzeit gut gespielt haben. Wille und Aufwand waren da, der Ertrag hat wieder einmal gefehlt.“ n
VFL WOLFSBURG
Benaglio, Pekarik, Riether, Barzagli, M. Schäfer, Josue (46. Santana), Hasebe (83. Kahlenberg), Gentner (81. Dejagah), Misimovic, Grafite, Dzeko
1899 HOFFENHEIM
„Wille und Aufwand waren da, der Ertrag hat gefehlt“, sagte Marvin Compper nach dem Spiel.
Haas, Beck, Nilsson, Compper, Ibertsberger (46. Obasi), Vukcevic, Luiz Gustavo (58. Eichner), Salihovic, Carlos Eduardo, Maicosuel (64. Tagoe), Ibisevic
ZUSCHAUER 28.107
TORE
1:0 Dzeko (25.) 2:0 Barzagli (51.) 3:0 Misimovic (74.) 4:0 Dzeko (75.)
SCHIEDSRICHTER Kircher (Rottenburg)
GELBE KARTEN Beck, Luiz Gustavo
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30. SPIELTAG | 1. FC Köln
10. APRIL 2010
1899 Hoffenheim – 1. FC Köln 0:2 Das Spiel selbst ist rasch zu umreißen. In einer höchst mittelmäßigen ersten Halbzeit versuchte 1899 Hoffenheim immerhin noch, spielerische Impulse zu setzen, tat sich gegen laufbereite zehn Kölner in der eigenen Abwehr aber schwer. Es war allerdings nicht zu sehen, dass die Mannschaft völligen Ehrgeiz entwickelte. Gleich zu Beginn der zweiten Halbzeit, in der 46. Minute, drehte sich die Partie, als für die bislang chancenlosen Kölner Matuschyk aus 25 Metern mit einem Sonntagsschuss die Führung erzielte. Bei 1899 verursachte das Tor eine vermehrte Stockung des ohnehin schon stockenden Spiels: Ratlosigkeit, Mutlosigkeit, teils auch Verdrossenheit, sogar Lustlosigkeit machten sich breit. Der negative Höhepunkt war erreicht, als Ibisevic in der 75. Minute aus acht Metern freistehend den Ball volley gut einen Meter übers Tor jagte. In fußballerischer Konsequenz erzielte Köln, wieder durch Matuschyk, der mit dem Ball ungestört durch die gesamte Hoffenheimer Abwehr spazierte, in der 81. Minute das 0:2. In den letzten Minuten ging dann gar nichts mehr auf Hoffenheimer Seite. Die spielumgebenden Geschehnisse nahmen diesmal mehr Raum ein und markierten einen besonderen Moment in der jungen Hoffenheimer Fußballgeschichte. Zum ersten Mal war es schon in der ersten Halbzeit zu Pfiffen des Publikums gekommen, das spürte, wie zerfahren, verschattet, zielverloren die Mannschaft agierte – und das
nicht erst seit zwei Spielen. Hoffenheim war zu diesem Zeitpunkt die zweitschlechteste Mannschaft der Rückrunde, Tore fielen nur noch äußerst rar. Vor allem jedoch war der Hoffenheimer Spielwitz verloren gegangen, jenes blitzschnelle Agieren und bedingungslose füreinander Laufen und Einstehen. Stattdessen hatte zunehmend eine Lähmung auf allen Ebenen die Mannschaft befallen: körperlich, geistig, seelisch. Das Spiel gegen Köln markierte nach der Niederlage gegen Mainz den bisherigen Tiefpunkt, so dass während und nach der zweiten Halbzeit das Heimpublikum gegen die eigene Mannschaft zunehmend Sprechchöre aufbot, die von den Kölner Fans hätten stammen können – infolge einer DFB-Entscheidung waren allerdings nur ein paar hundert von ihnen auf Nebenwegen ins Stadion gelangt. Denn als Konsequenz etlicher Ausschreitungen hatte der DFB verfügt, dass der Gästeblock bei diesem Spiel für die Kölner Fans gesperrt blieb. Gellende Pfiffe der eigenen Fans markierten also das Ende der Partie – und wie schon in
110 SAISONCHRONIK 2009/10
1899 HOFFENHEIM
Haas, Beck, Gulde, Simunic, Eichner, Weis, Luiz Gustavo (60. Tagoe), Salihovic, Carlos Eduardo, Ibisevic, Obasi
1. FC KÖLN
Mondragon, Brecko, McKenna, Geromel, Ehret, Maniche (89. Cullmann), Petit, Matuschyk (90. Ishiaku), Freis, Novakovic, Podolski (87. Brosinski)
ZUSCHAUER 26.950
TORE
0:1 Matuschyk (46.) 0:2 Matuschyk (82.)
SCHIEDSRICHTER Perl (München)
GELBE KARTEN Salihovic Novakovic, Maniche
lage und der Tiefe der Fehlentwicklungen zu verschaffen. Im Laufe der Woche fanden auch innerhalb der sportlichen Abteilung viele Gespräche statt – wobei immer deutlicher wurde, dass es am guten Willen nicht fehlte. Unleugbar hatten sich jedoch über Wochen und Monate massive Fehlhaltungen ergeben. Alles das wirkte im sonst so beschaulichen Hoffenheimer Fußballbetrieb irgendwie unerhört – zeigte aber nur, dass Verein und Mannschaft nach jahrelanger, steiler Aufwärtsentwicklung nun die sauren Trauben des Alltagsgeschäfts zu schmecken bekamen. So war es denn auch keine Frage, den Stuhl des Trainers neu zu beschicken oder andere überstürzte, harte Einschnitte vorzunehmen: was bei den vielen Gesprächen herauskam, war vielmehr ein gestärkter, neuerlicher Wille zum Zusammenhalt. Klar war aber auch, dass die Abwärtsspirale in den letzten vier Spielen unbedingt gestoppt werden musste. An Herausforderungen dazu fehlte es nicht: bis zum Saisonende standen noch Dortmund, Hamburg, Frankfurt und Stuttgart im Kalender. n
Kein gutes Spiel zum ersten Mal gab es in Hoffenheim deutlichen Unmut der eigenen Fans zu erleben.
Wolfsburg war der finale Gang der Spieler zur Fankurve kein leichter, sondern ein langer, steiniger Weg. Und als später der Mannschaftsbus aus dem Stadion rollen wollte, blockierten um die 200 Fans die Abfahrt: eine Viertelstunde lang, bis Chef-Trainer Rangnick, die Spieler Salihovic und Eichner sowie Geschäftsführer Jochen A. Rotthaus angetreten waren und mit ihnen gesprochen hatten. Der Trainer mutmaßte, dass die Fans sich derlei Verhalten von anderen Vereinen abgeschaut hatten. Aber es blieb doch festzuhalten, dass die Fans sich insgesamt trotz ihrem später von Dietmar Hopp als prinzipiell berechtigt bezeichneten Unmut insgesamt sehr gemäßigt aufführten; von Gewalt oder auch nur Nähe zu Gewalt war nichts zu spüren. Die Ereignisse riefen Dietmar Hopp auch im Weiteren auf den Plan. Ihm war klar, dass hier eine Negativspirale in Gang gesetzt und dringend gekappt werden musste, so dass er für die nächsten Tage Gesprächsrunden einberief mit den Verantwortlichen und mit Spielern, um sich einen bestmöglichen Eindruck von der Gesamt-
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31. SPIELTAG | Borussia Dortmund
18. APRIL 2010
Borussia Dortmund - 1899 Hoffenheim 1:1 Selten war ein Spiel, das vom Tabellenstand her so wenig Bedeutung aufwies, mit soviel Spannung erwartet worden – auf Hoffenheimer Seite. Umgekehrt versprach sich Dortmund, begünstigt durch einen Patzer von Leverkusen, das zum Saisonende wieder mal einbrach, von der Partie den Sprung auf Platz 3. Es war lang her, dass die Borussen von der Champions-League hatten träumen können, umso geballter waren nun die Erwartungen. Hoffenheim wiederum träumte davon, den mannschaftlichen Zerfall aufzuhalten, umzukehren und den besonderen Zusammenhang des Vereins zu behaupten – nach einer Woche voller Gespräche, Absichtserklärungen und eindringlicher Appelle.
112 SAISONCHRONIK 2009/10
BORUSSIA DORTMUND
Weidenfeller, Owomoyela, Subotic, Hummels, Dede, Blaszczykowski (82. Feulner), S. Bender, Zidan (29. Valdez), Sahin (21. Hajnal), Großkreutz, Barrios
1899 HOFFENHEIM
Hildebrand, Beck, Simunic, Compper, Ibertsberger, Weis, Gustavo (46. Gulde), Salihovic, Obasi (63. Maicosuel), Tagoe (63. Ibisevic), Eduardo
ZUSCHAUER 80.100
TORE
1:0 Valdez (57.) 1:1 Ibisevic (89.)
SCHIEDSRICHTER Stark (Ergolding)
GELBE KARTEN Weidenfeller, Dede Gustavo, Simunic, Ibertsberger
Es war somit für Spannung auf beiden Seiten gesorgt. Dortmunds Geschäftsführer Watzke hatte im Vorfeld natürlich wieder gegen Dietmar Hopp gestichelt, um die 80.000 im Signal-IdunaPark anzuheizen – die verbale Attacke fiel aber vergleichsweise harmlos aus. Dennoch schallten gleich zu Spielbeginn die bekannten üblen Sprechchöre durch das gewaltige Stadion, ohne dass wie in Nürnberg das Heimpublikum dagegen einschritt. Dortmund und Hoffenheim – da herrschte keine Freundschaft, seit die Dortmunder bei bisher jeder Begegnung in der 1. Liga für unentschuldbare Ausfälle gesorgt hatten. Als das Spiel begann, sah jeder, der mit Hoffenheim fühlte, dass heute eine andere Mannschaft auf dem Platz stand – aber nicht als Kader, dessen Besonderheit allein im Wechsel der Sturmspitze lag. Prince Tagoe war für Ibisevic in die Startaufstellung gelangt, ansonsten war nur die Rückkehr von Hildebrand ins Tor zu konsta-
tieren. Vielmehr gab es einen ganz anderen, viel festeren Zusammenhalt als in den letzten Spielen zu bewundern. 1899 spielte zwar vorsichtig, riskierte so wenig wie möglich und war nur darauf bedacht, den Ball in den eigenen Reihen zu halten und nicht zu nah ans eigene Tor kommen zu lassen. Aber jeder Aktion war abzusehen, dass die elf Spieler vom selben Willen beseelt waren, dass sie füreinander liefen und miteinander dachten, dass hier keiner für die eigene Inszenierung unterwegs war.
Der Wendepunkt: gegen Dortmund riss die Mannschaft das Ruder herum. Ibisevic traf in der 89. Minute zum verdienten Ausgleich!
Die Folge für Dortmund war, dass die Truppe von Trainer Klopp nicht vom Fleck kam. Offensiv hatte man spielen wollen, frisch angreifen, aber die wilde Hoffenheimer Entschlossenheit, nicht noch einmal das Geringste anbrennen zu lassen, ließ die von Dortmunder Seite im Vorfeld demonstrierte Fußballseligkeit im Keim ersticken. Stumpf, behäbig und ideenlos wirkte diese Borussenseligkeit, die sich zunehmend in Zweikämpfen
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31. SPIELTAG | Borussia Dortmund
aufrieb. In der 18. Minute bekam Sahin dabei ohne erkennbare Absicht den Ellenbogen von Salihovic zu spüren, was den Bruch des Nasenbeins bewirkte und zur Auswechslung gegen Hajnal führte. Zehn Minuten später verdrehte sich Zidan ohne Einwirkung eines Hoffenheimers das Knie, mit der Folge eines Kreuzbandrisses, so dass Valdez für ihn einsprang. 1899 agierte über die gesamte erste Halbzeit höchst solide nach hinten – und weitgehend ideenlos nach vorn. Erst gegen Ende des ersten Durchgangs entstand eine gefährliche Lage anderer Art, als Luiz Gustavo hochgradig gelb-rotbedroht sich gerade noch in den Pausengang rettete. In der zweiten Halbzeit kam für ihn deshalb Gulde. Gleich nach Beginn hatte Hoffe nach langer Zeit zum ersten Mal wieder das Glück des Tüchtigen, indem ein reguläres Tor durch Barrios wegen vermeintlicher Abseitsstellung nicht gegeben wurde. Danach sah man fürs erste nur noch 1899 druckvoll spielen, das Geschehen verlagerte sich zunehmend in die Dortmunder Hälfte. Aber es war wie so oft in letzter Zeit: kaum am Strafraum angelangt, befiel eine merkwürdige Ideenarmut und Verzagtheit die Hoffenheimer Angreifer, so dass keine wirklich zündende, brandgefährliche Situation entstand. Das ging etwa zehn Minuten lang so, bis das Schicksal wieder zuschlug und einen missglückten Konter von Dortmund im zweiten Anlauf bis zum Führungstor der Borussen durchwinkte: völlig unverdient, völlig überflüssig. Eine gewisse Unsortiertheit der Defensive brachte Valdez in so aussichtsreiche Kopfball-Lage, dass er den Ball tatsächlich einlochte. Jetzt sollte sich zeigen, was die Hoffenheimer Kräftigung des inneren Zusammenhalts wirklich wert war. Nach einer Schrecksekunde, weil man
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zum x-ten Mal ein Tor mitten in die eigenen schönsten Bemühungen hinein gefangen hatte, riss sich die Mannschaft hoch, spielte weiter druckvoll nach vorn – und die Dortmunder an den Rand ihrer Physis. Es war ein zähes, kämpferisches, nicht aufgebendes Hoffenheim, das hier zu bewundern war. Nur fehlte immer noch das Tor. Als in der 63. Minute Obasi für Maicosuel und Tagoe für Ibisevic vom Platz musste, ging eine deutliche Belebung von den beiden neuen Angreifern aus: ohne dass es darum richtig heiß zuging im Dortmunder Strafraum. Das kam erst ganz gegen Ende der Partie und war der Lohn für unermüdliches Ankämpfen. In der 89. Minute verlor Hajnal den Ball im Mittelfeld, weil Carlos Eduardo wie der Blitz dazwischen fuhr. Nur einen Moment später darauf war der Brasilianer ganz links vorn zu finden, wo ihn Salihovic anspielte. Dann zog Carlos Eduardo los bis fast zur Grundlinie, flankte scharf nach innen, wo Ibisevic und Hummels eng beieinander Richtung Tor flogen – und knapp neben Hummels hohem Fuß schaffte Ibisevic es, den Ball mit dem Kopf an Weidenfeller vorbei ins Tor zu drücken: Endstand 1:1. Der Jubel aller Hoffenheimer Spieler, Fans und Verantwortlichen war riesig, der Frust auf Dortmunder Seite gewaltig. Ausgerechnet Hoffenheim hatte der Champions-League-Feierlaune einen kräftigen Strich durch die Rechnung gemacht. Die Hoffenheimer waren dagegen nur glücklich, sich als Mannschaft wiedergefunden zu haben. n
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32. SPIELTAG | Hamburger SV
25. APRIL 2010
1899 Hoffenheim – Hamburger SV 5:1
116 SAISONCHRONIK 2009/10
Es war ein sonniger, warmer Tag mit mehr als frühlingshaften Temperaturen. Der Kraichgau erstrahlte in frischem Grün, milder Glanz durchströmte den Tag, die Fans waren nach dem erfolgreichen Aufbäumen im letzten Spiel guter Dinge. Es lag etwas in der Luft, das spürte man beim Betreten des Stadions sofort. Allerdings war auch viel Lärm dabei: ein Sponsor hatte die fanstimulierende Idee, 5.000 Vuvuzelas, also Elefantentröten Marke Südafrika, auf den Rängen verteilen zu lassen. Das gab einen Vorgeschmack auf die bevorstehende WM, war aber über knapp zwei Stunden hinweg auch eine ziemliche Attacke auf Ohren und Nerven. Andererseits machte das Getröte der Mannschaft Dampf, die Fans bildeten eine ungewohnt lautstarke Kulisse. Wiederum andererseits verstand man in dem Getöse sein eigenes Wort nicht mehr, so dass Trainer Rangnick seine Anweisungen vom Spielfeldrand ins Leere rief und die Hoffenheimer Tormelodie kaum noch zu hören war. Und die erklang oft, fünfmal insgesamt. Denn der HSV, in den letzten Ligaspielen kein EuroLeague-Kandidat mehr, ging mit Mann und Maus unter und verlor, nicht anders als die Hertha ein halbes Jahr zuvor, durch das hohe Spielergebnis und die wehrlose Spielart in Hoffenheim ihren Trainer. Das konnte einem leid tun für Bruno Labbadia, freute aber die Hoffenheimer Fans, die sich allzu lang vergeblich nach dem Wiedererwachen des schnellen Hoffenheimer Angriffsspiels gesehnt hatten. Hier und heute war es soweit. Schon in der 2. Minute erkämpfte sich Ibisevic einen unkonzentrierten Ball in der HSV-Abwehr, lief sich frei, zog ab und traf zum 1:0. Es war das 100. Tor der Hoffenheimer Bundesliga-Geschichte. Nur zehn Minuten später war es wieder Ibisevic, der die Hoffe-Tormelodie auslöste: nach wunderschönem
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32. SPIELTAG | Hamburger SV
1899 HOFFENHEIM
Haas, Beck (79. Raitala), Simunic (65. Gulde), Compper, Eichner, Weis, Luiz Gustavo, Salihovic, Carlos Eduardo (46. Vukcevic), Ibisevic, Obasi
HAMBURGER SV
Rost, Rincon, Boateng, Mathijsen, Aogo (82. Bertram), Trochowski, Jarolim, Tesche, Pitroipa (56. Arslan), Berg (46. Rozehnal), Petric
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
1:0 Ibisevic (2.) 2:0 Ibisevic (11.) 3:0 Obasi (31.) 3:1 Tesche (65.) 4:1 Obasi (72.) 5:1 Salihovic (77.)
SCHIEDSRICHTER Gräfe (Berlin)
GELBE KARTEN Simunic, Weis
ROTE KARTEN Arslan (89.)
Pass-Spiel zwischen Weis, Carlos Eduardo und Beck und dessen Flanke stieg er höher als Boateng und köpfte unhaltbar ein. Die Hoffenheimer Zuschauer lagen sich in den Armen, die Vuvuzelas stöhnten und ächzten. Die Jungs von 1899 stürmten unterdessen weiter, als hätten sie die gesamte Saison nichts anderes getan. Ein schöner Spielzug folgte auf den nächsten, erst nach 25 Minuten begann der HSV zaghaft dagegen zu halten und sich kleine Vorteile zu verschaffen. Doch die Spiellaune der Kraichgauer war einfach übermächtig, so dass schon in der 32. Minute das 3:0 durch Obasi fiel, der von links durch Eichner nach großartigem Flankenlauf punktgenau bedient worden war. Des Weiteren versuchten sich Salihovic noch an einem
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Freistoß, Weis an einem Fernschuss, beide übers Tor. Bis zur Pause konnte sich der HSV nur durch einen einzigen unkonzentrierten Schuss von Trochowski in Szene setzen. Nach der Pause blieb Carlos Eduardo mit leichten Patellasehnenbeschwerden in der Kabine, für ihn kam Vukcevic. Ansonsten blieb alles, wie es war, Hoffenheim kombinierte und stürmte und hatte durch Ibisevic in der 52. Minute einen Pfostentreffer zu verzeichnen. Sechs Minuten später verzog er einen Ball knapp, während umgekehrt Simunic im letzten Moment Petric zu stoppen vermochte. Weil er aus der ersten Hälfte schon gelbverwarnt war, nahm Ralf Rangnick Simunic lieber vom Platz und ließ Gulde auflaufen. Am Spielverlauf änderte sich aber nichts, selbst
als Tesche für den HSV in der 65. Minute völlig unerwartet einen Ball aus 40 Metern von links außen per Volley Richtung Tor schoss. Die Kugel flog und flog und senkte sich unhaltbar hinter Haas an der Lattenoberkante ins Tor. Doch auch dieses glückliche Tor weckte den HSV nicht – denn gegen wie entfesselt aufspielende Hoffenheimer war an diesem Tag kein Kraut gewachsen. In der 72. Minute schlug Vukcevic vom Mittelkreis einen unwiderstehlichen Steilpass auf Obasi, der allein losstürmte und Rost auch noch tunnelte: 4:1. Damit hätte es eigentlich gut sein können, aber schon vier Minuten darauf gingen Ibisevic, begleitet von zwei Hamburgern, und Salihovic Richtung Tor. Im letzten Moment spielte Ibisevic ab, Salihovic nahm Maß und erzielte den Endstand: 5:1. Die letzte bemerkenswerte Aktion des Spiels bestand in einer leichteren Tätlichkeit des Hamburger Arslan in der 89. Minute, der dafür Rot sah und vom DFB ein Spiel gesperrt wurde.
Trainer Ralf Rangnick nach dem Spiel: „Wir wollten nach der starken Leistung im Spiel gegen den Ball in Dortmund heute fußballerisch etwas zeigen. Der Unterschied zu manch anderem Spiel der Rückrunde war, dass wir es geschafft haben, in Führung zu gehen. Die frühen Tore haben uns sehr gut getan, das war heute zu spüren. Dadurch kam Sicherheit in den eigenen Ballbesitz. Jetzt müssen wir in den kommenden zwei Partien darauf aufbauen.“
Die Freude war groß: Doppelpack Ibisevic, Doppelpack Obasi, Schlusspunkt von Salihovic. Fünf Tore zum 70. Geburtstag von Dietmar Hopp!
Und weil die Partie nur einen Tag vor dem 70. Geburtstag von Dietmar Hopp stattfand, sah eigentlich jeder im Stadion diesen traumhaft schönen Sieg als das beste Geburtstagsgeschenk an, das die Mannschaft ihm machen konnte. Der Mäzen selber sah das natürlich ganz genauso. Das Schnitzelessen, zu dem ihn die Mannschaft einige Tage später überraschend einlud, war eine schöne Dreingabe. n
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33. SPIELTAG | Eintracht Frankfurt
1. MAI 2010
Eintracht Frankfurt - 1899 Hoffenheim 1:2 Man verzeichnete den vorletzten Spieltag an diesem 1. Mai, der zu einem wahrhaften Tag der Arbeit für 1899 Hoffenheim wurde. Von der ersten bis zur letzten Minute ackerte und rackerte die Mannschaft, gab sich nie auf und wurde ganz am Ende dafür auch belohnt: wie zum feiertäglichen Beweis des Sinn- und Seelengefüges aller hingebungsvollen Arbeit. Da war es auch kein Widerspruch, dass ausgerechnet ein Prinz zum krönenden Abschluss antrat.
Zunächst lief die Kraichgau-Elf in genau derselben Besetzung auf, die den HSV mit 5:1 trainerlos gemacht hatte. Vom Frankfurter Publikum nicht eben freundlich begrüßt, in üblen Sprechchören und mit einer gewaltigen Choreographie, die den Hoffenheimern so dümmlich wie falsch jegliche Tradition absprach, störte Hoffe die hessischen Bemühungen von Beginn an äußerst effektiv. Eigentlich hatte heute eine ungewohnt erfolgreiche Frankfurter Saison mit diesem letzten Heimspiel gekrönt werden sollen, das Publikum sollte regelrecht verwöhnt werden. Nur sah es danach so gar nicht aus, denn die Frankfurter Angriffsversuche blieben meistens rasch in der Hoffenheimer Abwehr stecken. Und schon ab der 10. Minute blies Hoffenheim selber zum Angriff, ein Kopfball von Ibisevic nach Flanke von Salihovic strich nur knapp am Gehäuse von Fährmann vorbei. In der 20. Minute hatten die Hessen enormen Dusel, anders kann man es nicht sagen. Längst lagen die Spielanteile vollständig bei den Kraichgauern, als Schwegler aus 25 Metern einfach mal draufhielt. Der WM-Ball segelte auf unberechenbar schwankendem Kurs an Haas vorbei, der ihn noch mit den Fingerspitzen berührte, und schlug zum 1:0 ein. Allerdings nahm Hoffenheim das Heft des Handelns gleich wieder in die Hand, erspielte sich noch mehr Übergewicht und drohte die vermeintliche Frankfurter Heimparty endgültig zu sprengen. Die Hessen suchten ihr Heil darauf in einer zunehmend harten Gangart: ein böses Foul folgte dem nächsten. Doch es war wieder mal Hoffenheim, das mehr gelbe Karten bekam. Die merkwürdige Fußball-Logik, nach der die sich wehrenden Opfer oft härter bestraft werden als die Täter, war auch hier zu besichtigen.
EINTRACHT FRANKFURT
Fährmann, Jung, Franz, Chris, Köhler (90. M. Heller), Clark, Schwegler (46. Teber), Ochs, Meier, Korkmaz (56. Fenin), Hal. Altintop
1899 HOFFENHEIM
Haas, Beck, Simunic, Compper, Eichner, Weis (77. Tagoe), Luiz Gustavo, Carlos Eduardo (84. Vukcevic), Salihovic, Obasi (77. Maicosuel), Ibisevic
ZUSCHAUER 50.500
TORE
1:0 Schwegler (20.) 1:1 Tagoe (81.) 1:2 Tagoe (88.)
SCHIEDSRICHTER Aytekin (Oberasbach)
GELBE KARTEN Schwegler Compper, Salihovic
Bis zur Pause schaffte Frankfurt es auf äußerst ruppige Art und Weise, den Vorsprung zu retten. Nach der Pause war es aber um die Hessen geschehen, die für Schwegler den verdienten ExHoffenheimer Selim Teber aufboten. Minute für Minute stieg der Druck aufs Frankfurter Tor an, Obasi allein hätte in den ersten 25 Minuten der zweiten Halbzeit dreimal den Ausgleich erzielen können. Zu diesem Zeitpunkt spendete das Publikum der eigenen Mannschaft immer noch stehend Applaus… Doch das fröhliche Bild sollte sich wandeln. In der 77. Minute nahm Trainer Rangnick einen Doppelwechsel vor. Obasi und Weis gingen vom Platz, es kamen Maicosuel und Tagoe. Und schon drei Minuten später spielte Maicosuel, von Carlos Eduardo in Szene gesetzt, einen schönen Querpass auf Tagoe, der souverän einschob. Das Publikum, so weit es in seiner Mehrzahl nicht zu Hoffenheim hielt, erstarrte – ohne zu ahnen, dass es noch schlimmer kommen würde. Zunächst nahm in der 83. Minute Carlos Eduardo für Vukcevic auf der Bank Platz, was zu wechselnden Angriffsbildern
führte: mal gab es gefährliche Momente vor Fährmann, mal vor Haas. Der nahm in der 88. Minute einen Frankfurter Angriffsball auf, schlug weit ab zu Tagoe auf rechts, der seinen Gegenspieler düpierte und mit einem wunderbaren Lupfer den Siegtreffer erzielte. Die langen Gesichter seitens der Eintracht-Fans sprachen Bände, Trainer Skibbe kochte vor Ärger, die Eintracht-Spieler ließen die Köpfe hängen: die große Abschluss-Party war geplatzt. Umso ausgelassener freuten sich die Hoffenheimer mit ihren vielen mitgereisten Fans. n
121
34. SPIELTAG | VfB Stuttgart
8. MAI 2010
1899 Hoffenheim – VfB Stuttgart 1:1
Vor diesem letzten Spieltag der Saison stand der FC Bayern München aufgrund des uneinholbaren Torverhältnisses schon als Deutscher Meister fest. Zweiter wurde Schalke 04 unter Erfolgstrainer Magath. Abgestiegen waren Hertha BSC Berlin und der VfL Bochum, während Nürnberg sich im letzten Moment noch auf den Relegationsplatz retten konnte und eine Woche später gegen Augsburg den Klassenerhalt erkämpfte. 1899 Hoffenheim steckte unterdessen im unteren Mittelfeld fest: nach dieser unglücklichen, durchwachsenen Saison, von der man sich viel mehr versprochen hatte, war der abschließende elfte Platz aber zuletzt als Erfolg zu werten. Manchen Aufsteiger ins deutsche Oberhaus hatte es in der zweiten Saison viel böser erwischt. 122 SAISONCHRONIK 2009/10
Trotzdem waren die Folgen der aufreibenden Saison unübersehbar. Es hatte zum ersten Mal heftige Fanproteste gegeben, Dietmar Hopp hatte sich nach drohenden sportlichen Auflösungserscheinungen moderierend eingeschaltet, es gab Disziplinarstrafen gegen Spieler – und viel sichtbare, teils sogar öffentlich geäußerte Unzufriedenheit. Die sichtbarste Folge indes war, dass Jan Schindelmeiser, der sympathische und beliebte Manager und Geschäftsführer, überraschend aus seinem noch lang laufenden Vertrag aus-
schied. Die Neuigkeit machte am Abend nach dem letzten Saisonspiel gegen Stuttgart die Runde.
Große Choreographie zum Saisonabschluss gegen den VfB.
Seit Juli 2006 war Jan Schindelmeiser, von Ralf Rangnick geholt, in Hoffenheim erfolgreich tätig gewesen. Die beiden hatten Hoffe bis in die Bundesliga geführt und waren 2008 Herbstmeister geworden. „Er scheidet aus eigenem Wunsch aus“, erklärte Dietmar Hopp. „Die atmosphärischen Störungen sind offenbar in den Kleidern
123
34. SPIELTAG | VfB Stuttgart
1899 HOFFENHEIM
Haas, Beck, Simunic, Compper, Eichner, Vukcevic (79. Groß), Luiz Gustavo, Salihovic (46. Maicosuel), Carlos Eduardo, Ibisevic, Obasi (72. Tagoe)
VFB STUTTGART
Lehmann, Osorio, Tasci, Delpierre, Molinaro, Hilbert (65. Schieber), Khedira, Träsch, Kuzmanovic, Cacau, Marica (71. Boka)
ZUSCHAUER 30.150 (ausverkauft)
TORE
0:1 Cacau (19.) 1:1 Vukcevic (44.)
SCHIEDSRICHTER Dr. Drees (Münster-Sarmsheim)
GELBE KARTEN Salihovic, Simunic Molinaro, Cacau Am Ende der Saison noch einmal voller Einsatz und große mannschaftliche Geschlossenheit.
hängengeblieben.“ Was er damit meinte, waren die anscheinend zuletzt angewachsenen Spannungen zwischen Jan Schindelmeiser und Ralf Rangnick. Der Trainer hatte eine Woche zuvor selber noch laut über seine eigene Zukunft nachgedacht, dabei aber betont, „keine Probleme mit Jan“ zu haben, was menschlich gesehen zweifellos richtig war. Für den außenstehenden Beobachter sah es umso mehr danach aus, als hätten sich verschiedene Vorstellungen über die sportliche Gegenwart und Zukunft als zunehmend unvereinbar erwiesen. Und es gab eine weitere Lücke im Betreuerstab zu vermelden: nach vier Jahren erklärten TeamArzt Dr. Pieter Beks und Sportpsychologe HansDieter Hermann, 1899 Hoffenheim zum Saisonende zu verlassen. Außerdem war klar, dass der Vertrag mit Torhüter Timo Hildebrand nicht verlängert werden würde, der darum vor der Partie offiziell verabschiedet wurde. Im Spiel gegen Stuttgart stand also wie zuletzt wieder Daniel Haas zwischen den Pfosten. Für Hoffe ging es nach Punkten um nichts mehr, der unattraktive elfte Platz war sicher – aber dem Publikum, das trotz aller Schwankungen die
124 SAISONCHRONIK 2009/10
Rhein-Neckar-Arena auch diesmal bis auf den letzten Platz füllte, sollte noch einmal attraktiver Fußball geboten werden. Was der Partie echte Spannung bescherte, war, dass Stuttgart mindestens ein Unentschieden brauchte, um in der Euro League spielen zu können – falls Hamburg in Bremen gewinnen würde… Hoffenheim legte engagiert los, Stuttgart hielt dagegen, so dass sich das Spiel rasch in leidenschaftlichen Mittelfeldduellen aufrieb, Tormöglichkeiten blieben die Ausnahme. Doch nach 19 Minuten kam Bewegung in die scheinbar festen Strukturen. Marica passte auf Cacau, der den Ball aus neun Metern mit einem Flachschuss links an Haas vorbei im Tor unterbrachte. Das war vom Spielverlauf her unverdient, aber auch nicht überraschend; die Hoffenheimer Abwehr hatte im Vorfeld mitunter nicht ganz stabil gewirkt. Danach versuchte Hoffenheim alles, nicht noch ein zweites Tor zu kassieren – zu oft war man in dieser Saison zu früh 2:0 zurückgelegen. Und Stuttgart ließ es ebenfalls ruhiger angehen, den
Schwaben genügte ja ein Unentschieden. Dadurch wurde das Spiel langsam und phasenweise fast uninteressant, bis gegen Ende der ersten Halbzeit Hoffenheim noch einmal aufdrehte. In der 36. Minute sahen die Zuschauer einen gelungenen Doppelpass von Salihovic und Ibisevic, doch Ibisevics schneller Antritt Richtung Tor endete in einem abgefälschten Schuss. Die anschließende Ecke brachte nichts ein. Anders als in der 44. Minute, als es wieder eine Ecke für Hoffe gab, von Salihovic getreten. Aus dem Hintergrund warf sich Vukcevic in den Ball und köpfte zum Ausgleich ein. Nur eine Minute später hätte Hoffe den Schwabenexpress Richtung Euro League fast gestoppt. Carlos Eduardo legte den Ball wunderbar zurück auf Salihovic, der aus der Drehung abzog, aber nur den Innenpfosten traf. Ibisevic war leider zu überrascht, um den scharfen Abpraller zu verwerten. Nach der Pause kam Maicosuel für Salihovic, der nach einer frühen gelben Karte akut gelb-rotgefährdet war. Einstweilen änderte das am Spielverlauf aber nichts, weil beide Mannschaften sich wieder in vorsichtigem Abwarten gefielen. Erst in der 57. Minute entstand Aufregung, als Obasi im Strafraum von Tasci gefoult wurde, aber zum x-ten Mal in seiner Laufbahn den fälligen Elfmeter nicht bekam. Drei Minuten darauf wühlte sich Maicosuel durch die Stuttgarter Abwehr und passte auf Carlos Eduardo, der den Ball an die Querlatte knallte. Schon zum zweiten Mal verhinderte das Aluminium den verdienten Erfolg.
sogar noch den europäischen Wettbewerb erreicht. 1899 Hoffenheim gelang es stattdessen, in einem beachtlichen Saison-Endspurt mit ansehnlichen Spielen wie diesem die zwischenzeitlich angewachsene Unzufriedenheit der Zuschauer und die Unsicherheit über die sportliche Entwicklung zu besänftigen und an den Fußball wieder anzuknüpfen, der 1899 Hoffenheim zu einem regelrechten Markenzeichen gemacht hatte. Damit war die Saison zwar weit weniger erfolgreich verlaufen, als ursprünglich gedacht, aber man war auch um etliche Erfahrungen reicher und hatte sich zuletzt doch tapfer geschlagen. Anders gesagt hatte der durchmischte Bundesliga-Alltag Einzug gehalten im Kraichgau. Denn wo 18 Vereine in einer der anspruchsvollsten Ligen der Welt wöchentlich um Punkte und Positionen ringen, war der ganz große Erfolg keine Sache, die man aus dem Ärmel schütteln konnte. Sich hier zu bewähren und fester Bestandteil der Liga zu werden, mit deutlichem Zug nach oben, durfte man bei gutem Realitätssinn als den eigentlichen Erfolg dieser Saison verbuchen – und feiern. n
Für Stuttgart hätte es nun immer brenzliger werden können, aber die Stadiontafel zeigte an, dass Bremen gegen Hamburg in Führung gegangen war. Die Schwaben schalteten darum wieder einen Gang herunter und massierten die Abwehr, während Hoffe sich weiter um die Führung bemühte. Obasi und Vukcevic gingen vom Platz, für sie spielten Tagoe und Groß: ohne dass der Angriff sichtbar davon profitierte. Erst in der Nachspielzeit gelang es Maicosuel, Tagoe mit einer feinen Flanke genau auf den Kopf in Position zu bringen. Aber der Ball flog von Tagoes Stirn knapp über die Querlatte, so dass es beim 1:1 blieb. Für Stuttgart war das Ergebnis etwas schmeichelhaft. Aber die Schwaben hatten ökonomisch und klug agiert, sich die Bremer Schützenhilfe zunutze gemacht und nach einer tristen Hinrunde
125
STATISTIK | Saison 2009/10 18. SPIELTAG Bayern München – 1899 Hoffenheim Hamburger SV – SC Freiburg Eintracht Frankfurt – Werder Bremen Hannover 96 – Hertha BSC Berlin Bayer Leverkusen – 1. FSV Mainz 05 Bor. Mönchengladbach – VfL Bochum VfB Stuttgart – VfL Wolfsburg FC Schalke 04 – 1. FC Nürnberg 1. FC Köln – Borussia Dortmund 19. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – Bayer Leverkusen SC Freiburg – VfB Stuttgart Werder Bremen – Bayern München VfL Bochum – FC Schalke 04 1. FSV Mainz 05 – Hannover 96 1. FC Nürnberg – Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin – Bor. Mönchengladbach Borussia Dortmund – Hamburger SV VfL Wolfsburg – 1. FC Köln 20. SPIELTAG FC Schalke 04 – 1899 Hoffenheim Hamburger SV – VfL Wolfsburg Bor. Mönchengladbach – Werder Bremen Eintracht Frankfurt – 1. FC Köln Hertha BSC Berlin – VfL Bochum Bayern München – 1. FSV Mainz 05 Hannover 96 – 1. FC Nürnberg VfB Stuttgart – Borussia Dortmund Bayer Leverkusen – SC Freiburg 21. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – Hannover 96 Werder Bremen – Hertha BSC Berlin VfL Wolfsburg – Bayern München 1. FC Köln – Hamburger SV SC Freiburg – FC Schalke 04 VfL Bochum – Bayer Leverkusen 1. FC Nürnberg – VfB Stuttgart 1. FSV Mainz 05 – Bor. Mönchengladbach Borussia Dortmund – Eintracht Frankfurt 22. SPIELTAG VfL Bochum – 1899 Hoffenheim Bor. Mönchengladbach – 1. FC Nürnberg Bayer Leverkusen – VfL Wolfsburg VfB Stuttgart – Hamburger SV Hannover 96 – Werder Bremen Hertha BSC Berlin – 1. FSV Mainz 05 Bayern München – Borussia Dortmund FC Schalke 04 – 1. FC Köln Eintracht Frankfurt – SC Freiburg 23. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – Bor. Mönchengladbach 1. FC Nürnberg – Bayern München 1. FC Köln – VfB Stuttgart Borussia Dortmund – Hannover 96 Hamburger SV – Eintracht Frankfurt 1. FSV Mainz 05 – VfL Bochum SC Freiburg – Hertha BSC Berlin VfL Wolfsburg – FC Schalke 04 Werder Bremen – Bayer Leverkusen
126 SAISONCHRONIK 2009/10
2|0 2|0 1|0 0|3 4|2 1|2 3|1 1|0 2|3 0|3 0|1 2|3 2|2 1|0 1|1 0|0 1|0 2|3 2|0 1|1 4|3 1|2 0|0 3|0 1|3 4|1 3|1 2|1 2|1 1|3 3|3 0|0 1|1 1|2 1|0 2|3 2|1 2|1 2|1 1|3 1|5 1|1 3|1 2|0 2|1 2|2 1|1 1|5 4|1 0|0 0|0 0|3 2|1 2|2
24. SPIELTAG Hertha BSC Berlin – 1899 Hoffenheim FC Schalke 04 – Borussia Dortmund 1. FSV Mainz 05 – Werder Bremen VfB Stuttgart – Eintracht Frankfurt Bor. Mönchengladbach – SC Freiburg VfL Bochum – 1. FC Nürnberg Bayer Leverkusen – 1. FC Köln Hannover 96 – VfL Wolfsburg Bayern München – Hamburger SV 25. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – 1. FSV Mainz 05 1. FC Köln – Bayern München Werder Bremen – VfB Stuttgart Hamburger SV – Hertha BSC Berlin Eintracht Frankfurt – FC Schalke 04 SC Freiburg – Hannover 96 VfL Wolfsburg – VfL Bochum Borussia Dortmund – Bor. Mönchengladbach 1. FC Nürnberg – Bayer Leverkusen 26. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – Werder Bremen FC Schalke 04 – VfB Stuttgart Bor. Mönchengladbach – VfL Wolfsburg VfL Bochum – Borussia Dortmund 1. FSV Mainz 05 – 1. FC Köln Hannover 96 – Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin – 1. FC Nürnberg Bayern München – SC Freiburg Bayer Leverkusen – Hamburger SV 27. SPIELTAG 1. FC Nürnberg – 1899 Hoffenheim 1. FC Köln – Bor. Mönchengladbach Eintracht Frankfurt – Bayern München VfB Stuttgart – Hannover 96 Werder Bremen – VfL Bochum SC Freiburg – 1. FSV Mainz 05 Borussia Dortmund – Bayer Leverkusen Hamburger SV – FC Schalke 04 VfL Wolfsburg – Hertha BSC Berlin 28. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – SC Freiburg VfL Bochum – Eintracht Frankfurt 1. FSV Mainz 05 – VfL Wolfsburg Bayern München – VfB Stuttgart Hertha BSC Berlin – Borussia Dortmund Hannover 96 – 1. FC Köln Werder Bremen – 1. FC Nürnberg Bayer Leverkusen – FC Schalke 04 Bor. Mönchengladbach – Hamburger SV 29. SPIELTAG VfL Wolfsburg – 1899 Hoffenheim FC Schalke 04 – Bayern München Eintracht Frankfurt – Bayer Leverkusen Borussia Dortmund – Werder Bremen SC Freiburg – VfL Bochum VfB Stuttgart – Bor. Mönchengladbach 1. FC Nürnberg – 1. FSV Mainz 05 1. FC Köln – Hertha BSC Berlin Hamburger SV – Hannover 96
0|2 2|1 1|2 2|1 1|1 0|0 0|0 0|1 1|0 0|1 1|1 2|2 1|0 1|4 1|2 4|1 3|0 3|2 0|1 2|1 0|4 1|4 1|0 2|1 1|2 2|1 4|2 0|0 1|1 2|1 2|0 3|2 1|0 3|0 2|2 1|5 1|1 1|2 0|2 1|2 0|0 0|0 4|2 0|2 1|0 4|0 1|2 3|2 2|1 1|1 2|1 2|0 0|3 0|0
30. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – 1. FC Köln Bor. Mönchengladbach – Eintracht Frankfurt Hertha BSC Berlin – VfB Stuttgart 1. FSV Mainz 05 – Borussia Dortmund Hannover 96 – FC Schalke 04 Werder Bremen – SC Freiburg Bayer Leverkusen – Bayern München VfL Bochum – Hamburger SV 1. FC Nürnberg – VfL Wolfsburg 31. SPIELTAG Borussia Dortmund – 1899 Hoffenheim 1. FC Köln – VfL Bochum VfB Stuttgart – Bayer Leverkusen VfL Wolfsburg – Werder Bremen FC Schalke 04 – Bor. Mönchengladbach Hamburger SV – 1. FSV Mainz 05 SC Freiburg – 1. FC Nürnberg Bayern München – Hannover 96 Eintracht Frankfurt – Hertha BSC Berlin 32. SPIELTAG 1899 Hoffenheim – Hamburger SV VfL Bochum – VfB Stuttgart Bor. Mönchengladbach – Bayern München 1. FC Nürnberg – Borussia Dortmund Hertha BSC Berlin – FC Schalke 04 Bayer Leverkusen – Hannover 96 1. FSV Mainz 05 – Eintracht Frankfurt Werder Bremen – 1. FC Köln SC Freiburg – VfL Wolfsburg 33. SPIELTAG Eintracht Frankfurt – 1899 Hoffenheim Borussia Dortmund – VfL Wolfsburg Bayer Leverkusen – Hertha BSC Berlin FC Schalke 04 – Werder Bremen Bayern München – VfL Bochum Hannover 96 – Bor. Mönchengladbach 1. FC Köln – SC Freiburg VfB Stuttgart – 1. FSV Mainz 05 Hamburger SV – 1. FC Nürnberg 34. SPIELTAG | 08.05.2010 | 15:30 1899 Hoffenheim – VfB Stuttgart Hertha BSC Berlin – Bayern München Werder Bremen – Hamburger SV SC Freiburg – Borussia Dortmund 1. FSV Mainz 05 – FC Schalke 04 Bor. Mönchengladbach – Bayer Leverkusen VfL Bochum – Hannover 96 1. FC Nürnberg – 1. FC Köln VfL Wolfsburg – Eintracht Frankfurt
0|2 2|0 0|1 1|0 4|2 4|0 1|1 1|2 0|2 1|1 2|0 2|1 2|4 3|1 0|1 2 |1 7|0 2|2 5|1 0|2 1|1 2|3 0|1 3|0 3|3 1|0 1|0 1|2 1|1 1|1 0|2 3|1 6|1 2|2 2|2 4|0 1|1 1|3 1|1 3|1 0|0 1|1 0|3 1|0 3|1
P
Verein
SP
G
U
1.
FC Bayern München
34
20
10
2.
FC Schalke 04
34
19
3.
Werder Bremen
34
4.
Bayer 04 Leverkusen
5.
TORJÄGER
TORE
T
P
4
72:31
70
1 Edin Dzeko
VfL Wolfsburg
22
8
7
53:31
65
2 Stefan Kießling
Bayer 04 Leverkusen
21
17
10
7
71:40
61
3 Lucas Barrios
Borussia Dortmund
19
34
15
14
5
65:38
59
4 Kevin Kuranyi
FC Schalke 04
18
Borussia Dortmund
34
16
9
9
54:42
57
6.
VfB Stuttgart
34
15
10
9
51:41
55
5 Claudio Pizarro
Werder Bremen
16
7.
Hamburger SV
34
13
13
8
56:41
52
FC Bayern München
16
8.
VfL Wolfsburg
34
14
8
12
64:58
50
VfB Stuttgart
13
9.
1. FSV Mainz 05
34
12
11
11
36:42
47
Thomas Müller
FC Bayern München
13
10.
Eintracht Frankfurt
34
12
10
12
47:54
46
9 Vedad Ibisevic
1899 Hoffenheim
12
11.
1899 Hoffenheim
34
11
9
14
44:42
42
Albert Bunjaku
1. FC Nürnberg
12
12.
Borussia Mönchengladbach
34
10
9
15
43:60
39
Eren Derdiyok
Bayer 04 Leverkusen
12
13.
1. FC Köln
34
9
11
14
33:42
38
VfL Wolfsburg
11
14.
SC Freiburg
34
9
8
17
35:59
35
15.
Hannover 96
34
9
6
19
43:67
33
FC Bayern München
11
16.
1. FC Nürnberg
34
8
7
19
32:58
31
FSV Mainz 05
10
17.
VfL Bochum
34
6
10
18
33:64
28
Mario Gomez
FC Bayern München
10
18.
Hertha BSC Berlin
34
5
9
20
34:56
24
Ciprian Marica
VfB Stuttgart
10
Nr. TOR VERTEIDIGUNG MITTELFELD ANGRIFF
Arjen Robben 7 Cacau
12 Grafite Ivica Olic 14 Aristide Bancé
BL–Einsätze
Spielminuten
Eingew.
Daniel Haas
6
540
–
–
–
–
–
1
–
Ramacan Özcan
–
–
–
–
–
–
–
–
–
28
Timo Hildebrand
28
2520
–
–
1
–
–
–
–
30
Jens Grahl
–
–
–
–
–
–
–
–
–
2
Andreas Beck
25
2073
1
3
3
–
–
2
–
3
Matthias Jaissle
–
–
–
–
–
–
–
–
–
1 27
Name
V
Ausgew.
5
Marvin Compper
32
2737
–
4
3
–
–
1
1
8
Christian Eichner
25
1858
3
5
4
–
–
2
1
14
Josip Simunic
31
2720
–
2
13
–
–
1
1
22
Jukka Raitala
2
97
1
1
–
–
–
–
–
24
Per Nilsson
8
419
3
3
3
–
–
–
–
25
Isaac Vorsah
16
1009
5
4
3
–
–
–
–
26
Andreas Ibertsberger
23
1970
–
6
5
–
–
1
1
35
Kevin Conrad
–
–
–
–
–
–
–
–
–
37
Manuel Gulde
6
257
4
1
–
–
–
–
–
10
Carlos Eduardo
33
2748
1
10
–
–
–
8
5
17
Tobias Weis
15
967
4
5
1
–
–
–
– –
21
Luiz Gustavo
27
2130
1
8
4
1
1
–
23
Sejad Salihovic
32
2825
1
1
13
–
–
4
4
34
Boris Vukcevic
28
918
22
3
2
–
–
2
1
36
Franco Zuculini
7
241
5
2
–
–
–
–
1
39
Pascal Groß
1
11
1
–
–
–
–
–
–
7
Maicosuel
27
1597
10
7
1
–
1
1
3
9
Demba Ba
17
1206
5
5
3
–
–
1
5
11
Marco Terrazzino
8
89
8
–
–
–
–
1
–
12
Wellington
1
16
1
–
–
–
–
–
–
18
Prince Tagoe
12
310
11
1
–
–
–
–
2
19
Vedad Ibisevic
34
2578
4
14
4
–
–
3
12
20
Chinedu Obasi
23
1742
2
10
3
–
–
2
7
127
SAISONCHRONIK 2009/10